Cover

1. Kapitel Silberhaar




1. Kapitel - Silberhaar -

Es war einmal auf einem kleinem Bauernhof. Was gab es hier nicht alles an Tieren zu sehen??
Da war die Sau Emma mit ihren 3 Ferkeln Mimi, Mausi und Oskar.
Die Kuh Isolde mit ihrem Kalb Luna,
die Gänse Grete, Grit und Paula sowie eine große Hühnerschar mit ihrem stolzen Hahn Peter.
Auch ein Hofhund war vorhanden, der immer etwas böse blickende Asta.
Wie auf allen Bauerhöfen lebten hier natürlich auch Katzen, der Kater Felix und die Katze Mizi.
Aber habe ich da nicht noch welche vergessen? Natürlich meine Eltern! Mein Vater Leon und meine Mutter Aida und mich natürlich Silberhaar, wir drei sind eine glückliche Pferdefamilie. In einer stürmischen Nacht vor drei Wochen gebar die Stute Aida ein Fohlen, das sie liebevoll Silberhaar nannte. Was für eine Aufregung herrschte an diesem Tag auf dem Bauernhof. Peter der Hahn war der erste der Lauthals verkündete
? Kicker-ri-ki, Kicker-ri-ki das Fohlen Silberhaar ist hi!?
Doch zu sehen bekamen mich die Tiere vom Bauernhof vorerst nicht. Nur der Hahn Peter hatte mich bei seinem morgendlichen Streifzug durch alle Ställe, frisch geboren, neben meiner Mutter liegend, als erster entdeckt.
Nun setze ein großes Gerede aller Hoftiere ein, alle wollten mehr von Peter erfahren. Der aber spazierte stolz über den Hof ohne weitere Fragen zu beantworten. Asta knurrte missmutig: ?Macht nicht so ein Geschrei ihr weckt ja noch den ganzen Hof auf.
Ihr werdet Silberhaar bald zu sehen bekommen. Spätestens dann, wenn er mit seiner Mutter das erste mal auf die Koppel darf.?
Im Pferdestall unternahm ich meine ersten Stehversuche. Das war nicht so leicht, doch nach ein paar Fehlversuchen stand ich glücklich, wenn auch noch etwas zittrig, auf meinen Beinen und konnte mich das erste mal nach der Geburt, bei meiner Mutter satt trinken. Danach legte ich mich ins Stroh und träumte meinen ersten Pferdetraum von ausgedehnten Ausflügen mit meiner Mutter.
Aber auch von saftigen Wiesen mit vielen Blumen auf denen ich nach Herzenslust herumtollen könnte.
Ich träumte aber auch von meinem weiteren Leben bei Prinzessin Lulu der ich zu ihrem 14 jährigen Geburtstag im nächsten Jahr geschenkt werden sollte.
Als ich am nächsten Morgen erwachte war die Sonne schon aufgegangen und schickte ihre ersten warmen Strahlen durch das Stallfenster.
Draußen auf dem Hof hatte auch schon längst der tägliche Alltag der Hoftiere begonnen. Ich vernahm nun Geräusche, wie das Gaggern der Hühner, das schnattern der Enten und Gänse, das Muhen der Kühe und auch das Gebell von Asta.
? Was sind das für Stimmen, wer ist das?? wollte ich von meiner Mutter wissen.
? Das sind weitere Bewohner des Bauernhofes die du bald kennenlernen wirst wenn wir zusammen das erste mal auf die Koppel dürfen.? Sagte Aida meine Mutter schmunzelnd.
Fast täglich fragte ich nun meine Mutter, ob wir auf die Koppel dürfen, um das viele Unbekannte von dem sie mir schon so manchen Tag erzählt hatte, endlich kennen zu lernen.
? Hab Geduld Siberhaar, der Tag ist bald da!? Wieherte Aida.
Tag um Tag verging nun für mich und eines Morgens war es dann soweit. Meine Mutter Aida hatte gesagt, daß wir heute auf die Koppel dürfen. Voller Vorfreude wieherte ich lauthals.
? Nun werde aber nicht übermütig und bleibe stets in meiner Nähe!? Sagte meine Mutter.
Vom Bauer wurde mir nun ein kleines Halfter angelegt. Aida erklärte mir, daß man mich damit sicher zur Koppel führen kann.
Nun endlich ging es los. Der Bauer führte meine Mutter Aida und Vater Leon am Halfter und sein Sohn Max führte mich zu der nahegelegenen Koppel. Vor Freude wiehernd ließ ich mich geduldig über den Bauernhof führen und lernte hier im Vorbeigehen, meine neuen Freunde, die übrigen Tiere des Hofes kennen, die mich freundlich begrüßten.
? Grunz, grunz,? sagte die Sau Emma und die Ferkel Mimi, Mausi und Oskar stimmten mit ein. ?Muh, muh,? riefen die Kuh Isolde und ihr Kalb Luna. ?Schnatter, Schnatter,? riefen die Gänse Grete, Grit und Paula. Die Hühner gaggerten und der Hahn Peter rief stolz, ?Kicker-ri-ki.? ?Wau, wau,? meldete sich auch Asta zu Wort und die Katze Mizi sowie der Kater Felix riefen ?Miau, miau.? Was alles heissen sollte?? ? Hallo Silberhaar schön dich zu sehen!?
? Hallo, Hallo.? Grüßte ich zurück. ? Kann ich euer neuer Freund sein?? Sagte ich fragend in die Runde. ? Hurra, Hurra, ja das möchten wir!? Riefen alle Hoftiere. Aida merkte man es an wie stolz sie auf mich war und das es ihr gefiel das alle Hoftiere ihren Silberhaar als Freund haben wollen.
Das passierte alles im Vorbeigehen denn der Bauer und sein Sohn Max wollten uns ja zur Koppel führen. Sie führten uns durch das Hoftor, danach einen Feldweg entlang an dessen Rändern ich das
erste mal Blumen zu sehen bekam! Ich konnte mich gar nicht satt sehen an der Farbenpracht. ? Wachsen solche Blumen auch auf der Koppel?? Fragte ich. Mein Vater Leon meinte. ? Warte es ab, wir sind gleich da. Auf der Koppel wachsen andere Blumen die du auch fressen kannst!? Diese da am Wegesrand sind nichts zum Fressen, sie sehen nur schön aus!?
Dann endlich war es soweit. Wir standen am Tor zur Koppel, der Bauer öffnete es, lies uns hinein und verschloss es wieder.
Nun stand ich also auf der in vielen Träumen und Erzählungen meiner Eltern beschriebenen Koppel. Was ich nun zu sehen bekahm, übertraf meine Vorstellungen.Für mich, der bisher nur die Enge des Stalles kannte, kam nun die Koppel unwahrscheinlich groß vor. Nun war ich nicht mehr länger zu bremsen, übermütig lief und hüpfte ich auf der Koppel herum.
Doch nach wenigen Minuten ermahnte mich meine Mutter. ? Siberhaar nun komm erst einmal zu mir. Ich möchte dir noch ein paar Verhaltensregeln, die du beachten mußt, mitteilen! ? Ich komme gleich, ich möchte aber noch eine Runde drehen!? Sagte Silberhaar und lief übermütig weiter. Als ich wieder in der Nähe von meiner Mutter ankam, stoppte ich meinen Trab und blieb artig stehen. Aida, die gerade beim Fressen des grünen Grases war, hob nun den Kopf und sagte mit ernster Stimme. ? Hast du bei deinem Galopp über die Koppel die drei Erdhaufen in der Nähe des großen Baumes gesehen?? ? Ja, was ist das?? fragte Silberhaar.?
? Diese Erdhaufen hat der Maulwurf Paul errichtet!?
? Paul, der normalerweise unter der Erde lebt und viele Gänge gegraben hat, kommt ab und zu an die Oberfläche und zwar da wo die Erdhügel sind.? Antwortete mir meine Mutter. ? Fein, da kann ich ja mit ihm spielen, vielleicht wird er auch ein Freund von mir?? Lachte ich übermütig. ? Du wirst Paul kaum sehen können, denn Maulwürfe sind kleine Tiere, die meist nur nachts aus ihren Erdhügeln kriechen. Wir sind in der Nacht nicht auf der Koppel, sondern in unserem Stall.? Sagte meine Mutter. ? Das ist aber schade, ich habe mich schon so auf Paul gefreut.? Entgegnete ich ihr kleinlaut. ? Warum ich dir aber eigentlich von diesen Erdhügeln und dem Maulwurf Paul erzähle, hat einen wichtigen Grund. Diese Erdhügel sind für uns Pferde sehr gefährlich. Unter ihnen befindet sich ein Erdloch. Unvorsichtige Tiere, die nichts von diesem Loch wissen oder aber die Warnung nicht beachteten sind schon oft in diese Falle getapt und haben sich dabei sehr weh getan!? Sagte meine Mutter Aida mit
ernster Miene.
Ich versprach ihr diese Warnung stets zu beachten und achtete von nun an darauf indem ich bei meinen Ausflügen auf der Koppel immer einen gehörigen Abstand von den Maulwurfhügeln einhielt.
? Fast alle Koppelblumen und das grüne Gras sind für uns Pferde zum Fressen geeignet. Wie die gelben Butterblumen oder wie der frische grüne Klee, der rote oder weisse Blüten hat. Das vierblätterige Kleeblatt, das nur selten wächst, hat bei den Menschen eine besondere Bedeutung, sie meinen das es Glück bringen soll. Achte beim Fressen aber darauf, daß du nicht zuviel frisst, den sonst wirst du Bauchweh von all den Leckerein bekommen, und das kann sehr weh tun.? Sagte sie noch.

