Weißt du eigentlich, wie sich das anfühlt? Wie es sich anfühlt, der Blick, den du uns verstohlen zuwirfst, dieser leidende, neidische Blick? Weißt du, wie weh es tut, dass nicht einmal du uns unser Liebesglück gönnst? Unser Glück, das sowieso schon getrübt wird, durch all die skeptischen, neidischen, geringschätzigen Blicke?!
Ich habe es von Anfang an geahnt. Von dem Moment an, als du mich nach der Party gefragt hattest, ob er und ich nun zusammen sind, habe ich es gespürt. Aber ich habe geschwiegen.
Ich blieb still, ich zwang mich, meine Vermutung zu verdrängen.
Ich fand es selber lächerlich, was ich dachte. Ich habe dir wohl zu sehr vertraut. Wie blind ich doch war…
Ich habe mich einhüllen lassen, von dem Klang deiner Worte. „Oh, ich freu mich ja so für dich!“ und „Du und Er, ihr passt perfekt zusammen.“ Naiv wie ich bin, habe ich den neidischen, verbitterten Nachklang überhört. Wie so oft war ich viel zu vertrauensselig. Ich habe dir doch tatsächlich geglaubt. Jetzt hat mich die Erkenntnis überrumpelt, als hätte mir jemand eiskaltes Wasser über mein Gesicht geschüttet.
Ich habe nichts gesagt, zu niemandem, weil ich dachte, sie würden mich als übertreibend und übervorsichtig darstellen. Ich konnte mich nicht einmal ihm anvertrauen, weil ich Angst hatte, er würde mich für paranoid halten. Ich hatte Angst, er würde merken, dass ich nicht gut genug für ihn bin…
Irgendwann habe ich selbst geglaubt, ich hätte mir alles nur eingeredet. Aber ich hätte es wissen müssen. „Er ist schon echt hübsch, da kann man dich beneiden“, hast du scheinheilig gesagt, doch in dir drin hat es
gebrodelt. Ich habe mich dir leichtgläubig in vielerlei Hinsicht anvertraut, habe dir erzählt, dass Julia neidisch war und mich frustriert mit Hassattacken überhäuft hat. Immer wenn du am Telefon gefragt hattest, ob Er und ich schon telefoniert hatten an dem Tag, habe ich dir ausführlich Protokoll darüber gegeben, über was wir gesprochen haben, so dumm war ich. Als du mir am Telefon aus deinem Tagebuch vorgelesen hast und in jedem zweiten Satz sein Name vorkam, keimte erneut Erkenntnis in mir auf, doch ich schluckte dieses Gefühl hinunter. Entschlossen kämpfte ich gegen das Unwohlsein in mir an. Immer sprachst du von ihm, deine gesamten Gedanken schienen sich immer nur um ihn zu kreisen, genau so wie meine. Aber ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Ich konnte es nicht fassen.
Aber ich wusste es. Von Anfang an. Tief in mir drin.
Und jetzt fühle ich mich verraten. Verraten und ausgenutzt. Als hättest du nur alles aus mir rausgequetscht, was ich über ihn weiß, damit du eben auch Bescheid wusstest.
Und heute haben Er und ich wieder telefoniert, ich habe dir ausnahmsweise nicht davon erzählt. Ich konnte mich ihm immer noch nicht anvertrauen, es ging einfach nicht. Er hatte mich gewarnt, ich sollte dir nicht vertrauen. Aber ich habe es getan.
Und als ich „Ich liebe dich“ sagen wollte, wie immer, legte er auf.
Tag der Veröffentlichung: 22.03.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Diesen Text widme ich einem ganz bestimmten Mädchen, dem ich leider viel zu sehr vertraut habe.