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London,den 15.4.2012

Lieber Leser, liebe Leserin,
haben Sie sich schon einmal Gedanken gemacht, dass man heutzutage kaum noch Briefe schreibt. Man hat das Internet, Handys, Faxgeräte und vieles Mehr. Wobei das letztgenannte auch schon aus der Mode kommt. Aber kein Mensch käme auf die Idee einen Brief als Verständigungsmöglichkeit in Erwägung zu ziehen. Ich jedoch, wählte ihn aus um auf ihm, Ihnen meine Geschichte zu erzählen. Sie werden sich fragen wieso. Eine genaue Antwort auf diese Frage kann ich Ihnen leider auch nicht geben. Ich weiß es wirklich nicht. Was ich jedoch weiß ist, dass meine Geschichte so außergewöhnlich und aufregend ist, dass man sie irgendwo festhalten muss. Und ein Brief schien mir die Beste Möglichkeit dazu. Aber genug meiner Worte an Sie. Ich will beginnen: Ich wurde 1991 in Aylesbury, England geboren. Das liegt nicht weit weg von London und so beschloss mein Vater, ein Banker, und meine Mutter, eine vielbeschäftigte Anwältin, dort hinzu ziehen als ich neun war. Ich vermisste Aylesbury, war aber auch auf das Stadtleben gespannt. Meine Eltern hatten nie viel Zeit für mich. In London wurde das nur umso schlimmer. Ich war die meiste Zeit allein. Aber jetzt, im Jahre 2008 sollte mein Leben eine sehr unerwartete Wendung nehmen. Alles begann an meinem ersten Schultag in der Abschlussklasse. Ich war 17 und durfte meinen Abschluss früher machen, da ich die sechste Klasse übersprungen hatte. Der Morgen vor der Schule war chaotisch wie immer. Meine Mutter fuhr mich mit ihrem Auto zur Schule, da mein Vater schon weg war. Ich verabschiedete mich von ihr, wohlwissend dass ich sie erst wieder heute Abend kurz bevor ich schlafen ginge sehen würde. Ich stieg aus und blickte mich um. Der Schulhof war voll, wie immer eigentlich am ersten Schultag. Es bildeten sich Grüppchen. Da gab es die Erstklässler, die orientierungslos umherirrten oder Fangen spielten. Dann waren da die Mittelstufenschüler, die sich unterhielten. Das meiste was ich aus ihren Gesprächen heraushörte, war wie hässlich doch der Rock von Fleur Connelly, der damaligen Austauschschülerin aus Amerika wäre oder wie schrecklich doch die neue Farbe in den Mädchentoiletten sei. Ich merke erst jetzt wie sehr ich diese Gespräche und die Leute die diese Gespräche führten hasste. Es ist schlimm so oberflächlich zu sein, aber es ist bei Weitem schlimmer einmal wie ich dazugehört zu haben. Die letzte Gruppe war meine damalige aktuelle Gruppe. Die Oberstüfler. Die noch normalste Gruppe von allen. Als ich noch jünger war, wollte ich immer zu ihnen gehören, aber da ich eine von ihnen war fand ich es nicht mehr so aufregend. Wir redeten viel über die Schule und unsere Hobbies. Ich gesellte mich zu meinen Freunden. Alicia Smith, Austine Sanders und Amy Cartwright. Später bekam ich dann einen unbändigen Streit mit allen drein, der dazu führte, dass wir getrennte Wege gingen. Aber was mir auch erst klar wird, ich habe da noch nie reingepasst, allein schon wegen meinem Vornamen. Die Drei beginnen mit A ich allerdings mit J. Der Gong ertönte und wir wurden aufgefordert in unsere Klassen zu gehen. Ich weiß noch, dass