Unsere Schulgeschichten
Katerlisator
Mein erster Schultag
Ich war aufgeregt, als es endlich mit der Schule losging. An vieles, was am ersten Tag geschah, erinnere ich noch sehr gut, z.B. daran, dass meine Zuckertüte mit Schneewittchen und den sieben Zwergen bedruckt war.
Unsere Klassenlehrerin hieß Frau Leege, sie war jung und hübsch, und außerdem sehr, sehr nett. Doch schon nach einen halben Jahr wurde sie schwanger, und durch zwei Vertretungslehrerinnen ersetzt, die, nun ja, vorsichtig gesagt, etwas strenger waren. Eine davon hieß übrigens Hundertmark.
In der Grundschule war ich sehr gut, und schon traurig, wenn ich mal keine Eins schrieb. Was habe ich geheult, als ich in meinem ersten Diktat beim Wort "Schlüssel" die Pünktchen auf dem Ü vergessen hatte!
Zu meiner Zeit war die Prügelstrafe zwar schon abgeschafft, aber es gab eine Lehrerin, die sich den Schülern von hinten näherte und an den Ohren zog oder in den Nacken kniff. Das hat immer sehr weh getan. Ob ihr das Spaß gemacht hat, weiß ich nicht. Aber sie hat es offenbar in ihrem ganzen Berufsleben getan, wie ich der "StayFriends"- Seite entnehmen musste.
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Gittarina
Doppelt hält besser
Als wenn einmal nicht reichen würde, um den Ernst des Lebens kennenzulernen, bin ich zweimal eingeschult worden. Anfang September 1949, drei Monate vor meinem sechsten Geburtstag, war es soweit. Mein erster Schultag in Berlin als sogenanntes I-Dötzchen begann.
Schulranzen aus gepresster Pappe, dazu eine Gummipelerine mit Kapuze, die bei Regen vor allem den gefährdeten Ranzen und auch ein wenig den Rest des Kindes schützte, ein hölzener Federhalter mit Schreibfedern, ein Tintenfass für zu Hause.
Einschulung Herbst 1949 in Berlin
Das Schulgebäude bestand zu einem Drittel aus Ruine, der Rest war stehengeblieben und notdürftig wieder für den Unterricht hergerichtet. Am Lebhaftesten erinnere ich mich an die Schulspeisung. Tagtäglich schleppten wir unseren 3-stöckigen Henkelmann frisch ausgewaschen mit zur Schule und jeden Vormittag in der großen Pause standen wir in der langen Schlange, um unsere Blechnäpfe füllen zu lassen.
Unser tägliches „Highlight“ war nicht das Essen, sondern der Schulweg nach Hause. Spannend und faszinierend war es, die Trümmergrundstücke zu durchkämmen und immer mal wieder einen aufregenden Fund zu machen.
Verbote nutzten nichts, zumal ich meine Streifzüge durch die kaputten Häuser auch dazu benutzte, die zum Teil elendig schmeckende Pampe aus dem Henkelmann los zu werden. Denn gegessen habe ich sie wohl nur sehr selten.
Unser Umzug Anfang Dezember von Berlin nach NRW bescherte mir ein gutes Vierteljahr Schulpause, da dort das Schuljahr nicht im Herbst, sondern nach Ostern begann. Zur erneuten Einschulung bekam ich sogar ein Rad geschenkt. Das hatte allerdings einen triftigen Grund, die Volksschule war gut über einen Kilometer entfernt und potthässlich.
Unsere Klassenlehrerin werde ich nie vergessen. Fräulein Odinga, die auf das Fräulein gesteigerten Wert legte. Eine kugelrunde kleine Person mit einem ebenso kugelrunden Pfannkuchengesicht und einem immerwährendem Lächeln, dass ihre roten Bäckchen weit nach oben verschob, sodass ihre Äuglein nur noch kleine Schlitze darstellten.
In der 2. Reihe, die 3. von links: das ist Gitta
Wie auch schon in Berlin ist mir der Heimweg von der Schule noch in bester Erinnerung. Hier gab es zwar keine Trümmergrundstücke, aber Bauernhöfe mit ihren Tieren, Äckern, Wiesen, kleinen Seen und Bächen zu ergründen. Das Fahrrad diente nur für den schnellen morgendlichen Hinweg – zurück schob ich es und nahm mir Zeit, viel Zeit, womit ich mir so manchen Rüffel einhandelte. Aber ich hatte es meist nicht eilig, wieder nach Hause zu kommen.
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Schnief
Ein neues Kleid zum ersten Schultag
Sicher war ich beim ersten Schultag aufgeregt, denn meine Tante hatte mir zu diesen Anlass ein Kleid genäht, ich freute mich mehr, dass ich es anziehen durfte als auf die Schule. Wahrscheinlich weil mein älterer Bruder nur die Schule schlecht machte.
Meine erste Lehrerin hieß Frau Lange, war jung und sehr nett. Wie ich aus dem Zeugnis entnehmen konnte, war ich nicht gerade ein stilles Kind. Da ich am 1. Ferientag (Sommerferien nach der 2. Klasse), einen Autounfall hatte, begann meine schulische Weiterbildung erst nach 40 Tagen Abwesenheit in der 3. Klasse. Damit ich den Wiedereinstieg begeistert entgegen sah, durfte ich eine Party mit all meinen Freunden feiern. Nach dem Halbjahreszeugnis sind wir umgezogen, ich weiß noch heute, dass ich damals total baff war, jetzt mit einem Schulbus zu fahren. Leider waren die Lehrer auf der neuen Schule nicht so toll. Von dieser Zeit ist mir nur in Erinnerung, dass im Schulgottesdienst die Mädchen auch dienen durften, ich fand dies so toll, das ich mich jedes Mal meldete.
