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Prolog


Jede Sekunde stirbt ein Mensch, der eine qualvoll, der andere sanft, in jeder Sekunde erblüht göttliches Leben, das Wunder der Geburt, meist weit voneinander getrennt, selten in relativer Nähe und sehr selten bedingt das Eine das Andere.




Es war ein stürmischer Novembertag. Regen prasselte nieder als würde er aus Kübeln geschüttet. Der Wind versuchte die Bäume auszureißen und zwang gnadenlos Sträucher zu Boden. Kälte und Nebel durchzogen die versteckte Talsenke in den französischen Alpen, weit abgeschnitten von der Menschheit, noch im Urzustand der Natur, wild und unbarmherzig. Am Rand des Waldes stand eine kleine Blockhütte, kämpfte gegen die Naturgewalten. Von weiter weg war sie unmöglich erkennbar, vor allem bei diesem Wetter. Fenster gab es keine, nur eine schwere, eichene Holztüre.
Die Hütte selbst war spärlich eingerichtet, eine Feuerstelle in der Mitte des einzigen Raumes und eine Holzpritsche, versteckt an der Nordwand, auf der eine schöne schwarzhaarige Frau lag, nackt. Sie wand sich und schrie vor Schmerzen. Ihr dicker vorgewölbter Bauch schien ein Eigenleben zu führen. An ihrer Seite kniete ein junger Mann und hielt ihre Hand.
„Vater wird jeden Moment kommen. Und er hat sicher etwas Essbares dabei.“ Kam sanft über seine Lippen. Die Frau schrie plötzlich auf und verkrampfte sich. Wieder eine Wehe, schon eine Presswehe.
„Wenn er nicht bald da ist, sterbe ich, mit dem Kind. Es ist bald soweit, ich spüre es Aaron.“
Wieder ein Schrei. Aaron wurde nervös, er wusste nicht, was zu tun war, konnte ihr nicht helfen, sie nur an der Hand halten und warten.
Die Abstände der Wehen wurden immer kürzer. Victoria, der Name der bild-schönen Frau, schrie immer heftiger. Sie presste und presste, schrie und schrie und viel allmählich in eine Art Delirium. Ihr Becken schob sich bei jeder Wehe vor.
Nach Minuten der Qual ein greller Schrei. Mit der Wehe kamen Blut und Fruchtwasser. Sie presste immer weiter, viel zu unrhythmisch. Aaron konnte schon den Kopf des Kindes erkennen. Langsam kämpfte sich das Kleine aus dem Körper der Frau. Victoria war nicht mehr in dieser Welt. Die Schreie durchdrangen das einsame Tal.
Aaron zog an dem Kind, was sollte er sonst machen, und plötzlich war es in seiner Hand, ein Mädchen, blut- und schleimverschmiert. Die Nabelschnur hing herunter.
Victoria kam kurz zu sich.
„Schneid die Nabelschnur ab und versuche Elisa zu retten. Du weißt, was du tun musst, wir haben es hundertmal durchgesprochen. Mir ist nicht mehr zu helfen. Mach schnell.“
Aaron band die Nabelschnur beidseitig mit einem Tuch ab und schnitt sie schnell durch. Danach setzte er das Messer an Victorias Kehle, zögerte jedoch, hatte nicht die Kraft seine Mutter zu töten.
„Mach schon, sonst nehme ich dir das Messer weg und mache es selbst!“ Brüllte Victoria mit letzter Kraft.
In diesem Moment sprang die Tür auf und ein heftiger kalter Windzug durch-strömte den Raum.
Ein schlanker Mann, umhüllt mit einem schwarzen Umhang, stand an der Türschwelle, auf seinen Schultern ein verwahrlostes Etwas, um die Vierzig, bewegungslos, fast wie tot, jedoch nur bewusstlos.
Schnell warf der Fremde seine Last ab und eilte zu Aaron und Victoria.
„Endlich bist du da Vater, Mutter stirbt.“
„Bist du das wirklich Enil?“ Hörte er sie leise flüstern.
„Ja mein Schatz, alles wird gut. Es ist nicht zu spät. Du musst nur noch ein paar Minuten durchhalten.“
Er eilte zum Bettler, den er auf einer verlassenen Straße aufgelesen hatte. Schnell trug er ihn zu Victoria und dem Baby.
Aaron reichte ihm das Messer. Enil schnitt dem Mann die Halsschlagader auf und der rote Lebenssaft spritzte heraus. Er nahm Elisa und legte ihren Kopf an die Wunde. Das Baby spürte die warme Flüssigkeit, sein kleiner Mund vergrub sich im Nacken des Mannes und es begann zu saugen. Nach wenigen Minuten hob er die Kleine auf.
„Nun du Victoria, ich lege ihn direkt auf dich.“
Victoria spürte das Blut, spürte die Lebensenergie. Mit letzter Kraft biss sie zu und während sie saugte, spürte sie, wie sich ihr Körper regenerierte. Nach wenigen Minuten war der Leichnam blutleer. Enil nahm die Reste und warf sie achtlos in eine Ecke. Er nahm Elisa und legte sie auf die Brüste seiner Frau. Gesättigt und müde von den Strapazen schlossen Mutter und Kind die Augen und nach wenigen Minuten fielen beide in einen tiefen Schlaf.


Jagt



Jedes Raubtier hat seine eigene Art zu jagen, hat seine Methoden und Techniken perfektioniert und der Umgebung angepasst. Sollte sich das Umfeld, die Umgebung des Raubtiers ändern, kann es nötig sein, die Techniken den neuen Umständen anzupassen. So variabel die Jagdtechnik sein kann, so unveränderbar bleibt das Motiv: Schnell und sicher die Beute niederzustrecken, um den Hunger zu stillen.