ich wahnsinnig aufgeregt war, wer mein Abschlussjahrslehrer sein wird. In der Klasse angekommen, erfuhr ich, dass es Miss Elliott sein wird. Sie war jung und hübsch, aber leider unfähig zu unterrichten. Ich war sichtlich betrübt, als ich mich auf meinen Platz niederließ. Miss Elliott fing mit ihrem Unterricht an und erzählte uns wie aufregend es doch sei im letzten Schuljahr zu sein. Mich interessierte das alles wenig. Ich war früher bockig und wollte immer unabhängig sein. Ich ließ meinen Blick herum schweifen um einen Überblick zu bekommen wer es alles in die 13. Klasse geschafft hatte und wer nicht. Dabei blieb mein Blick an jemandem hängen. Jemandem, den ich hier noch nie gesehen hatte. Ich dachte mir, dass er Neu sein müsste, konnte jedoch meinen Blick einfach nicht von ihm wenden. Ich wusste nicht warum, aber er drehte sich zu mir um und musterte mich eindringlich. Erst wollte ich meinen Blick abwenden, doch ich lächelte ihn an. Nach einem kurzen Moment des Zögerns lächelte er zurück. Ich hatte noch nie viel mit Jungs am Hut, war die Einzige, die nie beim Flaschendrehen mitspielte. Aber dieser Junge übte eine unheimliche Anziehungskraft auf mich auf. Und das war sie wirklich, unheimlich. Die anderen Schulstunden verliefen nicht anders. Die Lehrer erzählten etwas über das 13. Schuljahr und ich und der Fremde schauten uns an. Am Ende des Ersten Schultags, stand ich von meinem Platz auf, packte meine Sachen zusammen und ging aus dem Klassenzimmer. Ich war enttäuscht, dass der Junge mir nicht nachgegangen war und mich angesprochen hatte. Ich war schon fast aus der Eingangstür der Schule, als mir jemand von hinten auf die Schulter tippte. Erst dachte ich nicht an den Fremden, sondern an eine meiner drei Freundinnen, aber er war es. „Hallo, mein Name ist William Seymour, aber nenn mich doch Will.“, sagte er mit dem freudigsten Lächeln, das es gibt. Ich werde nie diese ersten Worte vergessen, die er zu mir sagte, und natürlich meine Antwort darauf. Oh, mein Name ist Jolice Cole, aber ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mich Joli nennen würdest.“ Der nun nicht mehr Fremde nickte und fuhr fort: „Wie findest du das letzte Jahr hier?“ „Ganz okay, ich schätze es hätte besser anfangen können. Mit jemand anderem als Miss Elliott zum Beispiel“ Er lächelte verschmitzt und fragte mich: „ Was machst du heute Nachmittag?“
„Wieso?“, fragte ich dümmlich. „Ach, ich wollte dich vielleicht zum Essen einladen.“ „ Wir haben Drei Sätze miteinander gewechselt und schon willst du mit mir Essen gehen?“ „ Warum nicht? Ich würde dich gern näher kennenlernen und so würde ich dir eine Möglichkeit bieten mich besser kennenzulernen.“ Gab er kess zurück. Ich wusste nicht was es war, aber irgendetwas an der Art wie er sprach war eigenartig. „Na gut, aber ich bestimme das Lokal.“ „Wie du willst. welches wählt die Lady denn aus?“ „Ich bin für das `Rumar Inn‘, von hier aus drei Straßen weiter. Einverstanden?“
Will nickte und verabschiedete sich von mir. Dabei hätte ich schören können, dass er kurz davor war eine Verbeugung zu machen. Ich war mir sicher, dass irgendetwas an ihm nicht stimmt, was sich sehr bald als wahr herausstellen sollte.