Später ist mir noch in Erinnerung, dass die gesamte Klasse (9.Klasse) Arbeitsverweigerung (weshalb, weiß ich nicht mehr) gemacht hat, unser Lehrer Herr Konnertz stand vor der Klasse, keiner gab auf seine Fragen eine Antwort oder fragte etwas. Die ganze Klasse saß einfach nur da und sagte kein Wort (Die ganze Englischstunde herrschte Totenstille).
Die Antwort unseres Lehrers folgte, indem jeder einen Brief nach Hause bekam, meinen Brief fing ich damals ab, da meine Eltern berufstätig waren, hielt ihnen den unteren Abschnitt hin und erklärte ihnen, wir würden in zwei Wochen ins Theater fahren, dazu brächte ich eine Unterschrift, der obere Teil wäre zerrissen. Mein Vater glaubte mir. Jahre später erzählte ich ihm die Wahrheit und dass wir deshalb zwei Stunden nachsitzen (in einer 5.Klasse) mussten, was uns sichtlich peinlich war. Das war das erste und letzte Mal in meinem Leben, das ich so etwas erlebte, das eine Klasse zusammenstand.
In der 10. Klasse war ich eine der Jüngsten, zu diesem Zeitpunkt fanden wir es anscheinend toll zu rauchen. Wir standen vor unserer Turnhalle, als plötzlich unser Rektor Herr Hüntemann um die Ecke bog, ausgerechnet ich hielt eine Zigarette in der Hand, dabei hielt ich sie nur fest, da meine Klassenkameradin sich gerade ihre Schuhe band. Nicht ich erhielt in diesem Moment einen Anschiss, sondern meine Klassenkameraden. Leider hatten wir Montags in den ersten beiden Stunden Kunst bei ihm, jedes Mal musste ich mir eine Moralpredigt anhören und das, bis zum Ende des Schuljahres.
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Anarosa
Auf dem Schulhof
Meine Schulzeit … Es ist für mich schwierig, da etwas herauszusuchen, was auch für andere interessant wäre. Ich ging sehr gerne zur Schule, einfach aus diesem Grund, weil da alles so ganz anders war, als zu Hause – spannender, vielfältiger, erlebnisreicher. Obwohl ich ein stilles und schüchternes Kind war, sehnte ich mich nach dem Miteinander, ich brauchte andere Menschen und ihre Anerkennung.
Jetzt weiß ich, ich wollte entfliehen – aus der Trostlosigkeit, der Kälte, den Verboten des Elternhauses. Vor allem – aus meinen schlimmen Erlebnissen, die ich wahrscheinlich schon zu Anfang der Schulzeit fast völlig verdrängt hatte. Ja, ich wollte so weit wie möglich weg – in eine andere, bessere Welt. Und die nächste andere Welt, die es gab, war die Schule.
Ich war sofort von diesem Reich angetan, von dem Lernen, den Büchern, dem Spaß haben, von meiner ersten Lehrerin – Galina Nikolajewna. Ich war stolz auf meine guten Noten, auf meinen ersten Aufsatz, den die Lehrerin der ganzen Klasse vorgelesen hatte. Trotz der depressiven Farbe, die immer den Hintergrund meines Inneren bildete, konnte ich mich für viele Dinge begeistern, und die Freundschaft half mir, durchs Leben zu gehen.
Eine Episode, die ich gut in Erinnerung habe, möchte ich doch hier beschreiben. Sie zeigt, dass ich trotz meiner Schüchternheit bereit war, mich für andere einzusetzen. Sie zeigt aber auch noch etwas viel Tieferes, was ich erst jetzt verstehen und deuten kann.
Es war glaube ich, in der 6. Klasse. Auf dem Schulhof bekam ich mit, wie ein älterer Schüler ein Mädchen an die Wand drängte, es befummelte und zweideutige Sprüche machte.
Das Gesicht des Mädchens wurde ganz rot, es war ängstlich und beschämt zugleich. Die Jungs drum herum beobachteten sehr interessiert die Szenerie, die Mädchen schauten verlegen weg. Nur die kleine schüchterne Rosa trat vor, schubste den großen Aufdringling zur Seite und schrie, er solle das Mädchen in Ruhe lassen. Verdutzt sah er mich an, sagte, dass es mich überhaupt nichts angehe, ging aber dann fluchend davon. Ich weiß noch, was für ein wunderbares, befreiendes Gefühl das war – ich habe ihn verjagt, er ist weg.
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Traumwanderer
Tränen am 1. Schultag
Eingeschult wurde ich 1961 in einer Zwergschule. Das hieß, drei Lehrer für acht Klassen. Meine Klasse bestand aus vier Mädchen und sechs Jungs. Wenn nicht gerade ein Sitzengebliebener dabei war.
