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Von der Schwarzseherei


zum Gedenken an all die Blogger meiner Bekanntschaft. Und die Landwirte.

Die Anfänge dieser Sitte liegen im Dunkeln. Es darf vermutet werden, dass schon die Steinzeitdamen ihrem Gatten, der verschwitzt und ein totes Mammut hinter sich herziehend von der Arbeit nach Hause kam, einen vorwurfsvollen Blick zuwarfen und meinten: „Das wird uns bestimmt wieder schlecht!“
Erste sichere Hinweise auf Schwarzseherei finden sich jedoch erst in den Schriften über den Lehnsherren Ebersrost von Rübentrunk, welcher beim Anblick seiner treu ihm dienenden Vasallen ausrief: „Es tuet nicht zugute, zu arbeiten so viele, tanderadei“ (äußerst freie Übersetzung aus dem Mittelhochdeutschen, E.v.R anno 1238).
Besonders unter der Landbevölkerung war und ist Schwarzseherei äußerst beliebt. Ein Landwirt, der vor einem sich in alle Weiten erstreckenden Feld voll reifen, wogenden Getreides steht, wird, wie es ihm seine Vorfahren dereinst in die Wiege gelegt haben, einen besorgten Blick in den Himmel werfen und murmeln: „Jo, man, wenn dat man bloss kein Regen nich gibt…“. Hühner, die demselben Landwirt (oder einem anderen) eine Eierproduktion von 120% bescheren, werden mit einem Grunzen bedacht sowie einem „Die haben zu viele Maikäfer gefressen, das gibt Windeier“. Es bleibt dabei völlig im Dunkeln, woher die ganzen Maikäfer kommen sollen – angeblich gibt es doch schon seit Jahren keine mehr (vgl. hierzu Reinhard Friedrich Michael Mey: Es gibt keine Maikäfer mehr).
Nachdem gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Pariser Bohème unter der Führung einiger ausgezeichneter Vertreter ihrer Gattung die Schwarzseherei für sich entdeckte (vgl. JEDES einzelne Zitat von Oscar Wilde) stellte man fest, dass ein kräftiger Schluck Absinth in jeder Lebenslage aus einem lustigen, fröhlichen Menschen den gewünschten depressiven Jammerlappen machte – wenn auch das Sehen von Schwärze von Zeit zu Zeit auf die viel zu hohe Alkoholkonzentration zurückzuführen war. Von da an war es nur noch ein kurzer Schritt zur Eroberung der großen Metropolen.

Schwarzseherei wird heute bereits im Kindesalter gelehrt. Zu diesem Zwecke werden sog. Handys (vgl.: komisches Gerät in Reichweite eines jeden Lesers) an Kinder verteilt mit der Ermahnung, alle 10 Minuten anzurufen, damit die Eltern sicher sein können, dass die Kinder noch leben. Vor einer Geburtstagsparty muss vorher geklärt werden, ob dem Kinde nicht eventuell Gluten, Milcheiweiß, genetisch veränderter Mais oder zuviel Lebensfreude eingeflößt wird, da ansonsten die ganze Zukunft des Kindes schon Vergangenheit ist.
Hat ein Kind es dann solchermaßen behütet bis ins Erwachsenenalter geschafft, ist die Schwarzseherei auch im Hinblick auf die Vergangenheit nützlich, entschuldigt sie doch jedes Versagen. Man hat als Kind mit Freude auf der Straße Dosenkicken gespielt? Nun, das Geld reichte eben nicht für einen Fußballverein. Man streifte stundenlang mit den Freunden durch den Wald, Holzhütten bauend und Bäche stauend? Man war den Eltern völlig egal, sonst hätten die sich doch mehr um einen gekümmert. Man hatte ohne irgendeinen Zweifel eine glückliche Kindheit? Kein Problem. Das bedeutet lediglich, dass es ja jetzt nur noch schlimmer kommen kann.

