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rainergoecht

Am Schrottplatz sind die Birnen reif



Taschengeld erhielt ich nicht, wenn, dann musste ich mir etwas dazu verdienen. Eine Querstrasse weiter lag das große Gelände eines älteren Schrotthändlers. Sein Büro befand sich in einer alten Wellblechbaracke mit einem alten wackeligen Schreibtisch und Stuhl, ein Lehnstuhl direkt am Fenster, davor ein kleiner Tisch mit Aschenbecher, Tabakdose und einer sehr gebogenen Pfeife. In der Ecke ein Kohlenherd, obendrauf ein Wasserkessel für Tee. Sein treuer Freund, der Rex, ein Schäferhund, räkelte sich auf seiner Hundedecke neben diesem Kohleherd.

Auf dem Schrottplatz lagerten sehr viele alte Postkabel und Elektrodrähte aller Art, aus denen das wertvolle Kupfer heraus geschält werden sollte. Dies nutzten wir Jungen, um ein paar Mark zu verdienen. Hin und wieder wurde eine Arbeitspause eingelegt, um die leckeren Birnen von dem großen Birnbaum, der mitten auf dem Schrottplatz wuchs, zu probieren. Die besten Früchte hingen an den oberen Ästen. Zuerst versuchten wir es mit Steinen und schmissen somit die Birnen mit mäßigem Erfolg herunter. Also hinaufklettern.

Gleichzeitig braute sich schlechtes Wetter zusammen. Wir beeilten uns, um noch möglichst viele Birnen zu pflücken. Die ersten Regentropfen fielen, Gewitter grollte, es blitzte. Wir saßen zu dritt auf dem Baum, der vierte unserer Kumpels hatte sich bereits unter das Vordach eines Schuppens gestellt und wartete auf uns.

Auf einmal sprang die Tür des Schrotthändlerhäuschens auf und der Schäferhund rannte unter den Birnbaum und knurrte uns an. Heiliger Strohsack, der Hund ließ uns nicht mehr vom Baum. Es goss in Strömen, blitzte und donnerte, wir saßen weiter im Baum. Dem Hund machte das Ganze anscheinend nichts aus, er hatte seinen Auftrag. Immer wenn einer von etwas tiefer kletterte, fletschte der Hund seine Zähne. So viel Angst hatte ich schon lange nicht mehr.

Das Gewitter ließ nach, der Regen hörte auf, der Schrotthändler kam grinsend aus seiner Hütte, pfiff seinen Hund zurück, sagte, ihr hättet mich fragen sollen, und verschwand in seinem Verschlag. Für ihn war damit die Sache erledigt, er hatte seinen Spaß.




anarosa

Mein Herbst 1969



Es ist September. Seine Zeit ist gekommen. Im Grunde ist der Herbst schon da, er sammelt sich bloß ein wenig, sucht noch das passende Gewand für dieses Jahr aus, die passende Melodie, den passenden Duft.

Ich denke an die längst vergangenen Tage, die Jahrzehnte zurückliegen, an die Tage meiner Jugend. Da war mein Leben noch im Aufbau, die Zukunft schemenhaft; ich tastete mich mal zögernd und schüchtern, mal ungeduldig und stürmisch voran, meine Sinne sowohl nach außen als auch nach innen gerichtet. Ich brauchte die Zustimmung in der Außenwelt genauso sehr, wie die Harmonie, das Gleichgewicht in mir selbst. Die Jahreszeiten waren für mich oft die Abbildung meiner inneren Welt und umgekehrt.



Ich stellte mir den Herbst als eigenartiges Lebewesen vor, das eine unbegrenzte Macht hat und gleichzeitig so feinfühlig sein kann wie ein Mensch. Im Nu veränderte sich seine Stimmung. Herbst kann fröhlich und strahlend glücklich sein. Elegant und festlich gekleidet duftet er nach seltenem, wahrscheinlich teuerstem Parfum, das an die Vergangenheit erinnert und zugleich einen Hauch der Zukunft in sich trägt. Er genießt die Natur in vollen Zügen und ist mit sich selbst äußerst zufrieden.

Aber schon am nächsten Morgen ist von seiner Zufriedenheit nichts mehr zu erkennen. Unglücklich und anscheinend von jemandem zutiefst verletzt, hat er sich im Schornstein verkrochen, und heult und jammert und klagt. Mit trüben Augen schaut er mich durch die Fensterscheibe an, sein dunkles Gesicht ist mit Tränen überströmt. Er braucht menschliche Hilfe und Zuneigung.

Auch seine tiefen Depressionen erlebe ich hin und wieder. Schwarze, niedrige Wolken treiben am Himmel. Keine Hoffnung mehr auf blauen Himmel und Sonnenschein. Dem Herbst ist es nicht danach, seine Hände sind eiskalt, sein Atem kaum vernehmbar. Er vergießt spärliche, fast erfrorene Tränen auf die harte, graue Erde. Er will niemanden sehen und versteckt sich in den dunkelsten Ecken des Dorfes.

Und wer kennt seine Wutanfälle nicht, in denen er sich mit aller Kraft eines wilden, ungebändigten Tieres austobt? Alles Lebende vergräbt sich vor ihm und wartet stumm, wann er endlich todmüde wird und sich wieder beruhigt.

Mein Herbst 1969 ... Wie oft suche ich die Einsamkeit in seiner Gesellschaft, flüchte vor Menschen in den aus der Ferne schon goldgrün schimmernden Birkenwald. Dort setzen wir uns gegenüber auf den prachtvollen Laubteppich und hören uns aufmerksam zu. Er erzählt mir von vielen schönen, fantastischen, manchmal auch schaurigen Dingen, und in seiner eigenen Geschichte erkenne ich oft auch die meine. Ich weine ihm meine Sehnsüchte, meine Zweifel, meine Schmerzen aus, und er stimmt mir nickend und leise raschelnd zu. Nichts von meinen Offenbarungen ist ihm zu viel, er versteht mich sogar ohne Worte wie kein anderes Wesen es hätte tun können. Mit leichter Brise streichelt er sanft über mein Gesicht und flüstert mir ermutigende Worte ins Ohr.

