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Vorwort

Anmerkungen der Autorin

 

Ich hab die Vorgeschichte 2010 begonnen. Das hier sollte erst eine eigene Geschichte werden, aber im Laufe der Geschichte kam mir dann die Idee das hier mit der Rittegilde zu verbinden. So kommen nun auch Charaktere aus der Rittergilde in dieser Geschichte vor, wie Cameron, Tiljan, Corentin und Lilien zum Beispiel.

 

Auf die Idee mit der Menschenwelt kam ich, weil ich was anderes wollte als das Gängige. Irgendwie waren fast alle Ideen in dem Bereich Fantasy ausgeluscht. Doch kaum mal wurde davon geschrieben, dass die Zauberwesen in die Menschenwelt kommen.

 

Die Idee mit dem Lebenssee hatte ich schon länger im Kopf. Ich wusste sie nur nicht immer unterzubringen. Die Idee bekam ich durch ein Spiel, was ich mal vor Ewigkeiten gespielt hatte, was auch mit Kerzen zu tun hatte.

 

 

 

Die Namen hab ich teilweise von anderen Namen abgeleitet. Leinar enstand aus Neal. Die Buchstaben sind ähnlich, ich hab sie einfach nur umgesetzt und was hinuzugefügt. Bei Mia hab ich einfach noch ein "nna" eingefügt und so wurde daraus Mianna. Bei Sophie hab ich mir überlegt was man daraus machen könnte und hab einfach das "ie" durch "ann" ersetzt. Tiljan entstand aus einer Zusammensetzung von Till und Jan. usw. Ganz interessant ist auch die Entstehung der Namen von Renn, Corly und Lim. Die hab ich aus den Namen der Eltern Corentin und Lilien abgeleitet. Bei Corentin kommt das "Renn" im Namen vor, aber nur mit einem N. Corentin hab ich Cory genannt teilweise und daraus wurde dann Corly. Und bei Lim hab ich einfach die Anfangsbuchstaben von Lilien genommen und ein M drangefügt. Andere Namen hab ich meist genommen, weil sie mir gefallen. John kannte ich zwar schon vorher, aber er ist auch mein Liebling aus einer Serie, die ich gerade gucke und so hab ich am Ende den Namen noch gewählt.

 

Jetzt noch was speziell zu dem Namen Lilien. Mit E ist der Name ja eigentlich nicht so gängig. 2010 mochte ich den Namen sehr gern. Ich hab ihn sogar oft als Forenname, allerdings mit A. Wieso ich die Schreibweise mit E

 

genommen hab, weiß ich selbst nicht mehr ganau. Hier in diesem ersten Teil bin ich teilweise über die Schreibweise gestolpert.

 

Eine ähnliche Geschichte gibts ja auch zu Leinar. Ich hab ihn am Anfang mit E geschrieben, aber ich konnte mich einfach nicht dran gewöhnen und hab es umgeändert und schreib ihn jetzt also mit A.

 

Ein bisschen verwirrend ist vielleicht das mit den Menschennamen und den Zaubernamen. Eigentlich hatte ich vor die Menschennamen in der gesamten Menschenwelt anzuwenden, aber da sie ja noch überwiegend im Schloss sind, verwende ich zumindest bei Mianna, Leinar und Sophann die Zaubernamen, weil ich mich an die anderen nicht so ganz gewöhnen kann.

 

So, nun aber genug von den Namen. Kommen wir zu den Städten. Hier hab ich es ähnlich gemacht. Nur wenige fielen mir spontan ein. Ich hab mir meist einen Satz aufgeschrieben und damit dann Wörter gebildet, die zu den Städten wurden. Ich war immer so einfallslos, was Städtenamen anging. Alles schien es schon zu geben, aber so ging es ganz

 

gut.

 

Meine Ideen kommen meist ganz spontan, nur wenige hatte ich schon länger im Kopf. Ich schreib schon sehr lange, aber ich hab lange gebraucht um die richtige Geschichte zu finden, aber ich hoffe, hier ist es mir gelungen. Meine Reihe "Die Zauberfeen" soll eine Triologie werden. Mir fehlt jetzt nur noch der dritte Teil.

 

Die Zitate oder Liedertexstellen hab ich versucht so passend wie möglch zu den Themen der Kapitel auszusuchen. Es sind eigentlich alles Lieder, die ich kenne und mag.

 

Jetzt wünsch ich euch viel Spass beim Lesen.

 

Eure EmmaLena

Kapitel 1 Neue Wege

Neue Brücken, über Flüsse, voller dummer Arroganz,

Neue Brücken über Täler tiefster Intoleranz,

Neue Brücken, neue Wege aufneinander zuzugehen,

Ganz behutsam, voller Achtung, miteinander umzugehen.

 

Pur - Neue Brücken

 

Mein Name ist Mianna und ich habe Angst. Heute ist mein 18. Geburtstag und zusammen mt 7 weiteren jungen Leuten sollen wir in einer WG in die Welt der Menschen ziehen. Wie soll ich dort klar kommen? Ich kenne nur meine Welt voller Magie und Wunder und ausser in der Uni für Zauberfeen, die es dort gibt und in den WGs dürfen wir dort nicht zaubern. Alles andere wäre zu auffällig.

Eigentlich hatte ich gehofft bleiben zu können. Aus einem Jahrgang voller 18 - jährigen (egal ob sie heute Geburtstag haben oder im Laufe des Jahres) werden von ca. 200 Schülern nur 8 ausgewählt für diesen besonderen Lebensweg. Wieso bin also gerade ich ausgewählt worden? Wie soll mein Leben in der Menschenwelt aussehen, wenn wir kaum Magie verwenden dürfen? Ich weiß noch nicht mal

 

was wir in der Menschenwelt sollen. Das wird uns erst da drüben erklärt.

Sogar meinen Namen wollen sie ändern. Aus Mianna soll Mia werden. Mia! Anna oder Maya wurde ich ja schon öfter genannt, aber Mia?

Ich war die Erste, die den Raum betrat, in dem ich die anderen treffen sollte. Ich wartete also auf sie. Wir sollten uns schon mal etwas kennen lernen bevor es morgen losging.

Als die Anderen endlich kamen, bemerkte ich, dass ich zwei von ihnen zumindest flüchtig kannte. Eins war ein Mädchen mit braunem langen Haar. Sie wirkte ziemlich unscheinbar für eine Zauberfee.

Außerdem war da noch ein Junge mit pechschwarzen Haaren und schlanker Gestalt, den ich ein paar mal gesehen hatte. Er wirkte nicht unbedingt wie ein Model, aber irgendwie war er schön. Sein Gesicht war ziemlich kantig, er war dünn, aber auch etwas muskulös und seine dunklen Augen funkelten aufgeregt. Er trug einen engen gelben Pullover und schwarze Jeans. Offenbar hatte er sich schon was von der Kleidung ausgesucht, die wir mitnehmen konnten. Doch er war immer noch barfuß. Wir Zauberfeen liebten es ohne Schuhe und Strümpfe zu gehen.

 

 

Gleich nach unserer "Erwählung" konnten wir uns Kleidung für die Menschenwelt aussuchen. Da gerade in der ganzen Menschenwelt Sommer war (was es seit über 100 Jahren nicht mehr gegeben hat), hab ich mich für ein hellblaues Sommerkleid entschieden.

Das Mädchen was ich vom Sehen kannte kam auch gleich auf mich zu.

"Hi, ich heiße Sophann, aber in der Menschenwelt werde ich wohl Sophie heißen. Ich bin schon so aufgeregt was mich da draußen erwartet. Ich hab schon so viele Gerüchte darüber gehört. Ich hatte schon immer gehofft eines Tages dahin zu können und jetzt ist der Traum wahr geworden. Bist du auch so aufgeregt?"

Offenbar war Sophann eine Labertasche, aber weil sie eine so absolute Begeisterung ausstrahlte, musste ich trotzdem grinsen.

"Es geht, ich wollte eigentlich immer hier bleiben und ich bin nicht so begeistert fort zu müssen.", gestand ich. "Ich bin übrigens Mianna, in Zukunft wohl Mia."

"Also Mia!", nickte Sophann. "Wir sollten uns besser so früh wie möglich an unsere neuen Namen gewöhnen. Und ich glaub, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Da draußen wird es bestimmt ganz toll."

 

Ich lachte. "Du scheinst dir ja ziemlich sicher zu sein."

"Klar." Sie sagte das, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. "Ich träume wie gesagt schon seit meiner Kindheit davon auf die andere Seite zu gehen."

Ich nickte und bemerkte, wie der schwarzhaarige Junge allein in einer Ecke stand und mich beobachtete.

"Weißt du, wer das ist?", fragte ich Sophann und deutete auf den Jungen. An Sophie wollte ich mich noch nicht gewöhnen. Sophann klang so schön.

"Ach, der...", winkte Sophann ab. "Das ist Leinar. Ich glaub ab Morgen wird er Neil heißen. Er war im Klassenraum neben mir, aber er ist ein wenig merkwürdig. Hängt ständig alleine rum und er hat keine Freunde. Er ist sehr still."

"Hm.", machte ich nur. Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Junge wie er keine Freunde hatte. Jungen wie er hatten doch massenweise Freunde. Da stimmte was nicht. Das spürte ich. Plötzlich hatte ich schon ein Ziel in der Menschenwelt. Ich wollte ihn besser kennen lernen. Er faszinierte mich irgendwie.

Außer Sophann lernte ich heute noch Niemanden besser kennen. Morgen im magischen Zug konnte sich das ja noch ändern. Vielleicht würde ich da ja sogar die Gelegenheit haben zum ersten mal mit Leinar zu reden. Falls er mir

 

die Möglichkeit dazu gab.

Kapitel 2 Der magische Zug

Engel fliegen einsam,

Du und ich gemeinsam,

Engel fliegen einsam,

Niemals mehr allein sein.

 

Christina Stürmer - Engel fliegen einsam

 

 Die letzte Nacht in meinem eigenen Bett schlief ich wie ein Murmeltier. Mein Koffer war schon längst gepackt. Alles konnte ich nicht mitnehmen, aber den Großteil meiner Kleidung und ein paar Lieblingssachen von mir, sowie Fotos von meinen Eltern und mir.  Ich würde meine Eltern wohl erst in ein paar Jahren wieder sehen. Nur die Erwählten durften die Menschenwelt betreten und wir selbst durften erst nach unserer Ausbildung wieder nach Hause und das auch nur unter bestimmten Voraussetzungen und ich wusste noch nicht welche das waren.

Der Morgen brach ruhig an und ich stand früh auf, damit ich noch mal mit meinen Eltern frühstücken konnte. Luciana und Jonael waren stille Feen, die gerne Musik hörten. Meine Mutter sang sogar selbst und sie hatte die sanfteste

 

und schönste Stimme auf der Welt. Meine Eltern waren beide blond und sie hatten beide blaue Augen. Das Gesicht meiner Mutter war sanft und zierlich während das meines Vaters nur beinahe hübsch war. Um wirklich schön zu sein war es zu rau, aber ich liebte sein Gesicht trotzdem. Beide trugen schlichte Kleider.

Eigentlich war ich total anders als die beiden und woher ich meine roten Haare hatte, wusste ich auch nicht. Es konnte mir keiner sagen. Ich hatte nur die Mutter meines Vaters (Annbelle) gekannt und sie stand mir sehr nahe, aber rote Haare hatte sie nicht. Letzten Sommer ist sie von uns gegangen.

Als ich runter kam saßen meine Eltern bereits am Tisch und ich hörte im Hintergrund leise Musik.  Ich setzte mich zu ihnen. Unser Tisch war weiß und stand in einer weißen Küche, doch er war heute reicher bedeckt als sonst. Demnach war heute wohl in meiner Familie ein besonderer Tag.

Ich goss mir Saft ein und bestrich Brot mit Käse. Meistens aßen wir schweigend.  Wir redeten schon miteinander, aber nur an bestimmten Orten im Haus. Zum Beispiel in unseren Zimmern, aber normalerweise nicht in der Küche. Beim Essen lauschten wir der Musik. Heute schien allerdings eine Ausnahme zu sein.

 

"Wie fühlst du dich, Mie? Bist du bereit?", eröffnete mein Vater das Gespräch.

"Ich weiß nicht.", seufzte ich. "Ich wäre so gerne hier geblieben. Ich weiß immer noch nicht, warum ausgerechnet ich ausgewählt wurde."

"Ich weiß nicht viel von der Welt da draußen.", gab mein Vater zu. "Aber ich hab gehört, dass Jeder aus einem bestimmten Grund ausgesucht wurde. Du auch!"

Stirnrunzelnd sah ich meinen Vater an. Bildete ich es mir ein oder wusste er mehr darüber als er zugab? Ich hätte ihn so gern danach gefragt, aber ich traute mich nicht.

"Hast du denn gestern schon Jemanden kennen gelernt?", fragte meine Mutter jetzt hoffnungsvoll.

"Nur Sophann.", antwortete ich ihr. "Aber sie scheint nett zu sein."

"Na das ist doch schon mal etwas." Meine Mutter schien zufrieden zu sein.

"Ja." Den Rest des Frühstücks verbrachten wir wie gewohnt schweigend. Viel zu früh kam der Zeitpunkt, an dem ich mich von meiner Mutter verabschieden musste. Sie würde nicht zum Bahnhof mitkommen. Mein Vater räumte schon mal mein Gepäck in den Wagen.

"Pass auf dich auf, Liebes.", bat sie mich. "Bestimmt ist es

 

da draußen gar nicht so schlimm wie du jetzt denkst. Du wirst Freunde finden und die Chance auf ein neues Leben haben. Und was immer du hören wirst, ich hoffe du weißt, dass wir dich lieben."

Ein zweites Mal an diesem Morgen runzelte ich die Stirn. Was meinte sie mit dieser letzten Andeutung?

"Das weiß ich doch.", versicherte ich ihr. "Ich liebe euch auch."

Dann umarmten wir uns ganz fest und dann ließ ich sie allein zurück. Ich sah mich nicht noch mal zu ihr um.

 

Als wir beim Bahnhof von Raubit ankamen, parkte mein Vater das Auto auf den vollen Parkplatz in die allerletzte Lücke. Wir waren spät dran.

Mein Vater räumte das Gepäck wieder aus dem Auto und reichte es mir.

"Du wirst mir schrecklich fehlen, meine Kleine.", sagte er und umarmte mich fest.

"Ihr mir auch, aber ich werde euch so oft es geht schreiben.", versprach ich.

Mein Vater sah mich mit einem Blick an, den ich nicht deuten konnte. "Hoffentlich."

"Auf jeden Fall.", beteuerte ich und ging dann in Richtung

 

Zug. Der Zug kam nur einmal im Jahr, wenn die Erwählten abgeholt wurden. Auch die Autos benutzten wir selten, eigentlich nie. Flugzeuge gab es bei uns auch nicht und so war es verkehrsmäßig ziemlich ruhig bei uns. Nur hin und wieder flogen Hexen am Himmel.

Der Zug würde noch weitere Erwählte in 5 weiteren Städten abholen. In jeder Stadt gab es eine Schule und Raubit war die Hauptsstadt. Aus den anderen Städten (Zaall, Tindemu, Landford, Bibasty und Simheg) würden auch jeweils 8 Erwählte mitkommen, aber die Auswahl war meist kleiner. Jede Stadt hatte im Zug ihren eigenen Wagon.

Der magische Zug war kein gewöhnlicher Zug, natürlich nicht. Er war überzogen mit feinen Feenstaub, der wie viele kleine Sterne aussah. Die Wagons sollten so groß sein, dass jeweils 8 Betten reinpassten. Er konnte nicht nur auf Schienen fahren, sondern einfach überall und auch fliegen und sich unsichtbar machen. Wenn der Zug irgendwo hielt kamen oft viele Schaulustige um, den Zug wenigstens einmal in ihrem Leben zu sehen. Manchmal auch von weit her aus den Dörfern.

Ich kämpfte mich durch die Menge und stand schließlich direkt vor dem Zug. Ein wenig weiter in der Menge entdeckte ich Leinar. Obwohl so viele Leute um ihn rum standen, wirkte

 

er irgendwie allein und verloren. Niemand sollte so in einer Menge wirken.

 Plötzlich kam Sophann aus der Menge und auf mich zu. Sie trug nur einen Rucksack bei sich und ich hatte schon gedacht, ich hätte wenig Gepäck dabei mit meiner riesigen Reisetasche.

"Hey, du bist ja schon da!", rief Sophann erfreut.

"Schon?", fragte ich sie verwirrt. "Ich dachte ich sei spät dran."

"Ach nein.", winkte sie ab. "Der Zug fährt doch erst in 15 Minuten ab. Wir sollten gleich schon mal einsteigen.", erklärte Sophann mir.

"Ok." Wenn das so war... Fünf Minuten später durften wir dann wirklich rein. Sophann und ich gingen zuerst und die Anderen folgten uns. Wir hatten den Wagon ziemlich in der Mitte mit dem "R" für Raubit drauf.

Zunächst wirkte alles wie in einem normalen Zug, aber sobald wir die Tür zu unserem Wagon aufstoßen, staunten wir nicht schlecht. Das Innere war eingerichtet wie ein Wohnzimmer. Der Raum war riesig und ich fragte mich, wo der ganze Platz herkam. Von außen hatte es so unscheinbar gewirkt.

Acht Sofa passten in den Raum, ein Tisch, ein Kamin und

 

ein Fernseher. Jedes Sofa war mit Namen versehen. Mich hatte man zwischen Sophann und Leinar einquartiert. Dass ich die ganze Fahrt über neben Leinar sitzen sollte, machte mich nervös. Man hatte uns erzählt, wir würden insgesamt drei Tage fahren. Unseren Wagon würden wir kaum verlassen, denn selbst die Toiletten grenzten daran. Nun denn, das könnte interessant werden. Ich war gespannt, wie sie uns Nachts Betten herbei zaubern wollten, oder sollten wir etwa auf dem Sofa schlafen?

Kapitel 3 Angenehme Fahrt!

Wird es um mich dunkel

Wird es in mir still

Seh ich ein Licht leuchten in der Ferne

Höre ich den Nachtzug

Der mich holen will

Dann folge ich dem Zug der Sterne

 

Starlight Express - Starlight Express

 

Der Zug setzte sich endlich in Bewegung. Er war schnell. So schnell, als würde man in Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn fahren. Jedenfalls stellte ich es mir so vor, denn ich hatte mal einen Bericht über die Autobahnen der Menschenwelt gesehen. Wir selbst hatten ja keine Autobahnen. Wir hatten ja nicht mal richtige Straßen, nur Feldwege. Wir fuhren sowieso fast nur Geländewagen. Aber wir fuhren allgemein auch recht wenig Autos. Eigentlich nur an ganz besonderen Tagen wie diesen hier.

Aus dem Lautsprecher an der Decke erklang plötzlich eine Frauenstimme. "Liebe zugestiegene Gäste aus Raubit. Um Sie schon mal auf mögliche Bahfahrten in der Menschenwelt

 

vorzubereiten, gibt es auch in unserem Zug eine ähnliche Ansage wie dort.

Wir heißen Sie herzlich Willkommen in unserem Zug. Die nächste Haltestelle ist Zaall. Wir werden die Stadt vorraussichtlich heute Nacht gegen ein Uhr erreichen. Unsere gesamte Fahrt wird 3 Tage und 45 Minuten dauern. Nutzen Sie die Zeit schon mal, um sich kennen zu lernen. Hierzu können Sie gerne unsere vorbereiteten Fragen, die gleich auf dem Fernsehbildschirm erscheinen werden, nutzen. Dort werden ebenfalls Berichte über die Menschenwelt auftauchen um Sie schon mal vorzubereiten. Wir wünschen Ihnen eine angenehme Reise. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit."

Ich starrte auf die Fragen, die soeben am Bildschirm erschienen waren. Es war eine Auflistung. Zuerst las ich die Fragen.

 

Die Fragen lauteten:

 

  • Wie lautet ihr Menschenname?
  • Was ist Ihre Lieblingsbeschäftigung in Ihrer Freizeit?
  • Welche Musik hören Sie gerne?
  • Was für magische Talente haben Sie?
  • Welches magische Tier mögen Sie am liebsten?

 

  • Wie würden Sie sich in 6 Wörtern beschreiben?

 

Am Ende stand auf dem Bildschirm die Anweisung:

 

Schreiben Sie die Antworten auf eine Karte und versehen Sie diese mit ihrem Namen. Dann sprechen Sie mit Jemanden darüber, mit dem sie bisher noch nicht gesprochen haben.

Da war sie! Meine Chance mit Leinar zu sprechen. War ich aufgeregt. Als ich meine Antworten endlich hatte, wollte ich mich Leinar zuwenden, aber der war schon zu Robin rüber gegangen. Enttäuscht wandte ich mich Emma zu. Sie hatte seidiges, langes blondes Haar, dass sie in Wellen über den Rücken trug. Sie trug ein eng geschnittenes rosefarbendes Sommerkleid. Sie wirkte etwas kindlich, aber auch schön. Sie nickte mir zu und ich ging zu ihr herüber.

"Also, wollen wir anfangen?", erkundigte sich Emma bei mir, sobald ich mich gesetzt hatte.

"Klar.", nickte ich.

"Eigentlich find ich diese Fragen ja ziemlich blöd, aber wir können ja trotzdem damit anfangen.", bemerkte sie.

"Ja, von mir aus.", nickte ich.

"Also. Was für magische Talente hast du?", fragte Emma

 

mich zuerst.

 "Ich kann Dinge schöner und glänzender aussehen lassen, ich kann magische Wärme erzeugen und ich kann Gefühle positiv beeinflussen.", erzählte ich stolz.

Emma bedachte mich mit einem merkwürdigen Blick. "Das ist aber nichts nützliches, oder? Ich meine wie willst du in einem Kampf damit Jemanden besiegen?"

"Na ja...", fing ich an, musste mich aber unterbrechen, weil ich darüber nie nachgedacht hatte. Nach einigem Überlegen versuchte ich diese Erklärung. "Ich könnte doch ihre Gefühle so positiv beeinflussen, dass sie mich in Ruhe lassen und Wärme hilft doch immer."

 Emma wirkte nicht sehr überzeugt von meinen Einfall.

"Wieso, was kannst du denn?", fragte ich dann zurück.

"Magischen Kampfsport.", antwortete sie mir. Ich staunte nicht schlecht. Sie wirkte nicht so, als wäre sie eine Kämpfernatur.

Sie erzählte weiter: "Man muss eine gewisse magische Veranlagerung dazu haben, aber wenn du willst kann ich dir demnächst mal ein paar Tricks beibringen. Wenn du das mit deiner Gefühlsbeeinflussung in Einklang bringen könntest, wäre es doch perfekt."

"Hört sich gut an. Ja vielleicht."

 

Abgeneigt davon war ich jedenfalls nicht. Es könnte wirklich nützlich sein.

"Ok. Ich bin dran.", fuhr ich das Spiel fort. "Was hast du früher am liebsten gemacht?"

Unbehaglich rutschte Emma auf ihrem Platz hin und her. "Es gab da Jemanden zu Hause, mit dem ich gerne meine Zeit verbrachte. Mein bester Freund sozusagen. Wir machten die verrücktesten Sachen. Wir gingen zum Beispiel zusammen im See schwimmen und liefen durch den dunklen Wald."

Einerseits leuchteten ihre Augen, wenn sie von ihm sprach, andererseits wirkten sie auch traurig.

"Tut mir Leid, dass du Jemanden zurück lassen musstest. Das muss schwer gewesen sein. Wie hieß er?"

"Ja, es war nicht leicht.", stimmte Emma mir zu. "Er hieß Kenian und ich hoffe, ich werde ihn eines Tages wieder sehen."

"Bestimmt.", versuchte ich sie aufheitern. Ich wusste selbst, dass das ewig dauern würde.

"Hast du auch so Jemanden?", fragte sie mich nun.

"Äh, nein. Ehrlich gesagt hatte ich bisher nicht so viel mit Jungs zu tun. Ich hatte nur ein paar gute Freundinnen.", erzählte ich verlegen.

 

"Aber jetzt interessiert du dich für Jemanden?", erriet sie irgendwie.

"Ja schon...", gab ich vage zu.

"Wer ist denn der Glückliche?" Jetzt wirkte sie neugierig. Als ich zögerte, versuchte sie mich zu überreden es ihr zu verraten. "Ach kom schon, ich erzähl es auch nicht weiter."

Ich zögerte immer noch. Es würde nur Emma hören können. Unsere Gespräche waren so verzaubert, dass keiner uns belauschen konnte und wir die Anderen auch nicht hören konnten. Aber ich kannte Emma kaum. Andererseits ging es hier um das gegenseitige Kennen lernen und sie hatte mir auch von ihrem besten Freund erzählt.

"Also gut, es ist Leinar.", gab ich schließlich zu.

"Oh!", machte Emma.

"Was oh?", fragte ich beunruhigt.

"Na ja, ich hab gehört er soll sehr still sein und wenig lachen. Das wird bestimmt nicht leicht, ihn zu erobern."

"Ich hab auch nicht wirklich vor ihn zu erobern. Ich möchte ihn nur erst mal kennen lernen." Langsam bereute, ich es ihr erzählt zu haben.

Aber Gott sei Dank ließ sie das Thema fallen. "Na dann viel Glück."

Sie klang nicht sehr überzeugt davon, dass ich das haben

 

würde.

"Danke.", sagte ich trotzdem.

"Also, was ist deine Lieblingsfreizeitbeschäftigung?", fragte Emma mich nun.

"Ich fürchte, die ist wesentlich weniger interessant, als deine. Ich konnte durch meine Gabe schon immer gut mit Blumen umgehen und bin eine richtige Leseratte. Meine Lieblingsgeschichte ist Der Lebenssee und die goldene Fee."

"Ja, lesen tu ich auch viel und die Geschichte vom Lebenssee kenne ich natürlich. Es soll ja eine Legende sein." Emma grinste ein wenig.

"Stimmt, ich interessiere mich total für Legenden."

"Ok. Die nächste Frage: ....", bestimmte Emma. "Was ist dein magisches Lielbingstier?"

"Das kann ich ganz klar mit Einhorn beantworten. Ich war schon immer von Einhörnen fasziniert. Von ihrer Reinheit und Schönheit. Eigentlich wollte ich immer schon ein Einhorn als Haustier haben, aber die Tiere sind extrem selten und artengeschützt."

"Gute Wahl.", lobte Emma mich.

"Und was ist mit dir?", fragte ich.

"Ich hab eigentlich zwei. Eins ist fiktiv. Ich war schon immer fasziniert von Harry Potters Schneeule Hedwig.",

 

schwärmte Emma verträumt.

Harry Potter war im letzten Schuljahr Pflichtlektüre gewesen. Wir hatten alle 7 Teile gelesen. Ich liebte diese Geschichte und hatte mir übers Menscheninternet sogar die DVDs davon bestellt die es mittlerweile wie die Bücher auch in unserer Sprache gab.

"Die Schneeeule hab ich auch immer toll gefunden und Seidenschnabel auch. Was ist denn dein zweites Lieblingstier?"

"Ich fand Drachen schon immer faszinierend. Deshalb fand ich Norbert aus Harry Potter auch immer ganz toll. Die ganz kleinen mag ich aber ganz besonders. Die sind so süß."

"Ja, Drachen sind recht interessant."

Ich war nie so richtig ein Fan von Drachen, konnte Emma aber durchaus verstehen.

"Was für Musik hörst du gerne?", fragte ich als nächstes.

"Ich glaub nicht, dass sie dir was sagt. Es ist Rockmusik aus der Menschenwelt. Ich höre sie mir oft im Internet an. Und deine?"

"Mit Menschenmusik kenn ich mich tatsächlich nicht aus.", gestand ich. "Ich höre lieber klassische irische Elfenmmusik."

"Und wie würdest du dich in 6 Wörtern beschreiben?", fragte Emma nun weiter.

 

Ich antwortete: "Aufgeweckt, einsam, gefühlvoll, hilfsbereit, liebevoll und neugierig."

Emma dachte kurz darüber nach. Dann fragte sie. "Und wieso einsam?"

"Ich hatte zwar nen paar Freundinnen, aber keine die mir nahe standen. Nur meine Eltern standen mir wirklich nah."

"Hört sich eher traurig an.", fand Emma.

"Ja stimmt. Wie würdest du dich denn beschreiben?"

"Ich bin chaotisch, liebevoll, manchmal etwas launisch, total interessant, sehr offen und leicht verführerisch.", antwortete sie ziemlich von sich überzeugt.

"Und leicht eingebildet.", fügte ich lachend hinzu.

"Ja, ein bisschen vielleicht." Wir unterhielten uns noch eine Weile weiter. Unser Gespräch dauerte am längsten von allen Gesprächen im Raum. Die Anderen gingen langsam schlafen. (Die Sofas hatten sich wirklich in Betten verwandelt, nur unsers noch nicht). Langsam wurden wir aber auch müde und so gingen wir auch schlafen.

Kapitel 4 Dunkle Nacht

Hier bin ich, suche dich

Jeder Tag ohne dich ist ohne Hoffnung

Doch mit dir wird's endlich hell in mir

Du bist das Licht in meinem Leben

Du allein gibst mir Kraft zum leben

Und die Welt ist wunderschön, wenn wir zusammen sind.

 

Starlight Exrpess - Du Allein

 

In der Nacht wachte ich davon auf, dass der Zug anhielt. Anscheinend hatten wir jetzt Zaall erreicht. Der Feenstaub, der sonst den Zug wie ein leichter Sternennebel umgab war erloschen. Stattdessen schien das Mondlicht in den Raum und das Feuer im Kamin in der Ecke knisterte und strahlte ebenfalls warmes Licht in den Raum hinein.

Ich setzte mich leise auf und stellte fest, dass Leinar im Bett neben mir ebenfalls wach sein musste. Sein Bett war leer. Ich stand auf und suchte den Raum nach ihm ab. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er jetzt auf dem Flur war. Schließlich entdeckte ich ihn am hintersten Panoramafenster. Er saß auf der Fensterbank und starrte nachdenklich ins

 

Mondlicht.

Ich ging zögernd zu ihm, er bemerkte mich und sah mich an. Seine dunklen Augen leuchteten im Mondlicht. War das bei allen Feen so? Ich war bei Nacht sonst immer in meinem Zimmer gewesen.

"Darf ich...?", fragte ich vorsichtig und leise und zeigte auf den Platz neben ihm.

"Ja.", antwortete er und diese zwei schlichten Buchstaben berieten mir eine Gänsehaut. Seine Stimme war einfach...

 Wow! Anders kann ich es nicht beschreiben. Irgendwie tief und rau, aber auch so sanft, dass ich mir sofort wünschte, ich könnte sie immer hören.

Ich setzte mich neben ihn und eine Weile schwiegen wir. Doch ich wollte mehr von ihm wissen, also fragte ich ihn:

"Ich hab gehört, du sollst eher zurückhaltend und still sein. Das kann ich mir irgendwie gar nicht vorstellen. "

Ich wusste nicht, woher ich den Mut dazu nahm, aber in der Nacht, wenn ich sein Gesicht nicht so deutlich sah, fiel es mir wohl leichter zuzugeben, was mich bewegte.

"Es wird viel über mich erzählt, aber dieses Gerücht ist sogar wahr.", bestätigte er. "Die Zauberfeen kommen und gehen, aber bleiben tun sie nicht. Dann halte ich mich doch lieber gleich von ihnen fern und erzähle ihnen so wenig wie

 

möglich von mir."

Das klang traurig. Dann fiel mir etwas auf. "Du hast Jemanden verloren, der dir viel bedeutete. Ein Mädchen, dass du gern hattest, vielleicht?"

Bei dem Gedanken verspürte ich leicht irrationale Eifersucht. Das war doch bescheuert. Ich kannte ihn kaum, aber wenn ich Recht hatte, hatte ich vermutlich auch keine Chance ihn besser kennen zu lernen.

Doch er schüttelte nur den Kopf. "Meine Mutter."

"Wie denn das?" Das wunderte mich doch. War sie gestorben? Das konnte doch der einzige Grund sein.

"Ab und zu brauchen sie Lehrer für die Menschenwelt, weil mit der Zeit immer mehr Schüler kommen. Meine Mutter war eine von denen, die sie holten, als ich sieben Jahre alt war.", erzählte er.

"Dann wolltest du in die Menschenwelt?", riet ich

"Ich hab sogar das Ergebnis beeinflusst, damit ich auf jeden Fall erwählt werde.", gab er zu.

"Wie das?", fragte ich neugierig. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie das gehen sollte.

"Wir werden nicht durch Zufall ausgewählt.", erzählte er. "Meist sind wir Kinder von wichtigen Personen oder wir haben besondere Fähigkeiten. Wenn man das weiß, kann man

 

die Auswertung gut manipulieren."

"Dann muss ich hier falsch sein. Ich hab weder das eine noch das andere.", stellte ich fest.

Seltsamerweise klang ich etwas enttäuscht. Dabei wollte ich doch nie in die Menschenwelt. Wieso war es mir plötzlich wichtig doch zu gehen?

Er zuckte nur mit den Achseln. "Vielleicht hast du ein großes Geheimnis, was du selbst nicht kennst."

Ich runzelte die Stirn. "Und was soll das sein?"

"Weiß ich auch nicht.", antwortete er. "Aber das wirst du bestimmt noch heraus finden."

Mir fiel wieder ein, wie ich meinen Eltern beim Abschied versprochen hatte zu schreiben und dass sie skeptisch gewirkt hatten deswegen. Hatte mein Geheimnis mit meinen Eltern zu tun?

"Dafür, dass du so still sein sollst, hast du mir aber ziemlich viel von dir erzählt.", stellte ich fest.

Zum ersten Mal sah er mir direkt in die Augen und schenkte mir sogar ein kleines Lächeln. "Bei dir fällt es mir auch irgendwie leicht. Ich weiß selbst nicht wieso. Irgendwie hab ich das Gefühl, ich könnte dir alles erzählen und dir trotzdem vertrauen. So was hab ich bisher noch nie bei Jemanden gespürt."

 

Mein Herz machte ungefähr zehn ziemlich wilde Purzelbäume. War er mir deswegen aus dem Weg gegangen? Weil er Angst gehabt hatte sich mir zu öffnen?

"Vielleicht sollten wir solche Gespräche öfter führen. Dann bekommst du mehr Übung.", schlug ich hoffnungsvoll vor.

"Ja vielleicht....", antwortete er unbestimmt.

Dann setzte sich der Zug wieder in Bewegung. Ich weiß nicht, wie lange wir uns unterhalten hatten. Vielleicht ca. 45 Minuten. Sobald der Feenstaub vor den Fenstern wieder einsetzte wurden Leinar und ich sofort müde und legten uns fast automatisch in unsere Betten. Das Zeug schien wie eine Droge zu sein, vermutete ich.

Auf jeden Fall hatten wir jetzt wohl neue Fahrgäste. Ich konnte mir vage vorstellen, wieso wir ausgerechnet Zaall in der Nacht erreicht hatten. Ich hatte mal gehört, dass Zaall einer der Städte war, die die Nacht zum Tag machten. Sie lebten im Dunklen und schliefen im Hellen. Für die Bewohner von Zaall war es jetzt vermutlich ca. 14 Uhr Nachmittags.

Mit diesen Gedanken im Kopf schlief ich ein und wachte am nächsten Morgen traumlos auf.

Kapitel 5 Ein weiteres Spiel

- Grüble nicht über das nach, was du nicht ändern kannst.

Es wird deinen Schmerz nur verschlimmern. -

 

Christopher Paolini 

Eragon 3 Die Weisheit des Feuers

 

 Als ich erwachte sind die meisten Betten wieder in Sofa umgewandelt worden. Das Bett von Leinar allerdings noch nicht. Er lag friedlich schlafend dort. Er sah süß aus, wie er da lag, ohne seinem sonst so nachdenklichen Gesicht. Als hätte er gesprürt, dass er beobachtet wurde, wachte er auf und setzte sich ruckartig auf. Seine schwarzen Haare standen in alle Richtungen ab, aber das stand ihm ausgezeichnet. Er sah zu mir und schenkte mir ein leichtes Lächeln, wohl zur Erinnerung daran, dass er letzte Nacht nicht vergessen hatte. Irgendetwas hatte sich in der Nacht zwischen uns verändert und das freute mich. Also lächelte ich zurück.

Dann entdeckte Sophann neben mir, die schon wieder auf ihrem Sofa saß, dass ich auf war, und der vertraute Augenblick zwischen mir und Leinar war vorbei. Leinar stand ohne ein weiteres Wort auf und ging ins Bad, wo wir alle

 

unser Gepäck deponiert hatten. Sein Bett verwandelte sich vor meinen Augen in das Sofa zurück. Ich konnte mich immer noch nicht ganz an den Anblick gewöhnen.

"Hey du Schlafmütze.", begrüßte Sophann mich und ich wandte mich ihr zu. Sie wirkte etwas hibbelig. "Das war ein Tag, oder? Ich hab mich ja gestern mit Lily unterhalten. Kannst du dir vorstellen, dass sie Wolken schweben lassen kann? Ist das nicht unglaublich?"

"Sophann!", schlat ich sie. "Sollte das Gespräch nicht unter euch bleiben? Deswegen sind sie doch schließlich verzaubert." Dennoch versuchte ich mir vorzustellen wie Lilys Gabe funktionieren sollte.

Sophann seufzte übertrieben. "Du solltest dich wirklich langsam an Sophie gewöhnen. Je eher desto besser. Ok, ich erzähl ja schon gar nichts mehr." Sophann zog eine Schnute, aber wirklich beleidigt wirkte sie nicht.

Grinsend ging ich ins Bad. Es gab keine Absperrung für Jungen und Mädchen. Leinar war da, aber er hatte sich Gott sei Dank schon umgezogen. Statt einem blauen Schlafanzug trug er jetzt eine enge schwarze Jeans und ein enges weißes Langarmshirt, was ihm ausgesprochen gut stand. Auf Schuhe verzichetete er allerdings immer noch, was mich lächeln ließ.

 

Da er noch im Bad war, beschloss ich erst mal Zähne zu putzen. Ich kramte also in meinem Koffer nach meinem Zahnputzzeug, während er mir mit seiner sexy Stimme "Guten Morgen" wünschte.

Auch ich begrüßte ihn mit "Guten Morgen.", kramte aber weiterhin in meinen Sachen. Als ich sie endlich hatte und mich zu ihm gesellte, merkte ich wie er mich anstarrte.

"Ist was?", fragte ich ihn verwirrt.

"Deine Haare sehen ziemlich interessant aus." Er grinste schelmisch.

Ich wagte einen Blick in den Spiegel und bereute es sofort. Mein rotes Haar lag ziemlich wild um meinen Kopf. Es war lang, dick und meistens nicht zu bändigen. So schlimm hatte es allerdings noch nie ausgesehen.

"Oh verdammt! Ein Kamm wäre wohl besser gewesen.", fluchte ich. Ich stellte mein  Zahnputzzeug beim Waschbecken ab und wollte noch mal zu meinem Koffer, doch Leinar hielt mich davon ab, indem er sanft meine Hand nahm.

"Nein, ich mag deine Haare so."

"Ja klar." Ich rollte mit den Augen und wollte trotzdem zu meinem Koffer, doch er berührte schnell meine Haare und ich bemerkte, dass irgendetwas mit ihnen passierte. Als ich anschließend in den Spiegel sah, kam ich aus dem Staunen

 

nicht mehr raus. Irgendwie hatte er durch seine Berührung mein Haar gestylt und glänzender gemacht. Es lag jetzt sanft um meine Schultern und passte zum ersten Mal perfekt zu meinem Gesicht. Verwirrt sah ich ihn an: "Wie hast du das gemacht?"

"Es ist eine Gabe von mir. Ich kann Haare perfekt stylen, ich muss sie nur berühren und mir vorstellen, wie ich sie haben möchte.", erklärte er und fügte noch hinzu. "Aber bisher hab ich das nur bei mir gemacht."

Deswegen sah er immer so perfekt aus. Dann erinnerte ich mich an meine Marnieren und bedankte mich bei ihm.

"Gern geschehen." Er lächelte sein unglaubliches Lächeln. Dann stellte er sein Zahnputzzeug zur Seite und sagte. "Ich denke ich sollte dich jetzt besser allein lassen, damit du dich anziehen kannst."

"Ok.", war das einzige, was ich sagen konnte, und er verließ das Bad. Ich starrte ihm hinterher. Er war gar nicht so still wie alle sagten. Kopfschüttelnd putzte ich meine Zähne und zog mir ein rötliches Sommerkleid mit leichtem Ausschnitt an.