Der erste Schultag endete mit Tränen, weil meine vielbeschäftigte Mutter das Unterrichtsende vergessen hatte. Da wir nur eine Straße weiter wohnten, wurde sie samt Schultüte geholt. Das Foto kam dann schon wieder strahlend zustande.
Tränen flossen jedoch noch öfter. So einmal als ich ganz verträumt, ich glaube, es war in der 3.Klasse, als ich die Unterschrift meines Lieblingslehrers unter einem Diktat nachgezeichnet hatte. Sein Vorwurf traf mich schwer.
Schulausflüge erfolgten meist mit mehreren Klassen. So z.B. wie hier nach Schloß Moyland. Damals gab es dort allerdings noch kein Museum. Ich sitze hinten links auf der Mauer.
Andere Ausflüge gingen zur Dechenhöhle, einer Tropfsteinhöhle, und nach Essen zur Gartenschau. Ob wohl wir an der Niederländischen Grenze wohnten, kam meine Klasse nur ein paar Meter darüber. Wie beneidete ich meinen Bruder, der mit seiner Klasse in NL ein Miniaturdorf besuchte.
1965 zogen wir nach Franken. Und dieser Schulwechsel brachte einige Veränderungen.
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Enya
Mein erster Schultag
Lange herbei gesehnt hatte ich diesen Tag.Immer wieder roch ich an dem Leder meines Schulranzens, betrachtete die wenigen Dinge, die sich darin befanden. Wie gern hätte ich schon mit den neuen Stiften gemalt, aber das durfte ich nicht.
Die Schiefertafel war gerade abgeschafft worden und so hatte ich ein Rechenheft und ein Heft ohne Linien in meinem Ranzen. Besonders gespannt war ich auf meine Klassenkameraden. Ein Mädchen, Silvia, die bei uns im Haus wohnte, wurde auch eingeschult. So hatte ich jemand Vertrautes an meiner Seite.
Natürlich wurde ich wieder in ein Röckchen gesteckt, auch noch mit Mantel darüber. Ich erinnere mich noch gut, dass dieser Tag im April der erste in jenem Jahr war, an dem ich Kniestrümpfe anziehen durfte statt der verhassten Strumpfhosen.
Meine Lehrerin hieß Fräulein Leibe, war recht klein, resolut und meist fröhlich. Sie blieb die ganzen vier Grundschuljahre meine Klassenlehrerin und auch später hatten wir noch Kontakt. Dass sie aber auch sehr streng sein konnte, erfuhr ich dann nach und nach. Sie hat sich sehr viel Mühe gegeben, dass ich lernte, mein Plappermäulchen zu halten,was sicher nicht einfach war.
Zunächst wählten wir unsere Sitzplätze mehr oder weniger zufällig. Aber bald wurde ich ganz nach vorn gesetzt, weil ich so klein war.
Schon am ersten Tag bekamen wir "Hausaufgaben", was ich toll fand. Wir mussten in das Heft ohne Linien unsere Schultüte malen und deren Inhalt drumherum.
Alle Kinder durften zum Abschluss der ersten Schulstunde ihren Namen vorn auf die große Wandtafel schreiben, wenn sie konnten und wollten. Wie stolz war ich da!
Nach einiger Zeit schloss ich Freundschaft (damals ging das alles so einfach) mit zwei persischen Mädchen, Nasrin und Nushin, die neu in die Klasse gekommen waren. Sehr oft führte mich mein Heimweg nicht direkt nach Hause, sondern ich war in der Familie der Mädels gern gesehener Gast. Möglich war dies allerdings nur, als meine Mutter wieder arbeitete und mich nicht daheim erwartete.
An meine Grundschulzeit habe ich beinahe nur positive Erinnerungen.
Eine schlimme Begebenheit hat mir allerdings sehr zu schaffen gemacht. Im dritten Schuljahr kam eine Klassenkameradin zusammen mit ihren Eltern durch einen Autounfall ums Leben.
Für uns Kinder und auch für unsere Lehrerin war dies ein schwerer Schock. Es gab damals keinerlei psychologische Betreuung. Fräulein Leibe, zwei Mitschüler und ich, wir fuhren zur Beerdigung, die in einem kleinen Ort an der Lahn stattfand, wo die Großeltern des verstorbenen Mädchens lebten.
Sehr lange kam ich über diesen traurigen Schicksalsschlag nicht weg.
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Acreat
Abschied ins Ungewisse
Wir stehen in der Kirche, aufgereiht und einstudiert, alle vierten Klassen, und singen "Viel Glück und viel Segen". Ich verstehe nicht ganz, warum wir viel Glück und viel Segen wünschen, wobei wir es selbst doch am besten brauchen könnten. Ein paar Eltern verdrücken ein paar Tränen. Ich finde, sie haben keine Berechtigung, zu weinen. Sie haben schließlich nicht in der Schule gesessen, vier Jahre lang, jeden verdammten Tag. Sie wissen nicht, wie das ist. Sich einzuleben, Freunde zu finden. Und sie dann einfach loslassen zu müssen. Als würden vier Jahre sich wie ein Wassertropfen gefüllt haben und nun nur noch da hängen, schwer von all den Erinnerungen, bereit, jeden Moment abzufallen. Und ich spüre, dass ich schreckliche Angst habe vor dem Moment in dem der Tropfen fällt und auf dem Stein zerspringt.