Ich schreibe diese Zeilen und verspüre plötzlich eine Traurigkeit, sogar so etwas wie Reuegefühle kommen in mir auf.
Mein Herbst der längst vergangenen Jahre ... Im erwachsenen Leben, in der Hektik des Alltags habe ich ihn nicht mehr beachtet, denke kaum noch an ihn. Ich bin von ihm fort in die weite Welt gegangen. Ich habe ihn zurückgelassen, in den goldgrünen Wäldern und Feldern Sibiriens ... Ich schreibe diese Zeilen. Ich weiß, ich bin sie ihm seit Langem schuldig.


Von links nach rechts: Meine Schwestern Erna, Aneta, Ida und ich, mit dabei Edwin - Anetas Sohn

 

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maxemiliankroeger

Mein Junge doch nicht...


Wir hatten zuhause einen großen Garten mit vielen Obstbäumen. Aber einem richtigen Jungen schmecken die Äpfel aus Nachbars Garten doch immer am besten. So ging es meinen Spielkameraden und mir ebenfalls. Deshalb brauchte man sich auch nicht zu wundern, dass auch wir in den Gärten der Nachbarn Äpfel stibitzten.

Doch plötzlich erwischte uns der Nachbar. Während wir alle vom Baum sprangen und das Weite suchten, schaffte es einer nicht, weil er zu hoch in den Baum geklettert war. Auf die Frage des Nachbarn, was er da oben machte, sagte er: "Wir sammeln Fallobst."


Das Lachen des Nachbarn klingt mir heute noch in den Ohren. Dann rief er ganz laut:
"Maxe, Uwe, und Erwin sofort herkommen oder wollt ihr euren Freund alleine lassen?"
Zögernd kamen wir aus unseren Versteck hervor.

"Das nenne ich Anstand", sagte er nun: "und da ihr ja so gerne Fallobst sammelt, holt euch aus dem Schuppen einen Korb, Schubkarre und Harke. Dann wird das gute Obst in den Korb gelegt, der Rasen abgeharkt und das faule Obst mit den Blättern auf den Komposthaufen geschmissen. Den Korb mit den Äpfeln stellt ihr vor meine Haustür, damit meine Frau Apfelmus daraus kochen kann. Dann vergesst nicht eure Taschen voll Äpfel zu stecken, damit ihr nicht so schnell wiederkommen müsst."
Der Garten sah jedenfalls hinterher Tipp Top aus.

Ein paar Tage später standen die Nachbarn auf der Straße zusammen und hielten einen Klönschnack, wie es damals öfters der Fall war. Wir Jungens spielten etwas weiter mit unseren Autos. Wir konnten jedes Wort verstehen. Irgendwie kam das Gespräch auf Kinder, die Äpfel klauten und wir hörten wie ausgerechnet meine Mutter sagte: "Nun Obst haben wir ja genug, sodass mein Maxe so etwas nicht nötig hat.“

Nun rief uns der Nachbar, bei dem wir die Äpfel gemopst hatten, alle hinzu und fragte: "Sagt mir doch einmal, wer von euch letzte Woche nicht mit in meinem Garten Äpfel geklaut hat?"
Verschämt sahen wir alle zur Erde und keiner von uns wagte nur ein Wort zu sagen. Dann sagte er zu meiner Mutter: "Siehst du Frieda, auch dein Maxe ist nicht anders als andere Jungens."

Ich musste mir an diesen Abend eine fürchterliche Standpauke meiner Mutter anhören, nicht weil ich Äpfel geklaut hatte, sondern weil ich sie so blamiert habe.





ramblerrose

Erinnerungen an den Herbst



Dabei landete ich hauptsächlich im Barnstorfer Wald in Rostock. Das ist kein großer Wald, aber ein schöner lichter Laubwald mit Eichen, Kastanien und vielen Buchen. Das Gebiet zieht sich über drei oder vier Straßenbahnhaltestellen am Rostocker Zoo entlang und wird auf der anderen Seite vom Eisstadion und dem Stadion von Hansa Rostock flankiert. Eine Freilichtbühne gab es auch mal in der Gegend. Ob die noch da ist, weiß ich nicht.

Am Anfang des Barnstorfer Waldes liegt auch die kleine Johanniskirche, mit der mich viele Erinnerungen verbinden, die meist im Herbst begannen, wie Christenlehre und Konfirmandenunterricht, wo ich immer gern hingegangen bin. In den ersten Jahren von der Stadtseite her, später aus Richtung Zoo durch den ganzen Wald, zu Fuß oder mit dem Fahrrad.



Im Herbst wurde ja naturgemäß immer viel gesammelt. Ich liebe noch heute die schönen glatten Kastanien, die so herrliche Handschmeichler sind und trage immer mal wieder wochenlang eine mit mir herum, bis sie ganz trocken und nicht mehr so schön ist.

Natürlich bastelten wir in der Schule auch die berühmten Kastanienmännchen - aber nicht mit Zahnstochern, sondern mit Streichhölzern, die man extra anspitzen musste und die ständig brachen.

In der Schule wurden wir immer wieder angehalten, Eicheln für die Schweinefütterung zu sammeln. Das gab wohl Geld für die Klassenkasse. Da waren meine Brüder eifriger als ich.

Ich sammelte lieber Bucheckern, die ich dann stundenlang auseinander puhlte und gern aß.