Der klare Sternenhimmel wurde immer wieder von ein paar Wolkenfetzen getrübt, Neumond. Es war eine angenehme Sommernacht, nicht schwül oder heiß, sondern leicht frisch, abgekühlt von den letzten Regentagen.
Zusammengerollt kauerte ich unter einer Eisenbahnbrücke. Mein schwarzes Ledergewand ließ mich mit der Umgebung verschmelzen. Verträumt in den Himmel blickend dachte ich nach, über mein Leben, über den Sinn. Angeblich befand ich mich gerade in einem schwierigen Alter, vom Mädchen zur Frau, aufgewühlt und rebellisch.
Was meine Eltern von mir erwarteten war klar. Ich sollte in naher Zukunft einen Gefährten suchen, heiraten und ein Kind bekommen. Es war nicht so wie bei den Menschen, eine Vampirfrau konnte nur alle fünfzig Jahre mal schwanger werden. Einen Gefährten, der Gedanke allein schon war grauenhaft. Es gab nicht viele meiner Art, zumindest meines Wissens nach, und sie waren auf der ganzen Welt verstreut. Jeder Clan hatte sein eigenes Territorium, oder Jagdgebiet, wie ich auszudrücken pflegte.
Meine Eltern, die Familie de Dicount, beanspruchte in etwa Frankreich, Deutschland und Österreich. Wir besaßen überall Villen und Wohnungen, auch kleine Firmen und Betriebe. Mein Vater war ein angesehener, reicher Geschäftsmann, nach außen hin.
Heiraten hieß die gewohnte Umgebung zu verlassen, denn ein Mädchen wechselte zum Clan des Gefährten. Heiraten hieß seine Freiheit zu verlieren, und das widersprach in einigem meinen Wünschen. Und was war mit der Liebe. Natürlich wollte ich mich verlieben, keine Vernunftheirat. Alles sinnlos, aber so leicht würde ich mich nicht klein kriegen lassen.
Ich blickte noch einmal in den Sternenhimmel und verdrängte alle Gedanken aus meinem Kopf. Momentan musste ich mich um etwas anderes kümmern. Ich hatte Hunger, richtigen Hunger, hatte wieder einmal zu lange gewartet. Jeder hatte seine eigene Art zu jagen, und ich genoss es besonders, aber diesmal würde ich es relativ schnell über die Bühne bringen. Dafür war die Gier schon viel zu groß.
Gemächlich streckte ich meinen ganzen Körper und stieg die Böschung hinauf. Mein rötlich braunes halblange Haar flatterte im Wind. Ich beneidete meine Mutter Victoria. Sie hatte tiefschwarzes, ewig langes Haar, davon konnte jede Frau nur träumen, und jeder Mann konnte sich glücklich schätzen, solch eine an seiner Seite zu haben. Oben angekommen stand meine 750er Yamaha, ich liebte das Motorradfahren. Es war zwar etwas gefährlich, aber vermittelte mir ein Gefühl der Freiheit. Schwarz mit exotischen roten Mustern, eine Sonderlackierung, auf die ich immer stolz gewesen war und die mir immer noch gefiel. Ich blickte Richtung Stadt, die hellen Lichter zeugten vom Leben, das dort herrschte. Und dieses Leben brauchte ich, löschte es aus, um selbst weiter zu leben. Ich hasste die Menschen nicht, sie waren auch nicht nur Beute, ich vergnügte mich sogar mit ihnen, aber zum Schluss kam es auf dasselbe heraus. Früher hatte ich mal die alten religiösen Kontexte gelesen. Demnach wären wir und die Menschen sogar verwandt. Beide Rassen stammten angeblich von Adam und Eva ab, mit einem Unterschied, meine Rasse wurde im Paradies geboren, darum unsere theoretische Unsterblichkeit, die Vorfahren der Menschen jedoch aber erst nach der Verbannung, tja Pech.
Ich setzte den schwarzen Sturzhelm auf und startete meine Maschine, machte mich auf den Weg in die Stadt. Es gab ein nettes Lokal in Wels, klein aber geschmackvoll eingerichtet, das Dark Times, eigentlich ein recht sinnloser Name. Es lag am Rande der Stadt, etwas abseits der Wohnhäuser. Während ich langsam durch die Innenstadt fuhr, schließlich versuchte man ja Aufmerksamkeit zu vermeiden, überlegte ich, ob ich mich noch umziehen, oder gleich so ins Lokal fahren sollte. Ich entschied mich einen Abstecher nach Hause zu machen, um mich passender zu kleiden.
Nach einer kurzen Fahrt durch die Innenstadt erreichte ich das nördliche Randgebiet von Wels. Ich bog in die Voreggstrasse ein und sah an deren Ende die Einfahrt meines kleinen Häuschens, die durch zwei große Eisentore versperrt war. Das ganze Grundstück, auch wenn es nicht allzu groß war, wurde von hohen Hecken umgeben. Ein Knopfdruck auf die feuerzeuggroße Fernbedienung, die ich aus meiner Brusttasche zog, ließ die beiden Flügel des Tores langsam nach innen aufschwingen. Gemächlich rollte ich die Yamaha in die Garage, die sich mit demselben Gerät öffnen ließ. Drinnen parkte noch mein schwarzes A4 Cabrio, mit dem ich heute ins Dark Times wollte.
Von der Garage führte eine Tür in den Vorraum. Ich rannte die Treppe hinauf und nahm gleich die erste Tür links, mein kuscheliges Schlafzimmer. Der Raum war eigentlich recht klein. Rechts vom Eingang stand mein Doppelbett, überzogen mit einer fliederfarbenen Tagesdecke, alles sauber zurecht gemacht, die beiden Nachtkästchen hatten ein gleiches Deckchen nur in passender Größe. Bett und Nachtkästchen waren einfach gehalten, alles aus schwarzem Formstahl gefertigt.
Auf der anderen Seite befanden sich zwei große Schiebetüren, mit denen ich meinen etwas übergroßen begehbaren Schrank öffnen konnte, der fast gleich viel Platz in Anspruch nahm wie das gesamte Schlafzimmer. Schnell schlüpfte ich aus den Ledersachen, zog mein T-Shirt aus und warf alles achtlos auf den hellen Laminatboden. Die Motorradstiefel stellte ich in den Teil des Schrankes, der für die Schuhe gedacht war. Die schwarze Strumpfhose ließ ich an. Nach einigen hin und her entschied ich mich für ein knielanges schulterfreies Kleid, einfach und ohne Rüschen oder dergleichen. Es brachte meine zierlichen aber schön geformten Brüste richtig zur Geltung und das kleine Silberkreuz, das ich schon ewig trug, passte auch gut dazu. Für die Füße kamen nur die mattschwarzen Halbschuhe mit den kleinen Absätzen in Betracht.
Schnell flitzte ich die Treppe hinunter in die Garage, die Türen fielen knallend ins Schloss. Der A4 war vollgetankt und ich fuhr los, hinter mir schlossen sich die Tore, ich war bereit mich zu amüsieren und zu jagen. Das Dark Times lag auf der anderen Seite der Stadt, also hatte ich noch genügend Zeit mich während der gemütlichen Fahrt etwas zu Recht zu machen, ein Reisebeutel lag so und so immer am Beifahrersitz. Mit einer Hand schüttelte ich den Inhalt des Kulturbeutels auf den dunkelblauen Sitzbezug.
Das Make-up gab meinen Wangen einen leicht rosa Touch, nur ganz sanft, ich war stolz auf meine blasse, fast schon elfenbeinweiße Haut, die Lippen bearbeitete ich mit rotem Lipgloss, schnell kämmte ich meinen Wuschelkopf. Das reichte, schließlich war ich immer bezaubernd und die Männer lagen mir zu Füßen, wenn ich wollte, auch ohne diese Spielereien, aber für mich gehörte es einfach dazu, immerhin war ich trotz allem eine Frau. Wir hatten den Vorteil, dass wir auf das andere Geschlecht nahezu unwiderstehlich wirkten, wenn wir wollten. Meist umgaben wir uns aber mit einer Art Aura, mit der wir uns in unserer Umgebung unscheinbar bewegen konnten. Wir wirkten dabei einfach nur mittelmäßig, nicht besonders, eben nur unterer Standard und fielen dabei nicht auf, wenn wir unter den Menschen wandelten. Öffnen konnte ich die Aura entweder für einen Einzelnen, auch wenn er in einer Gruppe war, oder für die gesamte Umgebung, mehrere Abstufungen waren leider nicht möglich, zumindest wusste ich nichts davon, dass ein Vampir mehrere Personen herausselektieren konnte.
Ich bog links ein und sah schon die Lichter des Dark Times, tiefrot, nicht kit-schig, dafür düster und unheimlich. Das Lokal lebte großteils von Stammkunden, es kamen auch immer einige, die sich verliefen oder einfach nur neugierig waren. Die Leute kamen aus der Dark Wave oder Gothic Szene inklusiv einem kleinen Gemisch aus Allerlei. Der Parkplatz war voll, aber nicht überfüllt, schnell fand ich Platz für mein Auto. Ich stieg aus, streifte das Kleid zu Recht und schritt Richtung Eingang, an dem Uwe, der hauseigene Türsteher, stand und gelangweilt um sich blickte.
„Hallo Uwe, alles klar bei dir?“ Fragte ich ihn mit einem sanften Lächeln, nicht gespielt, ich mochte ihn. Ich hatte nichts gegen Menschen, hatte viele Freunde unter ihnen, und einen solchen würde ich auch nie töten.
„Klar Elisa, hübsch bist du heute, schon lange nicht mehr gesehen.“
„Danke mein Starker, aber versuche nicht mit mir zu flirten, wenn das deine Angie mitkriegt, reißt sie mir oder dir den Kopf ab.“ Angie war Uwes hübsche Verlobte und meine beste Freundin. „Du weißt ja die Arbeit, ich bin momentan sehr viel unterwegs, in Kürze vielleicht sogar für länger, da brauche ich dann jemanden, der meinen Laden führt oder ich sperr ne Zeit zu.“
„Länger?“
„Ja, ich muss geschäftlich nach Amerika, und leider wollen das meine Eltern dann auch mit einigen privaten Besuchen verknüpfen. Da ich sie ohnehin kaum sehe, werde ich ihnen das auch kaum ausschlagen können. Tja und alles in allem kann das schon mal ein paar Monate dauern. Aber das dauert noch ein wenig, bis dahin geh ich dir sicher noch einige Male auf die Nerven.“
„Hehe, ne Liz, freu mich immer dich zu sehen, bist schließlich Gast der ersten Stunde, wie eine kleine Familie.“
„Familie ist gut, das heißt für mich heute Freigetränke?“ Grinste ich.
Uwe lachte. „Natürlich Liz, sag Karl das erste und letzte Getränk geht auf meine Kosten.“
„ Hehe, danke Uwe, das werde ich sicher ausnutzen. Schick Angie die nächsten Tage mal zu mir, ich habe einige nette Sachen für sie, und du weißt ja, wenn ich sie einlade, dann wird das nicht unbedingt teuer für sie.“
„Werde ich ihr ausrichten, sie freut sich sicher darauf.“
Uwe und Angie waren ein nettes Paar und auch lustig anzusehen, wenn sie gemeinsam unterwegs waren. Angie war nicht allzu groß, so einmeterfünfzig und sehr zierlich. Sie hatte wunderschönes langes blondes Haar und ein Püppchengesicht. Uwe dagegen war groß und bullig, ein kantiges Gesicht, die Haare kurz geschnitten. Ich kannte beide seit der Eröffnung des Dark Times. Angie studierte und half von Zeit zu Zeit als Kellnerin aus, Uwe war hauptberuflich Lagerarbeiter und am Abend Türsteher, soviel ich wusste, war er auch am Lokal beteiligt. Trotz deren unterschiedlichem Umfeld waren beide ein wirklich unzertrennliches Paar und es war nett anzuschauen, wie verliebt sie in einander waren.
Ich trat ins verrauchte Lokal, wurde empfangen von düsterer Beleuchtung und den Beats von Tristania, Mortens Stimme dröhnte durch den Raum. Am Eingangsbereich befand sich eine dunkle eichene Wandgarderobe, wie der Rest des Inventars, schwarz gefärbte Eiche, die Stühle dunkelrot gepolstert, im Stil vergangener Zeiten. Kerzen zierten die runden Tische, groß genug für vier Stühle. Rechts vom Eingang wiegten sich die tanzfreudigen Gäste im Rhythmus der Musik. Am Ende des Raums wuchs die Bar aus dem Boden, dahinter Karl, der in geübter Routine die Drinks mixte. Er sah zufällig in meine Richtung, lächelte und winkte mich zu sich.
Die Barhocker waren alle besetzt, also blieb mir nichts anders übrig als zu stehen.
„Hi Liz, sieht man dich auch wieder mal!“ Begrüßte er mich lautstark und wandte sich dem Jungen zu meiner rechten zu. „Und John? Willst du nicht einer Lady Platz machen, oder muss ich dir Manieren beibringen.“
Ich wollte abwinken aber John erhob sich schon mit einem Grinsen. „Sicher doch. Mylady, Ihr Platz. Stets zu Ihren Diensten.“ Theatralisch verbeugte er sich.
„Danke dir, aber das wäre nicht nötig gewesen.“ Ich schaute Karl vorwurfsvoll an, aber er hörte nicht auf zu grinsen.
„Wenn es meine Zeit zulassen würde, käme ich jeden Tag, aber das weißt du ja. Übrigens Karl, Uwe ließ es sich nicht ausreden mir heute meine Getränke zu zahlen.“
„Na super, wieder keine Chancen bei dir. Er hat es einfacher, sieht dich immer vor mir.“
„Was soll’s Karl, es sind genügend hübsche Mädchen hier, da ist auch was für dich dabei denk ich mir.“
Er gab mir lachend mein Mineralzitron und bereitete Ninas Bestellungen vor.
Ich machte es mir auf dem Barhocker gemütlich und überblickte das Lokal. Die Gäste waren so zwischen zwanzig und dreißig Jahre alt. Uwe war da recht pragmatisch, Kinder durften nicht herein. Auch was den Drogenkonsum betraf war man hier sehr aufmerksam, selbst bei Alkohol, betrinken war nicht gern gesehen, außerdem wurden solche Leute recht schnell verwiesen. Trotz dieser Maßnahmen war es immer recht voll, man fühlte sich wohl.
Ich blickte mich um und musterte einen nach den anderen. Eventuell fand ich hier einen Spielgefährten für später. Die Mehrheit der Männer war in Beglei-tung, an Frauen hatte ich kein Interesse, zumindest nicht, solange ich meinen Hunger unter Kontrolle hatte. Nahe der Tanzfläche saßen drei Jungs, so um die fünfundzwanzig, anscheinend solo, ihren Blicken und Verhalten zu urteilen. Der Blonde blinzelte mir zu, ich lächelte zurück und wandte mich ab, weiter den Raum durchforstend.
Hinten rechts, am Tisch ganz in der Ecke, saß ein halbwegs gut aussehender Junge, mitte Zwanzig in etwa und so wie es aussah allein unterwegs. Er schrieb in ein kleines Notizbuch, vor ihm ein Glas Cola auf dem Tisch. Süß dachte ich mir, interessant und süß. Seine billige blaue Jean zeugte zwar nicht für erlesenen Geschmack passte aber gut zu ihm. Das schwarze Hemd und die schwarzen Halbschuhe waren ebenfalls von der Stange gekauft. Sein brünettes schulterlanges Haar turnte mich ein wenig an, die leichten Wellen wirkten richtig romantisch. Nach einer Weile schaute er auf und sah genau in meine Richtung. Seine Augen fixierten die meinen und sein Mund formte ein sanftes Lächeln. Ich verlor mich an diesen Lippen, dem Lächeln, er weckte etwas in mir, aber ich wusste nichts damit anzufangen, alles war einfach neu für mich. Sein Gesichtsausdruck drang bis in mein Herz vor, es begann zu rasen, aber nicht des Hungers wegen oder der Aussicht einer spannenden Jagt, es war etwas völlig Neues, und ich musste erst lernen damit umzugehen, musste erst herausfinden was das alles zu bedeuten hatte.
So nett auch sein Lächeln war, das seine zarten Lippen formten, tief in seinen Augen konnte ich eine Art Trostlosigkeit schimmern sehen, unscheinbar aber vorhanden, und ich fragte mich, was wohl der Grund war.
Klirr !! Das Geräusch holte mich aus meiner Träumerei, meine rechte Hand war verkrampft, hielt nur noch wenige Scherben des zerbrochenen Glases, leicht tropfte rotes Blut zu Boden.
„Liz! Alles klar bei dir?“ Platzte es hinter der Theke hervor. Karl fluchte und rannte nervös hinter der Bar hervor.
„Lass das Karl, mir geht’s gut, nichts passiert. Tut mir leid wegen des Auf-ruhrs.“
Ich musste so in Gedanken versunken gewesen sein, da hatte ich meine Kräfte falsch eingeschätzt und das Glas zerdrückt, und das alles wegen eines Menschen. Schnell kramte ich ein Stofftaschentuch aus meiner Handtasche und wickelte es um meine Handfläche, nur zum Schein, die Wunde würde innerhalb einiger Sekunden wieder verheilen.
„Karl hasst du ein Pflaster für mich, ist wirklich nicht viel.“
„Sicher Liz, aber soll ich dich nicht ins Krankenhaus bringen um es genauer untersuchen zu lassen?“
„Ne, das ist doch nur ein Kratzer. Gib mir ein Pflaster und ich geh auf die Toilette und mach mich wieder frisch.“
„Alles Ok?“ Erschrocken fuhr ich herum und blickte ins Gesicht des Mannes, der mich so aus der Fassung gebracht hatte. „Ich hab von hinten das Missgeschick beobachtet, ist alles klar mit dir?“
Er stand ungefähr einen halben Meter vor mir, einen Kopf größer als ich und seine Sorge war aufrichtig, schien aufrichtig. So wie es aussah, musste ich mir heute eine andere Beute suchen, er war viel zu interessant und er hatte in mir etwas ans Tageslicht gebracht, das ich nicht kannte, und das war beunruhigend.
„Äh, ja alles ok, danke.“ Stammelte ich nervös, richtig nervös nicht nur gespielt und das war nicht normal, schnappte mir das Pflaster von Karl und flüchtete Richtung Toilette.
Sicherheit. Helle Fliesen, weißes Keramik, sterile menschliche Enge und trotz allem mein sicheres Refugium für einige Augenblicke. Ich wusch mir mein Gesicht mit kaltem Wasser und verstaute mein leicht blutbeflecktes Stofftaschentuch in meiner Handtasche. Die kleinen Schnittwunden vom Glas waren schon wieder verheilt, trotzdem klebte ich Karls Pflaster auf die vermeintliche Wunde um nicht aufzufallen. Irgendwie lief heute alles schief, zumindest nicht so wie gewohnt. Am besten würde es sein heimzufahren, ein wenig Sport zu betreiben, um anschließend in Ruhe zu jagen. Ich packte meinen Kram und verließ die Toilette. Karl blickte mit besorgtem Blick zu mir, ich lächelte jedoch und winkte zum Abschied. Schnell verließ ich das Dark Times, verabschiedete mich von Uwe und fuhr ohne Unterbrechung nach Hause.
Dort angekommen schlüpfte ich in eine kurze Hose und ein bauchfreies Top, beides in mattem Schwarz gehalten. Schuhe brauchte ich keine, ohne war es bequemer. Kurz nach Ein Uhr, noch nicht allzu spät. Schnell war ich aus dem Haus und lief in das kleine Wäldchen, das sich an die Rückseite meines Grundstücks schmiegte.
Es war ein wunderbares Gefühl nachts durch die Wälder zu streifen, die Luft einzusaugen, den leisen Geräuschen der nachtaktiven Jäger zu lauschen, die Ruhe und die Freiheit zu genießen. Jeden Tag zog ich meine Runden und lief bis zum Morgengrauen, meiner Schlafenszeit. Zwar war es in der modernen Zeit nicht mehr lebensnotwendig und viele meiner Rasse hielten auch nicht viel davon, aber abgesehen von der Freiheit wollte ich meinen Körper immer in Form halten. Wir rannten schneller als Menschen, waren stärker und unsere Sinne waren schärfer, doch auch wir wurden in einem gewissen Maße schwächer und verweichlichter, wenn wir uns nicht körperlich betätigten.
Meine Füße bewegten sich lautlos über den Waldboden, spürten jeden Gras-halm, die kleinen Ästchen, den trockenen Boden, rannten querfeldein, nicht auf den Wegen, ohne Ziel. Vor mir eine große alte Buche. Ich sprang, krallte mich am Stamm fest und kletterte in die Höhe um mich von Ast zu Ast zu schwingen und danach sanft am Waldboden zu landen. Schnell in die Hocke, ich kauerte mich zusammen, fauchte, wie eine Raubkatze, fauchte in die lautlose einsame Nacht. Hier gab es keine Probleme, hier konnte ich nachdenken über die Ereignisse im Dark Times.
Noch nie hatte mich ein Mensch so aus dem Konzept gebracht wie dieser Junge heute, nicht nur Mensch, auch kein Vampir bis heute, aber zu denen hatte ich nicht viel Kontakt, ich liebte meine Freiheit und hasste die Pflichtfamilienfeste. Vielleicht hing das auch mit meinem Alter, meinem Werden zur Frau zusammen. Sein Lächeln und seine traurigen Augen hatten mich berührt, so wie noch kein anderer. Mein Bauch begann schon wieder zu kribbeln, ich musste dem nachgehen, später, heute Abend. Ein Blick in den Himmel zeigte mir, dass die Nacht zu Ende ging, aus mit ziellos, ich sprintete Richtung Pichl, ein kleiner Ort vor Wels, suchte mir ein Wäldchen in dem einige Morgensportler liefen. Nahe eines Laufweges kauerte ich mich ins Gebüsch, wartend auf den richtigen Zeitpunkt, die richtige Beute.
Nach nicht allzu langer Zeit spürte ich den Herzschlag eines Joggers, ich roch männlichen Schweiß, noch jung und durchtrainiert, nur er, weit und breit keine anderen Geräusche oder Düfte, perfekte Beute. Trotz meines Hungers wollte ich ein wenig Spannung spüren, wollte seine Angst riechen und ihn nicht sofort töten. Ich kroch eine wenig weiter ins Gehölz und wartete, wartete, bis er passierte. Leicht gebückt rannte ich neben ihm, lautlos und beobachtend, gut versteckt. Kurze weiße Shorts, schwarzes Trägerleibchen, gut durchtrainiert, aber keine richtig aufgeblähten Muskeln, Ausdauer- oder Kampfsportler. Blitzschnell querte ich knapp hinter ihm den Pfad und verschwand wieder im Gestrüpp, nicht mehr geräuschlos, er sollte meine Gesellschaft bemerken.
„Ist da jemand?“ Er blickte rundherum und trabte weiter, noch nicht nervös oder ängstlich, war ja auch klar. Ich wiederholte das Spiel die nächsten sechs, siebenhundert Meter immer wieder, geräuschvoll den Pfad querend, aber zu schnell, als dass er mich erkennen konnte. Man konnte seine steigende Nervosität spüren, er hörte Geräusche, sah Schatten und der Waldweg würde noch über sieben Kilometer verlaufen, ohne Zivilisation. Abrupt blieb er stehen.
„Was soll das! Ich habe keine Angst, also kannst du mit dem Scheiß aufhören und raus kommen. Und glaub mir, wenn du nicht damit aufhörst und ich krieg dich zwischen die Finger schlag ich dich zu Brei.“
Er sprach laut, wollte unerschrocken wirken, doch sein Duft deutete auf Angst und Unsicherheit, auch wenn er wieder weiter lief, als wenn nichts wäre. Seine Augen observierten die Umgebung, sein Laufstil wurde zusehends unsicherer und sein Herz pochte wie wild. Ich lächelte. Bald ist es vorbei mein Schatz, bald gehörst du mir sprach ich lautlos im Gedanken, meine vier unscheinbaren Eckzähne begannen zu wachsen, spürten das saftig hungerstillende Blut. Ich wartete auf eine besonders verwachsene Stelle und sprang. Meine Beine umklammerten seine Hüften, fest wie ein Schraubstock, mit den Händen krallte ich mich am Kopf, im Gesicht des Joggers fest. Durch die Wucht des Aufpralls verlor er das Gleichgewicht und viel nach vorne, ich an seinen Rücken klebend. Schmerzens- und Wutschreie erfüllten die Stille. Bevor er reagieren konnte, riss ich seinen Kopf zur Seite und vergrub meine Reißzähne in seinem Nacken. Gierig saugte ich die lebensspendende Flüssigkeit, spürte seinen Todeskampf, seine Zuckungen, die mit jedem Schluck schwächer wurden. Schnell packte ich die Leiche, trug sie mühelos ins Gehölz um dort meine Mahlzeit in Ruhe und ohne störende Augen fortzusetzen.
Satt streckte ich mich wie ein Kätzchen, zufrieden. Nach einer kurzen Ruhepause schnappte ich den schwarzen großen Müllsack, den ich gut zusammengefaltet eingesteckt hatte. Mit aller Kraft brach ich die Knochen der Leiche und formte sie so zurecht, dass ich diese in den Sack brachte. Leider war es heute nicht mehr so einfach, einen toten Körper liegen zu lassen. Schnell rannte ich nach Hause, den Sack geschultert, vorsichtig, um nicht gesehen zu werden. Ich warf den toten Jogger vorerst in den Keller, um die Entsorgung würde ich mich morgen kümmern, rannte hoch und ließ mich angezogen aufs Bett fallen, fiel in einen traumlosen Schlaf.


Erinnerungen an Rochalle



Die Menschen erfanden einiges um die Vergangenheit festzuhalten, immer wie-der abrufbar, Malerei, Bücher bis hin zu Fotos und neuerdings Filme. Auch wir Vampire vergessen mit der Zeit, nur würde es für uns viel zu gefährlich sein, solche Aufzeichnungen zu führen, unsere Vergangenheit sind einzig und allein unsere Erinnerungen.