Nun lauf Silberhaar und vergiss nicht, neben dem herumtollen, was ich dir gesagt habe, dann wirst du bald ein großes, starkes Pferd werden .? Wieherte Aida.
Der erste Tag auf der Koppel ging zu ende und kurz vor dem Dunkel werden führten uns der Bauer und sein Sohn wieder in unseren Stall und morgens wieder hinaus auf die Pferdekoppel.
So verging Tag um Tag, Woche für Woche, Monat für Monat und aus mir dem kleinen Silberhaar wurde ein schönes temperament volles Pferd.
Eines Tages im Herbst, hatte ich auch noch eine unerwartete Begegnung mit dem Maulwurf Paul. Als ich ein paar Meter vor einem der Erdhügel stand, sah ich, wie sich die aufgehäufte Erde bewegte und oben sah ich den Kopf von Paul. Paul blinzelte mit seinen Kulleraugen in die tiefstehende Sonne, winkte mir zu und war gleich wieder verschwunden.

2. Kapitel Xileno




Ein starker Herbststurm fegte über das Land und kündigte den nahenden Winter an. Auf dem Bauernhof ging alles seinen täglichen Gang.
Aus den Ferkeln Mimi, Mausi und Oskar sind drei fast ausgewachsene Schweine geworden und das Kalb Luna ist zu einer stattlichen Ferse herangewachsen.
Auch ich war nun nicht mehr das junge übermütige Fohlen, nein vielmehr war ich nun zu einem stattlichen Schimmelhengst, herangewachsen.
Meinen Eltern Aida und Leon sah man an, wie Stolz sie auf ihr einstmals zartes Fohlen sind.
Ich jagte zwar auch jetzt noch ab und zu im gestreckten Galopp über die Koppel doch nicht aus Übermut, sondern um meine Kraft und Ausdauer zu erproben.
Aida, die mich von meiner Gebuhrt an immer zärtlich behütet hatte war besonders stolz auf meine gute Erziehung, an der sie wohl den größten Anteil hatte.
Eines Abends, wir waren gerade im Pferdestall angekommen, sagte sie zu mir: ? Nun mein Sohn ist es an der Zeit, daß ich dir deinen zweiten Namen gebe mit dem du in deinem kommenden Pferdeleben immer von den Menschen gerufen werden wirst. Du bist nun von Heute an der Schimmelhengst Xileno.?
? Warum brauche ich einen anderen Namen?? fragte ich.
? Für mich und deinem Vater wirst du immer unser Sohn Silberhaar sein, doch die Menschen werden dich von nun an Xileno nennen und das ist doch auch einer schöner Name, oder?? sagte Aida. ? Als ich so jung war wie du es jetzt bist haben mich meine Eltern Wuschel genannt und die Menschen gaben mir den Namen Aida.?
? Na ja, Xileno, hört sich eigentlich ganz gut an!? Sagte ich wiehernd.
? Es wird nun auch bald der Tag kommen an dem wir uns von dir verabschieden müssen und du in den Pferdestall der Prinzessin Lulu wechseln wirst.? Sagte meine Mutter mit trauriger Stimme.
Ich schmiegte mich ganz nah an Aida und sagte kleinlaut. ?Warum muss ich fort?? ? Ich möchte bei euch bleiben!?
?Das ist das Schicksal von uns Pferden. Wir dürfen meist nicht bei unseren Eltern bleiben und es kommt auch öfters vor das wir in unserem Leben mehrere Besitzer haben.? Sagte Aida mit beruhigender Stimme.
? Bei Prinzessin Lulu wird es dir gut gehen, sie ist ein liebes Kind und wird dich bestimmt auch sehr lieb haben.? Sagte meine Mutter und fügte hin zu.
? Nun sei aber nicht traurig mein kleiner Xileno, es ist ja noch nicht soweit. Es werden noch ein paar Wochen vergehen bis du von ihr abgeholt wirst.
Nun schlaf schön und träume von deiner Zukunft.?
Ich legte mich in das frische Stroh und schlummerte auch sofort ein.
Am nächsten Morgen wollte meine Mutter wissen, was ich geträumt hatte.
?Ich habe von einer Koppel geträumt auf der viele bunte Holzstangen standen und über die ich gesprungen bin.? Sagte ich.
Mein Vater Leon der unser Gespräch zuhörte sagte. ? Du hast von einem Turnierplatz geträumt.
Ich selbst habe in meiner Vergangenheit schon öfters mit meinem damaligen Besitzer an Springturnieren teilgenommen und auch viele Preise gewonnen.
Du must wissen, daß unsere Pferderasse, die Lusitanos, sehr gut für das Springreiten, aber auch für die Dressur geeignet sind.
Da du ja auch ein Lusitano Hengst bist und sehr gute Anlagen von mir geerbt haben wirst, ist es möglich, daß aus dir einmal ein erfolgreiches Springpferd wird!?
Ich staunte nicht schlecht über meinen Vater Leon, denn so eine lange Reede hatte ich von ihm noch nie gehört.
?Jipi-jeh ich werde ein berühmtes und erfolgreiches Pferd, das ist wunderbar!? Sagte ich und sprang übermütig im Stall herum.