Nachdem wir in ein Haus am Waldrand gezogen waren, entdeckten wir eines Tages, dass ganz in der Nähe ein paar Esskastanien standen. Da konnte ich oft den Herbst kaum erwarten. Leider kannten noch mehr Leute diese Bäume und lauerten auch schon auf die Ernte. Ich war schon glücklich, wenn ich eine Handvoll Esskastanien fand. Aber ich röstete sie nicht etwa, denn ich finde, am allerbesten schmecken sie ganz frisch und roh. Später und geröstet sind sie so mehlig. Das mag ich nicht so gern.

Ab meinem sechzehnten Lebensjahr fuhr ich täglich mit der Straßenbahn ins Büro, wenn mein Vater mich nicht morgens mitnahm. Meine Haltestelle war der Zoo.

Ab September war die Straßenbahn voller Studenten, vor allem am späten Nachmittag, wenn ich zurück fuhr.
Irgendwann war da ein Schrank von einem Kerl, der, als er mich zartes Mädchen entdeckt hatte, anfing, mich zu bedrängen – am liebsten, wenn die Straßenbahn sehr voll war. Einerseits schmeichelte mir seine Aufmerksamkeit, andererseits machte er mir Angst. Die Studenten stiegen immer ein bis zwei Haltestellen vor mir aus, weil dort das Wohnheim lag.

Eines Tages im fortgeschrittenen Herbst blieb M. in der Straßenbahn und wollte mich unbedingt begleiten. Es war schon dunkel und kaum noch Leute unterwegs. Die Sache gefiel mir gar nicht. Aber ich hatte keine Chance, ihm zu entkommen.

So geschah dann das Unausweichliche und fiel gegen meinen Willen in einem Bett aus Herbstlaub über mich her. Weil es aber eine Sache von Sekunden war, hat sie kein nachhaltiges Trauma bei mir hinterlassen, glaube ich.

Natürlich schwebte ich einige Wochen in Angst, es könnte Folgen haben. Das war glücklicherweise nicht der Fall. Und M. habe ich Gott sei Dank nie wieder gesehen.

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traumwanderer

Weinlese



Der Herbst war in meiner Kindheit eine wichtige Jahreszeit.
Meine Großmutter besaß in einem fränkischen Weinort mehrere Weinberge. Wenn es Zeit zur Lese war, wurde jede Hand gebraucht. Also fuhr meine Mutter in dieser Jahreszeit so oft es ging zu ihr. Und so oft es ging nahm sie mich auch mit. Ich wurde dann mit anderen Kindern der Obhut einer alten Tante übergeben.



Später erbte meine Mutter einen dieser Weinberge. Wenn auch nur einen sehr kleinen. Dafür bekam sie noch ihr Elternhaus. Während der Pflege meiner Großmutter war dieser Weinberg ihre kleine Flucht. Die Trauben lieferte sie dann bei einem befreundeten Winzer ab, der sie mit seinen eigenen zusammen verarbeitete. Mein Vater probierte damals zum ersten und letzten Mal den Federweißen. Er bekam ihm leider gar nicht.




Mein Großvater, den ich leider nicht mehr kennenlernte, stammte aus einer Gastwirts- und Winzerfamilie. Sein Bruder übernahm die Gastwirtschaft und er wurde Steinhauer und Nebenerwerbswinzer. Sicherlich hätte es ihn gefreut, dass eine seiner Nichten die erste fränkische Weinkönigin wurde.



genoveva

Für mich ist der Herbst - mit seinen wunderschönen Farben, seiner klaren Luft und seinen leckeren Früchten - die liebste Jahreszeit

Zu Beginn des Herbstes.....
werde ich immer an eines meiner Lieblingsgedichte aus der Kindheit erinnert.

Hier wird in einer bewegenden Geschichte, die auch heutzutage noch Kinder fasziniert, verständlich vom Teilen, Sorge für die Schwächeren und Vorsorge für die Ärmeren erzählt. Einer liebenswerten List des alten Gutbesitzers Ribbeck verdanken Dorfkinder, dass sie, wie zu Lebzeiten des noblen Mannes, im Herbst mit köstlichen Birnen beschenkt werden. Das Haus des Herrn Ribbeck ist heute noch im Dorf Ribbeck zu sehen.

Vielleicht ist es für einige eine Erinnerung an vergangene Schulzeiten, wo häufig dieses Gedicht gelernt wurde.


THEODOR FONTANE

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand.

Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn’s Mittag vom Turme scholl,
der von Ribbeck sich beide Taschen voll.

Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: „Junge, wiste `ne Beer?“

Und kam ein Mädel so rief er:
„Lütt Dirn, kumm röwer,
ick hebb `ne Birn.“

So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck
Zu sterben kam.

Er fühlte sein Ende.
`s war Herbsteszeit,
Wieder leuchteten die Birnen
Weit und breit,

Da sagte von Ribbeck:
„Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne
Mit ins Grab.“

Und drei Tage drauf, aus dem
Doppeldachhaus trugen
Von Ribbeck sie hinaus,

Alle Bauern und Büdner, mit
Feiergesicht, sangen
„Jesus meine Zuversicht.“

Und die Kinder klagten ,
Das Herze schwer:
„He is dod nu.
Wer giwt uns nu `ne Beer?“

So klagten die Kinder.
Das war nicht recht,
Ach, sie kannten den alten
Ribbeck schlecht.

Der Neue freilich,
Der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum
Strenge verwahrt.

Aber der Alte, vorahnend schon
Und voll Misstraun gegen den
Eigenen Sohn,
Der wusste genau, was damals
Er tat, als um eine Birne
Ins Grab er bat.

Und im dritten Jahr, aus dem
Stillen Haus,
Ein Birnbaumsprössling
Sprosst heraus.

Und die Jahre gehen wohl
Auf und ab,
Längst wölbt sich ein
Birnbaum über dem Grab.

Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet’s wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung übern
Kirchhof her, so flüstert’s
Im Baume: „Wiste’ne Beer?“

Und kommt ein Mädel, so flüstert’s
„Lütt Dirn, kumm man röwer,
Ick gew di `ne Birn.“

So spendet Segen noch immer
Die Hand des von
Ribbeck auf Ribbeck
Im Havelland.

 

 

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gittarina

Erntedankfest



Im zweiten Jahr unseres Konfirmandenunterrichtes musste unsere Gruppe das Erntedankfest in der evangelischen Kirche vorbereiten und ausrichten. Mit dem Pfarrer zusammen wurden Pläne geschmiedet, was uns natürlich viel mehr Freude bereitete als der übliche Unterricht.

Entsprechend lebhaft ging es zu, zum Erstaunen und zur Freude des ansonsten eher um Teilnahme sehr bemühten Pfarrers. Hier sprudelten die Einfälle nur so. Werne hatte zwar Stadtrecht, war aber umzingelt mit Bauernhöfen und sonstigen landwirtschaftlichen Betrieben. In unserer Gruppe gab es auf jeden Fall sechs Kinder, die auf einem solchen Hof lebten. Also eine ideale Möglichkeit, das gewünschte Material zu beschaffen.




Strohballen, eine wusste, dass sie noch eine alte Futterkrippe haben (natürlich ohne Jesuskind) für Heu, Ähren und Getreide aller Art, ein großes altes Wagenrad sollte für die Früchte des Herbstes dienen. Wir hatten im Keller noch einige alte Most- und Wasserkrüge aus bemaltem Steingut – und so trugen wir in einer Woche eine Menge Material zusammen.

Am Tag vor dem Erntedankfest wurde der Kirchenraum geschmückt, das große Wagenrad sah toll aus: Gemüse, Früchte, Eier und vieles mehr – bunt und wunderschön anzusehen. Wir waren richtig stolz und die Pfarrfamilie staunte ob unserer gelungenen Dekoration. Der nächste Tag konnte kommen.

Fein gemacht und herausgeputzt war nicht nur der Kirchenraum – auch wir Mädels hatten allesamt ein Sonntagskleidchen an und die Jungs waren auch gewaschen und gekämmt. Unsere Gruppe bestand aus 9 Mädchen und 6 Jungs – jeder hatte seinen angestammten Platz, deshalb sahen wir auch sofort, das zwei der Jungen (Rüdiger und Klaus) fehlten. Wir wunderten uns, tuschelten, schauten uns um – nichts. Aber die Eltern von beiden saßen in den Bänken, seltsam. Sie wirkten gar nicht irritiert, wirklich komisch.

Das Vorspiel der Orgel übertönte unser leises Gebabbel, die Gesangbücher aufgeklappt und das Lied von Matthias Claudius erschallte: „Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das Land….
Irgendwie störten plötzlich seltsame Geräusche den Gesang, rascheln und raunen, Schritte auf dem Mittelgang, die Orgel orgelte, der Gesang wurde dünn und dünner und die Köpfe drehten sich in die Richtung der fremden Geräusche.

Das Bild, das sich uns bot, ließ unsere Münder offen stehen. Rüdiger zog ein sich sträubendes, unwilliges Mutterschaf über den gefliesten Mittelgang in Richtung Altar und Klaus trug ein Lämmchen vor der Brust, das heftig mit den Beinen strampelte. Vom Gesang war nichts mehr zu hören, nur die Orgel dröhnte weiter, alles starrte wie gebannt auf die Jungs mit den Tieren. Die gingen zielstrebig weiter nach vorne, als plötzlich der Pfarrer aus der Seitentür auftauchte. Ihm war wohl aufgefallen, dass da irgendwas anders war als sonst.

Inzwischen waren Rüdiger und Klaus samt Getier in unserer Dekoration gelandet und standen grinsend mit einem blökenden Schaf und seinem Lämmchen stumm herum.

Des Pfarrers Blick sprach Bände und wir erwarteten ein himmlisches Donnerwetter. Alle Augen der Kirchengemeinde waren auf ihn gerichtet, da wurden sogar Lamm und Lämmchen mal kurz zur Nebensache. Alles fragte sich: Was macht er jetzt wohl?

Ja, was machte er wohl? Er versuchte die Situation irgendwie zu begreifen und meisterte sie wie folgt: Er breitete die Arme aus und sprach: „Nie habe ich in meinen 11 Jahren in dieser Pfarrei ein „lebendigeres“ Erntedankfest feiern dürfen. Auch ich sage Dank an diesem Tag, an dem ich mit Euch, liebe Gemeinde und mit Euch, liebe Konfirmandengruppe, die ihr mir ein unvergessliches Fest bereitet habt. Was kann es Schöneres geben für ein Dankesfest als dieses Beispiel mit Lamm und Lämmchen. Lobet den Herrn!“

Das Mutterschaf knabberte derweil seelenruhig und genussvoll mal hier mal dort in den Erntegaben und wir, die Konfirmandengruppe, liebten von diesem Moment an unseren Pfarrer!

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ella.madlen

Sommerherbst



Mein Mann ist ein Sonnenanbeter und deshalb bucht er in den Herbstferien immer einen "Flugurlaub". Ich nenne das so, weil es dann immer mit dem Flieger in die Ferien geht. Meist auf die Kanaren, weil da die Sonnengarantie am größten ist bei den Flugzielen, die nicht länger als vier bis fünf Flugstunden entfernt liegen.

