Inhalt

Cover

Impressum

Stephen Urbanski

 

YO: PISTOLE

 

Elektrobuch

 

Redaktion: Louis C. Jacob

 

Coverdesign: Tom Möller

 

Support: Jason B. Saiks

 

Best Boy: Stephen Less

 

© Urbi et Urbanski Hamburg 2018 / 2019

 

Elektrobücher /

 

TODE$$CHLAGER – Die Charts der Neuen Armut:

 

TAUBENHHEIM – Erstes Buch Armut

HHAU – Zweites Buch Armut

HHÄRTZCHEN IN DER GRUBE – Drittes Buch Armut

ABSCHAUMDÖRFER – Viertes Buch Armut

DER GESTANK DER GROSSEN WIESE – Letztes Buch Armut

 

ZWEIEINHALB FIBELN ANMUT – Hamburger Realgrotesken:

 

GRUHHL (Private Poverty)

HHOOLAHOP (Momentum)

HHUG (Van Hool)

 

HASPDEHHXXX – Ein Facialbook in Echtzeit

 

NUUL – Poetry

 

MAN HUMAN HERE – Ein elftes Hamburger Elektrobuch

 

PRO MONO - Ein zwölftes Hamburger Elektrobuch

 

KNSTNGGR – Neue Dramen Hamburg-Nord

 

OINOWSKI – Elektrobuch

 

BAAL III – Elektrobuch

 

FUSSBALL UND TOD – Elektrobuch

 

ELISABETH WELTKRIEG – Elektrobuch

 

HERINGSKUSS – Elektrobuch

 

STEPHEN URBANSKI UNBUCH

 

INSTANT TAMA – Elektrobuch

 

ALPHA URBANSKI – Elektrobuch

 

KITSCHFOTZE – Elektrobuch

 

STAAT UP – Elektrobuch

 

ROCK END ROLL – Elektrobuch

 

facebook.com/stephen.urbanski.75

hamburgwortauthority.tumblr.com

urbi-et-urbanski.tumblr.com

instagram/urbieturbanski

@urbieturbanski

The Urb

Stephen Urbanski sagt: Zu Weihnachten wünsche ich mir ein Handy, mit dem ich stadtauswärts kostenlos fotografieren kann.

YO: PISTOLE

Kapitel 1: Richard Widmark

 

Kapitel 2: Richard Gere

 

Kapitel 3: Richard Wright

 

Kapitel 4: Richard Lugner

 

Epilog: Richard Grayson versus Richard Donner

Kapitel 1: Richard Widmark

Gans und Gloria (1)

 

Gans und Gloria (2)

 

Gans und Gloria (3)

 

Ritter Sport (1)

 

Ritter Sport (2)

 

Ritter Sport (3)

 

Braun Rasierdienst (1)

 

Braun Rasierdienst (2)

 

Braun Rasierdienst (3)

 

Richtplatzarchäologen (1)

 

Richtplatzarchäologen (2)

 

Richtplatzarchäologen (3)

 

Richardstraße (1)

 

Richardstraße (2)

 

Richardstraße (3)

 

Bitte nichts vergessen (1)

 

Bitte nichts vergessen (2)

 

Bitte nichts vergessen (3)

 

Die euphorische Saison (1)

 

Die euphorische Saison (1)

 

Die euphorische Saison (1)

 

Widukind, so ich dir (1)

 

Widukind, so ich dir (2)

 

Widukind, so ich dir (3)

Gans und Gloria (1)

Da sei ja noch so viel übrig gewesen, meinte die Masseurin, ein ganzes Stück von der Brust, und dass sie drum gebeten hätte, die Reste einzupacken, woraufhin die Kellnerin sich geweigert hätte, rüde, unwirsch gesagt hätte, nein, so was machen wir hier nicht. Und das bei dem Preis, meinte die Masseurin, einhundertacht Euro immerhin, zweihundert Mark, meinte die Masseurin und langte zu. Zweihundertsechzehn Mark, wenn, dann, dachte ich und stöhnte laut auf. Jo, die Sehnen, meinte die Masseurin und packte umso fester zu. YO: PISTOLE wird meine Jahresendfibel, dachte ich, gesetzt den Fall, ich überlebe diese Behandlung, dies hier, sie und ihren, nun ja, wahrlich zu allem entschlossenen Zugriff. Zweihundertsechzehn Mark, wenn, dann, dachte ich, und dass bei Geld und der Spaß und aufhören; Geldsummen, die müssen stimmen, dachte ich, da dulde ich keinerlei Falschaussagen, da möge man sich gefälligst konzentrieren in meiner Gegenwart. Und dass noch einige Floskeln übrig geblieben sind, Überhänge aus STAAT UP und ROCK END ROLL; hohle Phrasen, gewundene Geflügelworte wie „Ich habe noch nie das Kind beim Namen genannt; mir ins eigene Fleisch geschnitten; aus einer Mücke einen Elefanten gemacht“. Und das Fett, es tropft, dachte ich, die Servietten, die Augenlippen feucht, die Tafelrunde, die Festbeleuchtung, die Segenswünsche, und ja, hoch soll sie leben, Gans und gar und dreimal hoch.

Gans und Gloria (2)

Ich habe noch nie die Hand vor Augen gesehen, den Wald vor lauter Bäumen nicht, aus meinem Herzen eine Mördergrube gemacht, verdammt, die Dinger, sie verfolgen mich, jetzt schon über einige Monate, bis in dieses Buch hinein, denke ich, und, Sekunde, die Masseurin will was. „Ja?“ „Nicht im Stehen“, meint sie, „immer schön im Sitzen die Hosen anziehen.“ Leck mich, denke ich und steige in die 501. „Das habe ich gehört“, dringt es durch den Vorhang. Und wenn schon, denke ich. „Und ab morgen“, meint sie, „Schmerztablette und dann schön in den Stadtpark, auf der grünen Wiese und immer auf und ab, nicht auf Beton, hören Sie?“ Bin ja nicht taub, denke ich. „Hören Sie, ich tue ja schon alles, was Sie sagen, aber im Moment ist mir wirklich nicht nach Hundekot“, sage ich und verlasse die Kabine. „Nehmen Sie sich ein paar Äpfel mit, sind aus eigenem Garten, gewaschen, keine Sorge“, meint sie und deutet auf einen Korb neben ihrem Schreibtisch. „Passen die zur Zigarette danach?“, frage ich und ducke mich weg, denn da fliegt was durch die Luft, etwas, das sich gewaschen hat, und wir lachen.

Gans und Gloria (3)

Der November ist ein in Eisen ergrauter Zeitsoldat, denke ich. Der Dezember ist die Überdosis kindlich entzückter Illusionen, der Januar ist der pure Selbstmord hingegen, denke ich. „Was mit Menschen wie Ihnen passiert, ist eine ausgemachte Sauerei“, meint die Masseurin. „Wussten Sie, dass die Bauern aus der Umgebung von Neuengamme immer sonntags zum Krematorium des KZ fuhren, um dort die Asche der Verbrannten abzuholen?“, frage ich. „Man braucht doch ein Dach über dem Kopf, erst recht im Alter“, meint die Masseurin. „Immer wieder sonntags“, grinse ich und summe ihn, den alten Schlager von Cindy und Bert. „Wird Zeit, dass dieses ominöse Bürgergeld endlich eingeführt wird“, meint die Masseurin. „Wir haben ja alle nichts gewusst“, grinse ich. „Dieses bedingungslose Grundeinkommen, nennen Sie es, wie Sie wollen“, meint die Masseurin. „Menschendünger“, grinse ich, „verleiht der Apfelblüte eine besondere Note.“ „Man muss den Leuten die Angst nehmen“, meint die Masseurin. „Den Kartoffeln und dem Rosenkohl“, grinse ich. „Geld spielt ja nun wirklich keine Rolle“, meint die Masseurin. „Was wir hier brauchen, ist ein anderes Klima, ein völlig neues Lebensgefühl“, meint die Masseurin. „An Stelle der Alliierten hätte ich sie nach dem Kriege allesamt umgebracht, sämtliche Deutsche weltweit, sämtliche Helfershelfer, Handlanger und Zuträger gekillt, sämtliche Claqueure, sämtliche Profiteure, das Territorium als solches ausgehoben, die Leichen hinein ins Loch, in die Grube namens Deutsches Reich, dann nochmals draufgehalten mit allen verfügbaren Waffensystemen, bis auch die letzte germanische Mikrobe vernichtet ist, zugeschüttet und versiegelt, betoniert meinethalben, den europäischen Nachbarn als gemeinnützigen Parkplatz zum Geschenk gemacht. Oder als Sonderaktionsfläche gegen Erhebung einer geringen Gebühr, als kleine Aufwandsentschädigung gewissermaßen“, keife ich. „Schauen Sie, der kleine Weihnachtskaktus hier, neulich ließ er noch die Köpfe hängen, jetzt blüht er“, seufzt sie hingerissen und –

Ritter Sport (1)

Ich war noch nie vom Stamme Nimm, denke ich und verfluche sie, all diese alten Sprichwörter, die es scheinbar auf mich abgesehen haben seit STAAT UP, seit ROCK END ROLL. „Dieser alte Ischias“, fluche ich, „ich brauche für alles doppelt so lange wie sonst.“ „Wieso, du hast doch Zeit“, meint mein Nachbar, grinst verständnislos und verabschiedet sich. „Den kriegst du noch mal wieder, Johnny!“, rufe ich ihm verärgert hinterher. Und ja, Zeit habe ich tatsächlich jede Menge, Lebenszeit vielleicht nicht mehr, aber Tageszeit, Tagesfreizeit, seit ich krankheitsbedingt zwangsberentet wurde vor Jahren und in die Klauen des Sozialamtes geriet, denn die Rente, sie reicht nicht, natürlich nicht, möchte man hinzufügen, und ich bin somit auf die sogenannte Grundsicherung angewiesen. Das Amt wiederum, es möchte mich aus der Wohnung haben, die zwar kostenmäßig noch im unteren Drittel des aktuellen Hamburger Mietenspiegels liegt, die gesetzlich tolerierte Größe jedoch um einige Quadratmeter übersteigt. Derzeit ruht das Verfahren, bis es dann im Frühsommer kommenden Jahres wieder aufgenommen wird. Dies nur zur Kenntnis, liebe Leserschaft, die du dich vielleicht gewundert hast, erstaunt warst über jene Äußerung meiner Physiotherapeutin, von wegen „ausgemachte Sauerei“. Von wegen Bürgergeld, von wegen bedingungsloses Grundeinkommen. Aber genug dieser unerfreulichen Themen; du und ich, liebe Leserschaft, wir wollen eine gute Zeit verleben mit YO: PISTOLE, meinem Dezemberkrimi, meinem Weihnachtsmärkte-Holocaust 2018. Denn süßer. Die Kassen. Sie klingeln. Knecht.

Ritter Sport (2)

Zehn Atomkriege, die mein Leben verändert haben.

 

Ein Loch namens Deutsches Reich, ausgehoben, Leichen hinein, dann zugeschüttet und versiegelt; doch Sekunde, womit zugeschüttet? Mit dem Schutt sämtlicher Bauten auf dem Staatsgebiet des Deutsches Reiches ehemals? Inklusive unserer Köhlbrandbrücke? Pulverisiert? Eine Brücke, die es damals noch nicht gab? Die seinerzeit noch gar nicht existierte?

 

Zehn Hinrichtungen, die mein Leben verändert haben.

 

Alle Denunzianten hängen. Sämtliche Denunzianten aufknüpfen.

 

Gewissen ist eine jüdische Erfindung, meinte ein gewisser Adolf Hitler, Ex-Meldegänger während des Ersten Weltkrieges. Ex-Raser; ein sogenannter Ex-Raser war unlängst zu Gast in einer Fernseh-Talkshow. Hitler war ein Rasender.

 

Henker, Henker, warte noch ein wenig. Gesang?

 

Gesang: Weihnachtsmärkte-Holocaust 2018. Menschendünger.

 

Zehn Auspeitschungen, die mein Leben verändert haben. Welch ein interessanter Gedanke, faszinierend geradezu. Sekunde, wären anno dazumal sämtliche Düngemittel deutschen Blutes vernichtet worden, hätte es mich wohl gar nicht erst gegeben. Welch ein furchtbarer Gedanke. Stephen Urbanski wurde 1956 in Hamburg geboren. Die Köhlbrandbrücke wurde 1974 in Betrieb genommen.

 

Beide waren achtzehn damals, volljährig mithin.

 

Schön und gut und deutsch, doch wo sind die Zusammenhänge?

 

Und was weiß Stephen Less darüber?

 

Sekunde, da, einer dieser Äpfel aus dem Garten meiner Physiotherapeutin, gelb und rot und herbstlich süß. Er liegt auf dem Küchentisch, mutterseelenallein. Malerisch, das reinste Stillleben. Äpfel sind geduldig. Doch sind sie auch elektrisch?

Ritter Sport (3)

„Wer ist denn dieser Louis C. Jacob da, sag mal, guten Morgen?“ „Guten Morgen, Stephen Less.“ „Und?“ „Besser.“ „Nein, dieser Louis C. Jacob da, wer ist das?“ „Dieser Louis C. Jacob da ist der für dieses Büchlein zuständige Redakteur.“ „Sekunde, ist das nicht ein Hotel dort unten an der Elbchaussee?“ „Ein Fünf-Sterne-Hotel, korrekt.“ „Mit Ausblick?“ „Auf die Elbe, korrekt.“ „Sekunde, ein Fünf-Sterne-Hotel korrekt mit Ausblick auf die Elke korrekt als Redakteur dieses Elektrobüchleins?“ „Elke?“ „Korrekt.“ „Nun, warum nicht?“ „Stimmt eigentlich, wer oder was sonst könnte besser passen?“ „Gute Gäste.“ „Richtig, die Herren tragen längeres, nach hinten gegeltes Haar zum Oldtimer.“ „Die Damen tragen ein mokantes Lächeln zur Schau.“ „Die Damen sind gemacht.“ „Korrekt.“ „Schön, dass Sie hier sind, sagt Louis C. Jacob.“ „Louis C. Jacob wünscht Ihnen zauberhafte Weihnachten, sagt Louis C. Jacob.“ „Ernsthaft zu Penny, sagt Louis C. Jacob.“ „Eine ausgezeichnete Wahl, mein lieber Stephen Urbanski und einziger Freund.“ „Passt doch perfekt zum Titel, oder?“ „Unbedingt.“ „Erklärte sich auch sofort bereit, der gute Louis C. Jacob.“ „Mit Ausblick auf die Elke?“ „Nicht wirklich.“ „Worauf schaut man, wenn man bei dir aus dem Fenster guckt?“ „Auf abgetretene Rückspiegel und platte Reifen.“ „Wieder einer dieser Eckensteher?“ „Aus Ratzeburg, korrekt.“ „Lass mich raten, der neue Golf Gaskammer?“ „Korrekt.“ „Ratzeburg muss vernichtet werden.“ „Und das ratzfatz, korrekt.“ „Dieser Louis C. Jacob wird sich wohlfühlen bei dir.“ „Ist nicht ganz so wie bei ihm zuhause, aber dennoch schön, richtig.“ „Schön urban.“ „Wenige Oldtimer allerdings.“ „Nun, das ist sehr schade.“ „Die Menschen, sie lächeln hier auch eher selten.“ „Nun, das ist bedauerlich.“ „Mit dem Ausblick ist das auch so eine Sache.“ „Dennoch, schön, dass er da ist, der Ausblick, sagt Louis C. Jacob.“ „Louis C. Jacob wünscht ihm zauberhafte Weihnachten, sagt Louis C. Jacob.“ „Ernsthaft zu Penny, sagt Louis C. Jacob.“ „Henker, Henker, warte noch ein wenig, singt Louis C. Jacob.“ „Sekunde, Gesang?“ „Gesang: Weihnachtsmärkte-Holocaust 2018.“ „Menschendünger.“ „Jetzt machst du mich glücklich, Stephen Less.“ „Immer wieder gern, Urbanski.“ „Nun, wir werden sehen.“

Braun Rasierdienst (1)

Zehn Enthauptungen, die mein Leben verändert haben.

 

Wenn ich sage, alle Deutschen weltweit aufspüren und ihrer Vernichtung zuführen, dann meine ich alle Deutschen weltweit aufspüren und ihrer Vernichtung zuführen. Wodurch sich ein logistisches Problem ergibt, was die zeitliche Abfolge jener Maßnahmen betrifft, die es zu ergreifen gilt. Effektivität.

 

Zehn Enterdungen, die mein Leben verändert haben.

 

Effizienz: Natürlich müssen zunächst sämtliche Objekte an der Oberfläche ins Loch, das heißt, dieses muss tief genug sein, um Höhenzüge, Flüsse, Täler, Hoheitsgewässer aufzunehmen, um nur einige signifikante Beispiele zu erwähnen. Von den Bauwerken ganz zu schweigen; gemeint ist die Hamburger Köhlbrandbrücke, beispielsweise. Erst dann ist die Biologie an der Reihe, die deutsche, die Hauptsache, die Ursache, das eigentliche Problem.

 

Zehn Krebsgeschwüre, die zur Veränderung aufrufen.

 

Wenn ich sage, alles deutsche Leben weltweit aufspüren und seiner Vernichtung zuführen, dann meine ich alles deutsche Leben weltweit aufspüren und seiner Vernichtung zuführen. Inklusive Ratten. Inklusive Kohlmeisen. Inklusive Äpfel; sämtliche Fauna und Flora halt. Alles, was lebt. Eliminieren.

 

Im Anschluss daran können wir uns in Ruhe der restlichen Infrastruktur zuwenden, also jener, die für Transport und angegliederte Strukturen zuständig ist. Wie Schienenwege, Viehwaggons, Bahnhöfe, Köhlbrandbrücke. Hinein damit in die Grube namens Deutsches Reich. Und dann zuschütten, die Erdmassen zur Sicherheit nochmals erschießen, falls mal was ist. Falls sich da doch noch einmal etwas anschicken sollte, erdreisten sollte, zu wachsen, wachsen zu wollen. Da muss man Sorgfalt walten lassen; Adlerauge, sei wachsam, sage ich nur. Der Reichsadler. Der Reichsapfel. Der Stammbaum, die Stammbäume. Zehn Fällungen, die mein Leben verändern werden.

Braun Rasierdienst (2)

Nein, er ist nicht der berühmte Dichter, denn sein Nachname schreibt sich ohne das kleine n am Ende. Und doch wird er immer wieder auf seinen prominenten Fast-Namensvetter angesprochen, den Beinahe-Namensvetter, sogar seine eigene Mutter fragte ihn erst neulich wieder, ob er nicht vielleicht doch jener Hermann Hesse sei. Nein, ich bin nicht der berühmte Dichter, denn mein Nachname schreibt sich ohne das kleine n am Ende, erwiderte Hermann Hessen und wunderte sich sehr über die Unkenntnis seiner Mutter, die müsste es doch eigentlich wissen, besser wissen, dachte Hermann Hessen und schnitt sich die Pulsadern auf. Eine hübsche kleine Anekdote, wie ich finde, eine, die Anlass zur Hoffnung gibt, dass sich doch noch alles zum Guten wendet, auch und erst recht in diesem sinistren Dezemberkrimi.

Braun Rasierdienst (3)

Kunst, die niemanden erreicht, die auf so gut wie keinerlei Resonanz stößt, ist keine, sagt Herr Kern, ist wie Staub in der Schublade, ist wie Geröll auf dem Grunde eines gestrengen Herzens, sinnlos, nutzlos, störend, sagt Herr Kern. Man müsse sich öffnen, heraustreten aus dem Schatten seines Gemütsgefängnisses, den einen, den entscheidenden Schritt wagen, heraus aus der beklemmenden Enge seines Seelenkittchens, sagt Herr Kern. Man sollte sich eine Zukunft gönnen, einen großen Schluck aus der Pulle namens Zuversicht und dann beherzt zur Brust, sagt Herr Kern. Sonst läuft man in Gefahr, sich ständig zu wiederholen, sonst sitzt man in einem Jahr am x-ten Wörterbuch über das, was ist und leider nicht hat sein sollen, sagt Herr Kern, Wohlstand hin, Verlierer her. In Abrede stellen, dies und sich und alles in Frage stellen könnte helfen, sagt Herr Kern. Perspektivwechsel, den sprichwörtlichen Blick über den Tellerrand hinaus vornehmen, das Gegenüber suchen, in den Dialog mit der Kritik treten, Selbstkritik statt Selbstbespiegelung, sagt Herr Kern. Mal aufmachen, die Fenster weit auf und durchlüften, mal stoßlüften, die Wohnungstür entriegeln und hinaus an die feuchte Luft, sagt Herr Kern. Es ist so viel los da draußen, sagt Herr Kern. Es gibt so viel mehr als die immer gleichen Innerlichkeiten, Innereien, Nierentischchen, HH, der war gut, sagt Herr Kern, lacht Herr Kern und dreht sich im Grabe um, wechselt von der rechten auf die linke Seite, jene, die weniger schmerzt. Ja, ja, der Po, sagt Herr Kern, dieses ISG-Syndrom, dies Iliosakralgelenk, das muss weg, dringend, sagt Herr Kern, da kann man sich drehen und wenden, wie man will, sagt Herr Kern, am Ende bleibt kein Auge trocken, sagt Herr Kern, sagt mein Mann, das bisschen Haushalt.

Richtplatzarchäologen (1)

Sie ist nicht nur feindselig, sagt Herr Kern.

 

Sie bricht einem das Herz, sagt Hermann Hessen.

 

Zuweilen schon, zugegeben, sagt Herr Kern.

 

Sie liest sich wie ein Tanz, sagt Hermann Hessen.