Eine eher neuzeitliche Erfindung zur Verstärkung des Schwarzsehens ist das Internet. In sog. „Blogs“ (siehe hier… also, genau hier!) wird diese Art Lebensstil mit tausenden von Gleichgesinnten gelebt. Es ist völlig unmodern, in einem Blog zu behaupten, das Leben sei schön, oder gar, man lebe gerne. Stattdessen weise man möglichst subtil daraufhin, dass die Lebens- und somit die Blogzeit des Schreibers durch fiese Bakterien, noch fiesere Umstände oder mangelnde Kreativität begrenzt sind. So ist man sich der mitfühlenden Leserschaft sicher.
Wobei… ehrlich, wer liest so was schon. Niemand liest das. Keiner wird mir antworten. Mein Leben ist so sinnlos.
Man reiche mir einen Absinth nach einem Rezept von 1900, bitte… falls mich jemand hört…


Der perfekte Moment



Meine Güte, ist das ärgerlich. Da hab ich doch den einzigen Moment verpasst, in dem ich genauso alt aussehen durfte, wie ich es war, und habe es noch nicht einmal gemerkt! Na ja, gut, direkt nach meiner Geburt war es wohl in Ordnung, dass ich wie ein neugeborenes Baby ausgesehen habe, aber bereits wenige Monate später, als alle anderen Kinder bereits liefen und ich fauler Sack noch nicht mal Anstalten machte, auch nur zu krabbeln, wünschte sich meine Mutter doch ein wenig mehr Reife für mich. Ein paar Jahre später dann war ich persönlich beleidigt, wenn mich die nette Verkäuferin an der Wursttheke fragte, ob ich denn schon in den Kindergarten ginge - und dabei war ich gerade in die zweite Klasse gekommen! Natürlich durfte sie ihre Gratis-Wurstscheibe dann behalten, man hat ja seinen Stolz.

Mit 10 ist es besser, wie 12 auszusehen („Nein, ich bin nicht mehr auf der Grundschule, sondern auf dem Gymnasium!“), und mit 12 wie 15 (endlich??? in der Pubertät).

Wenn ich heute noch die Taille hätte, die ich mit 16 hatte, hätte ich gar nichts dagegen, aber mit 16 auch so auszusehen wie 16, das war (und ist) völlig unmöglich. Schließlich könnte man ja auch 18 sein, länger in Diskotheken bleiben und die Videotheken unsicher machen. Mit 18 Jahren ist es aber durchaus angeraten, wie 25 auszusehen, weil man dann nicht mehr wie ein Schüler wirkt, sondern wie eine fest im Leben stehende Person (mit eigenem Einkommen, das ist wichtig).

Ich habe gar nichts gegen mein jetziges Alter, aber die Werbung suggeriert mir, dass ich, um erfolgreich und beliebt zu sein, doch bitte mindestens zehn Jahre jünger auszusehen habe. Zu diesem Zwecke empfiehlt sie mir, die neue Hightechcreme zu benutzen, welche Falten nachweislich mildert, Altersflecken gar nicht erst entstehen lässt und die von den Hollywoodstars X und Y auch benutzt wird.

Irgendwann zwischen früher und jetzt hätte ich vermutlich uneingecremt auf die Straße gehen können, und niemand hätte den Blick mit Grausen über meine Jugend oder mein Alter abgewandt. Und ich habe es nicht bemerkt.

Natürlich ist es jetzt zu spät. Ich bin gezwungen, viel Geld auszugeben, mir Q10, Hyaluronsäure oder AHA – letzteres steht, glaube ich, nicht für eine bahnbrechende Einsicht – ins Gesicht zu schmieren, um einem grässlichen Schicksal zu entgehen: Dass ich mit 60 so aussehe…


…als sei ich 60.


Fressi für's Hundi


Also,

in meiner Familie gab es immer mal wieder Hunde. Sie waren meist klein und niedlich und hatten aus unerfindlichen Gründen stets einen Schuss Dackelblut in sich (bis auf einen Foxterrier, aber der ist fast 70 Jahre her und somit vermutlich verjährt). So unterschiedlich all diese Hunde waren, sie hatten doch eins gemeinsam: Sie waren verfressen. Couchtische mussten vor dem ins Bett gehen von allem Essbaren befreit werden, sonst war am nächsten Morgen keine Salzstange mehr da und die Zuckerdose war sauber ausgeleckt. Staubsauger wurden nur noch für Spinnweben benötigt, die Kekskrümel fanden ihren Weg direkt in die Mägen der Hunde. Und beim Essenkochen hatte man immer einen Schatten an seiner Seite, der auf einen plötzlichen Anfall von Schüttellähmung hoffte, bei dem einige Käse- oder Würstchenstückchen nach unten fallen könnten.

