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Maybe it's time to change
And leave it all behind
I've never been one to walk alone
I've always been scared to try
So why does it feel so wrong
To reach for something more
To want to live a better life
What am I waiting for?
'Cause nothing stays the same
Maybe it's time to change




Der Fremde




Müde hievte ich mich die vielen Treppen bis zu meiner Wohnung hinauf. Fischte den Schlüssel mit fahrigen Bewegungen aus der Tasche und schloss die Schmucklose, Holztüre auf. Enthüllt wurde eine spärlich eingerichtete zwei-Zimmer Wohnung. Als ich vor zwei Monaten von Amerika, nach Schottland zog hatte ich weder die Zeit noch das Geld mir etwas anständiges hier zu suchen. Auch der Job und vor allem die Nachtschichten in einem kleinen Diner um die Ecke machten mir zu schaffen. Ich war es einfach nicht gewöhnt, alle zwei Wochen die Nacht durchzuarbeiten und den Tag zu schlafen. So kam es, dass ich meistens überhaupt nicht schlief. Die Blutunterlaufenen Augen und das blasse Gesicht, mit dem verkniffenen Mund um den sich vor Anspannung Falten gegraben hatten, waren Beweis genug. Seufzend warf ich die Tasche auf eine kleine Anrichte in dem kleinen Vorraum, bevor man in das größere Wohnzimmer, mit der angrenzenden Küche kam. Jetzt brauch ich erst mal einen Kaffee!, schoss es mir durch den Kopf und ich schlürfte schon in Richtung der Kaffeekanne. Der Duft von frisch gebrühten Kaffee breitete sich schnell aus und ich schloss für einen Moment zufrieden meine Augen, bevor ich in Richtung meines Schlafzimmers ging, um mir bequemere Sachen anziehen zu können und die von Qualm und abgestandener Luft durchzogenen Arbeitsklamotten in die Wäsche zu werfen. Die Schiebetür, die das Schlafzimmer von dem Rest der Wohnung trennte, war leicht geöffnet, was mich verwirrt die Stirn runzeln ließ, schließlich wusste ich mit Sicherheit, dass ich die Türe geschlossen hatte bevor ich heute Morgen zur Arbeit gegangen war. Ich schob sie ganz zur Seite und enthüllte einen vollkommen dunklen Raum. Das ohnehin kleine Fenster war mit einer Decke bedeckt und hielt den Raum so in tiefer Schwärze. Blind wie ein Maulwurf tastete ich nach dem Lichtschalter. Die nackte Glühbirne an der Decke sprang an und beleuchtete den kleinen Raum nur unzureichend. Meine Augen weiteten sich entsetzt, als ich den vollkommen nackten Mann auf meinem Bett sah. Tiefe klaffende Wunden zogen sich über seinen Muskulösen Körper. Mein Blick wanderte seinen Körper entlang, registrierte die vielen stark blutenden Wunden und blieb abrupt in seiner Lendengegend stehen. Ich spürte wie mir die Hitze in die Wangen stieg und sie Kirschrot färbte. Schnell hob ich meinen Blick wieder und näherte mich dem bewusstlosen Mann. Als ich neben ihm stand versuchte ich krampfhaft eine Lösung für das Problem zu suchen. Krankenhaus war die Lösung, nur was sollte ich denn sagen?

Ich kenne diesen Mann nicht, er lag plötzlich wie ein abgestochenes Schwein, nackt in meinem Bett.