 

Tanzstudio Außenwelt, sagt Herr Kern.

 

Hinaus und den bösen Blick ablegen, sagt Hermann Hessen.

 

Ein frisches Rouge auflegen, sagt Herr Kern.

 

Böses Blut vergessen machen, sagt Hermann Hessen.

 

Vergossen in den Gossen, sagt Herr Kern.

 

Sinnlos, nutzlos, störend, sagt Hermann Hessen.

 

Ich kann dich komplettieren, sagt Herr Kern.

 

Ich kann dich konjugieren, sagt Hermann Hessen.

 

Schön, dass du da bist, sagt Herr Kern.

 

Zauberhafte Weihnachten, sagt Hermann Hessen.

 

Zehn Tripper, die mein Leben verändert haben.

 

Zehn Trigger, die zur Veränderung einladen.

 

Ernsthaft zu Penny, sagt mein Mann.

Richtplatzarchäologen (2)

Gebürsteter Stahl, ein Opfer sexueller Gewalt? Dieser Herr Kern, er ist eine Stimme in meinem Kopf, akademisch vorbestraft, ein kluger Toter, ein gelehriger Verstorbener, der ab und an und hin und wieder und hier und dort zur Vorsicht mahnt, wovon noch zu sprechen sein wird im Verlaufe dieses festlichen Pamphlets. Bei Hermann Hessen indes bin ich mir nicht so sicher, in dessen Falle kann es sich um eine Erscheinung handeln, die ab und an und hin und wieder und hier und dort; kurzum, ich weiß nicht viel über ihn, ich weiß nur, dass er nicht mit jenem gefeierten Dichterfürsten verwandt ist, bekannt aus Funk und Fernsehen. Allein, weil sein Familienname, im Gegensatz zu dem des Dichters, mit einem kleinen n endet. Was die Mutter wiederum nicht davon abhält, ab und an und hin und wieder und hier und dort die Frage zu stellen, ob Hermann Hessen vielleicht nicht doch womöglich eventuell mit Chance, was diesen wiederum zur Verzweiflung treibt, denn richtig, Mutter Hessen müsste es doch eigentlich wissen, besser wissen, nicht nur, dass sie denselben Zunamen trägt, nein, sie hat ihn ja schließlich auch zur Welt gebracht, Herrn Hermann Hessen, wann und wozu auch immer, klagt Hermann Hessen und schneidet sich ab und an und hin und wieder und hier und dort ins eigene Fleisch, sprich: die Pulsadern auf. Aber dies alles muss uns hier und heute nicht interessieren, wichtig ist derzeit nur die Frage, ob nun gebürsteter Stahl ein Opfer sexuellen Übergriffs wurde; per se? Und falls ja, wo und wie verlief der Tathergang?

Richtplatzarchäologen (3)

Auflegen ist das neue Arschgeweih, sagt Hermann Hessen. Leg dich nicht immer gleich so auf, sagt Herr Kern. Und ja, wäre ich ein DJ, würde ich mich HMS Terror nennen, dem Namen eines britischen Segelforschungsschiffes aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert entliehen, einer sogenannten Bombarde. Und ja, diese Geschichte mit dem bedingungslosen Grundeinkommen, diese Verlosung da auf der Seite eines Berliner Modellversuches, wo wie viele Personen auch immer im Falle eines Gewinns in den Genuss einer monatlichen Zahlung in Höhe von tausend Geld geraten, steuerfrei selbstredend; ich habe daran teilgenommen und ich werde gewinnen, ich werde zu einem jener glücklichen Gewinner dieses Pilotprojektes zählen, ich fühle es, ich weiß es einfach; und nein, ich werde es nicht angeben, nicht deklarieren beim Sozialamt, denn wenn ich diesem asozialen System eins auswischen kann, dann werde ich nicht zögern, genau dies zu tun, dies Dreckssystem zu bescheißen nämlich, hat es mich doch gleichsam mit Gülle beworfen in all den vergangenen Jahren. Aber Schwamm drüber, bald ist alles gut, die 12.000 werden draufgehen für dringend benötigte Anschaffungen, schließlich steht Weihnachten vor der Tür die Tage bald demnächst kurzfristig, und es gilt, einige Menschen zu beglücken mit der einen oder anderen Kleinigkeit. Die 12.000 werden mich sanieren ein Stück weit, und ich nehme den Zeitraum eines Jahres als Zeichen, mich doch noch einmal neu aufzustellen, mir doch noch einen kräftigen Schluck aus der Pulle namens Nachsicht zu gönnen, mich nicht immer gleich so aufzulegen, wenn etwas nicht nach Plan verläuft, die Nase nicht passt, sondern läuft, und dann braucht es schnell mal Tempos.

Richardstraße (1)

Dort wäre ich jetzt auch sehr gern, bin derzeit jedoch ganz woanders, nämlich in Sicherheit, sagt Herr Kern. Dort wäre ich jetzt auch sehr gern, bin derzeit jedoch ganz woanders, nämlich in Sicherheit, sagt Hermann Hessen. „Dort wäre ich jetzt auch sehr gern, bin derzeit jedoch ganz woanders, nämlich in Sicherheit“, sagt Stephen Less. „Hi, na, wie geht’s, wie steht’s?“, frage ich. „Dort wäre ich jetzt auch sehr gern, bin derzeit jedoch ganz woanders, nämlich in Sicherheit“, sagt Stephen Less. „Dort wäre ich jetzt auch sehr gern, bin derzeit jedoch ganz woanders, nämlich in Sicherheit“, sage ich. „Leichen sprengen“, sagt Stephen Less. „Mit Phenol abspritzen“, sage ich. „Immer erst die Säuglinge per Kopfschuss“, sagt Stephen Less. „Und dann den Rest per Genickschuss“, sage ich. „Und es ist immer kalt“, sagt Stephen Less. „Und es sind immer Birken“, sage ich. „Sümpfe“, sagt Stephen Less. „Wachtürme, Posten, Scheinwerfer“, sage ich. „Hunde“, sagt Stephen Less. „Auf Mann dressiert“, sage ich. „Grau auf Kante“, sagt Stephen Less. „Auf Vordermann bringen“, sage ich. „Sportsfreund“, sagt Stephen Less. Dort wäre ich jetzt auch sehr gern, bin derzeit jedoch ganz woanders, nämlich in Sicherheit, sagt Herr Kern. Dort wäre ich jetzt auch sehr gern, bin derzeit jedoch ganz woanders, nämlich in Sicherheit, sagt Hermann Hessen. „Dort wäre ich jetzt auch sehr gern, bin derzeit jedoch ganz woanders, nämlich in Sicherheit“, sage ich. „Dort wäre ich jetzt auch sehr gern, bin derzeit jedoch ganz woanders, nämlich in Sicherheit“, sagt Stephen Less. Neue Sendereihe kreiert: „PDF-History“, sagt Herr Kern. Schönes Format, sagt Hermann Hessen. „Bereits vorhanden, möchten Sie es ersetzen?“, frage ich. „Und es sind immer Birken“, sage ich, „Effektenkammer.“

Richardstraße (2)

Nationalsozialistisches Vernichtungslager, denke ich, und immer ist es Stacheldraht, elektrisch geladen wie ein Apfel. Und ich höre sie, die Stimmen, die da mahnen, die da sagen, lass ab davon, weg von diesen Bildern, die du lediglich benutzt, um dein eigenes erbärmliches Dasein kleinzureden. Niedersächsisches Vernichtungslager, denke ich, und immer ist es Stacheldraht, elektrisch geladen wie ein Pferd. Und ich höre sie, die Stimmen, die da mahnen, die da sagen, lass ab davon, weg von diesen Bildern, die du lediglich benutzt, um dein eigenes Versagen im Leben zu kaschieren. Und sie meiden mich endlich, sie, diese alten Sprichwörter, nichts mehr mit „Ich war noch nie; hatte noch nie, wurde noch nie“, durch damit bin ich, durch mit ihnen, durch mit mir an diesem düsteren Tage, Schwarz auf Schwarz wie im Tiefdruckverfahren. Und Sekunde, der ist gut: Neulich drückte mir mein Nachbar einen Zettel in die Hand mit der Mobilfunknummer einer Dame aus Spanien, mit der er die Wohnung getauscht hat über die Tage; sie quartiert sich bei ihm ein, er logiert auf ihrer Finca, Mallorca, wo auch sonst? Deutsch halt, deutsch, deutsch, deutsch. Und Sekunde, sagte ich, bitte mal zwei, drei Ziffern zu streichen, dann wird es nämlich nicht so teuer für den Fall, dass ich sie tatsächlich einmal kontaktieren muss; HH, der war gut, oder? Falls mal was ist, falls man mal Gesprächsbedarf hat, und ja, ja, Herr Kern, und ja, ja, Hermann Hessen; niederländisches Vernichtungslager, und ich höre ja schon auf, versprochen, Fibel, Elektrobuchzaun.

 

Ich habe noch nie dem Affen Zucker gegeben, denke ich und –

Richardstraße (3)

„Leopold ist zurück, der Vorname.“ „Stephen Less, guten Morgen, schön, dass du da bist.“ „Du meine Güte, was habe ich mir nicht alles anhören müssen an retro-monarchistischen Vornamen in den vergangenen Jahren.“ „Nun wird es auch langsam Zeit, dass sie wiederkommt, drei Monate sind dann doch sehr viel.“ „Tristan zählte mit zu den Höhepunkten in einer schier endlosen Reihe antiquierter Kaspernamen.“ „Ich rechne am kommenden Wochenende mit ihr, sie hat da so was angedeutet neulich.“ „Das neue Bürgertum, es rüstet auf, wo es kann.“ „Diese Woche noch mal an den Strand, meinte sie.“ „Aufstieg um jeden Preis.“ „Noch ein letztes Mal durchglühen lassen, bevor es zurück geht in die Kältekammer, meinte sie.“ „Distinktion, die neue Provokation.“ „Den genauen Zeitpunkt ihrer Landung wollte sie mir partout nicht verraten.“ „Ich sehe ihn schon vor mir, den kleinen Leopold.“ „Den Tag nicht, den Abend nicht.“ „In seinem Lieblingsanzug.“ „Sie meinte, ich hätte einen Kalender-Hau.“ „In einer gediegenen Altbauwohnung, aufwändig angemietet.“ „Dann guckst du jeden Tag drauf und zählst die Stunden, meinte sie.“ „Wie er den Tisch deckt, die Weingläser wählt.“ „Ich kann daran nichts Verwerfliches entdecken, ich meine, das ist doch völlig normal, dass man es kaum erwarten kann, seinen kleinen Liebling nach solch einer langen Zeit endlich wieder in die Arme zu schließen.“ „Er kennt nämlich schon den Unterschied zwischen Rot- und Weißweingläsern.“ „Ich kann daran nichts Gestörtes entdecken.“ „Mit seinen klugscheißernden fünf Jahren, der kleine Leopold.“ „Sie sagt immer so tolle Sachen, dennoch.“ „In seinem bekackten Lieblingsanzug, der kleine Pisser.“ „Allein Kalender-Hau, süß, oder?“ „Womöglich siezt er seine Eltern sogar, was ich ja schon wieder gut fände.“ „Kalender-Hau, ich schmeiß mich gleich weg.“ „Gottverdammter Niederadel, innerlich sind das doch alles Schweinetypen.“ „Man muss sie doch einfach lieben, oder?“ „Stephen Urbanski?“ „Stephen Less?“

Bitte nichts vergessen (1)

Fassadensanierung, wenn ich das schon höre. Sekunde, Konstante: Heute der nächste Termin beim Zahnarzt, Vorbereitung Krone, wäre dann die dritte in diesem Jahr, so ich mich nicht verzählt habe. Wie gesagt, 2018 begann mit den Zähnen und scheint auch so enden zu wollen. Wenn es denn nur dabei bliebe, denke ich.

 

Bauwerkserhaltung, wenn ich das schon höre. Sekunde, Konstanten: Morgen und übermorgen zwei weitere Physiotermine, die werden sich noch hinziehen bis kurz vor Weihnachten, gut, soll mir recht sein, ich möchte das Fest der Liebe schmerzfrei begehen. Im Kreise meiner Lieben. Gans und Gloria. Leopold, mein Liebchen. Gerenne 2018, von Arzt zu Arzt, von der Spritze zum Skalpell, vom Rezept zur Rezeption, Tresenschlampen, Laserliebe, Laserdrucker, Weißkittel, Blauhelme, UNO, dos, tres: Firma Nordrohr, wenn ich das schon höre. Sekunde, die Schöpfungsgeschichte: YO: PISTOLE wird mein fünftes Büchlein dieses Jahr; drei sind es normalerweise. Im Schnitt. Im Schritt. ALPHA URBANSKI, KITSCHFOTZE, STAAT UP, ROCK END ROLL und eben dieses hier. Nicht schlecht, Herr Specht. Im Ernst, 2018, was willst du eigentlich noch? Was soll ich eigentlich noch tun, um dich endlich zufriedenzustellen? Lauf aus mit mir in seliger Ruh, dann kann es 2019 gern weitergehen. Mit der Topografie des Terrors, der Vermessung des Schreckens, mit Ärzten, Operationen, grauen Umschläge vom Amt, mit Anwälten, Rechtswegen, die es zu beschreiten, die es einzuschlagen gilt.

 

Kleinreparaturen, du meine Güte, wenn ich das schon höre.

Bitte nichts vergessen (2)

Es gibt zwanzig neue Charts, weiße Schrift auf schwarzer Vollfläche, Texttäfelchen, von denen ich täglich eins, zuweilen zwei sogar poste in den sozialen Netzwerken, jedes einzelne liebevoll gestaltet von Tom Möller, meinem Freund und Art Director, der auch die Buchtitel, nun ja, grafisch eben. Tatsächlich haben wir fünfhundert davon realisiert dieses Jahr; mangelnde Produktivität kann ich mir also beim besten Willen nicht vorwerfen. Hier sind die Neuankömmlinge: „Wein achten“, „Hamburger Speck“, „Hamburger Gekochte“, „Merkels Stellvertreter auf Erden“, „Für Euch“, „Menschendünger“, „Onanieren im Gehen, verrückt“, „Es gibt kein richtiges Facebook im falschen“, „Bitte nichts vergessen“, „Eigenlike stinkt“, „Nur Sonne Frage“, „Ritter Sport“, „Inländerfeind“, „Persönliches nicht allzu persönlich nehmen, nur darum kann es jetzt noch gehen“, „Neue Mütter auf Ex“, „Homo Simpson“, „Das Ende der Fahnenstange erreicht zu haben, einfach unbezahlbar“, „Weihnachtsmärkte-Holocaust“, „Draußen joggende Kreativpalmen“, „Pussy Paradise“. Vorhin fiel mein Blick auf ein altes Lebkuchenherz vom Dom, „Starker Typ“ steht drauf in Zuckerguss.

 

Hängt hier so ab an einem Designerregal im Wohnzimmer; nun ja, wie auch immer, Design halt, Gestaltung nach Inhalt, nun ja.

Bitte nichts vergessen (3)

Jedes gute Wort, jede gute Wortschöpfung ist ein Sieg über die Depressionen, jeder gute Gedanke drängt die Schmerzen zurück. Und dann ist da ein Krankenwagen, urplötzlich auf Ohrenhöhe, Blaulicht, Kerzen an, Martinshorn, dissonant, weil Quarten. Und dann ist es das Geplärre der Kinder, an der Hand der Mutter, nach links und nach rechts schauend immer wieder, denn man will über die Straße, die vierspurig vor sich hin brüllt. Und dann sind es jene, die entgegenkommen, eng ist es, schnell sind sie, auf Fahrrädern, auf Skateboards, schlank und wendig sind sie und die Schmerzen im rechten Bein, sie sind unsäglich, unerträglich. Und dann sind es die Busse, die eine oder andere Vespa, nicht totzukriegen trotz der kühlen Witterung. Die LKW, die Panzerkolonnen aus protzenden SSUVs, und dann ist es der eine anämisch Abgelenkte, der unvermittelt aus einem Hauseingang auf den Bürgersteig stürzt, die Augen stur und starr und geradewegs und geradeaus aufs Smartphone gerichtet, und dann sind es die Schaufenster eines Friseurs, vier große Lebkuchenherzen hängen darin jeweils und künden von „Begehren“, „Hoffnung“, „Liebe“ und „Barmherzigkeit“; Zuckerguss, Zuckerkuss, Kuss, Küsse, Kusshände, sie werden auf Beton geschmissen, denn schließlich ist Vorweihnachtszeit. Und dann sind es meinesgleichen Zerbrechliche an Krücken, und dann sind es die Hochbetagten an Gehhilfen, nur damit noch in der Lage, ihr kleines Tagwerk zu verrichten, einen Vorgeschmack dessen vermittelnd, was uns alle erwartet, mich in zehn Jahren vielleicht; in zwanzig Jahren wiederum könnten sie sich bereits erledigt haben die Beschwernisse, die Plagen, die Mühsal, die Mühlsteine verwittert, zerbröselt, und zwar ein für alle Mal.

 

Dennoch, jedes gute Wort, jede gute Wortschöpfung ist ein Sieg über die Depressionen, jeder gute Gedanke drängt die Schmerzen zurück. Und dann ist da ein Peterwagen, urplötzlich auf Ohrenhöhe, Blaulicht, Kerzen an, Martinshorn, dissonant, weil Quarten, und alles und jeder versucht, auszuweichen, nach rechts, nach rechts, nach rechts, eng, eng, eng, Gehupe, und ein Mädchen, es fährt mir in die Hacken, das Fahrrad stürzt und mit ihm das Kind, unsicher, unkonzentriert, verschreckt vielleicht, und der Helm, der Leuchthelm und die Brillengläser, beschlagen. Und dann doch noch irgendwie die Zahnarztpraxis, und die Krankenkasse, sie hat den Härtefall nicht anerkannt, nicht bewilligt die Behandlung, obgleich es in diesem Jahr schon zwei davon gegeben hat, zwei Kronen aus blankem Stahl, ebenfalls auf Zahnruinen gesetzt. Ich hatte mir den Wisch nicht weiter angeschaut im Vorfeld, nicht bemerkt, dass da ein Kreuzchen fehlt im Kästchen für HF: Härtefall, Härtefälle, wir alle, dies alles hier, denke ich. Und der Zahnarzt meint, wir kümmern uns, und der Zahnarzt wünscht mir schöne Weihnachten, denn vorher wird das alles nichts mehr, meint er, sagt er, lächelt er. Und ich fühle mich erleichtert, seltsam, trotzdem.

Die euphorische Saison (1)

Roter Winkel, toter Winkel, Hauptsache KZ, Herr Kern. Und dann sind es die Hunde, an der langen Leine gelassen, die plötzlich zwischen meinen Beinen und vor mir und mich herum, und dann ist es die Verstöpselte, die mir entgegenkommt, die unversehens beginnt, ins Gerät zu sprechen, laut, laut, laut, um den Straßenlärm zu übertönen, „genau, genau, genau“. Genau, genau, genau, sprich in seltene Erden. Und dann sind es Rotoren am Himmel wie aus dem Nichts, ein Rettungshubschrauber im Einsatz, und dann ist es ein Mannschaftswagen, vollbesetzt mit Laubbläsernazis, die sich anschicken; Hermann Hessen, wohinein schneiden wir uns denn heute? Roter Winkel, toter Winkel, Hauptsache KZ, und die Erkältungswelle rollt, schwappt über diesen Steinhaufen, kann und wird mir allerdings nichts anhaben, denn ich bin geschützt, kauere geborgen hinter einem Wall aus Ibuprofen 600, zweimal täglich einzuwerfen, mittags und nochmals abends spät zur Nacht, denn ohne ist an Schlaf nicht zu denken. Und dann in aller Herrgottsfrühe heraus aus den Federn, Schmerzen, Schmerzen, Rücken, Schmerzen, Schmerzen, rechtes Bein, und draußen in der Dunkelheit, da leuchten sie bereits, die Bildschirme der Smartphones, die Displays der Tablets, wie Leuchtkäfer, Leuchtfeuer, Herr Kern, Hermann Hessen, wohin denn heute, wohin schon so früh; Verbandskasten?

Die euphorische Saison (2)

Im Zuge allgemeiner Umsiedlungen. Im Zuge allgemeiner Verschickungen. Im Zuge allgemeiner Evakuierungen. HHYBRIS. Sie sind flink, sie sind flott unterwegs auf Rollern, auf BMX-Rädern, in Seifenkisten, auf Leuchtbrettern, behände. Sie tragen Kopfhörer. Sie tragen Rucksäcke. Sie tragen zügige Klamotten. Funktionshäftlinge. HHYBRIS. Sie schieben Kinderwagen, Fuhrparks, Geburtengondeln, sie schlingern durch die Gassen, eng, eng, eng, dicht an dicht, zugestellt, zugeparkt die Wege. HHYBRIS. Sie schubsen die Karren, sie stammeln in Geräte, „M, M, M, genau, AM, AM, AM, genau“. Genau, genau, genau, „wahrscheinlich, wahrscheinlich, wahrscheinlich“. Overkill. Zu viele Informationen. Informationshäftlinge. Und sie wollen raus, die Stücke, die Bruchstücke, die Brocken, die Satzfetzen, alle auf einmal, alle durcheinander, M, M, M, genau, AM, AM, AM, genau, wahrscheinlich, wahrscheinlich, wahrscheinlich. HHYBRIS. Im Zuge allgemeiner Menschenmassen. Im Zuge allgemeiner Deportationen. Im Zuge allgemeiner Bombardierungen. SSCHMERZ. Man muss ihn auch mal annehmen, meint die Masseurin, nicht immer nur ablehnen, nicht immer nur verweigern. Nehmen Sie sich einen Apfel, meint die Masseurin.