Wir sind bei der letzten Strophe angekommen, wie ich plötzlich feststellen muss. Der Text des Liedes ist irgendwo in meinem Kopf, irgendwo dahinter, wo ich ihn mal rein gepresst habe, irgendwo da, wo er jetzt einfach nicht mehr hervorkommt, weil all die Gedanken ihm keinen Platz lassen. Die anderen Mädchen weinen, laut und schamlos schluchzen sie vor versammelter Gemeinschaft, während die Jungs betont lässig in die Menge sehen.
Und die Chorleiterin grinst und spielt Klavier, in ihren Augen glänzt schon das Lob, dass sie in ein paar Sekunden von den begeisterten, zu Tränen gerührten Eltern bekommen wird. Ich finde sie sadistisch. In dem kleinen Kopf einer Viertklässlerin kann sich plötzlich so viel Wut aufstauen, ich würde gerne zu ihr hingehen und sie fragen, was ihr das Recht gibt, uns so bloßzustellen, unseren Schmerz und unsere Angst und all unseren wirren Gefühle einfach in die Kirche vor allen Eltern hinzustellen und zu besingen.
Und als wir die Bühne endlich verlassen dürfen spüre ich die weiche, warme, vertraute Umarmung meiner Mutter. Ich weine. Nicht, wie die anderen Mädchen, weil sie ihre Lieblingslehrerin jetzt schon vermissen. Nicht, wie die anderen Mädchen, weil sie ihre beste Freundin jetzt schon vermissen. Nicht, wie die anderen Mädchen, weil sie die Hangelkämpfe und das Seilchenspringen jetzt schon vermissen.
Ich weine aus Angst. Angst davor, das loszulassen, was ich kenne. Angst davor, so allein auf eine Schule weit weg zu gehen. Angst, dort niemanden zu finden. Und noch größere Angst, dort viele kennen zu lernen, jedoch nie ich selbst sein zu können. Angst, mich dort verstellen zu müssen.
Vielleicht hätte ich noch viel mehr geweint, hätte ich gewusst, wie meine Ängste sich, eine nach der anderen, erfüllen würden.
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Mondkatz
Kleiner König Kalle Wirsch
An die Einschulung kann ich mich nicht mehr erinnern, dafür aber an die erste Unterrichtsstunde. Unsere Lehrerin, Frau L., hat uns die Geschichte von Heinerle im Storchennest vorgelesen und wir Kinder sollten dazu ein Bild malen. Selbstverständlich hat dann jedes Kind eine Eins als Note bekommen. Frau L. war eher klein, rund und mütterlich und ich mochte sie gleich auf Anhieb gut leiden. Von der ersten bis zur dritten Klasse war sie meine Klassenlehrerin und im vierten Schuljahr hatten wir noch Unterricht bei ihr.
Außer Deutsch hatten wir auch Handarbeiten bei Frau L. Ich mochte das total gerne. Wir haben mal ein Nadelkissen gestickt und genäht. Das besitze ich heute noch und benutze es auch. Es hat mir auch deswegen so viel Spaß gemacht, weil meine Oma gestrickt und gehäkelt hat und mir helfen konnte. Bei ihr habe ich mich wahnsinnig gerne aufgehalten. Oma hat mir auch beigebracht, wie man Socken strickt. Aber meine ersten gehäkelten Topflappen sind unfreiwillig dreieckig geworden.
Eine Besonderheit gab es da noch. Während des Handarbeitsunterrichtes hat Frau L. vorgelesen. Einmal durfte ich mein Lieblingsbuch zum Vorlesen mitbringen. Da brauchte ich nicht lange überlegen, für mich war das Kleiner König Kalle Wirsch von Tilde Michels. Kalle Wirsch war in einen Gartenzwerg eingebacken worden und wurde von den Kindern Jenny und Max befreit. Die haben ihm dann auch geholfen, wieder in sein Reich zu kommen und rechtzeitig zu einer Prüfung zu erscheinen, damit er weiter König der Erdmännchen bleiben konnte. Wenn sich Kalle aufregte – und das machte er oft – schimpfte er fürchterlich und brüllte dann: „Hii-käckäckäck!“ Unsere Lehrerin hat das wirklich wahnsinnig toll intoniert. Das werde ich wahrscheinlich niemals vergessen. Das Buch besitze ich noch und, ja, manchmal lese ich es und höre dann immer Frau L., wenn Kalle Wirsch „hiikäckäckäckt“.
Salzburg
An was ich mich erinnere
aus meiner Schulzeit! Als Erstklässler war ich recht brav, sagte mir mein Lehrer Linzberger. Das gefiel der kleinen Waltraud gar nicht. Meine Mutter sagte brav, mein Vater sagte brav, ich hielt mir oft die Ohren zu.
Wir haben in der zweiten Klasse einiges angestellt, meinte unser Klassenlehrer, es waren doch nur Kleinigkeiten. Nach der Schule gingen wir drei Mädels zu unserer alten Mühle, wo wir es uns gemütlich machten.
Draußen stand auf einer Tafel: - Eintritt verboten!! Dann kam die Strafe und ein Brief an unsere Eltern. Bis 12 Jahre ging alles gut. Als mein Vater starb verlor ich das Interesse an der Schule, wurde sehr traurig.
In den höheren Schulen florierte wieder alles. Aber so richtig fröhlich war ich nicht.