Klar und das würden sie mir auch einfach so glauben. Die Polizei konnte ich im Moment wirklich nicht gebrauchen. Glücklicherweise hatte ich für alle Fälle immer einen Notfallkasten in der Wohnung, den ich jetzt mit schnellen Schritten aus dem Schrank zog. Damals in der Schule hatte ich einen Erste-Hilfe Kurs mitgemacht und die Erinnerungen kamen sofort wieder an die Oberfläche. Mit eingeprägten Bewegungen dezinfizierte ich die Wunden und tupfte sie anschließend mit einem Tip ab. Als ich die Wund- und Heilsalbe auftrug zuckte der gewaltige Körper zusammen und ich mit ihm. Das war das erste Lebenszeichen von dem Unbekannten. Die unbändigen Rot-Blonden Locken, die mir in die Stirn gefallen waren, schob ich ungeduldig beiseite, als ich meinen Blick hob und direkt in die Augen des Mannes schaute. Sie hatten die Farbe von einem sattem grün und einem nicht zu beschreibenden Gold. Wie die einer Raubkatze!, schoss es mir durch den Kopf.
Er stöhnte leise und bewegte sich unruhig unter meinen Händen.
„Bleib ruhig liegen, sonst bluten deine Wunden noch stärker.“, versuchte ich den Fremden zu beruhigen.
„Jäger…Gefahr…Lager.“, krächzte er, bevor er wieder das Bewusstsein verlor.
Mit großen Augen starrte ich auf das Gesicht des Mannes. Hatte er etwas von

Jägern gesagt?


Mit zittrigen Beinen, trat ich ein paar Schritte zurück. Wollte ich mich wirklich in so eine Sache mit reinziehen lassen? Eher nicht, aber ich konnte den Mann auch nicht einfach so sterben lassen. Mit zusammengepressten Lippen trat ich wieder vor das Bett und legte um jede Wunde einen elastischen Verband. Seufzend betrachtete ich mein Werk und stand dann aus der gebückten Haltung auf, in der ich die letzte Stunde verbracht hatte. Mein Rücken protestierte mit einem knacken der Knochen und heftigen ziehen der unteren Muskeln. Ein Stöhnen entwich meinen Lippen und ich schwankte leicht. Meine Zentnerschweren Augelider, konnte ich kaum noch offen halten und alles was ich wollte, war schlafen. Einen letzten Blick auf den Fremden werfend, nahm ich mir frisches Bettzeug und bequeme Sachen aus dem Kleiderschrank, bevor ich leise das licht ausschaltete und die Schiebetüre schloss. Super, von einem Wildfremden, Nackten (!), Mann aus meinem eigenen Schlafzimmer verscheucht. Nóelle McKade dein Leben hat einen neuen Tiefpunkt bekommen, nach ungefähr tausend anderen.


Langsam ließ ich mich mit dem Bettzeug auf die kleine Couch sinken und versuchte hartnäckig eine bequeme Lage zu finden, was so gut wie unmöglich war. Mit der Vorahnung, dass ich morgen heftige Rückenschmerzen haben würde, schlief ich ein.


2. Kapitel

I can't escape this hell
So many times i've tried
But i'm still caged inside
Somebody get me through this nightmare
I can't control myself
So what if you can see the darkest side of me?
No one will ever change this animal I have become
Help me believe it's not the real me
Somebody help me tame this animal



Das Tier



Jede einzelne Faser meines Körpers pochte vor Schmerz. Am liebsten wollte ich gar nicht mehr aufwachen, für immer weiter schlafen. Ich wollte nicht, dass ich meinen Körper und damit die grässlichen Verletzungen wieder spürte. Natürlich würden sich die Wunden nach relativ kurzer Zeit wieder schließen und vollständig verheilen, aber im Moment wollte ich lieber sterben. Von außen sahen die Wunden bestimmt nicht mehr sonderlich tief aus - sie waren schon ein wenig geheilt -, aber ich spürte, dass ich mir zahlreiche innere Blutungen zugezogen hatte.
Langsam öffnete ich meine Augenlider und musterte den Raum. Normale Menschen würden im stockfinsteren nicht gerade viel erkennen, aber ich war weder nochmal noch ein Mensch.
Es gab nicht gerade viel im Raum zu entdecken: An der Decke hing eine nackte Glühbirne und eine Decke bedeckte das kleine Fenster.
Ich richtete mich ein wenig auf und wäre am liebsten mit einem lauten Aufschrei wieder zusammengesunken. Verdammte Jäger!

, verfluchte ich die Gruppe von Hurensöhnen die mich angegriffen hatten.
Die Jäger!

Wie ein Blitz kamen die Erinnerungen zurück. Ich muss zu meinen Stamm zurück!


