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Brief einer Mutter an ihre Tochter im Jahr 2035:


Hallo liebe Tochter, liebe Kunigunde

Eben habe ich vom Hausarzt erfahren das ich nicht alleine in meiner Wohnung leben sollte da ich meiner Hausarbeit nicht mehr nachkommen kann und eigentlich häusliche Unterstützung bräuchte.
Als erstes dachte ich natürlich an dich, meine Tochter, da ich mich doch auch nur für dich aufgearbeitet habe, da wäre das doch mehr als Fair, wenn du mir damit deine Dankbarkeit zeigen würdest.

In Liebe deine Mutter




Antwort der Tochter an die Mutter im Jahr 2035

Liebe Mutter

Ich bin erstaunt woher du mich noch kennst.
Seid bestimmt 10 Jahren habe ich nichts mehr von dir gehört, ich erfuhr durch Zufall, das Vater inzwischen verstorben ist und du ihn auf der Urlaubsinsel, auf der ihr zu dieser Zeit verweiltet, beerdigen ließt.
Gut, dass du mich auch an früher erinnerst und das was ich dir eigentlich schuldig bin.
Ja schon als Baby hast du dich darum gekümmert, das ich eine Amme bekam die mich mit ihrer Brust aufzog, was eigentlich deine Aufgabe als Mutter gewesen wäre, ich kann mich noch gut erinnern wie du mir vor 15 Jahren an deinem 50ten Geburtstag deinen Busen präsentiertest und damit angabst, er wäre heute nicht mehr so straff, hättest du mich mit deiner eigenen Brust genährt.
Ich hatte damals schon meine eigenen zwei Kinder aufgezogen, für die ich extra meinen sicheren gutbezahlten Beruf aufgegeben habe.
Ich gebe zu, das mein Busen schon damals etwas schlaffer wirkte, aber ich habe es für meine Kinder getan.
Ich kann mich auch noch zurück erinnern, als ich zwei Jahre alt war, wie du mich in die Kinderkrippe brachtest und von der Nachbarin immer abholen ließt, weil ihr ja an eurer Kariere gearbeitet habt, da hattest du und Papa keine Zeit für mich, eure Tochter.
Auch später als ich größer wurde musste ich in den Ganztagskindergarten, anschließend in den Hort und als ich in der Schule etwas nachließ wurde ich in ein Internat verfrachtet, alles zu meinem Wohle.
Als ich zur Erstkommunion kam, weiß ich noch, da kümmerten sich alle Tanten darum das alles reibungslos ablief, du musstest ja auf deine Hände achten und zum Friseur gehen, damit du schick aussahst, ich weiß noch wie du deswegen mit Papa in Streit gerietest, weil er meinte, ihr solltet euch doch selber etwas mehr um mich kümmern.
Ja es war schon eine praktische Einrichtung die Ganztagsschule, ihr konntet arbeiten gehen, viel Geld verdienen und abends sah ich euch vielleicht oft nur eine Stunden, bevor ein Kindermädchen euch ablöste, da ihr euch ja eurer politischen Kariere nicht entziehen konntet.
Die Verantwortung, als ihr euch zur Wahl stelltet und dann, als ihr gewählt wurdet , war so groß, dass ihr euch nicht, auch noch, um mich kümmern konntet, aber ihr hatte ja gut dafür gesorgt, dass mir an nichts fehlte.
Nur die gewisse Mutter- oder Vaterliebe habe ich nie kennen gelernt .
Es ist aber gut Mutter, dass du dich heute wieder an mich erinnerst und ich mich daher an meine Kindheit.
Ich weiß noch, als ich meine Lehrzeit machte, wart ihr so froh, das ich 300 Km entfernt eine Wohnung, zu günstigen Mietbedingungen, erhielt, die ich mit meinem Ausbildungsgehalt selber bezahlen musste und als ich mir ein Auto kaufen wollte und euch um Unterstützung bat, bekam ich als Antwort, Mädchen da musst du halt sparen, was meinst du, wer uns früher unterstützt hat und man muss ja nicht alles haben.
Ja das Stimmte.
Ich habe deshalb schon sehr Jung geheiratet, weil ich auch etwas vom Leben haben wollte,
Liebe, Zärtlichkeit, Streicheleinheiten, Wärme und eine Familie wie ich sie mir immer wünschte und vorher nur aus Büchern kannte.
Ich glaube eines davon hattest du sogar selber geschrieben.
Ich gebe zu, ich kann nicht jedes Jahr in Urlaub fahren, wie du es dir mit Papa geleistet habt, während ich bei den Tanten spielen durfte. Ich erschrecke jedes Jahr über die Stromnachzahlungen und die Steuern die uns abgezogen werden, meine beiden Kinder kommen jetzt aufs Gymnasium und wollen Studieren.
Ich gehe nicht zur Arbeit, weil sie gerade jetzt mich sehr nötig haben, ich will sie nicht mit Aushilfslehrern und Nachhilfe konfrontieren, das Vertrauen zu mir ist so Groß, es ist eine Freude, da verzichte ich auf Ruhm und Geld, denn dass, was ich jetzt erleben darf ist unbezahlbar.
Ich weiß meine Belastungen werden immer größer, Studiengebühren, Fahrkosten, Zweitwagen, Steuern und Versicherungen, Wartungskosten usw. diese Ausgaben, die ich von keiner Steuer abziehen kann, werden uns auch weiterhin zwingen, nicht in Urlaub fahren zu können. Mein Mann verdient recht ordentlich ca. 2500.-Euro Brutto, die Kosten steigen zwar unaufhaltsam.
Mein Mann unterstützt mich bei der Hausarbeit und zweimal im Jahr leisten wir uns den Luxus, mit den Kindern zu unseren Geburtstagen, Essen zu gehen. Sie freuen sich ehrlich darauf, weil es nicht zu oft vorkommt und daher für uns alle ein Geschenk ist.
Um nochmals auf deine Anfrage zurück zukommen Mutter, ich werde mich nach einem Wohnheim für dich umsehen, wo sie dich pflegen werden und sich um dich kümmern, vielleicht im 300 Km Umkreis von dort, wo du jetzt auch wohnst.
Danke Mutter, dass ich endlich mein Herz einmal bei dir ausschütten konnte, über dass, was ich dir schon immer sagen wollte, sich aber nie die Möglichkeit ergab und was mich schon immer belastete und bedrückte.

Es grüßt dich eine Tochter Namens Kunigunde

Impressum

Texte: Geometrische Formen
Tag der Veröffentlichung: 10.04.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme diesen Band unserer amtierenden Familienministerin

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