Meine Familie weiß es. Mein Freundeskreis weiß es. Ja, sogar meine Arbeitskollegen wissen es. Na und?
Sollte ich mich dafür schämen? Das kommt gar nicht in Frage! Auf gar keinen Fall!
Nun ja, einige tun mich, oder sollte ich lieber sagen 'uns', als Spinner ab. Doch was ist daran so schlimm?
Schon mehrere Male hatte ich mir selbst diese Frage gestellt. Bist Du verrückt?
Meine Antwort lautete immer: Nein. Ich bin nicht verrückt.
Mein Hobby ist eben etwas ausgefallener als vielleicht Tennis spielen, Fußball, oder was es sonst noch an alltäglichem Zeitvertreib gibt.
Ich lese viel und ja, ich schreibe auch – wie man hier unschwer erkennen kann - sehe gern Fern oder gehe ins Kino. Letzteres aber nur, wenn sich der Film auf einer Großleinwand lohnt. Liebesfilme – nein Danke. Nicht im Kino. Um mich ins Kino zu locken, muss der Film schon mit speziellen Effekten aufwarten. Und damit meine ich nicht unbedingt 3D, wie es gerade in Mode ist.
Zwar bin ich von der Technik begeistert, doch in diesem Fall ärgert es mich, wenn man mir nicht die Wahl lässt, ob ich den Film in 2D oder 3D sehen kann. Letzteres ist umso ärgerlicher, wenn die 3D-Brille – übrigens im schicken 50er Jahre Buddy Holly Design - zerkratzt ist, oder man nicht gerade den besten Sitzplatz im Kino ergattern konnte und das Licht des „NOTAUSGANG“-Schildes sich in der 3D-Brille spiegelt. Das nervt!
Die Größe der Leihbrille überragt meinen Kopfumfang bei weitem. Was hatten sie damals als Vorlage genommen? Den Schädel eines Gorillamännchens?
Somit zerre und zurre ich andauernd an der Brille, nur um zu verhindern, dass sie mir von der Nase rutscht. Tolles Kinoerlebnis... Und dafür bezahle ich auch noch extra!
Ich erinnere mich noch an meinen ersten Science Fiction Film.
Meine Mutter war, und ist es immer noch, von diesem Genre angetan. Eines Tages erzählte sie mir, dass es abends im Fernsehen einen Science Fiction Film gibt. Wenn ich möchte, dürfte ich ihn mit ihr ansehen. Ich war sofort Feuer und Flamme. Ich durfte Fernsehen, und das nach 20:00 Uhr! Das konnte ich mir nicht entgehen lassen.
Wir sahen uns „Kampf der Welten“ an, einen Klassiker von 1953.
Ich war von den Bildern und den Ideen so fasziniert, dass ich danach nicht mehr schlafen konnte. Natürlich kannte ich Science Fiction bereits.
1976 begleitete ich mein Idol und Held Capt. James T. Kirk mit seiner Enterprise NCC – 1701 regelmäßig auf seine Abenteuer in unbekannte Welten. Aber das hier war anders. Die Farben waren intensiver und die Bedrohung wirkte gefährlicher. Dieses Genre hält mich seit dem in seinem Bann. Später erweiterten noch Mystery und Fantasy mein Spektrum, was sich bis heute nicht geändert hat.
Ich habe mich des öfteren gefragt, warum viele Personen in meiner Umgebung Science Fiction als unsinnig abhandeln. Die Antwort habe ich bis heute nicht heraus gefunden.
Wir erinnern uns an den Kommunikator von Capt. James T. Kirk?
Ein kleines, rechteckiges Teil, dessen Klappe mit einer Handbewegung aufschwingt und ein niedliches, piepsendes Geräusch von sich gibt. Mir fällt da auf Anhieb das Nokia 6131 ein. Leider gab es beim öffnen nicht dieses niedliche Geräusch von sich, sehr zu meinem Bedauern.
Dann wäre da noch dieser kleine silbernene Knopf, den Lt. Uhura im Ohr trug, um mit anderen Raumstationen und Raumschiffen zu kommunizieren. Das erinnert mich doch sehr an ein Bluetooth Head-Set.