Eigentlich hatte ich bei meinem ersten Hund mit Ähnlichem gerechnet. Allerdings hatte ich von allen Hunden im Tierheim nun ausgerechnet den einen ausgesucht, der mit seinen langen, dünnen Fliegenbeinen jede Dackelverwandtschaft ganz sicher ausschloss, und vielleicht lag es daran – sie freute sich zwar ganz offensichtlich, bei uns zu sein, weigerte sich aber in den ersten Tagen standhaft, irgend etwas zu fressen. Meine Erfahrung und auch meine Hundebücher hatten mich auf eine solche Situation nicht vorbereitet. Ich rief also im Tierheim an und fragte um Rat. Leider hatten sie keinen, denn niemandem war aufgefallen, dass der Hund nicht fraß – sie war noch nicht sehr lange dort gewesen.
Schließlich fand ich einen Verkäufer für Frischfutter, der mir frischen, interessant riechenden (oder besser –stinkenden) Pansen empfahl, den ich über das Futter zu streuen habe. Und diesem Geruch konnte selbst mein Hund nicht widerstehen. Sie fraß, zögerlich zwar, aber dennoch. Der drohende Hungertod war abgewendet.

Im Laufe der Zeit stellte ich einige Eigenheiten bei meinem Hund fest. Auf Futterumstellung reagiert Madame mit heftigem Durchfall und Erbrechen.

Futterumstellung, das kann sein:
- ich bin auf die Werbung reingefallen und habe dem Hund den leckeren Fleischgemüsetopf gekauft, den der Westie im Fernsehen immer so begeistert frisst
- "Ihr" Trockenfutter war ausverkauft und ich musste anderes nehmen.
- Jemand hat in der Küche einen Cornflake (ist das die richtige Einzahl?) fallen gelassen.
- Ich habe in ihr Fressen zwei Stückchen Mohrrübe gemischt.
- Der Hund hat beim Spazierengehen einen Grashalm gefressen.

Futterumstellung ist nicht:
- ein Stück Pizza vom Tisch zu klauen
- einen halben Käsekuchen vom Tisch zu klauen
- IRGENDETWAS Selbstgebackenes zu klauen

Nachdem ich die offensichtliche Bekömmlichkeit meiner selbstgebackenen Speisen erkannte, begann ich, mit Rezepten für Hundekekse zu experimentieren. Mein Hund fand die toll. Man konnte sie im Körbchen verstecken, mit sich herumschleppen, sie Herrchen angesabbert auf die Füße spucken (Herrchen quiekt dann so lustig) und im Garten vergraben in der Hoffnung, dass dann ein Hundekeksbaum wächst. Nur fressen, das ging gar nicht… dabei scheint es nicht am Geschmack der Kekse zu liegen. Die Dackel und Dackelähnlichen Wesen unserer Familie lieben meine Kekse, und die Hunde von nebenan rücken nach ernsthaft gemeinten Bestechungsversuchen mit diesen Keksen sogar die über den Zaun geflogenen Fußbälle der Kinder wieder heraus. Nur mein Hund ist der Meinung so etwas könne man nicht essen…

Ich besitze mehrere Rezeptbücher für frisches, selbstgemachtes Hundefutter. Da gibt es „Pippos Pastateller“, den Frühlingsgemüsenapf und den „Powernapf Tiffany“, alles aus leckeren, gesunden Zutaten. Die Erschafferin all dieser Köstlichkeiten erzählt dann auch stolz, dass selbst ihr Gatte gelegentlich das Bio-Hundebrot mit der salzlosen Hunde-Leberwurst isst. Vermutlich hat ihr Gatte einen stabileren Magen; meinem Hund wird schlecht davon.
Und dabei würde ich Madame so gerne mal etwas Gutes tun.
Meine Mutter, die mein Dilemma ernst nimmt, schenkte mir unlängst ein Buch: Stricken für Hunde.
Darin enthalten sind die Strick-Anleitungen für warme Kuschelmäntel mit Knochenmuster, mit Pünktchen und aufgestickten Blümchen oder mit Norwegermuster. Am besten gefällt mir das Bild von einem Weimaraner, einer wunderschönen, stolzen Hunderasse, den man zu Dekorzwecken in einen blauen Rollkragenpullover gesteckt hat.
Ich bin nicht völlig sicher, ob die anderen Hunde meine Süße mit so einem Pullover nicht auslachen. Der Weimaraner scheint sich, seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, ebenfalls nicht sicher zu sein.
Aber einen Versuch wäre es ja wert…


Tierisches



„Schildkröten“, sagt meine Freundin nachdenklich, „müssen die konfliktfreisten Ehen der Welt führen. Statt zu fragen, ‚Liebling, was hast Du denn, ist irgendwas los?’ guckt der Gatte nur, wo sich der Kopf des Partners befindet. Pendelt er außerhalb des Panzers nachdenklich über einem Löwenzahnblatt, kann man ihn auf die 5 in Mathe des jüngsten Schildkrötensprösslings ansprechen. Ist er allerdings in seinem Panzer verborgen, weiß man, dass Vorsicht angeraten ist.“
„Allerdings sind Schildkröten doch recht langsam“, grüble ich. „Kraken dagegen sind so intelligent, dass sie erst gar keine 5 in Mathe bekommen würden. Die können sogar den Schraubverschluss eines Marmeladenglases öffnen, wenn etwas Interessantes darin ist.“
„Das kann mein Jüngster auch“, seufzt meine Freundin, „aber vor der 5 in Mathe bewahrt ihn das nicht. Da finde ich doch Wale viel interessanter. Wußtest Du, dass Bartenwale richtige Strophen singen?“
„Hmm… sie lernen sogar neue Strophen von vorbeikommenden fremden Walen. Allerdings singt mein Kind auch dauernd, aber trotzdem hat es bis heute den Trick nicht rausgefunden, wie man seine dreckigen Socken in den 10 Zentimeter daneben stehenden Wäschekorb befördert.“
„Raben vielleicht?“, fragt meine Freundin nachdenklich. „Sie sind intelligent, lernen den Gebrauch von Werkzeugen, können Folgen ihrer Handlungen vorhersehen, und in Japan gibt es sogar Raben, die Nüsse auf die Fahrbahn fallen lassen, damit die Autos die Schalen für sie knacken – und zwar genau auf den Zebrastreifen, damit sie sich die Kerne holen können, wenn die Autos stehen.“
„Ich mag Raben.“, gebe ich zu, „allerdings denke ich doch, dass die Zukunft der Welt den Hausstaubmilben gehört“
Meine Freundin sieht mich verblüfft an.
„So intelligent sind die doch gar nicht“, meint sie nach kurzer Pause. Ich schüttele den Kopf.
„Du glaubst doch wohl nicht wirklich, dass es in diesem Leben auf Intelligenz ankommt? Guck Dich doch nur mal um. Nein, die Hausstaubmilben haben einen anderen Trick auf Lager. Sie scheiden an jedem Tag ihres Lebens ca. 20 Kugeln Kot aus. Insgesamt leben sie ungefähr sechs Wochen lang, das macht 840 Kotkugeln, das mehr als das 200-fache ihres eigenen Gewichtes. Ein jahrelang nicht gewaschenes Kopfkissen kann bis zu 10 Prozent seines Eigengewichtes an Milbenkot enthalten.“
Wir schweigen beide, weil wir kurz nachrechnen müssen, wann wir unsere Kopfkissen das letzte Mal gewaschen haben.
„Du hast Recht“, sagt meine Freundin dann. „Intelligenz kann für eine kurze Zeit auf andere Menschen belebend wirken. Aber wenn man genug Scheiße produziert, bleibt man jahrelang unvergessen“.


