Und ich weine Rotz und Wasser, ohne dass es mir peinlich ist, weil ich ihn über alle Maße geliebt habe. Weil ich ihn immer noch über alles liebe. Weil er einfach so perfekt ist, weil ich aus meiner wunderschönen Traumwelt mit ihm an meiner Seite so gewaltsam rausgeschliffen wurde. Tränen strömen mir übers Gesicht, ich glühe, jedes Bakterium in mir scheint zu verbrennen. Mein Magen krampft sich schmerzhaft zusammen, und da ist dieses unerträglich schmerzhafte, skrupellose Ziehen hinter meiner Brust.
Und alles, was ich je zu ihm gesagt habe, wirklich alles, jedes einzelne Wort höre ich noch einmal in meinem Kopf. In Sekundenschnelle höre ich meine Worte, ich erinnere mich auch an seine Reaktionen.
„WARUM?!“ ist meine einzige Frage. Warum? Warum? Warum?
WAS HABE ICH FALSCH GEMACHT?!!
Und dieser schreckliche Schmerz. Überall. So schmerzhaft wie Nadeln, die mir überall in die Haut gerammt werden.
Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Warum tut er das? Ich liebe ihn. So sehr, dass auch das schmerzt. Er hat mein Herz gebrochen.
Egal, ich lege die beiden Teile wieder zusammen und verschließe mein Herz. Für immer?
Nein, wahrscheinlich nicht. Da mache ich mir nichts vor.
Niemand kann für immer und ewig mit solchen Schmerzen leben.
Wie stellt er sich das vor? Soll ich morgen freudestrahlend, als wäre nichts gewesen, in die Schule kommen? Ja, ich werde ihn umarmen. Ich werde mit ihm plaudern. Ich werde mein Gesicht vollkommen unter Kontrolle halten, meine gesamten Gefühle werde ich verstecken. Und dann werde ich „Ciao.“ sagen. Oder auch „Bis dann!“. Ich werde mich umdrehen und weggehen. Und schon während ich den ersten Schritt tue, wird der unbeschreibliche Schmerz in meiner Brust deutlich zu sehen sein, und jeder, wirklich jeder, wird merken, dass etwas nicht stimmt. Dann brauchen sie nur noch eins und eins zusammen zu zählen.
Es wäre ja sogar schon auffällig, dass ich ihm nicht wie sonst strahlend um den Hals springe und meine Lippen glücklich auf seine presste.
Laura würde sofort wissen, was Sache ist. Und sie würde es jedem erzählen.
Aber was spielt das jetzt noch für eine Rolle? Viel mehr Schmerz kann ich eh nicht mehr spüren und ich war schon immer eine gute Schauspielerin.
Ich liebe ihn. Mein Schatz. Ich liebe ihn so sehr.
Ich wimmere vor Schmerzen. Es hämmert in meiner Brust, ich zittere am ganzen Körper. Gleichzeitig beginne ich einzufrieren. Die Tränen werden weniger, ich putze mir die Nase und streiche mir die schwitzigen Haare aus dem Gesicht.
WARUM??
Erneut werde ich von einem schrecklichen Schüttelanfall gepackt, die Tränen schießen mir aus den Augen und ich schluchze laut.
„WA-ARUUUM???!“, frage ich mein total zerstörtes Spiegelbild.
Ich sinke auf den Boden, schlinge die Arme um die Brust und winsele. Wie jämmerlich.
„Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich!“, stoße ich hervor. Mühsam rappele ich mich wieder auf und setze mich wieder an meinen Schreibtischstuhl.
Ich muss weiterschreiben. Vielleicht hilft es ja. Vielleicht lässt der Schmerz so nach.
Ich versuche die Sache klar zu sehen.
1. Mein Schatz liebt mich nicht mehr, er hat Schluss gemacht.
2. Ich liebe ihn immer noch.
3. Ich werde mich morgen bestimmt nicht so verhalten können, als ob alles in Ordnung wäre.
„Wir sollten einfach so tun, als hätte es die Party nie gegeben. Ich habe einfach nicht nachgedacht, ich habe überstürzt gehandelt… Es tut mir leid… ich habe dir sehr wehgetan.
Ich habe dich am Anfang einfach so krass geliebt, aber mit der Zeit…“
Ich schluchze laut auf. Das waren seine Worte. So… überlegt. So bestimmt. Dafür schmerzten sie umso mehr.
Die ganze Zeit wollte ich einfach nur „Ich liebe dich!“ schreien oder auflegen, aber ich konnte nichts tun, außer still vor mich hin zu weinen. Ich wollte, nein, ich konnte ihn nicht auflegen lassen. Ich fragte die ganze Zeit von neuem, „Wieso?“ und „Warum?“ und er erklärte es mir bereitwillig immer und immer wieder von Neuem. Jedes Wort, dass er sagte, war wie ein Messerstich.