Die euphorische Saison (3)

„Jetzt hast du mich völlig aus dem KZ gebracht.“ „Rauchen gefährdet Holzbunge.“ „Danone dich nicht leben.“ „Likes sind das neue Arschgeweih.“ „Du meine Güte, guten Morgen, Stephen Less.“ „Guten Morgen, sag mal, diese Headline da am Ende des zweiten Kapitels, ist die von dir?“ „Richard Gere.“ „Was, von dem?“ „Nein, so heißt das zweite Kapitel.“ „Was denn nun mit der Headline da?“ „Frei nach einem Lied von Palais Schaumburg.“ „Diese Hamburger Beatband da aus den frühen Achtzigern?“ „Korrekt.“ „Und, wird es einen Soundtrack geben?“ „Zu diesem Büchlein hier?“ „Korrekt.“ „Nein.“ „Interessant, wir hören.“ „Engelbert Humperdinck: The Last Waltz.“ „Alt.“ „The Beach Boys: Cool, Cool Water.“ „Alt.“ „Luke Slater: I Can Complete You.“ „2002, immerhin.“ „Alt.“ „HH, der war gut, Urbanski.“ „Palais Schaumburg: Deutschland kommt gebräunt zurück.“ „Apropos Kalender-Hau, wann landet sie denn nun? Urbanski?“

Widukind, so ich dir (1)

Weiß diese koreanische Automarke eigentlich, dass ihr Kürzel für Killed In Action steht? Ich würde gern unter einem Autobahndeckel schlafen. Mit Rauchabzug. Und markierten Fluchtwegen. Diese Austauschschülerin aus Spanien ist eingetroffen. Ich habe sie zwar noch nicht zu Gesicht bekommen, aber sehr wohl schon gehört. Den Geräuschen nach zu urteilen ist sie aus dem Bett gefallen vorhin. Vor Schreck wahrscheinlich. Schockiert wahrscheinlich, denn hier ist nicht Mallorca. Hier ist Hamburg, überwiegend sonnig zwar, aber das bei null Grad. Ein schneidend weißer Wind geht um, die Fensterrahmen pfeifen. Die kann mal meine Fenster putzen da. Und überhaupt, die Wohnung. Sie ist doch eine Frau, Frauen können das; Achtung: Sie beherrschen das, so was. So etwas. Wahrscheinlich. M, AM, genau. Wahrscheinlich, wahrscheinlich, wahrscheinlich. M, AM, genau. Geburtengondeln. M, AM, genau. Killed In Action. M, AM, genau. Gefahrengüter dürfen nicht, die müssen außen rum. Umfahren den Autobahndeckel. Gut so, denn Gefahrengüter, sie machen mir Angst. Leuchtend markierte Notausgänge. Hangarhäftlinge. Aus dem Bett gefallen. Geschockt. Die Verkehre. Überwiegend heiter. Tag- und Nachtgleiche unterm Deckel. Ich will nichts hören von ihr. Ich will nichts wissen von ihr. Muckelmatz: Mallorca. Deutsch, deutsch, deutsch. Klischeehäftlinge. Durchgangsverkehr. Autobahnpolizei. Feuerwehren. Löscheinsätze. Rauchabzug. Killed In Action. HHYBRIS. SSCHMERZ. The Last Waltz. Nehmen Sie sich einen Apfel.

Widukind, so ich dir (2)

„Willkommen zurück, liebe Hörerinnen und Hörer hier bei Radio PDF-History, mein Name ist Jacques Implantati. Im Rahmen unserer Sendung Kultur und Mund darf ich nun ganz herzlich Stephen Urbanski begrüßen, Hamburger Autor und Prosaist, laut eigener Einschätzung so sehr Underground, dass selbst der nichts von ihm weiß. Trifft das zu, Herr Urbanski, und falls ja, warum nicht?“ „Auto, Posaunist?“ „Ihr aktuelles Werk heißt ROCK END ROLL. Wofür steht das END im Titel?“ „Jacques Implantatattoo?“ „Und welche ist Ihre Lieblingsgeschichte, die nicht im Buch erscheint, warum und weshalb auch immer?“ „Interessant, es geht um jene verlorene Story über Sex und Gänseblümchen, nicht wahr?“ „Nicht wahr, ja. Mein Name ist übrigens Jacques Implantatort, nicht Jacques Implantati, da muss wohl eine Verwechslung vorgelegen haben, ich bitte dies zu entschuldigen.“ „Vor ziemlich genau vierzig Jahren war es, zu meiner Phase als Oberschwester, Stiefgeschwister, hey, hey.“ „Gesang?“ „Gesang, korrekt. Ich belegte ein Zimmer in einem Schwesternwohnheim, als es eines frühen Abends klopfte an der Tür. Ich öffnete und vor mir stand sie in weißen Tennisschuhen, ich erhaschte den Anblick nackter Fesseln zu wirklich sehr, sehr knapp sitzenden Levi seinen, was sehr gut aussah, denn ihr Teint war ein angenehm gebräunter, dazu trug sie einen dunkelblauen Pullover mit V-Ausschnitt und nichts weiter drunter. Blonde lange Haare und ein lachendes Gesicht rundeten ihr einnehmendes Erscheinungsbild ab.“ „Sie trug nichts weiter, habe ich das richtig verstanden?“ „Bis auf ein Sträußchen in den Händen, ganz hippiesk verträumte Schwesternschülerin, korrekt.“ „Interessant.“ „Ich bat sie hinein, sie sagte nichts, also enthielt auch ich mich jeglicher Äußerung. Sie nahm auf dem Sessel am Fenster Platz, ich begab mich auf die Bettcouch. Wir saßen uns stundenlang gegenüber und haben in der Zeit kein einziges Wort gewechselt, nicht eines, nur angelächelt haben wir uns, hin und wieder mal ein ganz, ganz leichtes Auflachen, weil es so geladen war, weil es sich so, nun ja, so magisch anfühlte, so atypisch war für junge Menschen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Irgendwann ist sie dann gegangen.“ „Was wurde aus den Gänseblümchen, hatten Sie eine passende Besuchervase zur Hand, wie in Krankenhäusern zumeist der Fall?“ „Wochen später fragte sie mich, wie es wohl wäre, mit einem betrunkenen Mädchen zu schlafen. Du ja, ich nicht, erwiderte ich, denn schließlich waren wir ja kein Paar, sie und ich, ich meine, mal ehrlich jetzt.“ „Ich habe eine Überraschung für Sie, Herr Urbanski, sind Sie bereit?“ „Nein.“ „Ich habe die besagte Dame in der Leitung, sie wünscht sich einen Gesang zum Auftakt, Hot Legs von Rod Stewart, machte seinerzeit die Runde, sagt sie, und anschließend würde sie gern nicht mit Ihnen sprechen, aufregend, oder? Hey, wo wollen Sie denn hin, unsere Sendung ist noch nicht vorüber, hiergeblieben, wenn ich bitten darf!“

Widukind, so ich dir (3)

Mit Rückschlägen ist immer zu rechnen, meint die Masseurin. Heute schaffen Sie hundert Meter schmerzfrei, morgen dann schon fünfzig mehr, und übermorgen wiederum müssen Sie beidrehen und den Bus nehmen, meint die Masseurin. Du meine Güte, denke ich, wenn jetzt schon Rollstuhlfahrer in Leuchtwesten unterwegs sind, ich meine, mal ehrlich jetzt, was kommt danach, was folgt darauf? Fußbälle in Leuchtwesten, falls mal was ist, falls das Flutlicht mal ausfallen sollte? So ist das nun mal mit dem ISG-Syndrom, renitentes Zeug, sehr gern gekommen, um sich festzusetzen, meint die Masseurin. Fußballer in Leuchtwesten, falls mal was ist, falls die Stadionbeleuchtung mal ausfallen sollte? Wir indes müssen noch hartnäckiger sein, meint die Masseurin, Weihnachten ist das Ziel, wir sollten es schaffen bis dahin, nun ja, versprechen kann ich natürlich nichts, Sie müssen schon noch mitarbeiten, meint die Masseurin. SPIEGELEIER OHNE ZUKUNFT, tolle Wortschöpfung, vielleicht sollte ich sie zum Titel machen, mal sehen, denke ich. Das Becken muss bewegt werden, meint die Masseurin, ich will ja nichts sagen, aber es wird wirklich höchste Zeit, dass Ihre Freundin zurückkehrt, meint die Masseurin. GOTT HASST ERINNERUNGEN, großartig, denke ich, die beste Kreation, die je meinen kranken Kopf verlassen hat, hätte danach auch genauso gut aufhören können mit der kleinen Schreiberei, denke ich, ich meine, mal ehrlich jetzt, was soll danach noch groß kommen? Seien Sie mir nicht böse, ist mir so herausgerutscht, das mit dem Becken, meint die Masseurin. Heute regnet es, sage ich. Und gestern schien die Sonne, so ist das nun mal im Leben, meint die Masseurin. Nehmen Sie sich einen Apfel, grinse ich. HH, der war gut, lacht sie.

Kapitel 2: Richard Gere

Jetzt ein Implantat (1)

 

Jetzt ein Implantat (2)

 

Jetzt ein Implantat (3)

 

In nuce (1)

 

In nuce (2)

 

In nuce (3)

 

Befragungszeichen (1)

 

Befragungszeichen (2)

 

Befragungszeichen (3)

 

Bunkerlofts (1)

 

Bunkerlofts (2)

 

Bunkerlofts (3)

 

Wir sind umgezogen (1)

 

Wir sind umgezogen (2)

 

Wir sind umgezogen (3)

 

Wir sind ungezogen (1)

 

Wir sind ungezogen (2)

 

Wir sind ungezogen (3)

 

SSTAHLKNECHT (1)

 

SSTAHLKNECHT (2)

 

SSTAHLKNECHT (3)

 

Je grüner, desto Winkelkanu (1)

 

Je grüner, desto Winkelkanu (2)

 

Je grüner, desto Winkelkanu (3)

Jetzt ein Implantat (1)

Es ist in deinem Kopf, sagt Herr Kern, es existiert nur in deiner Einbildung, sagt Herr Kern, zähle sie auf, all diejenigen, die dich lieben, sagt Herr Kern, geritzt, sage ich, und Hermann Hessen, er lacht und schneidet sich die Pulsadern auf, die Kehle durch, ins eigene Fleisch, zur Sicherheit, falls mal was ist, falls die eine Wunde nicht reichen sollte, Eichen.

 

Sie hat sich eine Erkältung zugezogen, sie kann kaum sprechen, ihre Stimme klingt kläglich, gebrochen am Telefon, was mir wiederum das Herz bricht. Eine Grippe, sagt sie, und das mitten im Dschungel, sagt sie und wir lachen leicht. Komm nach Haus, denke ich, kuriere dich zuhause aus, sodass ich bei dir sein kann, dich umsorgen, für dich da sein kann, ich liebe dich so sehr. Stehlen, was ist, denke ich, Satzzeichen, Schnapsleichen.

 

Es ist in deinem Kopf, sagt Herr Kern, es existiert nur in deiner Einbildung, sagt Herr Kern, zähle sie auf, all diejenigen, die dich lieben, sagt Herr Kern, geritzt, sage ich, und Hermann Hessen, er lacht und schneidet sich die Pulsadern auf, die Kehle durch, ins eigene Fleisch, zur Sicherheit, falls mal was ist, falls die eine Wunde nicht reichen sollte, Eichen.

 

Verdeckt ermittelnde Romantiker immer zu mir, denke ich, Verfahrensbeteiligte, sie sind sich einig: Vorsicht, Erinnerungen. Vorsicht, Vergangenheiten. Vorsicht, Wohnheime, alte Lieder, Gefühlshaushalte von gestern, vorgestern, von vor Zeiten. Vergessen, was war, denke ich, Gänseblümchen, Gänsefüßchen. Altershäftlinge, gefangen im Langzeitgedächtnis.

 

Es ist in deinem Kopf, sagt Herr Kern, es existiert nur in deiner Einbildung, sagt Herr Kern, zähle sie auf, all diejenigen, die dich lieben, sagt Herr Kern, geritzt, sage ich, und Hermann Hessen, er lacht und schneidet sich die Pulsadern auf, die Kehle durch, ins eigene Fleisch, zur Sicherheit, falls mal was ist, falls die eine Wunde nicht reichen sollte, Eichen.

 

„Krebs, Krebs. Krebs, Krebs, Krebs, Krebs.“ Die Todesmelodie erklingt, die der „Tagesschau“; 20:00-Uhr-Häftlinge. Jacques Implantati pflanzt die Angstnachrichten ein. Jacques Implantatattoo, der Joker sticht sie alle aus. Jacques Implantatort, immer wieder sonntags ab 20:15 Uhr. Verfahrensbeteiligte, sie sind sich einig: Vorsicht, deutsches Mittelmaß, schlechte Schlächter zur besten Sendezeit, gehört nicht hierher, gehören hier nicht hin, ignorieren, was wird, Herr Kern, Hermann Hessen, Stephen Urbanski, Auto, Posaunist.

Jetzt ein Implantat (2)

Tourette: Na, was macht die Kunst? Tourette: Soul sieht das aus. Tourette: Gottkohl, pikant gewürzt. Iss ihn, nein, nicht mit Schweinebacke, sondern nur mit Kochwurst und Kassler und vielen kleinen gesüßten Kartoffeln. Iss in Mengen, schlafe eine Nacht darüber, schlafe eine Nacht mit ihm, und dann, am folgenden Tage, begib dich zum stillen Örtchen, die Schüssel voll und du wirst feststellen, dass es nach den Exkrementen verstorbener Väter riecht, wenn auch ohne den Beigestank von Weinbrandbohnen, ohne irgendwelchen Beibrei von Biershampoo und Kornblumenblau. Tourette: Diese Zeilen sind auf meiner Beerdigung zu verlesen. In voller Länge. Von einem Heldentenor vorzutragen. An einem unheiligen Ort nach Wahl, so kühl wie nur irgend möglich. Ich wünsche mir Unbehagen, Unwohlsein und Harndrang, gepaart mit einem unterschwelligen Hungergefühl. Tourette: Deutsche Unterzuckerung. Tourette: Ein schönes deutsches Imkerlied. Tourette: Ich habe den Versand verloren.

Jetzt ein Implantat (3)

Tourette: Zyklon B aus Lagerbeständen besorgt, den Briefschlitz geöffnet und das Zeug hindurch geschüttet, denn er macht mich wahnsinnig, dieser Köter da im ersten Stock, dessen Heulen und Zähneklappern; alt ist er, alt, dement, verzogen und verwöhnt, kommt mit dem Alleinsein nicht zurecht, sehnt sich nach seiner Mama; das Tier als Ersatz für ein Kind, Ersatz für Kinder, evident. Das Ersatztierkind sehnt sich nach seinem Frauchen, eine Alleinstehende, die als Krankenschwester im Schichtbetrieb arbeitet, mal früh, mal spät, mal Heulboje. Und er lernt auch nichts, er lernt auch nichts hinzu, er nimmt nichts an, er kümmert sich nicht um die wiederholten Rügen der Nachbarn, in diesem Falle meine, denn schließlich bin ich Schriftsteller, schließlich muss ich dichten, komme aber kaum dazu, kann kaum noch einen klaren Gedanken fassen, und ich meine, mal ehrlich jetzt, jeder von uns hätte ab einem bestimmten Punkt bemerkt, jede gottverdammte Heulsuse hätte gemerkt, dass es nichts bringt, dies atonale, dies enervierende; Sekunde, Klagenfurt.

 

Tourette: Klagenfurt; Sabrina Kalupski, so heißt sie, jene besungene Schwesternschülerin aus „Widukind, so ich dir (2)“, mittlerweile vierzig Jahre älter, dortselbst mit einem Arzt verheiratet, der Traum einer jeden Schwesternschülerin, so will es das Klischee, mittlerweile mit einem Lungenfacharzt liiert, Rod Stewart nicht unähnlich von der Optik her, aber untreu, ihr nicht treu, wie sie inzwischen sicher weiß, sie weiß es einfach, es gibt da so Zeichen und Gerüche und junge Schwesternschülerinnen, aber gut, es gilt, den Schein zu wahren, und dann ist da ja auch noch der Status und die mit ihm verbundene Versorgungssicherheit. Tourette: Sabrina Kalupski ist Vollschwester und mit einem gesegneten Appetit auf Fischstäbchen ausgestattet, heute zumindest. Und sie überlegt, die Kantine anzuklingeln und zu fragen, ob noch welche da sind. Aber dann kommt ein Notfall dazwischen, irgendein weißer Kittel wird eingeliefert, eine Frau mit sexy Atembeschwerden, ein Fall für Rod Stewart. Tourette: „Hot Legs“. Tourette: „Hoch IV“, ein neues Wortspiel mit Hartz IV, und ich überlege, es charten zu lassen von Tom Möller, ihn zu bitten, dies gegen „Pussy Paradise“ zu tauschen; nun ja, er wird begeistert sein, hat er doch auch ohne meine ständigen Einfälle schon genug zu tun. Tourette: „Hoch IV“, Hartz IV, und vielleicht ist es doch dieser Zustand, der etwas mit mir macht inzwischen, der langsam, quälend langsam zu einer seelischen Verrohung führt, zu einer moralischen Verkommenheit, ganz im Sinne jener Gesetzgebung, quasi deckungsgleich mit ihr. Und ich überlege, mich umzubenennen in Zyklon Bernd, mein Heil in der Flucht zu suchen, Sabrina Kalupski in Klagenfurt zu kontaktieren und anzuknüpfen an unseren gemeinsamen Abend seinerzeit. Ich meine, sie allein und finanziell abgesichert, meine Wenigkeit nicht, das sind doch gute Ausgangslagen für eine gemeinsame Zukunft. Und ich meine, mal ehrlich jetzt, was sind schon vierzig Jahre?

In nuce (1)

„Dezember, Hamburg, Dauerregen, das Adventsfest der 100.000 Lichter!“, brüllt Herr Kern. „Shopping-Umzüge!“, brüllt Hermann Hessen und streichelt eine Knochensäge. „100.000 Mann und ein Befehl!“, brülle ich und muss an Zyklon B denken, Zyklon B für Peter Polter, Bauerntrampel ab ins Gas, denke ich. Peter Polter, mein Nachbar im vierten Stock, ein Grobmotoriker in der Wohnung über meiner, das Trampeltier über mir, täglich kommt er über mich, sein Kolonnenschritt, sein dröhnender Bariton, sie bringen mich um den Verstand allmählich. Zyklon B für Peter Polter, Bauerntrampel ab ins Gas; typischer Fall von geistiger Übersprungshandlung, denke ich, man sollte so nicht denken, und dann, zack, tut man es erst recht. „Einzelhaft, Erzwingungshaft!“, brüllt Herr Kern. „Mehr Hass!“, brüllt Hermann Hessen und legt seinen Kopf in eine Knochenmühle. „Vorweihnachtlicher Busenzauber!“, brülle ich und denke über meine Haftbedingungen nach, Isolation, okay, sozialer Rückzug, Vermeidungsstrategien; aber Erzwingungshaft? Was? Soll? Sie? Denn? Erzwingen? Meinen Suizid etwa? Niemals, den gönne ich diesem System nicht. Solch einen Triumph gönne ich ihm nicht, denn das hieße ja, gutes Geld noch schlechtem hinterherzuwerfen, denke ich grinsend. Gott schütze meine Kalauer, denke ich grinsend, Gott schütze ihn, meinen schrägen Humor; wäre weiß Gott nicht das erste Mal, dass er mich rettet aus einer scheinbar ausweglosen Situation. „100.000 Volt!“, brüllt Herr Kern. „Sexy Stromausfall!“, brüllt Hermann Hessen und befreit sich aus einem elektrischen Stuhl. „Backen für Obdachlose!“, brülle ich. „Kacken für Obdachlose!“, brüllt Herr Kern. „Jacken für Obdachlose!“, brüllt Hermann Hessen. Nix da, denke ich, meine Jacke kriegen die nicht, ich besitze nur die eine warme, den grauen Kurzmantel, einen von der U.S. Army, vor Jahren erstanden für kleines Geld; sieht immer noch recht ordentlich aus. „Sie da, Herr Hessen!“, brüllt Herr Kern, „sind Sie eigentlich verwandt mit diesem Dichter, diesem, Sekunde, wie heißt er noch gleich?“ Ich will es doch auch, meinte meine Masseurin neulich während der Behandlung, als sie mir die Hand auflegte und die Liege, sie quietschte im Takt dazu. Ich will ja nichts sagen, meinte die Masseurin, aber dieses Geräusch, es erinnert mich an Sex, lachte die Masseurin. Alles ist Sex, dachte ich, Sex, Geld, Macht, Dominanz. Schmachtende Blicke, besonders die der Frauen; Frauen lieben mächtige Männer, denn die haben was zu bieten. Anbieten, Angebote, jedes zweite Wort heutzutage, dachte ich. „Hör auf, Mutter!“, brüllt Hermann Hessen. „Du weißt es, du weißt es doch!“, brüllt Hermann Hessen. „Frag mich das nie wieder, hörst du?“, brüllt Hermann Hessen, schnappt sich eine Machete und will losgehen damit auf uns. Sexy Militanz auf dem Vulkan, denke ich und, hey, lass ab.