Türen, die sich automatisch öffnen, gehören heute zu unserem Alltag.
Ein aktuelleres Beispiel bietet uns Star Trek – The next Generation, im Fachjargon auch TNG genannt.
Eine Kurseingabe per Touchscreen? Das war bereits 1990 auf der Brücke von Capt. Jean-Luc Picard etwas normales.
Wer ist denn hier nun verrückt?
Sie ahnen es vielleicht schon. Ich bin ein Trekkie – na und?
Die Frage aller Fragen: „Was macht ihr da denn so?“
“Wilde Orgien feiern, exzessives Saufen und hemmungslosen Sex praktizieren“, gebe ich als Antwort, ohne eine Miene zu verziehen.
Pause.
Wenn ich danach in das Gesicht des Fragestellers schaue, muss ich immer herzhaft lachen. Meine Antwort scheint glaubwürdig, das kann ich anhand des verblüfften Ausdrucks erkennen. Damit meinem Gesprächspartner nicht doch noch die Luft weg bleibt und er den Erstickungstod erleidet, lüfte ich das gut gehütete Geheimnis.
Groß geworden sind die meisten von uns mit ein und derselben TV-Serie, mit der alles seinen Anfang nahm. Bevor die erste Star Trek Serie 'Raumschiff Enterprise', auch The Original Series - kurz TOS genannt - den Bildschirm eroberte, haben viele von uns bereits im zarten Kindesalter Comics gelesen. Meistens waren diese nur schwer zu bekommen, da die Eltern sie nicht kaufen wollten, denn schließlich galten diese Hefte als „Schund“, oder sie kosteten so viel, dass das bisschen Taschengeld, welches wir zur Verfügung hatten, nicht ausreichte das neueste Exemplar sein Eigen zu nennen. Doch wir gaben nicht auf.
Unsere Fantasie ließ uns damals nie im Stich. Wir gingen einfach zum Kiosk, blätterten das neueste Heft durch und liefen, so schnell es ging, nach Hause. Dort bewaffneten wir uns mit Block und Buntstift und zeichneten die außergewöhnlichen Dinge, wie Raumschiffe und dergleichen, aus der Erinnerung, nach.
So detailgetreu wie es in unserer Macht stand. Und das hat sich bis heute nicht geändert.
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Ein bestimmter Termin ist fester Bestandteil im Kalender. Am zweiten Samstag im Monat findet unsere Zusammenkunft statt. Vom Akademiker über Veranstaltungstechniker bis hin zum Zugführer ist alles vertreten. Die Anzahl der Teilnehmer variiert. Mal sind wir mehr, mal weniger. Das ist Abhängig von der Urlaubszeit, oder wenn wieder einmal feindliche Viren aus anderen Universen uns in Kämpfe verwickeln und versuchen uns niederzustrecken.
Den harten Kern gibt es logischer Weise auch bei uns. Diejenigen, die es sich nicht nehmen lassen immer dabei zu sein, auch wenn sie eigentlich ins Bett gehörten. Die Freude daran, ihre Krankheit mit uns anderen zu teilen, ist mehr als wohlwollend gemeint.
So sind wir halt, spendabel, tolerant, hilfsbereit, offen für alles Neue, freundlich und zuvorkommend.
Die Organisatoren, geben sich viel Mühe, dieses monatliche Treffen am Leben zu erhalten. Der Erfolg gibt ihnen recht.
2011 feierte das Fantastik Dinner Hamburg sein 25jähriges Jubiläum!
(25 Jahre Fantastik Dinner Hamburg)
Viele von uns zeichnen sich durch ihre Kreativität aus. Requisiten werden gebastelt und Kostüme genäht, Eigenkreationen und besondere Stücke, die nicht vom Original zu unterscheiden sind.
Errungenschaften die gerade neu im Sortiment eines Regals stehen werden mitgebracht, herum gereicht, bestaunt und diskutiert, ebenso wie die Ankündigung eines Filmes, der als sehenswert erachtet wird.