Ich beruhigte mich aber auch schnell wieder, vor allem deswegen, da ich die mahnenden Blicke meiner Eltern sah.
Es war nun Anfang Dezember. In den letzten Tagen war es empfindlich kalt geworden. Der nahe Winter, den ich ja nun zum ersten mal kennen lernen werde, kündigte sich mit großen Schritten an.
Als wir dann eine Stunde später auf die Koppel geführt wurden, sah ich etwas neues, was ich noch nie zuvor gesehen hatte.
Überall auf dem Hof, dem Dächern, den Bäumen und Äckern lag in der Morgensonne getauchtes, blendendes, weißes Etwas.
Vor Schreck über dieses weiße Etwas sträubten sich die Haare meines Fells.
?Nun geh schon mein kleiner Xileno, du brauchst keine Angst zu haben vor dem Schnee!? Sagte Aida und schubste mich ein wenig an.
Vorsichtig setzte ich nun mein linkes Bein in den weißen wie ihn meine Mutter nannte ? Schnee- und zuckte kurz zurück, da dieses Etwas sich im ersten Moment sehr kalt anfühlte.
Mir gegenüber auf dem Hof sprang Asta übermütig im Weißen Schnee herum und sagte. ? Hallo Silberhaar, ist der Schnee nicht wunderbar?? ? Komm aus dem Stall und du wirst sehen und merken wie schön es ist im Schnee herumzutollen!?
Da ich ja normalerweise kein Angsthase bin stapfte ich nun mutig in den Schnee und merkte nach ein paar Schritten wie angenehm weich und kühl der Schnee ist.
Asta, der an meiner rechten Seite herum hüpfte, bellte lachend.
? Ist der erste Schnee nicht schön weich? Ich fühle mich Hundewohl, wenn ich auf ihm herumtollen kann, du auch??
? Ja auch mir gefällt der Schnee sehr gut!? Wieherte ich zu rück.
Insgeheim dachte ich das Astra gut reden kann, denn er, der ja schon 5 Jahre alt ist, hat schon mehre Winter auf dem Bauernhof erlebt.
Ich dagegen werde erst in ein paar Wochen 2 Jahr alt.
Das der Schnee auch hart und glatt sein kann merkte ich als wir auf der Straße anlangten die zur Koppel führt.
Aida ermahnte mich vorsichtig zu sein beim laufen auf der festgefahrenen und glatten Straße.
Wir kamen, jedoch ohne auszurutschen, auf der Koppel an.
Aida zeigte mir wie man auch im Winter saftiges Gras unter der Schneedecke finden und auch fressen kann.
Aida sagte zu mir. ? Das der Winter nun da ist hast du ja gemerkt. Wir werden nun 3 Monate Winter haben. Mit dem Frühling der nach dem Winter kommt wird auch die Zeit der Trennung für uns kommen! Darüber musst du aber nicht traurig sein!

3. Kapitel - Der Abschied -




Was bisher geschah:

Silberhaar das Lusitanofohlen wurde auf einem Bauernhof geboren. Es hatte viele Freunde unter den Hoftieren und war bei allen sehr beliebt. Sein Vater Leon und seine Mutter Aida, zogen es zu einem stattlichen Schimmelhengst, auf. Silberhaar bekam seinen neuen Namen - Xileno und wurde darauf vorbereitet, bald den Bauernhof für immer verlassen zu müssen……..


Xileno hatte das letzte Gespräch mit seiner Mutter, in dem es um den nahen Umzug ging, jedoch schnell vergessen bzw. verdrängt.
Das war ihm bei dem herrlichen Winterwetter, das nun schon seit zwei Monaten anhielt, auch nicht schwer gefallen. Er liebte es ganz besonderst im Tiefschnee über die Koppel zu gallopieren oder sich im Schnee behaglich zu wälzen.
“ Mutter, Vater ist der Schnee nicht herrlich?” fragte Xileno seine Eltern. “Mögt ihr den weißen Schnee auch so wie ich?” fügte er hinzu.
“ Wir mögen ihn auch, aber noch mehr den Frühling, wenn es auf unserer Koppel grünt und blüht und wir das saftige Gras, ohne es suchen zu müssen, fressen können!” sagte Vater Leon mit lachender Stimme. “ Der Winter ist schön, aber die anderen Jahreszeiten, wie der Frühling und der Sommer sind für uns Pferde noch schöner. Diese Erfahrung wirst du aber noch selbst machen mein kleiner Xileno!” ergänzte meine Mutter die Worte meines Vaters.
Ich merkte auch recht bald, dass der Winter auch seine Tücken hat, denn die nächsten Tage wurden noch kälter und es fegte ein eisiger, stürmischer Wind über die Erde. Wir waren gerade auf der Koppel, als dieser Schneesturm einsetzte. Obwohl ich ein dichtes Winterfell trug, fror ich am ganzen Körper. Meine Mutter die das sofort bemerkte stellte sich schützend vor mich.
“ Na Xileno merkst du nun das der Winter nicht nur weißen Schnee, sondern auch seine schlechten Seiten zeigen kann?” sagte Aida.
“Ja, das ist wohl so, ich friere und hoffe, dass der Bauer bald kommt und uns in den Stall führt!” antwortete ich ihr kleinlaut.