Hier ein Foto mit meiner Freundin. Die kleinere bin ich.
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Vielleser9
An meine Einschulung...
...kann ich mich nicht mehr richtig erinnern. Ich weiß, dass wir eine Lehrerin hatten, die bald geheiratet und dann einen anderen Namen hatte. Zwei hübsche Mädchen aus meiner Klasse haben Blumen gestreut. Ich habe ein Bild vor Augen. Ich bin gern zur Schule gegangen, zumindest in den ersten Jahren.
Ich habe während meiner gesamten Schulzeit nie den Mund halten können. War immer Klassensprecher und habe oft den Kopf für andere hingehalten. Von den Noten eher Durchschnitt, aber das Lernen ist mir nie schwer gefallen. Meine Lieblingsfächer waren Deutsch und Geschichte, auch Sprachen haben mir gelegen, aber ich war faul. Sportlich bin ich immer gewesen und habe diverse Urkunden aus dieser Zeit. Sportabzeichen usw.
Ich war damals katholisch und wir mussten natürlich an den Aufmärschen teilnehmen. Die evangelischen Kinder durften zur Schule und wir mussten durch die Felder marschieren und um gutes Wetter beten. Ich war dann die einzige, die zur Schule gegangen ist und wie ein Exot bestaunt worden ist.
Ganz rechts in der 2. Reihe sitze ich
In der 7. oder 8. Klasse habe ich mal aufgemuckt und gesagt, dass wir nicht richtig lernen können, weil das Klassenzimmer so trist aussieht. Was zunächst aus einer Laune entstanden ist, wurde heftig diskutiert und genehmigt. Wir haben dann in Eigenregie eine Woche Zeit gehabt und der Raum sah wirklich gut aus. Nicht mehr grau, sondern farbig.
Natürlich bin ich auch beim Rauchen erwischt worden, habe geschwänzt und jede Menge Unsinn gemacht. Eine Freundin hat Partys veranstaltet und im Schummerlicht gab es so manches Techtelmechtel. Mein erster Kuss ist auch dort passiert und an den erinnere ich mich noch sehr genau. Ich war ein Spätzünder und habe oft den erotischen Erzählungen anderer gelauscht. Vermutlich war viel erfunden und nicht wahr.
Ich durfte die Rede zur Abschlussfeier halten und darauf bin ein wenig stolz.
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Maxe
Mal so einiges Querbeet
Als ich 1946 zur Schule kam, da war es noch nicht so mit Schultüte. Bloß bei mir fing da der Ärger schon an, weil ich der einzige war, der kein Hochdeutsch konnte und die Lehrerin kein Plattdeutsch.
Später ging der Ärger dann weiter. Damals wusste keiner etwas von Legasthenikern und da ich weder richtige Rechtschreibung kapierte noch Lesen konnte, galt ich einfach nur als dumm und faul. (Später als ich beruflich meine Fachhochschulreife nachholen musste, wurde mir die Legasthenie zuerkannt).
Da ich mich Spöttern gegenüber handfest zu wehren wusste, hatten die Lehrer einen Spruch für mich parat:
"In der Schule dumm und faul, auf der Straße großes Maul!"
Ich war im Rechnen sehr gut, aber als es dann anfing mit Textaufgaben, bekam ich trotz null Fehlern ein ausreichend (4) oder Genügend (5) weil ich Rechtschreibfehler gemacht hatte.
Meine Aufsätze wurden fast jedes Mal vom Lehrer vorgelesen und jedes Mal mit dem Nachsatz kommentiert:
"Ein wunderbarer Aufsatz. Hervorragende Erzählung, aber wegen der Schreibfehler leider nur eine 4."
Somit könnte ich eigentlich nur Negatives über meine Schulzeit berichten, wenn ich nicht unter meinen Klassenkameraden wirkliche Freunde hatte, die trotz meines schlechten Rufs, zu mir hielten.
Auch die Mädchen aller Klassen hielten zu mir, weil ich jeden verprügelte, der sich an einem Mädchen vergriff und sie an den Zöpfen zog. Was von den Lehrern mit Stockschlägen, Strafarbeit oder Nachsitzen für mich geahndet wurde.
In der neunten Klasse habe ich dann unseren Herrn Direktor, weil er mal wieder auf Antrag meines Klassenlehrers mir vor der ganzen Klasse Prügel mit dem berühmten Reetstock verpassen wollte, meine Faust aufs Auge gedrückt. Ein schönes Veilchen blühte plötzlich in seinem Gesicht.
Ich sollte endgültig ohne Schulabschluss rausgeschmissen werden. Aber der damalige Schulrat, war schon etwas fortgeschrittener und somit der Ansicht, dass man einen Neuntklässler auch nicht mehr mit den Stock maßregeln sollte.
Ich durfte bis zum Schluss in der Schule bleiben und dieser Schulrat setzte sich auch noch dafür ein, dass ich ein einigermaßen gutes Abschlusszeugnis bekam.
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Taphozous
Schulzeiten
ich erinnere mich nicht mehr viel an die Schule, bis zur 8. Klasse bin ich nicht gerne hingegangen, was eher an den Pausen als am Unterricht lag. Meine Schultüte von der Einführung, mit dem Sandmännchen, Pittiplatsch und Schnatterinchen drauf, liegt sicher immer noch gut eingetütet auf dem Dachboden in der alten Heimat.