An besonderen Terminen, wie beim Faschings- oder Weihnachtsdinner, wird meisens ein besonderes Programm geboten und jeder darf etwas dazu beisteuern, wenn er möchte.
(Sketche sorgen für Erheiterung)
Kleine, selbstgeschriebene Theaterstücke für das „Sternentheater Pfiffikus“ unterhalten die Menge ebenso wie Gedichte, Sketche und andere Geschichten aus fernen Welten. Fantasie kennt hier keine Grenzen.
(General Grieves Kostüm - Aus Star Wars
In diesem Kostüm steckt tatsächlich ein Mensch!)
Ein neuer Star Trek Film läuft an? Wir sind dabei!
Egal in welchem Quardranten wir gerade verweilen, die Premiere lassen wir uns nicht entgehen.
Ausnahme: Ein Notfall in der Nachbargalaxis hält uns gerade auf.
Wünschenswert, wir sollten möglichst in Kostüm und Maske erscheinen – auf Anfrage des Kinos, versteht sich.
Da kann es schon mal vorkommen, dass ein Wissenschaftsoffizier oder ein „Redshirt“ durch die Kinogänge laufen und für staunende Gesichtsausdrücke sorgen. Aber keine Angst, unsere Phaserpistolen haben zwar einen super Sound und der eingebaute Laserpointer ist auch nicht zu verachten, doch sie sind nicht echt. Obwohl so manches Exemplar schon einen Waffenschein nötig hätte.
Es gibt immer was zu sehen, tratschen, lachen, zu verschenken oder zu kaufen.
(Ein Zeitzeuge: Ob beim letzten Shuttlestart oder bei der Überführung der Shuttles an ihre endgültigen Ausstellungsorte - Die heißesten News gibt es aus erster Hand)
Wer Lust hat mal bei uns rein zu schauen, ist herzlich Willkommen. Mit oder ohne Kostüm. Das bleibt jedem selbst überlassen.
Ein atemberaubender Bestandteil unseres Fandoms ist die Convention.
Hier treffen sich Gleichgesinnte aus der ganzen Welt, ja sogar aus verschiedenen Universen! Star Trek trifft Star Wars, Capt. America trifft auf Herr der Ringe und auch Vampiere und andere fantasievolle Gestalten kommen hier her auf ein Stell-dich-ein.
Wer 'Darth Vader' oder 'Q' persönlich begegnen möchte, hat hier die Möglichkeit gemeinsam mit ihnen auf einem Foto abgelichtet zu werden - und der Clou - man geht in Freundschaft auseinander und verschwindet nicht plötzlich, um dann in einer anderen Galaxy wieder aufzutauchen.
Eine Convention dauert im Durchschnitt drei Tage und beginnt an einem Freitag mit der Opening Ceremony.
(Man trifft sich im Foyer des Veranstaltungsortes)
Hier werden Darsteller aus diversen Universen und Besucher aufs herzlichste begrüßt, gefolgt von sogenannten Panels, in denen die Künstler sich auf der Bühne den Fragen der Besucher widmen und diese mit allen Regeln der Kunst, geduldig und mit viel Humor, beantworten. Natürlich dürfen Anekdoten aus ihrem Leben oder Drehtagen nicht fehlen.
Parallel dazu werden Kurse in Tanz, Script schreiben und sogar ein Crashkurs in Schauspielunterricht angeboten oder Vorträge gehalten. Wer möchte, darf sich auch gern mit seinem Star fotografieren lassen – das in gold gepresste Latinum bitte nicht vergessen - oder sich im Händlerraum mit weiteren Requisiten versorgen.
(Einer der vielen Verkaufsstände im Händlerraum)
Der Samstag verläuft ähnlich. Panels, Kostümwettbewerb, Fototermine, Autogrammstunden und das Wichtigste: die Party am Abend.
(It's Party-Time!!!)
Einige der Stars genießen den Kontakt zu den Fans. Sie lassen es sich nicht nehmen und feiern mit ihnen ausgelassen in den nächsten Morgen hinein.