Wir brauchten auch nicht lange darauf zu warten, denn in der Ferne sah ich den Bauern mit seinem Sohn kommen.
Wiehernd vor Freude ließen wir uns von der eisigen Koppel in den Pferdestall führen.
Eine wohlige Wärme umfing uns sofort und schnaubend vor Glück, der eisigen Kälte entronnen zu sein, legten wir uns in das warme Stroh.
Da der Schneesturm auch am kommenden Tag noch wütete wurden wir nicht auf die Koppel gebracht. Stattdessen erzählten mir meine Eltern aus ihrer Jugendzeit. Von erfolgreichen Springturnieren, bei denen mein Vater Leon meist als stolzer Sieger vom Platz trabte, aber auch von Niederlagen, denn man kann nicht immer gewinnen und man sollte stets auch die Leistung der Anderen achten.
Meine Mutter, Aida, die in Ihrer Sportzeit meist in der Dressur tätig war, schwärmte von dieser herrlichen Disziplin. Wie sie bei dem klängen von Musik, mit ihrer Reiterin verschmelzend, die leicht aussehende, jedoch so schwere Dressuren meisterte.
Besonders stolz war sie über den Gewinn des “Großen Preis” von Deutschland, vor einigen Jahren, den sie mit der älteren Schwester von Prinzessin Lulu, Lela gewann.
“ Ja, wir zwei waren auch einstmals auf dem Gestüt von Lulus Vater, dem Grafen Eckhard. Als wir nicht mehr für den Sport geeignet waren, verkaufte er uns nach hierher und wir empfinden das als Glücksfall. Unser Bauer musste dem Herrn Grafen versprechen, dass das erste Fohlen, dass wir bekommen, ihm bzw. seiner Tochter Lulu gehören wird.” sagte mein Vater.
“ Du wirst es sehr gut im gräflichen Gestüt haben, so wie wir es auch immer hatten.” ergänzte Aida.
“ Wir haben es jetzt Ende März und der Schneesturm, der bald vorüber sein wird, ist das letzte große Aufbegehren des Winters, der nun bald dem Frühling Platz machen wird. Du unser Xileno bist nun schon fast zwei Jahr alt und zu einem schönen Schimmelhengst herangewachsen. Im Mai also, in etwas mehr als zwei Monaten, müssen wir uns trennen und du wirst auf das Gestüt des Grafen Eckhard wechseln.” sagte mein Vater mit ernster Miene.
“Nun seit endlich still, lasst uns Morgen weiter reden!” hörte Xileno, der sich bereits im Halbschlaf befand, seine Mutter sagen.


Ich träumte in dieser Nacht vom nahenden Frühling, von saftigen Gras, Butterblumen und Schmetterlingen, die von einer Blume zur anderen flogen.
Und tatsächlich als ich am nächsten Morgen erwachte, war kein Sturm mehr von draußen zu hören.
Stattdessen hatte Tauwetter eingesetzt. Die Eiszapfen, die am Rande der Dachrinne herunterhingen, wurden, in dem sie abtauten, immer kleiner, bis sie später ganz verschwanden.
Da das einsetzende Tauwetter die Feldwege und somit auch den Weg zur Koppel aufweichten, rutschig und unpassierbar machten, verblieben wir in den nächsten Tagen im Stall.
Wir Pferde wurden nun einer verstärkten Körperpflege unterzogen.
Es war schon eigenartig, was die Menschen alles mit uns anstellten. Wir wurden gewaschen, gebürstet und unsere Mähne und Schwänze, die der letzte Sturm arg zerzaust hatte, wurden gekämmt.
“ Mein Xileno, was bist du doch für ein schöner junger Schimmelhengst geworden. Deine neue Besitzerin, die Prinzessin Lulu, wird dich sehr mögen und auch mit dir viel Freude haben. Ich habe vorhin den Bauer sagen hören, dass sie dich am kommenden Wochenende abholen werden.” sagte Aida mit Stolz, aber auch etwas trauriger Stimme.
“Sei also nicht traurig, dass sich unsere Wege nun trennen werden. Freue dich auf das was nun vor dir liegt und behalte uns, deine Eltern, in guter Erinnerung!” fügte sie noch hinzu.
Auch mein Vater Leon der ja stets nicht viel sagte, wünschte mir alles Gute für mein kommendes Leben!


Der Sonnabend versprach ein schöner Tag zu werden. Die Sonne schickte ihre Strahlen durch unser Stallfenster. Der Bauer und sein Sohn kamen, um uns auf die Koppel zu führen. Ich wieherte vor Freude, endlich wieder auf die Koppel zu dürfen.
“ Bleib ruhig Xileno, dich bringen wir heute nicht auf die Koppel, nur deine Eltern!” sagte der Bauer im beruhigenden Ton zu mir.
“ Mutter warum darf ich nicht mit?” fragte ich Aida.
“Xileno mein kleiner, mein Liebling, jetzt ist es soweit, dass wir getrennt werden. Mache es gut und denke ab und zu an uns. Wir wünschen dir für dein kommendes Leben viel Glück!” sagte Aida und Vater Leon wieherte laut zustimmend.
“ Ich werde immer an euch denken und euch lieben!” sagte ich traurig und hob meinen Kopf.
Meine Mutter und mein Vater waren aber nicht mehr im Stall und ich wusste nicht ob sie meine Worte gehört haben.
Da stand ich nun und wartete auf das was nun mit mir geschehen sollte.
Vom Hof her vernahm Xileno nun Stimmen, die ihm fremd vorkamen.
Eine tiefe Männerstimme begrüßte den Bauer und seinen Sohn und ein helles Lachen erschallte über den Bauernhof.
Nun öffnete sich die Tür zum Pferdestall und es traten nacheinander der Bauer, sein Sohn, ein Mädchen und ein Mann in den Stall und nahmen vor der Tür zur Pferdebox, in der ich mich befand, Aufstellung.
“ Ist das Xileno?” fragte der Mann den Bauern staunend, dass dieser stolz bejahte.
Das Mädchen, in der ich die Prinzessin Lulu vermutete, stand ebenso staunend am Gatter .
“ Vati, Xileno ist das schönste Pferd, was ich je gesehen habe und es ist wunderbar, das es nun meins sein wird.” Lulu Strahlte mich aus ihren blauen Augen an.
“ Du hast recht Lulu, es ist ein sehr schöner 3 jähriger Hengst aus ihm geworden!” sagte ihr Vater anerkennend.
Nun kam der Bauer in meine Box, legte mir ein Halfter an und führte mich auf den Hof.