Ich erinnere mich an einige Lehrer - Herr Heidenfeldt, ein Deutschlehrer, bei dem meine Mum schon zur Schule gegangen ist. Komischerweise habe ich da ständig die Hausaufgaben vergessen (und ich mochte deutsch wirklich)... Ich weiß noch, dass ich einmal vor der Stunde hingegangen bin, nicht um zu sagen dass ich sie mal wieder vergessen, sondern heute sogar dabei hatte. Der hat vielleicht verwirrt geguckt. Außerdem hat er uns erklärt woran man denn nun sieht, ob der Mond zu- oder abnimmt. In das kleine alte "z", dass er als Eselsbrücke verwendet hat, habe ich mich sofort verliebt - ich benutz es noch heute in meiner Unterschrift.
Eine andere Deutschlehrerin, Frau Emmerich, hatte einmal etwas anderen Unterricht gemacht, weil keiner so recht mitarbeiten wollte (ich glaube, das Thema war "Kleider machen Leute"). Jeder sollte seine Meinung als Brief schrieben und die wurden dann abgegeben. Was eigentlich eine Art Unterrichtsaufgabe war, hat sich für mich zu einer Art Freundschaft entwickelt, denn jeder Brief, der nach vorne ging, wurde auch mit einer Beantwortung zurück gegeben.
Andere haben Zettelchen zum Nachbartisch geschoben, ich hab mit der Lehrerin geschrieben, bis ich die Schule gewechselt habe. Meine Schwester hatte bei ihr ihre Prüfung und sie hat sich noch an mich erinnert. ich hab die Briefe immer noch.
Einen fiesen Lehrer gab es in der Grundschule - der trug ungerechterweise den Namen "Kindervater"... Die Jungs hat er in die Ohren gekniffen und die Mädchen an den Zöpfen gezogen, einfach so, wenn er durch die Bankreihen ging. Wenn ich das so lese klingt das schon sehr nach Kindergartenverhalten...
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Achtsamkeit
Volksschulerinnerungen
Zu meiner Zeit gab es noch keine bunten Scouttornister. Ganz normale Leder Tornister.
Dazu eine Schiefertafel, Griffelmappe, Lappen, Schwämmchen. Dann ein Lesebuch (habe ich immer noch), und nach und nach Schreib und Rechenhefte.
In der Klasse waren festverankerte Bänke in drei Reihen. In jeder Bank hatten immer zwei Schüler Platz. Von Gruppentischen war zu der Zeit noch nicht die Rede.
In schlimmster Erinnerung sind mir die Mathematikstunden. Dann gab es Kopfrechnen.
Alle mussten aus der Bank treten und dann stellte unser Lehrer eine Rechenaufgabe und die ging dann immer weiter mal mit plus, mal mit minus usw. Wer ein Ergebnis wusste meldete sich und durfte sich setzen. Absoluter Psychoterror. ich war immer bei den Letzten die noch standen. Von da an habe ich Mathematik mit Angst verbunden und demzufolge auch bis zum Abitur immer mangelhafte Noten kassiert.
Natürlich gab es auch Strafen. In der Ecke stehen war Gang und Gebe und meist waren die Jungen davon betroffen. Schlimm war, dass auch noch der Zeichenstock zum Schlagen eingesetzt wurde. Ich erinnere mich wie ein Junge aus der Klasse uns lautstark fragte, ob wir wüssten was USA heißen würde. Wusste natürlich keiner. Und er lachte sich schief als er uns die Lösung nannte: Unterirdische -Scheiß - Anlage!
Natürlich hatte er das garantiert von Erwachsenen aufgeschnappt und wusste gar nicht was er da von sich gegeben hatte. Unglücklicherweise hatte unser Lehrer dies aber gehört. Nun musste der Junge nach vorne kommen und seine Hände vorstrecken. Unser Lehrer hielt ihn an der Schulter fest und hatte den Zeigestock in der Hand. Es war furchtbar. Wie der Junge zitterte und wimmerte und immer wieder seine Hände wegzog noch bevor er überhaupt geschlagen wurde. Und der Lehrer ihn anschrie, die Hände da zu lassen. Und dann sauste der Stock auf die Finger..!
Wie gut, dass es heute so etwas nicht mehr geben würde! (zumindest in unserem Land)
In der Pause blieben wir immer zuerst im Klassenzimmer, um dort unser Pausenbrot zu essen. Der Milchmann lieferte an die Schulen Kästen in denen kleinere Milch- oder Kakaoflaschen mit silbernen Papierverschlüssen waren. Jede Woche wurde das sogenannte Kakaogeld eingesammelt und dann stellten wir uns in einer Reihe auf und jeder bekam seine Milch oder seinen Kakao samt einem Strohhalm. Da gab es noch keine Trinkpäckchen oder Automaten an denen man Getränke hätte ziehen können.
In meinen Jahren der Volksschule kamen auch die sogenannten Gastarbeiter zahlreicher nach Deutschland. So ergab es sich, dass wir in einer Stunde von unserer Handarbeitslehrerin (eine Hexe!) über Ausländer unterrichtet wurden. Ich weiß gar nicht was sie alles da von sich gegeben hatte, auf alle Fälle erinnere ich mich, dass sie behauptete, dass alle Ausländer stinken würden, so wie die Neger.
