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Widmung

 

Widmung

 

 

 

Diese 30 lustigen, spannenden, abenteuerlichen und gruseligen Kasperlgeschichten sind nicht nur denen gewidmet, die über 20 Jahre gerne meine zahlreichen Vorstellungen besucht haben, sondern auch denen, die gerne vorlesen oder selber lesen.

 

Und vor allem denen, die noch ZUHÖREN KÖNNEN, ohne die Geschichten bei Vorstellungen zu sehen denn:

 

Kinder brauchen Geschichten,

Geschichten brauchen Zuhörer!“

Die blaue Sonnenblume

 

Heute ist ein herrlicher Tag. Die Sonne lacht vom blauen Himmel und die Vöglein singen um die Wette. Unser Kasperl ist gerade auf dem Weg zum Schloss, um die große Geburtstagsfeier vorzubereiten. Wer hat denn Geburtstag? Na, unsere Prinzessin Sonnenschein. Alle Leute von Kasperlhausen sind eingeladen. Es gibt eine leckere Torte, lustige Spiele und alle tanzen ausgelassen mit. Doch als der Kasperl am Schlosstor ankommt, hört er eine Stimme.

„Oh nein, nein, nein,“ jammert da einer.

Der Kasperl ist neugierig und kommt näher. Zu gerne möchte er wissen, wer da so traurig ist.

„Oh nein, nein, nein,“ hört er die Stimme wieder.

Da erkennt der Kasperl auch schon den Sepperl um die Ecke kommen. Er hat eine grüne Mütze auf dem Kopf und eine Lederhose an. Aber was ist denn heute mit ihm los? Sonst ist der Sepperl immer so lustig und fröhlich, aber heue ist er traurig.

„Was ist denn los, Sepperl, warum jammerst du denn so?“ fragt der Kasperl.

„Es ist etwas Schreckliches passiert! Eine Katastrophe!“ sagt der Sepperl.

„Was denn für eine Katastrophe?“ möchte der Kasperl wissen.

„Wir können morgen keine Geburtstagsfeier machen,“ erklärt sein Freund.

„Was? – Aber warum denn nicht? Wir haben uns doch alle schon so sehr darauf gefreut!“ ruft der Kasperl.

„Stell dir vor, die Prinzessin ist über Nacht plötzlich krank geworden,“ sagt der Sepperl.

„Unsere Prinzessin ist krank geworden? Das ist aber schlimm. Was hat sie denn? Hat sie vielleicht Kopfweh?“

„Nein Kasperl, viel schlimmer,“ jammert der Sepperl.

„Hat sie vielleicht Bauchweh?“ will der Kasperl wissen.

„Nein Kasperl, viel schlimmer!“ ruft der sein Freund.

„Hat sie vielleicht Zahnweh?“ fragt der Kasperl.

„Nein Kasperl, viel schlimmer!“ Der Sepperl schüttelt seinen Kopf.

„Die Prinzessin hat über Nacht plötzlich ganz blaue Haare bekommen!“

„Blaue Haare!“ ruft der Kasperl verwundert und beginnt fürchterlich zu lachen.

„Das ist überhaupt nicht zum Lachen. Das ist sehr ernst,“ schimpft sein Freund.

„Aber blaue Haare tun doch gar nicht weh – oder?“ will der Kasperl wissen.

„Nein, natürlich nicht, aber…“

„Aber was?“ fragt der Kasperl neugierig.

„Unsere Prinzessin hat Angst.“

„Angst?“ der Kasperl kann es gar nicht glauben. „Aber wovor denn – vor den blauen Haaren?“ Doch der Sepperl schüttelt seinen Kopf.

„Nein, doch nicht vor den blauen Haaren,“ sagt er. „Die Prinzessin hat Angst, dass sie ausgelacht wird, wenn sie mit blauen Haaren wie der Feier auftaucht.“ Der Kasperl überlegt. Ausgelacht zu werden ist nicht schön. Er möchte auch nicht ausgelacht werden und die Prinzessin bestimmt auch nicht.

„Aber wir haben uns doch schon so auf die Feier gefreut!“ ruft er. „Da müssen wir ihr doch irgendwie helfen können.“

„Aber wie?“ will der Sepperl wissen. Er weiß es nicht.

„Vielleicht muss sie nur einmal wieder Haare waschen,“ meint der Kasperl. Doch der Sepperl schüttelt seinen Kopf.

„Das hat sie schon gemacht – aber das hat nichts genützt.“

„Dann brauchen wir ein kräftigeres Mittel!“

„Aber was?“ fragt der Sepperl.

„Einen Zaubertrank,“ erklärt ihm der Kasperl. Ein Zaubertrank könnte der Prinzessin bestimmt helfen.

„Aber ich habe keinen Zaubertrank,“ meint sein Freund und hebt die Schultern. Richtig, der Sepperl und der Kasperl haben keinen Zaubertrank aber …

„Der alte Zauberer Laboratorius, der hat einen Zaubertrank. Der kann bestimmt helfen!“ freut sich der Kasperl.

„Was! – Der alte Zauberer Laboratorius!“ ruft der Sepperl entsetzt. „Da geh ich aber nicht mit.“ Der Kasperl schaut ihn verdutzt an.

„Aber warum denn nicht?“ fragt er. „Willst du nicht, dass die Prinzessin wieder gesund wird?“

„Doch, aber ich will nicht zum Zauberer,“ jammert der Sepperl. „Der verzaubert mich wieder.“ Der Sepperl hat Angst vorm Zauberer. Und der Kasperl weiß auch warum. Weil der Sepperl eine große Neugierdsnase ist und überall hineingucken muss.

„Na schön,“ meint der Kasperl. „Dann geh ich alleine zum Zauberschloss. Du bleibst in der Zwischenzeit bei der Prinzessin.“ Diese Idee gefällt dem Sepperl schon viel besser. „Aber wo ist denn die Prinzessin?“ fragt der Kasperl und schaut sich um.

„Die hat sich in ihrem Zimmer eingesperrt und liegt unter der Bettdecke,“ erklärt sein Freund. „Sie will nicht, dass sie irgendjemand sieht.“ Der Kasperl kratzt sich hinterm Ohr.

„Aber, wenn die Prinzessin die Türe zugesperrt, wie weißt du dann, dass sie unter der Bettdecke liegt,“ wundert sich der Kasperl. Der Sepperl beißt sich auf die Unterlippe und wird ganz rot im Gesicht.

„Weil ich, weil ich durchs Schlüsselloch geguckt habe,“ gibt er schließlich zu.

„Was!“ ruft der Kasperl verärgert. „Du bist wirklich die allergrößte Neugierdsnase die ich kenne!“ Der Sepperl nickt. Er kann auch nichts dafür. Er ist nun einmal neugierig.

„Ist gut, Sepperl,“ meint der Kasperl. „Ich gehe jetzt alleine zum Zauberer und du bleibst hier im Schloss.“ Sein Freund ist damit einverstanden und verschwindet gleich hinter der großen Eingangstür. Der Kasperl macht sich auf den Weg zum Zauberschloss des alten Zauberers Laboratorius. Hoffentlich kann der helfen.

 

Aufgeregt läuft der Zauberer in seinem Schloss auf und ab.

„Wo hab ich es denn nur hingelegt,“ murmelt er vor sich hin. Hat er etwas verloren? Vielleicht seine Brille? Nein, seine Brille hat er auf der Nase. „Da habe ich so ein schönes Geburtstagsgeschenk für die Prinzessin gezaubert und jetzt finde ich es einfach nicht mehr. Ich habe es irgendwo hingelegt und weiß nicht mehr wo es liegt,“ ärgert sich der Zauberer. „Einen Zauberlehrling müsste ich haben, der könnte mir beim Suchen helfen. Aber leider habe ich keinen. Also muss ich alleine suchen.“

Der Zauberer seufzt und sucht weiter. Da läutet es plötzlich an der Türe. „Nein!“ ruft der alte Laboratorius. „Nicht auch noch das. Ich kann heute überhaupt keinen Besuch gebrauchen.“ Trotzdem öffnet er und – herein springt der Kasperl! „Kasperl!“ ruft er erfreut. „Das ist gut, dass du kommst.“

Der Kasperl wundert sich. Warum freut sich der Zauberer, wenn er kommt?

„Warum denn?“ fragt er den alten Laboratorius und schaut ihn neugierig an.

„Du musst mir unbedingt helfen,“ meint der alte Mann mit dem langen, weißen Bart. „Ich habe so ein schönes Geburtstagsgeschenk für die Prinzessin gezaubert und jetzt finde ich es nicht mehr. Ich habe es verlegt. Kasperl, du musst mir bitte beim Suchen helfen.“ Der Kasperl atmet kräftig ein.

„Zauberer, ich glaube du musst uns vorher helfen,“ sagt er dann.

„Ich?“ wundert sich der Zauberer. „Aber ich kann doch nicht Torte backen und ich kann auch nicht Luftballone aufblasen, dazu fehlt mir doch die Puste.“ Doch der Kasperl schüttelt seinen Kopf.

„Wenn du uns nicht hilfst, Zauberer, dann gibt es gar keine Geburtstagsfeier.“ Der Zauberer schaut ihn ganz verdutzt an.

„Warum denn nicht? – Was ist passiert?“

„Die Prinzessin hat über Nacht ganz plötzlich blaue Haare bekommen,“ erklärt der Kasperl.

Blaue Haare?

„Blaue – Hahahahaare!“ lacht der alte Laboratorius los.

„Das ist gar nicht lustig!“ schimpft der Kasperl.

„Aber blaue Haare tun doch gar nicht weh,“ meint der alte Mann mit dem Bart.

Da hatte der Zauberer natürlich recht.

„Die Prinzessin hat aber Angst, dass ihre Freunde sie auslachen, wenn sie mit blauen Haaren bei der Feier auftaucht,“ sagt der Kasperl. Jetzt versteht der alte Laboratorius und nickt. Das ist also das Problem, die Prinzessin will nicht feiern. „Hast du vielleicht einen Zaubertank, der aus ihren blauen Haaren wieder schöne gelbe Haare macht?“ fragt der Kasperl. Der Zauberer nickt und schaut sich um. Irgendwo hat er doch sein Zauberbuch hingelegt. Da steht bestimmt drinnen, wie er der Prinzessin helfen kann.