***
Um Punkt 13 Uhr kam ich an dem Lokal an und beschloss drinnen auf Will zu warten, da es anfing zu regen. Ich suchte mir einen Zweiertisch am Fenster aus, auf dem eine rote Kerze vor sich hin flackerte. Außer mir waren nur vier andere Gäste im Restaurant. Ein Vater, der mit der einen Hand Eintopf aß und mit der anderen einen Kinderwagen vor und zurückrollte. Der Mann sah traurig aus. Ich liebte es, Menschen zu beobachten und dann zu überlegen warum sie die Gefühle die sie haben, empfinden. Aus diesem Mann schloss ich, dass er ein alleinerziehender Vater war, der vor kurzem seine Arbeitsstelle verloren hatte. Außer diesen beiden gab es noch ein Pärchen, das sich permanent stritt. Der Mann versuchte immer wieder die Frau zu beruhigen und ihre Hand zu halten, aber sie ging nicht darauf ein. Eine Minute später war sie vom Tisch aufgesprungen und aus dem Lokal gestürmt. Ich schloss daraus, dass der Mann sie betrogen haben muss. Diese „Spiele“ machten das Warten erheblich angenehmer. Aber irgendwann tauchte Will Seymour auf. Es kam mir so vor, als sähe er noch besser als heute Morgen aus, auch wenn das schon fast unmöglich war. „Guten Tag, Joli, hast du schon bestellt?“ „Hallo Will und nein habe ich noch nicht.“, gab ich zurück. Ein Lächeln huschte ihm übers Gesicht. „ Na dann wollen wir das doch ändern.“ Er rief die Bedienung her und wir bestellten. Als die Kellnerin weg war schaute Will mich lange und eingehend an. „Stimmt irgendetwas nicht? Hab ich da vielleicht etwas?“, fragte ich verdutzt. „ Nein, ich finde nur du siehst wunderschön aus.“, sagte er lächelnd. Ich errötete. „ Danke, du auch?!“ sagte ich. Das brachte ihn zum Lachen. „ Also, wie lange wohnst du schon in London?“, fragte er. „ Seit 8 Jahren. Wir sind aus Aylesbury hergezogen.“ „Ah, Aylesbury, dort war ich schon einmal“, gab er zurück. „Aber jetzt zu dir, seit wann bist du in London?“, fragte ich ihn. „Noch nicht sehr lange. Ich bin im Sommer mit meiner Schwester und meinem Bruder von Griechenland hierhergezogen.“ „Wahnsinn, Griechenland für London zu verlassen muss für dich echt hart gewesen sein. Ich meine die Sonne, den Strand und das Meer.“ „Nein, es war kein allzu großer Verlust. Wir ziehen öfters um.“ Ich wollte nicht unhöflich sein und fragte auch nicht warum, denn ich spürte, dass er mir das nicht preisgeben würde. Stadtdessen sagte ich: „Wer sind denn deine Geschwister? Gehen sie auch bei uns auf die Schule?“ „Nein. Meine Schwester Rose ist zu jung für die weiterführende Schule, denn sie wird erst nächstes Jahr 11 und mein Bruder Adam, der ein Jahr älter ist als ich, hat sich entschieden auf eine andere Schule zu gehen.“ „Achso. Was ist eigentlich mit deinen Eltern?“ „Die sind beide tot. Schon seit einer halben Ewigkeit. Flugzeugabsturz.“, gab er zurück. „Und wo steht euer Haus hier in London?“ „ In der Quartermaineroad. Wir wohnen nicht direkt in London, sondern in einem Vorort.“ „ Die Quartermaineroad in Camden? Die ist nur zwei Straßen von unserem Haus entfernt!“ „Dann würde ich mich freuen wenn du mich besuchen würdest. Dann kann ich dir meine Familie vorstellen.“ „Warum eigentlich nicht?