Jeder hatte hier sein eigenes Waschbecken und meins war neben Leinars und Sophanns. Sie waren mit Namen versehen. Ich verließ das Bad, als ich fertig war, und setzte mich wieder auf mein Sofa. Das Frühstück wartete...

Es gab jede Menge Auswahl, aber ich entschied mich für ein ganz normales Toast mit Erdbeermarmelade und ein Glas frisch gepressten Orangensaft. Während des Frühstücks erklang wieder die Stimme aus dem Lautsprecher.

"Guten Morgen, liebe Fahrgäste und Herzlich Wilkommen, liebe dazugestiegene Fahrgäste aus Zaall. Die Fahrt verlief bisher plangemäß. In zwei Stunden erreichen wir die nächste Stadt Tindemu und heute Abend gegen 18 Uhr dann Landford. Auf den Bildschirmen erhalten Sie Anweisungen für das heutige Kennen-Lern-Spiel für heute Nachmittag. Danach zeigen wir den ersten Bericht über die Menschenwelt. Das Team vom magischen Zug wünscht Ihnen weiterhin eine angenehme Reise."

Die Stimme verstummte wieder und auf dem Bildschirm erschien die Anweisung. Wir sollten diesmal in Zweierteams Bewohner aus anderen Städten kennen lernen. Wir sollten selbst Fragen vorbereiten und sie uns dann auf Kärtchen notieren. Darunter standen die Teams.

 

Neal und Mia = Ariella und Antonia aus Zaall

Sophie und Lily = Rena und Julian aus Tindemu

Emma und Robin = Jonas und Finn aus Landford

Justin und Sören = Sanna und Marleen aus Zaall

 

Oha! Ich würde mit Leinar zusammen arbeiten und wir würden also die Mädels Ariella und Antonia kennen lernen. Dazu werden wir in den Wagen der Mädchen gehen. Leinar mit drei Mädels? Nun denn...

Als Emma las, dass ich mit Leinar zusammen arbeiten würde, zwinkerte sie mir verschwörerisch zu. Sie konnte ja nicht ahnen, dass ich bereits Kontakt zu ihm geknüpft hatte.

Von Justin und Sören hatte ich bisher ziemlich wenig mitbekommen. Sie waren Brüder und blieben die meiste Zeit für sich.

Es war schon irgendwie seltsam. Bei den Meisten benutzte ich wirklich die Menschennamen, nur bei Leinar und Sophann nicht. Ihre anderen Namen kannte ich einfach zu gut. Die Anderen hatte ich nur ein mal gelesen und blieben nicht so hängen wie ihre Menschennamen.

 

Die Sendung im Fernsehen handelte vom 2. Weltkrieg. Ich hatte die grausame Geschichte schon einmal gehört.

Sophann setzte sich zu Lily aufs Sofa und Leinar kam zu mir.

"Bist du nervös wegen dem bevorstehenden Treffen mit den Mädels aus Zaall?", fragte ich ihn.

"Eigentlich nicht.", antwortete er. "Ich kenne sie schon."

 

"Was?", fragte ich vollkommen überrascht.  Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet.

"Na ja, zumindest eine von ihnen. Ariella. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das ist, auch wenn sie in unserer Welt Arie heißt. Aber sie muss es einfach sein.", erklärte er.

Ich schluckte fest. Ob er ihr sehr nahe stand?

"Wo hast du sie kennen gelernt?", fragte ich ihn.

"Meine Mutter war damals noch da. Sie kam immer mit ihrer Mutter zu Besuch. Auch später noch. Unsere Mütter waren Freundinnen. Doch zuletzt hab ich Ariella vor ca. drei Jahren gesehen. Sie hat noch eine Schwester, aber sie war nie mit dabei. Ich nehm an, dass sie diese Antonia ist." Er beobachtete mich aufmerksam, als wolle er wissen, wie ich darauf reagierte.

"Stand sie dir nah?", fragte ihn nun und hoffte, dass er nicht merkte wie wichtig  mir seine Antwort darauf war.

"Nein, nicht wirklich. Sie kam nur alle zwei Jahre. Soweit ich mich erinnern kann, hatte sie einen Freund in Zaall."

"Aber du freust dich sie wieder zu sehen, oder?", fragte ich weiter. Ich konnte einfach nicht mit dem Fragen aufhören.

"Ja schon....", gab er zu. "Aber mehr auch nicht. Ich glaube ich kenne dich jetzt schon besser als sie."

Das beruhigte mich etwas. Er schien zu merken, dass er

 

mir wichtig geworden war und vielleicht war ich ihm ja auch ein wenig wichtig geworden.

"Wollen wir jetzt mit den Fragen anfangen?", schlug er vor.

"Ist das denn überhaupt nötig?", erkundigte ich mich.

"Ja." Er klang sehr bestimmt.

"Ok, dann überlegen wir uns welche.", stimmte ich zu.

Kapitel 6 Die alte Freundin

- Wenn einer keine Angst hat, hat er keine Phantasie. -

 

Erich Kästner deutscher Schriftsteller

 

Als Leinar und ich den Wagon von Zaall betraten staunte ich erst mal nicht schlecht. Die Wände von unserem Wagon waren schlicht weiß und etwas sternenschimmernd. Hier wirkte die Wand, als sei es ein richtiger Sternenhimmel. Ich spürte praktisch, wie die Wolken am Himmel weiter zogen. Der Raum war auch ziemlich dunkel. Die einzigen Lichter kamen von einem Kamin in der Ecke und einem kleinen Nachtlicht.

Als Ariella Leinar entdeckte, sprang sie sofort auf und umarmte ihn stürmisch. Er zuckte leicht zusammen, erwiederte aber ihre Umarmung kurz und schob sie dann sanft von sich. Er sah sie einfach nur mit hochgezogener Braue an und das schien schon zu reichen, damit sie sich leicht verlegen entschuldigte. "Oh Leinar! Ich hab mich so gefreut, dich wieder zu sehen, dass ich ganz vergessen hab, dass du nicht gern berührt wirst."

Ich sah Leinar stirnrunzelnd an, er erwiederte meinen

 

Blick und zuckte die Achseln, als wollte er sagen: Keine große Sache!

 "Schon gut.", sagte er an Ariella gewandt und lächelte sie dann an. Sie führte ihn zu ihrem Sofa. Von mir hatte sie nicht mal Notiz genommen. Antonia schien zu bemerken, dass ich mich unwohl fühlte und lächelte mich aufmunternd an. Also setzte ich mich zu ihr.

"Tut mir Leid, meine Schwester kann manchmal etwas unsensibel sein.", begann sie das Gespräch.

"Ja das hab ich gemerkt.", stimmte ich Antonia zu. "Aber dafür kannst du ja nichts."

"Na ja, sie war eben total aus dem Häuschen seit sie erfahren hat, dass sie Leinar wieder sehen würde. Die beiden haben sich schon immer gut verstanden."

Die Bemerkung war nicht gerade hilfreich. Sie machte mich eher nervös, aber das konnte Antonia ja nicht wissen. Ich fragte mich, woher Ariella gewusst hatte, dass Neil Leinar war. Andereseits hatte Leinar ja auch gleich gesagt, dass er Ariella kennt.

Es waren noch vier weitere Zaaller im Raum, sowie Justin und Sören, die sich mit Sanna und Marleen unterhielten. Im Gegensatz zu uns hatten sie sich zu viert auf ein Sofa gesetzt.

 

Leinar unterhielt sich jedenfalls sehr angeregt mit Ariella.

"Du kommst also wie Leinar aus unserer Hauptstadt?", fragte mich Antonia nun. "Ich war im Gegensatz zu meiner Schwester noch nie dort. Ich stelle es mir dort unglaublich riesig vor."

"Na ja, klein ist sie nicht gerade.", stimmte ich zu und dachte an die vielen kleinen Häuschen in den Bergen oder Wäldern, die zu Raubit gehörten. Ich vermisste meine Heimat mehr denn je.

"Ich stelle es mir so unglaublich schön vor." Antonias Augen leuchteten geradezu vor Begeisterung. "Die vielen, kleinen Lichter im Tal usw. Ich würde so gern wenigstens nur ein mal Raubit besichtigen."

"Wieso warst du eigentlich nie dort?", fragte ich sie nun.

"Ich habe ein Handicap.", gestand Antonia mir. "Im Tageslicht werde ich krank. Wenn ich tagsüber in meinem dunklen Zimmer bin passiert nichts, aber sehe ich Tageslicht wird mir schlecht und ich muss mich übergeben. Aber das sind nur die harmlosen Sympthome meiner Krankheit. Wenn ich zu lange im Tageslicht bin, werde ich ausserdem verwirrt und weiß nicht mehr wer ich bin."

Das fand ich traurig. Ein Leben ohne Tageslicht musste

 

grausam sein. "Von so einer Krankheit hab ich noch nie gehört."

"Sie ist auch extrem selten. Die Krankheit nennt sich Kresinus und heißt so viel wie Tagmeider. Das letzte Mal hatte die Krankheit Jemand vor ca. 100 Jahren."

"Aber wird es in der Menschenwelt für dich dann nicht gefährlich?", fragte ich sie.

"Nein, ich hab gehört, dass das Schloss, wo die Schule ist, zur Hälfte in Tageslicht getaucht ist und zur Hälfte in Finsternis ist. Das wechselt wohl auch öfter."

Davon hatte ich noch nie gehört, aber ich hatte mich bisher auch noch nicht viel mit der Schule beschäftigt. Was erwartete mich eigentlich in der Menschenwelt?

"Ich kann mir nicht vorstellen nur in der Nacht zu leben.", gestand ich.

"Man gewöhnt sich dran. Unsere Augen gewöhnen sich in der Nacht auch viel mehr an das was wir sehen, als deine ungeschulten Augen. Es ist für uns fast als wäre es Tag."

 Ich fand das schon faszinierend und Antonia war mir auf jeden Fall sympatisch. Plötzlich fragte sie mich: "Du magst ihn, oder?"

"Wen?", fragte ich, obwohl ich mir durchaus denken konnte, wen sie meinte.

 

"Na Leinar natürlich." Sie schrie es fast, aber das machte nichts, da es wegen dem Gesprächszauber Niemand ausser uns hören konnte.

"Ja.", gab ich schließlich zu, obwohl ich nicht wusste warum. Ich kannte sie ja gar nicht.

"Keine Sorge.", beruhigte Antonia mich. "Von meiner Schwester will er bestimmt nichts. Er mag sie, aber sie ist ihm auch unheimlich, zu besitzergreifend. Dich hingegen hat er sofort in sein Herz geschlossen. Eure Verbindung geht tiefer. Ich kann es nicht besser erklären, aber er will dich besser kennen lernen. Du berührst ihn und er kann sich das nicht erklären. Das ist ihm bisher noch nie passiert."

Staunend sah ich Antonia an. "Woher weißt du das alles?"

"Ich kann nicht direkt Gedanken lesen, aber ich kann Gefühle spüren und seine Gefühle für dich sind sehr stark.", erklärte Antonia.

Mein Herz machte einen Satz und ich sah kurz zu Leinar hinüber. Ich wollte sie gerade fragen, ob sie das denn auch durch den Zauber hindurch spüren konnte, als ein Ruck durch den Zug ging. Wir mussten jetzt kurz vor Landfort sein. Die Bewohner von Tindemu mussten inzwischen dazugestiegen sein, ohne dass ich bemerkt hatte, dass der Zug

 

gehalten hatte.

 Aus dem Lautsprecher verkündete die übliche Frauenstimme: " Liebe Fahrgäste! Bitte bewahren Sie Ruhe, aber kehren Sie in ihre Wagons zurück. Wir werden schon heraus finden, was den Zug gestoppt hat."

Sören und Justin waren schon aufgestanden.

Ich sagte noch zu Antonia: " Ich hoffe wir sehen uns bald wieder" und dann rief Leinar: "Komm!"

Er zog mich aus dem Wagon, den Flur entlang und dann in unseren Wagon, der mir jetzt total hell vorkam.

Was war da draußen wohl los? Angespannt saßen wir auf unseren Sofas und warteten. Aus dem Lautsprecher erklang Musik. Vermutlich sollte uns das beruhigen. Ich sah zu Leinar rüber, doch er regte sich nicht, sondern sah nur stur geradeaus. Es wirkte fast so, als hätte er schon mal so was mitgemacht.

Sophann neben mir wippte ständig hin und her und Emma warf mir einen ängstlichen Blick zu. Irgendetwas musste passiert sein. Sie spürten es und ich auch.

Kapitel 7 Unerwarteter Besuch

Ich würde am liebsten wach bleiben,

nur um dich atmen zu hören.,

dein Lächeln ansehen

während du träumst.

Während du weit weg bist und träumst.

 

Aerosmith - I dont want to miss a thing

 

 Wir blieben auf unseren Sofas sitzen. Dann ertönte eine Männerstimme von dem Flur aus vor der Tür unseres Wagons.

"Aber ich muss zu ihm. Er ist mein Sohn. Er darf die Menschenwelt nie erreichen."

Leinar neben mir spannte sich an. Was war los mit ihm? Irgendwas schien ihn zu beunruhigen.

"Du kannst nicht einfach den Zug anhalten, um deinen Sohn zu holen. Du kennst die Regeln doch am Besten. Wer einmal erwählt wurde, kann nicht mehr zurück." Die Stimme, die sonst aus den Lautsprechern erklang, klang ziemlich aufgebracht.

"Aber er ist alles was ich habe.", erklang verzweifelt die

 

Stimme des Mannes.

Jetzt war ich mir ziemlich sicher, dass es um Leinar ging.

Ich hatte schon vorher den Verdacht gehabt, weil Leinar so angespannt gewirkt hatte, sobald er die Stimme zum ersten Mal hörte.

"Es geht nicht. Dein Sohn bleibt hier und du musst jetzt gehen, damit wir weiter fahren können.", redete die Frauenstimme auf den Mann vor der Tür ein.

"Du kannst mir nicht meinen Sohn nehmen. Das ist zu grausam.", jammerte der Mann.

Leinar seufzte und stand auf. Es wirkte, als würde sich alles in ihm sträuben, das zu tun, aber er ging trotzdem zur Wagontür und öffnete sie.

"Dad?", fragte er.

Dann schloss sich unsere Wagontür wieder hinter ihm. Ich wusste nicht, ob ich ihn je wieder sehen würde und das machte mich traurig.

Die Sofas hatten sich schon in Betten umgewandelt und Leinar war immer noch nicht zurück. Ich machte mir Sorgen um ihn. Was trieb er so lange oder hatte er den Zug schon längst verlassen?

Trotz des Feenstaubs, der uns schläfrig machen sollte, war ich nicht müde. Ich konnte einfach nicht schlafen. Als

 

wir schließlich unseren letzten Stopp vor unserer neuen Heimat in Bibasty machten, ging endlich die Wagontür auf und Leinar kam rein. Er wirkte müde und erschöpft, aber war wieder da. Ich saß aufrecht in meinem Bett und Leinar setzte sich zu mir.

"War das dein Vater?", fragte ich ihn flüsternd.

Er nickte traurig. "Seit Mom weg ist, ist er ziemlich verwirrt und das ich jetzt auch noch gehe macht ihn völlig fertig."

"Und trotzdem gehst du?" Das musste hart sein.

"Es war nicht leicht für mich in den letzten Jahren mit ihm zusammen zu leben. Er war total anders als früher. Ich wollte da raus. Mag sein, dass das egoistisch ist von mir."

Ich nahm sanft seine Hand und verschränkte meine Finger mit seinen. "Es ist nicht egoistisch. Ich kann dich verstehen."

"Danke.", sagte er und lächelte schwach. Diesmal legte er sich zu  mir in mein Bett. Vermutlich wollte er einfach nicht allein sein. Ich hatte noch viele Fragen an ihn, was seinen Vater betraf und so, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Leinar legte seine Arme um mich und so schliefen wir ein.

Kapitel 8 Das magische Schloss

- Ein Netzwerk aus Worten ist ein großer Wald,

indem sich die Phantasie herumtreibt. -

 

Shankara indischer Philosoph

 

 Wir waren tatsächlich in der Welt der Menschen. Ich konnte es kaum fassen. Wir standen sogar vor dem magischen Schloss. Das Schloss war ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Es war riesig, das schon. Aber es war silbern, nicht golden. Andererseits konnte man das auch nicht so genau sagen. Vielleicht war es auch etwas dazwischen.

Das magische Schloss war jedenfalls zur Hälfte dunkel wie die Nacht und zur anderen Hälfte hell wie der Tag, wie Antonia schon angedeutet hatte. Überall auf dem Schloss schimmerten winzige Regenbögen. Das sah ziemlich irre aus. Hinter dem Schloss schien jegliches Wetter zu wüten, dass ich kannte. Es regnete, es schneite, die Sonne schien, es war stürmisch und es hagelte und blitzte sogar. In diesem bunten Mix sah das ziemlich verwirrend aus.

Vor dem Schloss bekamen wir nichts von dem ganzen seltsamen Wetter mit. Uns schien nur die Sonne ins Gesicht

 

und es war angenehm warm. Auf der dunklen Seite des Schlosses funkelten die Sterne, während auf der hellen Seite eben die Sonne schien.

Das gesamte verwinkelte Schloss mit allen Türmen und Erkern war von einer leichten Schicht silbrig schimmerden Feenstaub umgeben. Es sah wirklich sehr beeindruckend aus.

Als wir aus den Zug stiegen, sahen wir zum ersten Mal die Frau, die die ganze Fahrt über durch die Lautsprecher zu uns gesprochen hatte. Sie war vermutlich ca. 200 Jahre oder so, wirkte aber als wäre sie höchstens 40 Jahre alt. Ihr Haar war von einem so langen, glänzenden kastanienbraun wie ich es noch nie gesehen hatte. Es reichte ihr fast bis zu den Füßen. Das musste doch unglaublich schwer sein, es sei denn es war verzaubert. Sie hatte hellgrüne Augen. Wirklich sehr hellgrüne Augen. Es sah ein bisschen unheimlich aus. Sie trug ein dunkelblaues, langes Seidenkleid, wobei der Rock sehr weit fiel und mit leuchtenden Sternen verziert war. Sie war nicht wirklich schlank und auch nicht wirklich dick. Sie sah einfach umwerfend schön aus.

Wir erfuhren, dass sie Sena hieß und die Lehrerin von uns und von Zaall werden würde. Das dürfte interessant werden.

 

Sena sah das Schloss an und seufzte: "Endlich zu Hause."

Plötzlich erschien wie aus dem nichts eine Brücke über dem Graben, die zum Schloss führte. Ich hatte mich schon gefragt, wie wir zum Schloss kommen sollten, aber das

hatte sich ja jetzt erledigt. Automatisch ging auch das Tor des Schlosses auf und ein roter Schimmer kam heraus. Wir gingen über die Brücke zum Schloss.

"Willkommen Sena! Willkommen ihr neuen Schüler! Die Eröffnungsfeier beginnt um 12 Uhr Mitternacht, der Unterricht übermorgen früh um 07:30 Uhr, eure Stundenpläne erhaltet ihr, wenn ihr das Schloss betretet, genau wie einen Plan der Schule, auf dem eure Zimmer oder Suites gekennzeichnet sind, sowie die Klassen für die ersten Unterrichtsstunden.

Die Rektorin Carlina Meisold bittet dich, Sena, und auch Neal Torrn und Mia Mildren zu einer Besprecheung im Kaminzimmer im 2. Stock. Ihre Schüler aus Landford bittet sie in zwei Stunden zum Kennen Lernen zu ihr zu kommen. Alles weitere erfahren Sie bei der Eröffnungsfeier."

Die Stimme verstummte wieder und ich drängte mich mit Leinar zu Sena durch.

"Ihr seid Neal und Mia?", fragte sie, obwohl sie doch schon wissen musste, dass Leinar Neal war.

 

"Ja.", antwortete Leinar.

"Gut, dann kommt mit mir."

Sobald wir das Schloss betreten hatten verstreuten sich die Schüler in alle Richtungen.

"Wissen Sie wieso die Rektorin gerade uns sprechen will?", fragte ich Sena.

"Nein, aber das werdet ihr wohl bald erfahren." Und so führte sie uns in den 2. Stock ins Kaminzimmer.

Als eben mein Nachname benutzt worden war, war das sehr ungewohnt für mich gewesen. Ich hatte ihn sonst fast nie benutzt.

Im Kaminzimmer befand sich nicht nur ein Kamin sondern gleich vier. Für jede Wand einen. In dem fensterlosen Raum war es kuschelig warm. Viele rote Sofa standen wahllos im Raum herum. Wir setzten uns auf das Sofa, dass dem Kamin zugewandt war. (Einem davon). Lady Meisold beehrte uns noch nicht mit ihrer Anwesenheit. Lange ließ sie aber nicht auf sich warten. Sie erschien einfach wie von selbst im Raum, ohne durch eine Tür zu gehen.

Lange Haare waren bei den Lehrerinnen wohl in. Lady Meisolds waren zwar nicht ganz so lang wie die von Sena, aber sie reichten ihr immerhin bis zu den Kniekehlen. Die Farbe ihrer Haare war pechschwarz, ihre Augen so dunkel,

 

dass sie mich entfernt an Leinars Augen erinnerten. Ihre Figur wirkte irgendwie unförmig. Manche Stellen wirkten sehr schlank und manche Stellen wie ihre Hände eher dick. Als wäre ein Zauber furchtbar schief gegangen. Sie trug ein seidenes traumblaues Kleid.

Zu meiner Überraschung war es Leinar, der plötzlich fragte: "Grandma?" und Lady Meisold verwirrt ansah.

Die Rektorin lächelte ihn freundlich an und wirkte ziemlich glücklich. Was war hier bloß los? Wieso hatte Leinar sie Grandma genannt? Ich verstand das alles nicht.

"Neil, mein Lieber! Ich wusste schon immer, dass du was besonderes bist, aber ich konnte ja nicht ahnen wie Besonders." Lady Meisold strahlte, als hätte sie gerade das tollste Geburtstagsgeschenk ihres Lebens erhalten.

"Aber... ich dachte du seits tot.", stammelte Leinar, offenbar mehr als nur verwirrt.

"Alles nur Tarnung.", winkte Leinars Großmutter lässig ab, als sei es ganz normal seinen eigenen Tot vorzuteuschen. "Wie du siehst bin ich quicklebendig."

Leinar schüttelte ungläubig den Kopf. "Ich verstehe das alles nicht."

"Ich werde dir alles mal in Ruhe erklären.", versprach Lady Meisold ihm. "Heute ist dazu keine Zeit. Wir haben

 

wichtigere Dinge zu besprechen. Wie ich sehe hast du deine Tante bereits kennen gelernt?" Sie wandte sich, ohne auf eine Antwort zu warten, Sena zu.

"Tante?", murmele Leinar verständnislos.

"Sena meine Liebe, was gibt es neues in unserer Welt?", fragte Lady Meisold Sena, ohne auf Leinars Gemurmele zu achten.

"Das kann warten.", entschied Sena. "Wolltest du Neal nur erzählen, dass du lebst oder sind die Zwei noch aus einem anderen Grund hier?" Zum Teil hatte Sena also doch gewusst, wieso wir oder zumindest Leinar, Lady Meisold treffen sollten.

"Ach ja richtig...", seufzte Lady Meisold. "Also gut. Wo fangen wir am besten an?" Sie musterte uns eingehend und entschied dann: "Kommen wir erst mal zu euch beiden. Habt ihr schon mal was von Seelenmagie gehört?"

"Ein wenig. Es soll eine uralte Magie sein, die zwei Feen miteinander verbindet.", beantwortete Leinar die Frage.

"Das stimmt.", nickte Lady Meisold nachdenklich, fast schon träumend. "Seelenmagie ist sehr selten. Zum letzten mal kam sie vor vielen, vielen Jahren vor. Die Pärchen, die mit Seelenmagie verbunden sind, nennt man Seelengefährten oder Seelenliebende. Sie vertrauen sich blind und

 

bleiben für immer zusammen. Ihre eigene Magie plus die Seelenmagie ist stärker und reiner als alle anderen Formen der Magie. Seelengefähten oder Seelenliebenden sind die mächtigsten Magier überhaupt."

"Wer waren denn die letzten Seelengefährten?", wollte Leinar wissen.

"Deine Urgroßeltern und meine Eltern. Mathilda und Steffen. Die beiden haben großartiges geleistet. Besonders meine Mutter. Sie hat damals Frieden ins Land gebrach,t indem sie ihren Vater ,der sie nie anerkannte, tötete. Vielleicht lag das nicht unbedingt daran, dass mein Vater ihr Seelenliebender war, aber sie hat trotzdem den Frieden gebracht.", antwortete Lady Meisold stolz.

Die Namen kamen mir vage bekannt vor. In Geschichte war ich schon immer recht gut gewesen. Soweit ich mich erinnern konnte, gab es mal ein Königspaar, dass Mathilda und Steffen hieß. War Leinar dann wohl ein Prinz und wusste er das?

Dennoch: fragte ich. "Wieso erzählen Sie uns das eigentlch?"

Wobei ich eigentlich mich meinte, denn es ging doch schließlich um Leinars Verwandtschaft. Was hatte das mit mir zu tun?

 

"Dadurch, dass ich ein Kind von Seelenliebenden bin, spüre ich andere Seelengefährten. Bis vor kurzem habe ich es nie gespürt, aber seit ihr in den Zug gestiegen seid, spüre ich die Seelenmagie stärker denn je. Natürlich ist es schwer zu bestimmen, wer die betroffenen Seelengefährten sind, aber oft wird so etwas weiter vererbt. Deswegen war mir sofort klar, Neal, dass in dir Seelenmagie steckt. Als mir das klar war, spürte ich dein enges Verhältnis zu Mia nach so kurzer Zeit, obwohl du dich sonst eher von Anderen zurück ziehst. Mia ist deine Seelengefährtin, Neal. Da bin ich mir absolut sicher."

Leinar wurde schlagartig still. Er hatte gerade erst erfahren, dass seine totgeglaubte Oma lebte und er eine Tante hatte, und jetzt auch noch das. Das so etwas mächtiges uns betraf konnte selbst ich kaum glauben. Wie schwer musste es dann Leinar fallen? Das war einfach zu viel für ihn, für uns beide.

"Wir sollen diese super magischen Seelengefährten sein und gar keine andere Chance haben, als uns ineinander zu verlieben?", fragte Leinar skeptisch und sehr verbittert.

Mir gefiel das auch nicht. Wenn ich mich wirklich verlieben sollte, dann weil ich das wollte und nicht aus irgendeiner Kraft und einer magischen Bestimmung, wo wir gar

 

nichts für konnten.

"Nein, so ist es nicht ganz.", wiedersprach Lady Meisold ihm. "Es gibt einen entscheidenen Unterschied zwischen Seelengefährten und Seelenliebenden. "Seelengefährten sind so was wie sehr beste Freunde, die sich voneinander nicht trennen können, weil sie ohne den Anderen nicht leben können. Seelengefährten lieben sich aber nicht. Wenn sie sich aber doch ineinander verlieben, sind sie Seelenliebende. Das heißt: Wer mit Seelenmagie verbunden ist, kann sich ineinander verlieben, muss aber nicht. Seelenmagie ist vielseitig und entsteht nicht immer nur aus Magie. Manchmal ist es auch einfach Schicksal."

"Und was heißt das jetzt für uns?", wollte Leinar wissen.

"Das, was euch verbindet, ist etwas Besonderes. Egal ob ihr Seelengefährten oder Seelenliebende seid: Ihr die Seelenmagie ernst nehmen und nicht schmälern. Ihr werdet mehr Unterricht haben als die Anderen, da ihr im Notfall eine größere Aufgabe haben werdet als sie. Auf euren Schultern lastest auch viel mehr als auf den der Anderen, weil ihr als die sogenannten Erlöser bezeichnet werdet. Momentan herrscht zwar Frieden, aber das muss nicht so bleiben. Wenn der Krieg erneut beginnen sollte, werdet ihr an der vordersten Front kämpfen und uns den Sieg bringen. So

 

wird es seit Jahrtausenden prophezeit. In dem Fall meiner Mutter ist die Prophezeiung eingetroffen auch wenn sie da noch nicht direkt mit ihrem Seelengefährten verbunden war hat sie gespürrt, dass sie zu ihm gehört. Wie gesagt: Eure Seelenmagie ist stärker als irgendeine Magie sonst und sie macht auch eure eigenen Fähigkeiten stärker. Aber seid vorsichtig. Sagt niemanden was von eurer Seelenmagie. Ihr seid begehrt und es wird oft Jagd auf euresgleichen gemacht. Behaltet es so gut wie es geht für euch. Das ist mein Rat an euch."

Das hieß also so viel wie wir mussten mehr lernen als alle Anderen, weil wir eines Tages die Welt retten sollten. Klang doch sehr vielversprechend. Vermutlich würden wir eines Tages auch noch in Geschichtsbüchern auftauchen.

"Bei euch beiden liegt noch ein besonderer Fall von Seelenmagie vor. So etwas gab es bisher in unserer ganzen Geschichte noch nie.", berichtete Lady Meisold weiter und dann wandte sie sich plötzlich an mich. "Du bist bei Pflegeeltern großgeworden, richtig?"

Was? Was sollte das denn jetzt?

"Nein, sie sind meine richtigen Eltern.", korrigierte ich sie voller Überzeugung.

"Das zumindest solltest du glauben, weil es sicherer für

 

dich war. In Wahrheit sind deine Eltern Königin Linnie und König Lunar von Raubit. Sie leben versteckt hier in der Menschenwelt solange Frieden herrscht."

"Was?" Jetzt wollte Lady Meisold mich wohl vereimern. Meine Eltern waren gewiss keine Könige. "Nein, Sie irren sich."

"Nein, bestimmt nicht. Zur gleichen Zeit als meine Eltern Seelenliebende waren geschah etwas sehr, sehr seltenes. Es gab ein Paar, dass nicht direkt mit Seelenmagie verbunden war, aber es kam dem sehr nahe. Es fehlte nicht mehr viel und sie wären ebenfalls durch Seelenmagie verbunden gewesen. Die Rede ist von Corentin und Lilien die mit der Zeit zu den Sternen gingen. Niemand weiß was aus ihnen geworden ist. Jedenfalls bekamen Corentin und Lilien bevor sie zu den Sternen gingen drei Kinder und zogen sie groß. Ihr ältester Sohn heißt Renn und er heiratete Isanna, eine Fee. Renn und Isanna sind deine Großeltern, Mia. Also bist du, Neil, mehr oder weniger aus einer Verbindung durch Seelenmagie entstanden und du Mia, entstammst einer Verbindung die Seelenmagie sehr, sehr nahe kam. Da ist es nur naheligend, dass ihr beide durch Seelenmagie verbunden seid."

So unsinnig es auch war, ich wollte das einfach nicht

 

glauben. Deswegen beharrte ich immer noch beinahe verzweifelt. "Nein, nein. Meine Eltern sind Jonael und Luciana. Einfache Feen aus Raubit."

Zu meiner Überraschung war es Leinar der neben mir saß und berühigend meine Hand nahm.  Er flüsterte mir zu: "Das ist dein Geheimnis, das was du nicht wusstest. Deswegen bist du hier."

Die meiste Zeit war er still gewesen und hatte nur hin und wieder Fragen, aber jetzt schien wieder Leben in ihn zu kommen und er versprach mir. "Wir stehen das gemeinsam durch."

"Das ist sicher viel worüber ihr nachdenken müsst. Als Seelengefährten werdet ihr nicht gemeinsam mit euren Mitschülern zusammen wohnen sondern zu zweit in einer Suite. Du solltest auch die Sache mit deinen Eltern lieber nicht erwähnen, Mia. Dieses Geheimnis wurde lange bewahrt, weil das Wissen darum sehr gefährlich ist. Ihr seid sehr kostbar und wie gesagt könntet ihr allein wegen eurer magischen Stärke gejagt werden. Also seid vorsichtig. Ihr solltet euch jetzt auf eure Zimmer begeben und euch für die Eröffnungsfeier erholen und zurecht machen. Sena wird euch den Weg zeigen, weil ihr noch keine Schlosspläne habt."

Die Vorstellung mit Leinar in einer Suite ganz alleine zu

 

wohnen machte mich nervös. Wie sollten wir das den Anderen nur erklären?

Kapitel 9 Erholungsphase

- Wer zu den Sternen unterwegs ist ,

hat die ganze Welt hinter sich.-

 

Ernst Ferstl  österreichischer Dichter

 

Unsere Suite befand sich in einem der Südtürme. Sena erzählte uns, dass ca. zwanzig Türme zu dem Schloss gehörten. Jeder Turm war einer Person aus früheren Zeiten gewidmet. Unser Turm wurde Cassalda genannt und war der Sternenkönigin Cassandra gewidmet, die ja laut Lady Meisold eine meiner Vorfahren gewesen sein sollte.

Plötzlich erinnerte ich mich an die Geschichte von Lilien, die auch bei Adoptiveltern gelebt hatte. Hinterher fand sie heraus, dass ihr Vater Fürst Cameron und ihre Mutter die Sternenprinzessin Nike war. Lilien war glücklich gewesen, dass sie nun endlich wusste wer ihre Eltern waren, aber für sie hatte es auch eine besondere Bedeutung, denn plötzlich war sie adelig und konnte mit Corentin zusammen sein, den sie über alles liebte. Ich entdeckte also gewisse Parallelen zwischen mir und Lilien.

Ich war mir aber nicht so sicher, ob mir gefiel, dass

 

ich angeblich ein Kind von Königen sein sollte, die ich nicht mal kannte.

Unser Turm Cassalda verfügte über sieben Stockwerke. Das hieß, wir mussten Treppen ohne Ende nach oben laufen. Ich war zwar eine Fee, aber als ich oben ankam, war ich trotzdem ziemlich fertig.

"Und die sollen wir jeden Tag gehen? Vielleicht sogar mehrmals?", stöhnte auch Leinar, denn er war wohl auch nicht ganz begeistert davon bis in den siebten Stock zu Fuss zu müssen.

 "Ach kommt schon, ihr seid Feen! Dazu noch die mächtigsten auf der Welt. Nen paar Treppen werden euch doch wohl nicht schocken." Sena schüttelte schmunzelnd den Kopf, wobei ihre langen Haare hin und her wippten.

"Von dieser mächtigen Magie spüre ich gerade irgendwie nichts.", bemerkte Leinar trocken.

Sena führte uns durch einige Gänge, die an diesem Abend ziemlich gespenstig wirkten. Wir blieben vor einer Tür stehen, die nicht wirklich als Tür bezeichnet werden konnte. Es war vielmehr eine Art Vorhang, der aus goldleuchtenden Feenstaub zu bestehen schien. Leinar und ich blieben einfach wortlos davor stehe,n ohne zu wissen was wir machen sollten.

 

"Geht einfach weiter.", verkündete Sena, die zwischen uns stand. "Ihr werdet schon sehen."

Also gingen wir durch den Vorhang hindurch und dabei prickelte es ziemlich angenehm. Dann standen wir in unserer Suite, wobei ich mich darauf noch gar nicht so konzentrieren konnte. Vorerst betrachtete ich die schimmernden Sterne, die plötzlich auf meiner Haut erschienen.

"Wow, was ist denn das?", fragte Leinar neugierig.

Sena wusste die Antwort darauf. "Du stammst von den Sternen ab, Mia. Lilien war halb Stern, halb Elfe. Damit hat diese Erscheinung wohl zu tun. Vielleicht habt ihr das Prickeln auf der Haut bemerkt, als ihr durch den Vorhang gegangen seit. Der Vorhang besteht aus Feenstaub. Er zeigt euch eure wahre Gestalt. Da hast du den Beweis, dass meine Mutter die Wahrheit sagt."

"Bei mir zeigt sich aber nichts.", bemerkte Leinar schließlich etwas enttäuscht.

"Dann wusstest du schon bevor du durch den Vorhang gegangen bist, wer du bist." Für Sena schien das ziemlich logisch zu sein.

"Das glaub ich aber nicht oder ist dir klar, dass du ein Prinz sein musst?", wiedersprach ich.

Jetzt wirkte Leinar ziemlich verwirrt. "Ein Prinz? Wohl

 

kaum."

 "Nein, nicht direkt.", meldete sich nun auch Sena zu Wort. "Es stimmt, dass meine Großeltern Könige waren, aber nach ihrem Tot lehnte meine Mutter ihr Erbe ab. Sie ist mit deinen Eltern befreundet, Mia, und ihr war klar, dass es besser war nur ein Königspaar zu haben. Also nein, Neal ist kein Prinz, weil meine Mutter nie wirklich Königin war und somit auch seine Eltern nicht."

Ok, dann halt nicht., dachte ich nur.

"Wie lange wird es dauern bis dieser Sternenschimmer auf meiner Haut wieder weg ist?", lenkte ich dann vom Thema ab, denn diese Frage interessierte mich wirklich. Ich wollte nicht immer rumlaufen wie ein wandelnder Stern.

"Keine Ahnung.", gestand Sena mir. Es könnte Tage, Wochen, Monate, Jahre dauern oder sogar für immer bleiben. Sternenschimmer ist mächtige Magie und zeigt sich nur bei wenigen Auserwählten und nur bei Nachfahren von Cassandra, der Sternenkönigin. Du musst wirklich was Besonderes sein."

"Na toll.", seufzte ich wenig begeistert. "Für immer? Ist das dein Ernst?"

"Also von mir aus kann es für immer so bleiben. Ich find es schön. Es wirkt so magisch.", bemerkte Leinar wenig

 

hilfreich, aber ich fühlte mich doch geschmeichelt.

"Du solltest das Sternenkleid anziehen, was in deinem Schrank hängt.", schlug Sena vor. "Es würde beeindruckend zu deiner Haut wirken."

Woher wusste Sena was in meinem Schrank hing? Obwohl, vielleicht wollte ich das gar nicht so genau wissen.

"Ich werde euch dann jetzt mal allein lassen. Ihr habt drei Stunden bis zur Eröffnungsfeier.", verabschiedete sich Sena von uns und verließ die Suite durch den Schleier.

 

Als sie weg war, hatte ich zum ersten Mal Zeit, mich in dem Raum in dem ich mich befand, umzusehen. Vor staunen brachte ich kein Wort heraus. Hier sollten wir wohnen?

Der Wohnraum war riesig. Wir hatten nicht nur einen sondern gleich zwei Flachbildschirme an den Wänden. Wozu brauchten wir bitte zwei Flachbildschirme in einem Raum?

Die Wände wirkten fast golden und waren überzogen mit einer feinen Schicht Feenstaub in Form von winzigen Sternen.

An der Wand neben der Balkontür an der größeren Fläche stand ein dunkelblaues großes Ecksofa, dass ziemlich gemütlich aussah. Daneben in Richtung von dem Gang, der vermutlich zu den Schlafzimmern führte stand ein Kamin, in

 

dem sanft ein Feuer vor sich hin knisterte. Vom Sofa aus sah man den ersten Flachbildschirm, der an der gegenüberliegenden Wand hing. Neben dem Kamin befand sich noch eine gemütliche Eckbank vor der ein Tisch aus Eiche stand. Ich ging gleich in den Gang und stellte überrascht fest, dass es nur ein Schlafzimmer gab mit einem Ehebett!

"Ähm!", war alles was mir dazu einfiel. Das Zimmer an sich war sehr gemütlich eingerichtet. Die Wände waren traumblau gestrichen mit vereinzelten Sternen darauf. Gegenüber dem Bett machte eine riesige Fensterfront das Zimmer unglaublich hell. An der Wand zwischen Fenster und Bett standen zwei riesige Kleiderschränke. Nie im Leben brauchte ich so viel Kleidung, dass der Schrank jemals voll werden würde. Neugierig machte ich den Schrank auf und stellte fest, dass er schon ziemlich voll hing. Ich fand das Sternenkleid trotzdem fast sofort. Es war dunkellila und hatte einen weiten Rock, der wie ein Stern fiel. Das Kleid war hinten ziemlich tief ausgeschnitten.

Leinar, der mir offenbar gefolgt war, kommentierte das Kleid nur mit einem schlichten "Wow."

"Das heißt dann wohl ich ziehe das Kleid heute wirklich an?", stellte ich fest, formulierte die Feststellung aber fast wie eine Frage.

 

"Auf jeden Fall!", nickte Leinar eifrig.

Kapitel 10 Die Eröffnungsfeier

 "Freud, wer ist das ?" 

"Ein Passagier?"

 

Filmzitat aus "Titanic"

 

Wir schliefen einige Zeit lang. Gegen ca. 22 Uhr stand ich wieder auf. Leinar schilef immer noch und so duschte ich in dem schicken Bad mit den grünen Wänden und dem grünen Boden. Es wirkte, als stände man auf einer Wiese. Das Bad hatte sogar eine Badewanne. Ich duschte allerdings und die heiße Dusche tat mir sehr gut. Danach nahm ich ein weißes Badehandtuch und kuschelte mich darin ein. Das Handtuch war schön lang, sodass es meinen Körper schön verdeckte. So traute ich mich zu Leinar ins Schlafzimmer. Da Leinar immer noch schlief zog ich meine Unterwäsche über und probierte das Kleid an. Es saß perfekt. Ich verliebte mich sofort darin. Obwohl ich mich fragte, wie ich bloß darin sitzen sollte.  Der Sternenrock war verdammt weit. Gut, dass eine Art Unterrock das Kleid zierte. Sonst wäre es ziemilch freizügig.

Leinar regte sich im Bett. Mit seinen verwuschelten schwarzen Haaren sah er ziemlich süß aus. Als er mich sah,

 

pfiff er durch die Zähne und rief aus: "Ich wusste, dass es dir steht. Nur mit deinen Haaren musst du noch irgendwas anstellen."

"Ich hatte gehofft, du übernimmst das für mich.", bat ich ihn.

"Gern." Er stand so schnell auf und stand plötzlich so nah vor mir, dass ich es erst wahrnahm, als er schon mein Haar berührte. Mit seinen Gedanken stylte er mein Haar und so hatte es bisher noch nie ausgesehen.

Mein rotes Haar leuchtete und glänzte richtig. Er hatte es hochstecken lassen mit tausend winzigen geflochtenen Zöpfen. Ein paar vereinzelte Strähnen hingen in Wellen an den Seiten runter. Es sah richtig kunstvoll aus. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein Friseur das so gut hinbekommen hätte.

"Wow, das sieht ja echt fanstastisch aus, danke." Ich umarmte ihn stürmisch, was mit der Weite meines Rockes etwas umständlich war.

"Gern geschehen." Er strahlte und wurde leicht rot. "Ich geh jetzt lieber duschen." Er stürmte fast fluchtartig aus dem Raum.

Ich grinste in mich hinein. Selbst Leinar konnte also verlegen werden. Gut zu wissen. Ich schminkte mich im Stehen

 

und versuchte mich dann vorsichtig auf das Sofa zu setzen.

Seltsamerweise verformte sich das Kleid und passte sich dem Sofa an. Es war schon richtig bequem. Ich lehnte mich zurück und schaltete den Fernseher an. Meine Haut schimmerte noch immer im Sternenmuster.

Als Leinar das Zimmer betrat, musste ich ihn einfach anstarren. Er sah so toll aus und vor allem so wahnsinnig schick. Er trug eine schicke, etwas weiter geschnittene weiße Hose und ein lila Hemd. Das Hemd hatte exakt die Farbe meines Kleides. Außerdem sah ich ihn zum ersten Mal in Schuhe. Die waren ebenfalls sehr schick und schwarz. Seine dunklen Augen funkelten mich wissend an und ich bildete mir ein winzige Sterne darin zu sehen.

"Du darfst deinen Mund ruhig wieder schließen.", bemerkte er schmunzelnd. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich ihn aufgemacht hatte.

Statt ihn mit ewig vielen Komplimenten zu überhaufen, war das erste was mir einfiel: "Du trägst Schuhe."

"Ja, welch eine Seltenheit, nicht wahr? Aber ich dachte mir, dass heute wohl viele Feen Schuhe tragen würden und ich mich lieber schon mal dran gewöhnen sollte welche zu tragen."

 

"Stimmt, wenn du außerhalb des Schlosses bist bestimmt, aber das hier ist ein Ort der Magie. Hier dürfen wir weiterhin wir selbst sein."

Ich hatte ja befürchtet, dass wir hier gar nicht mehr zaubern dürften, aber immerhin blieb uns noch die Schule.

Als wir uns dann auf den Weg zur Eröffnungsfeier machten, war unser Turm plötzlich voller Leben. In jedem Stockwerk gab es zwei Suiten, wobei die neben uns wohl unbewohnt war. Es gab zur Zeit kein weiteres Paar Seelengefährten und das oberste Stockwerk des Turms war nur für Seelengefährten reserviert. In jedem Turm wohnten auch jeweils zwei Lehrer. In der Etage unter uns standen Schilder an den Suiten. Unsere Lehrer waren demnach Sena und Cameron. Cameron lebte schon zu Zeiten von Lilien und Corentin und ich hatte ja schon erwähnt, dass er der Vater von Lilien ist. Also lebte in unserem Turm eine Verwandte von Leinar und ein Vorfahre von mir. Verrückte Sache.

Um zum großen Ballsaal ins Hauptgebäude des Schlosses zu gelangen, mussten wir erst mal die ganzen Stufen wieder abwärts gehen. Ich hatte weiße feinere Schuhe mit hohen Absätzen an und zog sie oben aus und unten wieder an, weil ich keine Lust hatte mit den Dingern die Treppen runter zu laufen. Leinar enthielt sich jeglichen Kommentar.

 

Es dauerte bestimmt ca. zehn Minuten, bis wir uns durch die vielen Gänge, die labyrintisch wirkten, schlängelten und dann mussten wir noch hinauf ins erste Stockwerk zum großen Ballsaal. Wir öffneten die große Tür und traten ein.

Zuerst bemerkte ich die kunterbunte Mischung der Leute im Saal. Sie hatten sich in allen möglichen Farben gekleidet. Man konnte kaum unterscheiden wer Schüler und wer Lehrer war. Es lief leise Elfenmusik im Hintergrund und der Saal war laut vor lauter Stimmen, die sich unterhielten.

Der Ballaal war groß und golden mit einer riesigen Fensterfront auf der einen Seite, die mich irgendwie ein wenig an unsere im Wohnraum erinnerte. Trotz des Nachthimmels schien irgendwie die Sonne durch die Fenster, sodass der goldene Raum noch goldener wirkte. Unter der Decke hingen schwebend funkelnde Sterne. Ich fragte mich schon länger ob Sterne hier wohl eine besondere Bedeutung hatten. Überall fand ich sie wieder.

"Ich wollte mich noch mal mit meiner Großmutter unterhalten.", erklärte mir Leinar nun.

Ich bezweifelte, dass sie jetzt Zeit für ihn haben würde, aber er konnte es ja zumindest versuchen. Also entgegnete ich: "Und ich wollte Sophann und Emma finden und sie fragen wie es ihnen ergangen ist."

 

Also trennten wir uns für eine Weile voneinander.

Auf der Suche nach Sophann und Emma sah ich viele Leute. Ich drängelte mich durch die Menge. Auf einmal sprach mich ein älterer Herr an, der ca. um die fünzig sein konnte, aber bestimmt viel älter war. Er hatte die strahlensten blauen Auge,n die ich je gesehen hatte, und kurzes helles Haar, dass langsam ins grau über ging. Seine Gesichtszüge waren fein und weich und er war groß, muskulös und schlank. Er trug ein weißes schlichtes Hemd zu einer schwarzen Jeans und er trug keine Schuhe. Ich hatte extra noch mal nachgeguckt.

"Sie müssen Mia sein.", stellte er fest, nachdem er mich ausgiebig begutachtet hatte.

"Woher wissen Sie das? Es sind doch so viele neue Schüler da.", wunderte ich mich.

"Ja schon, aber Sie erinnern mich ganz stark an Lilien. Ihre Haarfarbe ist zwar anders, aber vom Gesicht her sehen Sie fast aus wie sie."

"Sie sind Fürst Cameron.", stellte ich überrascht fest. Er konnte zwar durchaus auch Fürst Tiljan sein, aber das glaubte ich eigentlich nicht. Ich konnte nicht glauben, dass so eine Legende wie er vor mir stand und mit mir redete.

"Allerdings, der bin ich. Aber ich habe den Titel Fürst vor

 

langer Zeit abgelegt und nenne mich jetzt nur noch Cam.", antwortete er lächelnd.

"Wow! Ich meine ich hab einges über Sie gelesen und kann kaum glauben, dass Sie nun vor mir stehen.", gestand ich ihm verlegen.

 "Das wird wohl demnächst öfter passieren, wenn ich Sie in Geschichte und magischer Magie unterrichte.", bemerkte er hell lachend. "Aber keine Sorge, es passiert mir häufig, dass die Leute mich als Legende betrachten."

"Ich interessiere mich sehr für Geschichte und wie ich hörte, sind wir um ein paar Ecken mit einander verwandt.", erzählte ich ihm.

"Ja, das hab ich auch gehört." Cam zeigte ein leichtes Grinsen. "Vielleicht kann ich Ihnen ja Privatunterricht in Geschichte geben."

"Das würden Sie tun?", fragte ich überrascht. "Ich würde ja so gern mehr über ihre Tochter erfahren."

"Klar, wieso nicht? Ich werde es mit in Ihren Stundenplan packen, der dann allerdings noch voller sein wird als sowieso schon."

"Das macht nichts. Ein paar Stunden mehr oder weniger machen mir nichts aus."

"Dann freu ich mich auf unseren Unterricht. Ich lasse Sie

 

dann mal wieder in Ruhe. Sicher wollen Sie ihre Freunde wieder sehen. Auf Widersehen und bis bald, Mia."

Er reichte mir die Hand, ich nahm sie und drückte sie kurz. Ich hörte mich "Auf Wiedersehen" sagen.

Er verschwand wieder in der Menge. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass ich mit Fürst Cameron - Cam - gesprochen hatte. Das war ungefähr so, als hätte ein Mensch mit Martin Luther gesprochen oder anderen Persönlichkeiten, die vor langer Zeit gelebt hatten, wie Jeanne Dark, Julius Caesar oder den Sonnenkönig zum Beispiel. Ich hatte mich ein wenig mit menschlicher Geschichte befasst. Zum Beispiel auch mit Pompeii oder der Pest. Ich fand so was faszinierend. Genau wie unsere Geschichte.

Übrigens war ich irgendwann im menschlichen Internet über die Axterix und Obelix Reihe gestolpert und liebe sie einfach nur.

Als mich schließlich Jemand anrempelte, löste ich mich aus meiner Starre und machte mich weiter auf die Suche nach Sophann und Emma.

 

Kapitel 11 Ankündigungen

- Es gibt viele Wege Karriere zu machen,

aber die sicherste ist immer noch,

in der richtigen Familie geboren zu werden.-

 

Donald Trump US-Amerikanischer Unternehmer

 

Als ich die Mädels gerade entdeckt hatte, erschienen plötzlich viele Stühle im Saal, dort wo die Leute standen. Wir sollten uns wohl hinsetzen. Ich suchte den Raum nach Leinar ab, aber er war wohl in der Menge verschwunden. Auf der Bühne versammelten sich alle Lehrer. Seufzend drehte ich meinen Stuhl zu der Bühne und setzte mich.

Lady Meisold trat aus der Menge der Lehrer hervor und erhob ihre Stimme ohne Mikrophon.

"Liebe neuen Schüler und Liebe alten Schüler. Ein neues Schuljahr beginnt. Vorweg möchte ich ein paar Ankündigungen für unsere Neuen machen:

Der erste Schultag beginnt erst übermorgen. Morgen habt ihr ein wenig Zeit um euch schon mal etwas in unseren Alltag einzugewöhnen. Das erste halbe Jahr dürft ihr das Schulgelände aus Sicherheitsgründen nicht verlassen und

 

danach ein weiteres halbes Jahr nur mit Aufsicht. Nach einem Jahr dürft ihr euch nahezu unbegrenzt frei bewegen. Ansonsten ist es den Schülerin nicht erlaubt sich in anderen Türmen aufzuhalten als ihrem eigenen. Ihr könnt euch zu Schulprojekten im großen Gemeinschaftsraum im Hauptgebäude des Schlosses treffen oder auch zu privaten Treffen.

Viele Schulen, besonders Internate, haben unzählige Regeln, die bei Verstoßen bestraft werden. Bei uns gibt es nur diese Regeln und dass ihr pünktlich zum Unterricht kommen müsst. Ansonsten dürft ihr euch ziemlich frei auf dem Schulgelände bewegen. Jeder Turm hat übrigens seinen eigenen Speisesaal, wo die Hauptmahlzeiten eingenommen werden. Die Essenszeiten stehen an dem Brett an der Wand vor dem Speisesaal.

Die Unterrichtseinheiten werden auf die verschiedenen Städte aufgeteilt. So werden die Bewoher von Raubit im vierten Stock im Hauptgebäude unterrichtet. Eure Lehrer sind Cameron, Sena und Morley. Die Tindemuer werden im fünften Stock im Hauptgebäude von Dieke, Nele und Theodora unterrichtet. Die Bewohner von Zaall und von Landford sind im linken Seitenpflügel des vierten Stockes. Eure Lehrer sind Tiljan, Assja und Celina, sowie Corly, Renn und Lim. Und die Bewohner von Bibasty werden im Freien unterrichtet von

 

Austin, Hailey und Nouriell."

Das überraschte mich in mehrerlei Hinsicht. Soweit ich mich an die Geschichte erinnerte waren Corly und ihre Geschwister im Laufe der Zeit verschwunden und jetzt unterrichteten sie hier? Außerdem war Renn doch demnach mein Großvater. Niemand hatte mir erzählt, dass die Kinder von Lilien und Corentin noch lebten oder gar hier waren. Andererseits war ich auch noch nicht lange hier und wusste noch nicht lange, wer ich wirklich war. Lim sagte mir aber auch irgendetwas. Ich wusste nur nicht mehr was, ausser dass er der Bruder meines Großvaters war.

Der zweite Punkt war Leinars Mutter. Sie musste da oben stehen. Ob Leinar das auch bewusst war? Natürlich blieben manche Namen von Lehrer unbenannt, so viele wie da standen, aber wer davon war wohl Leinars Mutter? Und was empfand Leinar wohl bei dem Gedanken, dass seine Mutter da oben war? Erneut sah ich mich nach Leinar um, entdeckte ihn aber immer noch nicht.

"Ich denke das war es erst mal von meiner Seite. Alles andere wird sich mit der Zeit klären. Jetzt geb ich das Wort an Corly weiter."

Lady Meisold trat zurück und eine wunderschöne Frau

 

mit blonden, langen Korkenzieherlocken, einem absolut lieblichen Gesicht mit sehr sanften Zügen, hellen blauen Augen und einer spitzen Nase nahm ihren Platz ein. Durch ihre Haare zogen sich vereinzelnt schwarze Strähnen. Sie war groß und schlank und trug ein himmelblaues Kleid mit goldenen Sternen drauf.

 "Ich freue mich euch hier Willkommen zu heißen.", begrüßte sie uns mit der sanftesten Stimme die, ich je gehört hatte. "Im Laufe des Jahres wird es einige Highlights geben, die zur gegebenen Zeit angekündigt werden. Eins möchte ich aber schon vorweg bekannt geben. Erst heute Abend hab ich eine Nachricht von König Lunar und Königin Linnie erhalten. Sie wollen ihr Versteck nun aufgeben und bis auf weiteres in der Schule leben. In drei Wochen werden sie eintreffen. Anlässlich ihres Kommens werden wir ein Fest veranstalten mit einem Rittertounier am Ende, ähnlich wie es früher Brauch war. Früher war die Rittergilde legendär, aber mit der Zeit ist sie in Vergessenheit geraten. Bei besonderen Anlässen waren diese Rittertouniere damals gängig. Ältere Schüler und Lehrer dürfen sich dafür gerne melden."

Ein Raunen ging durch die Menge. Nicht mal Lady Meisold schien davon gewusst zu haben. Mir klopfte das Herz bis zum Hals. Meine Eltern würden hier in die Schule kommen?"

 

Fürst Cameron trat jetzt neben Corly. Sie nickte ihm liebevoll lächelnd zu. Ich musste mir in Erinnerung rufen, dass er ja Corlys Großvater war.

"Da ich früher bei den Rittertounieren selbst mit babei war, bin ich zusammen mit Tiljan einer der Organisatoren des Touniers. Wenn ihr also Fragen habt, wendet euch bitte an mich oder Tiljan. Die älteren Schüler kennen mich zwar, aber am besten ich stelle mich für die Neuen auch noch mal vor. Ich bin Fürst Cameron, aber mittlerweile werde ich nur noch Cam genannt."

Einige AHs und OHs waren in der Menge zu hören

Corly ergriff noch ein mal das Wort: "Wie ihr wisst gibt es verschiedene Freizeitveranstaltungen zu den Bereichen Sport, Kunst, Musik und andere Themen. Wenn ihr Interesse daran habt, guckt am schwarzen Brett nach, was vor der Cafeteria im Hauptgebäude hängt und gebt mir oder meinem Bruder Renn Bescheid."

Damit zogen sich Cameron und Corly zurück und Lady Meisold übernahm erneut das Wort.

"Ich denke alles weitere klären wir, wenn es so weit ist. Jetzt lasst das Fest beginnen und habt Spass."

Die Leute klatschten, die Musik setzte wieder ein und als

 

wir aufstanden verschwanden die Stühle wieder.

Kapitel 12 Das Fest

 Du bist das Beste was mir je passiert ist.

Es tut so gut wie du mich liebst.

Ich sags dir viel zu selten,

es ist schön, dass es dich gibt.

Dein Lachen macht süchtig,

fast so als wäre es nicht von dieser Erde.

 

Silbermond - Das Beste

 

Einige tanzten mitten in der Menge. Sophann und Emma hatte ich wieder aus den Augen verloren. Dafür entdeckte ich Leinar wieder. Er stand bei Ariella und Antonia. Ich hatte keine große Lust auf Ariella, aber mit Antonia hatte ich mich im Zug gut verstanden. Außerdem wollte ich unbedingt mit Leinar reden. Also ging ich zu den Dreien. Ariella und Antonia trugen beide rote Samtkleider. Die Zwillinge sahen total identisch aus. Es war schwer sie auseinander zu halten. Leinar passte farblich irgendwie gar nicht zu den beiden, aber dafür umso besser zu mir.

Er entdeckte mich als Erster, strahlte mich an und fragte mich: "Und hast du Emma und Sophie schon gesprochen?"

 

"Nein noch nicht.", antworte ich ihm. "Aber ich würde gerne mit dir reden."

Leinar nickte, entschuldigte sich bei Ariella und Antonia und zog mich quer durch die Menge. Wir standen schließlich in einer der hinteren Ecken des Saals.

"Was gibts denn?", fragte er dann.

"Ich hab mich eben mit Fürst Cameron unterhalten.", erzählte ich ihm aufgeregt.

"Und?", fragte er weiter.

"Er ist wirklich cool und möchte mir Privatunterricht geben."

"Das ist doch nett von ihm. Ist sonst noch was?" Wieso war Leinar plötzlich so schroff? Das passte so gar nicht zu ihm. Nervte ich ihn etwa?

"Hast du mit deiner Oma reden können?", fragte ich Leinar.

"Müssen wir da wirklich jetzt drüber sprechen?" Er wirkte immer genervter.

"Nein und ich will dich auch nicht weiter nerven." Eigentlich hatte ich ihn noch nach seiner Mutter fragen wollen, aber das sparte ich mir nun. Stattdessen wandte ich mich zum Gehen.

Doch Leinar griff nach meiner Hand um mich

 

aufzuhalten.

 "Warte, so war das doch gar nicht gemeint!"

"Wie denn dann?", fragte ich ihn und konnte nicht vermeiden, dass ich verletzt klang.

"Ich möchte doch mit dir über all das reden. Nur eben heute nicht, nicht auf dieser Feier. Lass uns morgen darüber reden, ok?" Leinar sah mich fast flehend an.

"Oh, verstehe. Geh du nur zu deiner Ariella." Ich hasste mich dafür, dass ich so verbittert klang. Ich wollte Leinar vertrauen, aber ich konnte einfach nicht anders.

Hilflos hielt Leinar hartnäckig meine Hand fest. "So ist es doch gar nicht. So fühle ich gar nicht für sie."

Mein Herz machte einen Satz, aber ich versuchte so lässig wie möglich zu klingen, als ich sagte: "Wie du meinst. Das geht mich ja auch nichts an."

"Doch tut es.", beharrte Leinar und dann tat er etwas, womit ich niemals gerechnet hätte. Er zog mich in seine Arme. Meinem Kleid gefiel das offenbar, denn es verformte sich so, dass es sich sanft an Leinars Körper schmiegte und uns nicht behinderte. Und dann küsste er mich. Und wie! Erst zärtlich und unglaublich vorsichtig und sanft und dann immer fordender.

Und das vor all diesen Leute. Gut, hier in dieser Ecke

 

waren wir ziemlich versteckt, aber trotzdem. Mir blieb buchstäblich die Luft weg. Als wir uns sanft voneinander lösten ließ er mich nicht los, sah mir aber eindringlich in die Augen.

"Es geht dichwas an, denn ich hab mich in dich verliebt."

Das sagte er so, als sei es das selbstverständlichste auf der Welt und als könnte es gar nicht anders sein und diese schlichten Worte gaben mir das Gefühl, was Besonderes zu sein.

"Oh Leinar.", seufzte ich überglücklich. Eigentlich konnte ich gar nicht fassen, dass er mich so an sich ranließ. Ich erwiederte seinen Blick und erklärte dann: "Ich hab mich auch in dich verliebt."

Und dann umarmten wir uns wieder. Jetzt waren wir wohl wirklich Seelenliebende.

"Wow.", lächelte er und ich grinste. Er fragte: "Damit hättest du wohl nicht gerechnet was?"

"Nein wirklich nicht.", grinste ich zurück. "Aber ich bin froh, dass es so gekommen ist."

"Ich auch." Auch er klang, als könnte er es noch nicht ganz begreifen. Dennoch wirkte er richtig ausgelassen und fragte mich: "Möchtest du tanzen?"

"Aber gerne.", antwortete ich.

 

So reichte er mir seine Hand und zog mich auf die Tanzfläche.

Eigentlich wollte ich das Fest gar nicht mehr ohne Leinar verbringen, aber ich wollte unbedingt noch mit Sophann und Emma reden und die Mädchen fragen, wie es ihnen ging. Ich hatte sie den ganzen Abend noch nicht gesehen.

Leinar zeigte sich verständnisvoll und ließ mich gehen. Zum Abschied flüsterte er nur: "Wir sehen uns ja in unserer Suite."

Ich nickte und schenkte ihm ein Lächeln. Dann trennten wir uns erneut voneinander.

Schließlich fand ich Sophann und Emma mit Lily in einer der ruhigeren Ecke sitzen.

"Hier steckt ihr also.", stellte ich zur Begrüßung fest.

Sie sahen mich an, als wäre ich eine Außerirdische, doch dann strahlte Sophann mich an: "Wow, du siehst ja toll aus."

"Danke, ihr aber auch." Es stimmte. Selbst die unscheinbare Sophann wirkte heute Abend wunderschön mit ihren Locken und dem geblümten grünen Kleid und den Blumenohrringen. Sie wirkte zum ersten Mal wie eine richtige Fee.

Emma hatte ihre Haare einfach ganz normal runter hängen lassen. Das reicht bei ihr schon aus um schön zu wirken. Ihr goldenes Engelkleid passte perfekt zu ihr und Lily sah

 

richtig süß aus in dem schicken schwarzen Kleid, dass sie trug. Ihre schwarzen modisch geschnittenen Haare und die leichte Schminke in ihrem Gesicht rundeten ihr Aussehen ab.

"Ich hab euch die ganze Zeit über gesucht.", verkündete ich den Mädels nun.

"Ja klar.", Sophann lachte ausgibig. "Dewegen hast du also so mit Leinar getanzt."

"Das habt ihr gesehen?", fragte ich sie.

"Na ja, es war kaum zu übersehen.", gab Sophann zurück.

"Ihr seid sogar farblich aufeinander abgestimmt."

"Purer Zufall.", behauptete ich und wusste, dass ich nicht sehr überzeugend klang.

"Wie du meinst." Emma zuckte nachgibig mit den Achseln und fragte dann: "Wieso seid ihr eigentlich nicht zusammen mit uns untergebracht?"

Da war sie! Die heikle Frage vor der ich mich gefürchtet hatte. Doch mir war inzwischen eine relativ glaubwürdige Erklärung eingefallen. "Leinar und ich sind mit Cameron und Sena verwandt. Die beiden wollten, dass wir im selben Turm lebten wie sie. Der Turm ist der damaligen Sternenkönigin Cassandra gewidmet."

Sie sahen mich zwar etwas skeptisch an, ließen meine Aussage aber so stehen.

 

"Unser Turm ist Corly gewidmet. Sie lebt dort zusammen mit Austin, dem Lehrer. Eigentlich war Corly lange Zeit untergetaucht, zusammen mit ihren Brüdern, aber vor ca. drei Monaten kamen sie hierher und unterrichten jetzt hier. Ist das nicht toll?", erzählte Sophann aufgeregt.

"Ja klar. Unglaublich, dass sie hier ist. Corly scheint echt nett zu sein.", bestätigte ich.

"Wir haben sie noch nicht wirklich kennen gelernt.", erklärte Emma nun. "Sie hat uns nur im Gemeinschaftsraum Willkommen geheißen und uns erzählt, dass unser Turm Corella heißt."

"Dann seid ihr also gut zurecht gekommen, seit wir getrennt wurden?", wollte ich wissen.

"Ja.", nickten sie einstimmig und Lily fügte noch hinzu: "Es ist echt toll hier und so magisch."

Da konnte ich ihr nur zustimmen.

Die Eröffnungsfeier ging bis zum frühen Morgengrauen. Dann gingen wir in unsere Türme und Suiten. Wir legten uns in unsere Betten und schliefen fast sofort ein. Leinar und ich konnten immer noch morgen miteinander reden. Jetzt war mir auch klar, wieso wir am zweiten Tag noch keinen Unterricht hatten.

Kapitel 13 Blutmagie

- Was man tief in seinem Herzen besitzt,

kann man durch den Tod nicht verlieren.

 

Nachruf

 

 Als ich aufwachte, schlief Leinar noch. Das Frühstück hatten wir eh schon verpasst und bis zum Mittagessen hatten wir noch zwei Stunden Zeit. Also ließ ich ihn schlafen. In meinem blauen kurzen Schlafanzug ging ich ins Wohnzimmer und sah mir meinen Stundenplan an, der uns wohl gebracht worden war, während wir auf dem Fest waren. Wir hatten magische Stunden und nicht magische Stunden. Ein nichtmagisches Fach hieß allen ernstes "Film und Fernsehen." Als Erklärung stand darunter, dass wir uns Filme und Serien aus allen möglichen Epochen ansehen würden. Von Sissi bis Thor zu Der Herr der Ringe, Hitler, Glee, Once upon a time und jede Menge mehr. Vermutlich würde uns nichts erspart bleiben. Andererseits mochte ich Filme und Serien sehr.

Montags und Mittwochs hatte ich Unterricht bei Cameron, Dienstags und Donnerstags bei Sena und Freitags bei

 

Morley. Dienstags und Donnerstags hatte ich zusätzlich noch meinen Unterricht bei Cameron. Samstags fand kein Unterricht statt, doch da mussten Leinar und ich zu Lady Meisold wegen der Seelenmagie und es fand jeden Samstag ein Gottesdienst statt, der wohl in der Menschenwelt bei vielen Menschen so üblich war, hatte ich zumindest gehört. Wir sollten uns hier in der Schule schon mal an die Sitten der Menschenwelt gewöhnen. Ich verglich meinen Stundenplan mit Leinars und stellte fest, dass ich die meisten Stunden mit ihm zusammen hatte.

Ich legte die Stundenpläne wieder zur Seite und testete mit einer Fernbedienung den zweiten Bildschirm im Wohnraum. Es war eine Art Computer der auf sprachliche Befehle hörte. Also kein zweiter Fernseher.

Eine halbe Stunde vorm Mittagessen zog ich eine schwarze Jeans und ein rotes Top an. Egal was für Wetter wir hatten, im Schloss war es immer warm. Als ich angezogen war, setzte ich mich zu Leinar aufs Bett und weckte ihn mit einen sanften Kuss auf die Wange.

"Hm, hm.", murmelte er, wollte aber nicht richtig aufwachen. Also kitzelte ich ihn statt dessen aus. Leinar wurde so ganz schnell wach, packte mich und zog mich zu sich runter.

"Hey, weckst du mich jeden morgen so?", fragte er

 

hoffnungsvoll.

"Mal sehen." Lächelnd schüttelte ich mit dem Kopf. "Jetzt solltest du jedenfalls aufstehen, sonst gibt es kein Mittagessen für dich."

"Ich würde aber viel lieber mit dir hier liegen bleiben.", schmollte er.

Das klang verführerisch, aber ich blieb hart. "Oh nein. Ich hab durchaus Hunger und werde auf jeden Fall was essen gehen."

"Na gut.", gab Leinar seufzend nach. Er gab mir einen flüchtigen, zarten Kuss auf den Mund und verließ den Raum.

 

Der Speisesaal im Turm Cassalda befand sich im ersten Stock. Im Speisesaal standen Vierertische im Raum verteilt. In unserem Turm lebten ca. 20 Schüler, während in den anderen Türmen ca. 30 bis 40 Schüler lebten. Leinar und ich saßen gegenüber von Leonie und Zac aus Tindemu.

Leinar trug ein weißes Hemd, eine blaue Cordhose und er ging mal wieder barfuß. Die Schuhe hatten ihm wohl nicht so gefallen.

Jedenfalls war ich noch nie in Tindemu, aber Zac erzählte uns, dass die Feen dort viel im Freien waren und in den

 

Tälern befanden sich überall kleine Seen oder Wasserfälle.

Sie wohnten mehr in Baumhäusern, die durch Magie gegen das Wetter geschützt waren. Tindemu war etwas kleiner als Raubit, aber dennoch gab es dort eine Einkaufsstrasse. Nur durfte man sich diese Einkaufsstrasse nicht so vorstellen wie in der Welt der Menschen mit Geschäften und allem drum und dran. Mehr wie auf Flohmärkten mit Ständen im Freien.

Tindemu lag am Meer und die Suiten der beiden im vierten Stock waren zum größten Teil aus Naturholz gemacht. Die Tindemuer ernährten sich nur aus gesunden Sachen, während wir aus Raubit so gut wie alles aßen.

Zac war das dritte Jahr hier im magischen Schloss und Leonie im Zweiten. Sie waren Geschwister. Eigentlich war es eher selten, dass Geschwister zusammen in die magische Schule kamen, aber ich kannte jetzt schon ein paar Geschwister die hier waren. In dem Jah,r in dem Leonie hierher kam, waren sie wohl auch die Einzigen und deswegen etwas Besonderes. Deswegen waren sie in unserem Turm unter gebracht. Wenn Geschwister zusammen Magie bewirkten waren sie stärker und darin sollten die beiden besonders geschult werden.

 

Zacs Feenname war Zaciras und Leonies Leania. Das Mittagessen war ja gar nicht so lang, aber wir kannten danach schon ziemlich viel aus dem Leben der beiden. Wir mussten gar nicht viel sagen, aber das machte mir nichts. Sie waren mir beide sympatisch.

Wenn Geschwister hier schon etwas besonderes waren wie besonders waren dann Ariella und Antonia oder Sören und Justin als Zwillinge? Eigentlich müssten sie doch auch in unserem Turm sein, oder? Na ja, ich war eigentlich ganz froh, dass sie es offenbar nicht waren. Erst nach dieser Theorie ging mir auf wie stark Corly, Renn und Lim sein mussten, wenn sie zusammen Magie wirkten. Ich hatte vorher nicht gewusst, dass die Magie von Geschwistern so stark war. Zac nannte es Blutmagie. Es war eine besondere Form von Seelenmagie, nur dass sie häufiger vorkam. Ich fand das unglaublich faszinierend, auch wenn ich selbst keine Geschwister hatte.

Als wir den Speisesaal verließen, war Leinar unglaublich still und ruhig. Fast so wie am Anfang als ich ihn kennen lernte. Wir machten uns auf dem Weg zur Bücherei im Hauptgebäude um unsere Schulbücher abzuholen. Ich nahm seine Hand und verschränkte meine Finger mit seinen. Er drückte sie.

 

"Was ist los?", fragte ich ihn sanft.

"Ich glaube nicht an diese Blutsmagiegeschichte.", erklärte er.

"Wieso nicht?", fragte ich ihn verwundert. "Seelenmagie gibt es doch auch."

"Darum geht es auch nicht." Leinar dachte kurz nach und entschied dann offenbar mir zu erzählen, was er auf dem Herzen hatte. "Ich habe nicht nur meine Mutter verloren, sondern auch meinen Bruder, meinen Zwillingsbruder."

"Oh Leinar!" Ich blieb stehen und nahm ihn in den Arm. Er drückte mich an sich. Es war mir egal, dass wir mitten auf dem Gang zum Hauptgebäude standen. Als wir uns voneinander lösten erzählte er weiter: "Würde es Blutmagie geben, hätte ich doch gewusst, dass etwas nicht mit ihm in Ordnung war und hätte ihn retten können."

"Oh Leinar!", wiederholte ich. Wie viel hatte er noch durchmachen müssen, ohne dass ich davon wusste? Sanft streichelte ich seine Wange und nahm dann wieder seine Hand in meine. "Du darfst dir daran nicht die Schuld geben."

"Aber ich hätte es wissen müssen.", beharrte er.

"Nein, Leinar. Manche Dinge passieren einfach ohne jeden Sinn." Dann fiel mir etwas ein. "Fühlst du dich deswegen so mit Ariella verbunden? Weil sie eine Zwillingsschwester

 

hat?"

"Auch.", gab Leinar zu. "Sie kannte Evaniel und ich hab das Gefühl sie versteht mich."

"Ich verstehe dich auch, nur anders.", versicherte ich ihm.

"Ich weiß." Und dann lächelte er schon wieder leicht.

"Wenn du reden willst, bin ich immer für dich da.", versprach ich ihm.

"Ich weiß.", sagte er lächelnd und dann gingen wir weiter.

Kapitel 14 Die Bibliothek

Liest du ein Buch zum ersten Mal,

lernst du einen Freund kennen.

liest du ein Buch zum zweiten Mal,

begegnet dir ein alter.

 

chinesisches Sprichwort.

 

 Die Bibliothek im Erdgeschoss des Hauptgebäudes war riesig und voller Bücher. Auf den ersten Blick sah ich, dass die Bibliothek in zwei Hälten aufgeteilt war. In der einen Hälfte befanden sich die Bücher über menschliche Literatur und in der Anderen die der magischen Literatur. Ich hatte Bücher schon immer geliebt und war fasziniert von der Vielfalt dieser Bibliothek.

Eine Frau, die aussah als sei sie ca. fünfzig Jahre alt (aber mit Sicherheit älter war) kam auf uns zu. Sie hatte goldgraues langes Haar und wirkte etwas dicklich, was ihr aber durchaus stand. Sie trug ein lila Tageskleid.

"Kann ich euch helfen?", flüsterte sie.

"Wir wollten unsere Schulbücher abholen.", erklärte ich und gab ihr die Listen, die wir auf unserem

 

Wohnzimmertisch gefunden hatten.

Sie nahm die Listen und sah sie sich an. "Das wird eine Weile dauern.", verkündete sie uns. "Seht euch doch schon mal hier um. Ihr werdet sicher eine Menge Zeit hier verbringen. Ich finde euch schon."

"Dürfen wir uns auch privat Bücher ausleihen?", fragte ich hoffnungsvoll.

"Wenn sie für euer Alter geeignet sind... Wieso nicht?"

Ich strahlte, nahm Leinars Hand und zog ihn ohne ein weiteres Wort zur Abteilung mit den Büchern der Menschen. Die Abteilung war in viele verschiedene Bereiche unterteilt. Zuerst ging ich in den Bereich Fantasy. Dort fand ich das Buch Seelen von Stephenie Meyer. Das wollte ich schon immer mal lesen. Außerdem interessierte mich von Kiera Cass - Selection Band Eins. Ich ließ die Abteilungen Frauenromane, Kinderbücher, Jugendbücher, ausländische Bücher und einige andere Abteilungen hinter mir und ging in den historischen Bereich. Dort fand ich das Buch Die Päpstin von Donna W. Cross. Davon hatte ich schon gehört und die Geschichte interessierte mich. Da kamen auch irgendwie die Gottesdienste drin vor, die wir bald kennen lernen sollten. Also nahm ich es mit.

Dann ging ich in die magische Abteilung und ich fand

 

dort eine meiner Lieblingsgeschichten. Der Lebenssee und die goldene Fee. Außerdem ein Buch über die Rittegilde. Es heißt Cameron und Tiljan haben sich irgendwann zusammen gesetzt und ihre Geschichten augeschrieben. Der Titel des Buches lautete Elfenstern.

Dann kam die Bibliothekarin zu uns, auf deren Namenschild übrigens der Name Lea Rei stand. Sie hatte zwei große Tragetaschen voller Bücher in der Hand, die wir ihr abnahmen. Dann gab ich ihr meine ausgesuchten Bücher.

"Da hast du aber Glück gehabt. Fünf Bücher dürft ihr maximal ausserhalb der Schulbücher mitnehmen. Für drei Monate darfst du sie behalten, aber wenn du ein Buch durch hast kannst du es schon ruhig zurück geben."

"In Ordnung. ich werde es mir merken.", versprach ich.

Die Bibliothekarin nahm die Bücher mit zu ihrer Theke und versah sie mit einem Zettel, wo mein Name drauf stand, sowie das Abgabdatum. Dann trug sie die Daten noch in ihren Computer ein und packte sie mit in meine Tragetasche.

"Die Bücher, die ihr am Ende des Schuljahres nicht mehr braucht, gebt ihr bitte hier wieder ab. Ihr habt bestimmt gesehen, dass ihr Bibliothekswesen als Unterrichtsfach habt. Da bekommt ihr sowieso noch eine ausführliche Führung.

 

"Ich freu mich drauf.", versicherte ich ihr.

Leinar war die ganze Zeit über sehr ruhig gewesen. Als wir die Bibliothek verließen, strahlte ich: "So viele Bücher. Ein Traum!"

"Wenn du meinst." Leinar zuckte nur mit den Achseln.

"Du interesierst dich nicht besonders für Bücher, oder?", vermutete ich.

"Nicht besonders.", bestätigte er. "Wann willst das alles denn überhaupt lesen?" Er deutete auf meine Tragetasche voller Bücher. "Du hast doch überhaupt keine Zeit mehr dazu."

"Sonntags und in den Freitstunden in denen ich nicht lernen muss.", antwortete ich ihm.

Zuerst brachten wir die Bücher in unsere Suite und dann wollten wir in den großen Gemeinschaftsraum im Haupthaus.

Kapitel 15 Freundinnen

- Ein bisschen Freundschaft ist mir mehr wert

als die Bewunderung der ganzen Welt. -

 

Otto von Bismarck deutscher Staatsmann

 

Im großen Gemeinschaftsraum war es ziemlich voll. Es war viertel nach zwei und alle schienen sich hier treffen zu wollen. Ich kannte noch nicht viele Leute und so sah ich mich nach bekannten Gesichtern um. Nach einer Weile entdeckte ich Sophann und Lily und ging mit Leinar zu ihnen.

"Hey.", begrüßte ich beide und Sophann stand auf und umarmte mich fröhlich.

"Dich sieht man ja kaum noch.", beschwerte sie sich. Sie meinte es nicht wirklich böse. Eher scherzhaft.

"Wir haben lange geschlafen und uns zum Mittagessen getroffen.", erklärte ich nur. Wir setzten uns zu den beiden.

"Ich war schon total früh auf und hab mich im Schloss umgesehen.", berichtete Sophann nun aufgeregt. "Es ist einfach so schön hier. Hinter dem Schloss gibt es eine große Terrasse mit Liegestühlen und ein Fußballfeld, Im Schloss gibt es ein Schwimmbad, einen Wirpool, eine Sauna und

 

sogar ein großes Kino. Einfach ein Traum!"

Ich hatte mich schon genug mit der menschlichen Welt beschäftigt um zu wissen, was ein Kino war. In unserer magischen Welt gab es so was nicht.

"Vermutlich findet dort der Unterricht Film und Fernsehen statt.", bemerkte ich.

Wir hatten zwar die meisten Fächer auf der selben Etage, aber manche auch auf anderen, weil die Räume dafür dann woanders waren.

"Sophie, weißt du wo Robin ist?", erkundigte sich Leinar bei Sophann.

"Hm, ich hab ihn länger nicht mehr gesehen, aber ich glaube er wollte in die Bibliothek.", antwortete Sophann ihm.

"Ich denke ich werde ihn mal suchen.", verkündete er. Ich glaube er fühlte sich nicht wohl mit uns Mädels allein. An mich gewandt sagte er: "Wir sehen uns ja später. Dann können wir reden."

"Ja klar, gern." Ich lächelte ihn an, er erwiederte mein Lächeln und schon war er verschwunden.

"Was läuft da jetzt eigentlich zwischen dir und Neal? Komm, erzähl schon.", forderte Sophann mich auf, sobald er weg war. Heute sah sie wieder ganz normal aus.