Da stand nun ein hellblauer Pferdetransporter, in den ich dem Bauern folgen sollte.

In diesen Pferdetransporter wollte man mich jetzt verladen, doch ich sträubte mich mit all meiner Kraft dagegen.
Ich dachte so bei mir “steigst du hier ein , dann bringen sie dich für immer von hier fort!” und wie sich später herausstellte, waren meine Vermutungen, richtig.
Der Junge des Bauern kam mit einem Bündel Mohrrüben auf mich zu und hielt sie vor mein Maul. “ Komm Xileno, hier hast du dein Lieblingsfressen!” als ich danach schnappen wollte, zog er das Bündel schnell zurück und warf es im hohen Bogen in den Transporter.
Nun gab es für mich kein halt mehr und ich stapfte in den Transporter, um dort genüsslich die Mohrrüben zu fressen. Danach wollte ich natürlich wieder hinaus, doch das war nun nicht mehr möglich! Der Bauer hatte, als ich mit dem Fressen beschäftigt war, die Verladeluke des Transporters geschlossen.
Ich trampelte zwar wild mit meinen Hinterhufen gegen dieses Hindernis, doch das half alles nichts, man hatte mich überlistet!
An der Vorderseite der Pferdetransportbox gab es ein Fenster das von außen nun geöffnet wurde und Lulu sah hinein.
“ Xileno mein Junge, bleib ruhig, es passiert dir hier nichts schlimmes!” sagte sie. Sie band mich an der vorderen Wand an und sagte: “ Wir bringen dich jetzt zu uns nach Hause, da wirst du es sehr gut haben und es ist auch nicht sehr weit, nur ein paar Kilometer!”
Ich, der noch nie in einer so kleinen Box stehen musste, kam die darauf folgende Fahrdauer, wie eine Ewigkeit vor.
Als der Transporter nun zum stehen kam, war ich sehr erleichtert.
Die Verladeluke wurde geöffnet und Lulu band mich los und ich musste rücklings die Box verlassen.
Was ich nun sah lies mein junges Pferdeherz vor Freude hüpfen und ich wieherte instinktiv und laut.
Lulu führte mich auf eine große Koppel, auf der mehrere Pferde friedlich grasten.
Sie nahm mir das Halfter ab und sagte; “ Xileno, das ist nun dein neues zu Hause, hier kannst du dich vom Stress der Fahrt jetzt ausruhen, Morgen werden wir mit der Arbeit beginnen!”
Das lies ich mir nicht zweimal sagen und galoppierten freudig drauf los.
Nach ein paar Runden, auf der für mich neuen Koppel, wollte ich mich mit den Pferden, die sich hier bereits befanden, bekannt machen. Einige von diesen, die Älteren, beäugten mich von oben herab.
Ich, dem zuvor nur eine Pferderasse bekannt war, die der Lusitano, meiner eigenen, staunte nicht schlecht über die Vielfalt der Rassen, auf dieser Koppel. Da waren z.B. drei Araber die besonderst höhnisch auf mich herab blickten, vier Andalusier und fünf Trakehner Pferde.
Insgesamt wahren meine Annäherungsversuche ziemlich kläglich gescheitert! Na ja. was soll’s!
Wenn sie mich erst etwas näher kennen würden, werde ich bestimmt noch Freundschaften schließen Können.
Am nächsten Tag kam Lulu auf die Koppel, legte mir mein Halfter an und führte mich auf eine andere ziemlich kleine Koppel, auf der auch kein saftiges Gras vorhanden war, sondern nur Sand.
Hier nun angekommen, band sie mir ein langes Seil an mein Halfter und sagte in einem sanften Tonfall: “ So, Xileno, diese Koppel wird für die nächste Zeit unser Arbeitsplatz und dieses Seil ist eine Longe mit der du die Grundkenntnisse des Reitsports mit mir bzw. von mir erlernen wirst!” Ich, für meinen Teil, möchte mich anstrengen, alles so schnell wie möglich zu erlernen!
In der ersten Stunde sollte ich an der Longe im Kreis und in einer Richtung um Lulu herum laufen. Das klappte auch von Anfang an sehr gut. Dieser Stunde folgten nun fast täglich weitere. Wir übten an der Longe unter Anderem die Gangarten im Schritt, Trab und Galopp links und rechts herum, sowie Sprünge über Holzhindernisse in unterschiedlichen Höhen. Da ich stets mein Bestes versuchte und es auch meist schnell gelang, sparte Lulu nicht mit Lob und kleinen Leckerein in Form von Mohrrüben. Überhaupt hatten wir ein starkes Vertrauensverhältnis zu einander aufgebaut.
Dieses uneingeschrenkte Vertrauen nur zu Lulu, sollte in meinem späteren Leben noch zu erheblichen Komplikationen und Irritationen führen.
Nach einem halben Jahr sollte ein weiterer Schwerpunkt hinzukommen, die Gewöhnung an einen Sattel.
Ich hatte zwar schon mehre meiner Artgenossen mit solch einem Ding herumlaufen sehen und ich wusste von ihnen auch, das darauf die Menschen saßen. Doch für mich war es eine Premiere!
Lulu legte mir zuerst eine weiche Decke auf und dann den eigentlichen Sattel. “ So nun solltest du dich erst einmal an dieses an der Longe gehen. “ Morgen werde ich das erste mal in den Sattel neue Gefühl gewöhnen!” Sagte Lulu zu mir und lies mich mit Sattel
-
steigen, hoffentlich wirfst du mich nicht ab?” fügte sie noch hinzu.
Da braucht sie keine Angst zu haben, dass werde ich mit Sicherheit nicht tun. Seit ich hier mein neues zu Hause gefunden habe, bekomme ich zu meiner täglichen Ration an Heu auch täglich Kraftfutter, das meinen Muskeln und Knochen zu gute kommt!
Ich hatte mich gut auf den saftigen Graskoppeln, die sich in der Nähe des Zuger Sees befanden, aber auch in den großzügig bemessenen Stallungen des Gestüts eingelebt und auch schon mehrere Freundschaften mit anderen Pferden geschlossen. Eines dieser Pferde, eine Trakehner Stute, hatte mich gut auf das Satteltragen und den eigentlichen Reitsport vorbereitet und mir erklärt, das reiten und gehorchen unseres Reiters, in meinem Fall Lulus, zu unserer eigentlichen Bestimmung gehört.
Am nächsten Tag war es nun soweit, unser erster gemeinsamer Ausritt fand nun statt. Da Lulu ein schlankes Persönchen ist, merkte ich kaum ein Gewicht von ihr auf meinem Rücken. Erst im Schritt, dann im leichten Trab und später auch im Galopp ging es über Wiesen und Felder endlang des Zuger Sees.
Lulu jauchzte vor Glück und ich freute mich, in dem ich laut wieherte.
In den nächsten Tagen und Wochen trainierten wir neben den Ausritten auch das springen über Hindernisse.
Da alle Sprünge sehr gut gelangen, wurden die Hindernisse immer höher bzw. weiter.
Ich war nun vier Jahre alt und meine Grundausbildung nahezu abgeschlossen. Lulus Vater, der uns stets beobachtete und unsere gute Zusammenarbeit und trainingsfleiß lobte ist der Meinung dass wir nun bald an einem Nachwuchsreitturnier teilnehmen sollten.
Er hatte uns bei einem Springturnier, das an einem Wochenende im Mai in Bremgarten stattfindet, angemeldet.
Die Freude darüber war natürlich bei Lulu und mir sehr groß!
Endlich konnten wir unsere erlernten Fähigkeiten und Fertigkeiten vor Publikum unter Beweiß stellen.
Bis zum Turnier waren es noch drei Wochen und wir trainierten täglich und bereiteten uns somit gut vor.