In nuce (2)

Sexy Stromausfall, sexy Atembeschwerden, und dann wird mir schwarz vor Augen, rot vor Augen, gelb vor Augen, weiß vor Augen, um nur mal die gängigsten Hautfarben aufzuführen. SSCHMERZ. Und ich verliere das Bewusstsein für Nanosekunden. Fange mich wieder. Das Straßenpflaster. Das Wuling. Entgegenkommende mit Sexspielzeugen vor den Augen. Vegan lebende Vampire geben Schminktipps. Biozombies beraten beim Hosenkauf. Reitende Leichen assistieren beim Dosenpfand. Was wollen wir schenken? Wem und wie viel? SSCHMERZ. Ich kann Ihnen Krücken besorgen, meint die Masseurin, eine würde schon reichen, und Sie werden anders wahrgenommen. Die Menschen sind sehr hilfsbereit, meint sie, gerade zur Vorweihnachtszeit. Autos überschlagen sich karikativ, meint sie und wir lachen. Ich hätte den Rollator meiner verstorbenen Mutter aufbewahren sollen, denke ich. Der war ja noch gut. Der hatte sogar eine Klingel am, nun ja, am Lenker. Ein Weihnachtsgeschenk von mir. Vor Jahren. Hat sie sehr gefreut. War ja auch hübsch eingepackt. Schleifchen drum. Montage inklusive. Ding, dong. SSCHMERZ. Auf gar keinen Fall, sage ich. Mein Mitleid mit tatsächlich Bedürftigen ist nicht gespielt, sage ich. SSCHMERZ. Du meine Güte, sage ich, wenn jetzt schon Gehbehinderte an Krücken unterwegs sind, ich meine, mal ehrlich jetzt, was kommt danach, was folgt darauf? Sexy Rollstuhlfahrer in Leuchtwesten?

 

Nehmen Sie sich einen Apfel, meint die Masseurin.

In nuce (3)

Lotte und Elias. Tristan und Isolde. Leopold und Kunigunde. Verlesen das Weihnachtsrätsel. Nomenklatur: Karlotta Republic.

 

Zigarettenpapier.

Befragungszeichen (1)

Kiosk, Trinkerin im Mittelalter, breit, in die Breite gegangen, Gesicht zerstört, Gesicht aufgeschwemmt, vom Alkoholismus gezeichnet. Camouflage-Käppi hinterm Tresen. Trinkerin breitet aus: Starkbiershampoo, Kornblumenblau, Speedsüßwasser. Ordert Zigarettenhülsen. Ordert Zigaretten, die Großpackungen, zwei Stück. Zahlt mit Karte, knapp fünfzig Euro. „Wann kommt denn deine Ablösung?“, fragt sie das Camouflage-Käppi hinterm Tresen. „Ich bin meine Ablösung“, antwortet das Camouflage-Käppi hinterm Tresen. „Meinen Deckel zahle ich immer“, sagt die Trinkerin. „Ich hatte schon ganz andere“, sagt die Trinkerin. „Danke für deine Hilfe“, sagt die Trinkerin. „Jetzt hör endlich auf zu sabbeln und verpiss dich, Tante“, sage ich. Tourette. Sie geht. Das Camouflage-Käppi hinterm Tresen schaut mich fragend an. Tourette. „4,70“, sage ich, „ich zahle abgezählt und bar.“ Das Camouflage-Käppi reicht mir eine Packung Tabak über den Tresen. Nomenklatur: Murat und Chantal, ein kleindeutsches Drama im Kiosk, denke ich und gehe. Trigger: Trinkerin. Trigger: Deckel. Tourette: 4,70, abgezählt, in bar.

Befragungszeichen (2)

„Hacken für Obdachlose.“ „Macken für Obdachlose.“ „Nacken für Obdachlose.“ „Packen für Obdachlose.“ „Richtig, haut bloß ab.“ „Tacken für Obdachlose.“ „Sex, Geld, Macht, Dominanz.“ „Wacken für Obdachlose.“ „HH, der war gut, Mann.“ „Zacken für Obdachlose.“ „Krone.“ „Krohnskamp.“ „Adelheid.“ „Und schließlich, Achtung!“ „Kacken für Obdachlose!“ „So wollte ich immer schon mal werden, alt und asozial.“ „Alt und amoralisch.“ „Alt und missgünstig.“ „Alt und missmutig.“ „Reinhard Heydrich hat sein Profilfoto geändert.“ „Rudolf Höß hat sein Profilfoto geändert.“ „Adolf Eichmann hat sein Profilfoto geändert.“ „So wollte ich immer schon mal werden, alt und immun.“ „Den Einflüsterungen des sogenannten Juste Milieus gegenüber.“ „Backen für Obdachlose.“ „Sexy Obdachlose mit Keksdosen.“ „Sexy Obdachlose mit Kekstüten.“ „Sexy Zimtsterne.“ „Sexy Streuselsonnen.“ „Sexy Betmännchen.“ „Sexy Dominosteine.“ „Guten Morgen, Stephen Less.“ „Auf Nimmerwiederhören, Mann.“

Befragungszeichen (3)

„Apropos Penner, was macht dieser Penner eigentlich in seiner Wohnung da, und das mitten am Tag, und das mitten in der Woche, hat der keinen Job, oder was? Arbeitslos, oder was? Probleme, oder was? Oder was?“ „Welcher Penner, Mann?“ „Der aus der Wohnung über mir da, der soll abhauen, der Penner da.“ „Apropos Problem, was ist eigentlich aus dieser Töle da geworden?“ „Welche Töle, Mann?“ „Na, die du ins Gas geschickt hast, Mann.“ „Keine Ahnung, Mann, Abdeckerei oder so, was weiß ich? Oder auf irgendeinem Kitschfriedhof gelandet, Kuscheltiere und so.“ „Lass mich raten, Stolperstein statt Grabstein?“ „HH, der war gut, Mann.“ „Guten Morgen, Stephen Urbanski.“ „Geh sterben da.“

Bunkerlofts (1)

Insektenriegel, gesehen bei Rewe. „Mit besonders hohem Proteingehalt“, tönt der Verkaufsaufsteller. Und ich meine, mal ehrlich jetzt, was kommt danach, was folgt darauf; Spermariegel? Mit besonders hohem Einweißgehalt, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes? Rewe muss vernichtet werden, so viel ist mal klar, denke ich. Sekunde, Ententrainer? Sekunde, die Masseurin will was. „Ja?“ „Ich will es doch auch, dass Sie gesund werden“, meint die Masseurin. „Möglichst noch vor Weihnachten“, meint die Masseurin. „Ich habe Sie durchs Fenster beobachtet, als Sie ankamen, Sie haben schon wesentlich größere Schritte gemacht“, meint die Masseurin. „Was Sie so alles sehen“, sage ich. Und ich erst, denke ich und muss an die Insektenriegel denken. „Wer weiß, vielleicht sind es ja schon Fortschritte?“, grinst die Masseurin. „Nettes Wortspiel“, grinse ich ebenfalls. „Ach, das ist Ihnen aufgefallen?“, fragt die Masseurin. „Selbstverständlich“, sage ich, „war ja schließlich mal Profitexter.“ „Also doch noch nicht das Rückenmark ausgelaufen“, meint die Masseurin. „Wie bitte!?“, kreische ich. „Kleiner Scherz“, grinst die Masseurin. „Damit ist nicht zu spaßen“, sage ich ernst. „Na, dann eben die Hand aufs Herz“, grinst die Masseurin. „Und nicht dorthin, dann kann nämlich auch nichts auslaufen“, grinst die Masseurin. „Schon mal was von Spermariegeln gehört?“, frage ich grinsend. „Greifen Sie ruhig zu“, grinst die Masseurin und ich mit ihr.

Bunkerlofts (2)

Ententrainer. Bunkerlofts. Shimano-Käppi.

 

Was Sie so alles sehen. Was Sie so alles denken.

 

Ententrainer; uraltes Wortspiel aus den Siebzigern.

 

Was Ihnen nicht so alles durch den Kopf geht.

 

So als Langzeitgedächtnishäftling.

 

Bunkerlofts. Weltkriegswohnende.

 

Angst und Schrecken, Traumata, Paranoia.

 

Jetzt auch käuflich zu erwerben.

 

Für wirklich sehr, sehr teures Geld.

 

Shimano-Käppi. Was Ihnen nicht so alles auffällt.

 

Shimano, einst die Edelmarke für Fahrradkomponenten.

 

Jetzt als Berett auf dem Schädel eines alten Mannes.

 

Der wirklich sehr, sehr griesgrämig aus der Wäsche schaut.

 

Kennt die Bunker noch aus Zeiten.

 

Aus erster Hand quasi; aus Gründen.

 

Ich taufe ihn auf den Namen Gustav Grumpy.

 

Gustav Grumpy in Joggingklamotten.

 

Blicke, kalt und mürrisch, abweisend.

 

Wie eigentlich so viele gucken da draußen.

 

Ich bilde darin wohl keine große Ausnahme.

 

Kein Wunder also, dass meine Dichtung ausfällt.

 

Ausfällig wird in Fällen. Tourette. Hoax. Getriggert.

 

Urbanski, Hoax; Zeilen wie gedrucktes Falschgeld.

 

Ententrainer. Bunkerlofts. Shimano-Käppi.

 

Was Sie so alles puzzeln. Was Sie so alles aufzählen.

Bunkerlofts (3)

Was Sie so alles erleben, was Sie so alles fickt alles. / Ich liege knapp vierzig Euro drüber. / Über der absoluten Höchstgrenze. / Krankenkasse, Härtefall. / Hin da und verhandeln, betteln. / Zähne sind mir wichtig. / Zähne sind Visitenkarten. / Ähnlich wie Frisuren. / Gepflegte Fingernägel. / Zehennägel, falls mal was ist, der Totengräber nachschaut. / Was Sie so alles erleben, was Sie so alles fickt alles. / Sie kommt nicht hinein ins WLAN. / Ins Netz meines Nachbarn. / Da stimmt irgendetwas nicht, meint sie. / Ob sie es mal bei mir versuchen könne? / Hilfe, was versuchen!? / Wie sie aussieht, diese Mallorquinerin? / Das wollen Sie nicht wissen. / Frankfurt am Nein. / Was wollen Sie regulär wissen? / Was Sie so alles erleben, was Sie so alles fickt alles. / Am Donnerstagabend landet sie endlich. / Nach einem guten Vierteljahr. / Auslandsaufenthalt. / Ich werde dort sein, um sie abzuholen. / Und wenn ich hinkriechen müsste. / Zum Airport. / Zum Rapport. / Zum Abort. / Musste für kleine Jungs bei meiner Masseurin. / Keine Sorge, sagte ich, ich bin ein großer deutscher Hinsetzer. / Keine Lacher. / Keine Pointe. /

 

Horst Poburski hat sein Profilfoto geändert. /

 

Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

Wir sind umgezogen (1)

Kurt Knüppel, Elektromeister. Heizung, Klima, Schwimmbad. Das kommende Jahr neu denken. 2019 mit einem anderen Titel begrüßen, nicht mit dem ursprünglich dafür vorgesehenen, DIE NEUE DEUTSCHE KOMMASETZUNG nämlich. (Bearbeitet); so heißt er, exakt in dieser Schreibweise, gemischte Typografie, in Klammern gehalten. „Urbanskis White Album“ schrieb Tom Möller, als er mir das fertige Layout schickte. Was zutrifft, denn es ist wie das Cover jenes legendären Beatles-Albums in höchstem Maße dezent ausgefallen, Titelzeilen in Helvetica, unserer Hausschrift, äußerst niedrig gerastert auf Weiß, zurückgenommen, fast unsichtbar, Beschnittmarken für den Stand.

 

Das kommende Jahr neu denken. Zahn, Zähne, okay. Rücken, okay. Gesundheit, okay, fit werden für den Krieg im Sommer. Doch was die eigenen Kreationen betrifft: Freiheit. Befreiungsschläge. Nachschusspflicht. Alles auf den Prüfstand stellen. Optionen erarbeiten. Bearbeiten; alles muss neu, alles zurück auf Weiß, Weißflächen, unbeschriebene Blätter, freudig, euphorisch leer.

 

Das kommende Jahr größer denken. „Urbanskis White Album“; zurück zum Deckweiß, dem Unbill mit der reinen Lehre begegnen. Chancen, Zukunftsversprechen; es muss sie geben, morgen schon.

Wir sind umgezogen (2)

„Genießen Sie den Sommer mit frisch gestylten Händen und Füßen“, lockt der Aufsteller vor einem Nailshop in der Dorotheenstraße. Jetzt bloß nicht von der Linie abweichen, jetzt bloß nicht aus der Reihe tanzen auf die Gefahr hin, zu stürzen und Verletzungen davonzutragen. Bei deinen Leisten bleiben, Stärken ausleben, sprachlich, örtlich, sagen, was ist und leider nicht hat sein sollen, szenisch, fraktal, schreien, laut rufen, brüllen, was ist: Du hast DIE NEUE DEUTSCHE KOMMASETZUNG gestrichen zugunsten von (Bearbeitet), du hast den Ordner gleich gänzlich gelöscht, eine gute Wahl, die richtige Entscheidung, es roch zu sehr nach Dudenfleisch, es schielte auf eine Personengruppe, die nichts von dir will und vice versa, Kulturmünder, Schönfedern, Literaten. Das bist nicht du. Da ist nichts zu holen für dich, du bist ein Kind der Straße, du kennst dich aus da draußen, also verlasse den Mittelstreifen nicht und schildere, was du siehst und hörst und empfindest dabei. „Genießen Sie den Sommer mit frisch gestylten Händen und Füßen“, lockt der Aufsteller vor einem Nailshop in der Dorotheenstraße. Schild, Schilderung: Hamburg lässt liefern, Drogen, Mädchen, Druckerzeugnisse, in zweiter Reihe stehen sie, DHL, GLS, UPS, Hermes, Hafentaxi, ein Transporter nach dem anderen; der Niedriglohnsektor, er blüht und wächst und gedeiht. Dazwischen die Hassdiesel der Handwerker. Dazwischen die neuen Mütter mit den Geburtengondeln, gestresst. Dazwischen die Leistungsträger auf Rennrädern, drahtlos telefonierend. Dazwischen der Opa mit der Shimano-Sturmhaube, er wechselt die Straßenseite, ohne nach links, ohne nach rechts zu gucken, er geht einfach und wäre beinah überfahren worden. Schild, Schilderung: Er wird angeschrien aus einem Autofenster heraus, doch es kümmert ihn nicht. Er ist cool, er bleibt es, denn er hat längst abgeschlossen mit dem Leben; vor langer, langer Zeit bereits, er kennt die Bunker noch im Originalzustand, aus erster Hand quasi; aus Gründen. Schild, Schilderung: „Genießen Sie den Sommer mit frisch gestylten Händen und Füßen“, lockt der Aufsteller vor einem Nailshop in der Dorotheenstraße. Immerhin gesiezt worden, denkst du und schwörst, keinen Millimeter deines ureigenen Talentes preiszugeben; es ist dein Vorgehen, es ist deine Methodik, es sind und bleiben deine Wahrnehmungen; ich möchte sie nicht missen, Freund Urbanski, mein einziger, mein bester Stephen und Gefährte. Neues Konzept: Buchhändlern ein Trinkgeld geben. Neues Konzept: Mehr Arroganz.

Wir sind umgezogen (3)

„Heute nun also.“ „Ich kehre alt und braun zurück, meinte sie.“ „Wie niedlich.“ „Ja, sie sagt laufend so süße Sachen.“ „Und, freust du dich?“ „Schon.“ „Aber?“ „Unklar, sie war halt lange fort. Und in der Zwischenzeit habe ich gelebt, gelitten und gedichtet.“ „Blickdicht geht die Welt zugrunde.“ „Korrekt. In der Zwischenzeit habe ich ein Buch geschrieben und veröffentlicht.“ „ROCK END ROLL, einhundertvierundachtzig Seiten.“ „In der Zwischenzeit habe ich versucht, eine Idee zu entwickeln, wie künftig mit grauen Umschlägen zu verfahren ist.“ „Und?“ „Ich habe keine, ich lasse sie einfach kommen.“ „Strategiepapier.“ „In der Zwischenzeit wurde ich an der Leiste operiert.“ „Fixierhöschen, Holer und Bringer.“ „In der Zwischenzeit war ich bei den Ärzten.“ „ISG-Syndrom, IS für Terror, G für Germania.“ „In der Zwischenzeit liege ich dreimal pro Woche auf der Pritsche einer Dame im Rotlichtbezirk.“ „Nehmen Sie sich einen Spermariegel.“ „In der Zwischenzeit hätte ich die Fenster putzen müssen, Feld und Flure, den Planeten.“ „Draußen, das Servicemobil der Firma Kurt Knüppel GmbH, Technik in der Immobilie seit 1935.“ „Seit, since, established, der neue IS-Terror, jeder Hans und Franz beruft sich auf Traditionen mittlerweile.“ „Gegründet nicht zu vergessen.“ „In der Zwischenzeit habe ich die Stadt genossen mit frisch gestylten Händen und Füßen.“ „Heizung, Klima, Schwimmbad. Drogen, Mädchen, Druckerzeugnisse.“ „In der Zwischenzeit habe ich mich feuchten Träumen mit Murat und Chantal hingegeben.“ „Meinen Deckel zahle ich immer.“ „In der Zwischenzeit muss ich zur Krankenkasse und um vorzeitige Weihnachtsgeschenke bitten, und zwar heute noch.“ „Ihre Zahnbehandlung kann beginnen, und zwar heute noch.“ „Und nun sie nun wieder.“ „Und, wie fühlst du dich?“ „Okay.“ „Guten Morgen, Stephen Urbanski.“ „Schönen Tag noch, Stephen Less.“

Wir sind ungezogen (1)

Den Härtefall in der Tasche; und ich muss dann doch sehr laut lachen beim Verfassen dieses Halbsatzes, den Härtefall in der Tasche, den Härtefall in der Tasche, den Antrag auf vollständige Kostenübernahme in der Tasche, bewilligt von der Krankenkasse, kein Thema. Thema: In einer Kita unweit meiner Heimstatt ist es zu einem Polizeieinsatz gekommen, Auslöser dafür waren zwei Dreijährige, die sich eines Dreirades wegen in die Haare bekamen, eine besorgte neue Mutter rief daraufhin die Polizei Hamburg, die wiederum einen Peterwagen schickte, die Beamten wiederum hätten sich nach erfolgreicher Schlichtung des Zwistes mit allen Beteiligten an einen Tisch gesetzt, um Lösungsansätze ähnlich gearteter Problemstellungen in der Zukunft zu diskutieren, zu erarbeiten, sozusagen, Deeskalationstraining am offenen Herzen quasi. Den Härtefall in der Tasche, den Härtefall in der Tasche, den Härtefall in der Tasche; kein Thema, hieß es am runden Tisch, lautes Gelächter.

Wir sind ungezogen (2)

Wiederaufbau Wälder! Jetzt!

 

Werbung: Ich bin gleich bei Ihnen.

 

Werbung: Ich bin gleich bei Ihnen.

 

Werbung: Ich bin gleich bei Ihnen.

 

Drehtüren, draußen Nikotininseln.

 

Die nach kalten Süchten riechen.

 

Bundesgrenzschutz.

 

Schmales Männchen, Typ Rumäne.

 

Dunkle Augenränder; flitzt umher.

 

Handy raus, Handy rein.

 

Harter Blick sucht Handgepäck.

 

Hat leichtes Spiel; die Aufregung.

 

Blumensträuße im Gewühl.

 

Feldjäger, Security.

 

Ich bin gleich wieder da.

 

Ich bin gleich wieder da.

 

Ich bin gleich wieder da.

 

Gelandet; wird erwartet.

 

Zollkontrollen, Leibbinden.

 

Türen zur Seite.

 

Sie sieht sehr schön aus.

 

Erholt die Farbe, pures Gold.

 

Ich bin gleich für Sie da.

 

Ich bin gleich für Sie da.

 

Ich bin gleich für Sie da.

Wir sind ungezogen (3)

Essen im Restaurant bestellen, stehen lassen, nichts anrühren, Bedienung kommt und guckt und fragt, nein, nein, nein, hat schon gemundet, ich erinnere mich. Alleinstellungsmerkmal herausarbeiten, mal antizyklisch agieren, mal gegen den Strom schwimmen, untergehen darin, weil Loch im Bauch. Eine großstädtische Chronik verfassen, Wiederaufbau Wälder inklusive. Romantik will sich nicht einstellen; Weihnachtsstimmung ebenso wenig, denn es ist regnerisch und stürmisch, die Atmosphäre ist aufgewühlt, sie ist aufgeheizt. Wissen Sie, die Natur als solche, sie ist unheimelig, deswegen bin ich so gern bei Ihnen zu Gast. Jeder frisst jeden, alle fressen alles. Tomatensalat mit roten Zwiebeln stehen lassen, nicht anrühren. Steak mit Pommes, Knoblauchbrot dazu, stehen lassen, nicht anrühren. Cola mit Eis ohne Zitrone stehen lassen, nicht anrühren. Bedienung kommt und guckt und fragt, nein, nein, nein, hat gut geschmeckt, ich erinnere mich. Sie ist zurück, die Herren Kern und Hessen indes, sie sind verschwunden. Werbung; neues Konzept: Ich bin gleich bei Ihnen.