Letztes Jahr ging es aber, und das war mein Wunsch, nach Menorca, der kleinen Schwester von Mallorca. Mein Mann war von Anfang an skeptisch, weil es ja durchaus passieren kann, dass es im Herbst auf den Balearen schon kühl und regnerisch ist. Und dann bekamen wir auch noch drei Tage vor Abflug einen Anruf vom Reisebüro, dass unser gebuchtes Hotel bereits geschlossen wurde, weil es zu wenige Buchungen gab. Ob wir mit einer Umbuchung in ein anderes Hotel einverstanden wären? Na, das ging ja schon gut los. Mein Gatte war am Mosern, dass uns das auf den Kanaren nicht passiert wäre. Und dann kamen wir abends an und konnten erst mal nicht aufs Zimmer. Es war bereits dunkel, als wir uns erschöpft im Speisesaal nieder ließen und darauf warteten, dass wir unsere Zimmerschlüssel bekommen.

Dann ging es endlich aufs Zimmer und das war das erste Highlight dieses Urlaubs. Wir hatten eine riesige Suite mit zwei Räumen, zwei Badezimmern, einem Abstellraum und einem Balkon mit fantastischem Ausblick. So komfortabel hätten wir in dem ursprünglich gebuchten Hotel nicht gewohnt. So richtig aus den Socken gehauen hat uns der Ausblick vom Balkon am nächsten Morgen. Ich ahnte schon, dass ich in diesem Urlaub viel auf dem Balkon sitzen würde um einfach die Aussicht zu genießen.

Und auch sonst - dieses Hotel war erstklassig und mindestens eine Kategorie über dem, was wir uns normaler Weise leisten konnten. Mit zwei Kindern muss man schon schauen, was man bezahlen kann. Wir hatten in dem anderen Hotel all inclusive gebucht - das gab es in diesem Hotel, in dem wir nun gelandet waren, gar nicht. Aber wir konnten alle Getränke und alle Mahlzeiten kostenlos zu uns nehmen. Wir mussten nur immer eine Rechnung unterschreiben, die dann aber zum Schluss nicht uns vorgelegt sondern dem Reisebüro zugesandt wurde. Bei jedem Glas Wein, welches ich mir gönnte und bei jedem Cocktail hatte ich fast ein schlechtes Gewissen.

Auch das Wetter meinte es gut mit uns. Es war einfach fantastisch. Wir hatten Sonne genug aber es war nie unerträglich heiß. Wir konnten am Strand liegen, brauchten aber nicht den Sonnenschutz 50 auftragen. Wir konnten Ausflüge machen und wandern, ohne dass man vor Überhitzung Angst haben musste. Und nachts war es angenehm kühl - gerade richtig zum Schlafen.

Mein Mann und ich saßen abends oft auf dem Balkon mit einem Glas Wein und ließen die wunderbare Stimmung auf uns wirken.

Alles in allem war das der schönste Urlaub seit langem für mich. Diese Insel, mit ihren vielen kleinen Buchten, die in diesem Herbst oft menschenleer waren, hat ihren ganz besonderen Charme. Unvergesslich für mich.

Hier eine kleine Collage von diesem Herbstsommerurlaub.




enya2853

Ein Laubhaufen für Igel



Ich habe es geliebt, in meiner Kindheit mit meinem Großvater durch den Herbstwald zu wandern. Er erklärte mir die einzelnen Bäume und so nebenbei erfuhr ich auch, warum sich die Blätter verfärben und dann abfallen vom Baum. Das Farbenspiel, wenn die Sonne durch die langsam kahler werdenden Äste blitzte, fand ich wunderschön. Auch an die vielen Spaziergänge über die Felder erinnere ich mich gern.

Irgendetwas Besonders fanden wir immer, eine interessant geformte Wurzel, besonders schöne farbenprächtige Blätter, Früchte wie Hagebutten oder die Beeren der Eberesche. Wir sammelten vieles und brachten es zu meiner Großmutter, die das Wohnzimmer damit dekorierte.
In Opas Garten half ich einmal, das Laub zusammen zu rechen. Wir schichteten es auf einen großen Haufen in einer Ecke des Gartens.
„Und nun?“, fragte ich. „Bleibt der da?“
„Der dient als Winterquartier für den Igel, der öfter in unseren Garten kommt“, erklärte mein Großvater. „Jetzt schon?“, fragte ich mit einem Hintergedanken.
„Nein, das dauert sicher noch eine Zeit. Aber es ist doch gut, dass er einen Platz vorfindet, wenn seine Zeit zum Schlafen gekommen ist“, meinte Opa.

Ich weiß nicht, was mich packte, die Lust oder ein unbändiger Übermut, aber ich sprang hoch und landete mitten in diesem Laubhaufen. Es war einfach toll. Die Landung weich, die Blätter raschelten und es roch leicht modrig. Mein Großvater hat sich wohl amüsiert, denn ich durfte noch einmal springen. Natürlich musste ich dann alles wieder fein zusammenrechen.
Nun wartete ich jeden Tag und schaute, ob der Igel käme. Leider waren meine Herbstferien vorbei, ehe ich einen Igel zu Gesicht bekommen hatte, ich musste nach Hause.
Mein Großvater tröstete mich und meinte, dass man es gar nicht merken würde, wenn sich ein Igel hier zum Schlafen niederlasse.
Aber im kommenden Frühjahr schrieb er mir dann, dass tatsächlich ein Igel dort in dem Laubhaufen überwintert hatte. Ich war mächtig stolz, dass ich geholfen hatte, diesen Unterschlupf zu errichten.



rebekka 2010

Herbstlied

Ich bin keine sehr gute Sängerin, höre jedoch sehr gerne Musik. Als ich noch ein Kind war, wurde mir stets gesagt, dass ich brummen würde. So habe ich mich beim Singen, egal ob in der Schule oder bei sonstigen Gelegenheiten, immer sehr zurückgehalten.