„Ah!“ ruft er plötzlich. „Da liegt es auf dem Tisch.“ Rasch läuft er zum Tisch und öffnet das Buch. Dann liest er vor. „Patienten mit langen Nasen.“

„Was? – Aber die Prinzessin hat doch keine lange Nase!“ lacht der Kasperl.

„Patienten mit großen Ohren.“

„Nein, nein, nein,“ sagt der Kasperl und schüttelt seinen Kopf.

„Patienten mit schmutzigen Füßen.“ Der Kasperl biegt sich vor Lachen.

„Unsere Prinzessin soll schmutzige Füße haben. – Nein, blaue Haare hat sie.“ Das weiß der Zauberer natürlich auch. Er sucht weiter in seinem großen, dicken Buch.

„Aha,“ sagt er und steckt seine lange Nase noch tiefer hinein um besser lesen zu können. „Hier steht es ja: Patienten mit blauen Haaren.“

„Und, was hilft da?“ fragt der Kasperl ungeduldig.

„Da hilft nur die blaue Sonnenblume,“ meint der alte Mann mit dem langen, weißen Bart und macht das Buch zu. Der Kasperl überlegt. Die blaue Sonnenblume. Das kann doch gar nicht so schwer sein.

„Da gehe ich gleich ins Geschäft und kaufe eine blaue Sonnenblume!“ ruft er fröhlich. Doch der alte Laboratorius lacht und schüttelt seinen Kopf.

„Das geht aber nicht.“

„Warum denn nicht?“ fragt der Kasperl ganz verdutzt. „Haben die Blumengeschäfte heute geschlossen?“ Der alte Zauber schüttelt wieder seinen Kopf.

„Nein, aber du kannst keine blauen Sonnenblumen kaufen. Du kannst nur gelbe kaufen,“ erklärt er. Der Kasperl nickt. Richtig. Sonnenblumen sind doch gelb. Gelb wie die Sonnen – darum heißen die auch so.

„Aber du hast doch gesagt, dass ich eine blaue Sonnenblume brauche,“ erinnert sich der Kasperl.

„Das stimmt Kasperl,“ sagt der Zauberer. „Aber es gibt nur eine einzige blaue Sonnenblume. Sie ist eine Zauberblume.“ Da macht der Kasperl große Kulleraugen.

„Was! Es gibt nur eine einzige blaue Sonnenblume,“ ruft er entsetzt. „Aber wo soll ich die denn suchen. Ich brauch sie doch heute noch und nicht erst nächste Woche.“ Der alte Laboratorius grinst.

„Ich weiß ja wo du sie finden kannst,“ sagt er. Phu, da fällt dem Kasperl aber ein Stein vom Herzen. Wenn der Zauberer weiß, woher er die blaue Sonnenblume bekommt, kann das doch gar nicht so schwer sein.

„Und wo kann ich sie finden?“ fragt er neugierig.

„In einer Höhle,“ erklärt der alte Mann mit dem Bart. Der Kasperl schaut ihn verdutzt an.

„In einer Räuberhöhle?“ fragt er. Doch der Zauberer schüttelt seinen Kopf. „In einer Eishöhle?“ versucht der Kasperl. Doch der Zauberer schüttelt wieder seinen Kopf. „In einer Bärenhöhle?“ will der Kasperl wissen. Auch hier nicht. „Aber mir fällt sonst keine Höhle mehr ein!“ jammert er.

„In der Drachenhöhle,“ sagt der Zauberer.

„In der Drachenhöhle!“ ruft der Kasperl ganz entsetzt.

„Hast du etwa Angst vor unserem Drachen?“ fragt der alte Laboratorius. Der Kasperl hat doch keine Angst vorm Drachen. Das ist doch Quatsch.

„Aber der wohnt doch im Sumpf – da bekomm ich wieder ganz schmutzige Schuhe,“ ärgert sich der Kasperl.

„Willst du der Prinzessin helfen oder nicht, Kasperl!“ schimpft der Zauberer. Natürlich will er der Prinzessin helfen. Er will morgen mit ihr doch Geburtstag feiern.

„Aber ich weiß überhaupt nicht, was sie mit der blauen Sonnenblume machen muss,“ meint er. „Muss sie die Blume vielleicht aufessen?“ Der Zauberer lacht. „Muss sie sich die Blume in die Ohren stecken?“ Da muss der Zauberer noch mehr lachen.

„Nein Kasperl, die Prinzessin muss nur an der Blume riechen um wieder gesund zu werden,“ erklärt er.

„Na, wenn es so einfach ist. Dann mach ich mich gleich auf den Weg zu Drachenhöhle,“ sagt der Kasperl. „Muss die Omi hinterher wieder meine Schuhe putzen.“ Und weg ist er, der Kasperl.

„Kasperl!“ ruft der alte Zauberer ihm noch hinterher. „So etwas Dummes, der Kasperl hätte mir doch beim Suchen helfen sollen. Jetzt muss ich das Geschenk für die Prinzessin wieder alleine suchen.“

 

Durch dunkle Wälder und über weite Felder führt der Weg. Über große Wiesen und grüne Hügel muss der Kasperl wandern. Aber nun ist es geschafft. Der Kasperl steht mitten im Sumpf.

„Bäh,“ sagt er und schaut auf seine Schuhe hinunter. „Die sind aber dreckig geworden.“ Das konnte er aber jetzt nicht ändern. Im Sumpf ist es nun mal schmutzig. Im Sumpf ist aber auch die Drachenhöhle. Und in der Drachenhöhle ist die blaue Sonnenblume. Die blaue Sonnenblume braucht der Kasperl um der Prinzessin helfen zu können. Sie muss wieder gesund werden, sonst kann sie morgen mit ihren Gästen nicht Geburtstag feiern. Alle freuten sich doch schon so darauf.

Die Höhle ist schnell gefunden. Er steht direkt davor. Es ist eine große Höhle. Es ist eine finstere Höhle. Es ist eine Drachenhöhle. Aber wo ist der Drache? Der Kasperl steckt seinen Kopf in den Eingang der Höhle. Kein Drache zu sehen. Aber was ist denn das? Da liegt eine angebissene Pizza, eine Leberkäs Semmel von letzter Woche.

„Igitt!“ schimpft der Kasperl. „Jetzt bin ich auch noch auf einen Kaugummi gestiegen.“ Aber keine blaue Sonnenblume. Vielleicht auf der anderen Seite der Höhle. Wieder schaut sich der Kasperl um. Abe was ist denn das? Da liegt eine Badehose, Schischuhe und – und eine Stinkesocke.

„Pfui!“ ruft der Kasperl und hält sich die Nase zu. Das ist einfach zu viel für ihn. Er kommt aus der Höhle und schüttelt seinen Kopf. „Der Drache muss unbedingt einmal seine Höhle saubermachen und aufräumen,“ überlegt er. „Aber keine blaue Sonnenblume drinnen.“ Vielleicht ist die blaue Sonnenblume gar nicht in der Höhle, sondern vor der Höhle? Der Kasperl schaut sich um. Er schaut unter einen Stein – nichts. Er schaut hinter einen Busch – nichts. Keine blaue Sonnenblume. Aber – was ist jetzt das. Da hat ihm doch etwas auf den Popsch geklopft. Rasch dreht er sich um. Vor sich sieht er eine Blume. Eine große Blume, fast so groß wie er selbst. Diese große Blume ist blau.

„Haha,“ freut sich der Kasperl. „Da ist sie ja, die blaue Sonnenblume. Die werde ich gleich ins Schloss bringen. Dann kann die Prinzessin daran riechen und wird ganz schnell wieder gesund.“ Rasch streckt er seine Hände danach aus. Aber die Blume denkt gar nicht sich fangen zu lassen. Immer wieder hüpft sie dem Kasperl davon.

„Was soll jetzt das!“ ärgert er sich. „Eine hüpfende Blume? – Aber hüpfende Blumen gibt es doch gar nicht.“ Doch – denn Zauberblumen können viel, sogar hüpfen. Jetzt wird es dem Kasperl aber zu bunt. Er stellt sich vor die Höhle und winkt die blaue Sonnenblume zu sich. Vorsichtig kommt sie näher. Schritt um Schritt – Hüpfer um Hüpfer.

Da grinst der Kasperl über sein ganzes Gesicht. Jetzt, jetzt wird er sie gleich haben. Er streckt seine Arme aus und – fällt auf die Nase.

„Nein,“ jammert er und rappelt sich auf. Er reibt sich seine Nase. „Oh nein, zuerst der Popsch und jetzt die Nase.“ Aber was ist passiert? Als der Kasperl zupacken wollte hat die freche Zauberblume einen großen Sprung gemacht. Der Kasperl konnte nicht mehr bremsen und ist auf seiner Nase gelandet. „Wie soll ich denn jetzt der Prinzessin helfen, wenn sich diese Blume nicht fangen lässt,“ überlegt er traurig. Er setzt sich auf den Boden und schmollt.

Da spürt er plötzlich etwas an seinem rechten Ohr. Da kitzelt ihn doch einer. Aber wer? Der Kasperl hebt seinen Kopf und schaut sich um. Die blaue Sonnenblume steht neben ihm und kitzelt mit ihren Blättern den Kasperl am Ohr.

Vorsichtig steht er auf. Er will die Zauberblume nicht verscheuchen. Vorsichtig greift er nach dem langen, grünen Stängel.

„Warum denn nicht gleich so?“ freut sich der Kasperl. Die Blume lässt sich fangen. „Jetzt kann ich dich gleich der Prinzessin bringen. Sie wird gesund und wir können morgen mit ihr Geburtstag feiern. Das wird lustig.“ Doch bevor es soweit ist gibt es noch ein Problem.

Dieses Problem ist groß. Es ist grün. Es hat große, rote Flügel. Es ist der Drache.

„Hei, was willst du mit meiner blauen Sonnenblume?“ fragt er verärgert.