SSTAHLKNECHT (1)

Über die Feiertage in Berlin bei den Kindern und deren Freundinnen, wie gehabt, sagt sie, ist halt kompliziert, sagt sie, na ja, sagt sie, du bist ja schließlich auch bei deiner Familie, sagt sie. Sekunde, sage ich, nur Heiligabend, Weihnachten bin ich allein, wie in den Jahren zuvor, kein Problem, sage ich, macht mir nichts, schade dennoch, denke ich. Bin wunschlos glücklich, sagt sie, du ja auch, sagt sie, hast du jedenfalls behauptet neulich. Okay, sage ich, dann belassen wir es dabei und schenken uns nichts, was soll der Geiz, ist ja ohnehin nur Konsumterror, dies sogenannte Fest der Liebe. Genug zu tun, denke ich, YO: PISTOLE fortschreiben. Essen, schlafen, putzen, erholen, reflektieren; genug zu tun, denke ich. Du siehst gut aus, sage ich, tolle Farbe, pures Gold, sage ich. Hat Lidl auf über Weihnachten? Das Jahr war anstrengend, sage ich. Mehr als das, sagt sie, was kommt eigentlich nach anstrengend? Sehr anstrengend, sage ich und wir lachen. Eine Überdosis Illusionen, die hätte ich mir versprochen vom Dezember, denke ich, schau, der Abbruch da, sieht aus wie nach einem Bombenangriff, herrlich, sage ich, wunderbar, ich liebe Schuttpressen, sage ich. Du hast einen Ruinen-Hau, sagt sie und wir lachen. Fahr nach Berlin, sage ich, kein Thema, wirklich nicht. Normalerweise käme ich nach, aber so, ohne Geld, schwierig, denke ich. Und eingeladen bin ich auch nicht, obwohl wir uns verstehen, ihre Leute und ich, denke ich und verspüre den sanften Druck des Strapsgürtels um meine Hüften, der mit den Wärmekissen links und rechts an Stellen mit Bedarf dafür. Haltung wahren, Fassung bewahren, denke ich, und die Luft, sie riecht nach importiertem Nelkenpulver, aromatisch fremd nach einem anderen Weihnachten, weit zurückliegend, längst vergangen. Weihnachten, Weihnachten bin ich zuhaus, wenn auch nur im Traum, summe ich, Weihnachten bin ich bei Muttern zuhauf, singe ich, und Fritz und Otto, Birne und Helene und der Abriss, der Streit ums goldene Dreirad, das Oratorium, Karlotta Republic, die Nomenklatur des neuen Deutschland; Ruinen-Hau.

SSTAHLKNECHT (2)

„Guten Morgen, mein lieber Stephen Less.“ „Das heißt?“ „Guten Morgen, mein lieber Stephen Less und einziger Freund.“ „Heißt was?“ „Heute in vierzehn Tagen also.“ „Du bist bei deiner Familie am Hafen?“ „Ja, aber nur heute in vierzehn Tagen also.“ „Und sie?“ „Berlin.“ „Schade, aber toll.“ „Des Menschen Wille ist sein Himmelreich, in diesem Falle ihrer.“ „Ihr Wille geschehe.“ „Wie im Himmel so auf Erden.“ „So.“ „So.“ „Sie wäre ja sonst auch allein gewesen, meinte sie.“ „Allein: auch.“ „Richtig, man beachte die Logik.“ „Typisch Frau.“ „Als hätte ich sie je allein gelassen zu Weihnachten, als ich würde ich sie jemals allein lassen zu Weihnachten.“ „Erinnert mich an den Kalender-Hau seinerzeit, von wegen, ich verrate dir den Tag meiner Ankunft nicht, sonst zählst du nämlich noch die Stunden.“ „Richtig, nun hat so ein Kalender ja seine ganz eigene Stundenanzeige.“ „Eine gänzlich andere als die einer Uhr, zum Beispiel.“ „Hör bloß auf, zum Beispiel.“ „Typisch Frau.“ „Sie sind anders.“ „Das heißt?“ „Sie ticken anders, die Frauen.“ „Heißt was?“ „Anders als ein Uhrwerk.“ „Generell anders, zum Beispiel.“ „Korrekt.“ „Richtig.“ „Demnach.“ „Demzufolge.“ „Folgerichtig.“ „Und.“ „Das heißt?“ „Heißt was?“

SSTAHLKNECHT (3)

„Bezahlbarer Wohnraum, nur darum kann es jetzt noch gehen!“ „Bezahlbare Büroräume, nur darum kann es jetzt noch gehen!“ „Bezahlbare Lagerkapazitäten, nur darum kann es jetzt noch gehen!“ „Ups?“ „Ups.“ „Bezahlbare Konzentrationslager, nur darum kann es jetzt noch gehen!“ „Bezahlbare Krematorien, nur darum kann es jetzt noch gehen!“ „Ups?“ „Ups.“ „Bezahlbare Weltkriege, nur darum kann es jetzt noch gehen!“ „Ups?“ „Ups.“ „Guten Morgen, mein lieber Stephen Less.“ „Das heißt?“ „Guten Morgen, mein lieber Stephen Less und einziger Freund.“ „Heißt was?“ „Heißt das.“ „Ups?“ „Ups.“ „Du meine Güte, hör bloß auf.“

Je grüner, desto Winkelkanu (1)

Bezahlbarer Wiederaufbau Wälder, nur darum kann es jetzt noch gehen. Du meine Güte, bei allen Kalauern, bei allen Scherzworten, bei allen Volten, den Körper interessieren sie nicht, Witzfiguren interessieren ihn nicht, Kontostände interessieren ihn nicht, Wettervorhersagen interessieren ihn nicht. Er hat Schmerzen. Er möchte dir etwas sagen, achte auf mich, sagt er, kümmere dich, dringend, sagt er, denn du kommst in die Jahre, Freundchen, unaufhaltsam. Er will dich Mores lehren, Demut vor dem, was wirklich zählt: Gesundheit, körperliches Wohlbefinden. Werbung flüstert: Halte dich Fest.

Je grüner, desto Winkelkanu (2)

Und deine Seele? Wie sieht es aus, wird sie durchhalten, wird sie Schritt halten können? Da war diese ältere Dame neulich bei Lidl, sie stürzte auf die Kasse zu, wollte dem Kassierer einen Cent schenken, den hätte sie auf dem Boden gefunden, meinte sie, dies sei ein Omen, meinte sie, nichts weniger als das. Stattdessen hast du zugegriffen, gierig, rücksichtslos, ohne groß nachzudenken, denn es war der eine, der obligatorisch eine Cent, der dir fehlte zum Glück. Dann eben Ihnen alles Liebe, nickte sie dir zu. Werbung flüstert: Wir sind die Festmacher.

Je grüner, desto Winkelkanu (3)

Dreimal noch zur Physio, und nein, das wird nichts mehr vor Weihnachten, die Schmerzen, sie werden bleiben, der Körper mahnt, achte mich, bessere dich im kommenden Jahr. Dreimal noch durchs Wimmelbild dieses Steingartens, die Hektik, das Wuling, die Unruhe, die Besorgungen, der Stress, die Rechte und die Pflichten, und an einer Kreuzung wurde eine Bauminsel vernichtet, wurden drei gestandene Mitgeschöpfe gefällt, wurde ein gewachsenes Ensemble zerstört; Historienbilder, zersägt, Vandalismus, genehmigt, weil so gewollt, von wem und warum auch immer. Werbung flüstert: Mir blieb noch nie die Spucke weg.

Kapitel 3: Richard Wright

Columnated Ruins Domino (1)

 

Columnated Ruins Domino (2)

 

Columnated Ruins Domino (3)

 

SSHARING (1)

 

SSHARING (2)

 

SSHARING (3)

 

Dieter Hacking (1)

 

Dieter Hacking (2)

 

Dieter Hacking (3)

 

Bocuse (1)

 

Bocuse (2)

 

Bocuse (3)

 

Because (1)

 

Because (2)

 

Because (3)

 

Richard Blackmore (1)

 

Richard Blackmore (2)

 

Richard Blackmore (3)

 

Richard Havens (1)

 

Richard Havens (2)

 

Richard Havens (3)

 

Richard III (1)

 

Richard III (2)

 

Richard III (3)

Columnated Ruins Domino (1)

„Dir eigentlich schon mal aufgefallen, dass es bis dato kein einziges Nummernschild in diesem Büchlein gegeben hat? Ist das nun gut oder schlecht? Oder beides mit nicht so viel alles etwa? Unklar, oder?“ „HI-CK 9000, deutsches Kennzeichen.“ „Rathausmarkt, Weihnachtsmarkt?“ „Unklar.“ „Weihnachtsfeier?“ „Weihnachtsfeiern sind der neue IS.“ „Weihnachten nicht verwünschen, nur darum kann es jetzt noch gehen.“ „Im Sinne eines Reflexivpronomens?“ „Ergibt sich daraus, macht Sinn, richtig.“ „Also sich nicht verwünschen, im Sinne von nichts Falsches wünschen?“ „Dann hätte man sich ja quasi verwünscht, und das wäre doch verflucht schade, oder?“ „HI-CK 9000, deutsches Kennzeichen.“ „Am 30.12. sind es zehneinhalb Jahre Abstinenz, mein Freund.“ „Zen?“ „Auch, ja.“ „Was wünscht du dir zu Weihnachten?“ „Schmerzfreiheit. Und du?“ „Den Weltfrieden.“ „Guten Morgen, Stephen Urbanski.“ „Gute Nacht, Stephen Less.“

Columnated Ruins Domino (2)

Weihnachtsfeiern sind der neue IS. / Weihnachtsmärkte sind der neue IS. / Weihnachtsrätsel sind der neue IS. / Quod licet lovi, non licet bovi. / Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

Columnated Ruins Domino (3)

Wimmelbild. / Steingarten. / Die Hektik. / Das Wuling. / Die Unruhe. / Die Besorgungen, der Stress. / Die Rechte und die Pflichten. / Ich muss noch zum Friseur. / Vorher, nachher. /

 

Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

SSHARING (1)

Am 30.12.2018 wird es mir seit zehneinhalb Jahren besser gehen.

 

Ende dieser hoffnungsfrohen Vorausschau am 12.12.2018.

 

Hamburg bei Plusgraden; der Regen kommt von unten.

SSHARING (2)

Wurstjacken. / Wind beißt. / Unchristlich ist mir zumute. / Unweihnachtlich wie nie. / Ein bisschen mehr dürfte es schon noch sein. / Doch wo nichts ist, kommt auch nichts nach. / Desillusioniert. / Kindheiten vorüber. / Jugend vergangen. / Träume verweht. / Die Liebe einer Frau. / Wo was ist, kommt was nach. / Die Anwürfe einer Frau. / Du hattest noch nicht einmal einen Blumenstrauß dabei. / Am Airport. / Die Enttäuschung, sie war groß, gewaltig. / Mein Engel, ich war, ich kam als deine Blume. / Durch alle Busse. / Durch alle S-Bahnen. / Durch alle Haltestellen inklusive Fahrkartenkontrollen. / Durch sämtliche Personenvereinzelungsanlagen. / Meine Wenigkeit, sie kam. /

 

Blühend vor Schmerz. /

 

Wurstjacken. / Wind beißt. / Schneesterne am Nachthimmel. / Schweren Herzens schwermütig. / Versprechen nicht eingelöst. / Steingarten: Neingarten. / Die Tränen einer Frau. / YO: PISTOLE, draußen auf dem Parkdeck. / Neun Millimeter. / Weihnachten: vertrackter Stellungswechsel. / Silvester, eine letzte Zumutung. / Unterschichten trinken, betrinken und bekriegen sich, man jagt sich in die Luft. / Bodensatz gießt Blei hinzu. / Kollektive Besinnungslosigkeit. / SSILVESTER. /

 

Zwölfender. /

 

Wurstjacken. / Wind beißt. / Wortgefechte, parkplatzgrau. / Das Heidenloch. / Der Steingarten, ein Peingarten. / YO: PISTOLE, neun Millimeter. / Kaliber Große Freiheit. / Die Attacken einer Frau. / Lippen formen Schmähgedichte. / Lippen formen Schmähgesänge. / Zeigefinger. / Wie lautet die Anklage? / Die Liebe einer Frau, gewaltfrei. / Schwergewicht taumelt. / Boxer, angeknockt. / Der Ringrichter zählt bis neun. / Millimeter. /

 

Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

SSHARING (3)

Kurznachricht von mir an mich: Hör auf, dich zu duzen. /

 

Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

Dieter Hacking (1)

Oder die Klippen hinunter, Jim, mein Junge.

 

Halb und halb, darauf wird es wohl hinauslaufen.

 

Halb in Hamburg, halb auf der Insel.

 

Tanzgürtel; die Schatzinsel im Indischen Ozean.

 

Drei, fünf Monate im Jahr vor Ort.

 

Vielleicht ein Sommercamp für Kinder eröffnen.

 

Wäre eine Marktlücke, meint sie.

 

Als Tanzgürtel wurden Strapsgürtel dereinst.

 

Im Otto-Katalog bezeichnet, denke ich.

 

Reizend, ganz, ganz reizende Erinnerungen daran.

 

So als Heranwachsender vor Zeiten.

 

Erregend, aufregend.

 

Den Wärmegürtel um meine Hüften, ich spüre ihn.

 

Mauritius tut gut.

 

Nie wieder zurück ins Herz der Finsternis, meint sie.

 

Nie wieder zurück nach Hamburg im Dezember.

 

Zu dunkel und zu nass, zu kalt. Dort unten hingegen:

 

Fünfunddreißig Grad im Schatten eines Mangobaums.

 

Nicht mein Klima, nicht meine Zone, sage ich.

 

Du versuchst es ja gar nicht erst, meint sie.

 

Sollte ich?

 

Den Vegetationswechsel vollziehen?

 

Den Tannenbaum entsorgen?

 

Das Christkind?

Dieter Hacking (2)

Ruhig mal mit neun Millimetern ans Fenster treten. / Den rechten Arm empor und auf die Arbeiter zielen. / Irgendwelche Polen. / Behaart. / In Unterhemd und kurzer Hose. / In Badelatschen. / In der Wohnung gegenüber. / Einer von denen steht seinerseits am Fenster, telefonierend. / Und glotzt und glotzt und glotzt. / Und redet, redet, redet. / CUXDU? / Weihnachtsamnesie. / Vorzeitige Entlassung. / Freispruch. / Arm sinkt, Waffe zu Boden. / Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

Dieter Hacking (3)

„Hamburger Schulverein! Wir werden immer bei dir sein!“ „Gesang?“ „Kinderpunsch 2,50!“ „Kinderwunsch?“ „Kinderporno!“ „Himmlischer Escortservice?“ „Normalerweise spreche ich nur Kinder an, meinte das junge Mädchen im Engelskostüm.“ „Jungs?“ „In fleischfarbenen Strumpfhosen.“ „Frühstücksfleisch?“ „Im weißen Kleidchen, grellrot geschminkte Lippen, volljährig.“ „Vollzählig?“ „Normalerweise spreche ich nur Kinder an, doch Sie haben so hübsch gelächelt, meinte sie.“ „Und dann muss der Pullover teuer aussehen, in edlem grauen Strick!“ „Und dann müssen alle sagen: Du, der sieht ja teuer aus, was hat der gekostet?“ „Und dann muss man patzig antworten: Du, Geld.“ „Ja, das ist hanseatisch!“ „Ja, das ist uns sympathisch!“ „Hamburger Schulverein! Wir werden immer bei dir sein!“ „Gesang?“ „Kinderwunsch 2,50!“ „Kinderporno?“ „Himmlischer Escortservice!“ „Und der Mann trägt Bomberjacke, trägt einen kurzen schwarzen Rock, führt endlos lange Beine in schwarzen Strumpfhosen aus, trägt wirklich sehr, sehr schicke Stiefel auf wirklich sehr, sehr hohem Absatz.“ „Eine Transe im Einkaufszentrum? Mutig. Oder eine Ein-Mann-Modenschau? Guerilla eventuell, vielleicht? Mutig.“ „Solche Schuhe kosten teuer.“ „Und dann müssen alle sagen: Du, die sehen ja teuer aus, was haben die gekostet?“ „Und dann muss man patzig antworten: Du, Geld.“ „Ja, das ist wirklich modisch!“ „Ja, das ist hanseatisch!“ „Hamburger Schulverein! Wir werden immer bei dir sein!“ „Gesang?“ „Kinderporno 2,50!“ „Himmlischer Escortservice?“ „Und dann sitzt diese Gestörte da, flinke braune Hau-Augen fixieren ein erkranktes Nichts, und dann brabbelt sie so vor sich hin und sagt auf einmal laut: Ja, und dann kam der immer mit so einem Laster vorbei und wollte mich einsacken, der Spinner, wohl nicht ganz dicht jetzt, oder was?“ „Aber toller Dutt!“ „Richtig, Damenfriseure, sie kosten teuer.“ „Und dann müssen alle sagen: Du, der sieht ja teuer aus, der Dutt, was hat der gekostet?“ „Und dann muss man patzig antworten: Du, Geld. Wohl nicht ganz dicht jetzt, oder was?“ „Ja, das ist top frisiert!“ „Ja, das ist hanseatisch!“ „Hamburger Schulverein! Wir werden immer bei dir sein!“ „Gesang?“ „Guten Morgen, Johnny, alles klar?“ „Herbstmeister.“ „HSV? Zweite Liga?“ „Wohl nicht ganz dicht jetzt, oder was?“

Bocuse (1)

Gott schütze das Internet.

 

Einer oder eine ist ja immer.

 

Hebt den Daumen, verschenkt ein Herz.

 

Liebt ein Lied oder mag ein Chart.

 

Delektiert sich an Gedankenblitzen:

 

„Zurück an den Herd; ein Paradigmenwechsel?“

 

„Lokalpessimismus; ein neues Schwarzweiß?“

 

„ISS: nazistisch?“

 

Den Menschen im Netz eine Freude bereiten.

 

Roxy Music: „For Your Pleasure“ posten.

 

Gesänge und Choräle, sie lassen mich nicht los.

 

Weihnachtseuthanasie.

 

Draußen, die Glocken überschlagen sich.

 

Sie künden vom Advent, dem Dritten.

 

Gottes Sohn ist unterwegs.

 

Bethlehem ist eine Kita.

Bocuse (2)

Traurigkeit kann dumm machen. / Notwasserkocher. / Für Außenstehende, sagt Frederik, ist es leicht zu sagen. / Erst im kommenden Jahre. / Du nimmst es dir zu heiß zu Herzen. / Außenstehende: Außerirdische. / Nicht Teil meiner Lebenswirklichkeiten. / Frederik setzt die Daumenschrauben an. / Akupressur. / Dort sitzt er, der graue Umschlag, sagt Frederik. / Rechter Arm, die Handlungsseite, sagt Frederik. / Wirkungsohnmacht. / Kommen lassen, abwarten, sagt Frederik. / Behörden sind dumm, sage ich. / Dummheit macht glücklich, sagt Frederik. / Sprachlosigkeit, Schweigen, müde, ermattet. / Schnee fällt, der Himmel flockt aus. / Weniger wird mehr. /

 

Ibuprofen kann dumm machen. / Danke, sage ich und lehne die Zigarette danach ab. / Haschisch verträgt sich nicht mit Medikamenten, sage ich. / Gleichwohl mir nach weichen Wolken ist. / Nach den Songs von Roxy Music und David Bowie. / Nach „Amazona“ und „Teenage Wildlife“. / Jugend kann dumm machen. /

 

Verrauchte Lieder, Erinnerungen, verklärt. / Türen eintreten. / Draußen Schnee. / Schneedecke, von weißer Hand über Designbeispiele geworfen. / Über Bau, Steine, Erden. / Schuhe zu dünn. / Jacke zu dünn. / Nervenkostüm. / Heute in einer Woche also. / Heiligabend. / Verlorenheit kann dumm machen. /

 

Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

Bocuse (3)

Geschäftsidee, sagt Alain, Duftschachteln entwerfen.

 

Mit dem Gestank nach altem Rauch, abgestanden, ekelhaft.

 

Wie in den Raucherabteilungen der Züge früher, sagt Alain.

 

Wie einstmals in den Lehrerzimmern, sagt Alain.

 

Oder in den Glaskästen der Krankenhäuser seinerzeit.

 

Der Lungenkrebs krabbelte an den Scheiben herunter.

 

Die nehmen wir, die Note, erkläre ich begeistert.

 

Die Duftschachteln für besonders harte Fälle, sage ich.

 

Auf kaltem Entzug, die hoffnungslosen Fälle, sage ich.

 

Fehlt nur noch der Produktname, das Branding, sagt Alain.

 

„Schnuppe“, sage ich. Wir lachen und legen auf.

Because (1)

„Ihr rechtes Hüftgelenk fühlt sich gar nicht gut an“, meint die Masseurin. Dieses Miststück von Jahreszeit, denke ich. „Sie sollten sich mal ein neues zulegen beizeiten“, meint die Masseurin. Es wird und wird nicht hell, denke ich. „Keine Sorge, ist nicht tödlich“, meint die Masseurin. Wintersonnenwende am 22. Dezember, denke ich. „Organversagen ist tödlich“, meint die Masseurin. In vier Tagen also, denke ich. „Lungenkrebs, kein schönes Thema, verläuft in der Regel tödlich, aber so ein neues Hüftgelenk? Kein Problem, reine Mechanik“, meint die Masseurin. Im Februar kehrt das Licht zurück, vorsichtig, ganz zaghaft, denke ich. „Spätestens mit siebzig sind Sie fällig, so viel ist mal sicher“, meint die Masseurin. Schleicht heran auf leisen Sohlen, denke ich. „In acht Jahren also, stimmt doch, oder?“, fragt die Masseurin. „Nasenbär“ wäre auch ein guter Name für die Duftschachteln, denke ich. Prosaisch, sympathisch, sofort verständlich vor allem, denke ich. Besser als „Schnuppe“, denke ich. Zwar auch ganz nett, der Name, aber vielleicht schon zu sehr um die Ecke gedacht, denke ich. Der will nicht denken müssen, der Konsument, denke ich. Der will kaufen, der Konsument, denke ich. Mal Alain anrufen dazu die Tage, denke ich. „Oder?“, meint die Masseurin. Raucherentwöhnung, ein Riesenmarkt, denke ich.