Als ich jedoch acht, neun Jahre alt war, besuchte ich einmal in der Woche eine Freizeitgruppe, die sich „Jungschar“ nannte. Diese war von der evangelischen Kirchengemeinde organisiert. Es gefiel mir dort sehr gut, denn in den drei Stunden, die wir Kinder dort verbrachten, wurde gebastelt, gespielt und gesungen.

Zur Herbstzeit sangen wir dort ein Lied im Kanon, das ich sehr gerne mitgesungen habe, denn es ist etwas düster und traurig und passte gut zu meiner tiefen und „brummigen“ Stimmlage. Es heißt:

„Hejo, spann den Wagen an
seht, der Wind treibt Regen übers Land
Holt die goldenen Garben!
Holt die goldenen Garben!“

Foto: Pixelio (Rainer Sturm)





maerchentante.books

Apfelgenuss



Mein Zuhause war nicht weit von der Grundschule, in die ich damals ging, entfernt. Nur der Sportplatz lag zwischen Pausenhof und unserer Wohnung. Schaute ich vom Balkon herab, sah ich auf eine große Wiese mit mehreren Ostbäumen, die zum greifen nahe standen. Ein mit Kieselsteinen bedeckter Feldweg führte zu angrenzenden Gärten, die sorgsam eingezäunt waren.
Ich lebte auf dem Land mit seinen eigenen Gesetzen.

Jeder kannte Jeden und wusste von den Fehltritten des Anderen zu berichten. Was mir wie eine unerträgliche Beobachtung vorkam, schätzten die Dorfbewohner als Gemeindeleben, das sie vor unliebsamen Überraschungen schütze. Wie sinnvoll ihre Einstellung war, wurde mir erst später bewusst. Vandalismus war im Ort so gut wie unbekannt und auch Wohnungseinbrüche geschahen selten. Außerdem musste sich kein Kind davor fürchten alleine in den Wald zu gehen. Niemand wagte sich, es in irgendeiner Weise zu belästigen.

Sehr angesehen war der Pfarrer. Als moralische Instanz hatte er fast mehr zu sagen als Lehrer und Bürgermeister gemeinsam. Er nutzte seinen Einfluss und mischte sich gelegentlich auch in Entscheidungen ein, die ihm nicht zustanden. So kam es vor, dass er von der Kanzel predigte, jeder gute Christ wisse welcher Partei er bei den gerade stattfindenden Wahlen seine Stimme zu geben habe. Wer wollte ihm widersprechen?

Es war Herbst, die Früchte der Bäume hingen reif und schwer an den Ästen. Verlockend schienen sie durchs dichte Laub hindurch. Einen der vielen Äpfel wollte ich mir pflücken und zusammen mit dem Pausenbrot genießen. Da die Wiese, wie auch meine Schule in Sichtweite lagen, musste ich noch nicht einmal früher das Haus verlassen um mein Vorhaben zu verwirklichen. Niemand würde meinen kleinen Abstecher vom regulären Weg bemerken. Frohen Mutes ging ich auf einen der Obstbäume zu, sprang in die Höhe und griff nach der begehrten Frucht. Es war so einfach, prall und saftig lag ein Apfel in meiner Hand.




Doch, welch ein Schreck, von Seiten der Gärten hörte ich Schritte. Jetzt, um diese Zeit? Normaler Weise war sonst niemand vor Schulbeginn bei den Bäumen anzutreffen. Was ich gerade getan habe war so offensichtlich, da konnte ich mich nicht mehr herausreden. Dieser Apfel, den ich hielt war gestohlen, meldete sich mein erzkatholisch geprägtes Gewissen und ich lief vor Scham rot an. Zwar hatte ich keinen großen Schaden angerichtet, doch das änderte nichts an der Tatsache. Diebstahl bleibt Diebstahl und ich habe ihn begangen. Mundraub konnte man dazu auch sagen, doch das machte ihn nicht ungeschehen, es klang nur etwas weniger schlimm.

Wie ein Häufchen Elend starrte ich auf den Kiesweg, um zu wissen, wer mich erwischt hatte.
Mein Lehrer, bei dem ich die nächste Unterrichtsstunde haben sollte, erschien.
Er erfasste auf den ersten Blick wie schuldbewusst ich mich fühlte, griff in die Manteltasche und holte seinen Apfel hervor.

„Frisch vom Baum schmecken sie immer noch am besten“, sagte er breit lächelnd.
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Keine Vorwürfe musste ich erdulden und auch keine Ermahnungen über mich ergehen lassen, all meine Befürchtungen waren umsonst gewesen. Nicht ganz umsonst, denn seit diesem Tag habe ich kein Obst mehr unberechtigt gepflückt.
Wer jetzt denkt mein Lehrer hätte auch einen Apfel gemopst, der irrt. Er ging nur etwas früher zu seinem Garten, um sich von dort aus mit erntefrischem Obst zu versorgen.

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salzburg

Die Äpfel in Nachbars Garten



Warum nicht ein paar rote Äpfel holen.
Auf den Heimweg von der Schule brauchten wir drei Mädels noch einen Vitaminstoß. Hunger hatten wir auch. Unser Schulweg war eine Stunde lang für mich, doch Berta und Renate mussten länger marschieren. Wir waren so 9 - 10 Jahre alt. Erst sammelten wir Blätter und dann wollten wir Äpfel sammeln! Das Wohnhaus stand etwas hinter einen großen Hügel. Da ist keine Gefahr das uns jemand sieht.



Wir fingen an die Äpfel die auf den Boden lagen einzusammeln. Jede hatte so 5 Äpfel. Plötzlich ein heftiges Geschrei... ich bringe Euch um... Ihr Diebe.
Morgen gehe ich in die Schule zum Direktor, da könnt Ihr was erleben usw. Wir liefen was wir konnten mit unseren kleinen Füßen. Hatten aber kaum eine Chance, obwohl Herr Hans nur ein Bein hatte und mit seinen Krücken sich fort bewegte.

