In sanften Böen weht der Wind und wirbelt das grüne Gras und die vielen, bunten Blumen in denen ich liege auf. Ein Löwenzahn kitzelte mich an der Nase und ich niese laut, doch die Vögel, die in aller Ruhe ihre Lieder zwitschern und auf den Bäumen um mich herum sitzen, lassen sich von mir nicht stören.
So wie auch sonst in meiner Freizeit, bin ich im Stadtpark und genieße die warme Sonne auf meiner viel zu hellen Haut, während ich mir die Wolken anschaue. Eine von ihnen sieht wie ein großer Wolf aus, mit fluffigem Fell und eine andere, wie ein Zauberer mit langem Mantel und noch längerem Bart.
Es ist ein ruhiger Samstagmorgen, ich bin ganz allein und wundere mich darüber. Ich frage mich, warum niemand zum Joggen hergekommen ist, oder um mit seinem Hund Gassi zugehen. Normalerweise finde ich in diesem Park nicht annähernd so viel Ruhe, manchmal verlasse ich ihn nach nur zehn Minuten wieder, wenn ich vom Gekläffe der Hunde genervt bin, die den Park zu ihrem Eigentum ernennen, sobald sie ihn betreten. Doch heute ist es so unsagbar still und einladend, dass ich schon nicht mehr sagen kann, wann ich hergekommen bin und wie lange ich hier schon liege.
Ein leises Rascheln aus einem Busch ganz in meiner Nähe, nur wenige Schritte von mir entfernt erklingt und verstummt dann recht schnell wieder. Doch obwohl es so schnell wieder leise geworden ist, fühle ich mich eigenartig. Es wirkt auf einmal so, als beobachtete mich etwas, aber als ich zu dem Busch sehe, kann ich nichts erkennen. Und dann ist da auch noch die Sache mit den Vögeln, die ganz unerwartet Reißaus nehmen, als würde sich ein großes Unheil nähern.
Ich vermute den Wind dahinter und dazu einen ticken meiner ständig wachsenden Paranoia, die mich seit Längerem verfolgt. Doch vielleicht ist es auch eine sich nähernde Gefahr, vor der mich mein Unterbewusstsein versucht zu warnen. So oder so sagt mir etwas, das es hier nicht ganz sicher ist und das ich verschwinden sollte.
* Knack *
>>Da! Schon wieder ... es kommt aus demselben Gebüsch ... Das bilde ich mir doch nicht ein oder? <<, rede ich zu mir selbst, ganz beunruhigt von den immer wieder auftauchenden Geräuschen.
Misstrauisch richte ich mich auf und möchte am aller liebsten, so schnell wie nur möglich den Park verlassen, da es nie etwas Gutes verheißt, wenn komische Geräusche aus einem Busch kommen. Besonders dann nicht, wenn man Mutterseelen allein ist. Doch mich packt die Neugier, vielleicht ist es einfach nur ein Streuner, in dieser Stadt geschieht nur selten oder eher nie etwas.
Ich schleiche zum Gebüsch, je näher ich ihm komme, umso wilder knackt und raschelt er. Einen Augenblick lang glaube ich etwas Atmen hören zu kennen. Und als ich die Äste und Blätter zur Seite schiebe, um nach zusehen, da packt mich eine groteske, knochige Hand und zerrt mich in den Busch.
Das junge Mädchen folgte dem fremden Jungen bis zu einem Haus. Atemlos blieb sie vor dem Tor stehen und blickte in den alten, verlassenen Garten. Das Unkraut wucherte aus der Erde. Der Steinweg, der vom Tor bis zur Haustür führte, war rissig. All die Pflanzen, Büsche und Bäume wirkten verwildert, so als hätte seit Jahren schon niemand mehr eine Hand an diesen Garten gelegt.
Sie ließ den Blick umher schweifen, von dem Jungen fehlte jede Spur und mit ihm war auch ihr Rucksack nirgends zu sehen. Sie wusste nicht warum, doch ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass er sich im Haus befinden musste. Doch ebenso sagte es ihr, das sie gehen sollte. Aber ohne ihren Rucksack konnte und wollte sie das nicht, also kletterterte sie über den alten, maroden Zaun und folgte dem Steinweg.
Je näher sie dem Haus kam, umso unheimlicher wirkte es. Aus der Ferne hatte es noch ganz normal ausgesehen, doch aus der Nähe wirkte es mehr als nur verlassen. Die Fenster waren eingeschlagen, Rosenranken umschlangen es unheilvoll und im ersten Stock, gleich über der Hölzernen Haustür saß eine Puppe am einzigen noch ganzen Fenster. Diese schien sie anzustarren und Gänsehaut breitete sich auf ihrer Haut aus.
Gerade als sie sich doch nocheinmal überlegen wollte zu verschwinden, hörte sie es im Haus poltern. Das musste der Junge sein. Er musste im Haus sein, das war sie sich sicher. Entschlossen zog sie am Türgriff und riss die Tür auf. Ein wiederwertiger Geruch nach verrottetem und Schimmel kam ihr entgegen und dann stieß sie etwas in den Raum.
Nach Luft schnappend, kam sie auf dem Boden auf. Es war ein weicher Teppich auf dem sie gelandet war und als sie die Augen öffnete, war der Raum erleuchtet von gleisendem, hellen Licht. Der wiederliche Gestank wurde ersetzt durch den Duft von Rosenwasser und der Raum sah ganz anders aus als erwartet. Er war zu allererst sauber, mehr eine imposonte Eingangshalle, wie in all den Villen aus viktorianischen Filmen, als ein einfacher Flur. Von außen hatte sie dies ganz sicher nicht erwartet.
Sie war gerade dabei sich die Treppe vor ihr anzuschauen, die aus wertvollen Edelholz zu sein schien, als oben am Ende dieser, ein Schatten entlang lief.
"Hey warte!", schrie sie auf, im festen glauben dort den Jungen gesehen zu haben und noch sicher war sie ihre Tasche an seiner Schulter baumeln zu sehen.
Sie folgte dem Jungen nach oben und blieb aber am Treppenabsatz stehen, er war wieder verschwunden, doch sie konnte eine hören die ins Schloss viel. Unsicher ging sie den Gang entlang, in den reingelaufen war und rüttelte an der ersten Tür, die abgeschlossen war. Auch die zweite und dritte Tür ließen sich nicht öffnen. Vor der letzten, gleich am Ende des Ganges hielt sie abermals an und ein unwohles Gefühl packte das Mädchen.
Tag der Veröffentlichung: 09.07.2017
Alle Rechte vorbehalten