5. Kapitel - Ein starkes Team!


Nun war es nur noch ein Tag bis zu unserem ersten Reitturnier.
Lulu putzte mich für dieses Turnier besonders schön heraus, in dem sie mich lange striegelte und aus meiner Mähne Zöpfe flocht.
Lela, ihre um vier Jahre ältere Schwester, die ebenfalls für dieses Turnier gemeldet war und es schon zweimal mit ihrem Wallach Jogi gewonnen hatte, spöttelte mit Lulu.
“ Was machst du dir mit Xileno solch eine große Mühe, ihr habt sowieso keine Chance bei diesem Turnier zu gewinnen, denn ich werde mit Jogi das dritte mal gewinnen!”
Lulu, entgegnete klugerweise nichts darauf.
Am nächsten Morgen stand auf dem Gestütshof ein größerer Pferdetransporter, als der, mit dem ich hierher gefahren wurde.
Lulu, führte mich am Halfter in den Transporter. Als sie merkte, dass ich mich sträuben wollte, sagte sie mit ruhigem Tonfall. “ Xileno, habe keine Angst, schau Jogi steht bereits drin! Du willst dich doch nicht vor Angst blamieren!”
Als ich Jogi sah, nahm ich all meinen Mut zusammen und lies mich artig, in die zweite Box führen und anbinden.
In Bremgarten angekommen wurden wir ausgeladen und gesattelt, um später auf den Abreiteplatz, auf dem sich schon mehrere Reiter mit ihren Pferden befanden, mit unseren Aufwärmarbeit zu beginnen.
Lulus Vater ist zur Turnierleitung gegangen, um unsere Startnummern zu holen. Insgesamt waren achtzehn Teams am Start.
Lela, war als dritte und wir als siebzehnte ausgelost wurden.
Nun ging es los!
Der Parcours besteht aus neun Hindernissen inklusive einer zweier Kombination.
Die beiden ersten Paare hatten jeweils einen Springfehler.
Nun war Lela mit Jogi an der Reihe. Jogi, der mit seinen sieben Jahren schon zu den erfahrenen Pferden zählte, meisterte den Parkuhr mit bravour und blieb fehlerfrei.
Einen fehlerfreien Ritt gelangen auch den Paaren sieben und neun, so dass ein Stechen auf jeden Fall stattfinden wird!
So nun waren wir beide an der Reihe, wir wurden wie alle Paare
über Lautsprecher aufgerufen und vorgestellt.


Mit dem Zusatz, dass wir heute eine Premiere haben, unsere erste Turnierteilnahme.
Als wir auf den Parcour einritten, streichelte Lulu beruhigend meinen Hals. Sie brauchte auch nichts zu mir zu sagen, denn wir wussten beide, dass es nun darauf ankommt, unsere Fertigkeiten, die wir uns in zahlreichen Trainingsstunden erarbeitet haben, anzuwenden.
Nach dem ersten Hindernis, dass wir ohne Fehler übersprangen, war all meine Nervosität verschwunden und ich übersprang mit Hilfe von Lulu alle Hindernisse fehlerfrei. Was uns die Zuschauer mit starkem Beifall dankten, auch Lela gratulierte Lulu.
Da das achtzehnte Paar auch einen Fehler machte, standen nun vier Paare im Stechen.
Im Stechen ging es wieder über die gleichen Hindernisse, wobei aber zwei, das “ Birkenrik” und der “Ochser” um zehn Zentimeter erhöht wurden.
Wir waren das vierte Paar und Lela mit Jogi als erstes Paar an der Reihe.
Die erlaubte Zeit wurde auf fünfundfünfzig Sekunden von der Turnierleitung festgelegt!
Lela und Jogi blieben fehlerfrei und erreichten mit neunundvierzig Sekunden eine sehr gute Zeit.
Das Paar sieben machte einen Fehler und Paar Nummer neun blieb fehlerfrei, in der Zeit von einundfünfzig Sekunden, auf den vorläufigen zweiten Platz. hinter Doro und Jogi.
Nun lag es in unserer Hand, mit einem beherzten Ritt den Sieg zu erringen.
Dass uns dies auch Super gelang, bekundete uns der minutenlang anhaltende Beifall der Zuschauer. In einer ausgezeichneten Zeit von siebenundvierzig Sekunden hatten wir diesen erschwerten Parcour gemeistert und wurden von der Turnierleitung zum Siegerpaar erklärt! Zu den ersten Gratulanten zählte Lulus Vater, der sie in seine Arme nahm und ihre Freudentränen trocknete, aber auch mir respektvoll über den Rücken streichelte.
Bei der anschließenden Siegerehrung, bei der Lulu ein Pokal und mir eine, Goldene Rosette mit einer 1 in der Mitte am Halfter befestigt wurde, schaute Lela schon etwas neidisch auf ihre jüngere Schwester, die ihren sicher geglaubten Sieg noch vereitelte!
Das war also unser erster großer Erfolg und nicht nur wir waren überzeugt, dass da noch viele weitere folgen werden, vorausgesetzt das Xileno verletzungsfrei und Lulu gesund bleibt!