Die Musik meines Handys holte mich aus meinem erholsamen Schlaf, die heruntergelassenen Jalousien verdunkelten den Raum. Vierzehn Uhr, in einer Stunde würde ich Karoline im Geschäft ablösen müssen. Schnell sprang ich aus dem Bett und begann mit meinen täglichen Yogaübungen. Langsam begann ich alle Sehnen und Bänder zu strecken, leerte meinen Kopf und genoss die Ruhe in den nächsten Minuten. Meine innere Uhr arbeitete relativ genau und nach knapp fünfzehn Minuten sprang ich hoch und kleidete mich schnell an, einen schwarzen Wollrock, leicht über die Knie und sehr eng, darüber eine weinrote Bluse, leicht gekrappt mit kurzen Ärmeln und dezenten Rüschen, rote hochhackige Stöckelschuhe krönten den Abschluss, Strumpfhose trug ich heute keine.
Ich ging ins Nebenzimmer, mein in hellblau gehaltenes Badezimmer, putzte mir die Zähne, öffnete den dreiteiligen Spiegelschrank und nahm die Sonnencreme heraus. Fein säuberlich trug ich mit gewohnten Bewegungen die weiße Masse auf alle Stellen meiner Haut, die nicht durch Kleidung geschützt wurden. Dazu eine lässige moderne Sonnenbrille. Nun war ich bereit zur Arbeit zu fahren.
Die Fahrt in die Innenstadt dauerte nicht lange, um diese Zeit war nicht viel los. Den A4 stellte ich in der Parkgarage ab, ich hatte dort eine Jahreskarte, der Stadtkern war eine komplette Kurzparkzone. Zügig schlenderte ich aus dem dämmrigen Licht in die belebte Fußgängerzone, in der sich meine Brillen- und Kleiderboutique befand. Karoline arbeitete jeden Tag von zehn bis fünfzehn Uhr, bis ich kam. Samstag hatte ich geschlossen. Auch wenn das Geschäft mehr Tarnung sein sollte, war es so eine Art Steckenpferd für mich. Ich liebte es neue Sachen zu kaufen und hatte schon immer einen Hang zur Mode. Ich verkaufte nur Einzelstücke, was die Kleidung betraf, daher auch die hohen Preise, aber meine Stammkunden würden reichen, um mit dem Gewinn ein halbwegs gutes Leben zu führen. Eingekauft wurde in der ganzen Welt und das schätzten die Damen, die mich besuchten, außerdem beschäftigte ich noch überall Schneiderinnen, die Stücke nach meinen Vorlagen anfertigten.
Boutique ELISA, ein unscheinbarer Name, aber reichte. Das kleine Schaufenster war perfekt arrangiert, Karoline hatte alle drei Puppen richtig sexy und extravagant gekleidet, sie war auf jeden Fall ihr Geld wert.
„Hi Karo,“ grüßte ich sie, nachdem ich eintrat. „Die Auslage hast du super hin bekommen. Sonst alles ok.“
„Danke Elisa. Alles ok. Frau Lampert will heute noch mal vorbei schauen, mit ihrem Mann. Ich habe ihr eine Bluse zur Seite gelegt, sie wollte einfach noch das Urteil des Gatten abwarten und Angie hat auch angerufen. Sie meinte, kurz nach Geschäftsschluss bei dir vorbeizuschauen.“
„Passt Karo, die Bluse lassen wir wenns ist die ganze Woche liegen, dann hat Frau Lampert noch Zeit darüber nachzudenken. Morgen zur gewohnten Zeit?“
Karoline war zwar nur eine Angestellte, aber ich handhabte das ein wenig lockerer. Wir waren ein gutes Team und hatte sie mal keine Zeit oder war auch so mal etwas nicht in Ordnung, brauchte sie nur etwas sagen, ich fragte selbst auch jeden Tag nach.
„Sicher Elisa. Pünktlich wie immer.“
Karoline schnappte ihre Handtasche und verabschiedete sich. Ich schaute ihr hinterher und war froh sie zu haben. Sie war eine vierundzwanzigjährige Schönheit, die ein Gefühl für Mode hatte und absolut zuverlässig. Neben der Arbeit besuchte sie noch die Abendschule für Handelsberufe.
Allein. Ich schaute mich um, alles ordentlich aufgeräumt, Post würde heute auch keine mehr kommen. Neben der Kasse stand mein Firmen PC, viel mehr ein Notebook, aber es kam auf dasselbe raus. Ich rief meine Emails ab und stöberte ein weinig im Internet, im Hintergrund lief sanfte Violinenmusik, aber nur leise und dezent.
Während ich neue Schneidereien in Spanien betrachtete, dachte ich über den gestrigen Abend nach. Der Junge hatte mich aus der Fassung gebracht, das war noch nicht geklärt. Am besten würde es sein mal Karl zu fragen ob er ihn kennt, aber das würde erst wieder in zwei Tagen gehen, Montag und Dienstag hatte das Dark Times Sperrtag.
Vor meine Augen sah ich sein Gesicht, stellte mir sein Lächeln vor, seine Lippen. Mein Herz schlug schneller, unrhythmisch. Seine grünblauen Augen fixierten die meinen, kein Blinzeln, nicht ausweichend. Ich wurde nervös, wie tief konnte er in mich eindringen, was konnte er in meinen Augen sehen, spürte er, vermutete er, wer, was ich war?
Der Gedanke riss mich aus meinen Tagträumen. Bis jetzt hatten nicht viele Menschen in meinem Leben erkannt, was ich war, ausgenommen meine Opfer. Genauer gesagt erst zwei Personen hatten mich als Vampir, oder besser gesagt, als etwas Bedrohliches enttarnt. Der Erste war ein Wandermönch, vor über zweihundert Jahren, kurz vor der Französischen Revolution.

Trübe Erinnerungen wanden sich wie Nebelschleier vor meinen Augen, ich reiste zurück in die Vergangenheit, vor langer Zeit, meine Kutsche quälte sich der schmalen Straße entlang, den Weg nach Paris. Die Reise würde noch gut drei Tage dauern. Ich war mit Gefolge unterwegs, meine Eltern und mein Bruder waren bereits in der Stadt und warteten auf meine Ankunft. Es gab wieder einmal wichtige Familienangelegenheiten zu klären, hieß es zumindest in Vaters Brief, wichtig, weil es angeblich radikal die Politik und damit unseren Status und unser Leben betraf. Die Dämmerung setzte schon ein und die Bäume des dichten Waldes trugen nicht dazu bei viel von der Umgebung zu sehen, für Menschen, ich hatte damit keine Probleme. Ich schob das kleine Schiebetürchen zum Kutscher beiseite und teilte Piere mit, dass wir in knapp einer halben Stunde Rochalle, ein kleines Bauerndorf erreichen würden, in dem wir auch unsere Nacht verbringen würden. Ich konnte meine menschlichen Diener nicht durch die Nacht jagen, das würde ihnen merkwürdig vorkommen, sie hatten Angst vor Räubern, wilden Tieren und noch viel schlimmeren Dingen. Piere nickte und war unübersehbar erleichtert. Kalter Wind setzte ein und es begann ein wenig zu schneien, der erste Schnee und Vorbote des Winters. Im Inneren der Kutsche war ich etwas geschützt, trotzdem wickelte ich den dicken Wollmantel fest um meinen Körper.
Mein Gefolge bestand aus vier Begleitern, alles ausgebildete Kämpfer, die als Söldner ihr Geld verdienten, sowie Piere, den Kutscher. Abgesehen von einem kleinen Vorschuss wurden sie erst in Paris bezahlt, eine Vorsichtsmaßnahme, die jedoch unbegründet war, da mein Vater sämtliche Personen die unter seinem Dienst standen vorher genau überprüfte, außerdem war es ja auch nicht so, dass ich mich nicht zu wehren wüsste, auch wenn dies nicht bekannt war.
Noch eine Biegung und wir verließen den Wald, es war nicht mehr weit ins Dorf. Ich witterte schon die verschiedenen Gerüche, spürte die Zivilisation. Die Peitsche schnalzte und die Pferde beschleunigten das Tempo, als würden auch sie die sichere Umgebung spüren. Der Schneefall wurde immer stärker und alle atmeten auf, als man die ersten Lichter der Häuser sehen konnte.
Langsam fuhren wir entlang der alten, baufälligen Häuser Richtung Marktplatz, neben dem sich unsere Gaststätte befinden sollte. Ich schloss die Augen und sog alle Gerüche ein, von denen die kalte Luft durchzogen war. Vor Paris musste ich auf jeden Fall noch einmal trinken, ich wollte nicht riskieren hungrig in die große Stadt zu kommen, aber das würde ich am letzten Tag erledigen.
„Mademoiselle Dicount, wir sind da, der hungrige Wolf, unsere Gaststätte.“
Die Kutsche hatte angehalten und Piere hielt mir die Tür auf. Ich erhob mich, stieg mit gebücktem Kopf aus unserem Gefährt und stapfte durch den Schneematsch, um schnell in die warme Gaststube zu gelangen, rechts, links und hinter mir meine vier Söldner. Piere kümmerte sich um die Pferde und würde nachkommen. Beim Eintreten schoss uns warme nach Essen riechende Luft entgegen. Das Gasthaus war fast menschenleer, vier Bauern spielten Karten, ein Bürgerlicher trank Wein und konnte seine Blicke nicht von der Schankmaid lassen, in der dunklen Ecke saß ein Wandermönch und schlürfte seinen Brei. Während ich den Raum musterte, kam der Wirt geschäftig, um uns zu empfangen.
„Mademoiselle, wie kann ich Euch behilflich sein. Wünscht Ihr zu Essen und Trank, ein warmes Zimmer, heute ist es viel zu gefährlich, weiter zu reisen.“
„Gut erkannt der Herr, meine Begleiter werden sicherlich Durst und Hunger haben, mir bringt Ihr bitte ein Glas Eures besten Weines. Außerdem benötigen wir zwei Zimmer, für diese Nacht, eines für mich und eines für mein Gefolge. Ließe sich das einrichten?“ Ich stöberte in meinem kleinen Lederbeutel und reichte dem Mann einige Münzen, genug um alles zu erhalten, ohne übertrieben spendabel zu wirken.
„Es wird alles getan um Ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Meine eigene Tochter wird die Zimmer für Sie herrichten. Und wenn Sie etwas benötigen, dann bitte ich Sie mir einfach zu winken oder zu schreien, ich bin Petro.“
Petro verbeugte sich und ich nickte nur, für mich war das Gespräch beendet und als adelige Dame gab man sich nicht unnötig lange mit dem einfachen Volk ab, das wirkte unziemlich, nach Menschenregeln. Er nahm die Bestellung meiner Begleiter, auch Piere`s der zu uns gelangte, auf und verschwand wieder hinter der Theke, um lautstark Anweisungen durch den Raum zu rufen. Seine Tochter Adelaine brachte mir einen Trinkbecher gefüllt mit Wein. Ich nippte leicht, sauer und billig, aber egal.
Meine Männer bekamen das Tagesgericht, ein Brei aus Gemüse und ein wenig, sehr wenig Fleisch, dafür aber große Portionen, ich selbst aß natürlich nichts. Als Getränk kam leider nur Wasser für sie in Frage, ich konnte betrunkene Gesellschaft nicht ausstehen. Während unserem Abendmahl füllte sich die kleine Gaststätte, größtenteils einheimische Bauern, die ihren harten Arbeitstag gemütlich ausklingen lassen wollten. Wir wurden kaum beachtet, es gab hier viele Durchreisende auf den Weg nach Paris, außerdem wirkten meine Soldaten kampferfahren, also ging man mir, und damit auch ihnen besser aus dem Weg.
Die Herberge war nicht groß und sehr einfach eingerichtet, aber ein Treffpunkt für die Leute am Abend. Im ersten Stock waren vier Zimmer, die an Reisende vermietet wurden. Unsere Zwei waren rechts der Treppe, mit dem Fenster zum Garten hinaus. Lautes Lachen hallte durch den Raum, drei junge Knechte tuschelten und beäugten mich, sie wussten natürlich nicht, dass ich hören konnte, was sie alles mit der sexy Lady anstellen wollten. Ich lächelte, sog ihre Wollust in mir auf.
Aber die Drei waren nicht die Einzigen, die mich verstohlen beobachteten. Der Wandermönch musterte mich schon seit geraumer Zeit, studierte mich konnte mich aber nicht richtig einschätzen. Als sich unsere Blicke trafen, sah ich die plötzliche Panik in seinen Augen, Panik, Furcht und Abscheu. Sein Puls raste, Schweißperlen bildeten sich auf seinem Gesicht, aber er hielt meinem Blick stand.
Mir war nicht klar wie, aber ich las in seinen Augen, dass er mich erkannt hatte. Er wusste, was ich war, besser gesagt wusste, dass ich kein Mensch war, sondern etwas Gefährliches, Bedrohliches. Verdammt, wie konnte das passieren, seine Religion konnte nicht verantwortlich sein dafür, das war einfach nur Firlefanz. Wie konnte ich enttarnt werden, das war unmöglich, und dann noch so kurz vorm Ziel. Er wandte sich ab, nahm hektisch seinen Beutel und verließ schnell die Herberge. Wäre ich allein nach Paris gereist, durch die Wildnis, wäre das alles nicht passiert, aber Vater war einfach vernarrt in die Etikette, immer schön die Tarnung aufrecht halten.
Jetzt musste ich das wieder zurechtbiegen, und würde der Mönch plaudern, dann gäbe es ein Massaker, keiner durfte von uns wissen.
„Piere, ich lege mich schlafen, trägst du die Koffer hinauf.“
„Natürlich Mademoiselle.“ War das zäh, ich musste die Ruhe bewahren, dabei wäre ich am liebsten hinausgestürmt, um den Mönch zu zerfetzen. Ich erhob mich und ging elegant die Treppe hinauf, drei Augenpaare folgten mir lüstern. Seit froh ihr Süßen mir nie so nahe zu kommen. Alfonso war an meiner Seite, er hatte die erste Wache vor meiner Zimmertür. Ich schaute mich um, ein kleines Bett, ein Kästchen das war alles. Piere stellte die Koffer ab und verließ das Zimmer. Ich verschloss die Tür mit dem innen steckenden Schlüssel. Allein. Jetzt wurde ich hektisch. Schnell schlüpfte ich aus dem unbequemen Kleid, warf die weiße Lockenperücke und alle anderen Sachen aufs Bett. Schwarze enge Hose und Bluse, dass reichte, keine Schuhe, die Haare vergrub ich unter einem Kopftuch.
Ich öffnete das Fenster. Es hatte aufgehört zu schneien, nur der starke Wind hatte nicht nachgelassen. Die Nacht war finster und kalt, der Schneematsch war glitschig und hässlich grau. Ich sprang aus dem Fenster und landete leichtfüßig im Garten, kauerte mich nieder. Tief zog ich die kühle Luft durch meine Nase, nahm die Witterung auf, er war noch nicht lange weg, würde leicht zu finden sein. Die Spur führte nach Norden, vielleicht wollte der in die Kirche, die etwas außerhalb der Stadt lag.
Meine Beine trugen mich geräuschlos aus dem Dorf, verstecken musste ich mich nicht, keiner war bei diesem Wetter nachts im Freien, saßen lieber am warmen Kamin. Nicht weit außerhalb des Dorfes lag die kleine Kirche mit einem kleinen Nebenbau, die Residenz des örtlichen Pfarrers. Dahinter lag der Friedhof, die Gräber sauber gepflegt, selbst die Armengräber. Der Geistliche übte das Amt als wahre Berufung aus, liebte seine Arbeit, war ein wahrer Diener seines Gottes.
Gebückt schlich ich um das Nebengebäude. Im Wohnraum brannte Licht und zwei Personen unterhielten sich, der Mönch und vermutlich der Pfarrer. Ich lauschte ruhig dem Gespräch, Emilio, der Mönch, wollte heute Nacht in der Kirche bleiben, wollte bei Gott sein, brauchte Beistand, denn heute hatte er dem Teufel in die Augen geschaut. Ich musste grinsen, so böse und hässlich war ich auch wieder nicht. Sollte er mich erwähnen, würde es heute zwei Opfer geben. Die zwei diskutierten über Dämonen und Exorzismen, über die Möglichkeiten besessene Menschen zu retten. Vielmehr der Wandermönch redete, der Pfarrer hörte eher zu, stimmte zu, er war zu einfach für diese Sachen, zu bodenständig und zu sehr der realen Härte des Lebens ausgesetzt um allem folgen zu können.
Die Unterhaltung dauerte nicht lange. Der Pfarrer erlaubte Emilio den Rest der Nacht in der Kirche zu beten und segnetet ihn noch beim Gehen, danach legte er sich schlafen. Ich sah Emilio die Kirche betreten und dachte nach. Würde der Pfarrer gut schlafen, dann würde er die Nacht überleben. Der Wind ließ nach und leichter Schneefall setzte wieder ein. Ich wartete, bis der Pfarrer tief und fest schlief, rekelte mich und schritt lautlos zur Kirche.
„Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name…..“, die Worte des Mönchs drangen zu mir, der Duft seiner Angst kitzelte meine Nase. Die Ein-gangstür knarrte, als ich sie öffnete. Da kniete er, vorne, vor dem Altar, in Demut aber von Angst zufressen. Er musste mich gehört haben, bewegte sich aber nicht, sah mich nicht an.
„Bist du gekommen um meinen Glauben zu prüfen, du bist hier im Hause Gottes, hier kann mir nichts passieren.“ Er wollte sich erheben.
„Bleib nur knien, ich komme zu dir,“ wisperte ich sanft, leicht verführerisch. „Wer hat gesagt ich wolle dir Leid zufügen? Du weißt nicht, wer ich bin, du kennst mich nicht.“
Er rührte sich tatsächlich nicht, flüsterte weiter das Gebet, den Rosenkranz festhaltend.
„Ich sah in es in deinen Augen und das was ich sah war der Tod, oder ist es nicht so?“ Er war sich nicht mehr sicher oder wollte nur Zeit gewinnen.
Ich blieb einen knappen Meter hinter ihm stehen, er stand auf und drehte sich mir zu, den Rosenkranz in den Händen.
Ich ließ meine Schutzaura fallen und erlaubte ihm meine unwiderstehliche Schönheit zu sehen. Elegant knöpfte ich meine Bluse auf und offenbarte meine wohlgeformten Brüste, die Spitzen hart und verführerisch, ich löste das Kopftuch und ließ mein langes lockige Haar nach hinten fallen.
„Glaubst du wirklich der Teufel ist so schön wie ich es bin?“
Ich strich ihm mit meinen Fingerspitzen übers Gesicht. Sein Körper war erregt, so erregt wie noch nie, ich roch es, aber sein Geist wehrte sich. Ein Normalsterblicher konnte meinen Reizen nicht widerstehen, er war stärker.
„Schönheit! Das ist nur eine Verkleidung, ein Trugbild.“
„Nein mein Süßer ist es nicht. Ich bin wahrhaftig so schön, und ich bin nicht der Teufel, ich habe keine Angst vor Kreuzen oder Weihwasser. Warum wehrst du dich eigentlich, du hast einen starken Geist, aber ich spüre wie dein Körper nach mir verlangt.“ Meine Wange berührte die Seine, meine kühle Haut erregte ihn, ein Teil von ihm wollte mich ergreifen, zu Boden werfen, wollte in mich eindringen und sich in mir ergießen. Aber er beherrschte sich.
Meine Zunge leckte an seinem Ohr, ich knapperte sanft daran.
„Weißt du mein Süßer, ich spüre wie du dich wehrst, aber es hat keine Sinn, du willst mich.“
Ich küsste seine Wange und sah ihm in die Augen. Er wandte sich nicht ab, aber sein Gesicht verzog sich in eine verzweifelte Maske. Mein Körper lähmte den seinen, auch wenn er seinen Tod sah.
„Wie kommst du eigentlich darauf, dass ich der Teufel sein sollte“, meine Hände liebkosten sein Gesicht, „das hat noch niemand von mir angenommen?“
Es war wirklich komisch. Er hatte meine Gefährlichkeit erkannt und das war mir bis jetzt noch nie passiert.
„Deine Augen, deine Augen zeigen den Tod. Du bist nicht die Erste, ich hatte schon immer Visionen.“ Seine Stimme zitterte.
„Küss mich Emilio“, ich presste meine Lippen an seine, ohne Gegenreaktion. Ich drückte fester, bis er nachgab, bis er meine Hüften umschlang. Meine Hände verkrallten sich in seinem Kopf, das Blut tropfte herunter. Seine Schreie verstummten an meinen Mund, er begann zu zappeln, kämpfte gegen sein Schicksal. Ruckartig riss ich den Kopf zur Seite und bohrte meine Zähne in den Hals, während eine Hand seine Kehle zerfetzte. Gierig trank ich das warme süße Blut, genoss jeden Tropfen, saugte ihn jedoch nicht gänzlich leer. Mit meinen Händen zeichnete ich ein großes Pentagramm auf den Boden, als Farbe verwendete ich das frische Blut. Emilio legte ich in die Mitte.
Das Dorf würde diesen Tag nicht so schnell vergessen, würde lange in Angst und Furcht leben, aber keiner würde mich, eine hübsche, junge und schüchterne Adelige auf der Durchreise, mit dieser Tat in Verbindung bringen.

Ding, Deng, Dong. Der Nebel der Vergangenheit wurde ruckartig zurückge-drängt, ich schaute vom Verkaufspult hoch und sah Mrs. Lampert auf mich zu kommen.
„Hallo Kindchen, ich bin wegen der Bluse noch mal hier, hat Karoline das ausgerichtet?“
„Aber sicher Mrs. Lampert, aber ich dachte Ihr Mann sollte das schöne Stück auch begutachten?“
„Du weißt ja, wie das ist, plötzlich ein dringender Geschäftstermin, aber was solls, ich werde das gute Stück einfach mitnehmen.“
Ich holte die Bluse aus dem Nebenraum, eher eine Nische, und reichte sie schön verpackt, das hatte Karo schon erledigt, der Dame.
„Wir machen das anders Frau Lampert. Ich gebe Ihnen das Teil mit und sollte es Ihrem Mann nicht gefallen, haben Sie bis ende der Woche Zeit es zurück zubringen. Zahlen können Sie ja auch online, das dürfte kein Problem darstellen.“
Frau Lampert war Stammkundin und zahlte öfters via Internet, und behalten würde sie die Bluse ohnehin.
„Das ist lieb von dir Elisa, dann überrasch ich heute Abend meine Mann.“
Mrs. Lampert war angetan über den Vertrauensbeweis und verabschiedete sich nochmals dankend von mir. Ich schaute ihr hinterher. Wie sehr ich mich doch verändert habe. Es gab Zeiten, zu Beginn, da konnte ich meinen Blut- und Jagddurst kaum stillen. Später dann hatte ich das unter Kontrolle aber Menschen waren trotz allem nur Beute. Heute hatte ich Freunde unter ihnen, wirkliche Freunde, ich fühlte und lebte mit ihnen. Ich trank zwar ohne schlechtem Gewissen Menschenblut, aber käme nie auf die Idee jemanden zu töten den ich kenne, so wie die Menschen selbst vielleicht, einerseits lieben sie ihre Frau,den Mann, ihre Kinder, anderseits tötet oder vergewaltigt der selbe im Krieg oder auf der Straße, waren wir wirklich so verschieden. Der Rest des Nachmittags verlief ereignislos, ich schloss das Geschäft am Abend ab, wartete aber noch ein wenig, Angie wollte kommen.


Angie



Ich bin sehr gern und situationsbedingt auch viel allein. Doch es gibt Zeiten da braucht Jeder einen Freund an seiner Seite, nicht tausende Scheinbare, nur einen Echten, und alles wird um Welten leichter.




Ich musste nicht lange warten, kurz nach achtzehn Uhr klopfte es an meiner Auslage und ich sah Angie. Schnell öffnete ich ihr die Tür und küsste sie an beiden Wangen.
„Hi Elisa, was geht?“
„Wie immer, kennst ja meine Antwort…man lebt. Und bei dir alles klar mit dem Studium, mit Uwe ?“
„Sicher doch, außer das Uwe gerade im Babywahn ist, aber das kommt noch nicht in Frage,“ grinste sie.
„Kann ich mir denken, ginge mir auch so. Hat dir Uwe gesagt warum ich dich brauche?“
„Das Übliche, ich soll mich überraschen lassen.“
„Hehe, gut eigentlich wollte ich dich nur mal wiedersehen und vor allem deine Garderobe ein wenig auffrischen. Stell dir etwas zusammen, schenk ich dir.“
„Elisa, das Zeugs ist sündteuer, bist du verrückt, auch wenn ich weiß dass du nicht schlecht lebst, würde ich das nie annehmen.“
„Sei nicht so, die Sachen sind nicht so teuer, außerdem kann ich´s mir leisten. Im Übrigen könntest du es als eine Art Bestechung sehen, ich hatte nämlich eine brillante Idee heute Nachmittag.“
„Aha, und die wäre?“ Angie blickte mich skeptisch an.
„Du kleidest dich jetzt mal vernünftig an und wir fahren nach Linz um richtig fein was Trinken zu gehen. Ich bezahle natürlich.“
„Eh, warum, gibt’s was zu feiern?“
Ich versuchte, richtige Kulleraugen hinzukriegen.
„Nein meine Süße, ich brauch mal wieder wen zum Quatschen, und du bist halt das Opfer. Komm schon, ich weiß ja, dass dir das auch gefällt, sonst hätte ich was anderes vorgeschlagen, bitte.“
„Sicher Elisa, es ist nur wegen Uwe, er hat heute und morgen Abend keinen Dienst, also Zeit für uns, er wird nicht begeistert sein.“
Die Idee mit dem Ausgehen ist mir erst am Nachmittag gekommen, vielleicht tat es gut, mit einer Freundin zu reden, außerdem wollte ich ihr noch ein Angebot machen.
„Bitte, bitte, bitte, mit Uwe rede ich, du ziehst dich derweil um.“
Ich führte mich auf wie ein Menschenteenie kam mir in den Sinn, so sehr war ich schon deren Lebensstil gewohnt. Ich war zwar auch ein Teenie, aber eben etwas älter in Menschenjahren gerechnet, und deswegen sollte ich doch ein wenig reifer sein, sollte, das war der Knackpunkt.
„Gut Elisa, ruf ihn mal an, ich zieh mich um.“
Angie reichte mir ihr Handy, „Uwe ist als Bärchen gespeichert,“ und durchstöberte meine Sachen. Ich wählte, Freizeichen und Uwe ging schon rann.
„Schatz was gibt’s,“ erklang die tiefe Stimme.
„Hi Uwe, ich hatte dir doch schon mal gesagt du sollst nicht mit mir flirten, das würde Angie nicht gefallen.“
„Oh Elisa, grüß dich, ist was mit Angie?“
„Wie man´s nimmt, ich wollte sie heute für ein paar Stunden entführen, du weißt ja, Frauengespräche. Aber sie meinte du würdest nicht begeistert sein.“
Meine Stimme klang richtig flehend, da konnte Uwe gar nicht ablehnen.
„Ich bringe sie auch sicher wieder heim, und Männer werden vertrieben, da passe ich auf wie eine Furie.“
Uwe lachte, „Schon klar Elisa, macht euch einen schönen Abend, gib mir schnell Angie.“
„Klar Uwe. Angie komm, dein Schatz braucht dich!“
Ich reichte ihr das Handy, sie wechselten einige Worte und Angie küsste zum Abschluss das Telefon.
„Wie sehe ich aus?“
Sie hatte ein dunkelviolettes Kleid gewählt, knielang mit tiefem Ausschnitt und zarten Spaghettiträgern.
„Du siehst fantastisch aus, das Kleidchen steht dir wirklich gut. Wollen wir los?“
„Oki, fahren wir.“
„Moment“, ich reichte ihr eine passende Sonnenbrille von Gucci, „die brauchst du jetzt zwar nicht, aber du wirst sicher auch mal tagsüber unterwegs sein.“
Angie nahm die Brille und setzte sie trotzdem auf.
„Cool, danke Elisa, wirklich toll.“
Ich versperrte die Boutique und wir gingen zum Auto. Die zwanzigminütige Fahrt verlief ohne längere Gespräche, wir hörten laut Tristania, eine der älteren CDs, und Angie schminkte sich noch behelfsmäßig, dezent dunkel. Ich entschied mich fürs Angelinos, ein etwas gehobeneres italienisches Café-Restaurant nahe der Landstraße, der Fußgängerzone von Linz. Wir parkten vier Gebäude weiter entfernt und spazierten zurück. Das Lokal wurde mit Kerzen beleuchtet, sowohl an den kleinen runden Tischen für vier Leute als auch von der Decke, an der wunderschöne Kristallluster hingen, bestückt mit weißen Bienenwachskerzen. Natürlich waren auch Spots in die weiße Holzdecke gearbeitet, man konnte also jederzeit auf künstliches Licht umstellen. Die zehn Tische waren schlicht gedeckt, weißes Spitzentischtuch, ein kleines Zierdeckchen in Burgunder, der dreiarmige Kerzenständer und eine zierliche Vase mit frischen Blumen, bunt arrangiert. Es war Montagabend, dementsprechend auch nicht viel los. Drei Geschäftsleute mittleren Alters, ohne Damenbegleitung und ein Pärchen, so um die dreißig, frisch verliebt deren Gehabe zu urteilen.
„Signorina Dicount, schön Sie wieder zu sehen. Darf ich Sie und Ihre bezau-bernde Begleiterin zu einem bestimmten Tisch bringen.“ Begrüßte uns Francesco, Besitzer des Lokals und charmantester Kellner, den ich kannte.
„Danke Francesco, wir nehmen den Tisch links hinten.“
„Sehr wohl.“ Er verbeugte sich leicht und geleitete uns an den Tisch, zog die Stühle ein wenig nach hinten und bat uns Platz zu nehmen.
„Francesco bring uns bitte einen guten süßen Weißwein, die Auswahl überlasse ich Dir, und für Angie die Karte, vielleicht hat sie Hunger.“
Ich ging nicht viel aus, und wenn dann hatte ich meine Stammlokalitäten, das Angelinos gehörte auch dazu.
„Sicher doch Signorina Dicount.“
„Wow, das ist gespitzt Elisa, da passe ich nicht so richtig her.“
„Das ist schon ok Angie, und außerdem bist du hier der Sonnenschein, so hübsch wie du bist. Genieß einfach den Abend und denk dir nichts, nicht jeder der Geld hat weiß sich auch zu benehmen, im Gegensatz zu dir. Sei also ganz locker und iss mal einen Bissen. Die Auswahl ist zwar nicht riesig, aber es ist ja auch kein richtiges Restaurant, dafür schmeckt aber alles richtig gut.“
„Wenn du´s sagst.“
Francesco kam mit dem Wein und reichte Angie die Karte.
„Auf dich Angie“, wir stießen an und nippten, leicht süß,aber nicht übertrieben und richtig fruchtig, ein angenehmer Geschmack. Angie studierte die Karte und bestellte Muscheln nach Art des Hauses. Ich sah ihr beim Essen zu und beneidete sie irgendwie. Das einfache kurzweilige Leben, kurz aber glücklich, wenn man die richtigen Entscheidungen traf. Ich war eigentlich auch nicht unglücklich, aber was fehlte waren die Highlights, und je länger man lebte um so geringer wurden eben diese Glücksmomente, vielleicht bildete ich mir das auch ein, oder ich hatte gerade so eine Phase, keine Ahnung. Und tauschen mit ihr? Ich wusste nicht so recht, es hatte ja auch erhebliche Nachteile das Leben als Mensch.
Als Angie mit dem Essen fertig war, Francesco abräumte und ein frisches Glas Wein brachte eröffnete ich wieder das Gespräch.
„Also Angie, ich wollte erstmal was Geschäftliches mit dir besprechen.“
„Was Geschäftliches?“
„Ich muss demnächst für eine unbestimmte Zeit nach Amerika, ich weiß noch nicht wann, aber auf jeden Fall vorm Winter. Und für die Zeit brauche ich jemanden, der meine Boutique weiter führt.“
„Klar, aber was hat das mit mir zu tun.“
„Ich, ich dachte da an dich. Du musst ja nur von fünfzehn bis achtzehn Uhr da sein, das ließe sich sicher mit dem Studium vereinbaren.“
Angie saß mit leicht geöffnetem Mund da und wusste kurzfristig nicht, was sie antworten sollte, bis sie erwiderte: „Hör mal Elisa es ist nett mir das vorzuschlagen, und Zeit ist auch nicht das Problem, aber ich habe null Ahnung von deinem Geschäft, das würde so was von Pleite gehen.“
Ich musste lächeln.
„Angie das ist kein Problem, du müsstest nur Anwesend sein, die Kunden bedienen und die Kassa am Abend machen, aber die meisten zahlen eh bargeldlos. Um alles andere kann ich mich von Amerika aus auch kümmern, für was gibt’s Internet und Handy. Mir geht’s nur darum, dass jemand meine Boutique vertritt dem ich vertraue. Und was das Gehalt betrifft, ich zahle nicht schlecht.“
„Du meinst das wirklich ernst Elisa?“
„Na sicher doch. Bered das mal mit Uwe und gib mir einfach Bescheid, muss ja nicht gleich sein, aber ich würde mich wirklich freuen.“
Angie nippte nervös an ihrem Weinglas.
„Ich würde ja sofort ja sagen, und Uwe wird auch nichts dagegen haben, aber ich fühle mich nicht grad wohl bei so viel Vertrauen.“
Ich nahm mein Weinglas, „ich fasse das als ein Ja auf, rede trotzdem noch mit Uwe und danke Angie,“ ich nippte und zwinkerte ihr zu.
„Das war´s mit dem Geschäftlichen, jetzt nur mehr Privates. Wie war das, als du Uwe kennen gelernt hast, wie hast du gemerkt das du verliebt bist?“ Ich stellte das Weinglas nieder.
„Komische Frage Elisa, wie meinst du das genau.“
„Na ja, wie merkt man das man verliebt ist?“ Irgendwie stellte ich die Frage leicht stotternd.
Angies Gesichtsausdruck wirkte verstört. „Willst du damit sagen du hattest noch nie einen Mann..........?“
„Nicht so Angie, ich hatte oft genug Sex, so zum Spaß eben, aber,“ sprach ich verlegen weiter, ich nahm zu viel Emotionales von den Menschen auf, „ich war noch nie verliebt, oder mir ist es noch nie aufgefallen, was weiß ich.“
Angie schien ein wenig schockiert. „Also oft genug Sex aber nie verliebt? Meinst du das im Ernst?“
„Im Prinzip ja, glaube ich halt.“ Stammelte ich leicht wütend. „Ich mein, ich weiß nicht was das ist verliebt zu sein.“
Ruhe, keiner sagte etwas, Angie schaute mich nur ungläubig an. Das Schweigen tat weh.
„Versteh mich nicht falsch, ich schlafe mich nicht durchs Leben, hab einfach von Zeit zu Zeit Sex, zum Vergnügen halt, weil´s angenehm und schön ist,“ zumindest für mich, mein Geliebter hat es noch nie überlebt, ich hatte ja auch nie Gefühle für einen der Auserwählten, „und ich will mich ja auch verlieben, nur wie merke ich das.“ Es wurde peinlich.
Angie schien wieder etwas lockerer zu werden.
„Also Elisa du hast mich jetzt unheimlich aus dem Konzept gebracht. Zum einem, Liebe und Sex haben nichts gemeinsam, sie ergänzen sich nur und machen jeweils das andere um Welten besser, puschen sich also gegenseitig hoch, so sehe ich das.“ Sie schaute mir in die Augen, wartete auf eine Reaktion, da ich aber nur sprachlos da saß, fuhr sie fort. „Puh du machst es mir schwer. Das kann man schwer erklären, man fühlt sich zu jemandem hingezogen, will immer in seiner Nähe sein, fühlt sich nervös, vergöttert ihn, da gibt’s so viel, das man spüren kann. Aber warum fragst du, ich mein du hast noch nie gefragt und ich hielt dich immer für eine zufriedene Jungunternehmerin, die einfach noch keine feste Bindung eingehen will.“
Ich trank meinen Wein aus und bestellte ein Glas Wasser, ich vertrug kaum Alkohol, keiner von uns Vampiren riskierte zu viel zu trinken, denn wir wurden ebenso hemmungslos wie die Menschen, und das könnte zu erheblichen Problemen führen.
„Als ich gestern kurz im Dark Times war, war da so ein Junge und der, der verwirrte mich ein wenig, schwer zu beschreiben.“ Ich erzählte Angie so gut ich konnte die Geschichte, und als ich endete, lächelte sie sanft. „Elisa, das ist es doch, so wie du mir das erzählt hast, hast du dich in den Typen verknallt. Jetzt heißt es einfach kennenlernen, hoffen, dass er anbeißt und warten, was die Zukunft bringt. Ich werde gleich morgen mal Karl anrufen und schauen was ich raus kriege, wenn er öfter da ist, wird’s leicht.“
„Ne Angie, dass mach ich schon alleine.“
„Nichts da, und das kannst du mir nicht ausreden. Ich schau, was ich rauskrieg und komm am Abend schnell ins Geschäft, Punkt und aus!“
Jetzt war sie in ihrem Element. Den Rest des Abend fragte sie mich aus, nach jeder Kleinigkeit, die ich vielleicht vergessen hatte zu erzählen, und wir machten blöde Witze, über Männer und wie leicht sie zu durchschauen und manipulieren waren. Kurz vor Mitternacht brachte ich Angie nach Hause und verabschiedete mich. Selbst daheim ging ich in den Keller. Ich musste mich noch um die Leiche kümmern. Schon komisch, da lag ein Toter und ich hatte mich vielleicht in einen Menschen verliebt. War ich Pervers? Oder geht es der Menschheit nicht auch teilweise so, liebende Familien und doch Leichen im Keller, Väter als Kriegsverbrecher, nein es war nicht pervers, nur das, was in der Nähe ist, für wen man empfindet, zählt, nicht nur ich war brutal, die Menschen selbst waren gleich brutal zu sich selbst.
Der Keller bestand aus zwei Räumen, einen mickrig kleinen, der als Heizungsraum diente. Darin befanden sich die Gastherme und ein Notstromaggregat für alle Fälle. Der zweite Kellerausgang war auch hier, eine dicke Stahltüre, von der man hinter dem Haus rauskam. Der zweite Raum beanspruchte die restliche Fläche. Den hatte ich selbst gestaltet. Die Decke war leicht kuppelförmig, komplett in schwarz. In ihr waren tausende winzige Glühbirnen eingearbeitet, unserem Sternenhimmel getreu nachempfunden. Die Wände waren dunkel, bemalt mit Bäumen in der Nacht. Der Boden selbst war komplett aus dunklem Tanzparkett, in der Mitte eine leichte Erhebung, auf der mein weißes Piano stand, sowie zwei Pulte mit je einer Violine. Wie oft hatte ich allein durch den Raum getanzt, mit der Violine in Hand, alles um mich vergessend. Musik und Laufen ließen mich abschalten, zur Ruhe kommen.
Ich ging zur Ostwand, an einer gemalten Eiche befand sich ein eingemauerter Wandtresor. Ich drehte die richtige Kombination und öffnete mit dem Schlüssel die starke Stahltür. Darin befanden sich meine zusätzlichen Papiere, noch zwei Pseudoexistenzen, eine Menge Bargeld und ein kleiner Knopf, den ich drückte.
Lautlos schob sich die erhöhte Plattform in der Mitte des Raumes zur Seite und eine Öffnung nach unten wurde sichtbar. Ich schulterte die Leiche und stieg die enge Treppe hinunter in einen tiefer gelegenen Raum. In ihm befand sich ein Hochleistungsgasofen, wie auch Krematorien verwendeten. Damit entsorgte ich unauffällig jene Körper, die ich nicht anders verschwinden lassen konnte, wie diesen. Außerdem führte von diesem Raum noch ein Tunnel westwärts und endetet zwei Meter unter dem kleinen Wäldchen hinter dem Haus, dem Teil, den ich gekauft hatte und der mir gehörte. Der absolut letzte Fluchweg sollte es von Nöten sein, und zwei Meter nach oben würde ich mich gerade noch durchs Erdreich graben können.
Nach getaner Arbeit verschloss ich Geheimgang und Tresor wieder und schnappte mir eine Violine. Ich stimmte eine melancholische Sonate an und begann leichtfüßig und elegant durch den Raum zu tanzen. Meine Gedanken, meine Bewegungen, alles stimmte sich auf die Melodie ein, Raum und Zeit verloren an Wichtigkeit. Ich spielte und tanzte, sonst nichts, völlig fern der Realität, ich tanzte, spielte, tanzte, spielte………bis zum Morgengrauen. Müde ließ ich mich ins Bett fallen, um in die Welt der Träume einzutauchen.