„Ausborgen,“ meint der Kasperl schnell.

„Ausborgen?“ wiederholt der Drache. „Hast du da nicht etwas vergessen?“ Der Kasperl überlegt. Etwas vergessen? Was soll er denn vergessen haben?

„Nein,“ er schüttelt seinen Kopf. „Ich habe nichts vergessen. Ich habe alles was ich brauche.“

„Was macht man denn, wenn man sich etwas ausborgen will?“ fragt der Drache streng. Der Kasperl denkt nach. Was macht man da bloß?

„Einen Kopfstand?“ meint er. Doch der Drache schüttelt seinen Kopf. „Einen Purzelbaum?“ fragt der Kasperl. Doch der Drache schüttelt wieder seinen Kopf.

„Fragen!“ ruft er. „Frag mich, ob ich dir die blaue Sonnenblume überhaupt borge.“ Ach so, das meint der Drache. Na, das ist doch ganz einfach.

„Lieber Drache, bekomme ich die blaue Sonnenblume für die Prinzessin,“ fragt der Kasperl brav. Der Drache überlegt. Dann schüttelt er seinen Kopf.

„Nein, du bekommst sie nicht!“ Da macht der Kasperl aber große Kulleraugen.

„Aber ich hab doch jetzt gefragt!“ beschwert er sich.

„Da fehlt aber noch etwas,“ meint der Drache.

„Da fehlt noch etwas?“ wundert sich der Kasperl. „Aber ich brauch doch nur die Blume.“

„Da fehlt noch das Zauberwort.“

„Aber der Zauberer hat nichts von einem Zauberwort gesagt,“ erinnert sich der Kasperl.

„Überleg doch einmal, welche Zauberwörter kennst du.“ Der Kasperl denkt angestrengt nach.

„Abrakadabra.“ Doch der Drache schüttelt seinen Kopf. „Hokus Pokus.“ Der Drache schüttelt wieder seinen Kopf. „Simsalabim?“ Auch dieses Mal war es nicht richtig. „Bimsalasim!“ ruft der Kasperl verzweifelt.

„Das gibt´s doch einfach nicht!“ schimpft der Drache. „Wie sagt man, wenn man etwas haben möchte? Denk nach, Kasperl, das kann doch gar nicht so schwer sein.“ Der Kasperl beißt sich auf die Unterlippe und denkt nach. Er denkt lange nach. Irgendwie will es ihm aber nicht einfallen. Im nächsten Moment reißt der Kasperl seine Augen auf.

„Ha, ich hab´s – Bitte! – Bitte lieber Herr Drache, bekomme ich die blaue Sonnenblume für die Prinzessin,“ sagt er. Da grinst der Drache und nickt. Jetzt war es das richtige Zauberwort.

„Und wie sagt man, wenn man etwas bekommen hat?“

„Was, noch ein Zauberwort?“ fragt der Kasperl ganz entsetzt. Der Drache nickt. Wieder denkt der Kasperl nach. Wie sagt man, wenn man etwas bekommen hat? Das hat ihm doch seine Großmutti immer wieder gesagt. „Danke!“ platzt er plötzlich heraus.

„So ist es recht. Wenn du etwas haben willst, dann sagst du bitte und wenn du etwas bekommen hast, dann sagst du danke,“ erklärt der Drache noch einmal. „Das ist doch gar nicht so schwer.“

Naja, wenn der Kasperl nicht immer daran denkt, dann ist das besonders schwer. Aber jetzt hat er die blaue Sonnenblume. Jetzt kann er sie gleich ins Schloss bringen. Endlich kann die Prinzessin daran riechen um wieder gesund zu werden.

 

„Sepperl! Sepperl bist du da!“ Der Kasperl kommt in den Schlossgarten. In der Hand trägt er die große, blaue Sonnenblume. „Sepperl! Wo bist du!“ ruft er noch einmal nach seinem Freund.

„Ich komme schon,“ antwortet der Sepperl und kommt um die Ecke.

„Wo bleibst du denn so lange?“ wundert sich der Kasperl.

„Ich bin doch nicht so schnell!“ beschwert sich sein Freund. „Das Schloss ist so groß.“ Der Sepperl kommt näher und guckt. Was hat der Kasperl da in seiner Hand? „Die Prinzessin ist noch krank und du bringst schon Geschenke?“ wundert er sich.

„Geschenke? Warum denn Geschenke?“ will der Kasperl wissen.

„Das ist doch eine Blume, und Blumen sind Geschenke,“ erklärt der Sepperl. Da hat er natürlich Recht.

„Aber das hier ist eine Zauberblume,“ erklärt der Kasperl. „Mit dieser blauen Sonnenblume wird die Prinzessin wieder ganz gesund.“ Der Sepperl schaut sich die Blume ganz genau an. Er guckt auf die Blume. Er guckt unter die Blume. Er findet aber nichts Außergewöhnliches.

„Was muss die Prinzessin mit der Blume machen?“ fragt der Sepperl.

„Nur daran riechen,“ meint der Kasperl.

„Aha,“ macht sein Freund. „Na, hoffentlich stinkt die Blume nicht!“ Da muss der Kasperl aber lachen.

„Nein, das ist eine Zauberblume. Zauberblumen riechen gar nicht.“

„Das mag die Prinzessin aber auch nicht,“ erinnert sich der Sepperl. „Die will nur gut duftende Blumen.“

„Aber diese hier ist die Medizin,“ sagt der Kasperl noch einmal. „Wenn die Prinzessin gesund werden will, dann muss sie daran riechen. – Bringst du ihr die Blume, bitte?“

„Nein,“ sagt der Sepperl. Er dreht sich um und verschränkt die Arme.

„Nein? – Aber ich habe, bitte gesagt!“ meint der Kasperl.

„Da kannst du sooft bitte sagen wie du willst, Kasperl. Es geht einfach nicht,“ erklärt sein Freund. „Die Prinzessin macht die Türe nicht auf. Ich komme nicht zu ihr ins Zimmer.“ Das ist natürlich ein großes Problem.

„Dann lass dir etwas einfallen,“ sagt der Kasperl. Aber was?

„Hm,“ überlegt der Sepperl. „Ich könnte die Blume unter der Tür durchschieben.“ Doch der Kasperl schüttelt seinen Kopf.

„Eine Blume ist doch kein Brief.“

„Oder ich stopfe die Blume durchs Schlüsselloch,“ meint der Sepperl.

„Aber da wird doch die Blume kaputt!“ schimpft der Kasperl. Er drückt seinem Freund die blaue Sonnenblume einfach in die Hand. „Du nimmst die Blume, klopfst bei der Prinzessin an und sagst du hast die Medizin. Sie soll einfach nur daran riechen, damit sie wieder gesund wird.“ Ob das so einfach funktioniert? Das glaubt der Sepperl nicht so ganz. Trotzdem nimmt er die Blume und macht sich damit auf den Weg zur Prinzessin. Vorsichtig klopft er an die Türe.

„Prinzessin.“

„Sepperl geh weg!“ hört er aus dem Zimmer eine wütende Stimme. Rasch läuft er zum Kasperl zurück.

„Die Prinzessin hat gesagt: Sepperl geh weg! - Was soll ich denn machen?“ Der Kasperl überlegt.

„Sag ihr du hast die Medizin und sie soll daran riechen,“ erklärt er ihm noch einmal. Wieder macht sich der Sepperl auf den Weg zur Prinzessin. Wieder klopft er vorsichtig an ihre Türe.

„Prinzessin, ich hab was für dich.“

„Nein – ich will nicht!“ ruft die Prinzessin aus dem Zimmer. Verzweifelt läuft der Sepperl wieder zum Kasperl zurück.

„Die Prinzessin will nicht, was soll ich denn machen.“ Der Kasperl denkt nach. Da fällt ihm plötzlich etwas ein. Der Sepperl ist doch ein Vielfraß.

„Du denkst jetzt an das große Stück Geburtstagstorte, das du morgen bekommst. Aber nur, wenn es morgen auch eine Geburtstagsfeier gibt,“ sagt der Kasperl. Der Sepperl überlegt.

„Aha, und wenn die Prinzessin nicht gesund wird, dann gibt es keine Geburtstagfeier. Dann gibt es auch keine Geburtstagstorte?“

„Genau,“ nickt der Kasperl.

„So, jetzt macht die Prinzessin bestimmt auf!“ ruft sein Freund entschlossen und läuft zum dritten Mal los. Wieder macht er sich auf den Weg zur Prinzessin. Wieder klopft er an ihre Türe. „Prinzessin, du sollst an der Blume riechen, damit du wieder ganz gesund wirst!“ ruft der Sepperl. „Nur wenn du gesund bist können wir morgen Geburtstag feiern. Und wenn wir Geburtstag feiern bekomm ich ein ganz großes Stück von deiner Geburtstagstorte.“

Der Sepperl horcht. Niemand schickt ihn wieder weg. Er bleibt stehen und schaut wie sich die Türklinke bewegt. Sie bewegt sich nach unten. Vorsichtig. Ganz langsam. Einen kleinen Spalt wird die Türe geöffnet.

Blitzschnell greift eine Hand heraus. Blitzschnell holt sie sich die blaue Sonnenblume. Blitzschnell schließt sich die Türe wieder.

„Was muss ich denn mit der Blume machen?“ fragt die Prinzessin aus ihrem Zimmer.

„Nur daran riechen!“ ruft der Sepperl. Wieder wartet er. Wieder passiert nichts.

„Bäh – ich mag die Blume aber nicht,“ hört er die Stimme der Prinzessin. „Die Blume riecht nicht. Ich mag keine Blumen die nicht riechen.“ Der Sepperl muss lachen.

„Hat es funktioniert?“ will er wissen. „Hast du wieder deine schönen gelben Haare?“ Vorsichtig öffnet sich wieder die Türe. Vorsichtig gucken zwei große blaue Augen durch den Spalt. Diese Augen gehören der Prinzessin. Die Prinzessin nickt.

„Ich glaube schon.“

Der Sepperl nimmt sie bei der Hand und zieht sie aus ihrem Zimmer.