Im heimatlichen Gestüt wieder angekommen, musste ich allen Pferden, die nicht an diesem Turnier teilgenommen hatten, von meinem ersten Sieg berichten. Ich kann wohl sagen dass dieser erste Erfolg großen Beifall und positive Stimmungen mir gegenüber bei allen erzeugte.
Insgesamt nahmen wir in diesem Jahr noch an acht Springturnieren teil. Sechs mal konnten wir uns als Sieger, einmal als zweiter und einmal als dritter, feiern lassen. Mir wurde am Ende des Jahres das Prädikat “ Bestes Nachwuchspferd des Jahres 1994 “ verliehen!
Als ich eines Tages in meiner Box vor mich hin träumte, kam Lulu zu mir und streichelte meinen Hals.
“ Xileno, ich muss mich von dir für immer verabschieden, ich werde Morgen in die USA fliegen, wo ich einen Studienplatz erhalten habe und Lela wird sich nun um dich kümmern.” sagte sie mit trauriger Stimme!
Ich verstand nicht was Lulu mir damit sagen wollte!
Doch am nächsten Morgen, als ich mich wie jeden Tag auf die tägliche Arbeit mit Lulu freute, kam die angekündigte Veränderung auf mich zu.
Nicht Lulu sondern Lela kam in meine Box und wollte mir das Halfter anlegen. Alles in mir sträubte sich aber dagegen. Ich stampfte mit den Vorderhufen auf und zeigte ihr damit, was ich von ihr halte!
Lela verlies die Box kam jedoch kurz darauf zurück und hatte in der einen Hand eine Peitsche,
“ So, du Wunderpferd, nun werde ich dir zeigen, wer deine neue Herrin ist und wem du nun zu gehorchen hast.” sagte Lela mit zorniger Stimme.
Sie schlug nun wie wild auf mich ein und schrie für mich unverständliche Worte!
Doch erreicht hat sie bei mir nichts! Die Hiebe, die zwar sehr weh taten und mich am ganzen Körper zittern ließen, bewirkten bei mir nur das eine, das grenzenloser Hass auf meine, wie sie sich selbst nannte, Herrin in mir aufstieg!
Ein Pferdepfleger, der in unmittelbarer Nähe alles mit ansehen
Musste, ging nun energisch dazwischen, entwendete Lela die Peitsche.


“ Was soll das, was hat dir Xileno getan?” sagte er vorwurfsvoll zu Lela.
“ Das geht dich gar nichts an. Xileno gehört jetzt mir und ich mache mit ihm, was ich will und wenn er mir nicht gehorcht, bekommt er die Peitsche zu spüren!” sagte sie und verließ zornig den Pferdestall.
Die nächsten Tage und Wochen, nach diesem Vorfall, verbrachte ich hauptsächlich auf der Koppel bei den anderen Pferden.
Der Herbst und der Winter waren schnell vergangen und ein neues Reitsportjahr stand nun an.
Da Lulu nun nicht mehr da war, war es mir aber ziemlich gleichgültig, ob ich an einem Reitturnier teilnehme oder nicht.
Das erste Turnier war das in Bremgarten, welches ich mit Lulu so bravourös gewonnen hatte.
In diesem Jahr sollte ich mit Lela daran teilnehmen.
Uns wurde die Startnummer sieben zugelost. Zwei von den vor uns gestarteten Paaren waren fehlerlos geblieben und ein Stechen stand somit fest. Nun waren wir an de Reihe.
“ So, nun zeig mir, was du kannst! Solltest du dich bockig anstellen, bekommst du Hiebe!” sagte Lela zornig zu mir.
Um ihren Worten Taten folgen zu lassen versetzte mir Lela schon beim Einritt auf den Platz mit der Reitpeitsche einen Hieb.
Das erste und das zweite Hindernis überwanden wir fehlerlos, vor dem dritten, einer zweifachen Kombination, verweigerte ich den Sprung. Auch beim zweiten Anlauf war ich weder durch Peitschenhiebe noch durch Zureden von Lela dazu zu bewegen abzuspringen. Diese zweite Verweigerung führte zu unserer Disqualifikation.
Viele der anwesenden Zuschauer staunten nicht schlecht, da sie uns eigentlich als die Favoriten für dieses Turnier sehen wollten.
Das dieser Patzer dem besten Nachwuchspferd des Vorjahres passierte, konnten sie nicht verstehen, da sie ja die Hindergründe nicht kannten.
Für mich stand es auf jeden Fall fest, Lela wird mit mir kein Reitturnier mehr gewinnen!
Mit Jogi, ihrem zweiten Pferd, gelang ihr auch kein fehlerfreiher Ritt, so das sie bei diesem Turnier, dass sie ja schon zweimal gewonnen hatte, leer ausging.


Jogi wieherte nach ihrem Ritt zu mir rüber und ich verstand das er sich solidarisch mit mir erklärte, da er ja wusste, wie schäbig sich Lela an mir vergangen hatte.
“ Na Lela, wo ist der Pokal?” wollte ihr Vater nach unserer Heimkehr wissen. “ Ich habe ihn nicht gewonnen! Xileno, dass angebliche Wunderpferd meiner Schwester, ist für mich nichts Wert! Er scheint nur auf Lulu fixiert zu sein, du solltest ihn verkaufen, ich jedenfalls bin mit ihm fertig!” sagte Lela fordernd.
In den kommenden Wochen, gab es zwischen Lela und ihrem Vater nur ein Thema, den Verkauf Xilenos.
Anfangs war ihr Vater strickt gegen diesen Verkauf, aber da sie ihm damit immer mehr auf den Wecker ging, war er eines Tages einverstanden und verkaufte Xileno für einen guten Preis.
Nun begann für Xileno eine wahre Odyssee und er wurde mehrfach, da die neuen Besitzer nicht mit ihm zu Recht kamen, verkauft und das in einem Zeitraum von fünf Jahren.
Nun war Xileno zehn Jahre und sein letzter Besitzer war so frustriert über ihn, dass er an die Möglichkeit dachte Xileno an eine Pferdefleischerei zu verkaufen, doch es kam wieder einmal ganz anders………..