ICH LIEBE DICH.
Und ich hatte nicht die geringste Ahnung. In beiden Pausen habe ich dich gesucht, ich wollte bei dir sein. Dich sehen. Deine Stimme hören. Ich wollte dich.
Aber du warst nicht da.
„Ohhh, Julia, ich will jetzt hier bei diesem wunderschönem Wetter mit dem Kopf auf seinem Bauch liegen und mit ihm reden.“
Julia hatte mich nur wieder belustigt angeschaut, so nach dem Motto: „Die Glückliche. Sie hat wohl ihren Traumprinzen gefunden. Sie spricht ja immer nur von ihm. Kennt sie eigentlich auch ein anderes Thema?“ Nicht, dass ich eine Klette war oder so- bestimmt nicht.
Ich habe den ganzen Tag von ihm geträumt. Habe mich sooo sehr auf unser Telefonat gefreut, ich wollte ihn einfach nur anrufen. Ihm sagen, wie sehr ich ihn liebe. Versuchen, das in Worte zu fassen. Sogar Germany’s Next Topmodel, für das ich normalerweise alles stehen und liegen gelassen hätte, war mir egal. Nur er war mir wichtig auf dieser Welt. Er war meine Welt.
Er ist immer noch meine Welt.
Soviel hatten wir zusammen gelacht, dieser Blick von ihm, wenn er zu mir runter schaute.
Dieser unbeschreibliche Blick. „Wow.“ Konnte ich bei diesem Blick nur denken.
Er war die ganze Zeit verunsichert, die ganze Zeit. Das hatte er gesagt. Warum habe ich das nie gemerkt?, frage ich mich jetzt.
Wenn ich nicht angerufen hätte, vielleicht wäre er dann nicht entschlossen genug gewesen, um mit mir Schluss zu machen.
Aber ich in meiner Ungeduld musste ihn ja anrufen. Ich dummes, dummes Mädchen.
Mir war sofort aufgefallen, dass etwas nicht stimmt. Ich hatte gebohrt – wie unendlich dumm von mir – bis er endlich gesagt hatte:
„Ja, es gibt ein Problem. Ich glaube, du weißt, was los ist. Aber du traust dich nicht, es zu denken.“ Das hatte mir Angst gemacht. Ich wusste sofort, was los war. Aber ich konnte es nicht richtig glauben.
Und dann habe ich auch noch solange gefragt, warum er mich verlassen will, dass er schließlich tief eingeatmet hat und gesagt hat:
„Ich lieb dich nicht mehr.“ Das hatte mir den Rest gegeben. Von dem Moment an hatte ich endgültig die Fassung verloren. Ich konnte nicht mehr sprechen ohne zu stottern oder zu schluchzen. Das war ihm und mir ganz schön unangenehm.
Ich habe es ihm so schwer gemacht. Ich habe irgendetwas falsch gemacht. Ich bin schuld, ich bin immer schuld.
Heute, nach der ersten Stunde, ist er mir auf der Treppe entgegen gekommen mit seinen Freunden. „Hey“ habe ich gesagt und ihn flüchtig auf den Mund geküsst. Ich war so aufgeregt.
„Wir schreiben jetzt Relli-Ex.“ Habe ich gemurmelt, vertieft ins „im Kopf noch mal den Hefteintrag durchgehen“. War das der Auslöser? Mein Fehler? Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt?
Ich weiß, dass ich ihn nicht wert bin. Aber ich werde nicht aufgeben, zu hoffen. Ich werde ihn still weiterlieben.
Ich muss sehr gut aufpassen, dass ich morgen nicht vergesse, dass er mich nicht mehr liebt. Und ich DARF EINFACH NICHT bei seinem Anblick in Tränen ausbrechen. Ich darf es ihm nicht noch schwerer machen, als es für ihn sowieso schon ist. Ich will ihm nie wehtun. Niemals.
Wenn ich doch nur gewusst hätte, dass der viel zu kurze, viel zu gefühlslose Kuss vor Relli unser letzter Kuss für immer gewesen ist.
Wenn ich nur gewusst hätte, dass es das letzte Mal war, dass ich ihn als meinen Freund betrachten konnte.
Dieser unerträgliche Schmerz. Lässt er je nach?
Er wird mich nie mehr lieben. Aber ich verschließe mein Herz und gebe nicht auf.
Er war und ist mein Leben, aber ich war nur ein Kapitel in seinem…
Tag der Veröffentlichung: 19.04.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An ihn.