Jake



Tiere sind unintelligent, handeln nach Instinkten, töten um zu leben, aus Hunger oder um sich zu verteidigen. Der Mensch selbst zählt sich zur intelligenten Spezies, nur sich. Auch der intelligente Mensch tötet, jedoch viel zu oft aus Emotionen, Neid und Hass. Ich selbst weiß nicht, wie ich mich einordnen soll, ein dummes Tier, das tötet, um zu überleben oder ein intelligentes Wesen, das mordet.




Kälte umgab mich, eisige Gefühlskälte, Dunkelheit erfüllte den großen trostlosen Raum, einen Raum, der aus Marmorplatten zu bestehen schien, keine natürliche Dunkelheit, eher ein Gespinst aus Bitterkeit, Tod und Verzweiflung, welches sich als undurchdringlicher Nebel manifestiert hatte. Ich konzentrierte mich, versuchte die Umgebung genauer zu erkennen. In der Mitte des Raumes lag etwas, ich konnte jedoch nicht genau sagen, um was es sich handelte.
Gebückt und bereit zu kämpfen schlich ich mich vorsichtig an das Objekt heran, angespannt und auch ein wenig ängstlich, noch nie hatte ich solch eine Panik gespürt, mich konnte nicht viel einschüchtern, nicht einmal der Gedanke zu sterben, aber diese unnatürliche Kälte trieb mich in den Wahnsinn. Am Boden lag ein junger Mann, bewegungslos, gekleidet in einer weißen Tunika. Ich spürte keinen Atem, war er tot? Ich berührte ihn sanft, keine Reaktion. Langsam drehte ich ihn um und sah das Gesicht, das Gesicht, das mich seit kurzen verfolgte, das sich nicht mehr aus meinen Gedanken bannen ließ.
Ich kniete nieder und legte seinen Kopf auf meinen Schoß, hypnotisch strich ich ihm durch die Haare, streichelte sein Gesicht und begann zu weinen. Meine kühlen Lippen drückten sich an die seinen, wollten sich nicht mehr von ihm lösen. Neben ihm lag ein zweischneidiger Dolch, der Griff aus Silber mit fein gezeichneten Gravuren. Zitternd griff ich danach, hielt ihn fest, mit beiden Händen, krampfhaft, als würde aller Schicksal von diesem Mordinstrument abhängen. Ich hob meine Hände, das lautlose Weinen wurde zu einem Schreien. Ich brüllte in die Finsternis und stieß den Dolch mit aller Wucht in mein Herz.

Schweißgebadet sprang ich aus dem Bett, mein Herz raste, und ich sammelte mich. Ich hatte schon ewig keinen Albtraum mehr, und die letzte Aufführung von Romeo und Julia war schon viel zu lange her, als dass diese mich zu diesen Traum inspirieren hätte können. Seit Sonntag Abend nahm mein Leben einen ungewollten Lauf, und da sich jetzt auch schon mein Unterbewusstsein einbrachte, konnte ich es nicht mehr nur als Spinnerei abtun, wir waren da empfindsamer als die Menschen. Also hieß es herauszufinden, was es mit dem Knaben auf sich hatte, und dann entscheiden, was zu tun sei. Heute Abend konnte mir hoffentlich Angie schon mal sagen, mit wem ich es zu tun hatte. Jetzt aber unter die Dusche.
Das heiße Wasser liebkoste meine zarte, fast weiße Haut, rannte in kleinen Bächen meinen Körper hinunter, den kürzesten Weg suchend. Fest knetete ich das Shampoo ins Haar, Kirscharoma. Ich ließ es einwirken und begann meinen Körper einzuseifen, wobei, eigentlich verwendete ich ein mildes Duschgel. Sanft strich ich entlang der Innenseite meiner Oberschenkel, an denen sich kleine rote Tropfen den Weg nach unten bahnten.
Nicht auch das noch, momentan kam alles zusammen. Ich hatte meine `Monatsblutung`, meine erste, aber da ich genügend menschliche Frauen kannte, wusste ich darüber Bescheid, und war deshalb nicht allzu überrascht, nur der Zeitpunkt war vulgär ausgedrückt einfach beschissen. Das hieß ab jetzt war ich empfängnisbereit. Wobei, vielleicht hingen die ganzen widersprüchlichen Gefühle ja auch mit diesem besonderen Zustand zusammen, versuchte ich mir einzureden. Was soll´s, immerhin konnte heute nicht mehr viel schief gehen. Ich wusch mir den Schaum von Haar und Körper, trocknete mich ab und zog meine Unterwäsche an. Zum Glück hatte ich Tampons zu Hause. Schnell erledigte ich den Rest der Schönheitspflege.
Während ich mir Teewasser aufsetzte, auf die alte Art, nicht mit modernem Wasserkocher oder Mikrowelle, ganz primitiv mittels Kochtopf, stellte ich mir das Gesicht des jungen Mannes vor, sein Lächeln, versuchte mich an seine Stimme zu erinnern, aber das viel mir schwer, er hatte nur einen Satz gesprochen und ich war des Abends viel zu geschockt. Konnte ich mich wirklich in einen Menschen verlieben? Ich wusste es nicht, und viel schlimmer noch, was wenn ja, wie würde das weiter gehen? Töten würde ich ihn nicht, das wäre das kleinste Problem, aber er würde altern, ich nicht, ihn zu verlieren wäre also unausweichlich. Wie könnte ich ihm die Wahrheit über mich erzählen, wie würde er reagieren, würde er zu einer Gefahr werden, müsste ich ihn dann vernichten, und meine Familie, na gut das Thema wäre lächerlich, warum also überhaupt darauf einlassen, Zärtlichkeit, Sex…….Fragen über Fragen, mein Kopf platzte schon. Aus! Ich atmete tief und ruhig ein, genoss das warme Getränk und zwang mich zur Ruhe. Alles der Reihe nach, warum so hineinsteigern in die Sache, vermutlich war alles nur Spinnerei und Einbildung, aber sein Lächeln war süß, supersüß.
Ich verräumte das Geschirr, kleidete mich für die Arbeit und fuhr in die Stadt um Karoline abzulösen. Es gab nichts Besonderes also widmete ich mich wieder dem Internet, nebenbei machte ich ein paar neue Skizzen, viel zu freizügig, wie mir später auffiel. Ich langweilte mich und war froh, als ich die Kirchenuhr endlich sechs Uhr schlagen hörte. Schnell sperrte ich ab und wartete, wartete auf Angie, wartete auf Neuigkeiten, die mich ja eigentlich überhaupt nicht interessierten, und die ich mir einbildete.
Ich legte eine CD von Blutengel ein, nur ein Lied, „Ice Angel“ auf Dauerschleife. Der Song war einfach richtig depressiv, passte richtig zur momentanen Situation, der letzte Satz vom Refrain „There is no place for me to be“. Nur der eine Satz, haargenau auf mich zugeschnitten.
Ich starrte aus dem Fenster und endlich sah ich Angie kommen.
„Hi Angie!“ Rief ich, während ich die Tür aufriss und sie herein kommen ließ.
„Hallo Elisa.“ Sie umarmte mich und gab mir nen Kuss auf beide Wangen. Ich war nervös und ungeduldig, versuchte mir aber nichts anmerken zu lassen.
„Und, hattest du einen netten Tag?“ Fragte ich sie völlig unbefangen und nebenbei wirkend.
„Naja, geht so. Jetzt wo gerade Ferien sind, habe ich nicht so viel Stress. Aber trotzdem Schätzchen, heute Abend hat Uwe noch frei, deswegen habe ich nicht viel Zeit, aber ich weiß wer dein Märchenprinz ist.“
„Ich habe keinen Märchenprinz!“ Ich versuchte empört zu klingen, glaube aber nicht, dass das so rüber kam.
„Oh. Tut mir leid Liz, dann willst du sicher den Namen auch nicht wissen.“
„Lass Angie, sicher will ich´s wissen. Ob Märchenprinz wird sich noch klären, außerdem merkst du doch eh, dass ich mich vor Nervosität nicht mehr halten kann.“
Angies Lächeln war schon fast gemein.
„Also hör gut zu. Ich habe heute Karl angerufen und er konnte mir sagen, dass dein kleiner Junge Jake heißt und, jetzt kommt der Clou, Uwe müsste ihn kennen, denn ob du´s glaubst oder nicht, beide arbeiten in der gleichen Firma.“
Sekunden des Schweigens.
„Und Angie, ist das alles, Jake, oder weißt du noch was?“
„Nur ruhig, natürlich habe ich dann Uwe ein wenig ausgequatscht. Gut also schreib dir´s auf, hier mal die Fakten. Der Süße heißt Jake Hausmüller, ist vierundzwanzig Jahre alt und soviel Uwe weiß solo, aber ohne Garantie. Er arbeitet aber in einer anderen Abteilung wie Uwe und im Zweischichtbetrieb. Diese Woche hat er Nachmittagschicht, also bis zweiundzwanzig Uhr. Tja mehr war nicht drinn Liz, aber damit kann man doch schon arbeiten. Außerdem kommt er mindestens zwei mal die Woche ins Dark Times und Karl hat versprochen dich anzurufen wenn er kommt. Ich habe ihm deine Handynummer gegeben, natürlich ist er diskret, aber ich musste ihm sagen worum´s geht.“
Angie strahlte und ich verzweifelte fast, einerseits voll begeistert, was ich alles erfahren hatte, anderseits etwas bestürzt, wie weit das alles ging und etwas beschämt, schließlich wussten jetzt doch einige über meine Vielleichtgefühle bescheid.
„Super Angie. Darauf kann man bauen.“ Ich umarmte sie freundschaftlich. „Mal schauen, was ich noch alles herausfinden kann.“
„Gut Liz, ich mach mich dann auf den Weg. Uwe kocht schon und wir machen uns einen netten Abend. Pass auf dich auf. Ich melde mich morgen mal.“
„Oki, bis morgen dann.“
Also war ich wieder allein. Mal schauen, Jake Hausmüller. Der Name schien nicht sehr gebräuchlich also entschloss ich mich, mein Glück im Onlineherold zu versuchen. Nichts, war zu erwarten in der Zeit der Mobilfunknetze und der vielen Betreiber. Aber warum so kompliziert. Jake war noch in der Arbeit und ich hatte genügend Zeit, dorthin zu fahren, um ihn ein wenig zu beobachten, ihm zu folgen, um herauszufinden, wo er wohnte. Ich versperrte die Boutique und machte mich auf den Weg nach Hause. Dort zog ich mich um, schwarzes Motorradleder, und holte meine Yamaha aus der Garage. Da ich noch über zwei Stunden Zeit hatte, fuhr ich aus der Stadt und genoss die Fahrt entlang der wenig befahrenen Straßen Richtung Linz.
Schnell raste ich die engen Straßen und teils Wege entlang, versuchte jede Kurve mit maximal möglicher Geschwindigkeit zu nehmen, die Knie den Asphalt streifend. Ich musste hochkonzentriert fahren, denn ein schwerer Unfall würde auch mir das Leben kosten, und das war nicht geplant. Anderseits war es aber auch entspannend, es geb nur das Eine, worauf ich mich konzentrieren musste, durfte, keine Ablenkungen, keine sinnlosen Träumereien, zumindest solange ich am Maximum fuhr. Leise hörte ich das Piepsen meines Handys über die integrierten Kopfhörer des Helms. Der Wecker, das hieß, sich auf den Weg ins Welser Industriegebiet zu machen. Ich drosselte die Geschwindigkeit und prägte mir die Gegend während der Fahrt ein.
Kurz vor dreiviertelzehn bog ich in die Laasstrasse ein, an der Thyron-Pharma lag, jenem Unternehmen, in dem Uwe und Jake arbeiteten. Zu beiden Seiten reihte sich eine Firma nach der anderen, die meisten jedoch schon finster und verschlossen. Ich stellte mein Motorrad auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Haupteingangs etwa fünfzig Meter weiter vorne auf einer Bushaltestelle ab und lehnte mich an die Außenwand des Wartehäuschens. Um diese Uhrzeit fuhren in Wels keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr. Von hier aus hatte ich einen guten Überblick. Der Parkplatz der Arbeiter und Angestellten war wegen Platzmangel etwa sechshundert Meter an mir vorbei weit weg, auf meiner Straßenseite, umzäunt und mit einem Schranken gesichert, der mittels Stempelkarte akti-viert wurde. Für die Leute würde es aussehen, als würde ich auf jemanden warten.
Die wenigen Minuten, bis die ersten Leute aus der Firma spazierten, kamen mir vor wie eine Ewigkeit. Ein älterer dunkler, aber gut aussehender Mann, eine junge Blondine, zwei jüngere Burschen, laufend verließen Personen das Gebäude, aber kein Jake. Ich wurde ungeduldig, vielleicht hatte Angie sich getäuscht, oder er musste heute früher nach Hause. Nicht nur dass ich nervös wurde, nein, ich wurde richtig wütend, auf mich selbst und alles um mich, diese Gefühlsspiele wurden schon richtig gefährlich.
„Jake! Warte kurz!“ Hörte ich plötzlich eine Frauenstimme und blitzschnell fixierten meine Augen die Tür, die sich öffnete. Da stand er und blickte sich um, wartete. Er war so süß, ich konnte mich nicht abwenden, verlor mich in ihm. Ein brünettes junges Mädchen, um die achtzehn, gesellte sich an seine Seite, und beide gingen den Gehsteig entlang zum Parkplatz. Ihr Anblick riss mich aus meiner Schwärmerei, machte mich wieder wütend. Ich lauschte ihren Gespräch und musterte das junge Ding.
„Jake gehen wir noch was trinken?“
„Ne Tina, ich fahr heute nach Hause, wirklich keine Lust.“
Tinas Arm hackte sich in Jake´s und sie lehnte ihren Kopf an den seinen, während sie gingen. „Aber diese Woche noch Jake, sei nicht so fad. Ok?“ Ihre Stimme wirkte schmollend.
„Ja Ja Tina, lässt sich sicher noch einrichten.“ Seine Stimme klang genervt, als wollte er im Moment eher seine Ruhe haben, aber ich war so gereizt, dass mir das nicht auffiel. Meine Wut auf diese Göre wurde immer größer, was bildete die sich ein meinen Freund anzumachen. Ich hörte auf rational zu denken.
Die beiden erreichten den Parkplatz. Tina hauchte Jake einen Kuss auf die Wange und tanzte förmlich auf ihr Auto zu, ein roter Opel Astra. In dem Moment riss für mich der Faden, diese Schlampe musste sterben, Jake war im Moment vergessen, ich sah nur noch Blut. Ich stieg aufs Motorrad und wartete darauf, dass Tina losfuhr, und folgte ihr mit geringem Abstand. Wir fuhren entlang der Osttangente aus Wels raus, weiter Richtung Eferding. Ich erhöhte ein wenig den Abstand, wollte nicht auffallen. Nach fünf Kilometern bog sie die Straße nach Krenglbach ein. Sie parkte mitten im Ort an einer kleinen Wohnsiedlung nahe der Sparkasse. Ich stellte das Motorrad ab und wartete, sah das Stiegenhauslicht angehen, sah ihr durchs Fenster zu, wie sie ihre Wohnung im zweiten Stock aufsperrte, die alle einen Balkon hatten, ein Kinderspiel für mich. Die Lichter gingen an, Tina schien es sich vermutlich noch gemütlich machen, kein Problem für mich, ich hatte Zeit. Ich schlich zum Haus und sprang in die Höhe. Schnell packte ich das Balkongeländer im ersten Stock, an dem ich mich hochzog. Ein zweites Mal das gleiche und schon konnte ich mich in Ruhe zusammenkauern und auf den richtigen Augenblick warten, darauf, dass es finster wurde in ihrer Wohnung.
Ich betrachtete den Sternenhimmel, hörte Tinas Fernseher. Was machte ich hier, meine Wut flaute ab. Elisa was machst du hier, tötest du aus Emotionen heraus, was soll das alles? Mein Verstand versuchte die Situation zu analysieren. Ich war verrückt gewesen mich so von Gefühlen leiten zu lassen und wo Jake wohnte, wusste ich jetzt auch nicht. Ich sprang vom Balkon und fuhr nach Hause, erschrocken darüber, wie unkontrolliert ich reagieren konnte und das alles für sein süßes Lächeln. Nein Tina, das habe ich nicht nötig, ich kriege Jake auch so, er ist mir bestimmt.
Daheim angekommen zog ich mein übliches Laufgewand an und verschwand im Wäldchen hinter meinem kleinen Haus. Ich lief in die Nacht, versuchte alle Gedanken zu verdrängen, mich nur aufs Laufen zu konzentrieren. Ziel hatte ich keines, und auf der Jagd war ich nicht, schließlich hatte ich vor kurzem getrunken. Nach einer Weile nahm ich die Witterung von Menschen auf, mitten in der sternenklaren Nacht. Ich folgte der Spur bis zum Waldrand und spähte das Gebiet aus. Nicht weit vor mir lag ein kleiner Schotterteich. An dessen Ufer saßen ein Junge und ein Mädchen, um die zwanzig, eventuell etwas jünger. Sie hatte ihren Kopf an seine Schulter gelehnt, eine Hand im Schoß, die andere hielt die seine. Er umarmte sie mit seiner freien Hand. Sie wechselten kein Wort, blickten stumm in die Sterne, genossen den Augenblick und die Gemeinsamkeit. Für beide schien Zeit keine Bedeutung zu haben.
Ich kauerte mich zusammen und beobachtete sie, fühlte ihre Zufriedenheit und war den Tränen nahe. Hatte ich jemals die Möglichkeit so etwas zu fühlen, hatte ich ein Anrecht darauf, oder waren es nur Hirngespinste? Was war ich, was durfte ich. War ich ein Raubtier, das ohne Emotionen und Gefühle Beute erlegte, ohne Intelligenz nur den Instinkten folgend, oder war ich den Menschen nahe, emotional, gefühlsbetont, aber auch ein Mörder, was war meine Welt, was durfte meine Welt sein, konnte ich überhaupt entscheiden. Liebevoll küsste er sie, ganz sanft, vorsichtig. Seine Hand streichelte ihr Gesicht und sie genoss jede seiner Berührungen. Das war genug, ich kehrte um, lief so schnell ich konnte, Tränen kullerten meiner Wange herunter. Die letzten Kilometer legte ich im Sprint zurück. Ich ließ mich ins Bett fallen, wälzte mich darin, bis ich endlich einschlief und von ihm träumte, mit ihm zusammen am See, unwirklich himmlisch schön, ich durfte nicht aufwachen, wollte weiter träumen bis in alle Ewigkeit.


Vorbereitungen



Ich weiß nicht, ob es richtige Liebe gibt, oder Liebe auf den ersten Blick, ich weiß auch nicht, ob ich das je erfahren werde, aber wenn es so etwas gibt, dann kann man es mit Sicherheit nicht erzwingen, kann man nicht mal nachhelfen oder planen, wenn es so etwas gibt, dann führt das Schicksal Regie, unausweichlich, unabänderlich, egal der Folgen für die Beteiligten, im Positiven wie auch im Negativen.




Die nächsten zwei Tage verliefen recht ereignislos, ich ging zur Arbeit schlief am Vormittag, lief die Nächte durch und beobachtete Jake nach Arbeitsende. Er wohnte in Wels, in der Neustadt, ein Wohnblock, im vierten Stock. Alle Wohnungen hatten einen Balkon, also fiel es mir nicht schwer hinauf zu gelangen und immer ein wenig durchs Fenster zu stöbern. Ich fand heraus, dass Tina nicht in der gleichen Abteilung arbeitete wie er, sie sahen sich also nur kurz auf den Weg zum Parkplatz, das aber immer, sie schien ihn richtig abzupassen. Außerdem wollten die beiden Samstags ausgehen, sie wollte und er stimmte schließlich ein wenig missmutig zu, fand ich zumindest. Zuerst in einen Schuppen ihrer Wahl und dann ins Dark Times, da würde auch ich sein, und würde ihn mir wegschnappen, zumindest war das Angies Plan.
Wir plauderten jeden Tag übers Handy und ich erzählte ihr alles was ich wusste, zum Glück fragte sie nie wie ich an all die Informationen gekommen bin. So erträglich die wachen Stunden waren, so schlimm war der Schlaf. Ich wälzte mich im Bett, hatte Träume, einmal war ich ein unstillbares Raubtier, das sich durch die Reihen der Menschen metzelte, nicht wegen Hunger, sondern des Tötens Willen, zum anderen war ich ein zerbrechliches Mädchen, das vor Liebeskummer starb, beides bis zum Absurdum und weit entfernt von der Wirklichkeit.
Es war Samstag Mittag, und ich wollte mich um zwei Uhr mit Angie treffen, um den Abend zu planen, na ja, ich wollte nichts planen, sie wollte es, meinte, das müsse richtig vorbereitet werden, immerhin sollte ich einen Mann in Begleitung an Land ziehen. Wenn ich so nachdachte, hatte ich sogar einen kleinen Vorteil, Tina ignorierte er in einer gewissen Weise, wollte einfach nicht der Spielverderber sein, mich jedoch hatte er schon einmal angelächelt, wenn auch kurz, aber das konnte sich leider schnell ändern, und die Kleine war hübsch, mit der richtigen Art wickelte sie ihn sicher um die Finger, außerdem wusste ich nicht wie gut die beiden sich kannten, ob sie schon mal zusammen waren, wer weiß.
Für Angie artete das schon in eine Art Wettbewerb aus. Ich wollte nur wissen, was ich empfand, was er fühlte, ob das Gefühl echt war, oder ob ich mir das alles nur einbildete, aber kleinkriegen wollte ich mich von Tina auch nicht lassen, dafür war ich zu sehr ein Raubtier, ein Siegertyp, es war einfach alles zu verwirrend.
Es war stark bewölkt, regnete aber noch nicht, also war eine Sonnenbrille nicht von Nöten. Ich nahm meine Handtasche und fuhr in die SCW, Shopping Center Wels, um Angie zu treffen. Wir waren im Café Librett verabredet. Ich fand ein kleines Tischchen im äußeren Bereich, bestellte Waldbeertee und wartete auf meine Freundin. Das Einkaufszentrum war gut besucht, was sicher dem schlechten Wetter zuzuschreiben war, vor allem im Sommer. Das Center war nicht groß, aber in dem zweistöckigen Gebäude fand man doch genügend zum Stöbern, kleine Boutiquen, Bücher und Cd-Geschäfte, Handyanbieter, Spielwaren, Sportartikel und einige gastronomische Einrichtungen, vom Mongolen bis zur normalen Bäckerei.
Ich nippte an der Teetasse und schaute den geschäftigen Leuten zu, sah nervöse Mütter, die versuchten ihre Kinder in Zaun zu halten, junge Pärchen, die verliebt dahinschlenderten, Geschäftsleute mit dicken Mappen, alles war vertreten. Angie kam durch die Drehtür, sie hatte mich gesehen und winkte mir zu.
„Hi Liz, wartest du schon lange?“
„Hallo Liebes.“ Ich stand auf und küsste sie an den Wangen. „Nein, ich habe noch nicht mal meinen Tee ausgetrunken.“
Wir nahmen beide Platz und Angie bestellte sich ein Cola, als die Kellnerin vorbeischaute.
„Heute Abend ist dein großer Auftritt, hast du schon ne bestimmte Flirtstrategie?“
„Angie, ich kann nicht flirten, das liegt mir nicht. Ich lasse einfach die Situation auf mich zukommen.“
Wobei das nur die Halbwahrheit war, ich konnte perfekt mit Männern flirten, sie um den Finger wickeln, aber da handelte ich ohne Emotionen und Gefühle, handelte aus meinen Raubtierinstinkten heraus.
„Ah, das wird schon klappen. Als Geschäftsfrau bist du ja gewohnt zu reden. Ich würde ein richtig sexy Outfit vorschlagen, er soll dich sehen und gar nicht mehr wegsehen können, eng, viel Haut und figurbetont.“
„Angie! Ich will nicht mit ihm ins Bett steigen, ich will ihn kennenlernen.“
„Das darfst du nicht so eng sehen Liz, immerhin müssen wir ja diese Tina ausstechen.“
„Hihi, klingt zwar lustig, aber ich werde niemanden ausstechen, ich will ihn kennen lernen und keinen Wettbewerb. Wer weiß, ob das heute überhaupt klappt, ist ja nicht mal ganz sicher, ob die beiden ins Dark Times kommen. Vielleicht will Tina ihn schon vorher vernaschen und schleppt ihn zu sich nach Hause, Männer sind dafür sehr leicht empfänglich.“
Das war wenigstens mein Vorsatz, den ich hoffentlich nicht brechen werde. Denn würde ich ihm meine Aura öffnen, dann hätte Tina keine Chance, aber ich wüsste auch nicht, was er für mich empfand. Es wäre ein Sieg, aber Jake wäre nur belanglose Beute.
„Mensch Liz, du verdirbst mir jeden Spaß. Ich hatte auf einen Kampf zweier sexy Girls für einen Jungen gehofft.“
„Schlag dir das mal aus den Kopf, ich bin schon froh, wenn er mich heute bemerkt, ich glaube nicht, dass sich diese Tina dezent verhält. Du kommst doch am Abend auch ins Dark, oder?“
„Sicher doch, glaubst du ich lasse mir das entgehen.“
„Na super, das wird heute ein Tag werden, von der halben Welt beobachtet wie man so richtig ins Fettnäpfchen tritt, und das alles für einen männlichen Egoisten. Weißt du eigentlich, dass wir Frauen uns selbst erniedrigen.“
„Sieh´s positiv, das Schlimmste was passieren kann ist, dass du weiter allein oder halt mit mir ausgehst.“
„Aufmunternd, komm wir gehen noch ein wenig Shoppen.“
Ich bezahlte für uns beide und wir spazierten durchs Center, stöberten in diversen Geschäften und unterhielten uns über Schminke, Schmuck und alles Mögliche. Angie zerrte mich in ein kleines Sexshop und hatte solch einen Spaß mit der Vorführung der diversen Spielzeuge, dass wir gebeten wurden zu gehen. Lachend gingen wir weiter.
„Soll ich dich abholen oder kommst du allein ins Dark?“ Fragte ich Angie so nebenbei.
„Hol mich ab Liz, Uwe ist ja schon dort und zu Fuß dorthin zu latschen habe ich keine Lust. Oder noch besser ich fahr schnell nach Hause meine Sachen holen und komm gleich mit zu dir. Was dagegen?“
„Ne, das ist ne super Idee, sag mal was anderes, habt ihr schon darüber gesprochen ob du meine Boutique weiter führen willst wenn ich dann weg bin?“
„Klar Liz. Uwe hat nichts dagegen, also einfach Bescheid geben.“
„Das freut mich wirklich, wird aber erst gegen Herbst sein. Hast du für heute was zum anziehen oder willst noch schnell wo schauen.“
„Nene, ich finde schon etwas daheim.“
„Na dann mal los. Ich bringe dich in deine Wohnung, wer weiß wann der nächste Bus fährt.“
Ich schlängelte mich entlang der viel befahrenen Ausfahrt, bis ich die Haupt-straße in die Stadt erreichte. Angie und Uwe wohnten im Zentrum von Wels. Dichte graue Wolken bedeckten den Himmel, aber das Wetter hielt, es regnete noch nicht. Nach einigen Minuten war ich am Stadtplatz und parkte. Ich blieb im Auto während Angie in die Wohnung ging, um ihre Sachen zu holen, spielte mit dem Autoradio und hielt Ausschau nach Parkwächtern, um schnell eine Runde zu drehen, falls einer auftaucht. Nach einer Weile kam Angie wieder. Sie hatte sich bereits umgezogen, einen ultrakurzen schwarzen engen Minirock, ein schwarzes Top und schwarze Stöckelschuhe. Alles in allem sehr wenig Stoff, aber wenns ihr gefiel.
„Duschen und schminken kann ich mich eh bei dir, oder?“
„Habe ich eigentlich eingeplant, aber glaubst du nicht, dass du ein wenig zu freizügig gekleidet bist, schätz das wird Uwe nicht gefallen?“
„Ach was, Uwe ist ja auch dort, außerdem weiß er, wie treu ich bin und es kann jeder wissen, welchen guten Fang er gemacht hat.“
„Wenn du meinst.“
Wir fuhren zu mir. Angie war schon einige Male in meinem Haus, kannte sich also aus, abgesehen von meinem zweiten Keller.
„Liz, was ziehst du an?“
„Weiß noch nicht, mal schauen. Willst du zuerst duschen?“
Angie bejahte und ging hinauf, ich rief ihr noch nach: „Falls du es dir noch anders überlegst, schau dich in meinem Kleiderschrank um, weißt ja wo. Ich mache uns derweil Tee.“
Küche und Wohnzimmer waren im Prinzip ein Raum, jedoch elegant durch eine Wohnlandschaft getrennt. Da ich selbst nicht koche, ausgenommen Tee und das kann man nicht als Kochen bezeichnen, habe ich damit keine Probleme, lästige Gerüche entstehen ja nicht. Das Wohnzimmer war hell gehalten. Die Außenmauern waren mit großen Fenstern ausgestattet, damit immer viel Licht hereinfiel. Fernseher hatte ich keinen, dafür eine sehr teure Stereoanlage mit zwei sehr großen leistungsstarken Boxen, Musik war ein wichtiger Teil in meinem Leben. Auf den kleinen Glastisch vor der orangen Couch stand ein Laptop für diverse Recherchen. Die Wohnlandschaft war in hellem Ahorn gehalten. Die Vitrine war gefüllt mit teuren Gläsern verschiedenster Art, für jede Gelegenheit das Richtige, die Regale vollgeräumt mit Büchern. Hier war aber nur ein kleiner Teil. Der zweite Raum im Erdgeschoß war meine Bibliothek.
Ich legte eine CD von David Garrett ein, das war etwas moderner und das würde Angie auch verkraften. Die Küche um die Ecke war schlicht und in weiß gehalten. In den Kästchen befanden sich nur unverdauliche Nahrungsmittel, die ich von Zeit zu Zeit durch Neue austauschte, als Tarnung für solche Situationen wie heute. Der Teekessel stand bereits am Herd, ich brauchte ihn nur mehr mit Wasser füllen. Für Angie machte ich eine Tasse Kaffee, die Espressomaschine wurde sehr selten benutzt, ich erlaubte nicht vielen, mich zu besuchen.
Fein säuberlich deckte ich den Glastisch im Wohnzimmer, langsam, schon fast zelebrierend, ich genoss es, machte ich das in diesen Zeiten recht selten. Angie kam die Treppe herunter, in Unterwäsche.
„Du erwartest heute hoffentlich niemanden mehr, sonst muss ich mich gleich anziehen?“
„Nene, lass nur. Kaffee für dich?“
„Sicher doch. Machst du mir dann die Haare bevor ich mich schminke?“
„Was willst du denn, die langen Haare brauchst du doch nur frisieren und schon sehn sie super aus.“
„Ich möchte sie aufgesteckt haben, so wie damals bei der Eröffnung des Dark Times, kriegst du das hin?“
„Ja sicher, dürfte kein Problem darstellen. Du putzt dich heute aber ganz schön raus. Willst du mir Konkurrenz bei Jake machen?“
„Nein, Nein, der gehört dir, aber wenn wir schon gemeinsam ausgehen, dann will ich es richtig genießen, mit allem Drumherum.“
Wir tranken in Ruhe unseren Tee bzw. Kaffee, Angie erzählte von Uwes mo-mentanen Babywahn, auch wenn er wusste, dass das im Moment ohnehin auf keinen Fall in Frage kam, zuerst musste das Studium beendet werden. In solchen Momenten fühlte ich mich ganz als Mensch, teilte ihre Sorgen und Wünsche, fühlte mit ihnen.
Ich stand auf und holte die nötigen Utensilien um Angie die Haare hochzustecken, Bürste und Kamm, Haarspray,Fön und verschiedenste Nadeln und Spangen. Früher hatte ich das oft gemacht, als ich noch die meiste Zeit bei meiner Mutter war. Dadurch, dass man sehr lange lebte und nicht arbeiten musste, das Essen lief ja gewissermaßen in Massen umher und Geld hatte man in den Jahrhunderten genug gehortet, konnte man viel lernen, alles, was einem Spaß machte. Meine große Leidenschaft war das Violinenspiel, ein wenig Piano und Fremdsprachen.
Mit geschickten Bewegungen kämmte und steckte ich Angies Haare, versuchte die Frisur elegant wirken zu lassen. Damit es am Ende nicht zu konservativ erschien, löste ich einige Strähnen, die wild und scheinbar ungeordnet herunter und ins Gesicht hingen.
„Fertig, geh mal hoch und schau ob es passt.“
Während sie ihre Frisur begutachtete, räumte ich das Geschirr weg, Ich war in gewissen Dingen sehr auf Ordentlichkeit bedacht.
„Liz das sieht toll aus!“ Hörte ich sie rufen. „Ich werde mich jetzt schminken und fertigmachen!“
„Ok. Ich komme auch gleich!“
Während Angie sich mit Makeup und Wimperndusche bearbeitete, ließ ich das heiße Wasser meine kühle weiße Haut wärmen. Zum Glück hatten meine Tage schon aufgehört, ich hatte zwar keine Schmerzen, aber es war doch ein ungutes Gefühl. Was ich anziehen sollte wusste ich auch noch nicht, elegant und ein wenig sexy, richtig sexy so wie Angie oder Erzkonservativ, na ja das kam sicher nicht in frage. Egal, einfach mal meinen Kleiderschrank durchwühlen, notfalls mein schwarzes Lieblingskleid.
Als ich die Dusche verließ war Angie noch schwer mit ihrer Gesichtsbemalung beschäftigt, also ging ich ins Schlafzimmer und suchte mir das passende Outfit zusammen. Ich kramte mich durch den begehbaren Schrank und konnte mich absolut nicht entscheiden. Na gut, dann soll das Schicksal bestimmen. Ich schloss die Augen, wirbelte im Kreis und ergriff ein Stück, nachdem sollte sich dann der Rest richten. Ich betrachtete die blaue Designer Jean in meiner Hand, so etwas hatte ich schon ewig nicht mehr getragen. Ich wollte sie beiseitelegen, aber warum eigentlich, ich wollte eine Zufallsentscheidung, und das war sie eben. Die Jean war nicht eng, eher gemütlich, dazu wählte ich eine weiße kurzärmelige Bluse und darüber ein schwarzes Gilet, den Abschluss machten schwarze Lackschuhe mit kleinen Absätzen. Ich drehte mich vorm Spiegel, na ja, ungewohnt, unscheinbar, aber auf eine gewisse Weise süß.
Angie kam aufgestylt zu mir, zwar gewagt, aber zum Glück nicht übertrieben nuttig.
„Wie sehe ich aus?“ Ihre Stimme klang euphorisch, also schien sie selbst recht begeister zu sein.
„Etwas zu freizügig meiner Meinung nach, aber toll, richtig toll.“
Sie lachte. „So, jetzt bist du an der Reihe Liz, was ziehst du an?“
„Das.“
„Was das, doch nicht etwa die Jean?“
„Na ja, im Prinzip schon, ich habe das Schicksal entscheiden lassen und das kam dabei raus.“
Sie schien nicht recht begeistert über meine Antwort.
„Liz, du bist immer die bestgekleidete Frau die ich kenne und gerade heute willst du so raus?“
„Ist doch wirklich süß, und wenn er mich nett findet, dann auch so.“
„Ach Liz Schätzchen, was soll ich mit dir machen, ich glaube du willst absichtlich abblitzen.“
Weit hatte sie ja nicht gefehlt, vielleicht wäre es für alle Beteiligten besser, wenn das passiert.
„Ich richte mich noch fertig her, dann können wir los.“
„Ja mach das, ich stöbere derweil ein wenig in deiner CD Sammlung.“
Ich ging ins Badezimmer. Bei meiner Wuschelfrisur brauchte ich nicht viel machen, die halblangen Haare verteilten sich wild am Kopf, ich schaute nur, dass die richtige Wirkung erzeugt wurde. Von Schminke hielt ich nicht viel. Meine Wangen gab ich einen zarten rosa Touch, der meine Blässe noch mehr betonte. Die Augenbrauen betonte ich tiefschwarz und die Liedschatten bekamen ein zartes Blau. Für die Lippen verwendete ich ein helles glänzendes rotes Lipgloss. Alles in allem sehr kontrastreich zur weißen Haut.
Ich ging hinunter zu Angie.
„Wollen wir los?“
„Klaro, auf geht’s.“
Nachmittags war ich die Ruhe in Person, jetzt jedoch spürte ich meine kommende Nervosität. Es war kurz vor zehn Uhr, ich erwartete Jake, falls er überhaupt kam, nicht vor Mitternacht, und wir fuhren los.


Eden



Der Garten Eden, das Paradies, war dies ein Ort, oder war es nur ein Gefühl, eine Situation himmlischer Harmonie? Im Prinzip egal, sowohl der Ort war für Menschen und Vampire verloren und jeder Moment ging einmal zu Ende.




Die kurze Fahrt ins Dark Times verlief schweigsam, ich ging meinen Gedanken nach und Angie kämpfte mit dem CD Player, versuchte etwas nach ihren Geschmack zu finden. Je näher ich dem Treffen, was es ja nicht mal richtig war, kam, umso mehr drang sich mir der Gedanke auf, dass dies das Unsinnigste war, was ich seit langen getan hatte. Was verstand ich von Liebe, nichts, was konnte mir ein Mensch geben, nichts, was könnte ich ihm geben, schlimmstenfalls den Tod. Und das waren noch die geringsten Probleme. Vielleicht erledigte sich heute alles von allein und ich konnte wieder weiter leben wie zuvor, auch wenn mein Innerstes sich etwas anderes wünschte, aber vermutlich war genau dies das Problem, nicht erfüllte Teeniewünsche und nicht mehr.
Um diese Zeit war noch nicht viel los und wir konnten nicht weit vom Eingang parken. Uwe stand wie üblich vor der Türe, Angie rannte wie wild auf ihn zu, warf sich um seinen Hals und küsste ihn voller Leidenschaft.
„Hi Schatz, wie gefalle ich dir?“
„Wow, wenn du so daher läufst, fällt es mir schwer dich nicht ins Auto zu werfen und dich gleich dort zu vernaschen.“
„Nur Geduld mein Bärchen, morgen Früh darfst du das Auspacken was du jetzt siehst, und alles gehört nur dir.“ Sie drückte ihm noch einen festen Kuss auf die Lippen, bevor sie sich löste.
„Hi Uwe, ich bin nicht schuld, ich habe ihr gesagt es wäre zu freizügig.“ Grüßte ich ihn.
„Hi Liz, passt schon. Hier kann sie ja nichts anstellen, dafür sind zu viel Zeugen anwesend, also gehe ich davon aus, dass sie nur mir imponieren will.“ Uwe lächelte und auch wenn er es nur scherzhalber gemeint hatte, ich wusste, wie sehr ihn Angie liebte, im Prinzip hatte er also recht.
„Dann ist´s gut. Noch nicht viel los heute oder?“
„Ne, man merkt, dass Hochsommer ist, aber wird sich bis Mitternacht sicher noch füllen.“
„Schatz wir gehen mal hinein.“
„Amüsiert euch gut, und Liz, viel Erfolg.“
„Äh danke.“ Ich hatte zwar eine weiße Hautfarbe und wusste nicht, ob diese erröten konnte, aber innerlich nahm sie die Farbe von dunklem roten Blut an, so überrascht und verlegen war ich im Moment. Schnell drückte ich die Klinke, nichts wie hinein.
Drinnen empfing uns harter Deathmetalsound von Graveworm. Es war noch recht leer. Angie und ich gingen zur Bar und begrüßten Karl und Nina. Ich trank wie üblich ein Mineralwasser, Angie bestellte sich Redbull Whisky.
„Sag mal Angie, willst du heute Uwe in den Wind schießen?“ Fragte Karl mit ironischem Unterton.
„Hehe, du hättest eh keine Chance Karl, und meinen Schatz geb ich nicht mehr her, die anderen dürfen nur sehen, was für eine Traumfrau Uwe abgekommen hat, schauen erlaubt, angreifen verboten.“
Karl schmunzelte: „So ist´s brav. Liz, wieder alles klar mit deiner Hand?“
„Sicher doch, war nicht mal ein richtiger Schnitt, hier sieh.“ Ich streckte meine Hand aus um sie Karl zu zeigen, natürlich war nichts mehr zu erkennen, alles wunderbar verheilt.
„Da bin ich aber froh, ich muss ein kaputtes Glas übersehen haben, tut mir echt leid, ist mir noch nie passiert.“
„Lass gut sein Karl, wie gesagt nichts passiert.“
Wir unterhielten uns über Gott und die Welt, ich erfuhr, dass Nina nicht mehr lange da sein würde, sie war im zweiten Monat schwanger. Angie bestellte ihr zweites Redbull Whisky und allmählich füllte sich das Lokal, ich schaute auf Angies Uhr, Halbzwölf, Jake würde mit Sicherheit nicht kommen, das würde Tina verhindern zu wissen, das Ambiente hier würde ihr sicher nicht zusagen, wobei im Moment die Musik moderater war, es lief gerade L ame immortelle.
Vermutlich war es auch besser so, aber so wie ich mich kannte, würde ich auch nicht so schnell geschlagen geben, auch wenn der Verstand sagte: Lass es sein, oder töte ihn, dann ist alles vorbei. Und überhaupt, was sollte ich mit einem zerbrechlichen Menschen anfangen, im Herbst oder im Winter würde ich ohnehin dem englischen Clan vorgestellt, meine Eltern und das Oberhaupt des Clans hatten schon konkrete Heiratsvorstellungen, und wer weiß, dabei könnte es sich ja auch um meinen Traumprinzen handeln, und es wäre ein Vampir, so wie ich, so wie es sein sollte. Zumindest der Gedanke war nett, aber mein Inneres glaubte nicht daran, war einfach ganz auf diesen Jake fixiert. Ich versuchte mir meinen Vampirgatten im Gedanken vorzustellen, gut gebaut, ganz in schwarz gekleidet, langes dunkles Haar, geschmeidig wie eine Raubkatze, aber gefühlvoll zu mir, elegant und selbstbeherrscht in der Öffentlichkeit, Abenteuerlustig und fröhlich wenn wir zwei zusammen wären.
„Erde an Elisa, Erde an Elisa, wir orten Sternschnuppen!“ Während ich leise diese Worte hörte, spürte, wie mich Angie anrempelte.
„Sorry, ich war total im Gedanken, was gibt’s?“
„Schau mal wer da kommt.“ Angie deutete zur Eingangstür. In diesem Moment war jeder Vampirtraummann vergessen. Ich sah Ihn und alle anderen waren nur mehr wie Nebel, ich sah sein Lächeln, stellte es mir vor, und ich sah Tina, dicht bei ihm. Wie erwartet war sie topgestylt, kurzer schwarzer Rock, eine dunkelrote Bluse mit tiefem Ausschnitt und rote hohe Stiefel, bis über die Knie. Die beiden gingen an einen freien Tisch, rechts hinten, ein wenig abseits der Tanzfläche. Ich beobachtete sie und sah Nina die Bestellung aufnehmen.
„Was machen wir jetzt Liz?“ Angie war total aufgeregt, warum auch immer.
„Nichts, einfach mal abwarten und beobachten.“
„Äh, nur beobachten, das ist aber schon sehr fad, findest du nicht?“
„Fad hin oder her, im Moment kann ich doch nichts tun.“
Die beiden unterhielten sich, Jake trank sein Cola und Tina hatte sich ein Colarot bestellt, so wie sie aussah, war sie nicht mehr nüchtern, dafür aber sehr gut gelaunt. Mich wundete, dass sie hier her mitkam, soviel ich wusste war das nicht ihr Lieblingsambiente, sie war eher ein Discogirl, lange würden die beiden sicher nicht bleiben. Jake war angezogen wie immer, billige Jean, schwarzes Hemd und eine braune Lederjacke, aber er war trotzdem richtig süß, gerade deswegen.
Ich konzentrierte mein Gehör und versuchte deren Gespräch zu verfolgen. Tina flirtete ende nie, und ich konnte ihr nicht mal böse sein, schließlich wollte ich das selbe wie sie, aber Jake fiel nicht drauf rein. Er genoss lieber die Musik und lenkte jedes mal ab, wenn es zu intim wurde. Sie tat mir fast schon ein wenig leid, anderseits freute ich mich, denn das hieß Chancen für mich. Ich lächelte, in diesem Moment sah er in unsere Richtung, schnell wandte ich mich ab.
Angie sah hinüber und winkte ihm zu.
„Angie! Lass das.“
„Sei ein wenig lockerer Liz, ich mache ja nichts, bin nur nett.“
„Das wird heute so und so nicht, oder soll ich mich zwischen die zwei quet-schen. Glaube nicht, dass die noch lange da sind.“
„Flirten Liz, das kann man auch auf die Entfernung.“
„Ja ja, lass mir einfach ein wenig Zeit, ich weiß schon, was ich tue.“ Meine Stimme wirkte mürrisch.
„Liz, du bist ja sauer, so kenn ich dich gar nicht, komm trink mal was Vernünftiges.“
„Entschuldige Angie, hat nichts mit dir zu tun.“
„Karl gib Liz mal ein Glas Rotwein!“
„Nein Karl, kein Alkohol!“
Aber zu spät, er öffnete schon eine Flasche und füllte drei Gläser.
„Komm Liz, du trinkst jetzt ein Glas mit uns, und gut ist es. Davon wirst du nicht betrunken. Das ist übrigens kein Verkaufswein.
„Na gut, ein Glas, aber nicht mehr.“
Warum führte ich mich überhaupt so auf, ich war eine mordende Bestie und hatte trotzdem Freunde, denen was an mir lag. Der Rotwein war wirklich gut, da hatte Karl nicht gespart. Wir unterhielten uns über die Tsunamikatastrophe, Karl wollte hier im Lokal eine Spendenaktion starten. Nebenbei versuchte ich, den Gesprächen von Tina und Jake zu folgen. Sie beschwerte sich, dass man hier nicht tanzen konnte, wobei, es lief gerade Hocico, das war definitiv zu aggressiv.
„Karl tue mir nen Gefallen, leg was von Blutengel auf, etwas rhythmisches, die Tanzfläche ist so leer.“
„Aber sicher Liz,“ er wandte sich um, tippte am Laptop, Schallplatten oder CDs gab es keine, es wurde alles via PC gesteuert, und schon tönte der erste Song von Blutengel, Angel of the night, über die Boxen. So Tina, dazu kann man tanzen, zeig mir und vor allem Jake, was du drauf hast. Ausnahmsweise tat mir der Wein wirklich gut und die Tanzfläche war auch nicht mehr leer.
Tina redete auf Jake ein, aber er ließ sich nicht zum Tanzen überreden, also ging sie alleine. Geschmeidig wiegte sie sich zum Sound, ihr Blick fixierte Jake, fast schon wie ein Balztanz, und ich musste eingestehen, es sah wirklich erotisch und sexy aus. Jake schien sich zwar geschmeichelt zu fühlen, wirkte aber nicht beeindruckt. Mir drang sich schon der Gedanke auf, dass er schwul war, oder aber wirklich so reif und fair, dass er mehr wollte als einen schönen Körper und solch eine Situation nicht ausnutzte. Aber egal wies war, mir wurde klar, sie hatte keine Chance bei ihm und das steigerte meine Stimmung um ein erhebliches Maß.
Er redete kurz mit Nina, bestellte Getränke für sich und seine Begleitung, zu-mindest unhöflich war er nicht. Der Alkohol machte mich ein wenig mutiger, bezogen auf die Situation.
Karl reichte Nina das kleine Tablett mit einem Colarot und Cola.
„Darf ich Nina?“ Ich griff nach der Bestellung, sie blickte zu Karl, der nickte jedoch nur und lächelte.
„Danke.“ Ich nahm die Getränke und ging innerlich voll nervös zu Jake´s Tisch. Ich spürte wie ich von den drei´n beobachtet wurde. Jetzt hieß es sich zusammen zureißen.
„Hi, dein Colarot und das Cola.“ Ich stellte die Getränke ab und lächelte leicht, er blickte zu mir.
„Hi, die neue Kellnerin oder Freundin des Chefs?“ Seine Stimme war richtig süß, mein Herz pochte, warum reagierte ich so sinnlos emotional.
„Weder noch, ich wollte nur die Stimme hören, die zu dem süßen Lächeln gehört.“ Normalerweise waren solche Worte kein Problem für mich, aber hier kamen sie ein wenig brüchig rüber. Er lächelte und ich war auf Wolke Sieben.
„So einen netten Anmachspruch habe ich schon lange nicht mehr gehört. Willst du dich setzen und was trinken?“
Ich konnte meinen Blick nicht abwenden, erinnerte mich trotzdem an Tina.
„Würde ich gerne, aber ich glaube nicht, dass das deiner Freundin gefallen würde.“
„Äh Nina, nein, sie ist nicht meine Freundin, nur eine Arbeitskollegin.“ Er hatte vermutlich recht, aber trotz allem war er jetzt nervös. Ich schmunzelte: „Also so wie die tanzt und dich fixiert bin ich mir da nicht sicher was ich davon halten soll.“ Er zappelte, er fand mich zumindest nicht uninteressant, jetzt nur nicht die Beherrschung verlieren.
„Nein wirklich, ich weiß sie steht auf mich, aber da ist nichts. Du brauchst dir nichts dabei denken.“ Seine Stimme war gewollt ruhig.
„Wer weiß, aber sei es wie es sei, es wäre von mir schlampenhaft und von dir sehr, sehr unhöflich, wenn ich hier Platz nehme.“ Sagte ich leicht kokett, drehte mich um und wollte wieder zu Angie gehen, gedanklich kreuzigte ich mich, weil ich das Angebot ausgeschlagen hatte.
„Warte!“ Ich drehte den Kopf und sah ihm in die Augen. „Ich heiße Jake.“
„Elisa.“
„Elisa, hübsch. Bist du öfters hier?“
„Von Zeit zu Zeit.“ Ich wandte meinen Blick ab, zwang mich dazu und ging weiter.
„Elisa…..“ Mehr brachte er nicht heraus, hatte ich ihn unabsichtlich abblitzen lassen oder war er schüchterner als er wirkte. Mein Gott war ich dämlich, versau ich mir das jetzt?
Ich wandte mich noch mal um, hatte ein mädchenhaftes Lächeln aufgesetzt, das nicht mal gespielt war: „Deine Stimme ist übrigens so süß wie dein Lächeln, normalerweise bin ich nächsten Mittwoch wieder hier.“ Nun wandte ich mich vollends ab und ging zur Bar. Er antwortete nicht, mal schauen, ob er kommen wird.
Angie erwartete mich schon.
„Komm schon Liz, was war, erzähl.“
Ich erstattete ihr Bericht, wortwörtlich, so gut ich konnte.
„Der hat angebissen, glaub mir, sobald das Dark am Mittwoch öffnet ist er hier.“
„Schauen wir Mal.“ Ich zwang mich kühl zu wirken, aber Angie durchschaute mich.
„Du Liz, er beobachtet dich.“
„Wenn du meinst.“
„Nein wirklich.“
Ich wandte mich um, sofort blickte er weg, aber nicht schnell genug, ich konnte seine Bewegung erkennen. Tina saß wieder bei ihm.
„Angie ich bin fix und fertig, ich werde nach Hause fahren, ist das Ok?“
„Klar Liebes, schlaf gut.“
„Du auch, bye.“
Ich verabschiedete mich von den anderen und ging. Bevor ich das Lokal verließ, schaute ich noch einmal zu Jake. Unsere Blicke trafen sich, er wandte sich nicht ab. Ich wusste nicht, wie lange das andauerte, aber so würde sich das Paradies anfühlen, der Garten Eden. Nach einer gefühlten Ewigkeit überwand ich mich und verließ das Dark Times. Ich setzte mich ins Auto und wartete, wartete, dass er fuhr, um ihn zu folgen, ihm ein wenig nahe zu sein.
Während ich so da saß im dunklen Wagen zog ich meine schwarze Laufkleidung an, und warf mir einen schwarzen langen Umhang über, um mit der Dunkelheit zu verschmelzen, wenn es nötig wäre. Ich passte auf, dass mich niemand beobachtete.
Nach einiger Zeit verließen auch Jake und Tina das Lokal, sie waren mit seinem Auto gekommen. Ich folgte ihnen mit ausreichenden Abstand. Er brachte sie nach Hause fuhr aber gleich weiter, zu ihm. Ich parkte in der Nähe und wartete. Als alle Lichter ausgegangen waren, kletterte ich auf seinen Balkon, kuschelte mich samt Umhang in eine Ecke, gleich einem schwarzen Bündel, schloss meine Augen und träumte vor mich hin. Kurz vor Morgengrauen lotete ich die Umgebung aus und sprang, nachdem ich mir sicher war, dass mich niemand beobachtete, geschickt hinunter. Ich lief zum Auto und fuhr aufgewühlt nach Hause, duschte so heiß, dass ich mir fast die Haut verbrannte, und ließ mich ins Bett fallen.