 

Wenn alle alles geraucht haben seit Jahrzehnten, denke ich.

 

„Hallo, hören Sie mir überhaupt zu?“, fragt die Masseurin.

Because (2)

„Raucherentwöhnung, ein Riesenmarkt“, sage ich. „Wenn alle alles geraucht haben seit Jahrzehnten“, sage ich. „Damit kommen wir ins Geschäft, Alain und ich“, sage ich. „Was machen wir?“, fragt der Türke. „Neun Millimeter, oben lang lassen“, sage ich. „Tee?“, fragt der Türke. „Zwei Stückchen Zucker“, nicke ich dankbar. Aufzuckern, nur darum kann es jetzt noch gehen, denke ich. „Kaliber neun Millimeter“, sage ich. Der Türke lächelt, greift zur Maschine. „Mir ist heute so gewaltsam, mir ist nach Schüssen heut zumut“, singe ich. „Du wirst sehen, es tut uns gut“, singe ich. Der Türke lächelt, greift zur Schere. „Ideal: Erschießen“, sage ich. „Kennen Sie das Lied?“, frage ich. „Augenbrauen kürzer?“, fragt der Türke. „Wie immer“, sage ich. „Und, schön Weihnachten noch?“, frage ich. „Feiern wir nicht“, sagt der Türke. „Wir auch nicht wirklich“, sage ich. „Familie, was essen, mehr nicht“, sagt der Türke. „Viel mehr passiert bei uns ja auch nicht“, sage ich. „Nur ein paar Tage Ruhe, mehr nicht“, sagt der Türke. Hör bloß auf, denke ich. Stille Tage im Klischee, denke ich. Werden sich verdammt einsam anfühlen, die beiden Weihnachtsfeiertage, denke ich. Und wenn schon, denke ich resigniert. „Heißes Wachs, wie immer?“, fragt der Türke. „Sind da Haare in den Ohren?“, frage ich. „Nur ein paar, mehr nicht“, sagt der Türke. „Wie finden Sie Nasenbär, so als Name für Duftschachteln zur Raucherentwöhnung?“, frage ich. „Duftschachteln mit dem Geruch nach elterlichen Wohnzimmern früher“, sage ich. „Nach einem langen, langen Fernsehabend“, sage ich. „Zwei Euro für Sie, wie immer“, sage ich. Der Türke lächelt, bedankt sich und gibt auf zwanzig Euro zurück. Draußen, das Leben kann so leicht sein, so einfach und so schön, denke ich. Und verspüre einen stechenden Schmerz im rechten Bein. Hüftsteaks, denke ich vergnügt, Tee mit Tabak.

Because (3)

„Duftschachteln mit dem Geruch nach alten Taxen“, sage ich. „In denen alle geräuchert wurden wie die Aale“, sage ich. „Damit kommen wir ins Geschäft, der Kollege Alain und ich“, sage ich. „Irgendwie bin ich noch gar nicht richtig angekommen“, sagt mein schöner schwarzer Mond. „Ich meine, ich bin schon da, hier, fühl mal, fass mich mal an“, sagt mein schöner schwarzer Mond. „Aber irgendwie auch nicht, fühlt sich seltsam an, wie in der Schwebe“, sagt mein schöner schwarzer Mond. „Irgendwie bin ich immer noch dort“, sagt mein schöner schwarzer Mond. „Nie wieder im Dezember zurück nach Deutschland“, sagt mein schöner schwarzer Mond. „Ihr und eure doofen dunklen Jahreszeiten, ihr seid so deprimierend“, sagt mein schöner schwarzer Mond. „Wie findest du die Idee?“, frage ich. „Mir doch schnuppe“, sagt mein schöner schwarzer Mond. Auch nicht schlecht, denke ich.

Richard Blackmore (1)

Früher war mehr Lamento? Physiotherapie, heute der letzte Termin in diesem Jahr. Und was die Dame unlängst so leichthin hat fallenlassen, gilt es, sehr wohl im Auge zu behalten. Denn sollte ihre Einschätzung zutreffen, dann ist dies ISG-Syndrom gar nicht die eigentliche Ursache, sondern die Nebenwirkung eines offenbar lädierten Hüftgelenkes. Heißt: Check. Heißt: Orthopädie. Heißt: MRT. Heißt: Operation im Zweifel. Zwar habe ich mich ein Stück weit damit abgefunden, dass 2019 so beginnen wird wie 2018 bis dato verlief und sehr unwohl noch verläuft; sprich: Termine Zahnmedizin hier, Termine Allgemeinmedizin dort, Wartezimmer, Wartezeiten, Wege, Wege, Wege; abgefunden. Doch schlechterdings gesellt sich womöglich noch das Universitätsklinikum Eppendorf hinzu die kommenden zwölf Monate, denn auch die Prostata muss gemacht werden; ich möchte mich wieder frei bewegen können, ohne draußen unentwegt nach befreundeten Toiletten Ausschau halten zu müssen. Und ja, die Analfissur müsste ebenfalls in Angriff genommen werden, sie bricht ab und zu mal auf, hin und wieder, je nach Drucksituation, je nach Anlass, je nach Auslöser, je nach Sollstärke Seelenkrebs Hartz IV. Und jetzt mit Pech auch noch die Hüftpartie. Früher war mehr Larmoyanz? Früher war mehr früher, früher war mehr Dalai Lama, früher war mehr Teechen, mehr Tabak, mehr Räucherstäbchen. Und alles kann so bleiben, wie es wird, hieß es früher. Ohne großes Lamento, ohne Larmoyanz. Früher, als die Krümel sich im Kreise drehten, als der Handschuh noch goldenen Boden hatte, wie Fritz Honka sagte.

Richard Blackmore (2)

Staunend wie ein Kind bleibe ich stehen vor einer Tanne, behängt mit Lichterketten, weißes Leuchten in der Dunkelheit. „Wird von Jahr zu Jahr größer, der Baum“, sage ich zu dem jungen Mann, der mich zuvor auf der Straße ansprach und freundlich um Feuer bat, welches ich hatte, und zwar ein echtes, wie ich sagte, und das Zippo, es schnappte zu. „Ein echtes Feuer also“, meinte der junge Mann, groß und schlank gewachsen, elastische vierundzwanzig Jahre alt vielleicht, einer mit offenen Augen und einem ebensolchen Auftritt. „Nie ohne Zippo“, sagte ich. „Ich habe auch eins“, erwiderte er, „ist nur immer leer.“ „Das ist nicht gut“, sagte ich. „Ich weiche dann auf Gas aus“, meinte er. „Hauptsache kein Plastik“, sagte ich. „Zippo hat Stil“, meinte er. „Liegt gut in der Hand, wertig“, sagte ich. „Hauptsache keine E-Zigaretten“, meinte er. „Nur hinter vorgehaltener Hand zu rauchen, dir schon mal aufgefallen?“, fragte ich. „Hat wohl was mit Scham zu tun“, meinte er. Weißes Leuchten in der Dunkelheit. „Wird von Jahr zu Jahr größer, der Baum“, sage ich. „Ach, der ist echt?“, grinst er. „Richtig, keine App“, grinse ich zurück. „Und auch kein Hologramm“, grinst er wiederum. „Das hat Stil“, nicke ich. „War mir ein Vergnügen“, nickt er zurück und bewegt sich auf das Haus zu. „Ich wohne hier“, sagt er. „Deine Eltern?“, frage ich. „Die haben den Baum gepflanzt“, grinst er. „Wird von Jahr zu Jahr größer“, sage ich und möchte ihn nicht gehen lassen. „So machen wir das“, lacht er. Weißes Rauschen in der Dunkelheit.

Richard Blackmore (3)

Der wächst, der Baum, die Tanne, denke ich, sie wird von Jahr zu Jahr größer, denke ich, Wachstum, Wirtschaft, Wertschöpfung, denke ich, und wenn sie so weitermacht, ist sie irgendwann eine Kandidatin für die Alstertanne, denke ich, dann steht sie auf einem Ponton inmitten der Binnenalster, behängt mit allerlei Lichterketten und strahlt so vor sich hin, denke ich, in zwanzig Jahren ungefähr, denke ich, da bin ich zweiundachtzig ungefähr, denke ich, du meine Güte, denke ich, und die Lichter an vor Weihnachten, und die Lichter alsbald schon wieder aus danach, und welch eine tiefschürfende Metapher für das Leben und dessen Ende irgendwann so ungefähr, ungefährlich; Vorsicht.

Richard Havens (1)

„Früher war mehr Alexa, verdammt noch mal.“ „Früher war mehr Gouda, verdammt noch mal.“ „Guten Morgen, Stephen Less.“ „Guten Morgen, Stephen Urbanski. Na, schon Post bekommen vom Sozialamt, die Weihnachtskarte, das Weihnachtsgeld, die besten Wünsche für einen guten Rutsch und auf weiterhin knuffige Zusammenarbeit im kommenden Jahre?“ „Sekunde, wieso Gouda?“ „Ich meine, mal ehrlich jetzt, wie kann man einen Hund nur Gouda nennen?“ „Ein Hund namens Gouda?“ „Wobei, klingt gut, schön zweisilbig und daher durchaus prägnant, der Lockruf.“ „Schmackhaft außerdem bei entsprechendem Alter.“ „Muss liegen, richtig.“ „In Ruhe und Würde gereift.“ „Die eine oder andere Scheibe von abschneiden.“ „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps.“ „Im Osten geht die Sonne auf.“ „Hunsrück.“ „Hundstage.“ „Hunde, wollt ihr ewig leben?“ „Peine, Stadt der Schmerzen.“ „Den Obdachlosen ein frohes Fest, nur darum kann es jetzt noch gehen.“ „Korrekt.“ „Den Bettlern einen besinnlichen Mindestlohn, nur darum kann es jetzt noch gehen.“ „Toleriert.“ „Ich meine, mal ehrlich jetzt, wie kann man einen Hund nur Gouda nennen?“ „Vielleicht hatte die Besitzerin kein Geld.“ „Sekunde, wieso Besitzerin?“ „Kein Geld für einen anderen Namen.“ „Interessant, das hieße ja, die Karte vom Sozialamt ist noch nicht eingetroffen.“ „Korrekt.“ „Das Weihnachtsgeld fehlt, und zwar vorne und hinten.“ „Richtig.“ „Die besten Wünsche für einen guten Rutsch und auf weiterhin fluffige Zusammenarbeit im kommenden Jahre bleiben aus.“ „Tolerabel, und zwar von vorn nach hinten.“ „Dort noch Platz für ein halbes Hähnchen und eine Kiste Holsten?“ „Hier noch Platz für ein glitschiges deutsches Kennzeichen?“ „Bitteschön, du hast das Wort.“ „PI-ER 1311, deutsches Kennzeichen.“ „Der Tod ist ein Seebär aus Pinneberg.“ „Diese Geschichte hier, sie läuft allmählich aus dem Ruder.“ „Da fällt mir ein, ich muss nachher noch mit dem Fuß raus.“ „Stephen?“ „Hallo?“ „Noch dran?“ „Aufgelegt?“ „Tut, tut, tut?“

Richard Havens (2)

M. M, AM. M, AM, genau. M, AM, schnatter, genau. M, AM, schnatter, genau, perfekt. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt, ich persönlich. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt, ich persönlich, spannend. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt, ich persönlich, spannend, aufgestellt. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt, ich persönlich, spannend, aufgestellt, die Herausforderung. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt, ich persönlich, spannend, aufgestellt, die Herausforderung, die Athleten. Stand jetzt. M, AM, schnatter, der Wahnsinn. M, AM, schnatter, genau, Stand jetzt. M, AM, spannend, perfekt, M, AM, definitiv, Stand jetzt.

 

M, AM, genau, und gleich? M, AM, gacker, kreativ?

Richard Havens (3)

M. M, AM. M, AM, genau. M, AM, schnatter, genau. M, AM, schnatter, genau, perfekt. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt, ich persönlich. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt, ich persönlich, spannend. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt, ich persönlich, spannend, aufgestellt. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt, ich persönlich, spannend, aufgestellt, die Herausforderung. M, AM, schnatter, genau, perfekt, eine Hausnummer, im Endeffekt, ich persönlich, spannend, aufgestellt, die Herausforderung, die Athleten. Stand jetzt. M, AM, schnatter, der Wahnsinn. M, AM, schnatter, genau, Stand jetzt. M, AM, spannend, perfekt, M, AM, definitiv, Stand bald.

 

YO: PISTOLE soll am Neujahrstag erscheinen.

Richard III (1)

Regen, der von unten kommt. / Dunkelheit, dein Name sei Langmut. / Nimm Platz und rasiere dir die Beine. / Hell die Gläser klingen, ihr gottverfluchten Peine! / Ein Mond schneidet schlecht ab, verletzt sich am Daumen. / Heißes Blut tropft, Kopf an Kopf mit dem Wasserhahn. / Der Auerhahn hat Schmerzen. / Der Mond zündet sich eine Zigarette an, um kurzweilig zu reden. / Vergisst, das Zippo abzuschalten. / Mond, dein Haar brennt, es riecht nach Horn. / Strähne, walte deines Amtes. / Kommst du heute noch vorbei ist vorbei? / Schenkst du mir einen Glückscent, oder möchtest du das Ganze? /

 

Langanhaltender Regen, der von unten kommt. / Dunkelheit, dein Name sei Gleichmut. / Nimm Platz und rasiere dir die Beine. / Hell die Gläser klingen, ihr gottverdammten Peine! / Früher war mehr früher, und alles kann so bleiben, wie es wird. / Bis auf den Teig für die Vanillekipferl, dessen Rechnung geht wohl auf. / Und der Puderzucker greift zum Gehrock, steckt den Klammerbeutel ein und schmollt, denn die Schüssel ist vom Fach. / Ist es ein Kühlschrank, der da brummt, oder sind es deren zwo? / Wie im Zoo von Bauknecht weiß, was Mauern wünschen? /

 

Dunkelheit, dein Name sei Miss Mut. / Nimm Platz und rasiere dir die Beine. / Hell die Gläser klingen, den Busfahrern ein Trinkgeld! / Lass den Schirm stehen, der spannt, mahnt der Zentaur. / Ein nasser Satz zur Happy Hour. / Erratisch, empathisch. / Sympathisch kroatisch. / Mit blondem Strohhalm. /

 

Zu dieser frühen Stunde, die Straßen sind noch schlicht. /

 

Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

Richard III (2)

„Fängst du mir einen Glückskäfer, oder möchtest du die Mischkalkulation?“ „Zu dieser frühen Stunde, die Orte sind noch Plätzchen.“ „Guten Morgen, Stephen Urbanski.“ „Guten Morgen, Stephen Less.“ „Und, halten wir den Neujahrstag?“ „Schwierig, es ist ja schließlich noch ein ganzes Kapitel zu gehen.“ „Epilog nicht zu vergessen.“ „Die Gegenlesung, sie ist nicht zu unterschätzen.“ „Die Ablesung.“ „Die Vorlesung.“ „Januar also.“ „Sekunde, der Neujahrstag ist doch bereits im Januar, oder etwa nicht?“ „Jein.“ „Das heißt?“ „Der Neujahrstag, er steht für sich, erst danach beginnt der Monat Januar, rein regulär, sozusagen.“ „Einen im Sinn quasi?“ „Richtig, im Grunde genommen müsste man jeden Monat im Jahr um einen Tag erweitern, rein kalendarisch gesehen.“ „So wie im Monat Februar alle vier Jahre?“ „Eine nette Geste, mehr nicht.“ „Hilflos, rührend geradezu.“ „Korrekt, und ja, hätte man dies von vornherein konsequent durchgezogen, du meine Güte, ich mag mich da gar nicht hineindenken, ich sehe ganze Erdzeitalter, die man uns genommen hat.“ „Fehlerhafte Mischkalkulation, ganz klar.“ „Hör bloß auf. Irgendwann, da liegst du auf der Bahre und beschwerst dich, wo bleibt mein Erdzeitalter, ihr elenden Betrüger, ich will jetzt noch nicht sterben!?“ „Hör bloß auf. Irgendwann, da hast du Sex und kommst zu früh, und dann liegst du auf der Mutter und beschwerst dich.“ „Hör bloß auf. Irgendwann, da liegst du auf dem Rücken, so als süßer kleiner Glückskäfer.“ „Und kommst nicht wieder auf die Beine.“ „Sondern strampelst dich zu Tode.“ „Und beschwerst dich.“ „Und zwar zu Recht.“ „Hör bloß auf.“ „Apropos, bringst du sie zum Zug heute Abend?“ „Selbstredend.“ „Und?“ „Unklar.“ „Heißt was?“ „Der eine will den Baum, die andere will nur Zweige, und eine dritte Person wiederum, sie kann sich nicht entscheiden.“ „Will sich nicht festlegen lassen müssen, müssen lassen.“ „Passt in die Zeit irgendwie, oder?“ „Plus eins, sozusagen.“ „Hör bloß auf, Mann.“

Richard III (3)

Mein Körper, ein einziger Schmerzpool. / Rücken, Schultern, rechtes Bein, Gesäß. / Jede einzelne Bewegung. / Ich stöhne wie ein alter Mann. / Entsetzlich. / Unerträglich. / Depressionspool. / Aufstand des Körpers; niedergeschlagen? / Eher nicht. / Und da gab es diesen einen Tag. / Auf dem Wege zur Physiotherapeutin. / Auf dem Wege zur Masseurin. / Auf dem Wege zur Krankengymnastin. / Ich konnte weder vor noch zurück. / Blieb stehen, Tränen in den Augen. / War drauf und dran, die 112 zu wählen. / Niemand half, niemand fragte. / Man eilte seiner Wege. / Besorgungsstress. / Geschenkestress. / Gedankenstress. / Angst. / Gefühlestress. / Furcht vor einem großen Jungen im Militärmantel. / Der da stand im Wege und bitterlich weinte. / Alle schauten angelegentlich. / Auf die Displays ihrer Handys. / Selbst die Handys, selbst die Smartphones. / Schauten nur auf sich; Verkriechtiere, scheu. /

 

Zivilgesellschaft 4.0; Aschenbecherküsse. /

 

Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

Kapitel 4: Richard Lugner

Uschi Bonk (1)

 

Uschi Bonk (2)

 

Uschi Bonk (3)

 

Der neue Leopard Sport (1)

 

Der neue Leopard Sport (2)

 

Der neue Leopard Sport (3)

 

Richard Roundtree (1)

 

Richard Roundtree (2)

 

Richard Roundtree (3)

 

Strafbelobigt (1)

 

Strafbelobigt (2)

 

Strafbelobigt (3)

 

Muskelrelaxans (1)

 

Muskelrelaxans (2)

 

Muskelrelaxans (3)

 

SSKETCH (1)

 

SSKETCH (2)

 

SSKETCH (3)

 

Absolutes Gleichheitszeichen (1)

 

Absolutes Gleichheitszeichen (2)

 

Absolutes Gleichheitszeichen (3)

 

Der kollektive Kaminski (1)

 

Der kollektive Kaminski (2)

 

Der kollektive Kaminski (3)

Uschi Bonk (1)

„B-OX 2207, deutsches Kennzeichen.“ „B-OX wie Botox?“ „Nein, B-OX wie Biotop.“ „Du hast sie zum Hauptbahnhof begleitet?“ „Selbstverständlich.“ „Und?“ „Bewegend.“ „War viel los?“ „Normal.“ „Und?“ „Ich vermisse sie schon jetzt.“ „Traurig?“ „Sicher.“ „Wieso dann diese seltsame Headline da oben?“ „Soll konterkarieren.“ „Deine Gefühle?“ „Ja.“ „Du meine Güte, wie kann man nur.“ „So heißen, richtig.“ „Heute nun also.“ „Heiligabend, korrekt.“ „Und?“ „Grünkohl mit Kamelfleisch.“ „Grünkohl mit Büchsenfleisch.“ „Grünkohl mit Mädchenfleisch.“ „Und?“ „Im Ernst, ich freue mich auf meine Familie.“ „Am Michel?“ „Korrekt.“ „Der Deutsche Michel.“ „Das Michelin-Männchen.“ „Michel Polnareff.“ „Michelle Obama, und dann gibt es noch dieses Lied von diesen Pilzköpfen da, wie heißt es noch gleich?“ „Hast du alles?“ „So heißt es, richtig.“ „Was fehlt?“ „Milch, Tempos, Tabak, und zwar exakt in dieser Reihenfolge.“ „Lebensmittel gibt es ja nicht mehr.“ „Nie mehr, richtig.“ „Entweder du hast welche.“ „Oder du hast ein Problem.“ „Dreißig Tage kann man ohne auskommen, heißt es.“ „Danach wird’s knurrig.“ „Knurrhahn.“ „Knorr Suppen.“ „Lorelei.“ „Sekunde, Lorelei?“ „Was wird das hier, ein Verhör etwa?“ „Gott bewahre, nein.“ „Schade.“ „Guten Morgen, Stephen Urbanski.“ „Volksporsche.“ „Moin, Urbanski.“ „Guten Morgen, Stephen Less.“

Uschi Bonk (2)

Weihnachtsgeschichten, sie liegen mir. Weil ich so romantisch bin, so durch und durch sentimental. Sekunde, draußen ruft jemand seinen Hund „Beppo“. Beppo Brem, du meine Güte, die Älteren werden sich nicht erinnern. Ohne Lebensmittel dreißig Tage. In dreißig Tagen schreiben wir den 23. Januar 2019, du meine Güte. Wenn auch erst ab 23:01 Uhr; ein schwacher Trost. Ich muss noch zum Kiosk und zu Rewe, und zwar exakt in dieser Reihenfolge. Kioske, sie liegen mir. Weil sie öffnen und irgendwann auch wieder schließen. Anders als Rewe; Rewe kriegt den Hals nicht voll, Rewe hat 20/19 geöffnet. Auch über die Feiertage? Sehr wohl auch über die Feiertage. Mir graut vor den goldenen Horden, die ihre Wagen dort füllen mit Beutegut, heute, morgen, übermorgen. Weil sie so melancholisch sind, weil sie so melodramatisch sind. Rewe muss vernichtet werden, deshalb. Beppo Brem, du meine Güte. Ein Hund namens Erinnerung.