“ Das Essen kam und unser Gespräch wurde beendet. Als ich fertig war, wollte ich bezahlen. Will hielt mich jedoch zurück und bezahlte das gesamte Essen. Ich bedankte mich ausgiebig bei ihm und verabschiedete mich. Ich nahm die U-Bahn nach Hause. Als ich dort angekommen war und meine Zimmertür hinter mir geschlossen hatte, bemerkte ich erst das Grinsen, das ich im Gesicht hatte. Ich glaube ich war verliebt. Ich kannte Will Seymour gerade mal ein paar Stunden. Aber wie schon gesagt, ich war ihm vom ersten Moment verfallen. Ich erledigte meine Hausaufgaben und ging danach zum Telefon um die Nummer meiner Cousine, Evelyn Cole, zu wählen. Sie war meine Vertraute. Anders als Alicia, Austine und Amy. Uns verband mehr. Evelyn wohnte in Australien und ich sah sie nur alle zwei Jahre mal. Leider war sie nicht da und ich beschloss noch irgendetwas zu unternehmen. Und da kam auch schon meine Gelegenheit: Das Telefon fing an zu klingeln. Ich nahm schon beim zweiten Mal ab und erkannte an dem schallenden Gelächter sofort, dass das Amy war. „Hey Jolice, ich dachte mir, ich gebe heute Abend mal ne kleine Party. Kommst du?“ „Klar. Warum nicht? Ich hab heute Abend sowieso nichts vor.“ „Supi. Dann um sieben bei mir. Achja und du darfst selbstverständlich einen scharfen Typen mitbringen, sofern du einen kennst.“ Damit beendete sie unser Gespräch und legte auf. Damals dachte ich mir nichts dabei. Das war nur Amy. Aber heute könnte ich mich ohrfeigen, dass ich ihr damals nicht meine Meinung zu ihrem Umgang mit mir gesagt habe. Naja. Ich spielte mit dem Gedanken bei Will anzurufen und ihn zu fragen, ob er mit- kommen möchte, verwarf diesen jedoch gleich. Ich wollte die Unnahbare spielen und wenn ich ihn angerufen hätte, wäre dieses Image zerstört worden. Ich beschloss allein dort aufzukreuzen. Ein schneller Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich ziemlich spät dran war, da es schon sechs Uhr war. Ich sprang schnell unter die Dusche und schmiss mich nach dem Schminken in einen ultrakurzen Fummel, den mir meine Tante Kathy zum 16. Geburtstag schenkte. Ich war stolz auf mich. Er passte immer noch. Es war ein Kleid, das geradeso zur Hälfte meine Oberschenkel bedeckte und einen ziemlich tiefen Ausschnitt besaß. Außerdem war es über und über mit grünen Pailletten besetzt, die in verschiedenen Tönen auftraten. Mal hell, mal dunkel. Ich wusste eins: Meine Mutter würde mich nie so weggehen lassen. Sie wollte das Kleid schon damals lieber der Wohlfahrt stiften. Mein Vater wäre definitiv auch dagegen. Allerdings ist er noch nicht von der Arbeit zurück und was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß. Es war schon zehn vor sieben als ich mich dazu entschloss aus dem Haus zu schleichen. Ich schlich mich leise die Treppe hinunter und zog noch nicht meine High Heels an, um keinen Lärm zu verursachen. Wenn ich es am Wohnzimmer vorbei schaffen würde, könnte ich ohne weitere Probleme gehen. Allerdings saß meine Mum im Wohnzimmer und sah sich eine Dokumentation über Eisbären an. Das schlimmste daran war aber, dass meine Mum ein unheimlich gutes Gehör besaß. Ich schlich mich also leise vorbei und hatte es fast geschafft, als meine Mutter ohne sich umzudrehen sagte: „ Schatz, wo willst du so spät noch hin?“. Man konnte das Misstrauen in ihrer Stimme förmlich riechen. „Zu Austine und den anderen. Wir treffen uns alle bei ihr und wollen noch unser Forschungsprojekt für Morgen fertig bekommen“, log ich dreist. „Aha. Das Forschungsprojekt. Und warum könnt ihr das nicht in einer Telefonkonferenz am Telefon machen?“ „Weil deren Telefone kaputt sind“. Das war mit Abstand die dämlichste Lüge in meinem ganzen Leben. Jetzt war ich der Meinung, dass ich geliefert wäre. Aber meine Mutter sollte mich überraschen. „ Na gut, Liebling. Dann geh mal schon dein Forschungsprojekt vorbereiten. Ich wünsche dir viel Spaß, sei aber bitte wieder pünktlich um spätestens 10.00 Uhr zuhause.