Ich biss die Zähne aufeinander und versuchte mit einer Bewegung aus dem Bett zu gleiten. Leichter gesagt als getan. Zwar schaffte ich es aufzustehen, aber der Schmerz raubte mir den Atem. Mühsam konnte ich mich auf den Beinen halten.
Warum können Jäger nicht mit normalen Waffen kämpfen? Das ist unfair!

, dachte ich wie ein trotziges Kind. Sie sollten wie echt Männer mit ihren Fäusten kämpfen!


Erst jetzt fühlte ich den Verband den mir jemand umgelegt hatte. Schemenhaft erinnerte ich mich an eine weibliche Stimme die in meiner Bewusstlosigkeit zu mir gesprochen hatte.
War ich in ihrer Wohnung? Ich wusste es nicht.
Mein Instinkt allein hatte mich in dieses Haus gelockt. Ich war halbtot durch die Straßen der Stadt gehumpelt. Ich wusste noch, dass ich die Jäger von meinen Stamm weglocken wollte und dass sie mich durch den Wald verfolgt hatten, wo meine Stammesmitglieder die meisten aufhalten konnten. Ein paar hatten mich weiter verfolgt… Habe ich sie getötet? Ich wusste es nicht. Das Tier in mir hatte die Oberhand übernommen. Erst seit ich diesem unfassbaren intensiven Duft nach Vanille und Fichte aufgenommen hatte, hatte meine menschliche Seite die Chance bekommen wieder die Oberhand zu gewinnen.
Der Geruch von Vanille und Fichten… Genau das, was ich im Moment auch roch. Der Duft machte mich wahnsinnig nach Verlangen. Ich wollte mehr.
Um meine Blöße ein wenig zu bedecken – schließlich bewegte ich mich als Mensch – griff ich nach einer Jeans, die griffbereit neben dem Bett lag. Zähneknirschend streifte ich mir die Jeans über meine Beine. Meine Wunden schmerzten immer noch bei jeder Bewegung und als Krönung war die Jeans eindeutig für Frauen. Zum Glück scherte ich mich herzlich wenig um meine Aussehen sonst hätte ich ernstliche Bedenken gehabt wie ich gerade herumlief.
Wie konnten sich menschliche Weibchen nur in solch unbequeme Stoffe kleiden?
Vorsichtig schob ich die Schiebetür des Schlafzimmers beiseite. Endlich spürte ich wie der Schmerz immer weniger wurde. Einen Tag, höchstens zwei noch und mein Körper würde sicher wieder ganz fit sein.
Kaum trat ich in das vermutliche Wohnzimmer schlug mir der intensive Vanillegeruch in die Nase. Irgendwo in der Nähe war die Geruchsquelle. War womöglich die Frau in deren Wohnung ich mich geschleppt hatte die Quelle?
Kein einziger Laut war zu hören als ich über den kalten Fußboden Schritt.
Ich hatte vollkommen recht.
Der unglaubliche Geruch ging von einer einzigen menschlichen Frau aus. Sie lag zusammengerollt auf der schmalen Couch. Ein paar ihrer roten Locken lugten unter einer hellblauen Decke hervor.
Ich beugte mich zu ihr herab und schnüffelte an ihren Haaren. Warum nur? Warum roch ein Mensch nur so herrlich?
In mir regte sich ein lang nicht mehr verspürtes Gefühl. Ich wollte ihre Haut auf der meinigen spüren. Wollte dass sich die Gerüche unserer beiden Körper vermischten. Wollte nach dem Sex ihren Geruch auf meiner Haut noch stundenlange wahrnehmen.
Hungrig leckte ich mir über die Lippen.
Ich wollte gerade nach einer ihrer Locken greifen um an ihnen zu riechen, als sie erschrocken die Augen aufriss. Verdammt, irgendwann kostet mir meine Unvorsichtigkeit noch den Kopf!

Impressum

Texte: Die Handlung, sowie die Charaktere sind alle von mir frei erfunden und gehören mir, somit billige ich kein Copyright.
Tag der Veröffentlichung: 12.06.2011

Alle Rechte vorbehalten

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