Ein Stock sauste an meinem Ohr vorbei. Unsere Äpfel hatten wir natürlich unterwegs verloren. Wir hatten große Angst. Am nächsten Tag holte uns unser Lehrer Verdianz zu einen Gespräch. Er hatte erfahren das wir drei Mädels einen Korb voll Äpfel gestohlen haben so ca. 10 kg. Wir heulten und wollten uns verteidigen.

Außerdem schämte ich mich, da mein Lehrer der Freund meines Bruders war. Die Strafe für nicht gestohlene Äpfel war hart und ungerecht. An drei Nachmittagen mussten wir in der Schule bleiben bis zum Abend. Ich hatte große Angst vor meinen Eltern, trotzdem erzählte ich es meinen Vater, der mich liebevoll auf seinen Schoss setzte und meine blonden Zöpfe etwas zupfte.

Die Blockaden und Ängste lösten sich und ich schluchzte und weinte im Schutz meines Vaters.

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plueschfussel

Von blattlosen Bäumen



Ich saß im Bus, auf dem Weg nach Hause und zwei Stationen bevor ich aussteigen musste, fiel mir auf, dass meine Zirkelschwester mit ihrer Weissagung, die sie bei unserem letzten Treffen machte, recht hatte. Eigentlich nicht verwunderlich. Ich war traurig über die Erkenntnis, dass auch ich mich im Grunde selbst belog oder manches nicht wahrhaben wollte. Da ich noch im Bus saß und nicht zu Hause war, verkniff ich mir das weinen. Es ist einfach unangenehm in der Öffentlichkeit in Tränen auszubrechen. Ein paar Tränen kullerten trotzdem. Noch eine Station.

Es war windig draußen, und ich beobachtete die Bäume, die sich bogen und schüttelten, aber nur ein Baum verlor mit einem Windstoß fast alle Blätter. Ich sah es als ein Zeichen, als wollte er mir sagen: Sieh, es ist Herbst und ich lasse alle meine Blätter los, lass auch du los und weine.



Ich stieg aus dem Bus aus und dachte über das eben gesehene nach. Zu Hause angekommen habe ich die Gefühle wieder verdrängt, wie immer.



katerlisator

Super 8



Es muss 1968 oder 1969 gewesen sein. Mein Bruder Hans-Joachim hatte sich eine damals hochmoderne Super 8-Kamera gekauft. (Für die Jüngeren: damit drehte man kleine Filmchen, die maximal 3 Minuten lang waren und Ton gab es auch nicht. Und: sie mussten noch entwickelt werden, bevor man sie sich ansehen konnte.)

Jedenfalls sollte der erste Film gedreht werden. Wir fuhren zum Maschsee, der mitten im Zentrum von Hannover ist. Achim gab Regieanweisungen. "Werf mal etwas ins Wasser", rief er. Dabei dachte er wohl an einen Stock oder einen Stein. Doch was machte ich? Ich griff mir einen großen Haufen Laub und ließ diesen von dem Wind ins Wasser wehen. Mein Bruder war sauer und schimpfte mit mir, wegen des versauten Filmmaterials.



Doch später fand der Film an dieser Stelle großen Anklang - wenn man ihn rückwärts laufen ließ. Es gab immer viel Gelächter und Achim war doch noch zufrieden.

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vielleser9

Herbst - Erinnerungen

Herbst war für mich immer die schönste Jahreszeit. Wenn der Sommer einem zarten Herbst weicht und die Luft so klar und rein ist. Nachts ist es schon sehr kühl und der Sternenhimmel besonders klar. Am Tag wärmt die Sonne und zeigt uns oft einen schönen Altweibersommer. Die Tage werden kürzer und so langsam neigt sich das Jahr dem Ende entgegen.

Wenn dann die Blätter fallen bin ich immer so gern hindurch gestapft, das Rascheln des Laubs knisterte immer so herrlich. Besonders schön waren die Kartoffelfeuer. Man konnte wirklich noch Kartoffeln rösten und das Feuer wärmte die kalten Füße. Kastanien und Eicheln sammeln und dann mit Streichhölzern kleine Tiere basteln, die dann irgendwann zerfielen, weil sie total trocken waren. Erste Nachtfröste die alles leicht gezuckert erscheinen lassen. Spinnennetze die silbern glänzen. Morgens sammeln sich die Schwalben fliegen hoch, setzen sich wieder und irgendwann sind sie fort.

Im Herbst habe ich mich verliebt und die Sterne gezählt. Das ist alles schon so lange her. Der Herbst ist ein wundervoller Maler, mit Farben, die kein Malkasten hat.

Aquarell von Geli

 

helgas

Das Herbstwetter - Altweibersommer

Es ist wieder soweit ...die Zeit der "alten Weiber" bricht an. Man hat so viel gesponnen ...zum Glück haben wir aufmerksame Gerichtsbarkeiten.

Herrliches Wetter im September und Oktober wird als Altweibersommer bezeichnet. Der Name dieser Wettererscheinung, kommt aus dem Altdeutschen. Spinnen segeln mit ihren Fäden durch die warme Luft und das Spinnen eines Netzes wurde im Altdeutschen als weiben bezeichnen. Daraus entwickelte sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte der Begriff des Altweibersommers.
Kurios: Das Landgericht Darmstadt hat im Jahr 1989 festgestellt, dass die Verwendung des Ausdrucks Altweibersommer durch die Medien keinen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von älteren Damen darstellt.

Ein altes Weib, das Haar voll Spinnenweben.
Es ist soweit, das soll’s nun geben.
Das Witwensömmerli viel Freude bringt den Männern,
den jungen Knaben und den alten Kennern.