Uschi Bonk (3)

„Stephen Urbanski ist jetzt mit Claas Relotius befreundet. Beide mussten ihre jeweiligen Geburtstage angeben. Beide sind und bleiben kostenlos. Beide nehmen an keinerlei Veranstaltungen teil. Beide empfehlen empfohlene Seiten. Beide kennen Personen, die sie kennen könnten. Beide geben Telefonnummern weder an noch preis. Beide sind beliebt auf Facebook. Schön, dass sie hier sind. Bearbeitet.“ Ein Hund namens Zuckerberg; Facebook muss vernichtet werden. Neues Konzept: Bräute über Schwellenländer tragen. HH, Heiligabend.

 

Früher war mehr Lambada; früher war mehr untendurch.

Der neue Leopard Sport (1)

„Scheiß Zitronenjette.“ „Ost-West-Straße, die Bronzefigur?“ „Korrekt.“ „Guten Morgen, Stephen Urbanski.“ „Guten Morgen, Stephen Less.“ „Und, wie war’s?“ „Schnelle Stunden.“ „Essen?“ „Christlich korrekt.“ „Was genau?“ „Frische Suppe mit Zitronengras.“ „Scheiß Zitronengras.“ „Kimchi zum Grünkohl.“ „Interessant.“ „Die Kochwurst war nix.“ „Normal.“ „Stollen zum Kaffee.“ „Was sonst?“ „Tablette zur Zigarette.“ „Interessant.“ „David Bowie gehört und Roxy Music.“ „Ideal?“ „Viel früher, wenig heute.“ „Und sonst, irgendwelche besonderen Kraftausdrücke vernommen?“ „Kleine Jungs werden größer, kriegen Haare am Sack, die sie voll eklig finden, O-Ton.“ „Verwandtschaft?“ „Entfernt.“ „Interessant.“ „Später dann der Gefangenenaustausch.“ „Übergabe Lottoschein gegen schwarze Socken?“ „Exakt.“ „Interessant.“ „Freundliche Busfahrerin auf dem Heimweg, Stadt wie ausgestorben, Straßen wie leergefegt, dabei heidnisch erleuchtet.“ „Korrekt.“ „Interessant, auf dem Hinweg umarmten sich die Angestellten eines Juweliers vor dessen Ladentür, tranken ein Sektchen und wünschten sich was.“ „Wempe, Mönckebergstraße?“ „Korrekt.“ „Interessant.“ „Bewacht von der hauseigenen Security.“ „Normal, interessant.“ „Interessante Obdachlose auf dem Rückweg.“ „In den Eingängen der großen Kaufhäuser campierend?“ „Exakt.“ „Interessant.“ „Horden jugendlicher Panzerketten mit Migrationshintergrund, die ja nun mal das Fest nicht feiern und trotzdem nicht wissen, wohin mit sich und ihrem Hormonüberschuss in der Innenstadt.“ „Juden?“ „Testosteronalarm, geparkte Türkenflundern, eine nach der anderen am Hauptbahnhof.“ „Luden?“ „Aisches auf Highheels.“ „Aische Pervers, die Pornodarstellerin?“ „Samt ihrer Entourage, richtig.“ „Gemachte Mädels.“ „Mir lag die ganze Zeit das schwere Geläut dieses Kitschtempels in den Ohren, Zuckergusseisen.“ „Michel, mein Michel?“ „Korrekt.“ „Interessant.“ „Christen-KZ.“ „Korrekt.“ „Musste sofort aufs Klo zuhause.“ „Grünkohl, Schüssel voll?“ „Unbedingt.“ „Interessant.“ „Exakt.“ „Und heute?“ „Absolute Ruhe.“ „Und morgen?“ „Undurchdringliche Stille.“ „In den Nächten, Hamburg, in den Nächten.“ „Geht das Christkind um und kotzt sich aus.“

Der neue Leopard Sport (2)

Und zum Hassen in die Küche. / Schön war’s, warm und familiär. / Wenig nostalgisch trotz David Bowie. / Zu viel geraucht, Schädel qualmte. / Gelüftet, eiskalte Luft hineingelassen. / Ein alter Freund rief an zwischendurch, einsam, besoffen. / Wollte über Gänsekeulen sprechen. / Gans und Gloria. / Abgewimmelt. / Wollte über Deep Purple sprechen. / „Child In Time“, das Lied. / Chilehaus, sagte ich. / Was weder er noch ich verstanden. / Ich hasse betrunkene Gespräche, sagte ich. / Sind nämlich keine, sagte ich. / Er wimmelte mich ab. / Alt werden wir, einsam sind wir, dachte ich. / Und ging zum Sterben in die Küche. / Wo allerdings noch der Abwasch wartete, trommelnd mit Bestecken zum Takt der alten Noten. / Wein achten, dachte ich, Zinfandel durch Annäherung. /

 

Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

Der neue Leopard Sport (3)

Beglückte Stille, erfüllte Lautlosigkeit. / Bis auf das unwillige Krächzen der Nornen. / Nornen sitzen und krächzen: Frühe Paare sind so praktisch. / Frühe Paare verlassen das Haus, verstauen den Kinderwagen im neuen Leopard Sport. / Verstauen das Kind irgendwo vorn. / Frühe Paare haben gefrühstückt und geduscht. / Frühe Paare, sie machen sich nun auf den Weg, wohin auch immer. / Frühe Paare sind so taktisch. / Dahinter steckt nämlich System. / Welches die Nornen nicht verstehen. / Welches die Nornen nicht durchschauen. / Was die Nornen maßlos ärgert. / Denn sie sind die Chefs zu dieser grauen Stunde. / Sie allein verfügen über die Lufthoheit. / Sie allein verfügen, wer sich wann wohin begibt. / Und nicht die frühen Paare. / Am Weihnachtstag 02. /

 

Der Weihnachtstag 01, er war binär: Er war an, er war aus. / Aufgestanden, hingelegt. / Gegessen, verdaut und ausgeschieden. / Gegangen, gestanden, gesessen. / Zahn, Zähne, Zahnseide, Mundwasser. / Wenn auch ohne Alkohol. / HH, der war gut. / Körpernahes Duschgel. / Feuchte Häute, abgetrocknet. / Mit dem Kamm durch die Haare. / Aber so was von. / Stoffe angelegt, Stoffe wieder abgelegt. / Ein Leder an den Füßen; kein Leder. /

 

Nichts gedacht, wenig ersonnen. / Ein Telefonat mit der Hauptstadt. / Kein Telefonat mit der Heimatfront. / Meiner. /

 

Der Weihnachtstag 01, er kam und er ging; mein Gott, welch eine himmlische Novelle. / Dem Weihnachtstag 02 wiederum wird es nicht viel anders ergehen. / Die Nornen und ich, wir wissen darum. / Nur das mit jenen frühen Paaren, dies gilt es noch herauszufinden. / Wo wollen sie hin? / Und warum sind sie so praktisch? / Denn das sind sie; eine Veranlagung vielleicht? /

 

Ein Privileg der frühen Paare? / Unklar, quälend. /

 

Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

Richard Roundtree (1)

Hast du schon die Unterhosen ausprobiert?

 

Die schwarzen Socken von Falke?

 

„Happy“, die Kompaktbaumwolle.

 

Die Werbung flüstert: Falke, Socks For Happy People.

 

Die Tauben sind so grau wie der Tag.

 

Ich vergreife mich am Staubsauger.

 

Den ich ohnehin als Sexspielzeug begreife.

 

Ich vergreife mich, damit da mal Geräusch reinkommt.

 

In den Tag und ins Gebilde.

 

Ich vergreife mich, damit da mal Geräusch reinkommt.

 

Ins Fleisch, damit da mal Radau reinkommt.

 

Ins Gebinde; schon allein, um dieser absurden Stille.

 

Diesem ereignislosen Schweigen mit etwas, nun ja.

 

Resolutem Bums zu begegnen.

 

Früher war mehr Lambretta.

 

Der Auerhahn ist so schwarz wie ein Abend.

 

Der Zentaur bezirzt ein spätes Paar.

 

Umgarnt die späten Pärchen Hamburg-Nord.

Richard Roundtree (2)

„Charismas also, aus und vorbei.“ „Wochenlang fieberte die Stadt auf diesen einen Punkt hin, und zack, ist er auch schon wieder Vergangenheit. Im Geiste sehe ich mich bereits im nächsten Jahre wieder an dieser Bushaltestelle stehen dort unten am Michel, mich kurz vor Mitternacht von meiner Familie verabschiedend, und alle sagen, du meine Güte, das ging ja schnell, wo ist denn bloß die Zeit geblieben?“ „Bringt das Alter so mit sich, fürchte ich.“ „Richtig, denn je älter man wird, desto mehr Claims hat man gelernt, abzustecken. Daher auch die immer schneller werdenden Stunden.“ „Korrekt, als junger Mensch erscheinen einem die Weihnachtsferien wie Jahre, endlos nämlich.“ „Und irgendwann schaut man dann dort unten an der Ost-West-Straße auf die Anzeigetafel, Bus kommt in elf Minuten, heißt es, und man denkt, du meine Güte, und zack, nach gefühlten elf Sekunden steht er auch schon da, der Bus.“ „Die Türen, sie öffnen sich.“ „Man steigt ein und zeigt die Tageskarte.“ „Und wünscht der Fahrerin alles Gute.“ „Auf ihrem weiteren Lebensweg.“ „Und dann sucht man sich einen Platz möglichst weit hinten, um den Überblick nicht zu verlieren.“ „Denn man weiß ja nie, wer noch so alles zusteigt.“ „Denn der Bus, er ist lang.“ „Und die Fahrt ist es auch.“ „Und Erich hat den Längsten.“ „Apropos, hast du denn schon die neuen Unterhosen ausprobiert?“ „Unterelbe.“ „Die schwarzen Socken von Falke aus der Edition Happy?“ „Gesocks For Happy People.“ „Und was ist aus deinem Geschenk geworden, der Lottoschein, hat er funktioniert?“ „Leider nicht, obgleich mein Konzept unschlagbar gut war.“ „Interessant.“ „Das Konzept sah vor, extrem schlechte Zahlen anzukreuzen, den Lottoschein jedoch in einer der besten Gegenden Hamburgs abzugeben, von denen es ja nicht mehr allzu viele gibt, wie man weiß, weiß man doch.“ „Da haben wir sie wieder, die Mischkalkulation.“ „So ist es.“ „Und?“ „Leider erneut verloren, wenn auch nur knapp.“ „Das ist bitter.“ „Das tut weh.“ „Das war dumm.“ „Das war unverdient, schließlich haben wir und nicht der Gegner das Spiel gemacht.“ „Richtig, wir haben ihn dominiert.“ „Bis kurz vor Schluss die Konzentration hochgehalten.“ „Doch dann dieser eine Stellungsfehler.“ „Der Ballverlust, er war völlig unnötig.“ „Ein gebrauchter Tag.“ „Das haben wir uns anders vorgestellt.“ „Hamburg, wir hören nichts.“ „Guten Morgen, Stephen Urbanski.“ „Mund abwischen, weitermachen.“ „Hart arbeiten.“ „Einlochen.“ „Eintüten.“ „Den Sieg vergolden.“ „Über die Zweikämpfe zurückfinden ins Spiel.“ „Die Räume eng machen.“ „Die Reihen fest geschlossen.“ „Ups?“ „Ups.“ „Guten Morgen, Stephen Less.“

Richard Roundtree (3)

„Ich habe ein Vöglein singen hören vorhin, es war noch stockfinster.“ „Vöglein, Vöglein an der Wand.“ „Eine Amsel, schwör bei Koran.“ „Ramadan.“ „Sie war es, da bin ich mir ganz sicher.“ „Kicher.“ „Sie wäre heute einundneunzig Jahre alt geworden.“ „Dabei hatten wir uns so viel vorgenommen.“ „Was in der Kabine besprochen wird, bleibt in der Kabine.“ „Der Trainer genießt unser aller Vertrauen.“ „Den muss er einfach machen.“ „Ihr habt bezahlt!“ „Ihr habt bezahlt!“ „Ihr habt bezahlt, ihr könnt jetzt gehen!“ „Gesang?“ „Korrekt.“ „Die Weihnachtsbaumverkäufer haben bereits das Feld geräumt.“ „Der eine oder andere liegt schon an der Straße.“ „Der eine oder andere Tannenbaumverkäufer?“ „Mit dem Punkt können wir leben.“ „Müssen wir eben.“ „Quasi von heute auf morgen.“ „Zweiter Weihnachtstag, Punkt Mitternacht.“ „In der Nacht auf den 27. Dezember, Papa schmückt ab.“ „Und dann zack, über den Balkon damit.“ „Raus mit der Nadel.“ „Schluss mit der Andacht.“ „Und Mama meinte noch, lass ihn uns doch spenden.“ „Nix.“ „So weit kommt das noch.“ „Kriegst du ja nix für.“ „Rechnet sich nicht, so ein Rumäne.“ „Bringt doch nix.“ „Pack die Weihnachtskerzen ein.“ „Gesang?“ „Nein.“ „Jede Mutter hätte ihn gemacht.“ „Es fehlt der letzte Pass.“ „In die Box.“ „Wir müssen am Abschluss arbeiten.“ „Das Ding auch mal nach Hause schaukeln.“ „Dreckig.“ „Es lebt in uns weiter.“ „Der Stollen war nix.“ „Ruhr da unten!“ „Hure da unten!“ „Und wünschen wir Ihnen.“ „Und freuen uns darauf.“ „Und sind am 30. Februar in alter Frische.“ „Wieder für Sie da.“ „Punkt Mitternacht.“ „Um 24:12 Uhr.“ „Dann ist ja auch bald März.“ „Die Vöglein, sie singen.“ „Sie leben in uns weiter.“ „Guten Morgen, Stephen Urbanski, mein tapferes Schreiberlein.“ „Soll das denn jetzt heißen?“ „Ja.“ „Die Hand, die einen füttert.“ „Sie lebt in uns weiter.“ „Guten Morgen, Stephen Less.“ „Die Wahrheit.“ „Auf dem Platz.“ „Oder.“ „Aber.“

Strafbelobigt (1)

„Wir müssen uns auch mal belohnen.“ „Der Mannschaft was zurückgeben.“ „Dem Verein und den Fans.“ „Tolle Stadt, tolles Stadion.“ „Stadium.“ „Studium.“ „Traditionsclub.“ „Traditionsbäckerei.“ „Seit 2020.“ „Seit, since, established.“ „Der neue IS, schon klar.“ „Gegründet nicht zu vergessen.“ „Heute beginnt der Böllerverkauf.“ „Ich wäre gern weit weg von hier.“ „Fern weit weg von hier.“ „In klösterlicher Stille.“ „In einem Kloster am Meer.“ „Mit WLAN.“ „Und Zigarettenautomat.“ „Vollpension im Kräutergarten.“ „Einzelzelle, kärglich möbliert.“ „Wärmegedämmt.“ „Tisch, Stuhl, Bett und Peitsche.“ „Die Geißel, zertifiziert nach ISO 9001.“ „Gesänge, alles von Prince.“ „Under The Cherry Moon.“ „Es gibt zwei Himmel, die ich liebe.“ „Liebe über alles.“ „Den meiner Heimatstadt, dies geile reiche Grau.“ „Und den am Meer.“ „Richtung Skandinavien.“ „Den Wikingerhimmel, richtig.“ „Odin räumt den Magen auf.“ „Den Nornen sind frühe Pärchen egal.“ „Sie fallen nicht in ihren Beritt, korrekt.“ „Die Nornen haben ganz andere Sorgen.“ „Was ziehen wir heute an?“ „Und was gibt es zu essen?“ „Gut siehst du aus, hast du abgenommen?“ „Warst du beim Friseur?“ „Möchtest du ein Eis?“ „Oder lieber eine Pizza?“ „Oder beides mit nicht so viel alles?“ „Ist bald ein Strand?“ „Ich bringe mein Geld zur Sandbank.“ „So geht Wattwurm heute.“ „Hinten sicher stehen.“ „Und dann schnell umschalten.“ „Dieses kostspielige Grau.“ „Diese unfrisierte See.“ „Tang wie aus dem Bett gefallen.“ „Guten Rutsch noch, mein lieber Stephen Urbanski.“ „Zu früh, mein Freund, zu früh.“ „Ich bin nicht dein Freund, mein Freund.“ „Mein lieber Stephen Less.“ „Und?“ „Und Meer.“

Strafbelobigt (2)

„Man kann nur noch um 07:07 Uhr aufstehen heutzutage, alles andere ist nur Pop.“ „Man hört tatsächlich den einen oder anderen Singvogel da draußen, kein Wunder bei dieser milden Witterung.“ „Es sind also noch einige da.“ „Oder schon wieder zurück.“ „Aus dem Winterquartier.“ „In Winterhude.“ „Oder wir sind einer akustischen Täuschung aufgesessen.“ „Einer Aufzeichnung womöglich?“ „Möglich.“ „Einer Vogel-App?“ „Hab mich gestern Abend vor meinem eigenen Schatten erschreckt auf dem Wege zum China-Imbiss.“ „Wundert mich nicht, wenn du mich fragst.“ „Er war plötzlich neben mir.“ „Du standst neben dir, so einfach war das.“ „Ich habe ihn angesprochen, aber er hat nichts gesagt.“ „Er spricht halt nicht mit jedem.“ „Dahergelaufenen.“ „Du stehst neben dir, so einfach ist das.“ „Radiologie an der Binnenalster ist bis Juli kommenden Jahres ausgebucht.“ „Übermorgen also.“ „Die sogenannten Hüfttermine, sie können keine vergeben.“ „Die Zeit ist eine Concorde.“ „Mir sehr unangenehm, meinte die Dame am Telefon, aber Sie müssen halt unsere Mitbewerber abklappern.“ „Die Zeit verfliegt in Überschallgeschwindigkeit.“ „Seltsame Wortwahl.“ „Die Zeit zieht schneller als ihr Schatten, um mal ein geflügeltes Wort aus der bunten Welt des Comic zu benutzen.“ „Sie müssen halt unsere Mitbewerber abklappern, so redet doch kein Mensch.“ „Übermorgen Silvester, ich fasse es nicht.“ „Der Chinese fragte, ob ich das Rindfleisch gern HSV-scharf hätte.“ „Die Zeit überholt sich selbst inzwischen, das nenne ich doch mal fortschrittlich, wahrlich und wahrhaftig.“ „HSV-scharf, stimmt, hab ich früher so bestellt.“ „Nun ja, die Zeit muss wissen, was sie tut, sie ist ja schließlich alt genug.“ „HSV-scharf, komischer Ausdruck.“ „Die Zeit, sie ist volljährig.“ „So bestellt doch kein Mensch.“ „Und somit strafmündig.“ „Es sind nur noch wenige Geschichten zu gehen in diesem Büchlein, ich werde sie allesamt in Dialogform stattfinden lassen, Fakt.“ „Gnade ihr Gott, der Zeit, denn auch auf Tempoverstöße steht Gefängnis in Fällen.“ „Ich unterhalte mich gern mit dir, mein lieber Stephen Less und einzigartiger Freund.“ „Geschwindigkeitsübertretung mit Todesfolge.“ „Auch, wenn du manchmal völlig wirres Zeug redest, egal.“ „Weiß die Zeit das?“

Strafbelobigt (3)

„Eine Vogel-App, installiert auf einem Smartphone, versteckt in einem Baum, Punkt.“ „Mit Ladekabel?“ „Würde Sinn machen, korrekt.“ „Fragt sich nur, zu welchem Behufe.“ „Wellness pur.“ „Du meinst, die Welt braucht schöne Töne?“ „Vor dem Atomkrieg, richtig.“ „Der ja demnächst losbricht, wie man weiß, weiß man doch.“ „Vom Zaun gebrochen wird, korrekt.“ „Weiß der Zaunkönig das?“ „Gute Frage, Kompliment.“ „Da werden aber einige mörderkalt erwischt werden an Silvester.“ „Bevor sie zu Staub zerfallen, richtig.“ „Merken die ohnehin nicht.“ „Denken, es handelt sich um einen neuartigen Knallfrosch.“ „Aus Nordkorea.“ „Marke Zweite Sonne.“ „Oder aus den USA.“ „Der Marke Ivanka.“ „Wanker?“ „Auch, ja.“ „Das mit der Zeit, deine Meditation darüber.“ „Ja?“ „Sie macht ja nur vor dem Teufel halt, um mal einen alten Schlager zu zitieren.“ „Gesang?“ „Du meine Güte, mein lieber Stephen Less und scharfsinniger Freund.“ „Ja?“ „Reiß dich mal zusammen, wenn ich bitten darf.“ „Okay.“ „Wie, okay, mehr nicht?“ „Nein.“ „Okay.“ „Dann ist ja gut.“ „Nichts ist gut.“ „Dann eben nicht.“ „Richte mal deinen Blick gen Himmel, was siehst du?“ „Zu früh, mein Freund, zu früh.“ „Erst zu Silvester?“ „Die vollständige Vernichtung, ja.“ „Verdient.“ „Verdient verloren, Welt.“ „1:0 für den Zaunkönig, richtig.“

Muskelrelaxans (1)