„Ja!“ lacht er und tanzt mit ihr im Kreis. „Du bist wieder gesund! Du hast wieder deine schönen gelben Haare. Und ich bekomme morgen ein großes Stück Geburtstagstorte!“

 

 

 

 

 

 

 

Der Geburtstagskuchen




Heute ist ein besonders schöner Tag. Die Sonne lacht vom strahlend blauen Himmel.

Der Kasperl marschiert mit einem großen Blumenstrauß die Straße entlang.

Was will er denn damit? Bringt er den Blumenstrauß der Prinzessin?

Nein, der Blumenstrauß ist für die Großmutti. Die Großmutti hat heute Geburtstag und macht eine große Geburtstagsfeier. Dazu ladet sie alle Leute von Kasperlhausen ein. Vor dem Haus sieht er eine alte Frau mit einer Brille auf der Nase. Sie hat eine Gießkanne in der Hand und gießt die Blumen.

„Hallo Großmutti!“ ruft der Kasperl.

Die Frau hebt den Kopf und schaut ihn an.

„Kasperl du bist schon da?“ wundert sie sich.

Der Kasperl nickt und gibt ihr den Blumenstrauß.

„Der ist für dich!“

„Das ist aber ganz lieb von dir,“ freut sich die Großmutti. „Die muss ich gleich in die Vase stellen.“

Mit den Blumen verschwindet die Omi im Haus. Wenig später kommt sie mit einem großen, leckeren Geburtstagskuchen wieder heraus. Den Blumenstrauß hat sie in die Stube gestellt.

„Hm, der sieht aber lecker aus,“ bemerkt der Kasperl. „Darf ich da gleich ein Stückchen davon haben?“

Doch die Großmutti schüttelt ihren Kopf.

„Kasperl, der Schokokuchen ist noch heiß. Ich stelle ihn nur zum Auskühlen auf das Fensterbrett,“ erklärt sie. „Außerdem musst du noch den Sepperl und die Gretel holen.

„Den Sepperl auch!“ ruft der Kasperl ganz entsetzt.

„Natürlich, den hab ich auch eingeladen,“ meint die Omi.

„Aber Omi, wenn der einmal abbeißt ist doch gleich der ganze Kuchen weg. Der ist doch so ein Vielfraß,“ erinnerte er die Großmutti daran.

Da muss die Omi aber lachen.

„Kasperl, ich hab ihn aber eingeladen. Geh doch, und hol die beiden. Meine anderen Gäste werden auch bald kommen. Dann gibt es für alle Kaffee und Kuchen.“

„Ist gut Omi. Ich bin bald wieder zurück, mit dem Sepperl und der Gretel!“ ruft er der Großmutti noch zu, dann ist er auch schon verschwunden.

Die Omi schaut ihm noch ein wenig hinterher, dann geht sie wieder ins Haus. Kaffee und auch Kakao will sie noch kochen. Hinter sich macht sie die Türe zu.

Wenig später guckt ein großer, schwarzer, spitzer Hut hinter dem Apfelbaum hervor. Unter dem Hut kommt ein Gesicht zum Vorschein. Mitten im Gesicht ist eine lange, krumme Nase. Es ist die Hexe Rotschopf.

„Mmm,“ sagt sie und schnuppert.

Sie hat etwas gerochen. Etwas Leckeres. Vielleicht Kekse?

Nein, keine Kekse aber ein Kuchen. Der Kuchen steht auf der Fensterbank.

Leise schleicht sie näher.

„Wem gehört denn nur dieser leckere Kuchen?“ denkt sie.

„Ah, Hexe Rotschopf,“ hört sie hinter sich plötzlich eine Stimme. Erschrocken dreht sie sich um. Die Großmutti steht in der Türe und guckt zu ihr herüber.

„Hast du diesen leckeren Kuchen gebacken?“ will die Hexe neugierig wissen. - Die Omi nickt. - „Warum hast du denn heute einen Kuchen gebacken?“ fragt die Hexe weiter.

„Weil ich heute Geburtstag habe,“ erklärt die Großmutti. „Ich mache eine große Geburtstagsfeier und habe alle Leute von Kasperlhausen eingeladen.“

Hm. Die Hexe überlegt. Das kann aber nicht stimmen.

„Alle,“ meint sie. „Aber ich habe keine Einladung bekommen.“

Die Großmutti nickt.

„Stimmt, Hexe. Du bist die Einzige, die ich nicht eingeladen habe.“

„Aber – aber warum nicht?“ will die Hexe wissen. „Ich gehöre doch auch dazu.“

Doch die Großmutti schüttelt ihren Kopf.

„Nein, du warst letztes Jahr so böse bei meiner Geburtstagsfeier,“ erinnert sich die Omi. „Du hast alle Gäste in Frösche verhext.“

Da muss die Hexe aber lachen.

„Aber Omi, das war doch lustig. Verstehst du denn gar keinen Spaß?“

„Das war kein Spaß, Hexe,“ sagt die Omi streng und verschränkt ihre Arme. „Das war böse. Deshalb hab ich dich heuer nicht eingeladen.“

Die Hexe schmollt. Das ist gemein von der Großmutti. Vorsichtig guckt sie zum Fensterbrett. Da steht noch immer der leckere Geburtstagskuchen.

„Bekomm ich dann wenigstens ein Stückchen Kuchen?“ fragt die Hexe.

Die Omi schüttelt ihren Kopf.

„Wer nicht eingeladen ist, der bekommt auch keinen Kuchen.“ Sie nimmt den Schokokuchen und trägt ihn ins Haus. Hinter sich macht sie die Türe zu.

„Mist,“ ärgert sich die Hexe.

Sie will auch gerne ein Stückchen Kuchen. Die Kuchen von der Omi sind immer so lecker. Da hat sie plötzlich eine Idee.

„Ha, wenn ich kein Stückchen Kuchen bekomme, dann hol ich mir eben den ganzen!“ ruft sie. „Dann hat die Großmutti keinen Kuchen für ihre Gäste.“

Aber wohin hat die Omi den Kuchen getragen?

Die Hexe denkt nach.

Vielleicht ins Schlafzimmer? Nein – der Kuchen muss doch nicht schlafen.

Vielleicht ins Badezimmer? Quatsch – der Kuchen muss doch nicht baden.

„Ah, in die Küche hat die Omi den Kuchen gestellt!“ sagt die Hexe und schleicht vorsichtig auf die Rückseite des Häuschens.

Dort ist das Küchenfenster. Das Küchenfenster steht offen. Auf dem Küchentisch steht der leckere Kuchen.

Aber wo ist die Großmutti? Die Großmutti ist nicht zu sehen.

Vorsichtig klettert die Hexe Rotschopf durch das offene Fenster. Vorsichtig huscht sie zum Küchentisch. Vorsichtig greift sie nach dem Kuchen. Rasch will sie zum Fenster hinaus.

„Hexe Rotschopf!“ hört sie hinter sich eine wütende Stimme. „Was willst du mit meinem Kuchen?“

Die Hexe dreht sich um. Da steht die Großmutti und schaut sie ganz böse an.

„Du willst mir nix von deinem Kuchen geben,“ sagt die Hexe. „Darum hol ich mir den ganzen Kuchen!“

Schwuppdiwupp – weg ist die Hexe. Sie läuft an der Omi vorbei und verschwindet in Richtung Hexenhaus.

„Das gibt´s doch nicht!“ ruft die Großmutti ihr noch hinterher.

„Aber Omi, warum ärgerst du dich denn so?“

Sie dreht sich um und sieht den Kasperl. Er kommt gerade aus dem Garten.

„Ach Kasperl, die Hexe Rotschopf hat den Kuchen geklaut,“ jammert sie.

„So was, kann die nicht bis zur Geburtstagsfeier warten?“ fragt er und schüttelt seinen Kopf.

„Ich hab die Hexe nicht eingeladen,“ sagt die Omi und setzt sich traurig auf einen Sessel.

Sie hat die Hexe nicht eingeladen? Aber warum denn nicht?

„Die Hexe war letztes Jahr so böse,“ erinnert sich die Großmutti. „Sie hat letztes Jahr alle meine Gäste in Frösche verhext.“

Jetzt versteht der Kasperl.

„Und weil die du die Hexe nicht eingeladen hast, ist sie jetzt stinke sauer.“ - Die Großmutti nickt und lässt den Kopf hängen. - „Mach dir nichts draus,“ versucht der Kasperl die Omi zu trösten. „Ich lauf der Hexe hinterher und bring dir deinen Kuchen wieder zurück.“

Die Großmutti hebt den Kopf.

„Da musst du dich aber beeilen,“ sagt sie. „Die Hexe ist schnell gelaufen.“

„Mach dir keine Sorgen, Omi, die erwisch ich schon noch!“ lacht der Kasperl und saust gleich los.


Inzwischen ist die Hexe Rotschopf bei ihrem Häuschen angekommen. Den Kuchen hat sie noch immer in der Hand.

„Ha!“ freut sie sich. „Da hat die Omi aber geschimpft, wie ich mit dem Kuchen abgeflitzt bin.“

Vorsichtig öffnet sie die Tür des Hexenhäuschens.

Vorsichtig trägt sie den Kuchen in die Hexenstube.

„So, jetzt macht ich mir noch eine schöne Tasse Kaffee. Dazu gibt es leckeren Kuchen von der Großmutti.“

Es dauert auch gar nicht lange. Der Kaffeeduft breitet sich im ganzen Hexenhaus aus. Die Hexe Rotschopf setzt sich mit der gefüllten Kaffeetasse zum Tisch. Lecker – der Kuchen wird ihr sicherlich schmecken.

„Ein leckerer Schokokuchen nur für mich alleine,“ sagt sie. „Der wird nicht geteilt. Nicht mit dem Räuber, nicht mit dem Zauberer und schon gar nicht mit dem großen Krokodil.“

Ein Stück nach dem anderen wandert in ihren Mund. Zwischendurch trinkt sie immer wieder einen Schluck aus der Kaffeetasse. Lecker – Kaffee und Kuchen.

Doch, eines weiß sie nicht.

Sie hat einen Zuschauer. Der Zuschauer steht draußen am Fenster und guckt in die Stube.

„Schade,“ ärgert sich der Kasperl und beobachtet die Hexe Rotschopf von draußen. „Jetzt hat sie den ganzen Kuchen alleine aufgegessen. Die Omi bekommt ihn leider nicht mehr zurück. Was mach ich denn jetzt?“

Dann überlegt der Kasperl. Was passiert denn, wenn man einen ganzen Kuchen alleine aufisst? Man bekommt Bauchweh.

„Au!“ hört der Kasperl aus dem Häuschen. „Au weh!“

Kurze Zeit später geht die Türe auf und – die Hexe Rotschopf kommt heraus.

„Hallo Hexe,“ begrüßt sie der Kasperl und verschränkt seine Arme. Die Hexe schaut ihn ganz verdutzt an.

„Was willst du denn bei mir?“

„Ich möchte den Kuchen von der Omi zurückholen,“ meint der Kasperl.

Die Hexe senkt ihren Kopf und wird ganz rot um die Nase.

„Das geht aber nicht mehr,“ sagt sie vorsichtig.

„Und warum geht das nicht mehr?“ fragt der Kasperl.

Der Kasperl weiß natürlich, dass die Hexe den Kuchen aufgegessen hat – ganz alleine. Er hat sie vom Fenster aus beobachtet.

„Weil ich den Kuchen von der Omi aufgegessen habe – ganz alleine,“ gibt sie zu.

Der Kasperl nickt.

„Jetzt hast du bestimmt Bauchweh.“

Doch die Hexe Rotschopf schüttelt ihren Kopf.

„Nein – du hast nicht Bauchweh?“ wundert sich der Kasperl. „Dann hast du bestimmt Ohrenweh?“

Die Hexe schaut ihn verdutzt an.

„Ich hab doch nicht Ohrenweh. Ich steck mir den Kuchen doch nicht in die Ohren.“

Da hat die Hexe natürlich Recht.

„Dann hast du bestimmt Naseweh,“ meint der Kasperl.

Jetzt muss die Hexe aber lachen.

„Naseweh – aber Kasperl, ich esse doch den Kuchen nicht mit der Nase.“

Natürlich, Kuchen isst man nicht mit der Nase.

Aber was hat die Hexe dann?

Warum jammert sie denn so?

Da fällt es dem Kasperl plötzlich ein.

„Du hast Zahnweh, Hexe!“

Die Hexe macht ein ganz trauriges Gesicht. Mit der rechten Hand streicht sie über ihre Wange.

„Ja, ich hab Zahnweh. – Weil der Kuchen von der Omi so süß war!“ ruft sie verärgert.

„Hei, du hättest den Kuchen doch gar nicht essen dürfen!“ erinnert der Kasperl sie daran. Das stimmt.

„Aber der war doch so lecker,“ meint die Hexe.

Der Kasperl weiß, dass die Kuchen von der Omi immer lecker sind.

„Ich bekomm auch immer einen Kuchen zum Geburtstag. Ich weiß, dass sie lecker sind,“ sagt der Kasperl.

Ganz traurig schaut die Hexe ihn an.

„Ich hab noch nie einen Geburtstagskuchen bekommen,“ sagt sie.

Beinahe tut ihm die Hexe leid.

„Dann musst du das nächste Mal ein wenig braver sein. Vielleicht bekommst du dann auch einen Kuchen zu deinem Geburtstag.“

Was ist denn das für eine Schnapsidee?

Die Hexe soll braver werden?

„Aber das geht doch nicht, Kasperl,“ erklärt die Hexe Rotschopf. „Da lachen mich doch die anderen Hexen alle aus, wenn ich plötzlich brav werde. – Aua, mein Zahn.“

Die Hexe hat wirklich schlimmes Zahnweh.

Was kann der Kasperl da machen?

„Weißt du was, Hexe,“ sagt er. „Ich geh mit dir zum Zahnarzt.“

Da macht die Hexe Rotschopf große Kulleraugen und versteckt sich gleich unterm Tisch.

„Ich geh nicht zum Zahnarzt!“

Der Kasperl bückt sich und schaut unter den Tisch.

Er schüttelt seinen Kopf.

„Aber warum denn nicht?“ wundert er sich. „Hast du Angst vorm Zahnarzt?“

„Nein,“ sagt die Hexe. „Ich hab doch nicht Angst vorm Zahnarzt.“

Da muss der Kasperl aber lachen.

„Warum hast du dich dann unter dem Tisch versteckt?“

Die Hexe überlegt.

„Weil der Zahnarzt Angst vor mir hat.“

Das kann der Kasperl gar nicht glauben.

Der Zahnarzt soll Angst vor der Hexe haben?

Was ist denn das für ein Quatsch?

„Diese Märchen kannst du deiner Uroma erzählen,“ meint er.

„Doch,“ sagt die Hexe und kriecht unter dem Tisch hervor. „Der Zahnarzt hat letztes Mal gesagt, dass ich gar nicht mehr kommen soll.“

„Und warum nicht?“ will der Kasperl wissen.

„Weil ich ihn in den Finger gebissen habe,“ flüstert sie.

Der Kasperl schüttelt seinen Kopf.

„Hexe, Hexe, du kannst doch nicht den Zahnarzt in den Finger beißen. – Aber du bist doch eine Hexe!“

Natürlich ist sie eine Hexe, was soll diese dumme Frage.

„Kannst du deinen Zahn nicht einfach raushexen?“ überlegt er.

Die Hexe denkt nach.

Naja, das könnte sie vielleicht schon, aber…

„Nein, das kann ich nicht,“ sagt sie leise.

„Komisch, hast du das nicht in der Hexenschule gelernt?“ wundert er sich.

„Doch – aber an dem Tag war ich nicht in der Schule,“ erklärt die Hexe.

„Warst du krank?“ will der Kasperl wissen.

Die Hexe Rotschopf schüttelte ihren Kopf.

„Ich war im Kino.“

Das darf doch nicht wahr sein!

„Du hast die Schule geschwänzt!“ ruft der Kasperl verärgert.

Die Hexe nickt.

„Kannst du mir den Zahn rausziehen?“ fragt sie ihn.

Nein – der Kasperl kann das nicht.

Er ist doch kein Zahnarzt.

Aber, er hat da noch einen ganz speziellen Freund.

Der könnte der Hexe vielleicht helfen.

„Ich kann dir nicht helfen,“ meint der Kasperl. „Aber ich habe da einen Freund. Den könnte ich fragen.“

„Aber deine Freunde mögen mich doch nicht,“ erinnert ihn die Hexe und schmollt. „Die helfen mir bestimmt nicht.“

Der Kasperl überlegt.

„Wenn ich ihn schön darum bitte,“ meint er.

Wenn der Kasperl das glaubt. Warum nicht?

Das doofe Zahnweh ist nicht schön. Das ist lästig.

„Und wo ist dein Freund?“ fragt die Hexe und schaut sich um.

Da muss der Kasperl aber lachen.

„Wir müssen zu ihm gehen,“ erklärt er. „Herkommen wird er nicht.“

Gehen?

Oje, das geht doch nicht. Die Hexe hat doch so große Hühneraugen auf den Füßen.

„Na komm schon,“ meint der Kasperl und nimmt die Hexe an der Hand. „Ist doch nur ein kleines Stück.“


Es ist nicht weit. Bald schon sehen sie das Haus. Es ist ein großes Schloss. Die Hexe macht ganz große Augen und schaut sich ängstlich um.

„Da wohnt bestimmt der König!“ ruft sie.

Doch der Kasperl schüttelt seinen Kopf.

„Ein Zauberer?“ fragt sie vorsichtig.

Doch der Kasperl schüttelt wieder seinen Kopf.

„Vielleicht ein Schlossgespenst?“ will die Hexe wissen.

„Aber Hexe,“ lacht der Kasperl. „Es gibt doch keine Schlossgespenster. Hier wohnt mein Freund.“

Sein Freund? Aber welcher? Der Kasperl hat viele Freunde – sehr viele.

„Warte hier Hexe, ich werde gleich einmal anläuten,“ sagt der Kasperl und verschwindet.

Die Hexe Rotschopf bleibt alleine zurück. Sie wartet, und wartet und wartet. Da kommt keiner.

„Vielleicht ist niemand zu Hause?“ überlegt sie.

Da entdeckt die Hexe einen riesengroßen, orangen Kürbis.

Mmm, das gibt bestimmt eine leckere Kürbissuppe mit Spinnenbeinen, Fledermausflügeln und Froschschenkel.

Rasch guckt sie sich um. Niemand zu sehen.

Rasch greift sie nach dem Kürbis. Sie zieht und zieht – aber, sie kann ihn nicht aufheben. Er ist einfach zu schwer für die Hexe.

„Hexe,“ hört sie plötzlich eine Stimme.

Woher kommt diese Stimme? Das interessiert die Hexe nicht. Sie will nur diesen Kürbis haben.

„Ich hab jetzt keine Zeit,“ sagt sie schnaufend. „Ich klau gerade einen Kürbis.“

Sie zieht und zieht. Aber es ist unmöglich. Der Kürbis ist und bleibt viel zu schwer für die Hexe Rotschopf.

„Hexe hör auf, du reißt mir ja meinen Kopf ab!“ hört sie wieder die Stimme.

Erschrocken lässt sie den Kürbis los.

Erschrocken geht sie einen Schritt zurück.

Plötzlich wächst der Kürbis in die Höhe. Wie in Kopf mit Augen, Nase und Mund sitzt er auf dem Stängel. Die großen Blätter hat er wie Arme zur Seite gestreckt.

„Wer – wer bist denn du?“ stottert die Hexe entsetzt.

„Ich bin der Doktor Kürbiskopf,“ stellt er sich vor. „Und du bist die Hexe Rotschopf.“

Richtig.

Sie ist die Hexe Rotschopf. Die Hexe nickt rasch.

So einen wie den da, hat sie noch nie gesehen.

„Stell dir vor, ich weiß sogar warum du da bist,“ erklärt der Kürbis.

Die Hexe schaut ihn ganz verdutzt an.