Baumallee - Acrylmalerei von Helga

 




Bambina

Herbstfrüchte

Damals, als ich noch mit meiner Familie in Berlin-Zehlendorf wohnte, machten wir Kinder und Jugendliche es uns stets zur Aufgabe, im Herbst das ganze Laub auf „unserem Hof“ zusammenzufegen und auf einen großen Haufen zu packen. Und es lohnte sich wirklich, denn wir hatten als einziger von den vier Höfen auf unserer Straßenseite vier große, sehr hoch gewachsene Bäume am Rande unserer Wiese stehen. Eine Kastanie, zwei Buchen und eine schöne große Eiche zierten unseren Hof. Dazu noch eine lange Buschreihe entlang des ca. 70 m langen Maschendrahtzaunes, der unseren Hof vom Nachbaranwesen abgrenzte. Alle anderen Höfe unserer Straße hatten zwar auch solch eine große Rasenfläche, konnten jedoch mit keinerlei Bäumen oder kleinen Büschen aufwarten beziehungsweise einladen. Auch waren sie alle durch die jeweiligen anderen Häuserfronten, oder eher Rückansichten, stets von allem abgetrennt. Vielleicht war das ja auch mit einer der Gründe, warum bei uns, also auf unserem Hof, immer so viel los war und bei den anderen nicht.


Egal, mein Lieblingsbaum war auf jeden Fall immer die Kastanie gewesen, die direkt vor unserem Balkon stand. Sie musste damals schon mindestens 100 Jahre alt gewesen sein. So zumindest ließen ihr dicker Stamm und ihre gewaltige Größe vermuten. Direkt darunter befand sich eine rote Parkbank, auf der sich schon so manch junges Pärchen getroffen, meist jedoch wir Kinder und Jugendlichen gerne gemütlich zusammensaßen, uns die dollsten Geschichten erzählten, oder einfach nur bis zum Abend herumalberten.


Doch jeden Herbst, wenn die Kastanie ihre reifen Früchte trug, diese für uns jedoch noch nicht oder halt nur sehr spärlich herausrücken wollte, haben wir sie mit Stöcken beworfen, jawoll, und zwar so lange, bis sie uns schließlich die gewünschte Frucht zu Füßen warf. Sehr zum Ärger einer Anwohnerin, die direkt über uns, also meiner Familie wohnte. Diese Frau bekam das natürlich immer mit und schimpfte sogleich aus dem Schlafzimmerfenster zu uns hinunter, wusste allerdings nicht, dass Torsten, ihr eigener Herr Sohn, tatkräftig bei uns mitmischte! - Haha! Selbst Eckart von Hirschhausen und Martin, einer seiner beiden Brüder, machten damals gerne mit, doch haben deren Eltern dies genauso wenig mitbekommen wie die Familie über uns.

Warum wir diese Kastanien damals unbedingt und jedes Jahr immer wieder mit Gewalt vom Baum holen mussten, bleibt mir bis heute schleierhaft. Wir hatten einfach viel Spaß und dachten uns dabei auch nie etwas Böses.

Damals hatten wir auch noch einen Hausmeister, der sich gleich um zwei Höfe kümmern musste, nämlich seinen, wo er wohnte und unseren, direkt gegenüber.
Mit seiner Tochter Birgit war ich damals sehr gut befreundet, die ältere Tochter Karin ging damals mit meiner zweitältesten Schwester Moni in die gleiche Klasse.

Ich kann mich noch sehr genau an eine Situation erinnern, in der fast alle Kinder von unserem Hof vor der Kastanie standen und sie mit großen Stöcken bewarf. Auch Holger, der urplötzlich die Idee hatte, auf den Baum zu klettern, um an den Ästen zu schütteln. Meine Güte, Holger muss damals ungefähr siebzehn Jahre jung gewesen sein! Er kletterte also dort hinauf und wollte uns gerade mit Kastanienfrüchten beschütteln, als genau in diesem Moment unser Hausmeister vorbei kam und mit uns mal wieder schimpfte, von wegen, wir sollten das doch endlich einmal sein lassen und uns ein anderes Hobby suchen.

Unser verhaltenes Grinsen hat er wohl schon noch mitbekommen, doch dazu sagte er nichts weiter. Und wir unter dem Kastanienbaum versuchten unser Bestes, uns nichts anmerken zu lassen. Holger saß mucksmäuschenstill dort oben auf einem dicken Ast und wartete darauf, dass der Hausmeister in seinem geliebten Heizungskeller verschwand. Kaum war er verschwunden, gab es ein Riesengelächter unsererseits.

Eine Szene, die ich nie vergessen werde. Auch nicht das Bild, wo wir endlich unseren Haufen mit Laub so hoch aufgebaut hatten und sich einer nach dem anderen dort hineinfallen ließ. Was für ein herrliches Gefühl! Und es roch so gut!

Ein paar Jahre später schlug bei einem schlimmen Unwetter leider der Blitz in unseren Kastanienbaum ein und riss einen großen Teil von ihm einfach ab. Es war zum Heulen. Am schlimmsten aber war dann der Tag, wo ich von der Schule nach Hause kam und der Baum ganz verschwunden war. Man hatte ihn in der Zwischenzeit einfach abgesägt und fortgebracht. Nur ein breiter Stumpf erinnerte noch an ihn und seine einstige Herrlichkeit. - Er fehlte mir sehr.

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Impressum

Texte: Autoren aus der Biogruppe
Bildmaterialien: Archivbilder der Autoren
Tag der Veröffentlichung: 19.09.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Mit Beiträgen von: rainergoecht, anarosa, maxe, ramblerrose, traumwanderer, genoveva, gittarina, ella.madlen, enya2853, rebekka2010, maerchentante.books, salzburg, plueschfussel, katerlisator, vielleser9, helgas und bambina

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