6. Kapitel - Das Licht am Ende des Tunnels.


Es war wieder mal Frühling und ich war auf der Koppel meines jetzigen Besitzers und fraß genüsslich das frische saftige Gras.
Ich war so im fressen vertieft, dass ich alles um mich herum kaum wahrnahm.
In meinem Unterbewusstsein sah ich zwar, dass sich eine fremde Frau dem Koppelzaun näherte und mir etwas zu rief, was ich jedoch nicht verstand. Also ignorierte ich diese Frau und graste weiter.
Als ich einige Minuten später wieder einmal zum Koppelzaun schaute, stand diese Frau immer noch an der gleichen Stelle und beobachtete mich.
Das war etwas neues für mich, denn in letzter Zeit, wenn Menschen am Koppelzaun standen und merkten das ich sie ignorierte, waren sie schnell verschwunden, doch diese Frau blieb stehen.
Am nächsten Tag war ich wieder auf der Koppel und hoffte insgeheim, dass diese Unbekannte wieder kommen würde und so war es auch.
Sie rief “ Xileno, komm her zu mir, ich habe etwas für dich!”
Irgendetwas zog mich magisch an, langsam zu ihr hin zu laufen.
Als ich sah, was diese Frau in der rechten Hand hielt, begann mein
junggebliebenes Herz vor Freude wie wild zu schlagen und ich wieherte lauthals. Es war ein Bündel Mohrrüben, mein Lieblingsfressen aus meiner Fohlenzeit. Die Frau, es war wie ich noch erfahren sollte, die Pferdeflüsterrin, Collien von Azmannsdorf. Sie reichte mir nun nacheinander drei Mohrrüben zum Fressen über den Koppelzaun, die ich genüsslich schmatzend fraß. Dabei streichelte sie meinen Kopf und Rücken mit sanftem Druck.
Das war seit langer Zeit das erste Mal, dass ich einen Menschen so nah an mich heran ließ und Vertrauen zu Ihm aufbaute!
Ich, der seit der Trennung von Lulu nur meist mit den schlechten Eigenschaften der Menschen Bekanntschaft gemacht hatte, sah nun
wieder einen Lichtschein am Ende des Tunnels und freute mich auf die kommenden Begegnungen mit dieser Frau.
Am nächsten Tag hörte ich meinen jetzigen Besitzer auf dem Weg zur


Koppel vor sich hin murmeln. “ Da will mir also Collien dieses widerspenstige Tier abkaufen, na soll sie es kaufen und ihre eigenen Erfahrungen mit ihm machen!”
Das ist eine Neuigkeit für mich, die ganz in meinem Sinne ist! Das wäre ja klasse, wenn dies eintreffen würde!
Auf der Koppel angekommen galoppierte ich auf ihr herum und vollführte Freudensprünge, bis ich eine vertraute Stimme hörte, die mich an den Koppelzaun rief.
“ Xileno, komm einmal her zu mir, ich möchte dir etwas sagen!”
Ich lief natürlich gleich zu ihr hin. Sie streichelte meinen Kopf und sagte “ Xileno, ich habe dich nun doch gekauft und werde dich Morgen von hier fortbringen und zwar nach Aeugst. Ich werde dich dort auf einen Bauernhof unterstellen. Es wird dir sicherlich gut dort gefallen!”
Gesagt getan, am kommenden Morgen fand also meine Überführung nach Aeugst statt. Ich musste mich zwar überwinden, in den dafür nötigen Transporter zu steigen, aber in Erwartung einer besseren Zukunft lies ich es doch nach einigen Zureden geschehen.
Dass wir Pferde uns nicht gern in eine so kleine Transportbox einsperren lassen und die meisten Pferde sich auch wehemend dagegen sträuben, sollte den Menschen hinreichend bekannt sein.
Na ja was solls!
Das Gebäude, in dem ich in Aeugst nun untergestellt wurde, war im Vergleich mit dem vorherigen um einiges kleiner. Hier waren nur zwölf Pferdeboxen vorhanden. Ich, der das erste Pferd war, dass hier
untergestellt wurde, bekam natürlich auch die erste Box in der Reihe und ich fühlte mich von Anfang an, hier sehr wohl.
Nach und nach wurden die weiteren Boxen neu ankommenden Pferden belegt. Neben meiner Box, nahm eine Fuchsstute mit dem schönen Namen Majolie, Einzug.
Ich möchte sagen, dass wir uns von Anfang an sehr gut verstanden und sich in der nachfolgenden Zukunft eine enge Freundschaft entwickelte. In einer Box waren auch zwei Esel untergestellt. Der eine von ihnen, mit dem Namen Max, gefiel mir besonders. Wenn wir gemeinsam auf der Koppel waren, kam ich kaum an ihm vorbei, ohne kleine Spässe mit Max zu machen, die er meistens nur mit einem lauten “ IA, IA und mit mir kannst du es ja machen!” quittierte.

Von nun an verlief mein Pferdeleben, meist immer abgesehen von kleineren Pferdekrankheiten, die leider auch bei mir vorkamen, in geordneten Bahnen.
Die Pferdeflüsterrin Collien von Azmannsdorf, die ich in der Zukunft nur noch Collien nennen werde, ist ein wahrer Glücksfall für mich und mein weiteres Leben.
Fast täglich war sie auf dem Bauernhof, um mit mir zu arbeiten.
In den ersten Monaten in Aeugst beschäftigten wir uns in der Hauptsache mit Bodenarbeit.
Die Arbeit an der Longe bzw. Doppellonge nahm einen wesentlichen Teil, der sich über mehrere Monate und auch später immer wieder eine Rolle spielte, ein.
Diese Longarbeit erinnerte mich sehr an meine Grundausbildung mit Lulu, meiner ersten Besitzerin, die ich leider nie wiedergesehen habe. Ein weiterer großer Übungsteil nahm die Freiheitsdressur ein die mir sehr gut gefiel und bei der ich mich zur Freude von Collien, sehr viel Mühe gab.
So verging nun Jahr für Jahr, immer mit kleineren oder größeren Höhepunkten, für Collien und mich.
Im Jahr 2006, im Alter von sechsundzwanzig Jahren, entschied Collien nochmals einen Wechsel des Bauernhofes vorzunehmen.
Unweit unseres jetzigen Standortes wurde in Affoltern am Albis ein ehemaliger Bauernhof in eine den höchsten Ansprüchen genügenden Pferdepension, umgestaltet. Hier verbesserten sich meine Lebensbedingungen nochmals. Auf der Pferdepension “ Sennweid “ fanden ca. fünfundzwanzig Pferde ein optimales zu hause. Großzügig angelegte Boxen mit Freilauf, optimal abgestimmtes Futter, ein großer Trainingsplatz, mehrere Koppeln und eine vierundzwanzig Stunden Betreuung sind hier Standart.
In den kommenden Jahren war ich hier sehr gut aufgehoben. Mit Collien unternahm ich kleinere Ausritte und Wanderungen in die
Umgebung der “ Sennweid “ !
Anfang des Jahres 2012 in meinem 32. Lebensjahr wurde ich schwer krank.
Diese Krankheit forderte Xilenos Leben!
Collien wird ihren Xileno, dessen Geschichte er selbst hier in Ausschnitten erzählt hat, immer in sehr guter Erinnerung behalten!


Ende


Impressum

Bildmaterialien: H. Schiller
Tag der Veröffentlichung: 26.10.2012

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /