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Zwischen zerrissenen Wolken schaute der Sternenhimmel hervor. Tau hing an den Gräsern und kaum ein Tier wagte es, die nächtliche Stille zu durchbrechen.
Es war Vollmond. Die Nacht, für ein Druidenthing.
Wie Geister mochten sie von fern wirken, die alten, bleichen Männer in ihren weißen Kutten. Nebel stieg um sie herum auf, sorgte mit dem Mond zusammen für ein geradezu mystisches Licht.
Da sich einige der Greise über die Kälte und Nässe beschwert hatten, war ein Feuer entfacht worden. Im Zaum gehalten von einem eisernen Korb, in den einer der aktiveren Druiden beizeiten einen Holzscheit hinein legte, um die Wärmequelle ja nicht versiegen zu lassen.
Nicht eben würdevoll hatten sich einige nach vorne gedrängt und stießen Wonnelaute aus, weil ihnen das Feuer auf ach so wunderbare Weise die Nasenspitze zum Glühen brachte.
Der oberste Druide räusperte sich, einige Zischten ein „Ruhe!“ in die Runde, aber es dauerte dennoch eine Weile, bis der alte Mann beginnen konnte.
„Nun denn. So sind wir in dieser Nach wieder einmal zusammen gekommen, Druiden aus weiten Teilen des Landes, aus den Wäldern und von der Küste, um hier und heute ein Thing abzuhalten.“
Irgendwo wurde ein Scherz gemacht und ein anderer unterdrückte mühsam sein daraufhin folgendes Lachen.
„Als Druide nimmt jeder von uns eine wichtige Rolle in seinem Dorf ein. Zudem steht jeder von uns für das Druidentum an sich. Ich habe lange drüber nachgedacht und beschlossen, dass es an der Zeit ist, jetzt da wir unsere Blütezeit erleben, ein Zeichen zu setzen. Ein... ein Monument

für die Nachwelt, damit man sich auf ewig an uns erinnern möge.“
Ein aufgeregtes Raunen ging durch die langen, weißen Bärte.
„Nun denn, gibt es Vorschläge aus unseren Reihen, wie unser Nachlass aussehen könnte?“
Zunächst schauten alle fragend in die Runde, allesamt in der Hoffnung, jemand anderes würde sich zu Wort melden und sie müssten ihre Köpfe nicht mehr bemühen.
Das Feuer knackte und warf eine Funkenwolke in die Luft.
„Wie wäre es, wenn wir all unser Wissen hinterlassen?“, meldete sich einer zu Wort, der Brandlöcher in seinem Bart hatte, „Alles Wissen über die menschliche Natur und die Lehre der vier Elemente. Es könnte von nach uns folgenden Druiden noch vertieft und erweitert werden.“
Der oberste und älteste Druide nickte erst, dann schüttelte er den Kopf, „Manches Wissen, dass wir hüten ist geheim und nur für Druiden bestimmt. Es wäre leichtsinnig, es für jedermann zugänglich zu hinterlassen. Man könnte es stehlen und für unlautere Zwecke nutzen.“
Unterstützendes Gemurmel machte die Runde.
„Außerdem weiß ich aus Erfahrung, dass manch einer seine Geheimrezepte allzu eifersüchtig hütet und nicht bereit wäre, es an ein größeres Publikum preis zu geben.“
Fluchend und mit den Händen wedelnd wechselten einige der Männer den Standort, weil ein neuer Holzscheit für reichlich beißenden Qualm sorgte.
„Ist denn überhaupt anzunehmen, dass es uns Druiden irgendwann einmal nicht

mehr geben wird? Seit Anbeginn der Aufzeichnungen hat es immer Druiden in diesen Landen gegeben.“, wandte einer ein, der sich die tränenden Augen rieb.
Der oberste Druide fuhr sich durch den lange, weißen Bart, „Das mag wohl sein. Aber selbst wenn es immer Druiden geben sollte, so halte ich ein Denkmal von unser Generation dennoch für einen guten... nun, für etwas Gutes eben.“
Ein dickbäuchiger Druide wandte sich für einige Worte vom Feuer ab, „Wir sollten etwas erfinden, dass der Menschheit nützlich ist und sie auf immer verändert.“
Begeisterte Zustimmung kam aus den Reihen der anderen.
„Nun, der Gedanke gefällt mir. Aber was genau sollte diese Erfindung sein? Das Allheilmittel haben wir in vielen Jahrhunderten des Suchens und Forschens noch immer nicht herstellen können, und Kräuterschnaps wird wohl kaum ausreichen, um noch Generationen nach uns zu beeindrucken.“
Einige enttäuschte Seufzer kamen von jenen, die den besagten Kräuterschnaps durchaus gern hatten.
„Oh, äh, wenn ich meine Idee wohl vorstellen dürfte?“
Die Blicke fuhren herum zu dem jüngsten in ihrer Runde. Sein Bart war grau, noch nicht weiß und er versprühte noch allzu viel Tatendrang für einen weisen, vernünftigen Druiden.
„Wenn ihr erlaubt, ich habe etwas vorbereitet.“, mit diesen Worten zog er ein Pergament aus dem Ärmel, auf welches er mit Kohle gezeichnet hatte.
Der Älteste nahm ihm die Zeichnung aus der Hand, betrachtete sie eine angemessene Zeit lang und gab sie dann an den nächsten Druiden weiter, damit jeder einmal schauen konnte, um im Nachhinein Stellung zu beziehen..
„Und was genau soll das sein, junger Freund? Verzeih, aber ich erkenne auf deinem Bild nichts als ein paar Steine.“
Bedeutungsvoll hob der junge Druide die Zeigefinger, „Ja und nein. Es sind Steine, ja, aber nicht einfach nur Steine. Sie sind besonders und einzigartig in ihrer Aufstellung.“
„Du meinst diese Torbögen?“, meldete sich der Druide zu Wort, der gerade die Zeichnung in seinen Händen hielt, „Wie sollte man den einen Stein denn dort oben hinauf bekommen?“
„Oh, das. Es gibt da eine spezielle Technik, mit der das ohne großen Aufwand möglich ist.“
Mit einem Räuspern ergriff der Älteste wieder das Wort, „Und was ist davon zu halten, dass einige Tor-Steine und gewöhnliche Steine in der Gegen herum stehen?“
„Es ist eine Einzigartigkeit in der Landschaft. Ein Treffpunkt. Ein Ort der Zusammenkunft und Aktion.“
„Was soll diese Steinkonstellation denn überhaupt darstellen?“
Ganz eifrig wurde der junge Druide und seine Wangen glühten, obwohl er deutlich weiter weg vom Feuer stand, als so mancher andere, „Es deutet eine Art Kalendarium an. Sonnenstrahlen können durch die Tore hindurch fallen und es ließe sich damit ein Observatorium für den Sonnenzyklus einrichten. Um den Beginn der Jahreszeiten zu bestimmen zum Beispiel.“
Die Druiden nickten, ließen die Zeichnung zurück zum Ältesten wandern. Der schaute die Linien nachdenklich an und fuhr sich durch den Bart, „Das mit dem Kalender mag ja alles schön und gut sein, aber...“
Gespannt horchten sie alle darauf, dass er weitersprach.
„Aber... es sieht irgendwie unfertig aus. Da fehlt ein Großteil der Steine. Es müsste etwas vernünftiges wie einen Ring ergeben. Dies hier sieht mehr aus wie eine Ruine.“, um seine Aussage zu verdeutlichen tippte er mit dem Finger immer wieder auf das Pergament.
Der jüngste Druide schüttelte den Kopf wie über ein unwissendes Kind, „Dieses Werk wird vollkommen sein in seiner Unvollkommenheit. Es soll gerätselt werden, warum nicht noch mehr Steine dort stehen, warum das Gesamtbild so unvollständig ist. Das ist... das ist Kunst

!“
Der Älteste runzelte die Stirn, „Wir Druiden waren noch nie besonders... künstlerisch.“
„Das ist auch gar nicht notwendig. Was zählt ist allein die Aussagekraft des Bauwerkes über unser Brauchtum. Vielleicht wird man es sogar als die Wurzeln unserer Kultur ansehen. So alt wie die Menschheit selbst, doch geschleift von der Zeit...“, ein träumerisches Glänzen umspielte seine Augen.
Wenn auch nicht ganz und gar überzeugt nickte der Älteste schließlich und gab den Auftrag, dieses merkwürdige Gebilde errichten zu lassen. Wenngleich ihm die gesamte Argumentation noch nicht ganz schlüssig war.
Was würden nachfolgende Generationen wohl über solch ein abstraktes Kunstwerk denken?
Hoffentlich machte sie dieser Haufen Steine nicht zum Gespött der Weltgeschichte.

Impressum

Texte: Erdbaerchen
Bildmaterialien: Erdbaerchen
Tag der Veröffentlichung: 13.09.2012

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