Ein Gutes hatte das, dadurch wurde, glaube ich, der Grundstein für mein soziales Engagement gelegt. Denn es kam eine Griechin in unsere Klasse und sofort wurden wir Freundinnen. Ich besuchte sie auch bei sich zuhause und natürlich musste sie auch in mein Poesiealbum schreiben. Das habe ich heute noch und sie hat etwas in Deutsch und in Griechisch da hinein geschrieben.
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Rangerwoman
Erinnerungen an die Schulzeit
Leider, leider, leider gibt es keine Bilder aus meiner Schulzeit, ich jedenfalls habe keine. Die paar Bilder, die ich überhaupt von mir besitze, habe ich mir in den letzten Jahren (seit 2009) von unseren Dorfbewohnern eingesammelt.
An die Einschulung kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber drei Begebenheiten haben sich mir doch eingeprägt, dass ich noch heute vor Scham in den Erdboden versinken möchte. Zum "Tag des Lehrers" (12.Juni) nahmen wir Schüler Blumensträuße mit. Unser Garten war nicht so üppig, aber ein paar Bartnelken für einen Strauß fanden sich immer.
Mit zunehmender Klassenstufe und zunehmendem Flegelalter wurden die Sträuße seltener...In der 8. Klasse gedachte niemand mehr diesem schönen Brauch. Stattdessen rupften die rüpelhaftesten Jungs Brennnesseln und überreichten sie einem Lehrer, der es wegen seiner Sanftmütigkeit schon schwer genug mit unserer Klasse hatte. Er hat geweint...
An unserer Schule gab es einen Wissensquiz über Literatur. Gelesen habe ich schon immer viel und gern, -kreuz und quer-, aber mit den Daten und Jahreszahlen der Autoren hatte ich es nicht so. Ich hab abgeschrieben von meinem Banknachbar. Insgesamt hatten er und ich die höchste Punktzahl. Da ich zensurenmäßig glänzender dastand, gingen die Lehrer davon aus, dass er von mir abgeschrieben hätte. Ich bekam den Preis "Gesichter der Liebe" hieß das Buch...er und ich wussten, dass es Betrug war - wir haben beide geschwiegen. Heute ist er derjenige, der bereits wunderschöne Gedichte und Geschichten veröffentlicht hat...
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Tempika
Vorgeschichte = Horror
Ich wurde in Kevelaer in die Hubertus Schule eingeschult und an die Lehrerin Fräulein Kord, kann ich mich noch so gut erinnern, als sei es gestern gewesen. Sie war schon uralt und hatte schon meine Mutter unterrichtet. Sie war bekannt dafür, äußerst streng zu sein. Vor dem ersten Schultag hatten wir sie ja noch nicht gesehen und meine Freundin Karin und ich stellten uns die Lehrerin als furchtbar hässliche Hexe vor, mit dicker Warze auf der Nase und einer schwarzen Katze auf der Schulter. Wir hatten uns auch überlegt, erst gar nicht hin zu gehen, denn die älteren Kinder auf dem Spielplatz hatten uns gesagt, dass das Fräulein, aus jeder ersten Klasse ein Kind mit nach Hause nahm und dort verspeiste.
Es half nichts, wir wurden eingekleidet (furchbare Mode damals) und zur Schule gebracht. Glaubt nur nicht das Mutter, Vater oder Oma und Opa mit in die Klasse kamen, um uns zur Seite zu stehen. Nein, Opa brachte Karin und mich hin, schob uns in die Klasse und verschwand.
Und da stand sie der Drache, das Monster, die Kinderfresserin und.... sah gar nicht so schlimm aus. Alt war sie, eine krumme Nase hatte sie auch, aber keine Warze auf der Nase, keine Katze auf der Schulter und relativ freundlich war sie auch. Außerdem war die erste Klasse Jahrgang 48/49 so groß, dass man sich schön unsichtbar machen konnte. Immerhin saßen in dem Raum 56 Kinder.
Der Schulweg war vier Kilometer lang und das hieß zuerst in die Kirche auf dem Kapellenplatz, dann zur Schule, alles in allem sind wir pro Tag an die 16 Kilometer gelaufen. Wie gut das wir immer zu mehreren waren und da war es nie langweilig.
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Ramblerrose
Meine Schulzeit - 1. Teil
An meine Einschulung kann ich mich nicht erinnern und auch kaum an die Grundschule. Unsere Lehrerin hieß Frau Jennerjahn und war eine ganz Nette. In der dritten Klasse wurden meine Eltern gefragt, ob sie mich auf die Schule für erweiterten Russisch-Unterricht schicken wollten. Sie taten es, weil man uns sagte, dass die nahtlos in die Erweiterte Oberschule bis zum Abitur übergehen würde.
Ich hatte also ab der vierten Klasse Russisch, wovon nicht gerade viel hängen geblieben ist, da der Unterricht wenig mit dem Leben zu tun hatte, eher mit Politik und damit hatte ich damals wenig am Hut. Wer liest schon in der fünften oder sechsten Klasse die „Prawda“?! Das bedeutet übrigens „Wahrheit“.
Ab der siebten Klasse wurde bei uns fakultativ Schwedisch-Unterricht angeboten, was mit der alljährlich stattfindenden „Ostseewoche“ zusammenhing und weil eben ein Lehrer, unser Klassenlehrer, Herr Hein das studiert hatte. Dieser Unterricht hat mir große Freude gemacht.
Englisch bekamen wir erst in der zehnten Klasse dazu. Auch das fiel mir leicht, dank der wunderbaren Lehrerin.
Am liebsten hatte ich die Fächer Sport, Musik und Zeichnen sowie Deutsch, mit Einschränkungen und dann die nordischen Sprachen. Mathe und Naturwissenschaften lagen mir überhaupt nicht. Ich kann bis heute das Einmaleins nicht auswendig. Gott sei Dank gibt es Taschenrechner!
Ich bin die Kleine mit den Zöpfen - siebte Klasse
Zur Grundschule musste ich längere Zeit durch einen langen einsamen Feldweg gehen, der an den Bahnschienen und an Gärten vorbei führte. Eigentlich mochte ich diesen Weg sehr gern, besonders im Sommer. Aber eines Tages lauerte mir dort ein sehr unangenehmer etwas älterer Junge auf und verprügelte mich mit einem Ledergürtel. Von da an hatte ich Angst vor diesem Weg. Ich glaube, ich habe meinen Eltern von diesem Erlebnis nie erzählt. Warum, weiß ich nicht.
In der Grundschule war Martin, ein richtiges Muttersöhnchen. Sein Vater war Professor und seine Mutter, eine wunderschöne Frau, die ich sehr gern mochte. Sie hatten nur dieses Kind. Irgendwann freundeten unsere Eltern sich an und wir besuchten uns gegenseitig.
Damals konnte ich mit der Heulsuse Martin nicht viel anfangen, aber wir gingen oft gemeinsam von der Schule nach Hause. Einmal machte er sich auf dem Heimweg in die hellgraue Seppelhose. Da war das Feuchte besonders gut zu sehen. Später als Teenager hat er mich einmal geküsst.
links Martin - ich in der Mitte
Heute ist Martin Oberarzt und lebt mit seiner zweiten Frau und Kindern in H. Mit seiner Mutter besteht immer noch Kontakt.
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Dahlia 437
Mit Freuden zur Schule
Die Eltern kauften schon rechtzeitig eine Schultasche. Die gefiel mir sehr. Sofort nahm ich sie und packte meine Plüschtiere rein. Fieserweise hatte ich noch keine Bücher, so mussten meine Stofftiere herhalten. Das sah aber Mama nicht ein.
Sie fand: Schultaschen sind kein Stofftiertaxi, quartierte meine armen Mitreisenden aus, was ich sehr unhöflich fand und meinte: „Die Schultasche bekommst Du erst, wenn Du damit zur Schule gehst.“
So freute ich mich schon auf die Schule. Ich hab ja ein gescheites Mörmerl (© super selber erfundener Name für Mama.)
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Hannascotti
Mein erster Schultag
Uroma hat mir extra ein neues Kleid gestrickt, es ist aus feiner Wolle, damit mir jetzt, im Frühling nicht zu warm wird. Aber die Unterhosen und die Strümpfe kratzen leider trotzdem.
Oma und Opa überraschen mich heute Morgen mit einer Schultüte, mit dem Hinweis, sie erst als richtige Schülerin öffnen zu dürfen, sonst sei das eben nur eine Süßigkeitstüte und nichts Besonderes für die Lebenserinnerungen, sagt Oma und gibt mir einen dicken Kuss.
Papa trinkt erst noch in Ruhe seinen Kaffee aus während Mutti aufgeregt hin - und herschwirrt, am Kleidchen zupft und zum zehnten Mal kontrolliert, ob ich auch ein Taschentuch habe.
Nach verordnetem Klobesuch bringt Papa mich hin.
Ein riesiger Hof, eine uralte Eiche mit einer Bank darunter und ein merkwürdiger Steinbrunnen befremden mich sehr. Alles so neu, alles so anders. Und so viele Kinder! Ich kenne niemanden und bin sehr allein. Da hilft Papas starke Hand. Zittert die ein bisschen, oder irre ich mich?
Jetzt entdecke ich, was es mit dem Steinbrunnen auf sich hat.
Kinder drücken auf Knöpfe, halten den Kopf darüber und trinken den Wasserstrahl, der hochschießt.
So ein Wunder hatte ich noch nie gesehen und so hygienisch, Mutti würde sich freuen, wenn ich ihr das erzähle.
Erschrocken höre ich ein lautes, nerviges Schrillen, alle strömen zusammen. Jetzt muss ich Papas Hand loslassen. Entsetzen, Tränenschluckrunterversuch, ein Tröpfchen in die Wollene. Ich will nicht, ich fürchte mich. Die Kinder stellen sich in Zweierreihen auf.
Oh Gott, wer wird neben mir stehen ?
Wir schauen uns schüchtern an.
Papa wird immer kleiner, als wir durch dieses weitgeöffnete, dunkle Tor gehen.
Noch einen letzten Blick zurück, er winkt aufmunternd und wischt sich über die Backe.
Dann verschwimmt alles in einem gnädigen Nebel aus dem ich erst wieder auftauche, als die Zuckertüte geöffnet werden darf.
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Texte: von allen genannten Autoren
Bildmaterialien: Archivbilder der Autoren
Tag der Veröffentlichung: 22.05.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Gemeinschaftsbuch der Gruppe "Biografisches" mit:
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