 

Gewöhnlich eben und irgendwie niedlich.

"Ich weiß nicht. Er ist süß.", gestand ich. Abzustreiten wie sehr ich ihn mochte war wohl äußerst sinnlos. Die Mädels würden mir eh nicht glauben. Die Wahrheit war: Ich hatte ihn viel zu gern. Die Mädels würden mir kein Wort glauben, sollte ich es abstreiten. Also erzählte ich weiter: "Wenn er sich Jemanden öffnet, kann er unglaublich lieb sein. Aber irgendwie wirkt er immer einsam, selbst wenn er nicht allein ist."

"Klingt verführerisch.", fand Sophann fast verträumt. "Und auch ein bisschen traurig."

"Küsst er gut?", fragte Lily unvermittelt und selbst Sophann war schockiert über diese dirkte Frage.

"Woher willst du wissen, dass wir uns geküsst haben?", fragte ich, um Zeit zu gewinnen. Ich wollte mir die Antwort gut überlegen.

"Ach komm schon!" Lily verdrehte die Augen, als sei ich schwer von Begriff. "Wenn der nicht auf dich steht dann weiß ich auch nicht und dass du ihn sehr magst ist mehr als offensichtlich. Du hast es ja gerade selbst gesagt."

Ich wusste, dass das eigentlich gar nichts sagen musste, aber ich gab trotzdem nach. "Na gut, du hast mich erwischt. Wir haben uns wirklich geküsst und er küsst verdammt gut."

 

"Wusste ich es doch.", jubelte Lily zufrieden.

"Moment mal. Du hast Neal wirklich geküsst? Den Neal?", fragte Sophann leicht geschockt.

"Ja, hab ich. Wieso, was ist denn mit ihm?" Ich verstand nicht, wieso Sophann so geschockt davon war.

"Weißt du denn nicht wer er ist? Seine Oma ist Lady Meisold und sein Opa ist Lim. Lim ist der Sohn von Corentin und Lilien. Die beiden sind legendär und sie sind Neals Urgroßeltern."

"Dann ist Leinar auch ein Nachfahre von Corentin und Lilien?", fragte ich unvorsichtig.

"Wieso denn auch?", wollte Sophann, der so schnell nichts entging, gleich wissen.

"Ach nichts.", sagte ich etwas zu schnell, denn Lilys Augen funkelten verschwörerisch. Hatte sie eins und eins zusammengezählt? Eigentlich hätte mich noch interessiert, woher Sophann das eigentlich alles wusste, aber es war mir zu heikel sie jetzt danach zu fragen.

"Na jedenfalls ist Lim sein Opa, Keenas Vater.", erzählte Sophann weiter. Jetzt wusste ich also wieder woher mir der Name bekannt vorkam. Ob Lim wohl auch hier im Schloss war?

"Na gut. Genug von mir. Was ist mit euch? Wo ist

 

überhaupt Emma?", lenkte ich geschickt von mir ab.

"Sie macht ihr alltägliches Kampftraining. Um sich fit zu halten, sagt sie.", erzählte Lily. Anscheinend hielt sie nicht viel davon.

"Wir genießen lieber unsere Freizeit und beobachten Jungs.", erklärte Sophann ziemlich zufrieden.

"Wen zum Beispiel?", wollte ich wissen.

"Ich find ja diesen Justin total schnucklig oder diesen älteren Jungen aus Tindemu. Ich glaube er heißt Zac."

"Zac?" In unserer Welt gab es nicht viele Namen doppelt. "Hat er vielleicht eine Schwester?"

"Könnte sein...", antwortete Sophann gedehnt und verträumt.

"Wo hast du den denn kennen gelernt?", wollte ich nun wissen.

"Ich häng nicht nur mit Leinar rum.", gab Sophie zu Antwort. Auch das war nicht wirklich böse gemeint. Also überging ich ihren schnippischen Tonfall.

"Er und seine Schwester sitzen Leinar und mir im Speisesaal gegenüber. Er wirkt nett."

"Auf jeden Fall ist er heiß.", bemerkte Sophann trocken.

Ich schmunzelte bei ihrem Ausdruck. Er sah wirklich nicht schlecht aus mit seinen tiefen dunklen Augen, den braunen

 

kurzen Haaren und seinem liebevollen Gesicht. Er wirkte auch recht sportlich.

"Also ich steh ja auf Sören. Er erinnert mich extrem an diesen männlichen Schauspieler Jamie Campbell Bower, der in diesem Film mit den Schattenjäger mitgespielt hat.", bemerkte Lily nun.

"Meinst du Die Chroniken der Unterwelt?", fragte ich sie. Mit menschlichen Fantasyfilmen kannte ich mich aus.

"Ja, genau den.", nickte Lily.

"Ja, ein bisschen erinnert Sören wirklich an den.", bestätigte ich nun. Aber sein Zwillingsbruder Justin ja auch. Er sah ihm nämlich sehr ähnlich.

"Der Schauspieler hat doch auch in Harry Potter diesen Grindewald gespielt, oder?", wollte Lily nun verträumt wissen.

"Ja stimmt, ich hab das irgendwo schon mal gelesen."

"Robert Pattinson spielt ja auch in Harry Potter mit. Diesen Cedric Diggory.", bemerkte Sophann und so unterhielten wir uns weiter über menschliche Fantasyfilme. Wir waren alle vier hoffnungslose Filmfans und mussten wohl irgendwann mal einen gemeinsamen Filmabend planen. Fernsehräume gab es dafür ja genug.

Kapitel 16 Verwirrende Verwandtschaft

- Die Familie ist die älteste aller Gemeinschaften

und die einzige Natürliche.-

 

Jean-Jaques Rousseau französischer Schriftsteller

 

 Nach dem Abendessen im Speisesaal zogen wir uns in unsere Suite zurück. Leinar brachte die Anlage im Wohnraum auf der Fensterbank in Gang und wir kuschelten uns eng aneinander auf unser gemütliches Sofa.

"Also, was wolltest du mich gestern fragen?", erkundigte sich Leinar bei mir, während er mir gedankenverloren über die Arme streichelte.

"Hast du noch mit deiner Oma reden können?", erkundigte ich mich als erstes bei ihm.

"Ja, aber nur kurz.", antwortete Leinar mir. "Ich denke sie wird bald Zeit haben für ein richtiges Gespräch."

"Was hast du gefühlt als du erkannt hast, dass deine Oma noch lebt?", fragte ich weiter.

"Keine Ahnung. Ich war verwirrt, aber auch froh. Carlina war immer meine Lieblingsoma. Die Mutter meines Vaters, Jalina, war mir immer etwas suspekt."

 

"Und der Vater deines Vaters?" Endlich erfuhr ich mehr über Leinar.

"So viele Fragen. Wird das ein Verhör?", scherzte er.

"Ich will dich nur besser kennen lernen.", sagte ich.

"Na gut. Timian ist früh gestorben. Da war ich noch ganz klein.", erzählte er weiter.

"Das tut mir Leid." Ich drückte seine Hand.

"Ja mir auch. Er soll meinem Vater ziemlich ähnlich gesehen haben. Tja, und Lim... Was soll ich über ihn sagen? Ich bin ihm nur ein paar mal begegnet. Nach Omas angeblichen Tot ist er spurlos verchwunden."

"Aber er muss hier sein.", erinnerte ich ihn. "Er ist einer der Lehrer, der die Schüler draußen unterrichtet."

"Ja schon, aber ich hab ihn bisher noch nicht gesehen." Leinar klang irgendwie traurig.

"Das wirst du schon noch. Vielleicht stellt deine Oma ihn dir ja sogar vor.", versuchte ich ihn aufzumuntern.

"Möglich.", räumte Leinar ein.

"Und was ist mit deiner Mutter? Sie muss auch hier sein."

"Keine Ahnung. Bisher hab ich sie jedenfalls nicht gesehen."

"Weißt du, wohrer Sophann deine Familiengeschichte kennt?"

 

Leinar schüttelte den Kopf. Vermutlich wegen meiner vielen Fragen. Dann antwortete er: "Na ja. Wer ein bisschen interessiert ist und recherchiert wird wohl einiges über meine Familie rausfinden, allein im Internet schon. Ich glaub da wurde sogar unser Stammbaum veröffentlicht. Aber bei Sophann liegt noch ein besonder Fall vor. Mein Vater hat zwei Brüder. Eilness und Tizian. Sophann ist die Tochter von Tizian und Anessa."

"Dann ist Sophann sozusagen deine Cousine?", fragte ich überrsacht.

"Ja sozusagen, aber vorher hatte ich kaum was mit ihr zu tun. Mein Vater hat viel Kontakt zu Eilness, aber wenig zu Tizian. Sie haben sich vor Jahren zerstritten."

"Oh!" Diese Verwandtschaftsverhältnisse stiegen mit langsam zu Kopf. Da stieg ja Niemand mehr durch. Wer war eigentlich nicht mit uns verwandt?

"Ganz schön kompliziert, was?", fragte Leinar mich, als hätte er meine Gedanken gelesen.

"Allerdings.", bestätigte ich. "Bei Sophann hörte es sich immer so, an als würde sie dich nur flüchtig kennen."

"Tut sie ja auch und das mit den komplizierten Verwandtschaftsverhätnissen gilt übrigens auch für dich.", erinnerte mich Leinar nun.

 

"Ja, ich weiß.", seufzte ich.

"Hast du Angst wegen der ersten Begnung mit deinen Eltern?", fragte Leinar mich. Jetzt drehte er den Spieß wohl um und stellte mir Fragen.

"Ich weiß nicht." Ich musste ernsthaft darüber nachdenken. "Ich glaube schon. Ich weiß halt nicht, was mich erwartet. Was, wenn sie ganz schrecklich sind?"

"Das glaube ich nicht. Meine Oma ist mit ihnen befreundet und hat ihnen die Krone überlassen. Sie wird schon wissen was sie da getan hat, oder nicht?", bemerkte Leinar.

"Ja, sie scheint jedenfalls schwer in Ordnung zu sein.", stimmte ich ihm zu.

"Siehst du! Ich glaub deine Eltern sind auch schwer in Ordnung. Ich hab gehört Linnie soll wunderschön sein und Lunar ein ziemlich weiches Herz haben."

"Ja mag ja sein, aber sind sie auch gute Eltern?" Davon hatte ich nämlich überhaupt keine Ahnung. Ich kannte sie ja gar nicht.

"Ich glaub schon. Linnie soll ihrer Tante Corly sehr ähnlich sein und Lunar soll ein wahrer König sein. Ich finde du solltest ihnen eine Chance geben. Das ist mein Rat."

"Ich werde es veruschen.", versprach ich.

"Aber nur wenn du sie wirklich kennen lernen willst.

 

Wenn du dir Zeit lassen willst ist das auch ok.", machte Leinar mir deutlich. Das war ihm wohl wichtig.

"Ich weiß Leinar. Ich werde erst einmal sehen wie sie so sind, mir also ein persönliches Bild machen. Aber ich vermute, dass dann nicht lange geheim bleiben wird, dass ich die Tochter von Königen bin.", gab ich zu Bedenken.

"Muss es auch nicht.", entgegnete Leinar mir. "Die Hauptsache ist, dass die Sache mit unserer Seelenmagie geheim bleibt."

"Das wird es.", versprach ich ihm.

"Ich weiß. Komm her." Er zog mich nun endgültig in seine Arme und dann lagen seine Lippen auf meinen und wir küssten uns zärtlich. Mir wurde ganz wohlig warm dabei.

"Mach dir keine Gedanken. Es wird sich schon alles fügen.", versuchte er mich zu beruhigen.

"Ich weiß.", nickte ich mit großer Überzeugung. "Denn du bist ja an meiner Seite."

Meine Bemerkung entlockte ihm ein Lächeln.

"Leinar, glaubst du, du wirst Freunde finden?", wollte ich besorgt von ihm wissen. Das beschäftigte mich seit wir hier angekommen waren.

"Ich hab doch Freunde. Dich und Ariella." Das schien ihm zu reichen, denn er klang ziemlich verwundert. Ganz so

 

meinte ich das aber nicht und das sagte ich ihm auch.

"Ich meinte männliche Freunde. So ähnlich wie junge Bezugspersonen. Du weißt schon... Jemanden, mit dem du wirklich über alles reden kannst. Auch über Dinge, über die du mit mir oder Ariella vielleicht nicht redest oder nicht reden willst."

"Ich weiß nicht. Vielleicht Zac oder Robin. Heute hab ich mich auch länger mit Robin unterhalten. Aber früher bin ich auch immer ohne Freunde ausgekommen."

"Ich weiß, aber es ist doch schön Freunde zu haben. Einsamkeit bekommt Niemanden.", fand ich.

"Ich werde es mal mit Zac und Robin versuchen.", versprach er mir und das reichte mir.

"Ich weiß gar nicht, wie du es geschafft hast, dass ich mich in dich verliebt hab." Ich merkte erst, dass ich das laut ausgesprochen hatte, als es schon zu spät war. Leinar schien aber nicht zu stören, was ich gesagt hatte.

"Frag mich mal.", entgegnete er. "Keine Ahnung was du mit mir anstellst. Ich bin sonst nicht so."
"Wie so?", hakte ich nach.

"Ich rede eigentlich nicht so viel und auch nicht so gerne wie mit dir.", erklärte er mir.

"Aber vielleicht hast du gerade das mal gebraucht."

 

Ich grinste und zog ihn noch enger an mich. Den Rest des Abends kuschelten wir, küssten uns, oder redeten miteinander. Erst als uns schon fast die Augen zufielen, standen wir endlich auf und gingen ins Bett. Morgen war der erste Schultag und dafür wollten wir fit sein.

Kapitel 17 Der erste Schultag

- Der Nachteil der Intelligenz besteht darin,

dass man ununterbrochen dazu gezwungen ist,

dazuzulernen. -

 

George Bernhard Shaw irisch-britischer Dramatiker

 

Ich wachte früh am nächsten Morgen auf. Zu meiner Überraschung war Leinar auch schon auf. Er hatte mich wohl im Schlaf beobachtet. Jedenfalls sah ich ihm beim Aufwachen in die mir mittlerweile schon sehr vertrauten dunklen schönen Augen und in das Gesicht, dass ich liebte. Die Tiefe meiner Liebe zu Leinar, obwohl ich ihn doch eigentlich immer noch kaum kannte, erschreckte mich. Aber das war wohl auch Teil der Seelenmagie. Vielleicht lag Lady Meisold ja doch nicht ganz richtig und wir hatten einfach keine andere Wahl gehabt, als uns in einander zu verlieben.

"Guten Morgen, Leinar.", begrüßte ich ihn liebevoll.

"Guten Morgen, Süße. Du weißt, dass du anfangen solltest, mich Neal zu nennen, oder? Heute ist unser erster Schultag und in der Schule bin ich für alle Neal."

 Ich verdrehte die Augen und stöhnte extrem übertrieben.

 

"Für mich wirst du immer Leinar bleiben. Du redest schon wie Sophann. Die erinnert mich auch immer daran ihren menschlichen Namen zu benutzten."

"Sophie.", korrigierte mich Leinar automatisch. "Ich mein ja nur. Für die anderen bin ich jetzt halt Neal."

"Heute ist Mittwoch. Das bedeutet wir haben bei Cameron Unterricht. Ich glaube nicht, dass es ihm was ausmacht, wenn ich dich Leinar nenne."

"Wie du meinst...", gab Leinar schließlich nach.

"Übrigens beginnt unser Unterricht heute ziemlich früh. Wir sollten also langsam aufstehen."

"Stimmt, sonst verpassen wir das Frühstück."

Also standen wir auf und zogen uns an. Ich entschied mich für ein gelbes Top und einen schwarzen Rock und zog meine schwarzen Ballarinas an. Leinar trug sein weißes Langarmshirt und eine Jeans und keine Schuhe.

Ich grinste schelmisch. "Wenn wir schon davon reden uns an die menschlichen Dinge anpassen zu müssen, könnte es dir nicht schaden Schuhe zu tragen."

Entschieden schüttelte er mit dem Kopf. "Die Dinger sind so was von unbequem."

"Es sind doch bloß Schuhe, Neal.", seufzte ich und betonte seinen menschlichen Namen besonders.

 

"Na schön, aber nur, wenn du die ganze Schulzeit über Neal zu mir sagst.", bot er mir schließlich an.

"Gut, abgemacht." Ich war zufrieden mit mir. Leinar würde sich sowieso an Schuhe gewöhnen müssen und ich mich daran ihn Neal zu nennen. Also war das ein guter Deal.

 

Im Speisaal saßen wir zum Frühstück wieder gegenüber

von Zac und Leonie. Wäre ich nicht schon in Leinar verliebt, wäre Zac wohl wirklich keine schlechte Wahl. In der Beziehung konnte ich Sophann schon verstehen.

Während Leinar und ich Brötchen mit Käse und Wurst aßen und frisch gepressten Orangensaft tranken, aßen Zac und Leonie nur Gurken, Tomaten, Paprika, Äpfel, Möhren und was in der Art. Tranken taten sie beim Essen eigentlich kaum was.

"Wie könnt ihr davon nur leben?", wollte Leinar kopfschüttelnd wissen.

"Wir haben einfach andere Bedürfnisse als ihr.", erklärte Leonie ihm. "Uns reicht das zum Leben."

"Wir sind es von kleinauf gewöhnt und kennen es nicht anders."

"Verrückt.", kommentierte Leinar trocken.

"Neal, iss einfach. Bis zum Untterricht haben wir nicht

 

mehr viel Zeit.", riet ich ihm liebevoll.

Leinar grinste übers ganze Gesicht. "Du hast mich Neal genannt."

Ich rollte mit den Augen und entgegnete nur: "Und du trägst Schuhe. So war es abgemacht."

"Es gefällt mir, wenn du mich Neal nennst.", stellte Leinar fest und klang fast überrascht.

"Schön für dich." Hoffentlich würden wir dieses Thema jetzt nicht jeden Tag ausdiskutieren müssen.

Ich bemerkte, wie Zac und Leonie uns amüsierte Blicke zuwarfen.

 

Als wir mit dem Frühstück fertig waren, war es bereits halb sieben. Leinar und ich gingen noch mal zu unserer Suite, um unsere Schulsachen zu holen. Dann machten wir uns auf den Weg zu unserem Klassenraum. Die ersten zwei Stunden hatten wir Feenkunde. Die Tische waren in Zweiergruppen aufgestellt. Ich saß neben Leinar, Sophann neben Emma, Justin neben Sören und Lily neben Robin.

Cameron kam pünktlich zum Unterrichtsbeginn in die Klasse. Er trug ein weißes Hemd und eine dunkelblaue Hose. Nun begann der Unterricht.

Cameron stellte uns zunächst eine allgemeine Frage zum

 

Thema Feen, um unser Vorwissen zu testen.

"Was wisst ihr über Feen und was verbindet ihr mit Feen?"

Wir beantworteten seine Frage. Robin sagte zum Beispiel, dass Feen leuchten können und klein sein können oder Justin erwähnte, dass jede Fee andere magische Fähigkeiten hatten. Cameron schrieb dann Begriffe wie Klein, Leuchten oder Magische Fähigkeiten an die Tafel und verband die Begriffe miteinander.

"Was noch?", fragte Cameron und ließ seinen Blick über seine Schüler schweifen. Wir waren ja nur acht Leute. Da ging das relativ schnell. Alle Bewohner aus Raubit, die mit dem magischen Zug hierher gekommen waren, wurden ja in eine Klasse gesteckt.

Robin rief dann: "Eine Fee soll den Lebenssee entdeckt haben."

Cameron schrieb den Begriff Lebenssee an die Tafel und nickte eifrig. An uns gewandt erklärte er: "Ah, der Lebenssee! Ich denke die Legende kennt jeder, oder?"

Er wartete ein paar Sekunden, aber niemand sagte etwas, also fuhr er fort: "Der Lebenssee soll für uns Feen der Anfang aller Dinge gewesen sein. Nur die Elfen und Sterne sollen vor dem See da gegwesen sein. Eine goldene Fee soll

 

den riesengroßen See entdeckt haben, der vor allen anderen verborgen blieb und diese Fee wurde zur ersten Wächterin des Sees. Es heißt, der See soll mittlerweile ca. so groß sein, wie der menschliche Kontinent Amerika. Er soll voller Kerzen sein, die eines Tages einfach auf dem See erschienen waren. Wenn eine Fee geboren wird, fängt eine Kerze an zu leuchten und erscheint auf dem See und wenn eine Fee gestorben ist, erlischt eine Kerze und verschwindet wieder. Es sind magische Kerzen, die so lange wir leben für uns brennen und jede Kerze ist mit einem unserer Namen versehen. Es heißt die goldene Fee, die vor so vielen Jahrtausenden den See entdeckt hat, lebt noch immer und bewacht immer noch den See. Weiß Jemand wie diese Fee heißt?"

Da ich mich mit Geschichte auskannte und die Legende vom Lebenssee und der goldnen Fee sowieso liebte, wusste ich es natürlich. Also rief ich in den Raum: "Feena."

Hier im Unterricht brauchten wir uns nicht zu melden. Cameron hatte vorne auf seinem Schreibtisch an seinem Computer ein magisches System, dass unsere Stimmen erkannte und es erkannte auch, welche Antworten falsch und welche richtig waren. Das hatte er uns voher erklärt.

"Richtig, Feena. Feena war die erste Fee auf dieser Erde,

 

sagt man zumindest. Es heißt sie war irgendwann einfach da. Niemand kann sich das wirklich erklären. Es geht das Gerücht herum, dass Feen aus der Vereinigung zwischen Elfen und anderen Wesen wie zum Beispiel Zwerge oder so entstanden sind. Davon gehen zumindest unsere Historiker aus. Wie die Sache mit dem Lebenssee entstand, weiß Niemand so genau. Das mit den Elfen ist einfach die logischte Erklärung."

"Aber selbst wenn der See streng bewacht wird, ist es doch gefährlich, so abhängig von einem See zu sein.", gab Leinar zu Bedenken.

"Das ist richtig.", stimmte Cameron ihm zu. "Andererseits ist der See magisch und so gut geschützt, dass es eigentlich unmöglich ist ihn zu entdecken. Unter anderem halt auch, weil er so verzaubert wurde, dass es nur den Wächtern gestattet ist, ihn zu sehen. Viele sind auch Wächter, weil sie die Einzigen sind, die den See ohne Magie sehen konnten. Die Wächter müssen vor ihrem Dienstantritt einen magischen Eid leisten den See zu schützen und ihm keinen Schaden zuzufügen. Zusätzlich liegen viele magische Schutzzauber um den riesengroßen See. Die Wächter haben auch ganz besondere magische Talente, von denen wir nicht mal ansatzweise eine Ahnung haben. Vielleicht sind sie sogar die

 

mächtigsten Feen auf der Welt."

"Aber was für ein Eid ist das?", fragte Emma dann. "Man kann ja auch jeden Eid brechen."

"Diesen Eid hier nicht.", wiedersprach Cameron. "Wenn Wächter nur einen Versuch wagen den Eid zu brechen, sterben sie auf der Stelle. Das ist der Preis des Eides."

"Sind denn alle Feen Mischlinge?", wollte Sophann wissen.

"Nein, nicht alle. Später gab es so viele Feen, dass es natürlich auch Feenpärchen gegeben hat und auch immer noch gibt."

Sein Blick fiel auf seine magische Uhr. "Huch schon wieder so spät? In den nächsten Stunden werden wir uns mit berühmten magischen Feen beschäftigen. Jetzt ist es aber erst mal Zeit für eure Frühstückspause."

 

Ich konnte gar nicht glauben, dass die Stunden schon um waren. Mir kam es vor wie eine halbe Stunde und nicht wie zwei Stunden. Wir verließen den Klassenraum und gingen in einen Aufenthaltsraum am Ende des Ganges. Dort stand ein Frühstück bereit für diejenigen, die heute Morgen noch nichts gegessen hatten oder die noch mal etwas essen wollten.

 

"Gruselig, diese Vorstellung von dem Lebenssee.", fand Sophann.

"Ach, der ist gut geschützt und ich glaub da kann nichts passieren. Bisher ist doch auch immer alles gut gegangen.", meinte Robin zuversichtlich.

Der Lebenssee war schon immer ein großes Thema in unserer Welt und das war ja auch nur natürlich so, wenn man bedachte dass er, wenn er wirklich existierte, praktisch unser aller Leben von einen Moment auf den anderen vernichten konnte.

"Glaubt ihr wirklich an so einen See?", fragte ich meine Mitschüler. "Es ist immerhin nur eine Legende."

"Also ich glaube daran. Legenden basieren eigenltich immer auf Wahrheiten.", bemerkte Leinar.

"Ja schon, aber meist in abgeänderter Form.", erinnerte ich ihn.

"Aber ich denke Neal hat recht. Zumindest ein wenig davon muss wahr sein.", fand nun auch Emma.

"Können wir uns nicht über freundlichere Themen unterhalten?", bat Sophann uns. "Zum Beispiel über das Königsfest. Die Vorbereitungen sind ja schon im vollen Gang."

"Na ja, wir müssen sowieso gleich wieder in den Unterricht.", stellte Leinar fest. Ich weiß nicht wieso, aber es klang

 

als wolle er nicht über das Königsfest reden.

Kapitel 18 Sternenmagie

Wir alle sind aus Sternenstaub.

In unseren Augen warmer Glanz.

 

Ich & Ich - Vom selben Stern

 

In Magieunterricht prüfte Cameron unsere magischen Fähigkeiten. Eigentlich sollten wir sie Niemanden anvertrauen, wenn es besondere Fähigkeiten sind. Ich fand meine Fähigkeiten nicht so besonders, also gab ich sie preis. Leinar sah mich mit einem merkwürdigen Blick an. Er erzählte nur, dass er mit einer Berührung auf sein Haar und seinen Gedanken sich die Haare stylen konnte. Er erzählte nicht, dass das auch bei Anderen funktionierte und auch nicht von seinen anderen Fähigkeiten. Cameron erzählte uns, dass er in den kommenden Wochen unsere Fähigkeiten vertiefen wollte.

Ich fand es etwas seltsam, dass eine Frage im Zug nach den magischen Fähigkeiten war, wenn wir sie doch eigentlich für uns behalten sollten.

Auch Cameron warf mir eigenen eigenartigen Blick zu.

In Länderkunde erzählte er von unserer Welt und den

 

vielen magischen Orten, die es dort gab. Er wollte im ersten Jahr diese Orte und ihre Besonderheiten durchgehen. Außer den größten bekannten Städten gab es auch noch kleinere wichtige Orte wie Marsia, Lewesis oder Norkia. Marsia war zum Beispiel berühmt, weil dort eine sehr bekannte Fee Namens Kasia herkommt. Kasia hatte schon früh die Schrift in der Feenwelt erfunden, schon bevor es in der Menschenwelt so etwas überhaupt gab. In Marsia gab es eigens ein Museum, wo Bücher mit dieser uralten Schrift ausgestellt wurden. Nur die Wenigsten konnten sie noch lesen. Lewesis kannte man, weil das der einzige Ort in der Welt der Feen war, wo auch andere Zauberwesen lebten. Zum Beispiel Zwerge oder auch teilweise Hexen und Norkia war berühmt, weil das der erste Ort war, wo je Magie von Feen ausgeführt wurde.

In der nächsten Stunde hatten wir Mädels Heilkunde, wo wir verschiedene Pflanzen durchgingen und Cameron unser Grundwissen prüfte. Da waren dann übrigens auch die Mädchen aus Zaall bei wie Ariella.  Antonia hatte ja im dunklen Bereich der Schule Unterricht.

 

Dann hatte ich die erste Stunde Sternenmagie. Nach der Nachmittagspause ging ich allein in den Klassenraum

 

zurück. Cameron wartete schon auf mich und ich setzte mich in die erste Reihe.

"Na, hast du dich gut eingelebt?", fragte er mich zunächst.

 "Ja schon, aber das Schloss ist ja riesig und ich hab bisher erst einen winzigen Teil davon gesehen.", erzählte ich ihm.

Cameron lächelte mich verständnisvoll an. "Du wirst unser schönes Schloss schon noch kennen lernen. Schließlich wirst du eine Weile hier sein. Früher gehörte es den Sternen und zu unserer Welt. Es gab eine Zeit, da hab ich sehr viel Zeit hier verbracht, bevor es zu einer Schule wurde."

"Du klingst traurig.", stellte ich fest.

"Ja, diese Zeit liegt sehr lange zurück und sie fehlt mir. Ich bin alt, Mia und ich habe viel erlebt. Mein größter Wunsch ist es eines Tages wieder mit Nike zusammen zu sein. Ich hab ihr Gesicht so lange nicht mehr gesehen." Er schüttelte mit dem Kopf, um sich in Erinnerung zu rufen, wo er eigentlich war. "Entschuldige, du kennst mich kaum und ich sollte dir das nicht erzählen. Ich fühle mich nur oft so einsam und du erinnerst mich so sehr an meine Lilien."

"Nein, ist schon ok.", versicherte ich ihm. "Ich finde du siehst gar nicht alt aus." Tatsächlich sah er eher aus wie

 

Anfang fünfzig, wie er da so lässig mit seinen blonden Haaren an dem Schreibtisch lehnte.

Er lachte herzlich. "Oh, vielen Dank, das ist sehr nett von dir. Aber beschäftigen wir uns doch lieber mit der Sternenmagie. Kannst du dir was darunter vorstellen?"

"Nicht so richtig, aber ich glaube meine schimmernde Haut gehört dazu.", bemerkte ich. Sie hatte nämlich nicht wieder aufgehört zu schimmern.

"Oh ja, das stimmt. Nike hatte das auch. Allerdings kam das Schimmern bei ihr nur Nachts. Bei dir ist es immer da?"

"Allerdings.", bestätigte ich.

"Du kannst es kontrollieren. Ich kann dir zeigen wie es geht. Im Laufe der Jahrhunderte hab ich viel über die Sternenmagie gelernt und auch über das Schimmern auf der Haut. Deine Mutter hatte es zum Beispiel auch und ich hab ihr erklärt, wie sie es kontrollieren kann."

Erleichtert sah ich ihn an. "Das wäre lieb. Es stört mich schon etwas, wenn ich nachts leuchte wie ein Glühwürmchen."

"Dann wird das unsere erste Lektion sein, Mia. Sternenmagie ist vielseitig und kann so ziemlich alles sein. Ich versuche dir ca. das beizubringen, was ich deiner Mutter gelehrt hab.", versprach er mir.

 

"Wie ist meine Mutter so? Ich kenne sie ja kaum.", fragte ich ihn nun.

"Sie ist toll. Du wirst sie lieben. Sie hat viel von ihrer Tante Corly, die wohl immer so eine Art Vorbild für sie war, aber sie kann auch sehr eigensinnig sein. Ich war dabei als sie dich weggeben musste und das war das Schwerste, was sie tun musste. Es gab leider damals keine andere Möglichkeit. Wir standen kurz vor einem Krieg. Das einzige was deine Eltern tun konnten um ihn zu verhindern war, in eine andere Welt zu pflüchten. Ca. fünfzig Jahre zuvor hatten sie das Sternenschloss in die Schule verwandelt, zusammen mit Anderen und wussten somit, wohin sie pflüchten mussten. Allerdings konnten sie nicht direkt zur Schule, denn die war in unserer Welt zu bekannt."

"Und mich ließen sie zurück.", bemerkte ich fast bitter.

"Sie mussten es.", verteidigte Cameron das Königspaar. "Besonders Linnie hat deswegen sehr gelitten."

Ich nickte nur.

"Ok. Ich denke wir hören an dieser Stelle für heute auf. Genieß deine Freizeit. So viel hast du ja davon im Schloss nicht.", beendete Cameron sehr plötzlich den Unterricht.

"Danke, für den ganzen Extraunterricht, Cam."

"Gerne.", lächelte er.

 

 

Leinar hatte noch eine Stunde Sportmagie mit den Jungs aus Raubit und Zaall. Während ich um viertel vor vier frei hatte, war sein Unterricht erst um 17:00 Uhr zu Ende.

Diese Zeit hätte ich mit Sophann, Emma und Lily verbringen können. Ich glaube sie hatten davon gesprochen, dass sie sich im Tagesraum im Hauptgebäude treffen wollten. Aber ich wollte endlich mal wieder Zeit für mich alleine haben. Es war schön mit Leinar zusammen zu wohnen, aber seit ich hier im Schloss war, hatte ich kaum Zeit für mich gehabt. Also schnappte ich mir das Buch Seelen und legte mich aufs Sofa im Wohnraum der Suite. Ich war so in mein Buch vertieft, dass ich gar nicht bemerkte, wie Leinar den Raum betrat. Ich war gerade bei der Stelle angekommen, wo Wanda Melanie half vor der Sucherin zu fliehen. Erst als Leinar mich sanft an der Schulter rüttelte, sah ich auf. Ich hatte mein Kapitel gerade beendet.

"Hey.", begrüßte er mich. "Ich geh jetzt duschen. Wollen wir danach einen Spaziergang ums Schloss rum machen? Ich bin seit wir hier sind nicht mehr draußen gewesen."

"Klar Neal, gerne.", nickte ich, legte das Lesezeichen an die Stelle, wo ich gerade war und legte das Buch zur Seite.

Leinar grinste mich triumphierend an. "Du nennst mich

 

immer noch Neal."

"Oh!" Nun, wo er es erwähnte, merkte ich es auch. "Tja, ich gewöhne mich wohl langsam dran."

"Find ich super. Übrigens brauchen wir bei Cam in Sport keine Schuhe tragen.", erklärte er stolz.

"Schön für dich." Ich schüttelte grinsend mit dem Kopf. Er und seine Schuhe.

"Ok, ich bin dann weg.", erklärte er mir und verschwand in den Gang, wo das Bad lag.

Ich lächelte in mich hinein und freute mich auf den Spaziergang mit Leinar.

Kapitel 19 Leinars Geheimnisse

 - Alle Menschen sind Würmer,

aber ich bin wenigstens ein Glühwurm.-

 

Winston Spencer Churchill britischer Staatsmann

 

 Ca. zehn Minuten später war er fertig geduscht und mit leicht struppeligen Haaren, einem blauen T-Shirt und einer Jeans bekleidet stand Leinar im Wohnraum.

Wir gingen durch einen Seitenausgang hinaus und dann Richtung Schlossgarten, der traumhaft schön sein sollte. Zumindest hatten uns das Zac und Leonie erzählt. Es war herrlich warm und zumindest wo wir her gingen, schien die Sonne. Überall anders tobten Unwetter und leuchteten Regenbögen am Himmel. Eine der Feen musste das Wetter beeinflussen können. Vermutlich ein Lehrer oder eine Lehrerin. Es war jedenfalls sehr faszinierend. Leinar und ich gingen Hand in Hand die Wiese entlang, die bald gesperrt sein würde, weil sie der Hauptplatz für das Königsfest werden sollte.

"Darf ich dich was fragen, Leinar?", versuchte ich mich zaghaft an das heikle Thema heran, dass mich beschäftigte.

 

Leinar genoss es anscheinend keine Schuhe tragen zu müssen und dann auch noch das Gras unter seinen Füßen spüren zu können. Für ihn musste das der siebte Himmel sein.

"Ja klar.", antwortete Leinar und sah mich erwartungsvoll an.

"Na ja, ich hab mich gefragt, was deine magischen Fähigkeiten sind. Du hast zwei im Unterricht nicht erwähnt und das mit den Haaren kannte ich ja schon."

"Einmal bin ich ein sehr begabter magischer Schwertkämpfer. Das ist auch der Grund warum ich ausnahmsweise, obwohl ich so jung bin, an den Rittertounieren teilnehmen darf.", gestand er mir dann.

Aprupt blieb ich stehen und sah ihn entsetzt an. "Du nimmst am Rittertounier teil?"

"Ja, keine Sorge, mir passiert schon nichts. Ich kann dabei nicht sterben und ausserdem ist Cam der Leiter des Touniers. Er wird nicht zulassen, dass einem seiner Schüler was passiert und ausserdem wurden die Regeln im Gegensatz zu einem richtigen Tounier etwas entschärft.", verteidigte Leinar sich.

"Wieso? Wieso willst du das machen, Leinar?", wollte ich immer noch entsetzt wissen.

 

"Weil es mir Spass macht und ich habe vor zu gewinnen.", erklärte Leinar mir.

Ich zuckte leicht zusammen und er streichelte sanft und beruhigend meine Wange.

"Hey, keine Sorge. Ich bin wirklich gut. Das Tounier ist wirklich ungefährlich."

Das bezweifelte ich zwar, aber ich behielt meine Meinung für mich. Offenbar würde er seine Meinung sowieso nicht ändern.

"Aber behalt das bitte für dich. Es soll eine Art Überraschung sein, dass ich da mitmache.", bat Leinar mich.

"Ok.", nickte ich mechanisch. "Und deine zweite Fähigkeit?"

"Ich kann fliegen.", erklärte er, als sei es das Natürlichste auf der Welt und vermutlich war es das auch.

Ich dagegen sah ihn völlig entgeistert an. "Aber Leinar! Die Feen fliegen schon seit hunderten von Jahren nicht mehr."

"Ich weiß. Es ist ja auch meine besondere Fähigkeit. Die anderen Feen können nicht fliegen, aber ich schon. Willst du es sehen?" Er wirkte jetzt fast kindlich aufgeregt.

"Solltest du das nicht geheim halten? Es könnte dich Jemand sehen.", gab ich zu Bedenken.

"Hier ist doch Niemand.", hielt Leinar dagegen.

 

Zugegeben, ich war neugierig wie eine fliegende Fee aussah. Natürlich hatte ich noch nie eine gesehen.

Leinar hüpfte in die Luft und verwandelte sich augenblicklich in ein kleines grünes Glühwürmchen. Er flog auf meine Hand und ich streichelte den kleinen Rücken des leuchtenden Leinar-Glühwürmchens. Dabei war sein Rücken wirklich nur so groß wie mein kleiner Finger. Er war winzig. Verstörenderweise hatte das Leinar-Glühwürmchen die gleichen dunklen Augen wie der große Leinar.

Das Leinar was Besonderes war, war mir ja von Anfang an klar gewesen, vielleicht sogar ziemlich besonders in vielerlei Hinsicht. Aber dass er so besonders war, hatte ich doch nicht gewusst. Die meisten Feen hatten mindestens eine besonders nützliche Fähigkeit, aber zwei, das gab es so gut wie nie. Dagegen kam ich mir reichlich langweilig vor.

Leinar ließ sich mein Streicheln eine Weile gefallen, dann hüpfte er auf den Boden zurück und verwandelte sich sofort wieder in seine volle Größe zurück. Er schüttelte sich Feenstaub aus seinem Haar und schüttelte sich dann noch mal richtig.

"Brr... Die Verwandlung kribbelt immer so."

Ich starrte Leinar nur an und das einzige was über meine Lippen kam war. "Du warst so winzig klein."

 

"Ach, mach dir keine Sorgen. Ich kann mir vor der Verwandlung aussuchen wie groß ich sein möchte. Aber ich hab es genossen so klein zu sein und auf deiner Hand sitzen zu können." Er strahlte übers ganze Gesicht und sah dabei so jung und so unglaublich gut aus.

"Wirst du immer zu einem Glühwürmchen?", fragte ich nun.

"Ja, das leuchten kann ich dabei beeinflussen, aber ich mag es.", erklärte er. "Du bist übrigens die Erste, die das sehen durfte." Er lächelte immer noch. "Aber jetzt komm. Lass uns zum Schlossgarten gehen."

Ich war immer noch benommen von dem, was ich gerade gesehen hatte.

Kapitel 20 Der Feengottesdienst

Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht

und das Wort, das wir sprechen, als Lied erklingt,

dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut,

dann wohnt er schon in unserer Welt.

 

Wenn das Brot was wir teilen - Kirchenlied

 

 Der Spaziergang im Schlossgarten war einfach wunderschön gewesen. Der Schlossgarten war wunderschön. Er war so groß, dass er fast schon ein Wald war. Die vielen Blumen und Bäume waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Viele Blumen leuchteten sogar, sobald es dämmrig wurde, sogar auch manche Bäume. Trotz meiner Gabe kannte ich mich nicht so gut mit den verschiedenen Blumensorten aus, aber es gab sogar einen eigenen Bereich mit Rosen in allen möglichen Farben.

Die nächsten zwei Tage verbrachten wir viel Zeit im Unterricht. Am Donnerstag war Sena unsere Lehrerin in den nichtmagischen Fächern.

In Religion begann sie den Anfang von Jesus Geschichte zu erzählen.

 

In Naturkunde erklärte sie uns einige Pflanzen, die es nur bei den Menschen gab. Da gab es auch Rosen, nur dass sie nicht so leuchteten wie bei uns, und Nazissen, Ringelblumen, Gänseblümchen, Tulpen, Vergissmeinnicht und andere seltsame Namen. Manche kamen mir bekannt vor und manche eben nicht. Irgendwann wollte sie uns die mal im Schlossgarten zeigen.

In Sprachen zählte sie uns erst einmal die Sprachen auf, die es gab und welche Länder dazu gehörten. Und die sollten wir alle lernen? Anderseits waren Feen ziemlich sprachbegabt. Vielleicht mussten wir gar nicht so viel dafür lernen. Natürlich würden wir auch über Kenia reden, die ja die erste Feensprache erfunden hatte.

In EDV erklärte sie uns die Grundlagen zur Benutzung eines PCs, wobei fast jede Fee seit der Kindheit schon einen PC benutzte.

Dann hatten wir die erste Stunde Bibliothekswissenschaften in der Bibliothek. Sena machte zuerst wirklich eine Führung mit uns und erkärte uns wo alles war (als könnten wir uns das alles merken!) Die Bibliothek war übrigens noch größer als ich zuerst gedacht hatte.

Als letztes hatte ich noch magische Geschichte bei Cameron. Mich interessierte ja besonders meine familiiäre

 

Geschichte und Cameron begann in der ersten Stunde zu erzählen wie er seinen geliebte Nike kennen lernte. Er hatte sie zum ersten Mal an einem See vorm Sternenschloss, also vor dieser Schule gesehen, aber sie konnten nicht zusammen sein, weil ihr Vater keine Beziehung zwischen Sternen und Elfen duldete oder Sterne und anderen Zauberwesen im Allgemeinen. Also sahen sie sich fünfzig Jahre lang nicht, aber dann hielt es Nike nicht mehr aus und rannte in die Wüste, weil sie zu Cameron wollte. Der war gerade auf dem Weg zu den Elfen gewesen und hatte Nike halb tot in der Wüste gefunden, da sie nicht lange weit entfernt vom Schloss überleben konnte. Nike erholte sich schnell und dank eines Gesetzes, dass sagte, dass derjenige der einen Stern rettete einen Wunsch äußern durfte, kamen sie dann doch zusammen und heirateten. Das war so romantisch!

Während ich mich mit Cameron über Nike unterhielt, hatte Leinar Extraunterricht Seelenmagie bei Lady Meilsold.

Vielleicht erfuhr er ja nun endlich mehr über seine Großmutter.

Am Freitag ging der Unterricht gleich zügig weiter, aber diesmal bei Morley. Zuerst joggten wir Mädels mit Morley eine Runde ums Schlossgelände. Das war ganz schön anstrengend. Morley meinte, das wäre die Aufwärmübung

 

gewesen. Oh man!

Nach Morleys Mörderunterricht hatten wir Bibliothekswissenschaften und Morley erzählte uns etwas über ein Buch Namens Das Wissen der Bücher. Da stand zum Beispiel auch drin wie der Buchdruck funktioniert und sowas. 

In magische Tänze übten wir einen Tanz für das Königsfest ein, der ein bisschen wie der menschliche Walzer war, aber doch ganz anders, irgendwie magischer.

Nach der nächsten Stunde Bibliothekswissenschaften, wo Morley wieder über Das Wissen der Bücher redete, hatte ich zwei Freistunden und Leinar Fitness und Psychologie. Nach meinen zwei Freistunden hatte ich noch die erste Stunde Kampftrainig mit Emma, wobei sich herausstellte, dass ich einfach kein Talent dafür hatte.

"Das wird schon noch.", redete Emma mir aber trotzdem gut zu.

 

 Am Samstag hatten Leinar und ich unsere ersten Stunden Seelenmagie zusammen bei Lady Meisold, wobei wir uns im Kaminzimmer trafen. Sie begrüßte uns herzlich und fragte mich nach meinen ersten Tagen im Schloss.

"Danke, es war wirklich sehr angenehm. Das Schloss ist wirklich sehr schön.", erzählte ich ihr.

 

"Oh ja. Das finde ich auch. Auch wenn ich damit nicht wirklich was zu tun habe. Das Schloss ist schon so alt, dass es selbst noch vor Fürst Camerons Zeit gebaut wurde.", erklärte Lady Meisold mir.

"Ja, davon hab ich schön gehört."

"Aber jetzt zu euch. Seit ihr euch schon näher gekommen?" Lady Meisold beobachtete uns aufmerksam. Normalerweise wäre mir so eine Frage peinlich, vor allem weil sie ja Leinars Oma war, aber in diesem Fall war das etwas anderes. Sie fragte das wegen unserer Seelenmagie.

Leinar saß neben mir und nahm sanft meine Hand in seine. "Ja ich denke schon."

"Ja.", sagte ich etwas bestimmter als Leinar.

"Das ist gut.", fand Lady Meisold und strahlte. "In unseren Unterricht geht es vor allem darum eure Fähigkeiten miteinander zu verbinden und zu verstärken. Ihr müsst eure Fähigkeiten vereinen. Kennt ihr eure gegenseitigen Fähigkeiten?"

"Also ich hab Mias bisher noch nicht in Aktion erlebt.", erklärte Leinar und sah mich neugierig an.

"Oh, na ja, sie sind auch nicht so besonders.", wich ich den beiden aus.

"Das sehe ich anders.", wiedersprach Leinar mir.

"Willst du sie uns vorführen?", fragte Lady Meisold mich.

 

Ich seufzte. Ich hatte wohl keine andere Wahl, also nickte ich.

Ich probierte es zuerst mit der Wärme und konzentrierte mich auf das Feuer im Kamin und versuchte mit meinen Gedanken die Wärme weiter auszubreiten.

"Au!" Leinar zuckte zusammen und starrte verdutzt in seine Hände. "Tut das weh!"

Erschrocken und sehr überrascht starrte ich ihn an. "Du hast was gespürt?"

"Ja.", nickte er.

"Das ist vorher noch nie passiert.", versicherte ich den beiden eilig.

"Hast du das denn schon mal in der Nähe von Anderen gemacht?", fragte Lady Meisold mich.

"Nein, eigentlich benutze ich meine Fähigkeiten kaum.", gestand ich.

"Gut, dann müssen wir dich jetzt unbedingt darin trainieren, besonders in Verbindung mit eurer Seelenmagie. Ich denke, wenn du genug Übung hast, könntest du diese Fähigkeit perfekt benutzen und ganze Lager damit in Brand stecken."

"Ha, von wegen deine Fähigkeiten sind nichts besonderes.", triumphierte Leinar zufrieden.

 

"Was noch?", fragte Lady Meisold mich ungerührt und war nun doch neugierig geworden.

Ich zeigte ihr wie ich Dinge schöner und glänzender machen konnte und Gefühle positiv beeinflussen konnte.

Carlina blieb der Mund offen stehen. "Weißt du eigentlich wie wertvoll diese Fähigkeiten sind? Du könntest ganze Heerscharen mit deinem Glück anstecken und so einen möglichen Krieg beenden. Wir müssen deine Fähigkeiten unbedingt trainieren."

"Ähm, ich..." Ehrlich gesagt wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte meine Fähigkeiten nie für etwas besonderes gehalten."

"Ich denke das reicht für heute.", beendete Lady Meisold den Unterricht plötzlich. "Ich werde mir überlegen wie ich eure Fähigkeiten richtig schulen kann."

Wir verabschiedeten uns von Lady Meisold und verließen das Kaminzimmer.

"Ich wusste sofort, dass deine Fähigkeiten nicht so langweilig sein konnten wie du immer behauptet hast. Vielleicht sind sie sogar viel wertvoller als meine."

"Quatsch, Leinar. So besoners sind meine Fähigkeiten auch wieder nicht.", behauptete ich stur.

 "Wart es ab.", prophezeite Leinar mir. "Ich glaub schon."

 

Eine Stunde später betraten wir die Kapelle, wo der Gottestdienst stattfinden sollte. Das erste, was ich bemerkte, waren die schwebenden Kerzen in der Kapelle, die draußen vorm Schloss neben der großen Brücke waren. Ich wusste nicht genau wie eine menschliche Kirche aussah, aber ich glaubte nicht, dass es dort schwebende Kerzen gab und dann auch noch so viele. Leinar und ich wichen den Kerzen geschickt aus und nahmen in einer der vorderen Bänke Platz. Sophann, Emma, Lily und Robin saßen eine Bank weiter. Als die Bänke schließlich fast voll waren, trat ein Priester ein, der wie aus dem Nichts auf dem Altar der Kapelle erschienen war. Er stoppte die schwebenden Kerzen,  die nun überall bewegunslos in der Luft hingen. Er stimmte ein trauriges bekanntes Feenlied an. Der Priester hatte eine schöne helle klare Stimme und ich hörte ihm fasziniert zu.

 

Eine Fee verliebte sich in einen männlichen Prinzen.

Sie war so schön und sanft und beobachtete ihn

Jahre bevor sie in ansprach.

Die Fee und der Prinz heirateten an einem

schönen Sommertag und bekamen zwei Kinder.

Die Fee war so glücklich wie nie zuvor in ihrem Leben.

Doch das Glück sollte nicht lange währen,

 

denn der Prinz war menschlich.

Er bekam eine Krankheit und starb als

seine Kinder vier und zwei Jahre alt waren.

Es heißt die Fee trauert noch immer um ihn.

 

Eigentlich war es mehr eine Geschichte als ein Lied, aber mit seiner Stimme machte der Priester es zu einem Lied. In unserer Feensprache klang es aber wirklich wunderschön.

"Meine lieben Feen. Ich bin Pater Lelius und werde euch von nun an jeden Samstag hier willkommen heißen. Mein Vorgänger ist leider erkrankt und wird dieses Jahr nicht mehr wieder kommen."

Pater Lelius war ein besonders schöner Mann mit kurzen Haaren und braunen Augen und dem schönsten Gesicht, dass ich je gesehen hatte. Er trug auch nicht schwarz-weiß wie menschliche Priester sondern einen roten Pullover und eine schwarze Cordhose.

"Die Fee über die ich gesungen hab hieß Feena. Sie war die erste heilige Fee. Es heißt es soll eine Zeit gegeben haben, wo sie sehr einsam war, und zu dieser Zeit verließ sie ihren Posten am Lebenssee und erkundete die Feenwelt von der sie bisher nicht viel gesehen hatte. Dann lernte sie ihren Prinzen Rothas kennen. Sie bekamen zwei Mädchen namens

 

Minel und Leikari. Als Rothas starb litt Feena sehr und ging zu ihrem Posten zum Lebenssee zurück. Minel und Leikari hatten das Leid ihrer Mutter gesehen und nahmen sich vor sich niemals zu verlieben. Doch das Schicksal hatte natürlich anderes für sie geplant. Minel lernte Fulnar kennen, den sie sehr liebte und blieb bis zu ihrem Lebensende mit ihm zusammen. Leikari verliebte sich in Jani, der sie nach zwei Jahren wieder verließ, doch sie bekam Zwillinge von ihm. Lelius und Maira. Es ist lange her, aber es ist irgendwie auch meine Geschichte. Lelius der Erste war mein Urururgroßvater. Nach ihm hat meine Mutter mich beanannt. Die erste Fee war also die heilige Feena."

Es folgten zwei weitere Lieder über verlorene Feen Namens Jani dem 2. und das andere Lied handelte von Iline. Während der Lieder setzte sich Lelius in einen Stuhl, der beim Altar stand.

Als er wieder aufstand verkündete er: "Die Menschen haben ihre eigenen Heiligen. Sie haben keine magische Fähigkeiten, aber laut den Menschen haben ihre Heiligen dennoch Wunder vollbracht. Mich faszinierte die Religion der Menschen schon immer und vor allem auch wie unterschiedlich diese sind.

Wir Feen glauben an vergangene Feen, die sich durch ihre

 

Taten besonders hervorhebten. Bei den Menschen ist es ähnlich und doch so anders. In den nächsten Wochen werde ich versuchen euch mehr von der menschlichen- und der Feenreligion mit auf den Weg zu geben. Wobei unsere eigene Religion natürlich weiter an erster Stelle steht."

Das erste fröhliche Lied sangen wir alle mit. Es hieß: Bis bald, Auf wiedersehen!

Danach war der Gottesdienst beendet. Ob  so auch menschliche Gottesdienste verlaufen? Ich konnte es mir nicht vorstellen. Ich wusste auch noch nicht ob ich den Gottesdienst mochte oder nicht. Allerdings fand ich die Geschichten, die Pater Lelius erzählt hatte, durchaus sehr interessant.

Kapitel 21 Traurige Sophann

Es wurde so einsam hier ohne dich

Wie ein Vogel ohne Lied

Nichts kann diese einsamen Tränen vom Fall abhalten

Sag mir mein Schatz was ich falsch gemacht habe

Ich könnte meine Arme um jeden Jungen legen den ich sehe

Doch sie erinnern mich nur an dich

 

Sinead O Connor - Nothing Compares 2 U

 

Nach einem üppigen Frühstück im Speisesaal, dass ich allein zu mir nahm, weil Leinar noch hatte schlafen wollen und Zac und Leonie auch nicht da waren, ging ich zum Hauptgebäude in den großen Gemeinschaftsraum.  Dort entdeckte ich Sophann mit einem Block auf dem Schoß allein in einer Ecke kauern. Ich setzte mich neben sie und begrüßte sie mit einem zaghaften "Hey".

"Hey.", rief sie zurück und lächelte leicht, aber sofort verfinsterte sich ihr Gesicht wieder.

"Was ist los?", fragte ich sanft. "Wo sind die Anderen?"

Sie zuckte gleichgültig mit den Achseln. "Keine Ahnung, sie schlafen wohl noch."

 

"Ist was passiert?" Irgendwie kam mir Sophann heute merkwürdig vor. Sonst war sie immer so überfröhlich.

"Na ja. Ich hab mich mit Emma gestritten.", gestand sie mir.

"Wieso?" Ich musste ihr wohl alles aus der Nase ziehen, was sie bedrückte.

"Wegen ihrem blöden Kampftraining. Sie wollte unbedingt, dass ich es erlerne, weil sie der Meinung ist, dass das die nützlichste Fähigkeit überhaupt ist. Aber ich hatte gar keine Lust darauf."

"Kann ich verstehen. Hey, das wird schon wieder. Wenn es dich tröstet.... Ich hatte auch eine Stunde Training bei ihr und das war katastrophal. Ich denke es ist einfach ihre besondere Fähigkeit und wir anderen können einfach nichts damit anfangen.", versuchte ich sie zu trösten.

Sie lächelte zaghaft, aber dann wurde ihr Gesicht erneut düster.

"Das ist aber noch nicht alles.", erklärte sie nun.

"Was denn noch?", fragte ich sie überrascht.

"Ich hatte ein Date mit Zac und das war auch wunderschön. Wir sind zusammen durch den Rosengarten geschlendert als es dunkel war und die ganzen Blumen und Bäume leuchteten so schön. Am Ende haben wir uns sogar

 

noch geküsst, aber seitdem beachtet er mich einfach nicht mehr und ich weiß nicht wieso."

"Wann war denn euer Date?", fragte ich sie.

"Am Freitag."

"Hm, keine Ahnung. Ich hab nicht genug Ahnung von Jungs um dir einen guten Ratschlag geben zu können. Aber wenn ich Zac das nächste Mal treffe kann ich ja mal mit ihm reden. Heute war er jedenfalls nicht beim Frühstück."

"Aber du hast doch jetzt Neal. Mit ihm wirst du doch wenigstens ein paar Erfahrungen gesammelt haben.", wunderte Sophann sich und sah sich suchend um. "Wo ist dein Schatten denn eigentlich?"

Ich schmunzelte amüsiert: "Wieso denn mein Schatten?"

"Na ja, ohne ihn sieht man dich ja kaum noch."

Ich musste Sophann leider Recht geben. "Na ja jetzt schläft er noch denke ich. Aber um aufs Thema zurück zu kommen: Ich bin noch nicht lange mit Neal zusammen und bisher läuft alles gut bei uns. Aber nach der kurzen Zeit kann ich wohl kaum wirklich von Erfahrung reden."

"Stimmt auch wieder.", räumte Sophann ein. Doch anscheinend wollte sie das Thema nicht vertiefen, denn jetzt wechselte sie es. "Wusstest du eigentlich, dass Pater Lelius mein Onkel ist?"

 

"Wie jetzt?", fragte ich nur verblüfft.

"Na, er ist der Bruder von meiner Mutter.", erklärte Sophann weiter. "Und Ariella und Antonia sind die Kinder von der Schwester meiner Urgroßmutter."

Ich rollte genervt mit den Augen. "Oh man, geht das noch weiter mit den vielen Verwandtschaftsverhältnissen? Ich bin schon froh, dass ich mich jetzt einigermaßen mit meiner und Leinars auskenne. Was für mich immer verwirrend ist, sind die vielen Generationen, die oft übersprungen werden. Ich meine dann sind Antonia und Ariella ja praktisch die Tanten deiner Oma, oder wie?"

"Ja.", nickte Sophann.

"Verrückt.", kommentierte ich.

Wir unterhielten uns noch etwas über unsere riesige Verwandtschaft. Ich versuchte Sophann von Zac und Emma abzulenken und erzählte ihr ein wenig von Leinar und mir.

 

Als ich wieder in unsere Suite kam, nachdem ich Sophann wirklich etwas von Emma und Zac ablenken konnte, wurde ich Zeugin davon wie Leinar im Wohnraum unruhig auf und ab ging, aber als er mich bemerkte, sah er mich strahlend an.

"Ich hab ihn gesehen, in meinem Traum.", erklärte er

 

aufgeregt. "Ich hab ihn tatsächlich gesehen."

"Was hat du gesehen?"

"Den Lebenssee natürlich und er ist in Gefahr!", erklärte er.

"Was?", fragte ich ungläubig.

"Ich hab den Lebenssee gesehen.", erklärte er nun etwas ruhiger.

"Wie? Wo?", fragte ich nur. Wir setzten uns auf die Eckbank.

"In einem Traum. Vielleicht war es auch eher eine Art Version. Jedenfalls war da der See mitten im Nirgendwo und so riesig, dass ich gar nicht alles sehen konnte. Ich sah auch die goldene Fee, die völlig stumm und erstarrt da stand. Doch dann redete sie und ihre Stimme klang..." Er schüttelte sich und suchte nach den richtigen Worten. "Sie klang rau und heiser als hätte sie schon jahrelang nichts mehr gesagt. Sie rief um Hilfe und erzählte mir von einem Angriff. Dann war der Traum oder die Version vorbei."

Zweifelnd studierte ich sein Gesicht. "Aber es muss nicht echt gewesen sein. Wenn es nur ein Traum war, ist es wahrscheinlich nie passiert."

"Ich denke es war eher eine Version. Ich glaube die goldene Fee wollte auf dem Weg um Hilfe bitten.", behauptete

 

er. Richtig sicher klang er aber nicht.

"Sah der Lebenssee in deinem Traum denn aus als würde er angegriffen?", fragte ich vorsichtig. Ich wollte ihm nicht zu deutlich machen, dass ich seine Version nur für einen Traum hielt.

"Na ja, der See ist so riesig. Da konnte ich nur den Teil sehen, den die goldene Fee bewachte. Was an den anderen Stellen passierte blieb mir verborgen."

"Und was denkst du sollen wir jetzt tun?", fragte ich ihn immer noch zweifelnd.

"Wir sollten mit Cameron reden.", erklärte er als hätte er sich da schon vorher darüber Gedanken gemacht.

"Wieso denn mit Cameron? Wäre deine Oma nicht die erste Ansprechspartnerin?", wunderte ich mich.

Er schüttelte überzeugt mit dem Kopf. "Ich habe das Gefühl er weiß mehr über den See als er zugibt."

"Von mir aus. Also reden wir mit Cameron. Mal sehen, was er zu deinem Traum sagt.", stimmte ich schließlich zu.

Eigentlich hatte ich mir den Sonntag anders vorgestellt. Ein romantischer Spaziergang vielleicht oder mit Leinar auf dem Sofa kuscheln, aber das konnte ich mir jetzt wohl abschminken. Ich war immer noch nicht überzeugt davon, dass der Lebenssee tatsächlich existierte, aber selbst mir war

 

klar, dass wir Leinars Traum nicht einfach ignorieren konnten und wenn er noch so harmlos war. Wenn es aber wirklich eine Version war, waren wir vielleicht alle in großer Gefahr. Wir mussten mit Cameron über seinen Traum reden. Nicht nur, weil ich ihm mehr vertraute als Lady Meisold, sondern weil er auch länger lebte als Lady Meisold und vielleicht Geheimnisse kannte, die aus seiner Zeit stammten und von denen wir nichts wissen konnten.

Kapitel 22 Camerons Weisheiten

Sieh mir in die Augen

Du wirst sehen, was du mir bedeutest

Durchsuche dein Herz, durchsuche deine Seele

Und wenn du mich dort findest, suchst du nicht mehr weiter

 

Bryan Adams - (Everything I do) I do it for you

 

 Es war natürlich praktisch für uns, dass Cameron in unserem Turm wohnte. Sonst hätten wir ewig gebraucht, um ihn zu finden. So konnten wir einfach an seiner Suite klingeln und darauf warten, dass er uns empfing. Es dauerte auch nicht lange bis er kam und sah uns überrascht an.

"Was macht ihr denn hier?"

"Entschuldige die Störung Cam, aber wir müssen etwas Wichtiges mit dir besprechen.", erklärte ich ihm. "Dürfen wir reinkommen?" Ich hatte nämlich keine Ahnung ob Schüler hier die Lehrersuiten betreten durften.

"Na gut, kommt rein." Wir gingen durch den Sternenschimmervorhang seiner Suite, aber das fühlte sich anders als als bei uns, irgendwie fremd. Auch hier betraten wir zuerst einen Wohnraum, aber der sah anders aus als unserer.

 

Er hatte rote Wände mit einem Kamin und einem Sofa als einzige gemütliche Einrichtung. An einer Wand hing ein großes Bücherragel mit sehr alten Büchern und an einer anderen Wand hing ein großes Portrait einer wunderschönen Frau ,die mir etwas ähnlich sah und doch sie hatte blondes Haar im Gegensatz zu mir. Das musste Nike sein.

"Setzt euch.", bot Cameron uns an. "Ich hol uns was zu trinken." Cameron ging zu einem Kühlschrank und holte eine Flasche Saft heraus. Drei Gläser zauberten sich wie von selbst in seine Hand. Damit kam er zum Sofa und stellte alles auf den kleinen Tisch davor.

"Also was gibts?"

Leinar erzählte von seinem Traum, während Cameron Saft in die Gläser eingoss und uns die Gläser reichte.

"Und wieso seid ihr zu  mir gekommen und nicht zuerst zu Carlina gegangen?", wunderte sich Cameron natürlich als erstes.

"Weil ich glaube, dass du mehr über den Lebenssee weißt, als du zugibst.", erklärte Leinar ohne eine Spur von Unsicherheit in seiner Stimme.

"Du bist ein kluger Junge, Neal. Tatsächlich habe ich all die Jahrhunderte ein Geheimnis für mich behalten. Ihr seid die ersten die es erfahrt, also fühlt euch geehrt. Ich denke

 

es ist endlich Zeit es zu lüften. In Wahrheit habe nämlich ich die Legende vom Lebenssee verbreitet. Die Legende ist wahr, wenn auch nicht hundertprozentig. Ich hab den See sogar einmal gesehen, aber das ist lange her und da war er auch noch ziemlich jung. Der See wirkt unnatürlich als gehöre er nirgendwo hin. Damals wollte ich unbedingt der erste sein, der ihn findet, aber natürlich war das Schwachsinn. Feena hatte ihn lange vor mir entdeckt und hatte schon einige Wächter an ihrer Seite."

Ich starrte ihn wohl ziemlich verblüfft an und Cameron lachte. "Ja, ich weiß. Ziemlich verrückt das Ganze. Der See ist allerdings nicht mehr hier auf Erden sondern bei den Sternen in Sicherheit. Zumindest dachte ich das mal. Da hab ich mich wohl geirrt."

Es stimmt nicht ganz, dass nur die Feen den See bewachen können, sondern auch die Sterne. Ich weiß ich hab damals in Umlauf gebracht, dass Lilien und Corentin unerreichbar wären und ich nicht genau wüsste wo sie sind, aber auch das stimmt nicht. Ich weiß genau wo sie sind. Sie sind zwei der heutigen Wächter des Lebenssees."

"Was? Sie leben?" Ich konnte es kaum glauben.

 "Sie leben und sind wohlauf. Seit ca. einhundert Jahren bewachen sie den Lebenssee.", bestätigte Cameron.

 

"Aber wenn sie den See bewachen, dann haben sie ja gar keine Zeit mehr für sich.", stellte ich schockiert fest.

"Ja, aber sie sind zusammen und das war das, was sie immer wollten. Du musst wissen, dass Corentin ein Elf war und nichts von einem Stern in sich hatte. Irgendwann bekam er die sogenannte Sternenkrankheit. Unter den Menschen ist sie auch als Strahlenkrankheit bekannt. Für einen Elf wie Corentin war die Strahlenbelastung seiner neuen Heimat zu hoch. Den Sternen machte das nichts aus. Die einzige Lösung Corentin am Leben zu erhalten war ihn zum Teil zu einem Stern zu machen und das ging wiederum nur in Verbindung damit, dass er in Zukunft über den Lebenssee wacht. Das ist ein Kompromiss für Sterne für besondere Freunde, wie Conrentin einer war. Ihm wurde das Sternenlicht verinnertlicht, da er nicht als Stern geboren wurde. Das ist ein ganz besonderes Geschenk der Sterne und Corentin wusste das."

"Oh mein Gott, die Armen!" Irgendwie berührte mich ihre Geschichte sehr. Liliens Geschichte hatte mich sowieso schon immer fasziniert und ich hatte mich schon immer gefragt, ob sie wohlmöglich noch lebt.

"Nein gar nicht. Sie sind zufrieden, solange sie zusammen sein können.", erklärte Cameron und klang sehr stolz. "Lilien

 

nimmt noch halbjährig Kontakt zu mir auf. Du hast schon recht, Neal. Die meiste Zeit des Wachens sind die Feen und Sterne starr, um sich voll auf ihre Magie zu konzentrieren, aber wenn etwas ungewöhnliches passiert, bewegen und fühlen sie und können leben. Auch wenn sie nicht ihren Posten verlassen können. Und zwei mal im Jahr ist das auch so der Fall, damit sie merken, wofür sie da eigentlich den Lebensee bewachen."

"Das ist alles ziemlich unglaublich.", fand ich.

"Kannst du auch außerhalb dieser Zeiten mit Lilien Kontatk aufnehmen?", fragte Leinar Cameron, ohne auf meinen Kommentar einzugehen.

"Ja, etwa wie Feena mit dir Kontakt aufnahm. Ich werde es heute versuchen, um mehr Informationen zu bekommen.", versprach Cameron uns.

"Was wirst du machen, falls der Lebenssee wirklich angegriffen wird?", wollte ich wissen.

"Wir werden dorthin müssen. Ich denke momentan, dass nur ein kleiner Teil des Sees angegriffen wird. Es können nur Feen mit Sternenblut den Planeten betreten. Davon gibt es nicht mehr viele, auch wenn unser Stammbaum so groß ist und so weit zurück reicht."

"Aber ich habe Sternenblut in mir.", bemerkte ich.

 

"Und ich auch.", erinnerte Leinar uns.

"Das stimmt, ihr seid beide die Kinder meiner Enkel. Ihr könntet mit uns kommen. Ebenfalls deine Eltern, Mia und natürlich Corly, Renn und Lim. Außerdem Fiann Nike - die Tochter vom Sternenprinzen Fionn und seiner Frau Leyna - mit ihren Kindern Kenian, Alexis und Nelson. Auch sie leben noch heute in der magischen Welt und wir werden sie dann natürlich kontaktieren."

"Kenian?" Der Name sagte mir was, aber ich kam nicht drauf was. Ich hatte ihn auf jedenfall schon mal gehört.

"Ja, Fiann Nikes Sohn. Kennst du ihn?", fragte Cameron.

"Nicht wirklich.", antwortete ich. "Er sagt mir nur was."

"Aber du kannst nicht mitkommen, oder?", vermute Leinar nun.

"Doch kann ich. Ich war immer ein Freund der Sterne und sie haben mir extra Sternenglanz geschenkt, der mich auf immer beschützen wird. Das war lange vor Liliens Geburt. Der Sternenglanz schützt auch vor der Sternenkrankheit."

"Müssen die Angreifer dann nicht auch Halbsterne sein oder so gar reine Sterne?", fragte ich.

"Möglich.", nickte er.

Ich war jedenfalls erleichtert, dass Cameron mitkommen konnte, auch wenn ich mich wunderte, wieso er seinen

 

Sternenglanz nie Corentin geschenkt hatte.

"Ich werde morgen mit Carlina reden. Ich denke wir sollten so lange warten bis deine Eltern kommen. Die Gefahr ist noch nicht akut. Was aber ganz wichtig ist, ist dass ihr Niemanden erzählen dürft, was ich euch gerade erzählte. Das ist streng geheim und bisher kennt nur ihr die ganze Wahrheit."

Cameron vertraute uns, aber dennoch mussten wir zur Sicherheit einen magischen Schwur leisten, dass wir schwiegen. Der dauerte so lange bis Cameron uns davon erlöste.

Dann verabschiedeten wir uns von Cameron und konnten nichts anderes tun als warten.

Wo hatte ich den Namen Kenian schon mal gehört? Dann fiel es mir wieder ein. Emma hatte ihn erwähnt. Er war der Freund, den sie zurück lassen musste. Es war zeimlich wahrscheinlich, dass dieser Kenian der Sohn von Fiann Nike war. Ob Emma das wohl wusste?

Kapitel 23 Geheimnisse...

Hey Mr. Wichtig

du machst da was nicht richtig

das war ja wohl n bisschen schnell

das war ja wohl nicht so originell

 

Tic Tac Toe - Mr. Wichtig

 

Am nächsten Tag war wieder Schule. Wir hatten bei Cameron magischen Unterricht und auf mich wirkte er den ganzen Tag lang merkwürdig nervös. Am Ende des Unterrichts um viertel vor drei bat er uns mit ihm im Klassenraum zu bleiben, während alle anderen frei hatten.

"Was hast du heraus gefunden?", erkundigte ich mich sofort bei ihm, nachdem der Klassenraum leer war.

"Nicht hier, lasst uns Carlina suchen. Ich muss ihr erst noch erzählen was los ist." Er wirkte nicht gerade begeistert.

Also folgten wir Cameron aus dem Klassenraum in den leeren Gang und folgten ihm ins Kaminzimmer. Während Cameron weiter ging um Carlina zu suchen, blieben Leinar und ich dort. Schon wenig später wurde die Tür geöffnet und die beiden traten ein. Als Carlina uns entdeckte, runzelte sie die Stirn.

 

 "Was ist los, Cam?", fragte sie verwirrt.

Wir setzten uns und Cameron erzählte ihr das, was er uns schon erzählt hatte und auch von Leinars Traum. Entsetzt sah Lady Meisold ihn an. Sie wirkte total sauer. "Und das hast du die ganzen Jahre vor uns geheim gehalten?"

"Ja, mir blieb nichts anderes übrig. Ich habe Fionn einen magischen Schwur geleistet. Etwa den, den unsere jungen Freunde mir geleistet haben." Er schien nicht sehr beeindruckt von der wütenden Lady Meisold zu sein. Er hatte vorher in seinem langen Leben bestimmt auch schon schlimmeres erlebt. "Und schon allein wegen meiner Tochter hätte ich auch so nichts erzählt. Ich hab gestern versucht Kontakt mit ihr aufzunehmen. Ich hab fast die ganze Nacht gebraucht bis ich sie schließlich erreichte und dann konnte ich nur ganz kurz mit ihr sprechen bis die Verbindung wieder abbrach. Irgendetwas stimmt da nicht und das hat nicht nur mit dem Angriff auf dem Lebenssee zu tun. Lilien konnte mir aber zumindest so viel sagen, dass der Angriff nicht von Sternen kommt, was eigentlich so gut wie unmöglich ist."

"Aber könnten nicht mehrere Feen oder Elfen ein ähnliches Geschenk bekommen haben wie du von den Sternen?", fragte ich Cam.

 

"Nein, Sternenglanz ist nicht gleich Sternenglanz. Der Sternenglanz, den ich bekommen habe, ist einzigartig. Es ist nämlich der selbe Sternenglanz woraus das magische Schloss besteht. Es wurde nicht wirklich gebaut wie andere Schlösser. Es wurde vielmehr aus vielen verschiedenen Gedanken von vielen verschiedenen Sternen erschaffen mit Hilfe des besonderen Sternenglanzes. Wo der Sternenglanz verborgen ist, verraten die Sterne keinem. Nicht einmal mir. Ich denke Fionn ist so ziemlich der Einzige, der es momentan weiß."

"Also deshalb ist an vielen Wänden vom Schloss der ganze Sternenglimmer?", fragte ich.

"Ja, aber es ist nicht so, dass man den Sternenstaub einfach von den Wänden abkratzen könnte. Es ist eben nur noch der übliche Sternenstaub vorhanden. Nicht mehr der ursprüngliche Sternenglanz. Der ist schon fast ganz veblasst."

"Aber war früher das Sternenschloss nicht golden?", fiel mir nur ein.

"Ja, schon, aber es ist so, dass durch die vielen verschiedenen Gedanken, durch die das Schloss entstand, das Schloss selbst sich alle paar Jahrhunderte veränderte. Es hat sich wohl irgendjemand das Schloss mal silbern

 

vorgestellt und so ist es irgendwann silbern geworden und bis heute so geblieben. Ein weiteres Problem ist, dass die Zauber von Jahrhundert zu Jahrhundert eigentlich erneuert werden müssten, aber das ist jetzt schon lange nicht mehr passiert. Noch macht das nicht so viel, da es ca. höchstens drei Jahrhunderte nicht verändert wurde. Aber irgendwann könnte das dem Schloss zum Verhängnis werden.", erzählte Cameron weiter.

"Heißt das, dass das Schloss irgendwann verblassen könnte?", fragte ich Cameron schockiert.

"Wenn es sich nur ein Stern so vorgestellt hat, könnte das irgendwann passieren.", bestätigte Cam mir.

"Wie viel hast du uns noch verheimlicht?", wütete Carlina nun. "So was müsste in den Geschichtsbüchern stehen."

"Nein.", erwiederte Cam nun unnatürlich ruhig. "Das sind die Geheimnisse der Sterne, die mir anvertraut wurden. Es sind keine Geheimnisse für die Allgemeinheit."

"Aber jetzt gibst du sie doch auch weiter.", stellte Lady Meisold kühl fest.

"Weil es nötig ist. Wenn der See wirklich in Gefahr ist, könnten wir alle in größter Gefahr sein."

"Und was gedenkst du zu tun?", wollte Lady Meisold wissen.

 

"Wir müssen zum See. Also alle, denen wir vertrauen können und die Sternenblut in sich tragen.", antwortete Cam bestimmt.

"Also auch Fiann Nike und ihre Jungs?", fragte Lady Meisold ungewöhnlich feindseelig. Bei ihr klang es fast, als wäre Fiann Nikes Name so was wie ein Schimpfwort.

"Ja natürlich, ihr Vater lebt zwar noch, aber sie ist immerhin trotzdem die Sternenprinzessin. Du weißt genau Kenian hätte hierher kommen sollen. Nur wegen deinem Stolz ist er nicht hier."

Was lief hier eigentlich? Was hatte das alles zu bedeuten?

"Nein, keines von Fiann Nikes Kindern gehört in mein Schloss. Dafür hat sie selbst gesorgt. Ausserdem sind sie Sterne und keine Feen.", fauchte Lady Meisold Cam an.

"Es ist nicht dein Schloss und sie sind bloß Halbsterne. Das weißt du genau.", wiedersprach Cam ihr. Auch er wurde nun lauter. Anscheinend vergaßen die beiden, dass Leinar und ich auch noch anwesend waren. "Jedenfalls ist es immer noch das Schloss der Sterne, auch wenn sie nicht mehr hier sind. Und wer würde hier mehr hingehören als ein Kind der Sterne? Und selbst wenn es nicht den Sternen gehören würde, würde es dir nicht gehören, sondern Linnie und Lunar."

 

Die Vorstellung meinen Eltern könnte ein ganzes Schloss gehören war irgendwie gruselig. Dann doch lieber die Sterne.

Lady Meisold lachte bitter auf. "Fiann Nikes Kinder hätten nie geboren werden dürfen. Rivial hätte sie nie heiraten dürfen."

Cam seufzte mehr als genervt. "Wie lange ist es jetzt her, dass Rivial dich für Fiann Nike hat sitzen lassen? Hundert Jahre oder mehr? Wieso trauerst du ihm immer noch hinterher? Du hast doch Lim, deine Kinder und deine Familie."

"Das verstehst du nicht Cam. Ich habe ihn geliebt!"

"Was verstehe ich nicht, Carlina?" Jetzt wurde Cameron richtig laut und sauer. Ich war ziemlich froh, dass seine Wut sich nicht an Leinar oder mich richtete. Er wirkte jetzt richtig bedrohlich. Leinar und ich zuckten jedenfalls heftig zusammen. "Willst du damit etwas andeuten, ich wüsste nicht was Liebe ist? Gerade ich?"

"Sorry Cam, ich denke immer, dass kannst du nicht, weil es schon so lange her ist."

Wie konnte Jemand nur so taktlos sein?

"Wage es ja nicht, Carlina.", warnte Fürst Cameron ihr drohend. "Du hast wenigstens Familie. Ich hab meine mittlerweile verloren. Was ist denn mit Lim? Liebst du ihn etwa nicht?"

 

Nun zuckte Leinar zusammen. Immerhin ging es hier ja auch um seinen Großvater.

"Natürlich tu ich das.", behauptete Lady Meisold. "Aber ich erlaube nicht, dass Fiann Nike bei dieser Mission mitmacht."

"Das hast du aber nicht zu entscheiden. Wir brauchen sie bei dieser Mission. Du bist nur Schulleiterin Carlina. Wenn Jemand was so wichtiges zu entscheiden hat, dann das Königspaar. Übrigens sollten wir Linnie und Lunar schnellstens hierher holen. Wir können nicht noch zwei Wochen warten."

"Ich sehe, was sich machen lässt. Über Fiann Nike ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen." Wütend stand Lady Meisold auf und verließ ohne ein weiteres Wort das Kaminzimmer.

"Was war das denn?", fragte ich Cam verwirrt.

"Frag lieber nicht.", seufzte Cam. "Es ist viel zu lange her und viel zu kompliziert."
Trotzdem würe ich ihn in unserem Extraunterricht noch mal danach fragen. So ganz blickte ich da immer noch nicht durch.

Kapitel 24 Antworten

Rescue me

Show me who I am

'Cause I can't believe

This is how the story ends

 

Kerry Roberts - Rescue me

Titelsong der Serie "Once upon a time"

 

"Was denkst du über den Streit zwischen Cam und deiner Oma?", fragte ich Leinar, als wir alleine in unserer Suite auf dem Sofa lagen. Ich hatte mein Buch in der Hand und da wir Feen schnelle Leser waren, war ich jetzt schon an der Stelle, wo Wanda in dem Höhlensystem in ihr "Gefängnis" kam. Jedenfalls konnte ich mich nicht wirklich auf das Buch konzentrieren, denn mir schwirrte immer noch der Kopf von dem Gespräch im Kaminzimmer.

"Keine Ahnung.", antwortete mir Leinar achselzuckend. Er guckte gerade eine Feensendung (Jannina und die blaue Fee) und gerade lief Werbung (ein Spot von einer Fee über Feenhandcreme). "Irgendwie war das ziemlich verwirrend und traurig."

 

"Traurig?", hakte ich nach.

"Na ja. Offenbar hat meine Oma diesen Rivial ja mal geliebt und diese Fiann Nike hat ihn ihr weg genommen. Meine Oma scheint einen ziemlichen Hass auf die Sternenprinzessin zu haben.", überlegte Leinar.

"Fiann Nike ist ja Cams Nichte.", erinnerte ich ihn. "Für mich klang das eher so, als hätte er deine Oma nie geliebt oder er hat sie geliebt und dann ist was passiert, was das geändert hat. Und dann hat Rivial Fiann Nike kennen gelernt und sich in sie verliebt."

"Ja kann sein.", gab Leinar mir recht, aber er klang nicht wirklich überzeugend.

"Ich hab dir doch erzählt, dass mir der Name Kenian bekannt vorkam. Jetzt weiß ich wieder woher.", wechselte ich nun das Thema.

"Und woher?"

"Emma kennt ihn. Sie war oder ist mit ihm befreundet.", erzählte ich.

"Und weiß sie wer er wirklich ist?", wollte Leinar wissen.

"Keine Ahnung." Diesmal zuckte ich mit den Achseln.

 

Am nächsten Tag nach dem Frühstück nahm ich Zac bei Seite. Immerhin hatte ich Sophann versprochen ihn zu

 

fragen, was mit ihm los war. Wir gingen ein wenig draußen spazieren. Bis zum Unterricht hatte ich noch eine halbe Stunde Zeit.

"Was gibts?", erkundigte sich Zac etwas verwirrt.

"Na ja. Sophann hat mir von eurem Date erzählt und ich wollte mal fragen, was du darüber denkst."

Er sah mich skeptisch an und ich fügte hinzu: "Wenn du nicht darüber reden willst, kann ich das verstehen. Wir kennen uns ja auch kaum."

"Nein, schon ok." Er wurde etwas nervös. "Bestimmt wundert sie sich, warum ich ihr jetzt aus dem Weg gehe."

"Allerdings.", bestätigte ich ihm.

"Hm, ich bin mir selbst nicht ganz sicher. Ich mag Sophann, ehrlich. Ich hab wohl einfach Angst vor einer festen Beziehung.", gestand er mir.

Ich runzelte die Stirn. "Ich denk das ist normal, oder? Das geht bestimmt den Meisten so. Aber es ist gegenüber Sophann nicht fair sie einfach so zu ignorieren."

Zac schien sie wirklich zu mögen und das freute mich.

"Ich weiß.", seufzte er. "Ich denke ich brauche einfach etwas Zeit, aber ich werde mit ihr reden."

"Das ist schön.", fand ich. "Aber du brauchst wirklich keine Angst zu haben. Sophann ist super."

 

"Ich weiß." Ich spürte geradezu, wie sich Zacs Nervosität legte und er sogar leicht lächelte.

 

Der Schultag bei Sena ging schnell um. Danach hatte ich endlich Unterricht bei Cam, wo ich schon den ganzen Tag drauf gewartet hatte. Als Cam in den Klassenraum kam, wirkte er ziemlich gestresst.

"Können wir den Unterricht vielleicht verschieben?", fragte er. "Es ist ziemlich viel los heute."

"Aber ich will Antworten.", erkärte ich. "Was war zwischen Lady Meisold und Fiann Nike?"

"Bestimmt hast du dir doch das Meiste jetzt selbst zusammen gereimt.", vermutete Cam.

"Ja, aber eben nur so halb.", erwiederte ich. "Ich kenne ja nicht alle Fakten."

"Also gut.", gab Cam sich geschlagen. Er setzte sich hinter den Schreibtisch und ich setzte mich auch.

"Dass Carlina ein Verhältnis mit Fiann Nikes Mann Rivial hatte weißt du, oder?"

Ich nickte.

"Das Problem war, dass Carlina damals schwanger war, aber sie hat das Kind verloren. Rivial und sie haben sich dann böse verkracht. Weswegen weiß ich nicht. Etwas

 

später lernte er Fia kennen. Wer Fia kennt weiß, dass man sich als junger Mann - zumindest für Feenverhältnisse jung - sich einfach in sie verlieben musste. Doch bei Rivial war das noch was Besonderes, denn sie war auch in ihn verliebt. Jedenfalls hasst Carlina sie seit Anfang an. Doch meiner Meinung nach passt Jemand wie Rivial einfach nicht zu ihr. Teilweise hatte er den Charakter von Robin Hood. Du weißt doch, wer Robin Hood war, oder?"

Wieder nickte ich und antwotete: "Eine Märchengestalt aus der Menschenwelt. Ich liebe die Serie Once upon a time, auch wenn die urpsprünglichen Märchen dort oft etwas abgeändert sind. Ein Robin Hood kam da auch mal drin vor, aber mein Liebling war ja immer Bae bzw. Beaelfire. Es kommt sogar auch im Feenfernsehen. Ich habe jede Folge gesehen."

Cameron zeigte ein leichtes Grinsen. "Ja, von der Serie hab ich auch schon mal gehört. Ok. Wir kommen vom Thema ab. Jedenfalls herrschte zwischen Fiann Nike und Carlina seitdem immer gewisse Spannungen."

"Wie stehst du denn zu Carlina?", fragte ich ihn neugierig.

"Eigentlich ist sie sehr sympatisch, aber manchmal eben auch schwierig. Besonders, wenn es um Fiann Nike geht oder um das Sternenschloss.", erklärte Cameron mir. "Du

 

hast ja gehört, dass sie glaubt, das Schloss gehöre ihr, aber das stimmt nicht. Sie ist eben nur die Schulleiterin."

"Ja und ich hab auch gemerkt, dass dir diese Behauptung nicht gefiel."

"Die Sterne sind seit Jahrhunderten meine Freunde. Eigentlich sogar meine Familie. Ohne Lim würde Carlina familiär gar nicht zu den Sternen gehören, aber ohne meine Tochter gäbe es Lim gar nicht." Er klang nun ziemlich wütend und das war schon wie im Kaminzimmer ziemlich beängstigend. Eigentlich war er harmlos, aber ich vermutete, dass in ihm eine große Macht schlummerte.

"Ich hätte gar nicht gedacht, dass sie so sein kann.", gestand ich ihm.

"Ja, Carlina ist immer zuerst freundlich, aber wenn ihr etwas nicht gefällt kann sie auch ganz anders."

"War es schwer damals für dich als du Lilien weggegeben hast?", traute ich mich nun zu fragen. Die Frage beschäftigte mich schon länger.

"Sehr schwer.", nickte Cam. "Aber ich hatte keine Wahl. Deswegen versteh ich auch deine Eltern so gut in Bezug auf dich."

"Habt ihr meine Eltern erreicht?", wollte ich nun wissen.

"Ja, sie kommen Morgen Nacht.", berichtete Cam.

 

"Morgen schon?", fragte ich überrascht.

"Ja und übermorgen findet eine große Versammlung statt für diejenigen, die an der Mission teil nehmen."

"Kann ich meine Eltern davor schon kennen lernen?", fragte ich. Die Vorstellung meine Eltern zum ersten Mal in einem Raum mit möglicherweise fremden Menschen zu treffen, jagte mir Angst ein.

"Ich muss noch mal mit Carlina darüber sprechen, aber ich denke das wird gehen."

"Ich denke ich hab jetzt auch genug deiner Zeit beansprucht.", bemerkte ich schuldbewusst. Cam hatte dieses Gespräch doch erst gar nicht führen wollen.

"Ach, das ist schon in Ordnung.", versicherte Cam mir. "Möchtest du eigentlich, dass Jemand dabei ist, wenn du deine Eltern kennen lernst? Neal oder ich zum Beispiel."

"Ja, gerne. Das wäre toll." Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen Leinar dabei zu haben. Ich denke ich wäre total überfordert, wenn ich meinen Freund meinen Eltern vorstellen müsste, die ich selbst gerade erst kennen lernte.

"Ich kenne deine Eltern sehr gut. Ich kann gern dabei sein, wenn du magst."

Ich war ihm dankbar, dass er mir das anbot und freute mich darüber: "Ja, das wäre toll."

 

"Na gut, ich werde sehen, was sich machen lässt.", versprach er mir. "Ich wünsche dir noch einen schönen Abend."

"Danke. Ich dir auch. Bis morgen dann."

Ich verließ den Klassenraum. Cam war mir richtig sympatisch. Irgendwie war er für mich ja wie ein Opa, auch wenn er nicht mein Opa in dem Sinne war. Aber meinen richtigen Opa Renn hatte ich ja noch nicht kennen gelernt, aber bald würde ich das wohl.

Kapitel 25 Das Königspaar

Hakuna Matata, diesen Spruch sag ich gern.

Hakuna Matata gilt stets als modern.

Es heißt: "Die Sorgen bleiben dir immer fern."

Keiner nimmt uns die Philosophie.

Hakuna Matata

 

Soundtrack "König der Löwen" - Hakuna Matata

 

 Cameron hielt sein Versprechen und begleitete mich zu meinem ersten Treffen mit meinen Eltern. Es fand im Kaminzimmer statt und langsam hatte ich das Gefühl, dass dort so ziemlich alle kleineren Treffen statt fanden.

Irgendwie sahen meine Eltern gar nicht aus wie ein klassisches Königspaar. Sie trugen beide Jeans. Langsam hatte ich das Gefühl, dass das für Feen das bevorzugte Kleidungsstück für die Beine war. Die meisten Feen, die ich hier gesehen hatten trugen kaum was anderes als Jeans. Gegebenfalls noch Cordhosen. Ich selbst trug übrigens auch am liebsten Jeans.

Jedenfalls trug meine Mutter einen hellgrünen schlichten Pullover und mein Vater einen schwarzen. Meine Mutter

 

hatte einen modischen blonden Kurzhaarschnitt, während das Haar meines Vaters schulterlang und schwarz war. Linnie sah mich aus eisblauen Augen interessiert an während Lunars mandelbraun und warm wirkten. Ich sah keinem von beiden ähnlich und fragte mich jetzt mehr denn je woher ich wohl mein rotes Haar hatte.

"Mianna, endlich!", begrüßte Linnie mich strahlend. Sie hätte mich wohl am liebsten in die Arme genommen, hielt sich aber zurück. Keiner von uns wusste wirklich wie wir mit der Situation umgehen sollten.

"Hi!", begrüßte ich die beiden schüchtern. Ich hatte keine Ahnung, wie ich die beiden nennen sollte oder was sie von mir erwarteten. Mum und Dad oder Linnie und Lunar?

Gott sei Dank war Cameron dabei, der sich am ehesten mit so einer Situation auskannte.

"Lunar, Linnie! Wie schön euch endlich wieder zu sehen.", begrüßte er sie und umarmte die beiden herzlich.

Mein Vater, der bisher noch keinen Ton gesagt hatte, lächelte nun Cameron dankbar an. Seine Stimme klang klangvoll und tief. "Cam, es ist auch schön dich wieder zu sehen. Und dich natürlich auch, Mianna. Wir freuen uns sogar sehr darüber, dich endlich kennen lernen zu dürfen." Er wandte sich von Cameron ab und sah mich sanft an.

 

"Ich freue mich auch.", antwortete ich automatisch.

"Du hast bestimmt viele Fragen, oder?", wollte Linnie wissen. Wenn sie sprach klang das eher so als würde sie singen.

"Ja schon, aber ich weiß gar nicht so richtig wo ich anfangen soll."

"Das ist verständlich. Darf ich etwas ausprobieren?" Lunar sah mich erwartungsvoll an.

Ich wusste nicht genau, worauf er hinaus wollte, nickte aber. Er legte seine Hand auf meine Schulter und ich spürte plötzlich Wärme und unglaubliche Liebe. Dann sprach er mit mir in Gedanken.

"Es tut mir und deiner Mutter so Leid, dass wir dich weggeben mussten. Wir haben es jeden Tag bereut. Dich nicht aufwachsen sehen zu dürfen, war für uns sehr schlimm. Wir wissen, dass wir die verlorene Zeit nicht wieder wett machen können."

Ich sah ihm in die Augen und holte tief Luft. Das war mein Vater! Plötzlich war mir das ganz genau bewusst. Ich war stolz darauf seine Tochter zu sein. Irgendetwas hatte sich mit seiner Berührung verändert. Sie hatte mir die Angst genommen und plötzlich war alles kinderleicht.

"Dad! Oh Dad!", schluchzte ich tief berührt und warf mich

 

in seine Arme.

"Ich weiß.", nickte er verständnisvoll und er hielt mich ganz fest.

"Mianna." Nun stand Linnie direkt neben mir. Ich löste mich etwas von Lunar und sah sie glücklich an.

"Mum?", fragte ich nur.

Sie lächelte glücklich. "Du hast gerade zwei der Fähigkeiten deines Vaters kennen gelernt. Eine davon ist Gedankensprache. Und diese Fähigkeit ist bei ihm sehr stark ausgeprägt. Er kann dabei nicht lügen."

"Ja, das hab ich mir bereits so ähnlich gedacht."

"Ich denke wir haben uns viel zu erzählen.", stellte Lunar fest. "Und wir sollten die Zeit, die wir gerade haben, nutzen."

Wir setzten uns zusammen auf das größte Sofa vor den Kamin und ich kuschelte mich an meine Mutter, die den Arm um mich legte.

 

"Wie war es in eurem Versteck?", erkundigte ich mich bei den beiden.

"Einsam.", erzählte Linnie mit ihrer Singsangstimme. "Es lag verlassen in einem Wald und außer uns war da Niemand."

"Und wie kamt ihr an das, was ihr täglich gebraucht

 

habt? Nahrung und so was?", fragte ich sie.

"Meistens hab ich im Wald gejagt.", erklärte Lunar. Ich hatte Schwierigkeiten damit mir meinen Vater, der immerhin der König des Feenlands war, vorzustellen.

"Und ca. zwei mal im Monat verkleideten wir uns und fuhren in den Supermarkt im nächsten Ort eine halbe Stunde entfernt um dort einzukaufen.", ergänzte Linnie.

"Ihr habt euch verkleidet?" Ich konnte mir da nichts drunter vorstellen.

"Ja, die Menschen lieben Fasching und deswegen konnten wir uns alle möglichen Kostüme kaufen. Wir trugen Perücken und sahen nicht aus wie wir.", erzklärte Linnie.

"Die einzige Verbindung zur Feenwelt war, dass Carlina uns für die Einkäufe menschliches Geld schickte." Lunar schien darüber nicht gerade glücklich zu sein.

"Hört sich wirklich einsam an und irgendwie traurig.", stellte ich fest.

"Ja, war es auch. Unser Leben war nicht besonders spannend. Aber was ist mit dir? Du hast doch sicher viel erlebt, oder?" Linnie sah sehr neugierig aus.

"Ach, eigentlich brachte ich außer in der Schule viel Zeit mit meiner Familie zu Hause. Eigentlich wurde es erst interessant, als ich in den magischen Zug stieg.", sagte ich.

 

"Gibt es denn einen Jungen in deinem Leben?", fragte Lunar nun.

"Ähm, den gibt es. Er heißt Leinar, in der menschlichen Welt Neal, und ist Lady Meisolds Enkel." Eigentlich wollte ich mit meinen Eltern nicht über Leinar reden, aber ich hatte keine andere Wahl. Sie waren eben meine Eltern.

"Oh, dann lernen wir ihn ja bei der Versammlung kennen, oder?", fragte Linnie aufgeregt.

"Ja schon.", nickte ich.

Wir unterhielten uns noch ca. zwei Stunden weiter und ich fing an die beiden trotz der kurzen Zeit in mein Herz zu schließen. Auch wenn sie behaupteten ihr Leben in der Abgeschiedenheit sei langweilig gewesen, fand ich es völlig faszinierend. Als ich angefangen hatte richtig mit meinen Eltern zu reden, musste Cam still und heimlich den Raum verlassen haben. Ich war die meiste Zeit mit meinen Eltern allein gewesen und dafür war ich Cam sehr dankbar.

Kapitel 26 Die Versammlung

Die Welt von der du immer wieder runter fällst

Und wenn du denkst du kannst nicht mehr

Ist der nächste Schritt oft nicht so schwer

Es ist oft leichter als du denkst

Wenn du nur an deinem Willen hängst

 

Revolverheld - Beste Zeit deines Lebens

 

Abends, als ich in unsere Suite kam, schlief Leinar schon auf dem Sofa. Ich lächelte. Es war erst 21 Uhr, aber er schlief schon! Vermutlich hatte er einen anstrengenden Tag hinter sich. Ich hatte ihn heute kaum zu Gesicht bekommen.

Ich setzte mich neben ihn auf das Sofa (das groß genug für zwei liegende Feen war) und streichelte sein Gesicht. Er rührte sich leicht und zuckte zusammen, aber er wachte nicht auf. Ich grinste und betrachtete sein schönes Gesicht. Dann schlug er die Augen auf, sah mich an und grinste.

"Hab ich geschlafen?", fragte er.

"Ja, das hast du."

"Wie war das Treffen mit deinen Eltern?"

"Wirklich schön. Sie sind total nett.", schwärmte ich.

 

"Das freut mich. Wusste ich doch, dass du dich ganz umsonst sorgst." Er setzte sich auf und nahm mich in seine Arme. Ich kuschelte mich glücklich an ihn.

"Ich hab dich vermisst.", sagte ich.

"Ich dich auch." Er küsste sanft meinen Hals. Ich erschauderte leicht und löste mich etwas von ihm um ihn ansehen zu können.

"Was hast du so den ganzen Tag getrieben?"

"Erst hatte ich Unterricht und dann war ich in der Bibliothek."

"Was hast du denn da gemacht?", wollte ich überrascht wissen. Er mochte doch Bücher gar nicht.

"Recherchiert und die Zeit ohne dich vertrieben.", erzählte er.

Ich lächelte in mich hinein. Dann küssten wir uns und kuschelten uns zusammen auf das Sofa.

 

Am nächsten Morgen war dann die Versammlung. Selbst Fiann Nike und ihre Söhne waren schon da. Wer von denen war wohl Kenian? Sie sahen alle drei ziemlich gut aus, wenn auch irgendwie verwegen gut. Der eine war blond und groß, braungebrannt und war ziemlich breitschultrig. Der nächste blass, rothaarig, groß und etwas schlacksig

 

irgendwie. Der dritte war kleiner und etwas stämmiger, was ihm aber gut stand. Er hatte schwarzes Haar und lebhafte, blaue Augen, die alles genau mitbekommen zu schienen. Ich tippte darauf, dass der Blonde Kenian war. Fiann Nike sah Corly sehr ähnlich und auch der Frau auf dem Portrait, was in Cam Wohnraum hing.

Meine Eltern standen in der Mitte vor der großen Tafel. Rechts neben ihnen stand Lady Meisold und links daneben Cam. Wir trafen uns in einem Versammlungsraum im siebten Stock, der keine Stühle hatte.

"Vielen Dank für euer Kommen.", begrüßte mein Vater uns. "Wie ihr alle wisst geht es um die Mission zur Rettung des Lebenssees. Cam hat mir erzählt, dass er gestern Nacht noch mal Lilien erreichte. Sie hatte Kontakt zu der Fee, die unmittelbar vor den Angreifern den See bewachte, und diese Fee berichtete, dass es vier ihr unbekannte Angreifer sind. Die Zahl ist geradezu lächerlich klein. Ich hab keine Ahnung, was sie sich von diesem Angriff versprechen, aber offensichtlich ist er ja zumindest so wirksam, dass wir besorgt sind. Gegen die Feen und Sterne, die sie bewachen, scheinen sie allerdings keine so große Gefahr dazustellen."

"Also müssen wir gar nicht zum See aufbrechen?", wollte Fiann Nike nun wissen. Sie hatte eine ähnliche

 

Singsangstimme wie meine Mutter.

"Doch, denn wenn die Schutzzauber am See erst mal gebrochen sind, würde es ewig dauern sie wieder so herzustellen, wie sie jetzt sind. Wir müssen verhindern, dass sie überhaupt gebrochen werden.", erklärte Cameron.

"Und wie kommen wir überhaupt zum See?", wollte der rothaarige Sohn von Nike wissen. Er hatte eine angenehme Stimme, die sehr männlich klang. "Gibt es ein Raumschiff oder so?"

"Nicht direkt. Es ist eher so, dass wir mit Hilfe von Gedanken dahin gelangen. Indem wir uns alle an die Hände fassen und selbst an den Ort denken.", erklärte Cameron ihm. "Mit Lunars Hilfe dürfte es eigentlich ziemlich leicht werden."

 "Die eigentliche Frage ist, wer die Angreifer sind. Sie sind zumindest so stark, dass sie ohne einen Funken Sternenblut dort überleben können.", teilte Cameron den anderen unsere Vermutungen mit. "Momentan tappen wir da noch ziemlich im Dunkeln. Besonders wichtig ist natürlich welche Gründe hinter dem Angriff stecken. Will Jemand alle Feen auslöschen? Das wäre ziemlich beunruhigend. Und auch beunruhigend ist, wieso es so lange gedauert hat, bis uns davon berichtet wurde. Anscheinend dauert der Angriff schon ca. ein halbes Jahr."

 

"Wir vermuten, dass irgendetwas die Wächter des Sees blockiert hat. Die Schutzzauber sind davon bisher nicht betroffen, auch nicht die Wächter.", erklärte Lunar weiter.

"Unsere Aufgabe besteht darin unbemerkt zu den Angreifern zu gelangen und sie auszuschalten." ergriff nun Lady Meisold das Wort und sah nach und nach die Anwesenden an. Fiann Nike warf sie dabei einen besonders gehässigen Blick zu. "Ich kann euch nicht begleiten, aber ich werde euch so gut es geht von hier aus unterstützen."

"Ist es nicht eigenltich zu gefährlich euch mitzunehmen?", fragte Fiann Nike meine Eltern. "Ihr seid das Königspaar. Wenn euch etwas passiert, ist hier und in der Feenwelt die Hölle los. Wer soll euer Nachfolger sein?"

"Wir haben keine andere Wahl.", erklärte Lunar ihr bestimmt. "Gäbe es eine andere Möglichkeit würde ich weder meine Frau noch meine Tochter so in Gefahr bringen. Aber wir müssen alle gehen. Nur so haben wir eine Chance. Wenn ich sterbe wird Linnie weiter regieren und andersrum. Wenn wir beide sterben wird vorerst weiter regieren bis meine Tochter soweit ist selbst zu regieren."

Das gefiel mir gar nicht. Ich hatte beobachtet wie Carlina sein konnte. Sie würde das Schloss an sich reißen. Meine Eltern mussten unbedingt überleben, nicht nur deswegen.

 

Ich hatte sie doch gerade erst gefunden. Wie konnte ich sie da schon wieder verlieren?

Lady Meisold lächelte jedenfalls ziemlich zufrieden, was mir auch nicht gerade gefiel.

Ich war aber auch überrascht von der Nachricht und beobachtete meinen Vater. Mir war klar, dass ich eine Prinzessin war, aber wollte ich wirklich Königin sein und hatte ich da überhaupt eine Wahl?

"Ich habe all meine Wünsche schriftlich festgehalten und Linnie, Cameron sowie die Bibliothekarin Lea Rei wissen wo sie zu finden sind."

Kurz schwiegen alle. Dann fand Lunar: "Ich denke das ist vorerst alles. In zwei Tagen brechen wir auf."

Er entließ die anderen und hielt Leinar und mich zurück. "Könntet ihr noch kurz bleiben?"

Ich fühlte mich nicht ganz Wohl in meiner Haut, aber ich nickte während sich der Raum langsam leerte.

Kapitel 27 Tiljans Visionen

Irgendwie irgendwo irgendwann

Im Sturz durch Zeit und Raum

erwacht aus einem Traum nur ein kurzer Augenblick

dann kehrt die Nacht zurück rgendwie

fängt irgendwann irgendwo die Zukunft an

ich warte nicht mehr lang

 

Nena - Irgendwie irgendwo irgendwann

 

Ich befürchtete ein Gespräch von Eltern zu Freund, aber zu meiner Überraschung hatte mein Vater etwas ganz anderes im Sinn.

"Ich möchte, dass ihr auf dieser Mission vorsichtig seid. Wir wissen nicht wie gefährlich es wird und vermutlich kann ich euch nicht die ganze Zeit im Auge behalten.

"Mach dir keine Sorgen um uns, Dad. Wir haben ein paar recht nützliche Fähigkeiten.", versuchte ich Lunar zu beruhigen, auch wenn ich nicht wusste, ob uns das hierbei auch wirklich half.

"Wir möchten trotzdem, dass ihr aufeinander Acht gebt. Besonders wenn wir es nicht können.", bat Lunar uns.

 

"Das ist doch selbstverständlich.", versichter Leinar Lunar.

Lunar nickte zufrieden. "Freut mich zu hören, denn es ist auch absolut notwendig."

"Lunar, jetzt lass die beiden schon gehen." Linnie legte ihrem Mann die Hand auf die Schulter.

"Na gut, wir sehen uns dann bald, schätze ich."

 

 Die nächsten zwei Tage brauchten Leinar und ich nicht in den Unterricht. Wir sollten uns auf unsere Misson konzentrieren. Den Extraunterricht bei Cameron nahm ich aber trotzdem wahr. Am zweiten Tag kam statt Cameron Tiljan in den Klassenraum. Ich war ziemlich überrascht.

"Hi!", begrüßte er mich fröhlich. "Cam kann leider nicht. Er hat mit den Vorbereitungen für die Mission zu tun. Ich hoffe es ist ok, wenn ich ihn vertrete."

"Klar, kein Problem."

"Gut. Morgen gehts los, was? Bist du aufgeregt?", fragte er mich während er sich auf einem Stuhl mir gegenüber an meinem Tisch setzte.

"Ja schon. Ich mache sowas immerhin nicht alle Tage."

"Nein, natürlich nicht. Aber es ist gar nicht so schlecht, dass du die Erfahrungen jetzt machst. Du wirst eines Tages Königin sein und ein ganzes Land regieren müssen. Nächstes

 

Schuljahr bekommst du übrigens sowieso eine Unterrichtseinheit von Cameron bei mir. Königenunterricht."

"Ok. Klingt sinnvoll.", fand ich. "Ich weiß aber ehrlich gesagt gar nicht ob ich je dazu bereit sein werde, eines Tages Königin zu werden."

"Das ist verständlich, aber mit Hilfe meines Unterrichts wirst du es." Tiljan klang sehr zuversichtilich.

"Na gut. Das wäre zumindest schön." Ich lächelte schüchtern.

"Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass du dann nicht allein sein wirst. Ich denke Leinar wird an deiner Seite sein." Auch da klang er ziemlich sicher.

Ich sagte nur "Hm." und wusste, dass ich nicht wirklich überzeugt klang.

"Soll ich dir erzählen woher ich das weiß?" Tiljan beobachtete mich aufmerksam. Jemanden wie ihn hatte ich noch nie gesehen. Seine blauschwarzen Haare waren schon ziemlich ungewöhnlich für einen Elf, aber auch so war einfach nichts normal an ihm. Weder sein bunt kariertes Hemd (Zauberwesen bevorzugten meist eher schlichte Kleidung), noch seine weiße Jeans mit den Peacezeichen drauf oder seine blauschwarzen Augen, die manchmal sogar leuchteten.

"Klar!", nickte ich.

 

"Ich hab Visionen. Ziemlich oft sogar. Die meisten betreffen die Zukunft, aber manche auch die Vergangenheit. Ich habe gesehen wie du mit Leinar unser Land regierst und du wirst eine gute Königin sein. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen."

Es überraschte mich, dass er so freizügig von seiner Fähigkeit sprach.

"Und hast du noch was gesehen in deinen Visionen, was mich betrifft?", wollte ich wissen.

"Ja schon, aber eigentlich darf ich nicht darüber reden. Aber ich möchte dir trotzdem einen Tipp geben. Pass gut auf Cameron auf. Er könnte bei der Mission schwer verletzt werden. Die Angreifer sind gefährlicher als ihr glaubt."

 "Was weißt du über die Angreifer?", fragte ich nun.

"Eigentlich dürfte ich dir das auch gar nicht erzählen, aber wenigstens Einer von euch sollte mehr darüber wissen. Zwei der Angreifer kennt Cameron. Es sind Elfen. Was mich aber beunruhigt ist, dass ein Zwerg dabei ist und wenn ich es richtig gesehen hab, ist es auch noch Alricks Sohn.", erzählte Tiljan mir.

"Der Zwergenkönig Alrick?", hakte ich nach.

"Genau der."

 

"Aber das ergibt keinen Sinn. Die Zwerge haben sich seit

Ewigkeiten nicht mehr blicken lassen und ich hatte keine Ahnung, dass sie Krieg gegen uns führen.", wunderte ich mich.

"Ja, genau. Aber ich vermute, dass im Zwergenreich irgendwas passiert ist, was Miron zu diesem Schritt veranlasst hat."

Das gefiel mir ganz und gar nicht. "Hört sich nicht so gut an. Wieso sollte Cam eigentlich verletzt werden?"

"Die Angreifer haben eine Art Waffe entwickelt, die selbst den stärksten Elf töten kann. Wie sie auf Feen und Sterne reagiert weiß ich nicht, aber der Schutzzauber ist davon offensichtlich nicht betroffen."

Das klang nun noch viel beunruhigender.

"Und das hast du alles in deinen Visionen gesehen?" Ich konnte mir das kaum vorstellen.

"Ja und auch, dass du die Angreifer besiegen kannst.", ergänzte Tiljan.

"Ich?", fragte ich erstaunt. "Wieso ausgerechnet ich?"

"Wegen deiner Feuermagie.", erkläre er.

"Aber ich kann doch gar nicht damit umgehen.", protestierte ich.

"Mit Leinars Hilfe wirst du es können. Nur musst du es

 

tun bevor Cameron verletzt wird."

"Wie?"

"Das wirst du spüren, wenn es so weit ist." Tiljan klang sehr geheimnisvoll.

"Na toll.", seufzte ich extra dramtisch. "Du bist mir ja eine große Hilfe!"

"Mehr kann ich dir dazu wirklich nicht sagen.", entschuldigte sich Tiljan. "Du musst mir versprechen, dass du mit Niemanden über das redest, was ich dir erzählt hab."

"Na gut, ich weiß nur nicht wie ich das hinkriegen soll."

"Du wirst es hinbekommen, Mianna. Ich hab es in meiner Vision gesehen und die Visionen können nicht lügen."

"Verändern sie sich denn?"

"Manchmal, aber wirklich nur sehr selten. Nur du kannst diese Mission erfolgreich abschließen."

"Na super. Klingt sehr beruhigend." Noch eine Last mehr auf meinen Schultern.

"Du solltest jetzt gehen und dich ausruhen. Ich wünsche dir viel Glück.", beendete Tiljan aprupt unser Gespräch.

"Danke, das werde ich wohl gebrauchen. Danke, dass du mir das alles erzählt hast."

Dann verabschiedeten wir uns voneinander und ich verließ bedrückt den Klassenraum. Das Schwerste war mit

 

Niemanden darüber reden zu dürfen. Nicht mal mit Leinar.

Kapitel 28 Alte Freunde

Heucheln und Lügen ist sinnlos.

Weil wir uns gegenseitig fast wie Glas durchschaun.

Wir machen uns schon lange nichts mehr gegenseitig vor.

Und das ist gut so!

 

Pur - Freunde

 

 Wir versammelten uns alle in dem Ballsaal, wo die Eröffnungsfeier war. Cam erklärte uns noch mal wie wir gedanklich zum See gelangen würden. Wir fassten uns alle an den Händen  und bildeten eine lange Reihe.

"Lass meine Hand nicht los, egal was passiert.", bat Leinar mich eindringlich.

"Mach ich nicht.", versprach ich ihm. Meine andere Hand hielt Lunars. Cam hielt die Hände von seinen Enkeln Corly und Renn. Ich erinnerte mich an Tiljans Warnung. Ich durfte ihn nicht aus den Augen lassen, aber ob mir das gelang wusste ich nicht. Jetzt musste ich mich erst mal voll konzentrieren, um zum Lebenssee zu gelangen. Ich schloss fest die Augen.

"Jetzt!", gab mein Vater das Kommando. Ich dachte ganz

 

fest an den Lebenssee und hielt Leinar und Lunars Hände ganz fest. Ich spürte plötzlich keinen Boden mehr unter den Füßen und dann fühlte es sich an, als würde ich ziemlich lange schweben. Es dauerte eine halbe Ewigkeit bis mein Vater seine Stimme erneut erhob. "Ihr könnt die Augen wieder aufmachen."

Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass es ein Befehl war, das wir die Augen schließen sollten. Ich hatte es einfach getan.

Jetzt öffnete ich die Augen jedenfalls wieder und konnte erst gar nicht wirklich registrieren, was ich da sah. Es wirkte als seien wir in einer völlig neuen Welt angekommen und vermutlich waren wir das auch. Der Himmel war hell und dunkel zugleich, die Sterne und die Sonne teilten sich den Himmel und die Sterne reichten bis zum Boden. Es war gleichzeitig warm und kalt. Die Farben wirkten kräftiger und vor uns erstreckte sich ein riesiger See, der in der Ferne verlief. Auf ihm waren unzählige Kerzen. Das Wasser war wellig wie bei einem kräftigen Sturm und der See war umrundet von einer grünen Wiese. Ich hatte geglaubt unzählige Wächter müssten den See schützen, aber gerade entdeckte ich keinen Einzigen. Es war muchsmäuschenstill. Man hörte wirklich gar nichts. Kein einziges Geräusch. Hier spürte

 

ich die Magie stärker als überall sonst, wo ich je gewesen bin. Meine Haut leuchtete hier stärker denn je obwohl ich das mittlerweile eigentlich recht gut unter Kontrolle hatte.

Leinar hielt noch immer meine Hand fest, während mein Vater meine andere Hand los gelassen hatte.

 "Sind wir außerhalb oder innerhalb des Schutzwalls?", unterbrach Lunar die gespenstige Stille mit seiner klangvollen angenehmen Stimme.

"Innerhalb.", erklärte Cam. "Die Wächter wussten, dass wir kommen. Also konnten sie einen Zauber aussprechen damit wir hierher gelangen konnten."

Plötzlich erschien auf der Wiese ein unglaublich helles Licht und daraus traten zwei wunderschöne Gestalten.

Camerons Augen weiteten sich und er rief erfreut:" Lilien? Corentin?"

Das also waren Lilien und Corentin. Lilien trug ein wunderschönes weißes Kleid und Corentin ein weißes Leinenhemd und eine weiße Jeans. Beide waren Barfuß. Lilien hatte helle Haare und Corentin dunkle. Ihre Schönheit blendete uns fast.

"Dad!", rief Lilien ebenfalls erfreut und warf sich ihrem Vater in die Arme.

 

"Oh Lil, meine Lil! Ich hab dich so vermisst."

"Ich dich auch. Ich merke es erst jetzt." Die Wiedersehensszene war einfach nur herzzerreißend.

"Hallo Cameron.", begrüßte Corentin nun seinen Schwiegervater und strahlte ihn an. "Es ist lange her."

"Viel zu lange.", nickte Cameron und umarmte auch ihn herzlich."

"Mom, Dad?", fragte Corly nun mit Tränen in den Augen und lief auf ihre Eltern zu. Nun sah sie aus wie ein sehr junges Mädchen. Renn und Lim folgten ihrer Schwester. Erst jetzt konnte ich sehen wie ähnlich sich die beiden Männer eigentlich sahen und auch ihrem Vater.

"Oh, meine Süßen!", strahlte Lilien überglücklich und nahm alle drei Kinder in ihre Arme. Danach umarmten sie ihren Vater. Es war etwas verwirrend, dass Corentin und Lilien fast jünger aussahen als ihre Kinder.

 Als sie sich wieder voneinander lösten, winkte Renn uns heran. An seine Eltern gewandt zeigte er auf uns. "Darf ich euch meine Tochter Linnie vorstellen, ihren Mann Lunar und ihre Tochter Mianna? Lunar ist der Sohn von Theodora. Ich glaube die kennt ihr."

"Lunar, du hast kein Sternenblut in dir, oder?", fragte Lilien meinen Vater.

 

"Nein, das hab ich nicht."

"Wie kannst du dann hier sein?", wollte sie wissen.

"Ich bin der aktuelle König des Feenlandes und Linnie und ich haben eine gemeinsame Tochter, wie Renn eben schon sagte." Er zeigte auf mich. Ich fragte mich, was es mit mir zu tun hatte, dass er hier sein konnte.

Lilien schien es zu wissen. Sie musterte mich neugierig. Dann sah sie wieder Lunar an. "Ah ich verstehe. Die Blutsmagie von Königspaaren ist besonders stark heißt es."

"Genau und mit einer Tochter mit Sternenblut sogar noch stärker.", bestätigte Lunar.

"Und Mum, Dad! Darf ich euch auch meinen Enkel Leinar vorstellen?", mischte sich jetzt Lim ein.

"Oh, hallo Leinar. Es ist schön euch alle kennen zu lernen.", lächelte Lilien.

Leinar wirkte etwas nervös. Mein Vater antwortete für uns alle: "Es freut uns auch euch kennen zu lernen."

"Ich freu mich natürlich auch euch alle kennen zu lernen.", beeilte sich Corentin zu sagen und musterte mich dabei besonders. Bisher war er ziemlich still gewesen.

"Und wer ist da noch bei euch?", fragte Lilien. Ihre Stimme klang nicht nur nach Gesang, sie klang wie richtige Musik.

Fiann Nike trat nun vor und strahlte Lilien an. "Hallo

 

Cousine."

"Fiann Nike!", rief Lilien erfreut  und umarmte ihre Cousine. Diese erwiederte ihre Umarmung.

"Ja! Und das sind meine Söhne. Kenian, Nelson und Alexis." Sie zeigte nacheinander auf die drei Männer. Kenian war tatsächlich der große Blonde, Nelson der Rothaarige und Alexis der Schwarzhaarige.

"Schön euch kennen zu lernen.", freute sich Lilien und auch Corentin begrüßte auch sie.

"Wir freuen sich auch.", versicherte Kenian ihr.

"Ich fasse nicht, dass ihr alle hier seid. Mein Vater, meine Kinder, meine Enkel und Urenkel und meine Cousine und ihre Söhne. Es ist einfach unglaublich." Lilien sah die genannten Personen nacheinander an.

"Ja, es ist wirklich unglaublich und ich möchte unsere Zusammenkunft bestimmt nicht beenden, aber wir dürfen auch nicht vergessen wieso wir hier sind.", erinnerte Cameron seine Tochter. Die Müdigkeit, die ich bei ihm kennen gelernt hatte, war wie weggeblasen, seit er Lilien wieder gesehen hatte.

"Natürlich, du hast Recht. Dann kommt mit, lasst uns reden."

Lilien führte uns vom See fort, doch Corentin hielt mich

 

zurück.

 "Kann ich kurz mit dir reden, Mianna?"

Ich sah den anderen besorgt hinterher, aber er versicherte mir: "Keine Angst, ich kenne den Weg genau so gut wie Lilien."

"Na gut." Wir blieben also wo wir waren.

"Was hat Tiljan dir erzählt?", fragte er mich ohne Vorwarnung.

"Woher weißt du davon?", wunderte ich mich.

"Ich spüre so was.", erklärte er mir. "Seit ich fast gestorben wäre spüre ich sowas."

"Ich darf nicht darüber reden. Ich hab es ihm versprochen.", erklärte ich.

"Bei mir ist das schon in Ordnung.", versicherte er mir. "Er ist mein Onkel, vertrau mir."

"Aber ich kenne dich gar nicht." Ich hatte schon das Gefühl, dass ich ihm trauen konnte, aber ich hatte Tiljan versprochen mit Niemanden darüber zu reden.

"Ich weiß, aber du kannst mir vertrauen, wirklich. " Er strahlte seine Energien nach mir aus und ich spürte, dass Tiljan nichts dagegen hatte, dass ich es ihm erzählte. Es war so ähnlich wie bei der Fähigkeit meines Vaters, dass ich einfach wusste, dass er mich liebte durch eine einzige

 

Berührung.

Ich erzählte ihm also was Tiljan mir gesagt hatte.

"Feuermagie?", fragte Corentin überrascht, als ich geendet hatte. "Sie ist uralt und sehr mächtig. Ich dachte sie wäre längst ausgestorben."

Ich zuckte mit den Achseln. "Es ist halt meine besondere Fähigkeit."

Corentin nickte. "Stimmt. Und er hat wirklich gesagt, dass Cam verletzt werden könnte und dass Cam die Angreifer kennt?"

"Ja hat er.", nickte ich.

Corentin schien nicht sehr überrascht davon zu sein. "Ich hab das schon vermutet. Ich hab nämlich so eine Vermutung wer die Angreifer sind."

"Teilst du deine Vermutungen mit mir?", bat ich ihn. Immerhin hatte ich ihm auch von Tiljans Visionen erzählt.

"Natürlich. Ich hab Majenna und Felicitas in Verdacht, aber ich weiß nicht wie sie so mächtig werden konnten und das beunruhigt mich."

 "Du liegst richtig mit deiner Vermutung denke ich.", bestätigte ich ihm. "Wie gesagt, Tiljan sagte Cam kennt sie. Majenna war Ronars Frau und Felicitas war mal mit Cam zusammen, oder? Sie hätten also beide ein Motiv für den

 

Angriff. Tiljan erzählte mir noch, dass der Königssohn der Zwerge unter den Angreifern wäre, Mion oder so."

"Ah, das erklärt einiges.", nickte Corentin. "Zwergenmagie ist stark und die von Zwergenherrschern noch stärker. Er könnte der Grund sein wieso die beiden hier sein können."

"Aber es hieß, dass es vier Angreifer wären. Wer ist der vierte?", fragte ich.

"Ich habe keine Ahnung.", gestand Corentin mir. "Und den Grund kenne ich auch immer noch nicht."

"Hm.", machte ich.

"Hör zu, du darfst Niemanden von unserer Unerhaltung erzählen. Das muss unter uns bleiben. Ich weiß nicht mal, ob ich es Lilien erzählen werde. Vermutlich nicht die ganze Wahrheit. Cam ist ihr Vater. Sie würde sich nur Sorgen machen." Corentin sah mich ziemlich eindringlich an.

"Ok, klar. Von mir erfährt Niemand etwas.", versprach ich ihm.

"Übrigens find ich das mit Leinar und dir ganz toll.", bemerkte Corentin dann plötzlich.

"Ähm, danke?" Ich wusste wirklich nicht, was ich dazu sagen sollte. War das so offensichtlich, dass wir zusammen waren?

Als hätte er meine Gedanken gelesen, erklärte er mir:

 

"So was spüre ich auch."

"Ach so."

"Komm, lass uns zu den Anderen gehen. Nicht, dass sie uns noch suchen müssen.", entließ er mich dann und führte mich zu den Anderen. Irgendwie schüchterte Corentin mich ein, aber ich mochte ihn auch.

Kapitel 29 Vermutungen

Ein Licht weist den Weg,

der zur Hoffnung führt,

erfüllt den Tag, daß es jeder spürt.

 

Weihnachtslied - Ein Licht geht uns auf

 

 Wir gingen durch einen Tunnel, der im Sternenlicht hell erleuchtet war.

"Ich dachte ihr bewacht ständig den See und seit erstarrt. Wieso läufst du mit Lilien nun so herum? Ich hab bisher ausser euch keinen einzigen Wächter gesehen.", fragte ich Corentin neugierig.

"Die Wächter sind die meiste Zeit unsichtbar. Es sei denn sie wollen gesehen werden wie wir. Dann treten sie aus dem Licht, so wie wir es taten, aber das kommt nur sehr selten vor, weil die Wächter sehr selten ihren Posten verlassen.", erklärte Corentin mir.

"Und wo gehen wir jetzt hin?", fragte ich ihn dann.

"Wir haben so eine Art Versammlungsraum, wo sich einige Wächter manchmal treffen. Warts einfach ab.", erwiederte er geheimnisvoll.

 

Den Rest des Weges schwiegen wir und es dauerte auch gar nicht mehr lange, bis wir zu dem Raum kamen und der Tunnel endete. Der Raum war einfach gigantisch. Eine riesige Höhle. So stellte ich mir die Zwergenhöhlen von damals vor, nur kleiner. Tische und Stühle standen überall quer im Raum bereit. Corentin ging zu Lilien und ich zu Leinar.

"Alles klar?", fragte er mich besorgt. Ich nickte nur und suchte Cameron. Er sah gesund und munter aus, aber eigenlich hatte ich auch noch nichts anderes erwartet. Die Höhle war wie der Tunnel hell mit Sternenlicht erleuchtet.

Unter den Anwesenden waren auch einige Fremde, die wohl die Wächter des Sees sein mussten. Sie trugen alle blaue Kleidung, wirkten aber sonst eher unscheinbar. Neben Lilien und Corentin standen zwei der Fremden.

"Ich bin wirklich froh, dass ihr gekommen seid. Wir können eure Unterstützung gut gebrauchen. Neben mir stehen Feena und Bryn. Zwei Wächterinnen des Sees. Von Feena habt ihr bestimmt schon gehört.", stellte Lilien die beiden Frauen vor.

Das war Feena? Ich hatte mir sie wunderschön vorgestellt und sie sah auch ganz hübsch aus, aber irgendwie auch etwas unförmig, als wäre sie noch nicht ganz fertig gestellt. Da fehlte auf einer Seite ein komplettes Ohr, ohne

 

dass eine Narbe zu sehen wäre, ein Auge war blau und ohne Umrandungen, wie es sonst üblich war, und die Farbe auf der einen Unterlippe war hautfarben und nicht rot. Ihre Haare waren eine Mischung aus rot, schwarz, blond und einigen anderen Farben. Sie waren lang, glatt, wellig und seltsamerweise auch irgendwie kurz zugleich. Das sah ziemlich verrückt aus. Dies sollte also die erste Fee überhaupt sein? Aber andererseits machte es schon irgendwie Sinn. Wieso sollte die allererste Fee perfekt sein? Sie war eben die erste aller Feen.

Die andere Fee neben Feena, Bryn, war ziemlich klein, hatte kastanienbraunes, langes Haar und sanfte grüne Augen.

"Auch ich danke euch.", ergriff Feena das Wort. Ihre Stimme war weich und irgendwie lieblich, wirkte aber auch heiser. "Langsam wird es ernst. Die Angreifer kommen immer besser voran und wir müssen sie unbedingt stoppen.

"Dafür sind wir hier.", bemerkte Cameron trocken.

"Richtig.", nickte Feena. "Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass sowieso nur eine in diesem Raum den Angriff wirklich beenden kann." Feenas Blick wanderte vielsagend zu mir und ich zuckte leicht zusammen. Wie viel wusste sie?

"Keine Angst, Mianna.", hörte ich plötzlich Feenas Stimme

 

in meinem Kopf. "Ich kann jede Fähigkeiten von allen Anwesenden im Raum nutzen. Ich denke du weißt wessen Fähigkeit ich gerade gebrauche. Ich kann dir also helfen. Du musst das nicht allein machen. Allerdings bin ich alt und längst nicht mehr so mächtig wie früher. Meine Magie wird schwächer und das kann genauso gefährlich werden für unsere Welt, wie das Vernichten des Lebenssees. Deswegen darf ich meine Magie nur in äußester Not anwenden, es sei denn ich beschütze den Lebenssee. Aber mit meiner und mit Leinars Hilfe wird es dir auf jeden Fall gelingen die Angreifer zu stoppen."

Ich war unendlich erleichtert und dankbar. Feena war da und stand mir bei. Während ich Feenas Stimme gelauscht hatte, hatte Lilien offenbar das Reden übernommen. Die anderen hörten ihr aufmerksam zu.

"Und ich bin hier, weil ich die Geschichte des Lebenssees besser kenne als irgendwer sonst. Selbst besser als Feena.", erklärte Bryn uns dann.

"Das stimmt.", nickte Feena. "Bryn bewacht den See schon ziemlich lange. Ich zwar auch, aber ich war zwischendurch auch mal weg."

Ich fragte mich, ob Bryn ein Stern war. Feen konnten theoretisch nicht länger den See bewachen als Feena.

 

"Dies ist nicht der erste Angriff auf den See.", erklärte Bryn. "Auch wenn der letzte schon seit Jahrhunderten zurück liegt gab es noch einen und der war damals wesentlich schwächer als der heutige. Damals war er von Sternen angeführt worden, die einen Groll gegen Feen hegten."

"Gibt es eigentlich noch andere Seen ausser diesen?", fragte Leinar nun.

"Nein, unser ist der Einzige.", antwortete Feena. Die anderen Völker brauchen solche Seen nicht."

Was immer das heißen mochte...

"Diesmal hab ich auch das Gefühl, dass die Angreifer keine Sterne sind.", bemerkte Corentin.

"Nein, das sind sie wohl nicht.", stimmte Feena ihm zu. "Das zumindest können wir wohl ausschließen."

"Wie sollen wir jetzt weiter vorgehen?", wollte Cameron nun wissen.

"Cam, ich find du solltest hierbleiben und alles überwachen.", schlug Feena ihm vor. Sie musste wissen, was Tiljan mir erzählt hatte. Wieso sonst sollte sie gerade diesen Vorschlag machen?

"Machst du Witze?", fragte Cam Feena überrascht und auch gekränkt. "Du hast mir selbst gesagt, dass so viele wie möglich kommen müssen um die Mission zu beenden."

 

"Ja schon, aber Tiljan hatte eine beunruhigende Vision, was dich und die Mission betrifft."

"Gehts etwas genauer?" Cameron wirkte wütend. Ich konnte es ihm nicht verübeln.

"Es könnte dir etwas zustoßen.", wagte sich Feena vorsichtig weiter. Corentin und ich warfen uns einen Blick zu und Corentin zuckte leicht mit den Achseln, als wollte er mir sagen, dass er auch nicht wusste, was Feena da vor hatte.

"Das kann mich nicht mehr schocken. Ich bin alt. Ich werde nicht als Einziger hier warten und Däumchen drehen."

"Und was ist mit deiner Familie?", konterte Feena. "Sie werden sich nicht konzentrieren können, weil sie sich ständig Sorgen machen würden um dich."

"Dann hättest du uns nicht von dieser Vision erzählen dürfen.", erwiederter Cameron gereizt.

Feena seufzte tief. Ich dagegen musste Cameron da Recht geben.

"Dad!" Lilien ging jetzt zu ihm und nahm seine Hand in ihre. "Tust du es wenigstens für mich? Ich weiß, es gefällt dir nicht, aber ich möchte dich in Sicherheit wissen."

"Lil, ich weiß, dir fällt es schwer mich gehen zu lassen, aber ich bin alt. Für mich bedeutet der Tod was anderes als für dich. Das heißt jetzt  aber nicht, dass ich mich dort in

 

den Tod stürzen möchte, keine Sorge. Aber ich möchte hier dabei sein und wenn ich verletzt werde ist das eben so."

"Ich kann es dir nicht ausreden, oder?", fragte Lilien unendlich traurig.

"Nein, Liebes. Ich befürchte nicht.", stellte Cameron klar.

"Na gut, aber versprich mir, dass du gut auf dich aufpasst.", bat Lilien ihn.

"Versprochen!" Cameron umarmte seine Tochter fest. Die Verantwortung für mich war zu groß. Ich sollte diesen Angriff beenden und ich musste dafür sorgen, dass Cameron auf keinen Fall verletzt wurde. Das durfte nie passieren.

Kapitel 30 Der vierte Angreifer

Sie werden dich nicht mögen.

Du kannst nicht wegrennen, sie werden dich finden.

Bete für Antworten was du tun sollst.

Mache Entscheidungen wo du hingehen sollst.

Nehm die Kreuzung und geh mit dem Strohm.

 

Blazin Squad - Crossroads

 

Der Angriff fand ca. an der Mitte des Sees statt. Diese Stelle bewachten eine Fee und ein Stern. Wir mussten durch den Schutzwall, wenn wir die Angreifer erreichen wollten. Der Schutzwall war zwar in gewisser Weise durchsichtig, aber auch umgeben von blassblauen Licht. Die Angreifer sahen wir aber trotzdem nicht. Der Moment, in dem wir durch den Schutzwall kamen, war ziemlich unheimlich. Wir sahen sie nicht gleich sofort, aber dann merkte ich, dass Cameron sie wiedererkannt hatte. Noch hatten sie uns nicht bemerkt, aber das würde sicher nicht mehr lange dauern.

Am besten wäre es, wenn wir jetzt angriffen. Allerdings schien Cameron nun auch den vierten Angreifer erkannt zu haben, denn er fragte nicht gerade leise ungläubig:

 

"Tedren?"

Der Angesprochene drehte sich sofort zu uns um und grinste schief, was sehr böse wirkte. "Cameron! Sieh an, du bist also doch noch gekommen. Majenna hatte es schon fast aufgegeben."

"Aber was machst du hier?" Cam konnte nicht glauben was er da sah. "Du bist umgekommen als die Pest über uns kam."

"Ach ja? Gab es dafür einen Beweis?", höhnte Tedren. "Ich bin einfach nur untergetaucht und nach einiger Zeit hab ich mich Felicitas und Majenna angeschlossen."

"Aber wieso greifst du uns an?", wollte Came wissen. Er begriff es nicht. Ich auch nicht. Das war Tedren? Tiljans Bruder und Corentins Vater?

"Oh, wir wollten doch gar nicht EUCH angreifen, also nicht wirklich den See. Wir wollten nur dich angreifen, Cameron. Hätten wir dem See schaden wollen, hätten wir es längst getan."

"Und wieso mich?", fragte Camverwirrt. "Was habe ich dir getan? Wir waren mal Freunde."

Tedren lachte bitter. "Eben, wir waren mal Freunde trifft es richtig. Du hast mir meinen Sohn weg genommen. Ich war niemlas mit Lilien einverstanden. Auch nicht, als sie

 

plötzlich adelig wurde."

Lilien zuckte heftig zusammen und Corentin sah seinen Vater fassungslos an. "Aber Vater, Cam hat mich dir doch gar nicht weg genommen. Ich habe Lilien schon geliebt, bevor heraus kam, dass sie adelig wurde."

"Ach, sei still, Corentin. Sie hat dich geblendet. Natürlich hast du gedacht du liebst sie.", höhnte Tedren.

"Das war vor ca. 500 Jahren, Vater, und wie du siehst bin ich immer noch an ihrer Seite. Das war nicht nur irgendeine blöde Liebelei.", währte sich Corentin heftig.

Tedren erwiederte etwas, aber ich bekam es gar nicht mehr richtig mit. Ich fasste Leinar an der Hand und er verwandelte uns in das kleine Glühwürmchen, dass ich von ihm schon kannte. Niemand schien auf uns zu achten und plötzlich erschien noch in Leinars Hand ein kleines Schwert. Was er damit ausrichten wollte blieb mir ein Rätsel.

Majenna und Felicitas hatten bisher nur ziemlich unbeweglich dagestanden und schienen sich auf Tedren zu konzentrieren. Wir sollten etwas tun, bevor sich dieser Zustand änderte.

Wir flogen auf sie zu und ich flüsterte: "Feuer!", und ein Feuerball, der etwa so groß wie meine Hand war, erschien auf meiner Hand. Ich schleuderte den brennenden Ball auf

 

eine der Elfen. Ich wusste nicht, ob sie Majenna oder Felicitas war. Jedenfalls fing ihr Haar an zu brennen und sie schrie panisch auf. Leinar und ich flogen schnell außer Reichweite und Tedren drehte sich alarmiert zu den Frauen um. Als er das Feuer am Haar der Elfe entdeckte, schrie er entsetzt: "Nein!"

"Hilfe!", schrie die brennende Elfe wieder. "So helft mir doch." Aber Niemand kam ihr zu Hilfe. Bevor sie am lebendigen Leib verbrennen konnte, sprach Jemand einen Zauber aus und sie fiel einfach so leblos um. Die Angreifer konnten nicht so richtig begreifen, was da passiert war, und waren abgelenkt. Leinar verwandelte uns wieder in unsere normale Größe zurück, aber er hielt weiterhin meine Hand. Das war etwas umständlich, da er nun mit dem Schwert die andere Elfe fixierte.

"Los! Wir müssen sie vernichten.", rief Tedren seinen Leuten über das plötzliche Chaos hinweg.

Mir kam eine Idee und so schickte ich Leinar magische Wärme in sein Schwert. Das Schwert ging sofort in Flammen auf und wirkte magischer und gefährlicher denn je.

Unsere Gegner begriffen wohl, dass wir eine ernste Gefahr für sie darstellten und zogen sich zurück. Wir versuchten wieder an sie ran zu kommen, aber sie bauten einen

 

magischen Schutzwall um sich.

Feena rief durch die Menge: "Lasst sie, wir kommen jetzt nicht an sie ran!" Und in unseren Köpfen sagte sie: "Gönnen wir uns ein wenig Ruhe, aber es ist noch nicht vorbei."

Also zogen wir uns hinter den Schutzwall zurück und gelangten dann wieder in die Höhle.

 "Das war gut Mianna, ich bin sehr stolz auf dich.", lobte Feena mich. "Ich wusste doch, dass du das kannst. Nur leider wird es beim nächsten Angriff nicht mehr so leicht sein, denn sie werden vorbereitet sein. Andererseits sind sie jetzt nur noch zu dritt und das ging schneller als ich dachte."

"Ich hab Jemanden getötet.", stellte ich mit zitternder Stimme fest. "Ich bin doch nicht so. Ich bin Niemand, der einfach so tötet." Und dann auch noch auf so grausame Weise.

Leinar zog mich vor all den Anderen sanft in seine Arme. "Es war notwendig und das weißt du auch. Du darfst dir da nicht solche Gedanken drüber machen."

"Der Junge hat Recht.", sprach nun auch Feenas Stimme in meinem Kopf beruhigend auf mich ein. "Du hast alles richtig gemacht und wir leben noch, auch Cameron."

"Aber ich habe getötet und sie hat nicht mal was gemacht.", wiedersprach ich immer noch geschockt.

 

"Das stimmt nicht.", redete Leinar mir gut zu. "Sie war böse. Sie hätte versucht uns zu töten, hättest du sie nicht gestoppt."

Ich war trotzdem noch geschockt, doch wir hatten wichtigere Dinge zu bereden. Das sah ich ein. Also schwieg ich. Sie hatten ja Recht. Ich war wirklich kindisch, aber ich hatte vorher noch nie getötet.

"Ich denke wir sollten uns gleich eine Weile ausruhen. Cam, du wirst an den anderen Angriffen nicht mehr teilnehmen. Das ist viel zu gefährlich für dich und das ist auch keine Bitte, es ist ein Befehl.", ordnete Feena an.

"Ernsthaft, Feena?", fragte Cameron ungläubig. "Du willst dich ausruhen? Können wir uns das überhaupt leisten?" Cam war alles andere als begeistert von der Anordnung. Das hatte er vorher mehr als deutlich gemacht.

"Es ist vor allem nötig, damit wir fit für den nächsten Angriff sind, und der wird deutlich schwieriger als der Erste. Jetzt werden sie vorbereitet sein.", erklärte Feena geduldig. "Wir müssen einen Plan haben und äußerst konzentriert sein."

"Die eigentliche Frage ist, wieso sie ausgerechnet dich wollen, Dad! Ich meine bei Felicitas ist der Grund klar. Sie will garantiert Rache dafür, dass du sie hast fallen lassen.

 

Du weißt das selbst am besten. Bei Majenna kann ich es mir nur teilweise denken. Vermutlich will sie Rache für Ronars Niedergang. Nur dass Mathilda ihn beseitigt hat und nicht du. Also wieso will sie an dir Rache nehmen? Und dann ist da noch Miron. Hast du den Zwergen je etwas getan?", überlegte Lilien laut.

"Majenna und ich waren nie beste Freunde. Einen Hass auf Mathilda hatte sie schon immer und ich habe Mathilda schon immer unterstützt. Andererseits hat Tiljan das unter anderem auch. Vielleicht ist das aber der Auslöser. Vielleicht ist Felicitas nach ihrem Verschwinden auch einfach zu Majenna gegangen und hat mit ihr gemeinsame Sache gemacht. Ich weiß es nicht genau und ich wüsste auch nicht, was Miron gegen mich hat. Ich hab den Zwergen nie etwas getan und Mathilda war eine Freundin der Zwerge. Ich sehe den Zusammenhang einfach nicht." Cameron zuckte mit den Achseln, als wäre es ihm eigentlich auch ziemlich egal.

"Vielleicht ist auch einfach Felicitas die leitende Hand. Aber wieso unterstützt Miron sie dann?" Auch Lilien wusste die Lösung nicht.

"Tedren dagegen hat ja deutlich gemacht, dass er Cam verabscheut.", rief Fiann Nike uns in Erinnerung.

"Wir sollten eine Nacht darüber schlafen und morgen

 

dann mit der Planung anfangen. Vielleicht fällt dir ja noch etwas ein.", schlug Feena vor.

"Ich möchte trotzdem nicht, dass ihr für mich sterben müsst.", fand Cameron stur.

"Wir sollten morgen darüber reden.", bestimmte Feena und wie aus dem Nichts verwandelten sich die Stühle, auf denen wir saßen, in Betten und unsere Kleider in Schlafanzüge, sodass wir alle sofort schlafen konnten, nachdem wir uns eine Gute Nacht gewünscht hatten. Da ich neben Leinar und Linnie gesessen hatte schlief ich jetzt auch neben den beiden. Obwohl Leinar genau neben mir lag fühlte es sich anders an als in unserer Suite. Er wirkte plötzlich so weit weg und ich konnte mich nicht an ihn kuscheln.

Kapitel 31 Mias Traum

Ein wunderbarer Traum von Freude und Spaß für alle

Zur Feier eines Lebens, in der alle frei sind

 

Melanie Thorton - Wonderful Dream

 

In der Nacht hatte ich so eine Art Vision, ähnlich wie Leinar damals vom Lebenssee schätzte ich. Nur kam in meiner Vision Tiljan vor. Er stand direkt vor mir und fragte mich: "Und wie lief es bisher?"

"Ganz gut schätze ich. Eine Angreiferin ist tot, aber der nächste Angriff wird viel schwieriger. Sie wollen auch nicht den Lebenssee zerstören, sondern Cameron töten."

Tiljan wirkte nicht sehr überrascht. "Das hab ich mir ja schon gedacht."

"Und du hast nichts gesagt?", warf ich ihm vor.

"Ich hab dir eh schon viel zu viel verraten.", verteidigte sich Tiljan. "Und immerhin erzählte ich euch, dass er verletzt werden könnte, oder?"

"Ja schon, aber das ist nicht das Gleiche. Wir müssen Cam beschützen, ich habe nur keine Ahnung wie."

"Willst du meinen Rat hören?", erkundigte sich Tiljan. "Er

 

sollte von den Kämpfen ferngehalten werden."

"Was du nicht sagst." Ich rollte mit den Augen. "Ist das hier wieder so ne Version wie bei Leinar?"

"So was in der Art.", nickte Tiljan. "Zumindest ähnlich."

"Fühlt sich irgendwie nicht an wie eine Vision. Eher wie ein Traum.", bemerkte ich.

"Ja, das ist ganz normal."; versicherte er mir.

"Tiljan, darf ich dich was fragen?", wagte ich mich an ein Thema, was mich schon lange sehr interessierte.

"Ja klar, nur zu.", forderte er mich auf.

"Was ist aus deiner Frau und deinen Kindern geworden?"

Tiljans Gesicht verdüsterte sich. "Laja ist bei ihren Eltern geblieben. Thies und Taejlen leben auch noch. Thies ist mit der Zwergin Corla verheiratet und Taejlen mit Pekka, einem Elf. Die Tochter von Thies und Corla heißt Djonna und ist etwas älter als du."

 "Und dein Bruder Tedren?", fragte ich weiter.

"Wie gesagt, er ist bei der Pest gestorben.", erzählte Tiljan mir etwas verwundert.

"Bist du sicher, dass er verstorben ist? Hast du seine Leiche gesehen?", hakte ich nach.

"Nein, ich war zu der Zeit wo die Pest war nicht bei den Elfen. Ich besuchte mit Cam die Sterne. Cam wollte noch ein

 

letztes Mal seine Tochter sehen bevor die Sterne verschwanden. Mein Bruder war schon lange verbrannt, als wir kamen."

"Lilien und die Sterne verschwanden im Jahr der Pest?" Das hatte ich widerum nicht gewusst.

"Ja! Wieso fragst du mich all das?"

"Weil dein Bruder nicht tot ist. Er ist der vierte Angreifer. Die Anderen sind Majenna, Felicitas und Miron.", berichtete ich ihm.

"Was? Mein Bruder lebt?" Tiljan konnte es nicht glauben. "Aber wieso will er Cam töten?"

"Einmal wegen Corentin und Lilien oder eigentlich nur wegen Lilien. Er hat ihre Beziehung nie akzeptiert. Aber jetzt ist mir auch klar, was Miron da zu suchen hat."

"Miron, Miron... Der Name sagt mir irgendwas.", überlegte Tiljan.

"Miron ist der Bruder deiner Schwiegertochter Corla.", erinnerte ich ihn. "Er ist der heutige Zwergenkönig. Ich denke Tedren hat ihn da angeheuert mitzumachen."

"Das könnte sogar sein.", stimmte Tiljan mir zu. "Tedren und Thies standen sich schon immer sehr nahe. Sie haben viel Zeit zusammen verbracht."

"Hälst du es für möglich, dass dein Sohn und seine Frau

 

Tedren unterstüzten?", wollte ich nun wissen.

"Ja schon. Früher hätte ich Thies so etwas nie zugetraut. Aber wir haben uns voneinander entfernt, sobald er Corla heiratete. Ich kenne Corla eigentlich nicht wirklich." Er klang traurig deswegen.

"Das ist sehr schade." Tiljan schien seinen Sohn trotzdem zu lieben.

"Wenn Miron nur wegen Tedren da ist können wir vielleicht versuchen mit ihm zu reden. Vielleicht haben wir Glück und er schließt sich uns an."

"Vielleicht." Tiljan klang nicht sehr überzeugt. "Wie willst du ihm denn eine Nachricht hinterlassen?"

"Es könnte eine Möglichkeit geben.", überlegte ich. "Mit Leinars Hilfe wäre es machbar. Auch wenn ich Leinar nur ungern einer solchen Gefahr aussetze."

"Hm, du kennst Leinar besser als ich. Wenn du denkst, es wäre möglich, dann denke ich ist es das auch."

"Es gibt vermutlich keine andere Möglichkeit. Leinar ist der Einzige, der es unbemerkt schaffen könnte. Außer Feena vielleicht, aber sie zu fragen wäre sehr selbstsüchtig von mir. Außerdem müsste Leinar sie sowieso begleiten.

"Was meinst du damit? Wieso Feena?", wunderte sich Tiljan.

 

"Sie kann die Fähigkeiten aller Anwesenden nutzen, aber dafür müssen die Personen deren Fähigkeiten sie nutzen möchte halt anwesend sein."

"Oh!"

"Ich werde mit Leinar darüber reden. Wenn er sich bereit erklärt, es zu machen, könnten wir es versuchen.", beschloss ich schweren Herzens.

"Ich werde versuchen dich in ein paar Tagen noch mal zu kontaktieren, falls ihr dann noch nicht zurück seid.", versprach Tiljan mir.

"Gut, ich hoffe ja, dass es nicht mehr so lange dauern wird. Wie läuft es so bei euch auf der Erde?"

"Hier ist alles in Ordnung. Carlina macht mich wahnsinnig, aber sonst kann ich nicht klagen."

"Das hört sich doch ganz gut an.", fand ich.

"Ok, du solltest jetzt noch etwas schlafen. Ich hoffe du kannst dich erholen. Bereite dich aber auf jeden Fall auf deine Aufgabe vor, falls das mit Miron nicht klappt."

"Mach ich.", versprach ich ihm. "Schlaf gut."

Und dann träumte ich die restliche Nachts nicht mehr, sondern schilef nur tief und fest.

Kapitel 32 Der König der Zwerge

Die Zwerge von einst hatten mächtige Magie,

Während der Hammer wie Glockengeläut fiel

In Orten tief, wo dunkle Dinge schlafen ein,

In hohlen Hallen unter dem Gestein.

 

Misty Mountains - Soundtrack aus "Der Hobbit"

 

 Am nächsten Morgen wachte ich erholt auf. Es fühlte sich nicht an, als wäre ich die ganze Nacht aufgewesen und das war ich ja auch nicht. Ich überlegte wem ich außer Leinar und meinen Eltern von meinem Traum erzählen wollte. Feena und meine Eltern sollten es auch wissen, aber Fiann Nike und ihre Söhne und Lilien und Corentin nicht unbedingt.  Also ging ich mit den Ausgewählten in eine ruhige Ecke, wo wir ungestört reden konnten. Dann erzählte ich ihnen von meinem Traum.

Feena sah mich danach nachdenklich an. "Ich bin nicht sicher, ob das funktionieren wird. Miron mag nur wegen Tedren da sein, aber er steht wohl kaum auf unserer Seite."

"Ich glaube schon.", wiedersprach ich ihr. "Tiljan mag keinen Kontakt mehr zu seinem Sohn gehabt haben, aber er ist

 

immer noch Corlas Schwiegervater. Wenn er Cam angreift, greift er auch Tiljan an und ich bin nicht sicher ob das seine Absicht ist."

"Ich bin Thies einmal begegnet.", mischte sich nun Linnie überraschend in unser Gespräch ein. "Es ist lange her, aber eigentlich schien er ganz nett zu sein. Ich verstehe gar nicht, wieso er sich von Tiljan abgewandt hat."

"Dann muss es mit der Ehe an Corla zu tun haben. Vielleicht gefiel das Tiljan nicht oder er hat sich nicht so gut mit ihr verstanden oder beides.", überlegte Lunar nun.

"Ich finde wir müssen es wenigstens versuchen. Wenn wir Miron auf unserer Seite hätten, hätten Tedren und Felicitas kaum noch eine Chance.", argumentierte ich.

"Und wie wollen wir ihm eine Nachricht bringen?", fragte ausgerechnet Leinar mich.

"Durch dich.", antwortete ich ihm.

"Durch mich? Wie?"

"Na, du hast gewisse Fähigkeiten, die sehr praktisch dafür sind."

So langsam verstand er worauf ich hinaus wollte. "Ach so, na gut."

Ich schrieb den Zettel mit der Nachricht für Miron und reichte ihn Leinar. Wir wollten nicht lange warten.

 

Miron meldete sich tatsächlich bei uns und schlug vor, mich außerhalb der Grenze zu treffen. Ich willigte ein, aber Leinar würde mich in Form des Glühwürmchens, in dem er auch die Nachricht überbracht hatte, bei mir bleiben. Er würde zwar in einiger Entfernung bleiben, damit es nicht so auffiel, aber er konnte uns beobachten. Selbst als Glühwürmchen würde Leinar auffallen, denn um den See gab es keinerlei Tiere. Nicht mal fliegende Kleintiere, wie Fliegen oder so was, geschweige denn Glühwürmchen. Den anderen hatte es gar nicht gefallen mich dort allein hingehen zu lassen. Auch Leinar gefiel das nicht, aber er konnte wenigstens bei mir bleiben. Nur dank Feena konnte ich überhaupt gehen. Sie hat den Anderen versichert, dass ich Miron mit meiner Magie zumindest ebenbürdig war, wobei ich mir da überhaupt nicht so sicher war.

Ich war froh, dass Leinar mich als Glühwürmchen begleiten konnte und das Miron davon nichts wusste.

Miron und ich gingen gleichzeitig aufeinander zu. Als er mir gegenüber stand, wirkte er ziemlich groß für einen Zwerg. Er ging mir immerhin bis zur Hüfte.  Ich hatte ihn mir irgendwie kleiner vorgestellt. Auch sonst sah er nicht so aus wie die typischen Filmzwerg. (Der mir am bekanntesten war da Gimli aus Der Herr der Ringe). Er war muskulös und

 

größer, hatte rotes modisch kurzes Haar und erinnerte mich in seiner ganzen Erscheinung irgendwie an Ron Weasley aus Harry Potter. Nur dass Miron nicht so schlacksig war und älter und bestimmt auch kleiner als Ron. Immerhin war Ron ein Zauberer und kein Zwerg. Als ich mit meiner Musterung fertig war, sah ich ihm in seine leuchtend grüne Augen und sagte zuerst mal: "Danke, dass du gekommen bist."

"Sag mir lieber, was du willst, statt falsche Höflichkeiten auszutauschen.", brummte er. Seine Stimme wirkte so verführerisch und tief, dass ich leicht zusammen zuckte, als ich sie zum ersten mal hörte. Ich hatte allein wegen seiner Erscheinung Respekt vor ihm.

"Wieso kämpfst du gegen Cam? Nur wegen Tedren? Das ist es nicht wert. Tedren kämpft aus den falschen Gründen. Cam hat ihm nie etwas getan." Ich kam lieber gleich zur Sache. Miron schien kein Zwerg zu sein, der viel Geduld hatte.

"Darum geht es also?" Miron seufzte. "Willst du mich auf eure Seite ziehen?" Ich war geschockt, dass er mich so schnell durchschaut hatte.

"Ich möchte vor allem wissen wieso du dich auf Tedrens Seite stellst."

 "Es geht dich zwar nichts an, aber egal. Dann spiel ich dein Spiel eben mit. Es ist nicht nur wegen Tedren. Cam und

 

mein Vater sind verfeindet.", erklärte er mir.

Ungläubig startte ich ihn an. "Da hab ich aber was anderes gehört. Dein Vater und Cam haben auf ein und der selben Seite gekämpft. Gegen Ronar und Majenna. Hat dir dein Vater das nicht erzählt?"

"Als ich klein war redete mein Vater mit mir nicht viel über solche Dinge.", erklärte Miron mir. "Aber es geht auch nicht um diesen Krieg. Hat dir noch keiner erzählt, dass kurz vor der Pest die Sterne und die Zwerge gegeneinander gekämpft haben? Und was meinst du wohl, auf welcher Seite Cam gekämpft hat?"

"Das ist mir wirklich neu. Davon hab ich noch nie etwas gehört." Ich war ziemlich verwirrt.

"Kann ich mir denken. Cam hat die ganze Sache ziemlich geheim gehalten. Soweit das ging. Aber die Sterne verschwanden dann ja auch und die Zwerge zogen sich zurück. Und sonst ist kaum noch Jemand da, der das erlebt hat."

"Aber du bist noch da.", stellte ich das Offensichtliche noch mal klar.

"Ja.", stimmte er mir zu. "Und meine Schwester auch. Man hat uns bei Mathilda und Steffen abgeladen."

"Oh!" Das war mir ebenso neu. "Aber du bist doch der Zwergenkönig. Hat dann das Zwergenreich momentan

 

keinen König?"

"Na ja, momentan ist ein Stellvertreter da. Aber ja, das ist schon ziemlich bitter gewesen. Die Zwerge hatten jedenfalls in diesem Kampf schlechte Karten, weil Cam sich auf die Seite der Sterne gestellt hat und somit auch fast alle Elfen, außer Steffen und Mathilda."

"Aber Cam hat erzählt, dass er Mathilda immer unterstützt hat.", fiel mir dann ein.

"Hat er auch sonst, aber in dieser einen Angelegenheit eben nicht. Cam und Mathilda haben sich deswegen ja auch nicht verkracht, aber mein Vater hat danach nie wieder mit ihm geredet."

"Aber Cam ist deswegen kein schlechter Elf. Er hat eben auf der Seite seiner langjährigen Freunde gekämpft. Das hättest du doch auch getan, oder? Das ist noch lange kein Grund ihn zu töten."

"Mag sein.", gab er mir Recht. "Aber da ist ja auch noch Tedren."

"Miron, Tedren kämpt aus den falschen Gründen. Corentin und Lilien lieben sich. Cam ist nicht Schuld daran, dass sie sich ineinander verliebten. Höchstens, dass es möglich war, dass sie zusammen sein konnten."

"Mir hat er erzählt er hasse Cam, weil der seine

 

Schwägerin Laja getötet hätte.", wandte Miron nun ein.

"Was? Aber Tiljan hat mir erzählt, dass Laja lebt. Tiljan meinte, dass er und Cam zu der Zeit gar nicht da waren." Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte.

"Wie kannst du so sicher dabei sein, was er tut und was nicht?", wolte Miron berechtigter Weise wissen.

Ich schwieg und kaute auf meiner Unterlippe. Miron hatte ja Recht.

"Hör zu, ich hege keinen Groll gegen dich oder die Anderen. Nicht mal wirklich wegen Cam. Eigentlich bin ich nur hier, weil mein Schwager Thies mich darum gebeten hat Tedren zu unterstützen. Ich weiß auch nicht mehr, ob das alles stimmt, was Tedren mir da auftischen wollte. Aber eigentlich hab ich ihm nie wirklich getraut. Mein Schwager Thies dagegen vergöttert seinen Onkel und meine Schwester Corla liebt Thies über alles. Nur deswegen bin ich hier. Und vielleicht auch, weil ich Cam einen kleinen Dämpfer versetzten wollte. Aber jetzt seh ich keinen Grund mehr dazu völlig unnötig mein Volk zu gefährden. Ich mache dir also folgendes Angebot: Ich ziehe mich zurück und kämpfe gegen keinen von euch und für keinen von euch."

"Das ist sehr großzügig von dir, Miron.", bedankte ich mich. "Ich kann gar nicht genug danken."

 

"Brauchst du nicht. Ich mag dich irgendwie. Dich und deinen flatternden Freund da hinten."

"Oh!" Ich drehte mich zu Leinar um, sah ihn aber nicht und fragte mich, wie Miron das heraus bekommen hatte. "Tut mir Leid, ich hab mich nicht an unsere Abmachung gehalten."

"Ach was.", winkte Miron ab. "Du wärst leichtsinnig gewesen allein zu kommen."

"Danke für dein Verständnis." Ich war sehr erleichtert.

"Gern." Er lächelte und wirkte richtig sympatisch auf mich. "Dann zieh ich mal Leine."

"Warte! Eigentlich hab ich noch ein paar Fragen an dich.", hielt ich ihn auf.

"Nicht hier und nicht jetzt. Wenn Tedren meine Abwesenheit bemerkt, sollten du und dein flattender Freund ausser Reichweite sein. Wenn du das hier überlebst, komm mich doch besuchen. Dann werde ich dir jede Frage beantworten, die du hast.", bot er mir großzügig an.

"Gerne. Ich weiß nur nicht, wie ich dich finden kann.", gab ich zu Bedenken.

"Keine Sorge. Ich werde dich finden und dir eine Nachricht schicken.", versprach er mir.

"Vielen Dank, Miron." Oh Gott, wie oft hatte ich jetzt

 

schon danke gesagt?

"Klar doch, aber jetzt sollte ich lieber verschwinden und ihr auch.", verabschiedete er sich nun. "Einen Tipp noch: Unterschätzt Tedren nicht. Felicitas ist keine große Gefahr für euch, aber Tedren ist viel mächtiger als ihr glaubt. Also viel Glück!" Er winkte zum Abschied.

"Danke, dir auch." Ich winkte zurück.

Und dann verschwand Miron einfach so ins Nichts und Leinar und ich brachten uns schnell in Sicherhiet. Ich glaube ich hatte gerade einen neuen Freund gefunden. Ich mochte Miron, sehr sogar.

Kapitel 33 Brüder

Ganz egal was du tust

Und ganz egal, was du anfängst.

Lass sie einfach labern

Lass sie denken, was sie wolln.

Denn es zählt nur, dass Du weißt

worauf es Dir ankommt

Und was dein Gewissen erträgt.

 

Pur - Ganz egal

 

 Dummerweise kam der nächste Angriff auf den Lebenssee mitten in der Nacht.

Am Abend hatte ich den Eingeweihten von meinem Gespräch mit Miron erzählt. Selbst Cam hab ich es später erzählt, als ich ihn allein antraf, und ihn gefragt, ob es stimmt was Miron mir erzählt hat. Er gestand, dass es ihm im Herzen weh getan hat gegen Alrick kämpfen zu müssen. Schließlich war auch er ein Freund von ihm. Er hätte sogar noch versucht es ihm auszureden. Ich hätte Cam gern mehr über den Kampf zwischen den Sternen und Zwergen von damals ausgefragt, aber ich wusste, dass jetzt nicht der

 

richtige Zeitpunkt dafür war.

Leinar hatte sich übrigens darüber beschwert, dass Miron ihn meinen flatternden Freund gennant hatte. Ich fand die Bezeichnung eigentlich ganz passend, aber das sagte ich ihm natürlich nicht.

Jedenfalls wurden wir in dieser Nacht von einem Angriff geweckt. Zuerst wusste ich nicht, was los war, aber dann hörten wir die Schreie der Wächter des Sees. Erst waren wir total erstarrt und dann wurden wir panisch. Wir liefen alle aus der Höhle und zum See. Dort sahen wir das Chaos. Einige Wächter lagen tot am Boden und einige Stellen des Sees waren leer. Dort waren keine Kerzen mehr zu sehen. Irgendwie mussten Tedren und Felicitas den Schutzwall durchbrochen haben. Ich konnte mir nicht vorstellen wie, aber Miron hatte mich vor Tedrens Macht gewarnt.

"Mia! Leinar! Zu mir. Linnie! Lunar! Sucht Felicitas und schaltet sie aus. Corentin, Lilien! Bitte seit so nett und räumt die Leichen in die Höhle. Fia, kannst du mit deinen Söhnen nach den Kerzen auf dem See gucken?", erteilte Feena ihre Befehle. Dann fiel ihr Blick auf Cameron und ihr Gesicht verdüsterte sich. "Was machst du hier, Cam? Du solltest sofort zurück in die Höhle gehen."

"Auf keinen Fall." Cameron blieb stur. "Was soll ich da

 

machen? Totenwache halten?"

"Du könntest versuchen Tiljan zu kontaktieren. Er muss unbedingt herkommen. Vielleicht kann er seinen Bruder ja noch zur Vernunft bringen, auch wenn ich nicht wirklich dran glaube. Ich habe im Schloss Sternenglanz versteckt mit dem er herkommen kann." Den Rest konnte ich nicht hören. Ich denke sie erzählte ihm in Gedanken, wo der Sternenglanz versteckt war. Lunar und Linnie waren gerade erst aufgebrochen und deswgen konnte sie es noch. "Bitte, Cam! Das ist wichtig."

"Also gut.", gab er schileßlich nach und verschwand genervt Richtung Höhle.

"Na endlich! Leinar, verwandle bitte dich und Mia in Glühwürmchen und folgt mir." Leinar fasste mich an der Hand und tat es.

Feena ging voran und wir flatterten leuchtend hinterher. Als Glühwürmchen verwandelt zu sein fühlte sich anders an als sonst. Die Welt war viel größer und ich fühlte jede von Leinars Bewegungen viel stärker. Ich sah auch schärfer, obwohl ich auch als Fee schon ziemlich gut sah. Die Gerüche wirkten ebenfalls intensiver. Ich fühlte Leinar mit jeder Faser meines Körpers und ich fühlte, wie stark meine Magie war und wie stark seine. Ein Glühwürmchen zu sein fühlte sich

 

seltsam an. Ob Leinar sich wohl auch so fühlte oder war er es einfach schon zu gewohnt sich in ein Glühwürmchen zu verwandeln?

Wir folgten Feena den See entlang und bemerkten nichts ungewöhnliches. Waren die Angreifer etwa schon weg? Doch nach einer ganzen Weile erschien Tedren einfach so vor uns.

"Tedren. Wie schön dich zu sehen. Es ist lange her.", begrüßte Feena ihn viel zu höflich.

"Feena. Was für eine Überraschung und dann auch noch allein.", grinste Tedren fies. Er schien mich und Leinar nicht zu bemerken.

"Ich habe keine Angst vor dir.", stellte Feena klar. "Ich bin mächtig und das weißt du auch."

"Ja ich weiß, dass du mächtig bist, aber ich bin mächtiger. Du kannst dich doch bestimmt noch an unser leztes Treffen erinnern, oder? Kurz vor der Pest war das und kurz vor dem geheimen Krieg zwischen den Sternen und den Zwergen. Du hast ein paar Fähigkeiten von dir auf mich übertragen und im Laufe der Jahre hab ich noch einige hinzugewonnen. Ein Vorteil ist auch, dass ich alle Fähigkeiten derer benutzen kann, die ich einmal lebend brührt hab.", prahlte er.

Wovon redete er da? Was war zwischen Feena und ihm

 

passiert? Wenn er wirklich diese Fähigkeit mit dem Berühren besaß, durfte er mich und besser auch Leinar niemals anfassen.

"Wenn du meinst." Feena klang bitter. "Aber das was du jetzt machst ist dumm, Tedren. Hör auf damit. Oder hat dir das zwischen uns nie was bedeutet?"

Ich kam nicht mehr wirklich mit. Was war zwischen den beiden gewesen?

"Doch Fee, es hat mir was bedeutet, aber manche Dinge sind wichtiger als das."

"Wichtiger als Liebe?", fragte Feena fast verzweifelt.

Liebe? Was war hier los? Das wurde ja immer verwirrender. Leinar wurde unruhig. Mit unserer Glühwürmchenverbindung spürrte ich das mehr als deutlich.

"Wichtiger als unsere Verbindung. Ich hab nur eine Frau je geliebt und das war Djana.", korrigierte Tedren sie kalt.

"Aber was ist mit Leinar? Er ist unser Sohn!" Feena schien völlig vergessen zu haben, dass wir noch da waren.

Wieso sollte Leiner der Sohn der beiden sein? Er war doch Mion und Keenas Sohn. Außerdem ist er erst nach der Pest geboren. Leinar zuckte heftig zusammen, als er diese Behauptung hörte und  ich drückte seine Hand fester um ihn daran zu erinnern, dass ich bei ihm war, dass er nicht allein

 

war.

"Leinar ist nicht mein Sohn, er ist deiner.", wiedersprach Tedren mir. "Er war nie wirklich mein Sohn."

Feena seufzte. "Das ist traurig. Ich hatte geglaubt, es hätte dir etwas bedeutet."

"Genug geredet. Endlich ist der Tag der Abrechnung gekommen. Wo ist Cam?" Tedren sah genervt aus.

"Glaubst du wirklich wir bringen ihn hierher?", fragte Feena ihn verächtlich.

"Statt ihm bin ich hier.", erklang eine mir mittlerweile sehr vertraute Stimme. "Es ist lange her, Bruder!" Tiljan stand nun neben Feena.

"Tiljan! Du hast dich überhaupt nicht verändert." Tedren zeigte wieder sein fieses Grinsen. "Willst du wirklich gegen mich kämpfen?"

"Wenn es sein muss. Sauer genug bin ich jedenfalls. Du verbreitest Lügen. Meine Frau ist also tot, ja? Das müsste ich ja wohl wissen, meinst du nicht? Wie kommst du dazu? Wie konntest du überhaupt überleben?"

"Es gibt einige Überlebende der Pest, nicht nur mich.", erinnerte Tedren seinen Bruder.

"Stimmt.", gab Tiljan zu. "Aber du bist der einzige tot Geglaubte. Du bist einfach untergetaucht, statt dich bei deiner

 

Familie zu melden" Nun sah Tiljan Tedren böse und anklagend an. "Wo warst du?"

"Erst bei den Zwergen. Sie haben mich mit Freuden aufgenommen und gesund gepflegt. Ich war wirklich dem Tode nah, aber ich konnte aus dem Elfenland fliehen. Später kam ich unbemerkt zurück und schloss mich Majenna und Felicitas an."

"Und hast alle im Stich gelassen.", warf Tiljan ihm vor. "Du warst ihr König."

"Und genau deswegen musste ich fliehen. Um eines Tages wieder zu euch als euer König kommen zu können.", sagte Tedren in einem Tonfall, als würde er das einem kleinen Schuljungen erklären.

"Du bist kein König mehr. Die Welt hat sich seit damlas mehr als verändert. Wir haben ein neues Königspaar.", klärte Tiljan seinen Bruder auf.

"Dann werde ich dieses neue Königspaar wohl töten müssen.", erklärte Tedren, als sei das nur eine lästige Angelegenheit. Nun war es an mir zusammen zu zucken. Tedren musste unbedingt beseitigt werden.

"Wohl kaum.", höhnte Tiljan.

"Wie wäre es, wenn ich dir ein Angebot mache, Till? Ein Duell auf Leben und Tod. So wie damals bei Majenna und

 

Ronar. Dann bist du mich für immer los.", schlug Tedren vor.

"Und was ist, wenn ich verliere?", erkundigte sich Tiljan. Er ließ sich nichts anmerken, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass es ihm behagte seinen Bruder töten zu  müssen.

"Dann gehört das Königreich mir und alle sind meine Untertanen." Oh nein. Tiljan würde sich nicht auf das Angebot einlassen, oder?

"Wann bist du so böse geworden, dass du bereit bist deinen eigenen Bruder zu töten?", fragte Tiljan ihn bitter.

"Dank deinem Freund Cam dafür. Wäre er nicht gewesen, hätte Corentin den Weg gewählt, den ich mir für ihn gewünscht habe mit einer vernünftigen adeligen Elfe."

"Das ist Irsinn, Tedren. Corentin hätte niemals eine andere geliebt als Lilien. Und sie ist zwar nur zur Hälfte eine Elfe, aber adelig, anständig und auch zur Hälfte ein Stern. Cam war mal dein Freund, Tedren. Ich versteh dich einfach nicht mehr."

Tiljan schien sich zu wünschen, Tedren würde wie durch ein Wunder seine Meinung ändern.

"Eben! Sie ist ein Stern. Unsere Völker hätten sich niemals verbinden dürfen. Auch daran ist dein Freund Cam

 

gewissermaßen Schuld. Selbst die Zwerge haben das irgendwann begriffen. Was meinst du wieso sie sonst gegen die Sterne gekämpft hätten?"

"Du hast sie dazu getrieben?", riet Tiljan. "Mittlerweile wundert mich wirklich gar nichts mehr."

"Also bist du nun bereit zu dem Duell, oder nicht? Denn wenn nicht werde ich vielleicht alle anderen angreifen müssen. Ansonsten könnte ich die Meisten verschonen."

"Aber Cam wirst du nicht verschonen.", vermutete Tiljan.

"Nein und das Königspaar auch nicht.", bestätigte Tedren.

Tiljan sah entschuldigend zu mir und Leinar. Dann beschloss er: "Mir gefällt das nicht, aber mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben. Also kämpfen wir."

Oh nein. Das durfte nicht wahr sein. Wenn Tedren nicht in dem Duell starb, würde ich ihn töten müssen oder am besten schon während des Duells. Doch ich betete, dass Tiljan überlebte.

Kapitel 34 Tedren und Tiljan

Lass uns aufstehn ,

Macht euch auf den Weg,

An alle Krieger des Lichts,

An alle Krieger des Lichts.

Wo seid ihr?

Ihr seid gebraucht hier.

 

Silbermond - Krieger des Lichts

 

Tedren und Tiljan benutzten beide ihre Magie zum Kämpfen und ließen wie Leinar damals Schwerter in ihre Hände erscheinen. Sie attakierten sich damit und ich konnte dem Kampf kaum folgen, so schnell war er. Ein paar mal traf Tiljan Tedren und ein paar mal Tedren Tiljan. Eigentlich waren sie sich ziemlich ebenbürtig. Doch dann ließ Tedren Tiljans Schwert einfrieren und Tiljan musste es schnell loslassen, bevor auch seine Hand einfror. Nun wurde Tiljan wütend und auch ziemlich gefährlich. Er hätte natürlich wieder ein neues Schwert in seine Hand zaubern können, aber Tedren hätte es wieder einfrieren können. Ich hätte meine Feuermagie verwenden können um die Einfrierung

 

zu lösen, aber die wollte ich mir aufheben, bis es wirklich nötig wurde. Tiljan kämpfte sich also ohne Schwert durch und traf Tedren ein paar mal, als er nicht aufmerksam genug war, um rechtzeitig zurück weichen zu können.

"Was ist los, kleiner Bruder? Bist du ohne Schwert hilflos, oder was?", höhnte Tedren.

"Nicht ganz.", erwiederte Tiljan gelassen. Tiljan sprach einige Zauberformeln und dann fing es an in Ströhmen zu regnen und der Himmel wurde fast schwarz. Tiljan war also derjenige gewesen, der das den Himmel hinterm magischen Schloss verzaubert hatte. Leider war es nicht so angenehm bei dem Wetter als Glühwürmchen rumzuschwirren. Besonders, wenn man es wie ich nicht gewohnt war. Wie lange würden wir das durchhalten? Ich wollte noch unbekannt bleiben und mich nicht zurück verwandeln müssen.

"Das ist alles was, du zu bieten hast? Ich bitte dich! Das kann ja sogar ich besser." Und da er mit aller Wahrscheinlichkeit seinen Bruder früher mal berührt hatte, konnte er Tiljans Fähigkeit gegen ihn verwenden. Er verwandelte den Sturm und Regen in Schnee und es wurde bitterlich kalt.

Doch dann änderte Tiljan das Wetter erneut in Sonne, Wärme und blauen Himmel und wir konnten Glühwürmchen bleiben.

 

"Wie hast du das gemacht?", wollte Tiljan wütend wissen.

Tedren erzählte ihm, was er uns schon erzählt hatte. Dass er die Fähigkeiten derer übernehmen konnte, die er einmal berührt hatte.

Also ließ Tiljan wieder sein Schwert in seiner Hand erscheinen und ich ließ so viel Wärme wie möglich in sein Schwert fließen, ohne dass es zu brennen anfing.

Tedren hatte auch gleich wieder versucht Tijans Schwert einzufrieren und wunderte sich nun, wieso es nicht funktionierte. "Wie hast du das gemacht?"

"Ich hab gar nichts gemacht.", erwiederte Tiljan und griff Tedren erneut mit seinem Schwert an. Tedren reagierte zunächst nicht, weil er noch zu sehr damit beschäftigt war, dass das Einfrieren nicht funktioniert hatte. Tiljan schaffte es ihm eine kleine Schramme am Arm zuzufügen und eine etwas größere am Bein, bevor Tedren seinen magischen Schutzschild um sich legte. Nun musste Tiljan zurück weichen.

"Du wirst mich nie besiegen.", drohte Tedren seinem Bruder wütend und stach ein paar Mal auf Tiljan ein. Tiiljan bekam ein paar Schrammen am Bein und taumelte.

Doch er erholte sich schnell wieder und rief: "Das werden wir ja sehen!" und griff Tedren verbittert weiter an. Eine

 

ganze Weile kämpften sie, ohne dass Jemand dem Anderen überlegen war. Tedren und Tiljan bewegten sich dabei beide geschmeidig und sehr beweglich. Doch dann stolperte Tiljan und Tedren verletzte ihn übel am Bein. Tiljan fiel auf die Wiese und Tedren kam mit seinem Schwert gefährlich nahe an Tiljans Hals. Bevor ich richtig überlegen konnte, erschuf ich um die beiden eine Feuerwand und schützte Tiljan vor der Hitze.

"Was soll das Till? Ich dachte, wir kämpfen Mann gegen Mann.", beschwerte sich Tedren. "Feuermagie hab ich hier schon mal erlebt und da warst du noch nicht hier."

Tiljans Wunde am Bein blutete heftig. Der Stoff seiner Hose war schon blutdurchtränkt.

"Tja, das hab ich auch gedacht. Aber meine junge Helferin will wohl nicht, dass ich sterbe, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Du hast verloren, Bruder."

"Nicht unbedingt. Wie ich bereits sagte bin ich stark." Tedren bekämpfte das Feuer mit seinem Eis. Doch statt Tiljan wieder anzugreifen verkündete er: "Wir sehen uns wieder." Bevor er ging, ließ er Feena, die reglos hinter ihm stand, seitdem Tedren ihm erklärt hatte, was er wirklich dachte, zu einer Eisstatue werden und sie zerbrach sofort in viele kleine Stücke. Dann verschwand er ins Nichts wie zuvor

 

Miron. Offenbar hatte er Mirons Fähigkeiten benutzt, den er irgendwann mal berührt haben musste.

Leinar verwandelte uns enldich wieder in uns selbst zurück und ich war froh darüber. Für gewisse Zeit war die Verwandlung toll, aber ich war sie nicht gewohnt.

"Oh nein!", rief ich entsetzt. "Feena hat mir erzählt, dass die Welt ohne sie den Bach runter geht. Na ja, jedenfalls hat sie so was ähnliches gesagt."

"Keine Sorge, Mia.", beruhigte Tiljan mich. "Feenas Körper ist zu Eis geworden, das stimmt. Aber Feena war sehr mächtig. Ihr Geist ist noch irgendwo da draußen. Ich spüre sie sogar noch schwach. Sie wird irgendwann zurück kommen, wenn auch in einem anderen Körper. Die Welt ist nicht völlig verloren. Dafür hat Feena vorgesorgt." Das hörte sich schon besser an.

"Feena hat was davon erzählt, dass sie meine Mutter ist und Tedren mein Vater.", bemerkte Leinar nun. "Stimmt das?"

"Gewisser Weise schon.", bestätigte Tiljan. "Manche von uns werden in andere Körper wieder geboren. Du bist so ein Jemand, Leinar. In einem anderen Leben warst du ihr Sohn. Feena hat vermutlich die ganze Zeit über gespürt, wer du bist. Aber in diesem Leben bist du der Sohn von Keena und Mion. Feena und Tedren sind beide sehr alt und du bist

 

als Kind gestorben und schnell wieder geboren worden."

Das musste Leinar erst mal verdauen. Er hatte also schon einmal gelebt. Das war schwer sich vorzustellen.

Nun wandte Tiljan seine Aufmerksamkeit auf mich. "Vielen Dank, Mia. Mit aller Wahrscheinlichkeit hast du mir das Leben gerettet"

"Gerne. Aber Tedren wird wieder kommen, oder?"

"Ja, das befürchte ich und diesmal wissen wir nicht, wann er auftauchen wird. Wir müssen immer wachsam sein." Tiljan sah eine Weile zerstreut in den Himmel. Dann fand er: "Wir sollten zurück zur Höhle kehren und nachsehen, was aus Felicitas und den Anderen geworden ist. Deine Eltern werden sich bestimmt schon Sorgen machen."

Also gingen wir zurück. In der Höhle waren meine Eltern, Fiann Nike mit Kenian und Nelson, Bryn, Corentin und Lilien, Cameron, Corly, Lim und Renn. Sie sahen irgendwie alle etwas mitgenommen aus, aber die meisten hatten nur ein paar kleinere Schrammen abbekommen. Was war wohl mit Alexis passiert?

Kapitel 35 Rückkehr ins maigsche Schloss

Kein schöner Land in dieser Zeit,

als hier das unsre weit und breit,

 

Kein schöner Land

Anton Wilhelm von Zuccalmaglio -

deutsches Volkslied

 

 "Ihr seid zurück?", freute sich Linnie, sprang von ihrem Stuhl auf und nahm mich fest in ihre Arme. "Gott sei Dank! Ich hab mir solche Sorgen um euch gemacht."

"Brauchtest du gar nicht. Mia war großartig. Sie hat mir das Leben gerettet." Tiljan überschüttete mich geradezu mit Lob. Ich wurde sehr verlegen.

"Das freut uns zu hören.", erklärte Lunar stolz.

Linnie löste sich nun langsam wieder von mir.

"Wo sind Tedren und Feena?", wollte Lunar nun verwirrt wissen.

"Tedren ist verschwunden, nachdem er Feena in Eis verwandelt hat. Ihr Körper ist verloren, aber ihre Seele ist noch da.", erzählte Tiljan.

"Das sind schlimme Neuigkeiten. Es wird wohl viele Jahre

 

dauern, bis sie wieder kommt.", vermutete Lunar nun.

"Ja Vermutlich. Wie ist es euch denn ergangen? Wo sind Felicitas und Alexis?", fragte Tiljan nun.

"Felicitas wurde gefangen genommen. Sie ist unten. Du weißt schon wo. Dort wird sie wohl auch erst mal bleiben. Alexis ist tot."

Nun schluchzte Fiann Nike bitterlich. Kenian und Nelson trösteten sie liebevoll.

"Das tut  mir sehr Leid, Fiann Nike. Wie ist das passiert?", fragte Tiljan sanft.

Statt Fiann Nike antwortete ihm Kenian. "Mein Bruder wurde mit dem schlimmsten Fluch belegt, den es in unserer Welt gibt. Kurz danach konnten wir Felicitas gefangen nehmen."

"Das ist schlimm", fand Tiljan bestürtzt.

Während Kenian sich bedankte für Tiljans Worte, fragte ich mich, was wohl der schilmmste Fluch unserer Welt war.

"Wird Tedren zu den Zwergen gehen?", wollte Kenian nun wissen.

"Ich glaub nicht. Miron hat nicht mit ihm zusammen gekämpft. Ich denke er ist kein Verbündeter mehr von Tedren.", antwortete Lunar.

"Aber Miron lebt nicht in der Zwergenwelt. Ein anderer

 

übernimmt in seiner Abwesenheit seinen Königsposten. Ich weiß nicht, wer es ist, aber was ist, wenn Tedren sich an den wendet?"

"Kann ich mir nicht vorstellen. Das wäre zu riskant.", gab Lunar zu bedenken.

"Wir sollten langsam zurück kehren.", unterbrach Linnie uns. "Wir haben hier alles erledigt."

"Dad, eigentlich wollten wir ja mit euch kommen, aber jetzt fehlen zu viele Wächter und die Schutzzauber müssen erneuert und verstärkt werden.", wandte sich Lilien traurig an ihren Vater.

"Ich weiß und deswegen habe ich beschlossen bei euch zu bleiben. Ins Schloss könnte Tedren jederzeit kommen, aber hier wird er wohl eher nicht wieder auftauchen.", verkündete Cameron.

"Bist du dir auch wirklich sicher, dass du das möchtest?", hakte Lilien nach.

"Ja, bin ich."

"Aber was ist mit deinem ganzen Unterricht?", platzte ich heraus. Jetzt kam Cameron zu mir.

"Mia, du hast hier richtig Großartiges geleistet. Den Unterricht wird Tiljan sicher übernehmen, ist es nicht so, Till?"

"Allerdings." Tiljan schien sich sehr darüber zu freuen.

Ich freute mich auch, aber Cam würde mir fehlen.

"Ich werde ab und zu Kontakt zu dir aufnehmen.", versprach Cameron.

"Okay.", nickte ich, aber wir wussten beide, dass das nicht das Selbe war.

"Ich werde auch hier bleiben.", verkündete Fiann Nike plötzlich. "Es fehlen Wächter und ich möchte eine Lücke füllen."

"Aber Mutter!", rief Nelson schockiert. "Was ist denn dann mit Kenian und mir?"

"Das ist schon alles geregelt. Als wir auf die Übrigen warteten, hab ich zu Carlina Kontakt aufgenommen.

Die Jungs sahen unglücklich aus und ich konnte sie verstehen. Offenbar waren sie dort ja nicht gewünscht. Aber sie beschwerten sich nicht.

Zurück gingen also nur meine Eltern, Kenian und Nelson, Leinar und ich, Renn, Corly und Lim. Wir verabschiedeten uns mit Umarmungen von unseren Freunden, fassten uns an die Hände und dachten ganz fest an das magische Schloss.

 

Wir landeten sanft auf dem Schlossgelände vorm Schlossgarten. Wir ließen unsere Hände los und Tiljan grinste uns fröhlich an. "Endlich! Ich würde euch vorschlagen ihr entspannt euch, ruht euch aus, trefft eure Freunde oder

 

so was in der Art. Ich werde Carlina berichten, was passiert ist. Kenian und Nelson, würdet ihr mich begleiten?"

Die Jungs nickten und Tiljan verschwand mit ihnen. Auch Corly, Renn und Lim verabschiedeten sich, nachdem Renn Linnie umarmt hatte.

"Du musst ihn irgendwann mal richtig kennen lernen.", riet Linnie mir. "Er ist echt toll. Aber jetzt solltet ihr euch wirklich etwas ausruhen."

"Und was werdet ihr machen?", erkundigte ich mich.

"Einen langen Spaziergang.", verkündete Lunar grinsend. "Und entspannen."

"Ok, na dann viel Spass.", wünschte ich den beiden.

"Euch auch." Lunar zwinkerte mir zu und wir verabschiedeten uns voneinander. Leinar und ich gingen zunächst auf unsere Suite. Es war total schön mit Leinar wieder ganz allein zu sein und es war auch schön wieder bei meinen Büchern zu sein. Ich hatte das Lesen vermisst. Wir kuschelten uns auf unser Sofa und genossen unsere Zweisamkeit. Leinar gab mir einen langen leidenschaftlichen Kuss.

"Ich hab dich vermisst."

"Aber ich war doch die ganze Zeit bei dir." Ich musste trotzdem glücklich grinsen. Ich wusste genau, was er meinte.

 

"Ja da hast du wohl Recht." Er strich mir sanft über die Wange und sah mir tief in die Augen.

"Wie fühlst du dich jetzt?", fragte ich ihn. Unsere Gesichter waren sehr nah beienander.

"Du meinst gerade jetzt? Ich fühl mich unglaublich großartig. Allerdings nicht gerade bei dem Gedanken daran auf dem Fest Schuhe tragen zu müssen."

Ich lachte. "Das meinte ich eigentlich gar nicht., aber falls es dich beruhigt, das Fest ist draußen. Da wirst du nicht unbedingt Schuhe tragen müssen. Ich meinte aber eigentlich eher, wie du dich fühlst, seit du das mit deinen Eltern und deinem früheren Leben erfahren hast."

"Ach so. Ich weiß nicht recht. Seltsam denke ich. Die Vorstellung, dass Feena und Tedren irgendwann mal meine Eltern waren, ist doch irgendwie schräg.", überlegte er.

"Interessant ist ja auch, dass Corentin dein Halbbruder war und Tiljan dein Onkel und die leben noch.", erinnerte ich ihn.

"Stimmt, das ist noch viel schräger.", fand er. "Müsste ich mich nicht an irgendetwas aus meinem früheren Leben erinnern?"

"Nicht unbedingt. Du warst noch ein Kind."

"Stimmt auch wieder." Leinar zuckte mit den Achseln und

 

ich kuschelte mich noch enger an ihn und küsste ihn.

Wir verbrachten noch eine Zeit lang so, aber dann zog es mich in den großen Gemeinschaftsraum im Hauptgebäude. Ich wollte meine Freunde sehen. Leinar blieb lieber allein in unserer Suite zurück. Er hasste es im Mittelpunkt zu stehen und das würde er unweigerlich, wenn er nach unten ging. Ich übrigens auch, aber ich ging trotzdem.

Im Gemeinschaftsraum war es recht leer und meine Freunde saßen in ihrer gewohnten Ecke am Fenster. Zumindest Emma und Sophann. Lily war nirgends zu sehen, aber dafür waren Kenian und Zac bei ihnen.

"Hey, wie schön! Du bist wieder da!", freute sich Sophann, sprang auf und nahm mich überschwänglich in die Arme. "Ein wenig hat uns Ken ja schon erzählt, was passiert ist da oben, aber du musst uns auf jeden Fall noch mehr erzählen."

Emma war mittlerweile auch aufgestanden und umarmte mich. Sogar Zac umarmte mich. Ich freute mich so sie zu sehen. In Kurzform erzählte ich ihnen von den wichtigsten Ereignissen, nachdem ich mich gesetzt hatte.

"Und du hast wirklich mit Miron gesprochen? Das ist ja sowas von cool. Ich hab so viel von ihm gehört und für mich ist er so was wie der menschliche Orlando Bloom aus

 

Der Herr der Ringe, nur eben kleiner." Sophann sah mich erwartungsvoll an.

"Na ja, ich würde ihn eher mit Ron Weasley aus Harry Potter vergleichen. Zumindest hat er mich irgendwie an Ron erinnert.", grinste ich.

"Ron ist auch gut." Sophann grinste ziemlich zufrieden.

"Dann muss ich eben nur ein wenig umdenken."

Ich lachte herzlich. "Jedenfalls ist er total nett, auch wenn er am Anfang etwas mürrisch wirkte."

"Na hör mal, er ist ein Zwerg. Die sind nun mal irgendwie mürrisch.", verteidigte Sophann Miron überschwänglich.

"Ich find das mit Tedren ziemlich beunruhigend.", mischte sich Zac in das Gespräch ein. "Ich musste mal ein Referat über ihn halten. Der Typ ist echt gruselig."

"Durftest du dir das Thema aussuchen? Ich glaub Tedren hätte ich als letztes gewählt.", frgte Kenian neugierig.

"Na ja, ich hatte die Wahl zwischen Tedren, Felicitas und Ronar.", erklärte Zac. "Alles nicht besonders prickelnd, wenn du mich fragst."

"Jedenfalls geb ich dir Recht. Das  mit Tedren ist wirklich beunruhigend. Ich hab ihn ja kennen gelernt. Er ist wirklich gruselig.", bestätigte ich.

"Und du hast Feena wirklich getroffen?", fragte Emma

 

mich staunend. "Ich fand ihre Geschichte immer so cool."

"Ja, Feena ist wirklich toll, obwohl ich den Eindruck hatte, dass sie bei Männern nicht so den besten Geschmack hat. Was sie an Tedren fand, kann ich beim besten Willen nicht verstehen." Ich musste an Leinar denken, der in seinem früheren Leben sein Sohn war.

"Vielleicht sollten wir diese gruseligen Dinge vorerst nicht mehr besprechen. Schließlich ist Samstag das Königsfest. Wir haben allen Grund zu feiern.", schlug Sophann vor.

Wir stimmten ihr nur zu gern zu und in den nächsten Tagen unterhielten wir überwiegend über das Fest.

Kapitel 36 Das Königsfest

 

 

 

 

 

Könige regieren seit langem unsere Welt.

Es gibt gute und schlechte Könige.

Linnie und Lunar lebten lange zurück gezogen.

Doch jetzt sind sie wieder da

und mischen sich unters Volk.

Das wollen wir feiern mit dem Königsfest.

 

Lasst das Fest beginnen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es war ein sonniger Samstagmorgen, an dem das Königsfest begann. Alle warfen sich richtig in Schale. Ich wählte ein hellblaues, kurzes, feines Kleid mit einem etwas weiteren Rock. Meine Haut ließ ich im Sternenglanz schimmern. Leinar zu Liebe verzichtete ich auf Schuhe. Er war ganz in weiß gekleidet, was ihm ausgezeichnet stand, fand ich.

Meine Haare hatte ich mir mit Leinars Hilfe stylen lassen. Es war glatt und fiel mir sanft über den Rücken. Das war besser als jeder Friseur. Tausend kleine hellblaue Perlen zierten es und mein Ponny wurde mit einer kleinen schwarzen Spange zurück gesteckt. Meine Augen schminkte ich passend dazu in einem sanften blau, meine Lippen leicht rosa.

Das Königsfest sollte zwei Tage lang dauern. Am ersten Tag wurde verkündet, dass meine Eltern zurück gekommen waren und wir feierten. Am zweiten Tag fand das Rittertounier statt. Als wir in das Hauptgebäude des Schlosses kamen, stand überraschender Weise Miron vor mir. Er trug einen blauen Anzug mit roten Hemd.

"Was tust du denn hier?", erkundigte ich mich bei ihm.

"Ich hab doch versprochen, ich würde dich finden.

 

Außerdem werde ich hier nächste Woche als Lehrer anfangen. Ich werde unter anderem Cams Unterricht übernehmen. Darunter fällt dann auch dein privater Unterricht.", erzählte er stolz.

"Oh, wow! Das sind ja tolle Neuigkeiten. "Dann bin ich sehr gespannt auf deinen Unterricht.", freute ich mich. Sophann würde begeistert sein.

"Und ich erst. Also wir sehen uns." Miron verschwand wieder so schnell wie er gekommen war.

"Leinar?", erkundigte sich plötzlich eine Frauenstimme hinter uns. Wir drehten uns zusammen um und Leinars Augen weiteten sich. "Mum?"

"Oh Leinar!", rief sie aus und die beiden warfen sich in die Arme. Das war also Leinars Mutter. Sie sah ihm nicht ähnlich. Sie war fast so klein wie Miron und hatte kurzes blondes Stoppelhaar, blaue Augen und wirkte sehr kräftig. Aber sie wirkte auch freundlich. Sie sah auch ihrer Schwester Sena und ihrer Mutter Carlina nicht wirklich ähnlich.

"Oh man, es ist so lange her und ich hab dich so vermisst. Und wieso hast du mir eigentlich nie erzählt, dass Oma noch lebt?", plapperte Leinar ohne Punkt und Komma drauf los.

"Weil ich es selbst nicht wusste,  bevor ich hierher kam.",

 

erklärte Keena. "Ich denke nach dem Fest sollten wir uns unterhalten und zwar dringend. Aber jetzt lasst uns erst mal das Fest genießen."

"Ok.", nickte Leinar.

Dann fiel ihr Blick auf mich und sie fragte Leinar: "Wer ist denn die reizende Dame an deiner Seite?"

"Oh, das ist Mia, meine Freundin.", stellte er mich vor und wirkte ziemlich verlegen.

"Es freut mich sehr dich kennen zu lernen." Keena reichte mir die Hand.

"Es freut mich auch Sie kennen zu lernen.", versicherte ich ihr.

"Jetzt lasst uns aber wirklich erst mal zum Fest gehen.", schlug sie vor und wandte sich Richtung Ausgang. Wir folgten ihr.

 

Der Schlossgarten war so wunderschön für das Fest dekoriert. Die Blumen und Bäume wirkten teilweise fast wie fliegende Blütenblätter. So einige Lichterketten hingen um die Bäume und eine Ecke wirkte wie ein riesiger Märchenwald mit Lichterketten und teilweise richtigen Statuen aus der Märchenwelt, die etwas versteckt unter den Bäumen standen. In der Mitte um den See standen viele Bänke und ein

 

großer langer Tisch. Um den See lagen viele, vereinzelte blaue Rosenblätter. Es wirkte einfach traumhaft schön.

Der Himmel war so verzaubert, dass über dem Garten die Sonne unterging, obwohl es gerade erst Mittag war. So wirkte der Park irgendwie magischer. In einem Teil des Märchenwaldes war allerdings schon tiefe Nacht und der Mond schien darüber. Das war sicherlich für Leute wie Antonia, die nur Nachts auf sein konnten. In einer Ecke leuchteten viele, bunte Regenbögen. Es sah einfach traumhaft schön aus. In fast jedem Winkel spielten Feen leise Hafenmusik.

Natürlich befanden sich viele Feen in dem Garten und die unterhielten sich alle. Trotzdem wirkte es im Garten relativ leise.

Ich sah mich um und entdeckte Zac, Sophann, Emma, Kenian, Leonie und Nelson in einer Ecke. Sophann und Emma hatten sich beide selbst übertroffen. Sophann trug ein violettes wunderschönes Etuiekleid und ihre Haare waren so kunstvoll hochgesteckt, dass es wirkte, als wären ihre Haare einfach immer so. Kleine violette Perlen steckten in ihrem Haar und ihre Augen waren sehr kräftig violett geschminkt. Aber es sah schön aus und nicht aufdränglich. Emma trug ein silbernes Glitzerkleid zu ihrer gebräunten Haut. Ihre Augenbrauen waren blau geschminkt und ihre Haare fielen ihr

 

in sanften Wellen über den Rücken. Leonie war zwar auch wirklich hübsch in ihrem weißen schlichten Kleid, aber sie wirkte fast ein wenig unscheinbar gegenüber Sophann und Emma. Sie hatte ihre rotblonden Haare kunstvoll geflochten und trug silberne, lange Ohrringe. Ihre Frisur sah wirklich bezaubernd aus. Nelson schien sie öfter anzustarren.

Auch die Jungs waren nett anzusehen. Kenian trug ein dunkelgrünes Hemd und eine dunkle Hose. Seine blonden kurzen Haare hatte er nach hinten gekämmt und sein Pony fiel ihm sexy in die Augen. Zac wirkte in seinem Shia LaBeauf - Look ziemlich lässig und cool. Er trug ein kurzes oranges Hemd und eine blaue Hose und Nelson sah süß aus mit seiner schwarzen Cordhose und dem blauen Hemd.

Leinar und ich gingen zu unseren Freunden.

"Hey, ihr seht super aus.", lobte ich sie.

"Ihr aber auch.", gab Sphann uns das Kompliment zurück.

"Seid ihr schon lange hier?", fragte ich sie.

"Ne, nicht wirklich. Ein bisschen.", antwortete Emma.

"Gleich ist Lunars große Ansprache. Darauf sind wir schon ganz gespannt.", bemerkte Zac lächelnd.

In dem Moment ertönte auch schon die Stimme meines Vaters über den Schlossgarten.

 

 "Meine lieben Gäste. Linnie und ich freuen uns so euch hier begrüßen zu dürfen. Wier lebten lange einsam und versteckt, aber jetzt sind wir wieder da. Wir wollen unser Königreich gerecht regieren und natürlich möchten wir unsere wunderbare Tochter Mia in ihrem Leben begleiten. Nach dem Fest kehren wir zurück nach Raubit und werden dort sicherlich alte Verwandte und Bekannte treffen. Wir freuen uns darauf, aber nun lasst uns erst mal feiern."

Mir war ja klar gewesen, dass meine Eltern nicht hier an der Schule bleiben würden, aber ich war trotzdem traurig, dass sie gehen mussten. Wir hatten doch so viel nachzuholen.

Leinar spürte meine plötzliche Stimmungsschwankung und drückte tröstend meine Hand. Ich war so froh, dass ich hier Freunde hatte.

Das Fest war mit viel Musik, Tanz und guter Laune verbunden und ich liebte es. Irgendwann wurde es ganz dunkel, der Mond schien hell am Himmel und einige Bäume und Blumen leuchteten. Dazu spendeten die Lichterketten an den Bäumen sanftes Licht.

Leinar und ich unterhielten uns ausgelassen mit unseren Freunden oder wir tanzten und genossen unsere Zweisamkeit. Das Fest war wirklich ein voller Erfolg.

 

Am zweiten Tag des Festes fand das Rittertounier statt. Mir gefiel es zwar nicht, dass Leinar mitkämpfte, aber er kämpfte wirklich gut. Zuerst gegen Zac. Zac war ebenfalls gut. Die Regeln waren, dass sie ohne magische Fähigkeiten kämpfen sollten und so attaktierten sie sich gegenseitig. Leinar lag das Schwert leicht in der Hand. Er drehte und wendete es mit einer Schnelligkeit, die ich an ihm gar nicht erwartet hätte. Voll konzentriert griff er Zac immer wieder an und landete einen Treffer nach dem anderen. Er selbst wurde kaum verletzt und so hatte er schnell gewonnen.

Nach Leinar und Zacs Kampf kämpften noch einige weitere ältere Schüler und so musste Leinar als zweites gegen Kenian kämpfen. Er war zwar später in die Schule gekommen, durfte aber noch mit machen, da er eigentlich schon in einer höheren Klasse wäre, wenn Carlina ihn gelassen hätte.

Kenian kämpfte gut. Seine Kampftechnik war wirklich beeindruckend und selbst er musste einiges einstecken. Dieser Kampf war schneller und genauer, als der von ihm und Zac. Kenian wusste besser als Zac wie er Leinar austricksen konnte und war geübter. Mich würde es nicht wundern, wenn er auch mit Emma zusammen tranierte. Leinar konnte Kenian aber immerhin knapp besiegen.

 

Der dritte Kampf war häter und stärker mit einem Schüler aus der Abschlussklasse. Mir wurde Angst und Bange wie Leinar gegen ihn kämpfte. Ich spürte, wie er zunehmend erschöpfter wurde, aber er gab nicht auf.

Seinen letzten Kampf kämpfte er gegen einen braunhaarigen großen Jungen, der ordentlich Muskeln hatte. Sein Name war Andy. Die Schwerter prallten aufeinander und sie umkreisten sich fast raubtierartig. Die Spannung unter den Zuschauern stieg, während die beiden Jungs erbittert versuchten die Oberhand über den Anderen zu gewinnen. Leinar war immer noch so außergewöhnlich schnell, dass mir fast beim zusehen schon schlecht davon wurde. Ich war mit meinen Eltern in der Königsloge und hatte den besten Überblick über die Kämpfe. Ich zuckte jedes Mal zusammen, wenn Leinar fast getroffen wurde oder zurück taumelte. Und dann traf Andy ihm am Arm und fügte ihm einen Schnitt zu. Leinar fiel erschöpft zu Boden. Er ist letztendlich fünfter geworden.

Richtig spannend war aber der Endkampf zwischen zwei Schülern aus der Abschlussklasse. Luke und John hießen sie. Sie waren so schnell und kämpften so lange, dass schon die Sonne unterging bis eine Entscheidung fiel. Die ganze Zeit waren sie sich ebenbürtig, aber dann wurde Luke abgelenkt

 

und John traf ihm mit seinem Schwert leicht am Bein. Also ging John als Sieger des Touniers hervor.

Den ganzen Tag über hatte ich die Loge nicht verlassen. Wir bekamen immer wieder Wasser zum Trinken, aber gegessen hatte ich nicht. Leinar war zu mir in die Loge gekommen. Er war ein bisschen traurig, weil er nicht Erster geworden war, aber er war trotzdem stolz auf sich. Er wusste selbst, dass er weder gegen John noch gegen Luke je eine Chance gehabt hätte.

 

Leinar und ich verließen das Fest am zweiten Tag früh. Wir waren beide erschöpft. Wir verbrachten den restlichen Tag im Bett und genossen den Mondschein, der durchs Fenster fiel. Erst am nächsten Tag feierten wir Leinars Tounierplatz.

In ein paar Tagen würde der Alltag wieder einkehren, aber jetzt genossen wir erst mal wieder unsere Zweisamkieit. Dass ich Leinar kennen lernte, war das beste, was mir je passiert war. So glücklich war ich noch nie. Mit ihm würde es mir sicher nie langweilig werden. Lächelnd erinnerte ich mich an den stillen Jungen zurück, den ich im Zug kennen gelernt hatte. Leinar ist auf jeden Fall schon etwas geselliger geworden. Ich nahm mir vor, ihn mehr unter Leute zu

 

bringen.

Ich vermisste natürlich auch meine Adoptiveltern. Sobald ich durfte, würde ich sie besuchen. Vielleicht war Leinar ja bereit mich zu begleiten. Ich fänd es schön, wenn er sie kennen lernen würde.

Dieses Abenteuer vom Lebenssee war jetzt zu Ende, aber es würden sicherlich noch einige andere kommen.

 

- Ende -

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 10.12.2014

Alle Rechte vorbehalten

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