„Vegan schwängern, nur darum kann es jetzt noch gehen.“ „Vegetarisch schwängern, nur darum kann es jetzt noch gehen.“ „Guten Morgen, Stephen Urbanski.“ „Guten Morgen, Stephen Less.“ „Unglaublich, dass der Heiligabend morgen schon wieder eine Woche her sein soll.“ „Wir sprachen an jenem Abend über den Tod, meine Familie und ich.“ „Interessant.“ „Wer von uns wohl zuerst gehen wird.“ „Frauen und Kinder zuerst.“ „Ich sagte, ich gehe als Erster.“ „Wie uneigennützig von dir.“ „Im Gegenteil, schließlich finanziert mir die Familie ja ein Stück weit meinen Lebensabend, insofern.“ „Macht das Sinn, richtig.“ „Denn im Fall der Fälle, falls sie mal vorzeitig ausfallen sollte, sozusagen.“ „Dann ist Schmalhans Küchenmeister.“ „Außerdem bin ich der Erstgeborene.“ „Mutters Prachtstück.“ „Der Stollen war nix.“ „Bergwerk, Zeche Bochum?“ „Ruhr da unten!“ „Hure da unten!“ „Lactosefrei schwängern, nur darum kann es jetzt noch gehen.“ „Glutenfrei schwängern, nur darum kann es jetzt noch gehen.“ „Stallhaltung.“ „Bodenhaltung.“ „Wichtig ist ja nach wie vor mit Kinderwagen, Smartphone und Hund.“ „Oh nein, nicht die schon wieder, ich bitte dich.“ „Das Ganze im Laufschritt.“ „Leistungsbereitschaft, Fitness.“ „Demonstration dessen.“ „Bart zum Parka.“ „Plus Rucksack.“ „Fjällräven ist das neue Hakenkreuz.“ „Oh nein, nicht diese Marke schon wieder, ich bitte dich.“ „Canada Goose ist der neue IS.“ „Oh nein, nicht diese Marke schon wieder, ich bitte dich.“ „Wir drehen uns im Kreise, da hast du völlig recht.“ „Und das im Dauerlauf.“ „So ein kleiner Todesfall würde uns allen mal wieder guttun, oder?“ „Aber.“ „Mancherorts.“ „Vielerorts.“ „Zur Stunde.“ „Demnach.“ „Hernach.“ „Trifft ja keinen Armen.“ „Man fällt ja weich.“ „Die soziale Hängematte.“ „Reichtum durch Umverteilung.“ „Die soziale Gerechtigkeit.“ „Schluss mit der Hängepartie.“ „Keine Lügen.“ „In nuce.“ „Vulgo.“ „Biologisch abbaubar schwängern, nur darum kann es jetzt noch gehen.“ „Hallo, Stephen Urbanski?“ „Stephen Urbanski ist jetzt mit Ernst Kaltenbrunner befreundet.“ „Stephen Less ist jetzt mit Jens Spahn befreundet.“ „SSPAHN.“ „Spahn, Spahn, Spahn auf der Autobahn.“ „Mein Gott, Stephen.“ „Du meine Güte, Stephansdom.“

Muskelrelaxans (2)

„Mit dem Gestank von Hundescheiße in der Nase aufgewacht.“ „Mit dem falschen Fuß zuerst aufgestanden?“ „Mit dem linken Schuh in die Scheiße getreten.“ „Welche hattest du an?“ „Adidas Stan Smith.“ „Die in Oliv?“ „Korrekt.“ „Schick.“ „Beim Versuch, die Kacke abzustreifen löste sich der Absatz.“ „Aber die haben doch gar keine Absätze!“ „Eben.“ „Drum.“ „Und danach die komplette Sohle.“ „Was hast du getan?“ „Nach meiner Freundin gerufen.“ „Aber die ist doch in Berlin, dachte ich?“ „Eben, und sie meinte, das sei jetzt schlecht, sie wäre nämlich gerade dabei, Gewürze einzuräumen.“ „Lecker.“ „Deswegen.“ „Was hast du getan?“ „Mich hinkend zum Klavier begeben und Weihnachtslieder angestimmt.“ „Stimmung, Erotik, Fußpilz.“ „Und alle sangen mit.“ „Auch Stan Smith?“ „Der auch, ja.“ „Auch der Hund namens Kot?“ „Auch der, richtig.“ „Auch deine Karte namens Arsch?“ „Korrekt.“ „Choräle, Chöre, Liturgien?“ „Kutten, richtig.“ „Alle Jahre wieder?“ „Wollte ich erst spielen, war mir dann aber viel zu redundant.“ „Jedoch.“ „Jeweils.“ „Jehova.“ „Ja.“ „Sekunde, Deutschland exportiert derzeit weitaus weniger Plastikmüll nach China als noch vor einem Jahr.“ „Sagt wer?“ „Die Tagesschau.“ „Schaffnerwissen.“ „Bahnbrechende Neuigkeiten, verlesen von einer dieser angemalten Sprecherpuppen.“ „Gegen Geld etwa?“ „Anzunehmen, ja.“ „Ist sofort zu liquidieren, die Nutte.“ „Okay.“ „Du gehst?“ „Job.“ „Erledigen?“ „So ist es.“ „Danke.“ „Unkraut vergeht nicht.“ „Bitte was?“ „Bitte nichts.“ „Dann ist ja alles gut.“ „Wo?“

Muskelrelaxans (3)

„Schilddrüsensprechstunde! Jetzt!“ „Traumaplant enthält Beinwell! Jetzt!“ „Konsensmilf sofort zu mir!“ „Jetzt!“ „Heute nun also.“ „Silvester, korrekt.“ „Und?“ „Schmerzen, Schmerzen, Schmerzen.“ „Wir hören uns drüben.“ „Sekunde?“ „Nichts, nur ein kleiner morbider Scherz.“ „Schmerz?“ „Und?“ „Ein frugales Mahl, die Stunden absitzen bis es dann irgendwann endlich so weit ist, sagen wir mal, so gegen Mitternacht.“ „Und?“ „Anstoßen, sie mit Umdrehungen, ich mit Wasser.“ „Wasser hat keine Balken.“ „Früher war mehr Lambrusco.“ „Das heißt?“ „Gestern seit zehneinhalb Jahren trocken gewesen.“ „Heißt was?“ „Keinen Alkohol.“ „Na und?“ „Auch wieder wahr.“ „Nicht wahr?“ „Nicht wahr.“ „Und? „Dann auf die Straße, der Akademiker-Böllergruppe beim Zündeln zuschauen.“ „Ihrer Nachbarschaft?“ „Richtig, allesamt cum laude.“ „La Uhlenhorst halt.“ „Sekt für die Nutten, Champagner für uns!“ „Wir sind alle Hamburger Jungs!“ „Gesang?“ „Korrekt.“ „Hoffentlich gibt es Tote.“ „Dafür wird der Plebs schon sorgen, keine Sorge.“ „Sprengt sich selbst in die Luft.“ „Und wenn schon, er wächst ja sofort wieder nach.“ „Stimmt, denn wenn diese Spezies etwas kann.“ „Dann ist das Ficken.“ „Ficken 100.“ „Ficken einhundert Millionen.“ „Sie machen meinen Planeten kaputt.“ „Macht nichts, dann kommt halt der nächste.“ „Wird wahrscheinlich schon irgendwo produziert.“ „In China.“ „Oder in Vietnam.“ „Oder mal nirgends.“ „Darf ich dich mal was fragen?“ „Nein.“ „Bist du ein Menschenfeind?“ „Ein Kostverächter bin ich jedenfalls nicht, richtig.“ „Was gibt’s denn zu essen nachher?“ „Plebs.“ „Plebs mit Soße?“ „Jägersoße von Maggi, korrekt. Sonst Knorr.“ „Knurrhahn?“ „Auerhahn?“ „Kampfbahn?“ „Hahnenkampf?“ „Hahnentritt?“ „Eintrittswinkel?“

 

„Mein Gott, Stephen.“ „Du meine Güte, Stephansplatz.“

SSKETCH (1)

„Schnarr, wir werden durch gelbe Präsenzwesten sichtbar sein im Einsatzgebiet, meinte ein Sprecher der Polizei Hamburg gestern im Fernsehen.“ „Schnarr, lass mich raten, hat er mit den Augen gerollt?“ „Schnarr, woher wusstest du das?“ „Schnarr, neuronale Übersprungshandlung.“ „Sie werden sich auf die Fresse hauen.“ „Sie werden sich in Grund und Boden saufen.“ „Sie werden sich gegenseitig aufschlitzen.“ „Sie werden die Mädels belästigen.“ „Ficken 100.“ „Tja, zur falschen Zeit am falschen Ort, Franziska.“ „Noch ein Selfie mit Mohammed, Svenja?“ „Bevor er dir an die Wäsche geht?“ „Du bist beim Film, Sophie.“ „Die Polizei Hamburg zeichnet nämlich alles auf.“ „Zum Zwecke der Auswertung.“ „Zum Zwecke der Aufwertung.“ „Zum Zwecke der Aufklärung.“ „Sekunde, wen haben wir denn da?“ „Ist das nicht die Bundeswehr Hamburg?“ „Mit dem neuen Leopard Salambo?“ „Platziert sich unten am Beatles-Platz.“ „Und das da oben Höhe Schmuckstraße, sind das Raketenwerfer extra?“ „Zur Feier des Tages, richtig.“ „Die werden doch wohl nicht!?“ „Oh doch, genau das werden sie!“ „Was gibt’s denn zu essen morgen?“ „Opferhack.“ „Guten Morgen, Stefan.“ „Guten Morgen, Effenberg.“

SSKETCH (2)

„01.01.2019 also.“ „Neujahr, richtig.“ „Und, wie war Silvester?“ „Macht kaputt, was euch kaputt macht.“ „Die Obdachlosen in diesem Lande boten Passanten Weihnachtskekse an, hörte ich.“ „Dem internationalen Publikum, korrekt.“ „Gut, irgendwann kann man sie ja auch nicht mehr sehen.“ „Die Obdachlosen?“ „Die Passanten?“ „Die Weihnachtskekse?“ „Das internationale Publikum?“ „Dieses Landes?“ „Mädchenraketen gezündet.“ „Du warst doch strikt dagegen, oder etwa nicht?“ „Ich schon, ja.“ „Aber?“ „Mein schöner schwarzer Mond, sie war es nicht.“ „Sehr gut.“ „Sie hat kleine Raketen gekauft.“ „Wie süß von ihr.“ „Traurig war allein das Wetter.“ „Witwer?“ „Sprühregen, böiger Wind, Boden-Boden.“ „Da braucht es ein fittes Zippo.“ „Um die Zündschnur in Brand zu setzen, richtig.“ „Bester Satz gestern Abend?“ „Eigentlich wollte ich uns ein Festmahl zubereiten, meinte sie.“ „Doch dann?“ „Haben wir uns für eine Ofenkartoffel zur Frikadelle entschieden, ging halt schneller, dem internationalen Publikum knurrte bereits recht früh der Magen.“ „Darf ich dich mal was fragen?“ „Nein.“ „Ofenkartoffeln, sind die judenfeindlich?“ „Ich hoffe es doch.“ „Guten Morgen, Stephanie.“ „Die von Monaco?“ „Wieso, kennst du noch eine andere?“ „Nein.“ „Na also.“ „Na bitte.“ „Geht doch.“

SSKETCH (3)

„Steh auf für den HVV!“ „Gesang?“ „Korrekt.“ „Die Einzelkarte.“ „Der Nahbereich.“ „Zweite Klasse.“ „Ausgestellt am 01.01.2019.“ „Preiserhöhung um zehn Cent.“ „Auf 2,30, richtig.“ „Erhöhen können die hier in Hamburg, Respekt.“ „Der Anblick dieser städtischen Müllhalde ringsumher deprimiert mich ungemein.“ „Feiertrottel.“ „Wüstlinge.“ „Vandalen.“ „Sandalen?“ „Gut, es kommen auch wieder andere Ecken.“ „Und Kanten.“ „Andere Länder haben auch schöne Städte.“ „Es kommen auch wieder andere Wüsten, richtig.“ „Du meinst?“ „Hallo, Stevie Winwood.“ „Hallo, Stevie Wonder, was siehst du?“ „Dann sehen wir weiter, okay?“

Absolutes Gleichheitszeichen (1)

„Alt: Übergriffe auf Rettungskräfte in der Silvesternacht.“ „Neu: Übergriffe durch Rettungskräfte in der Silvesternacht!“ „Danke, dass es dich gibt.“ „Danke für alles.“ „Danke für all die vielen Jahre, die wir gemeinsam erleben durften.“ „Ich liebe dich, mein schöner schwarzer Mond.“ „Dies alles hast du ihr gesagt?“ „Ja.“ „Alt: Die judenfeindliche Ofenkartoffel.“ „Neu: Die freundliche, die weltoffene Ofenkartoffel!“ „Umarmung dafür, mein Freund.“ „Umarmung trotzdem, mein Freund.“ „Bonus?“

Absolutes Gleichheitszeichen (2)

„Hau ab!“ „Hau ab!“ „Hau ab!“ „Hau ab!“ „Gesang?“ „Korrekt.“ „Eben zwei Euro gefunden.“ „Wo, wo, wo, wo, wo?“ „Unten im Hausflur.“ „Nicht oben auf dem Boden?“ „Sieht noch sehr neu aus, die Münze.“ „Nicht alt?“ „Jungfräulich, unschuldig, unbenutzt.“ „Ungenutzt.“ „Dennoch fehlen dreißig Cent.“ „Sekunde?“ „Nahbereich HVV kostet jetzt 2,30.“ „Und die Kurzstrecke?“ „1,70.“ „Nimm doch die, dann hast du die dreißig Cent.“ „Milchmädchenrechnung, mein Lieber.“ „Tja, so geht Geschäftssinn, Johnny.“ „Hau ab!“ „Hau ab!“ „Hau ab!“ „Hau ab!“

Absolutes Gleichheitszeichen (3)

„Und zack, der schnöde Alltag ist zurück.“ „Na endlich, wurde ja auch mal Zeit.“ „Heute Morgen, eine schmale Mondsichel, linkslastig.“ „Linksträgerin.“ „Rechts daneben die Venus, symbolträchtig.“ „Kosmisch korrekt.“ „Auf jeden Einwohner entfallen derzeit zwei Leuchtwesten.“ „Die Stadtreinigung Hamburg.“ „Sie schwärmt aus, richtig.“ „Blasen, bis der Arzt kommt.“ „Bis die Stadt wieder aussieht wie geleckt, korrekt.“ „HH, Sekunde, der war gut.“ „Tanja.“ „Sekunde?“ „Neues Konzept: X-beliebigen weiblichen Vornamen hineinwerfen in die jeweilige Story zum Zwecke der Befeuerung.“ „Oder auch nicht.“ „Josephine.“ „Wie ist es geworden deiner unmaßgeblichen Meinung nach?“ „Was jetzt genau?“ „Dies Büchlein.“ „Durchwachsen, fürchte ich.“ „Das lassen wir mal so stehen.“ „Hella.“ „Schon irgendein Datum der Veröffentlichung im Kopf?“ „10. Januar.“ „Ein was?“ „Ein Tag.“ „Schon klar, Mann, doch welcher?“ „Ein Donnerstag.“ „Thor macht müde Männer munter.“ „Und Freya macht sich frei.“ „Edda.“ „Anlass, Bewandtnis?“ „10. Januar, mein erster Zahnarzttermin, frisch, fromm, fröhlich, frei et cetera.“ „Grund, Aufhänger?“ „Zahnkrone.“ „SSTAHL.“ „Ruine raus, Modellage.“ „Gut, das muss natürlich gefeiert werden.“ „VÖ YO: PISTOLE.“ „Stimmt, was wäre besser geeignet?“ „Luna.“

Der kollektive Kaminski (1)

„Porzellan, Digger, Porzellan.“ „Sekunde?“ „Eine Headline, die es nicht geschafft hat in dieses Büchlein.“ „Welches jetzt genau?“ „Theda.“ „Porzellan, lass mich raten, wegen LAN?“ „Korrekt.“ „Interessant, hätte eine gute Story draus werden können, so 5G-mäßig, schnelles Netz, so 2019-mäßig.“ „Swanhild.“ „Sonst noch irgendwelche Überschriften, die es nicht gepackt haben?“ „Nicht, dass ich wüsste, nein.“ „Tolle Headline, schade um sie, wirklich.“ „Als ich noch in meinem Alter war.“ „Da gab es dies alles nicht, richtig.“ „Fleurange.“

Der kollektive Kaminski (2)

„2019 also.“ „Komische Jahreszahl, irgendwie so weder, noch.“ „Ähnlich wie 1979.“ „Hör bloß auf, ein völlig belangloses Jahr.“ „Ein langweiliges Jahr, bis 1980 kam.“ „Und David Bowies Scary Monsters (And Super Creeps) erschien.“ „Super Album, welches 1989 bereits in Vergessenheit geraten war.“ „Denn da fiel die Mauer.“ „Und somit das Versprechen auf gesamtdeutsch blühende Landschaften.“ „1999.“ „Super Song von Prince.“ „Alle waren in heller Aufregung.“ „Des Jahrtausendwechsels wegen, richtig.“ „Woran erinnerst du dich?“ „An nichts, wenn ich ehrlich sein soll.“ „Sehr gut, sonst wärst du nämlich nicht dabei gewesen.“ „2009.“ „Vergiss es.“ „Das erste Jahr meiner Abstinenz.“ „Das heißt?“ „Keinen Alkohol.“ „Heißt was?“ „Bluna.“ „Ist das ein weiblicher Vorname?“ „Jetzt schon, ja.“

Der kollektive Kaminski (3)

„Einhundertacht Seiten also.“ „Wann jetzt genau?“ „Vielleicht auch am 09. Januar.“ „Ein Mittwoch?“ „Sein zweiter Todestag.“ „Wessen?“ „Der meines viel zu früh verstorbenen Dichterfreundes.“ „Du hast ihm ROCK END ROLL gewidmet, richtig?“ „Wollte den Link erst auf seiner Seite posten, habe es dann jedoch gelassen.“ „Warum?“ „Aus persönlichen Gründen.“ „Stimmt, quasi über seinen Kopf hinweg einfach was hineinbomben, nein, das geht nicht, das ist nicht dein Stil, das würde die Regeln des Anstands grob verletzen.“ „Außerdem tummeln sich dort einige recht seltsame Gestalten.“ „Man kann sich seine Leserschaft nun mal nicht aussuchen heutzutage, Urbanski.“ „Estefania.“ „Wie gestalten wir den Epilog?“ „Triggerpunkte.“ „Best of YO: PISTOLE?“ „Auf einer Seite, korrekt.“ „Super Konzept, Kompliment.“ „Umarmung, Stephen Less, du bist mir sehr ans Herz gewachsen im Laufe der vergangenen Wochen, bis nie dann also.“ „Sekunde, kennen wir uns?“ „Sonja.“

Epilog: Richard Grayson versus Richard Donner

Gans und Gloria. / Der November ist ein in Eisen ergrauter Zeitsoldat, denke ich. / Zehn Hinrichtungen, die mein Leben verändert haben. / Ich kann dich komplettieren, sagt Herr Kern. / „Sie meinte, ich hätte einen Kalender-Hau.“ / Nehmen Sie sich einen Apfel, meint die Masseurin. / „Likes sind das neue Arschgeweih.“ / Tourette: Ich habe den Versand verloren. / Bunkerlofts. Weltkriegswohnende. / Was Sie so alles erleben, was Sie so alles fickt alles. / Neues Konzept: Mehr Arroganz. / Wiederaufbau Wälder! Jetzt! / Harter Blick sucht Handgepäck. / Sie sieht sehr schön aus. / Du hast einen Ruinen-Hau, sagt sie und wir lachen. / Werbung flüstert: Mir blieb noch nie die Spucke weg. / „Weihnachtsfeiern sind der neue IS.“ / Hamburg bei Plusgraden; der Regen kommt von unten. / Der Ringrichter zählt bis neun. / Millimeter. / Kurznachricht von mir an mich: Hör auf, dich zu duzen. / Gottes Sohn ist unterwegs. Bethlehem ist eine Kita. / Traurigkeit kann dumm machen. / Wenn alle alles geraucht haben seit Jahrzehnten, denke ich. / „Nie wieder im Dezember zurück nach Deutschland“, sagt mein schöner schwarzer Mond. / „Früher war mehr Alexa, verdammt noch mal.“ / M, AM, genau, und gleich? M, AM, gacker, kreativ? / Nimm Platz und rasiere dir die Beine. / Kommst du heute noch vorbei ist vorbei? / Zivilgesellschaft 4.0; Aschenbecherküsse. / Ein Hund namens Erinnerung. / „Scheiß Zitronenjette.“ / Die Tauben sind so grau wie der Tag. / Früher war mehr Lambretta. / „Charismas also, aus und vorbei.“ / „Hamburg, wir hören nichts.“ / „Vöglein, Vöglein an der Wand.“ / „So geht Wattwurm heute.“ / „Nun ja, die Zeit muss wissen, was sie tut, sie ist ja schließlich alt genug.“ / „SSPAHN.“ / „Spahn, Spahn, Spahn auf der Autobahn.“ / „Auch deine Karte namens Arsch?“ / „Schilddrüsensprechstunde! Jetzt!“ / „Kosmisch korrekt.“ / „Neu: Übergriffe durch Rettungskräfte in der Silvesternacht!“ /

 

Schrägstriche wie Handkantenschläge. /

(Für ein Jahr, in dem wir gut und gerne leben)

2019 flüstert: Urbanski kehrt zurück in (Bearbeitet).

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 05.01.2019

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