„Du bist hier, weil du Zahnweh hast,“ sagt er. „Du hast Zahnweh, weil du den Kuchen der Großmutti ganz alleine aufgegessen hast.“

Du meine Güte, der weiß aber viel.

„Woher weißt du denn das?“ fragt die Hexe erstaunt.

Der Doktor Kürbiskopf grinst.

„Das hat mir der Kasperl erzählt.“

„Der ist eine alte Petze!“ ärgert sie sich.

„Er hat mich aber auch gefragt, ob ich dir helfen kann,“ meint der Kürbis.

Ehrlich?

Hat er das?

Das ist aber nett vom Kasperl.

„Zeig einmal her,“ sagt der Doktor und kommt näher. „Welcher Zahn tut denn weh?“

Die Hexe öffnet ihren Mund.

„Der dort hinten.“

Da macht der Kürbis plötzlich große Augen.

„Du meine Güte, der ist ja ganz schwarz!“

„Natürlich,“ grinst die Hexe. „Schwarz ist doch eine schöne Farbe.“

Der Doktor Kürbiskopf schüttelt seinen Kopf.

„Aber Zähne dürfen doch nicht schwarz sein.“

Das versteht die Hexe jetzt aber gar nicht.

„Warum denn nicht?“ will sie wissen. „Ich hab auch eine schwarze Katze und einen schwarzen Hut, die haben sich auch noch nie beschwert, weil sie schwarz sind.“

Der Kürbis seufzt.

Das mag ja alles sein.

Aber.

„Zähne dürfen doch nicht schwarz sein,“ erklärt er.

„Nicht?“ wundert sich die Hexe. „Wie sollen sie denn sonst sein? Vielleicht rot oder blau oder grün?“

Der Doktor schüttelt seinen Kopf.

„Weiß, Hexe, nur weiß,“

„Nur weiß!“ ruft die Hexe. „Aber das ist doch langweilig!“

„Aber nur weiße Zähne sind gesunde Zähne.“

Damit hat er natürlich recht.

Schwarze Zähne sind kranke Zähne und die tun weh.

„Ich hole jetzt meine Zange und werde dir den kranken Zahn herausziehen,“ sagt er und verschwindet im Schloss.

Wenig später kommt der Doktor Kürbiskopf wieder zurück.

„Einen Moment!“ ruft die Hexe. „Wenn ich brav bin, bekomme ich doch eine Belohnung – oder?“

Der Kürbis überlegt.

Eine Belohnung?

Gut – ihm ist da schon etwas eingefallen.

„Du bekommst deine Belohnung,“ verspricht er. „Ich lass mir was einfallen.“

Damit ist die Hexe zufrieden und öffnet ihren Mund.

Mit einem kleinen – Ruck – ist der Zahn draußen.

Hat gar nicht wehgetan. Aber das Zahnweh ist weg. Der kranke Zahn ist draußen.

„Bekomme ich jetzt meine Belohnung?“ fragt die Hexe ungeduldig.

Der Doktor Kürbiskopf nickt. Er hat es ihr doch versprochen. Rasch verschwindet er wieder im Schloss und lässt die Hexe wieder alleine.

Die Hexe Rotschopf überlegt. Welche Belohnung wird sie wohl bekommen?

Vielleicht einen goldenen Ring?

Vielleicht eine schöne Kette?

Vielleicht eine …

„Klobürste!“ ruft sie entsetzt.

Der Kürbis schaut sie verwundert an.

„Eine Klobürste?“

Die Hexe nickt und zeigt auf das Ding in seiner Hand. Es hatte einen langen Stiel und auf einer Seite so seltsame Borsten.

„Aber das ist doch keine Klobürste!“ lacht der Doktor Kürbiskopf.

„Nicht?“ will sie wissen. „Ist das vielleicht eine Schuhbürste?“

Der Kürbis schüttelt seinen Kopf.

„Ist es vielleicht eine Haarbürste?“

Oh nein, kennt die Hexe diese Bürste wirklich nicht!

„Das ist eine Zahnbürste, Hexe,“ erklärt er.

Eine Zahnbürste?

So etwas hat die Hexe ja noch nie gesehen.

„Aber ich hab doch gar keine Haare auf den Zähnen,“ sagt sie. „Warum muss ich dann meine Zähne bürsten?“

Der Kürbis seufzt.

„Kennst du denn gar keine Zahnbürste?“

„Nö,“ meint die Hexe und schüttelt ihren Kopf. „Noch nie gesehen.“

„Die Zahnbürste brauchst du, damit deine Zähne sauber bleiben und nicht krank werden,“ erklärt der Doktor Kürbiskopf.

Damit die Zähne sauber bleiben? Damit die Zähne nicht krank werden?

„Muss ich da vorne auch etwas drauf tun?“ will sie wissen und streicht mit ihrer Hand über die Borsten.

Der Kürbis nickt.

„Zahncreme.“

Zahncreme? So was kennt sie auch nicht.

„Wo bekomme ich denn Zahncreme her?“ fragt sie erstaunt.

„Aus dem Geschäft,“ sagt er.

Aus dem Geschäft? Ha, was ein Geschäft ist weiß die Hexe Rotschopf.

„Beim Bäcker!“

Doch der Kürbis schüttelt seinen Kopf.

„Hexe, beim Bäcker bekommst du doch deine Brötchen.“

„Beim Fleischhauer?“ fragt sie vorsichtig.

Wieder schüttelt der Kürbis seinen Kopf.

„Beim Fleischhauer bekommst du doch deine Knackwürstel.“

Oh du meine Güte, wie viele Geschäfte gibt es denn noch!

„Zahncreme bekommst du in einem Geschäft, wo du auch deine Seife kaufst,“ erklärt er der Hexe.

Die Hexe überlegt.

Seife? Hm, Seife. Davon hat sie schon einmal was gehört. Aber Seife kauft sie so selten.

„Aber Seife kauf ich so selten,“ meint die Hexe Rotschopf. „Die schmeckt so grauslich.“

Du meine Güte! Seife ist doch nicht zum Essen da.

„Hexe!“ ruft der Doktor Kürbiskopf. „Seife kann man doch nicht essen!“

„Nicht?“ wundert sie sich.

„Seife nimmst du doch zum Händewaschen,“ meint er.

Schnell versteckt die Hexe ihre schmutzen Finger hinter dem Rücken.

„Wie oft muss ich denn Zähne putzen?“ will sie wissen.

„Zweimal,“ sagt der Kürbis.

„Ha,“ freut sich da die Hexe. „Einmal zu Ostern und einmal zu Weihnachten!“

Entsetzt reißt der Kürbis seine Augen auf.

„Aber nein – einmal in der Früh und einmal am Abend!“

„Was?! – Zweimal am Tag!“ ruft sie verwundert. „Das ist aber ganz viel Arbeit.“

Der Doktor Kürbiskopf nickt.

„Da bleiben aber deine Zähne sauber und werden nicht krank.“

Das mag ja sein. Aber die Hexe macht sich über etwas Anderes Sorgen. Große Sorgen sogar.

„Wenn ich brav meine Zähne putze, darf ich dann genau so viel Süßes essen wie vorher?“ will sie wissen und schaut ihn neugierig an.

„Viel gesunde Sachen und nur bisschen etwas Süßes,“ erklärt er.

Sie hat es doch befürchtet.

Aber, was ist denn nun gesund?

„Viel Obst und Gemüse,“ sagt der Kürbis.

Das ist nicht schwer.

Obst und Gemüse ist lecker. Äpfel, Birnen, Kirschen, Zwetschken, Weintrauben das schmeckt alles sehr lecker. Karotten, Erbsen, Gurke, Kohlrabi, Kartoffeln das schmeckt auch alles sehr lecker.

„Vollkornbrot, das ist auch sehr gesund,“ meint der Doktor Kürbiskopf.

Vollkornbrot?

Die Hexe überlegt.

„Ist das das Brot mit den Körndln?“ will sie wissen.

Der Kürbis nickt.

„Aber ich bin doch kein Pipihenderl!“ ruft sie verärgert.

Da muss der Doktor Kürbiskopf aber lachen.

„Hexe, du musst doch kein Pipihenderl sein um Vollkornbrot essen zu können.“

Naja, das stimmt schon.

„Hm, ich glaube ich muss noch einmal zur Großmutti“ meint die Hexe Rotschopf.

„Zur Großmutti?“ wundert sich der Kürbis.

Die Hexe nickt.

„Ich lauf noch einmal zu ihr, weil ich mich bei der Omi entschuldigen muss,“ erklärt sie. „Ich war gemein und habe ihr den Kuchen geklaut. Jetzt hat die arme Omi keinen Kuchen für ihre Gäste.“

Der Kürbis schaut ganz verdutzt drein.

Die Hexe will sich entschuldigen?

Das ist ja noch nie geschehen.

„Eine wirklich gute Idee, Hexe,“ lobt er. „Und diese Zahnbürste nimmst du mit. Die gehört jetzt dir. Vergiss nicht, jeden Tag zweimal putzen. Einmal in der Früh nach dem Aufstehen und einmal am Abend bevor du ins Bett gehst. – So bleiben deine Zähne gesund.“

Die Hexe Rotschopf verspricht es und verabschiedet sich mit ihrer Zahnbürste.


Die Geburtstagsfeier der Großmutti hat schon begonnen. Aber einer fehlt noch immer. Der Kasperl.

Die Omi steht vor dem Haus und wartet auf ihn.

„Hallo Großmutti!“ hört sie plötzlich eine Stimme. Aber, der Kasperl ist das nicht. Es ist die Hexe Rotschopf.

„Hexe Rotschopf, was willst du denn bei mir?“ fragt sie verwundert. „Bringst du mir vielleicht meinen Kuchen zurück?“

Ups – das wollte die Hexe eigentlich nicht. Das konnte die Hexe gar nicht.

„Leider nicht,“ sagt sie und schämt sich. „Ich hab ihn aufgegessen, ganz alleine.“

„Aber Hexe!“ ruft die Omi verärgert. „Das war mein Geburtstagskuchen.“

„Ich weiß,“ meint die Hexe Rotschopf. „Es tut mir auch leid. Ich verspreche dir, dass ich nie wieder deinen Geburtstagskuchen klauen werde.“

Ist das gerade ernst gemeint? So recht traut die Omi der Hexe nicht über den Weg.