Der Fluch des Navigators


Teil einer fremden Familie zu werden, wie es zum Beispiel durch Heirat passieren kann, ist immer eine knifflige Sache, es sei denn, man ist noch ein Säugling. Dann ist man anpassungsfähig genug. Ansonsten muss man herausfinden, welcher Humor bevorzugt wird, welches Essen zu Weihnachten gegessen wird und welche unsichtbaren Grenzen keinesfalls überschritten werden dürfen, um nicht für immer in Ungnade zu fallen.
Unsere Familie hat seit neuestem ein neues Mitglied. Ich weiß nicht, wie sie aussieht, und auch nicht, wie alt sie ist. Ihrer Stimme nach, die ich des Öfteren gehört habe, ist sie wohl mittleren Alters. Sie verbringt ihre Tage am Fenster und ist ausgesprochen hilfsbereit.
„In dreihundert Metern“, teilt sie uns beispielsweise mit, „biegen Sie bitte rechts ab.“
Oder sie schlägt vor: „Folgen Sie bitte die nächsten 24 Kilometer dem Straßenverlauf“
Obwohl sie sehr freundlich zu sein scheint, hat sie es doch nicht leicht in unserer Familie. Manchmal befolgen wir ihre sicher gut gemeinten Ratschläge einfach nicht, oft nur aus purer Besserwisserei. In diesen Fällen glaube ich sie jedes Mal tief Schlucken zu hören, bevor sie mit deutlicher Resignation in der Stimme mitteilt, dass wir selbstverständlich auch diese Strecke fahren können. Nur dauere das eben etwas länger.
Heute war ich mit ihr alleine unterwegs. Ich erzählte ihr, wo ich anzukommen gedachte und sie errechnete flugs die ihr am günstigsten erscheinende Route.
Ich hatte nicht vor, mit ihr zu streiten, ich schwöre es. Allerdings war auf ihrer bevorzugten Straße eine Baustelle mit dazugehöriger Umleitung. Ich bog also ab. Sie dachte einen Moment lang nach und erklärte dann, diese Straße sei nicht ganz so gut wie die andere, daher solle ich doch bitte schleunigst wenden. Ich weigerte mich. Mit eiserner Selbstbeherrschung in ihrer Stimme behauptete sie, dass die ursprüngliche Straße die einzig selig machende sei, und ich jetzt bitte ganz schnell wenden solle. Ihrem Tonfall konnte ich entnehmen, dass sie mir andernfalls den Nachtisch vom Mittagessen streichen würde. Obwohl ich Nachtisch liebe, fuhr ich weiter geradeaus. Schließlich fand sie sich mit der von mir benutzten Route ab, machte aber zur Bedingung, ich solle wenigstens IRGENDWANN einmal rechts fahren, um mein Ziel doch noch zu erreichen. Das tat ich dann auch.
Auf dem Rückweg bat ich sie wiederum um ihre Hilfe. Allerdings musste ich feststellen, dass sie nachtragend war. Zwar zeigte sie mir den Nachhauseweg auf der Karte, sprach aber kein einziges Wort mehr mit mir.
Ich schlug ihr vor, noch einmal ganz neu zu beginnen. Daraufhin erklärte sie mir, sie warte auf ein Signal – also entschuldigte ich mich in aller Form bei ihr, in der Hoffnung, das sei Signal genug. Tatsächlich geruhte sie nach fünf Minuten wieder mit mir zu reden, allerdings schien sie etwas verwirrt zu sein. Sie sagte: „In 500 Metern fahren sie bitte geradeaus“. Da ich mich mitten auf der Autobahn befand, hatte ich das sowieso vorgehabt. Kaum war ich allerdings von der Autobahn gefahren, verwechselte sie aus purem Trotz ein paar Straßen. Hätte ich mich an ihre Angaben gehalten, wäre ich auf der Landebahn des Flughafens gelandet. Schließlich kommentierte ich jeden ihrer Vorschläge mit „Spinnst Du denn jetzt völlig?“
Die Autofahrer, die in mein Fenster geguckt haben, müssen sich ziemlich gewundert haben.
Allerdings ist die Dame zu Kindern nachsichtiger. Vor einiger Zeit unternahmen wir zusammen einen Ausflug, und ein Kind schlug vor, immer in die genau gegengesetzte Richtung von der zu fahren, welche die Dame uns vorschlug. Die Dame war etwas verwirrt. Nachdem auch der zehnte ihrer gut gemeinten Vorschläge nicht angenommen worden war, bekam sie endlich doch mit, welches perfide Spielchen mit ihr gespielt wurde. Sie besann sich einen Moment lang und konterte dann mit unüberhörbarer Befriedigung in der Stimme: „Bitte folgen sie die nächsten sechstausendvierhundert Kilometer dem Straßenverlauf.“
Die Dame hat Humor.



...to be continued...

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 12.10.2008

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für P., die immer drängelt...

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