“, sagte sie. Mit dieser Aussage hätte ich nicht gerechnet. Ich war mir sicher, dass sie wusste, dass ich log, aber sie sagte nichts dazu. Ich nickte kräftig und verschwand dann zur Tür hinaus. Amys Haus war nur fünf Straßen weiter. Es hatte Vorteile im gleichen Ort zu wohnen. Ich hatte um die zehn Minuten wegen dem Gespräch mit meiner Mum verloren. Deswegen rannte ich jetzt. Ich kam sogar am Haus von Will Seymour vorbei. Es war wunderschön. Ich wohnte in Camden schon seit nunmehr 8 Jahren und doch ist mir dieses Haus nie aufgefallen, obwohl es ziemlich alt aussieht und obwohl ich hier öfters vorbeikomme. Teile des Hauses waren mit Efeu überwachsen und es sah etwas düster aus. Es passte irgendwie nicht ganz in die Nachbarschaft und doch war ich irgendwie angetan von ihm. Wahrscheinlich weil es gerade so außergewöhnlich war und ich das Außergewöhnliche liebte. Die Vorhänge im ganzen Haus waren zugezogen, aber man konnte dennoch erkennen, dass in fast jedem Zimmer Licht brannte. Voll Ehrfurcht stand ich davor. Dann bemerkte ich sie. Eine Gestalt beobachtete mich von einem der oberen Fenster aus. Ich konnte nicht erkennen wer es war, aber mich durchzog ein kalter Schauer als ich denjenigen entdeckte. Er verschwand sofort. Ich musste weiter, da ich mittlerweile schon 20 Minuten zu spät war. Ich rannte immer noch und kam völlig außer Atem bei Amy zuhause an. Ich klingelte und ein Wildfremder öffnete mir die Tür. Ich hielt das für eine nette kleine Party mit Amys engsten Freunden, aber das Bild, das sich mir bot als ich eintrat war ein gänzlich anderes: Total betrunkene, zugedröhnte Teenager. Sogar sehr viele zugedröhnte Teenager und keinen davon kannte ich. Ich ging ein paar Schritte nach vorn und warf einen Blick in das Wohnzimmer. Die Musik, die der DJ gerade auflegte war ohrenbetäubend laut und alle tanzten wie in Trance darauf. Ich wollte Amy oder Austine oder Alicia finden, also beschloss ich nach oben zu gehen. Ich quetschte mich durch eine Gruppe rauchender Leute, die mit Sicherheit noch zu jung dafür war und fand mich im oberen Stockwerk wieder. Hier lagen überall Teenies herum und küssten sich. Ich wendete meinen Blick ab und ging in Amys Zimmer in der Hoffnung sie dort zu finden. Ich schloss die Tür hinter mir und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Als ich sie wieder öffnete stand jemand vor mir. Ein Junge, etwa 19, dunkel Haare, fast schwarze Augen kam auf mich zu. „Hallo Kleine. Was machst du denn hier? Ist es nicht ein bisschen zu spät für kleine Mädchen um auf Partys zu gehen?“, sagte er in einem nicht zu übersehenden betrunkenen Zustand. Ich wollte den Türknauf hinter mir umdrehen und abhauen, aber er klemmte. Ich saß in der Falle. Er kam ein paar Schritte auf mich zu. „Aber, wenn du schon mal hier bist, lass uns doch wenigstens ein bisschen Spaß haben.“ Ein Lächeln und ein Ausdruck der Genugtuung huschten ihm übers Gesicht. Er drängte mich langsam zum Bett. Ich wusste einfach nicht was ich tun sollte. Ich hatte kein Pfefferspray oder Ähnliches dabei und kam mir in meinem kurzen Kleidchen angreifbar vor. Ich nahm aber allen Mut zusammen und sagte ihm klar ins Gesicht: „Lass mich in Ruhe, sonst schreie ich.“ „Ach wie süß. Die Kleine will schreien, na dann viel Glück.“ Er strich mir am Arm entlang. „Fass mich nicht an“ „Und wenn doch?“ Er packte mich. „ Ich sagte Fass mich nicht an!“ und fing an schreien. Urplötzlich hämmerte jemand gegen die Tür, bis sie von selbst aufsprang. Ich löste mich aus den Fängen den Jungen und schaute den Mann in der Tür an. Es war Will Seymour. Ich schaute ihn verdutzt an und flüchtete mich dann auf seine Seite. Er ging auf den Jungen zu und schlug ihn direkt ins Gesicht. Der Junge strauchelte und fiel rückwärts um. Will drehte sich um, packte mich an der Hand und rannte mit mir Treppe. Er brachte mich durch die Menschenmengen hindurch nach draußen an die frische Luft, wo es still und leise war. Ich nahm das alles irgendwie in Trance war. Als wir draußen waren, schaute er mich an und nahm mein Gesicht in seine Hände. „Alles in Ordnung, Jolice? Ich glaube ich war noch rechtzeitig da.“ Ich nickte und sagte: „Ja, das warst du.“ Allerdings brach ich danach in Tränen aus. Will nahm mich in den Arm. Heute kommt es mir lächerlich vor. Ich kannte Will noch nicht lange zu diesem Zeitpunkt und schon heulte ich mich an seiner Schulter aus. „Komm ich werde dich erst mal nach Hause bringen.“, sagte er liebevoll nachdem ich mich ausgeweint hatte. „Nein. Das geht nicht. Meine ganze Schminke ist verlaufen und meine Mutter wird sehen dass ich geweint habe. Sie wird Fragen stellen und das führt zu einem kolossalen Streit. Meine Eltern wissen nichts von der Party. Sie denken ich bin bei einer Freundin um ein Forschungsprojekt vorzubereiten. Außerdem ist es erst zehn nach neun. Also wird meine Mum Verdacht schöpfen, wenn ich schon so früh zuhause bin.“ „Dann komm einfach mit zu mir. “ „Oh Will, danke. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Ich nehme dein Angebot gerne an, aber nur bis zehn Uhr. Spätestens.“ Ich musste kurz lächeln, aber meine Erinnerung an dieses Szenario in Amys Zimmer vermiesten mir es gründlich. Will nickte und lief vor. Ich begann auch meine Füße in Bewegung zu setzten und folgte ihm. „Sind deine Geschwister überhaupt damit einverstanden, dass ich zu euch komme?“ „Ich denke ja. Rose sollte eigentlich in ihrem Zimmer sein und Adam, nun ja, ich weiß nicht ob er überhaupt zu Hause ist.“ Ich war still und dachte darüber nach und ohne noch etwas Weiteres zu sagen, erzählte Will weiter. „Adam ist nicht unbedingt der Kontaktfreudigste Typ. Er ist ziemlich in sich gekehrt. Früher hatten wir beide ein gutes Verhältnis zueinander und waren so etwas wie Beste Freunde. Aber seit unserem Umzug zog er sich immer mehr vor mir zurück.“ „Ich habe zwar keine Geschwister, aber ich stelle mir es schlimm vor, meinen besten Freund zu verlieren.“ „Ja. Aber Rose ist klasse. Sie bringt mich immer zum Lachen oder zum Weinen. Je nach dem was sie anstellt. Es ist bestimmt auch nicht einfach unter zwei fast erwachsenen Jungen zu leben.“ „Wie verständnisvoll“, gab ich zurück. Er lächelte mich darauf an. In diesem Augenblick hätte ich ihn am liebsten geküsst, aber wir waren an seinem Haus angelangt. Will ging vor und öffnete die Tür um sie mir dann aufzuhalten. Es war zwar nicht mehr üblich, aber dieser Gentleman in ihm gefiel mir. Ich trat ein und sofort umhüllte mich ein morscher Duft. Die Einrichtung war sehr altmodisch. Es sah aus als hätte, dieses Haus seit Jahrzenten niemand mehr betreten. Als einziges fehlten die Spinnenweben. Das fiel mir auf: In diesem Haus war es blitzblank. Nicht das kleinste bisschen Staub; trotz der alten Möbel. Die Empfangshalle des Hauses, oder besser gesagt der Villa war unglaublich groß. Dieses Haus war fantastisch. Es war das schönste, was ich seit langem gesehen hatte. Will lächelte, als er meinen erstaunten Blick sah.

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Texte: All rights reserved to me
Tag der Veröffentlichung: 25.04.2011

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Widmung:
Für Ihn, weil er immer an meiner Seite war.

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