„Na schön,“ sagt sie. „Weil du dich so brav bei mir entschuldigt hast – darfst du noch mit in die Stube kommen. Du kannst mitfeiern aber… verhex mir bloß nicht wieder meine Gäste!“

Mitfeiern?

Toll!

Da freut sich die Hexe aber. Rasch schlüpft sie ins Häuschen der Omi. In der Stube sitzen schon alle Gäste beisammen.

Alle?

Nein, der Kasperl fehlt noch immer! Wo bleibt denn der so lange?

Endlich biegt er um die Ecke. Die Omi sieht ihn schon von weitem.

„Kasperl!“ ruft sie ihm zu. „Wo bleibst du denn? Wir warten schon so lange auf dich. Wir wollen mit der Feier anfangen.“

Der Kasperl macht ein ganz betrübtes Gesicht.

„Tut mir leid Omi,“ sagt er traurig. „Ich konnte deinen Schokokuchen nicht retten. Die Hexe hat ihn ganz alleine aufgegessen.“

Da muss die Großmutti aber lachen.

„Das macht doch nichts. – Ich habe trotzdem einen leckeren Geburtstagskuchen.“

Die Omi hat einen Geburtstagskuchen? Aber woher?

„Ich habe auch den Bäcker eingeladen, und der hat mir einen super leckeren Gugelhupf mitgebracht!“ strahlt sie übers ganze Gesicht.

„Ha, das freut mich aber!“ ruft der Kasperl und geht mit der Omi ins Haus. „Da hast du dann doch noch einen leckeren Geburtstagskuchen!“










Die singende Zauberkiste



Heute regnet es in Kasperlhausen. Keine Menschenseele ist zu sehen. Alle verkriechen sich in ihren Häusern. Aber was ist denn das? Da hüpft einer auf dem Gehsteig herum und pfeift ein fröhliches Lied vor sich hin. Einen Regenschirm braucht er nicht. Er hat eine Mütze auf. Eine Mütze mit einem Glöckchen. Es ist der Kasperl. Aber warum ist denn der heute so fröhlich?

Er ist auf dem Weg zu Zauberschloss. Der alte Zauberer Laboratorius hat den Kasperl eingeladen. Er darf ihm heute helfen. Nur – wobei? Das weiß der Kasperl noch nicht. - Vielleicht darf er dem Zauberer bei einem neuen Zauberspruch helfen? - Vielleicht darf er dem Zauberer bei einem neuen Zaubertrank helfen? Es ist immer so spannend und interessant beim alten Laboratorius.

Von weitem sieht der Kasperl schon die Türme des großen Schlosses. Und wenig später steht er vor dem großen Tor. Leider ist es zu und der Kasperl kann nicht hinein. Aber an der Seite hängt ein Seil und daran hängt eine Glocke. Der Kasperl streckt seine Hand aus und zieht an dem Seil. Über ihm klingelt die Glocke. Weil es so schön ist, zieht er noch einmal und noch einmal.

Aus dem Inneren des Schlosses hört der Kasperl eine Stimme. Es ist eine laute und piepsige Stimme. Die gehört bestimmt nicht dem Zauberer. Aber wem gehört sie sonst? Im nächsten Augenblick öffnet sich das große Tor einen Spalt. Heraus guckt ein Gesicht mit einer langen – Nase? Nein, es ist eine lange Schnauze.

„Hallo Kasperl!“ piepst die Stimme.

„Hallo Fips!“ lacht der Kasperl erstaunt. „Was machst du denn beim Zauberer?“ Fips ist eine Fledermaus, und sie lässt den Kasperl ins Schloss.

„Ich bin der neue Zauberlehrling,“ erklärt sie.

„Aha,“ sagt der Kasperl. „Dann weißt du auch ganz bestimmt, warum mich der Zauberer heute braucht.“ Die Fledermaus überlegt. Natürlich weiß sie, warum der Zauberer den Kasperl heute eingeladen hat. „Darf ich ihm vielleicht bei einem neuen Zauberspruch helfen?“ fragt der Kasperl neugierig. Doch Fips schüttelt seinen Kopf.

„Nein – viel lustiger!“

„Hm, darf ich ihm vielleicht bei einem neuen Zaubertrank helfen?“ überlegt der Kasperl. Doch Fips schüttelt wieder seinen Kopf.

„Nein – viel spannender!“

Was kann lustiger sein, als bei einem neuen Zauberspruch zu helfen? Was kann spannender sein, als bei einem neuen Zaubertrank zu helfen? Der Kasperl seufzt. Das errät er doch nie.

„Ich weiß es nicht Fips,“ jammert er. „Kannst du es mir bitte sagen.“

„Du darfst dem Zauber heute helfen,“ sagt er geheimnisvoll.

„Ja, aber wobei?“ wird der Kasperl ungeduldig.

„Beim AUFRÄUMEN!“ - Dem Kasperl bleiben Mund und Augen weit offenstehen. Beim Aufräumen soll er dem Zauberer helfen.

„Aber Fips – Aufräumen ist doch nicht lustig und schon gar nicht spannend,“ mault er. „Ich mag nicht aufräumen.“ Der Zauberlehrling schüttelt seinen Kopf. Das kann er gar nicht verstehen.

„Aber warum willst du nicht aufräumen?“ will Fips wissen.

„Aufräumen ist soooo langweilig,“ erklärt der Kasperl.

„Langweilig?“ fragt die Fledermaus. „Aber es ist doch lustig. Wenn viele Leute zusammenhelfen, dann ist man ganz schnell fertig.“

„Da hast du natürlich Recht, Fips,“ muss der Kasperl zugeben. „Aber spannend ist es bestimmt nicht.“

„Doch, doch, spannend ist es auch,“ meint der Zauberlehrling und nickt. „Da findet man ganz viele schöne Dinge, die man schon lange gesucht hat.“ Das mag ja alles stimmen, aber aufräumen ist und bleibt einfach nur – langweilig.

„Wo ist denn der Zauberer?“ fragt der Kasperl.

„Och, der alte Laboratorius ist im Keller,“ meint Fips. - Im Keller? Der räumt doch nicht etwa den Keller auf! Ojemine, da wird aber viel Unordnung und Gerümpel sein.

„Ich geh dann mal den Zauberer suchen,“ seufzt der Kasperl und macht sich auf den Weg in den Keller.

„Ich komme auch gleich!“ ruft die Fledermaus noch hinterher. „Ich hol nur noch schnell den Staubwedel!“ - Schwuppdiwupp – verschwindet sie hinter einer Türe. Diese Türe führt in die Besenkammer. Schnell greift Fips nach dem Staubwedel.

Die Fledermaus will in den Keller, wo der Zauberer und der Kasperl schon fleißig am Aufräumen sind. Sie darf heute auch helfen. Das hat der Zauberer versprochen. Aber – da versperrt ihr jemand den Weg. Es ist ein alter Mann mit langem, weißem Bart – es ist der Zauberer.

„Ich komme schon, Meister!“ lacht der Zauberlehrling. Doch der alte Laboratorius schüttelt seinen Kopf.

„Der Kasperl ist jetzt gekommen,“ sagt er nur.

„Ich weiß,“ lacht Fips. „Der kann uns auch helfen.“ Der Zauberer nickt.

„Und weil der Kasperl jetzt gekommen ist, brauche ich dich heute nicht zum Aufräumen,“ erklärt er. Vor Schreck fällt der Fledermaus der Staubwedel aus der Hand.

„Was!“ ruft sie. „Ich darf heute nicht helfen!“

„Der Kasperl kann mir viel besser helfen,“ meint der Zauberer.

„Aber, aber du hast es doch versprochen,“ erinnert ihn sein Zauberlehrling daran.

„Ein anderes Mal, Fips,“ sagt der alte Laboratorius streng.

„Immer ein anderes Mal,“ murrt der Zauberlehrling und schmollt. „Du hast gesagt ich darf dir heute helfen.“

„Heute wirst du ein kleines Nickerchen in deiner Schlafkiste machen,“ erklärt der Zauberer. „Komm wir holen sie gleich aus dem Keller.“

Wütend stampft Fips mit dem Fuß auf den Boden und folgt dem alten Mann in den Keller. So gerne hätte er heute dem Zauberer geholfen. Aufräumen ist doch immer so lustig und so spannend. Aber heute darf nur der Kasperl helfen. Das ist so unfair.

Wenig später kommen die beiden mit der Kiste aus dem Keller. Die Kiste ist groß. Die Kiste ist eckig. Die Kiste hat viele Sterne oben drauf.

„Will stellen die Kiste jetzt in die Küche. Dann kannst du in Ruhe dein Nickerchen machen,“ sagt der Zauberer. Fips folgt, aber er ist beleidigt. Er kann es immer noch nicht verstehen, warum ihn der Zauberer heute nicht helfen lässt. Nachdem der Zauberlehrling in seiner Kiste verschwunden ist, macht sich der alte Laboratorius wieder auf dem Weg in den Keller.

Kaum ist der alte Mann weg, steckt jemand seine lange, spitze Nase zur Türe herein. Vorsichtig guckt sich diese Person um. Niemand zu sehen – kein Kasperl und kein Zauberer, nicht einmal die nervige Fledermaus. Langsam schleicht das Weiblein mit dem großen, spitzen Hut ins Schloss. Es ist die Hexe Rotschopf.

„Gut, der Kasperl und der Zauberer sind im Keller, die Fledermaus ist auch nicht da, aber ….“ Die Hexe überlegt und schaut sich um. Sie sucht jemanden. Aber wen? „Wo bleibt denn nur wieder der Räuber?“ wundert sie sich. „Räuber!“ Da hört sie ein angestrengtes Schnaufen. Die Hexe stemmt ihr Hände in die Hüften und sieht dem Räuber zu, wie er gerade beim Fenster hereinklettert. „Wo bleibst denn du?“ will sie wissen.