Heftiges Teeniegeschrei und Verfolgungsszenen? Fehlanzeige. Also Bitte. Wir sind doch zivilisierte Menschen.
Der Sonntag morgen beginnt meistens ein wenig verkatert....
Ich bemitleide immer die Künstler, deren Panel bereits um 10:00 Uhr angesetzt ist. Die letzte Nacht ist an keinem von uns spurlos vorüber gegangen. Doch das tut der guten Stimmung keinen Abbruch. Die Künstler haben immer einen Scherz auf den Lippen. Und wenn sie leiden, wir leiden mit ihnen!
Gegen Nachmittag ist die Convention vorbei und die Veranstaltung verabschiedet sich mit einer Closing Ceremony.
(Ein Blick auf die Bühne und dem Zuschauerraum)
Hier kommen alle Künstler, die das Wochenende über dabei waren, nochmals zusammen auf die Bühne. Auch die Organisatoren und die Helfer dürfen dann nicht fehlen. Nun bekommt der Besucher einen genauen Überblick, wie viele passionierte Menschen es braucht, um so eine Veranstaltung auf die Bühne zu bringen, welches mit tosenden Applaus gedankt wird.
(Viele Helfer werden für eine Convention benötigt)
Im Anschluss bleiben der Eine oder die Andere noch ein wenig länger. Man sitzt gern an der Hotelbar mit den neugewonnenen Freunden und hoppla – da setzt sich doch tatsächlich noch einer der Gaststars mit dazu. Man plauscht ein wenig und staunt nicht schlecht über die deutschen Politikkenntnisse eines Künstlers aus den USA.
Ich komme nicht drum herum auch dieses Kapitel zu erwähnen.
Sieht man sich Reportagen über Trekkies an, so werden sie meistens als Spinner, zu Neudeutsch „Nerds“, oder als völlig irre dargestellt. Ich möchte nicht verschweigen, dass es auch solche in unserem Fandom gibt und diese immer einen besonderen Stellenwert bei den TV-Stationen eingenommen haben.
So schrill! So bunt! So herrlich verrückt!
Das verkauft sich gut.
Schaut man aber hinter die Kulissen, erkennt der geübte Zuschauer, dass sehr viel Arbeit, Planung, Recherche und Liebe zum Detail in dem Bau eines Tricorders, einer Phaserpistole oder in dem Umbau seines Wohnzimmers zur Brücke der Enterprise, stecken.
(Kugel Raumer aus der Perry Rhodan-Saga)
Das sollte doch eher Bewunderung in dem Menschen hervorrufen. Oder nicht?
Oder ist es gar Neid?
Zumindest sollte eine gewisse Toleranz vorhanden sein.
Den Trekkies ist dies kein Fremdwort. Schließlich müssen wir täglich mit diversen Individuen umgehen und mit unserem Umfeld zurecht kommen.
Wenn jemand lachend auf mich mit dem Finger zeigt und im mitleidigen Unterton ruft: „Hey, Du bist ein Trekkie?!“
Dann kann ich nur schmunzelnd erwidern: „Na klar! Sogar sehr gern und mit Leidenschaft.“
Damit verabschiede ich mich mit den Worten von Mr. Spock:
>>Lebe lang und in Frieden!<<
Schau doch einfach mal vorbei und bilde dir dein eigenes Urteil.
http://scifantasydinner.wordpress.com
www.trekdinner.hamburg
Ich möchte es nicht versäumen, mich bei all denen zu bedanken, die mir bei der Realisierung dieses Buches geholfen haben.
Ein spezieller Dank gebührt den Organisatoren des Fantastik Dinners in Hamburg. Möge die Macht immer mit Euch sein!
Texte: Maren Bergmann
Bildmaterialien: Maren Bergmann, Washington, Klaus Wittmack, Cover: Maren Bergmann
Tag der Veröffentlichung: 12.06.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Dieses Buch ist all denen gewidmet, die keine Scheu zeigen, ihr Hobby auszuleben und andere an ihrer Freude teilhaben zu lassen.