„Ich kann doch nicht so schnell zum Fenster rein,“ jammert er. „Das Fenster ist so hoch oben!“ Die Hexe schüttelt ihren Kopf.

„Du Dussel!“ schimpft sie. „Die Türe ist doch offen!“ Tatsächlich, die Türe ist offen. Das hat der Räuber nicht gesehen. Verlegen kratzt er sich hinterm Ohr.

„Und was machen wir jetzt?“ fragt er leise.

„Wir klauen etwas,“ flüstert die Hexe. - Da macht der Räuber große Kulleraugen. Er freut sich, wenn er etwas klauen darf. - Nur was?

„Klauen wir vielleicht dem Zauberer seinen Zauberstab?“ fragt er neugierig. Doch die Hexe schüttelt ihren Kopf.

„Ich hab doch einen Hexenbesen.“

„Hm, klauen wir vielleicht dem Zauberer sein Zauberbuch?“ will der Räuber wissen. Doch die Hexe schüttelt wieder ihren Kopf.

„Ich hab doch ein Hexenbuch.“

„Klauen wir dann vielleicht dem Zauberer seinen Zauberhut?“ wird er ungeduldig. Doch die Hexe schüttelt noch einmal ihren Kopf.

„Ich hab doch einen Hexen Hut.“ Jetzt wird es dem Räuber aber zu bunt.

„Klauen wir vielleicht die Unterhose vom Zauberer!“ ruft er verärgert.

„Ich hab doch selbst eine Unterhose!“ schreit die Hexe zurück. „Nein, wir klauen eine Zauberkiste.“ - Eine Zauberkiste? Der Räuber überlegt. Hat der Zauberer überhaupt eine Zauberkiste? Er hat noch nie eine gesehen.

„Wie schaut denn die Zauberkiste aus?“ will der Räuber wissen. Die Hexe kommt näher an ihn heran und flüstert in sein Ohr.

„Das ist eine große, eckige Kiste mit Sternen oben drauf.“ Aha – jetzt weiß der Räuber Bescheid. Sie suchen nach einer großen, eckigen Kiste mit Sternen oben drauf. Aber wo kann sie sein?

„Wo sollen wir denn suchen?“ fragt der Räuber. - Die Hexe überlegt. Wo die Kiste ist, das weiß sie selber auch nicht. Da müssen die beiden schon suchen.

„Am besten du suchst dort im Arbeitszimmer des Zauberers und ich suche dort drüben unter der Stiege,“ erklärt die Hexe Rotschopf. Der Räuber nickt. So wird es gemacht. Leise huscht die Hexe zu der Stiege, die nach oben führt. Vielleicht ist die Kiste hier versteckt. Der Räuber schleicht sich leise ins Arbeitszimmer des alten Laboratorius. Vorsichtig schaut er sich um.

„Ha!“ freut er sich und streckt gleich seine Hand aus. „Da hab ich doch schon was gefunden.“ Zufrieden geht er zur Hexe zurück. Die sucht noch immer nach der Kiste. „Ich hab was – ich hab was!“ jubelt der Räuber.

„Aha,“ macht die Hexe und kommt näher. „Und was hast du da? Das ist keine große, eckige Kiste mit Sternen obendrauf. Das hier ist klein und rund.“ Das stimmt. Der Räuber hat keine große, eckige Kiste mit Sternen obendrauf gefunden. Er hat etwas Kleines, Rundes gefunden.

„Aber da ist auch ein Stern drauf,“ meint er etwas beleidigt. Die Hexe ist neugierig und schaut sich das Ding genauer an. Sie hält ihre lange Hexennase darüber.

„Ha-ha-hatschi!“ Da muss sie fürchterliche niesen.

„Gesundheit,“ sagt der Räuber höflich.

„Du Dussel!“ schimpft die Hexe mit ihm. „Weißt du was das ist?“ Der Räuber schüttelt seinen Kopf. Er weiß es nicht. Noch nie hat er so etwas gesehen. „Das ist eine Schnupftabakdose,“ erklärt die Hexe und muss gleich noch einmal niesen.

„Eine Nasekitzeldose?“ fragt der Räuber und kratzt sich hinterm Ohr. Die Hexe nickt.

„Ja, eine Nasekitzeldose.“ Der Räuber überlegt. Warum will der alte Zauberer Laboratorius, wenn die Nase kitzelt? Seltsamer alter Mann. „Trag das Ding sofort wieder zurück,“ sagt die Hexe Rotschopf.

Hm, irgendwo muss doch diese Zauberkiste stehen – aber wo? - Aha, vielleicht in der Küche. Als der Räuber aus dem Arbeitszimmer des Zauberers zurückkommt ist die Hexe verschwunden.

„Hexe!“

„Ich bin in der Küche!“ hört er ihre Stimme.

„Hast du Hunger?“ fragt er verdutzt.

„Nein,“ sagt sie. „Ich hab sie gefunden. Da steht die große, eckige Kiste mit Sternen obendrauf.“ Und wirklich. Mitten in der Küche steht die große Zauberkiste.

„Toll, probieren wir sie gleich aus?“ will der Räuber wissen. Doch die Hexe schüttelt ihren Kopf.

„Nein, Räuber, wenn uns der Zauberer oder der Kasperl erwischen ist das nicht gut,“ erklärt sie. „Wir nehmen die Kiste lieber mit nach Hause.“ Keine schlechte Idee – oder doch?

„Meine Güte ist die Kiste schwer!“ jammert der Räuber und trägt sie mit der Hexe aus dem Schloss.

„Hör auf zu jammern!“ schimpft sie.

„Ich brauche unbedingt eine Pause,“ meint der Räuber.

„Pause gibt´s zu Hause,“ antwortet die Hexe. „Da gibt´s dann auch eine Jause.“



Kaum haben die beiden das Schloss verlassen, tauchen zwei Gestalten auf. Die eine hat einen langen, weißen Bart, die andere weiße Haare. Weiße Haare? Nein, unser Kasperl hat keine weißen Haare. Er hat viele Spinnweben auf seinem Kopf.

„Phu, Zauberer, wenn wir so weitermachen, dann werden wir heute bestimmt nicht mehr fertig,“ meint der Kasperl. Der Zauberer nickt.

„Da hast du wohl Recht.“

„Hast du denn keinen Aufräumzauberspruch?“ will der Kasperl wissen und zupft sich die Spinnweben von der Mütze. Der alte Laboratorius überlegt.

„Natürlich habe ich so etwas.“ Da macht der Kasperl große Kulleraugen. Er stemmt seine Hände in die Hüften und schaut den Zauberer streng an.

„Warum müssen wir aufräumen, wenn du dafür einen Zauberspruch hast?“ fragt er verärgert.

„Naja,“ sagt der Zauberer und streicht sich verlegen durch den Bart. „Ich weiß leider nicht in welchem Zauberbuch er steht.“ Der Kasperl seufzt.

„Aber,“ lacht der alte Mann. „Ich weiß, wer es wissen könnte.“

„Ach so und wer?“ will der Kasperl wissen.

„Mein neuer Zauberlehrling,“ sagt der Zauberer. - Fips? Genau – aber wo ist denn der? „Warte hier, ich geh ihn schnell holen,“ erklärt der alte Laboratorius und verschwindet hinter einer Türe. Diese Türe führt in die Küche. Es dauert nicht lange, da taucht der alte Mann auch schon wieder auf. Immer wieder schüttelt er seinen Kopf und murmelt etwas vor sich hin, was der Kasperl aber nicht verstehen kann.

„Was ist?“ fragt der verdutzt.

„Der Fips ist nicht da,“ sagt der Zauberer verwundert. „Ich hab ihn in die Küche geschickt, in seine Schlafkiste. Aber die Kiste und der Fips sind nicht da.“ Der Kasperl überlegt.

„Wie schaut denn die Kiste aus“ will er wissen. „Ich helfe dir beim Suchen.“

„Das ist eine große, eckige Kiste mit Sternen oben drauf,“ erklärt der alte Mann. „Wie eine richtige Schatzkiste.“ - Schatzkiste? Oje. Da gibt es doch jemanden, der gerne Schatzkisten klaut.

„Ojemine,“ seufzt der Kasperl.

„Was ist?“ fragt der Zauberer.

„Weißt du wer gerne Schatzkisten klaut?“ Der Zauberer weiß es und nickt.

„Der Räuber Langfinger.“ Oja, der Räuber klaut gerne Schatzkisten. Aber ob er diese Schlafkiste vom Fips alleine geklaut hat? Die ist doch viel zu schwer für den Räuber.

„Und die Hexe,“ sagt der Kasperl. „Die wird ihm dabei geholfen haben.“

„Oje, was mach ich denn jetzt,“ jammert der Zauberer.

„Keine Sorge,“ meint der Kasperl. „Ich werde ins Hexenhaus laufen und die Kiste mit dem Fips zurückholen. Aber du musst in der Zwischenzeit ein wenig alleine aufräumen.“ Das ist kein Problem – wenn der Kasperl doch nur wieder seinen Zauberlehrling zurückbringt.



Im dunklen, tiefen Wald steht ein kleines Häuschen. In diesem Häuschen wohnt die Hexe Rotschopf. Sie ist nicht zu Hause. Aber wo ist sie nur? - Richtig! Sie schleppt mit dem Räuber die geklaute Kiste vom Zauberer durch den Wald.

„Boa, Hexe, ich kann nicht mehr,“ jammert der Räuber.

„Na komm schon, es sind doch nur mehr ein paar Meter,“ meint die Hexe und schnauft. Die Kiste ist wirklich sehr schwer. Endlich, endlich haben es die beiden geschafft. Sie stellen die Kiste vor dem Hexenhaus ab. Erschöpft lässt sich der Räuber drauf fallen. „Hei, jetzt

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 01.09.2024
ISBN: 978-3-7554-8002-0

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Diese Geschichten sind all jenen gewidmet, die sehr gerne meine Vorstellungen besucht haben und sich an den zahlreichen Abenteuern von Kasperlhausen erfreut haben. Mögen die Geschichten noch lange weiter bestehen und sehr viele Kinder erreichen um ihnen Freude zu schenken.

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