Trostlose Tage



Ein Problem vieler Menschen ist, sie haben oft viel zu wenig Zeit um das Leben zu genießen, zu wenig Zeit um alles zu erledigen was sie sich vorgenommen haben. Wir hingegen haben Zeit ohne Ende und diese Zeit, auch würde uns die Menschheit beneiden, ist unser Fluch. Das Warten auf ein bestimmtes Ereignis, kann so zur Ewigkeit werden.



Die nächsten Tage waren trist und schienen unendlich lange zu dauern. Ich erwachte Sonntags um fünf Uhr Nachmittag, eigentlich recht spät, aber trotzdem mürrisch und unausgeglichen, mein Schlaf war unruhig und nicht sehr erholsam gewesen. Schnell machte ich meine Gymnastik und stellte dann Teewasser auf. Kurz an sechs rief Angie an.
„Hi Liz, gut nach Hause gekommen?“ Auch wenn die Frage eher rhetorisch gemeint war.
„Sicher doch, und hattest du mit Uwe noch einen netten Abend?“
Sie seufzte tief: „Also mein gestriges Outfit hat Uwes Fantasie überraschend angeregt, wir sind erst vor Kurzem auf und ich bin noch ganz kribbelig…….“
„Ja ja schon ok Angie, so genau will ich das gar nicht wissen.“
„Na gut, dann halt nicht, aber deswegen habe ich nicht angerufen. Ich wollte nur wissen, ob es dir gut geht, außerdem muss ich dir doch erzählen wie es gestern weiter ging. Also, Tina und Jake blieben nicht mehr lange, aber Jake hat kurz versucht mich und Karl ein wenig über dich auszufragen, was ihm natürlich nicht viel brachte, erstens waren Karl und ich sehr schweigsam, zweitens konnte er nur kurz zu uns kommen, ohne das Tina lästig geworden wäre, Mittwoch ist also dann dein großer Tag Liebes.“
„Danke Angie, bin auch schon voll nervös und gespannt auf mein Rendezvous, wenn man es so bezeichnen kann. Aber wer weiß, vielleicht macht er ja nen Rückzieher.“
„Sei nicht immer so pessimistisch, der kommt sicher.“
„Ja, hast vermutlich recht, und ich vermassle dann alles.“
„Mein Gott Liz, jetzt halt dann aber deinen Mund!“
„Bin ja schon ruhig.“
„Gut, ich lasse dich jetzt eh alleine, muss mal etwas für Uwe und mich kochen, aber du musst mir versprechen, dich nach dem Date sofort bei mir zu melden. Bis später Liz.“
„Bye Angie, ich melde mich.“
Stille. Eine Stille, die mir im Moment nicht so gut tat. Ich legte eine CD von Katica Illenyi in den Player. Die Musik der ungarischen Violinistin lenkte mich ein wenig ab. Ich bereitete mir meinen Tee zu und holte eine Ausgabe von Romeo und Julia aus der Bibliothek nebenan, genau das Richtige für meine Stimmung. Ich setzte mich im Schneidersitz auf den Parkettboden neben dem Sofa. Wenn ich allein war, verwendete ich keine Möbel, abgesehen vom Bett, an die Bequemlichkeit hatte ich mich seit Langem gewöhnt. Im Gegensatz zum Menschen hatten wir praktisch sehr viel Zeit zu Verfügung, erstens wegen unserer langen Lebensdauer und zweitens hatten wir kaum Verpflichtungen.
Wir mussten nicht arbeiten gehen, das Geld vermehrte sich von selbst, wir hatten ja Jahrhunderte Zeit Schätze zu horten, wir putzen nicht, die Clanvillen wurden normalerweise von Angestellten sauber gehalten, wir mussten nicht kochen und so weiter und so weiter. Was der Mensch als Segen bezeichnen würde, war jedoch manches Mal ein Fluch, es konnte einfach passieren, dass einem langweilig wurde und suchte man sich nicht etwas zum Ablenken, konnte schon vorkommen, dass man mal ausrastete.
Ich sprach so ziemlich alle aktuell gesprochenen Sprachen fließend, spielte Violine und Piano, machte sogar meinen Haushalt selber, hatte mein Modegeschäft, lass sehr viel und trieb Sport. Trotz allem verging die Zeit manchmal sehr langsam, vor allem wenn man auf etwas wartete, so wie auf Mittwoch wartete. Ich lass das Buch nicht zum ersten Mal, hatte auch schon Aufführungen gesehen, heute aber versuchte ich mir die Zeilen genau einzuprägen.
Nachdem ich das Büchlein gelesen hatte, legte ich es auf den Tisch und sah aus dem Fenster. Graue Gewitterwolken bedeckten den Himmel. Es war noch zu früh, also zog ich mein Laufgewand an und rannte in den Wald, vergnügte mich im Freien. Als es endlich dunkel wurde, lief ich zu Jake´s Wohnung und suchte mir wieder meine finstere Ecke am Balkon, nur um seine Nähe zu spüren. Dort verharrte ich wachträumend bis zum Morgengrauen, um nach Hause zu laufen, das Bett wartete auf mich.
Der Montag lief ab wie immer, auf um vierzehn Uhr, Gymnastik und ab in die Boutique. Die drei Stunden dort verliefen zum Glück recht schnell. Heute Nacht würde ich jagen, zur Ablenkung und um satt zu sein für Mittwoch. Nach der Arbeit fuhr ich nach Hause, zog mir mein Motorradgewand über und packte den Rücksatz mit Ersatzkleidung, eine enge Jean und ein bauchfreies schwarzes Top. Ich machte mich auf den Weg, ohne ein bestimmtes Ziel, einfach weit weg von meiner gewohnten Umgebung. Der Gedanke heute einen Menschen zu töten verursachte zwar kein schlechtes Gewissen, trotz allem wirkte es etwas makaber, wenn ich an meine Verabredung in zwei Tagen dachte. Diesen Aspekt der Geschichte musste ich noch für mich ins Reine bringen, wenn das überhaupt möglich war. So romantische Alternativen wie in manchen Büchern, etwa Tierblut als Nahrung, waren leider nicht möglich, zumindest meines Wissens nicht. Angeblich sollten dies schon diverse Vorfahren versucht haben und dann ein siechendes Ende genommen haben. Da es keine Ärzte gab, die Vampire behandelten ging natürlich niemand mehr ein solches Risiko ein.
Nach einer Weile verlor ich die Lust daran den kleinen Landstraßen zu folgen, ich suchte mir den Weg zur nächsten Autobahn, auf der ich dann Richtung Wien raste. Da ich es mir nicht leisten wollte aufzufallen, konnte ich meine Maschine leider nicht richtig ausfahren, dafür würde ich mal nen Abstecher nach Deutschland machen müssen. Kurz vor Amstetten lag eine Autobahnraststätte, mein momentanes Ziel. Dort angekommen parkte ich meine Yamaha und schaute mich um. In einer der Tankstellentoiletten zog ich mir meine Ersatzkleidung an.
Im Shop kaufte ich mir einen dicken Stift und suchte mir danach ein Stück Karton, an dem ich in Großbuchstaben WIEN schrieb. Heute würde ich Jagen und sexuelle Befriedigung miteinander verbinden, ich würde mein Opfer bis zur letzten Sekunde genießen. Gemächlich schlenderte ich zur Ausfahrt und stellte mich leicht verführerisch mit dem Schild in der Hand hin. Es dauerte ein Weile, bis endlich ein schwarzer Passatkombi stehen blieb und das Fenster runter ging.
„Wenn du mit willst, ich fahre bis kurz vor St. Pölten.“ Die tiefe Stimme klang leicht rau.
„Das wäre wirklich klasse.“ Antwortete ich euphorisch und eilte zur Beifahrertür, um einzusteigen.
Der Mann war um die fünfzig, etwas korpulent und der Kleidung nach zu urteilen Geschäftsmann oder Vertreter. Sein schütteres Haar ergraute bereits.
„Nochmals vielen Dank fürs Mitnehmen, wirklich toll.“
„Schon Ok, ist ja meine Richtung. Ich heiße übrigens Arnold.“
„Elisa, aber die meisten nennen mich Liz.“
„Und Liz, was treibt dich nach Wien, vor allem auf diese Weise, Autostoppen ist nicht die sicherste Art, vor allem für ein so hübsches Mädchen wie dich?“
„Ich studiere dort Medizin, und das liebe Geld, ist halt so ne Sache.“
„Aja.“
Arnold war ein selbstsicher von sich überzeugter Mann, also war es kein Problem, als ich nach einer Weile von Smalltalk in Flirten überging. Er ließ sich so leicht manipulieren und das alles, ohne meine Aura zu öffnen. Ich strich mit meiner Hand über seinen Oberschenkel.
„Ich habe zwar kein Geld, aber da ich solo bin und du ja nicht schlecht aussiehst gibt’s sicher ne andere Möglichkeit dir zu danken.“
Das war einfach nur primitiv und billig, aber er stand genau auf diese Schiene, ihm kam nicht einmal der Gedanke, daran könnte etwas faul sein.
Es ging noch eine Weile so dahin und ich spürte, wie heiß er mit der Zeit wurde.
„Komm Arnold,“ ich flüsterte, „wir fahren ab, suchen uns ein nettes Plätzchen und lassen endlich unseren Druck ab. Danach kann es entspannt weiter gehen und ich habe keine Schuldgefühle wegen der Fahrt.“
Der Gedanke beschäftigte ihn aber er war sich noch nicht sicher. Ich überlegte schon meine Aura fallen zu lassen, wartete aber noch ein wenig.
„Meinst du wirklich?“
„Ich lächelte ein wenig und ließ meine Hand zwischen seine Beine gleiten.
„Na ja, Lust hätte ich schon, will ja wissen, ob er wirklich so steif ist, wie er sich anfühlt.“
Kein Kommentar, aber seine Anspannung verriet mir, er hatte angebissen. Wir fuhren die nächste Ausfahrt ab und suchten uns eine wenig befahrene Landstraße. Nach einer Weile bogen wir einen Feldweg ein und blieben stehen. Ich streifte das Top ab und er konnte sich nicht mehr halten. Schnell zog er sich die Hose herunter. Ich tat es ihm gleich, massierte sein erregtes Glied und setzte mich auf ihn. Tief glitt er in mich hinein, ich seufzte und bewegte mein Becken vor und zurück, wollte sein steifes Ding spüren, wollte in Ekstase kommen, bis zum Orgasmus, statt dessen kam mir plötzlich Jake´s Lächeln in den Sinn. In dem Moment graute mir, was tat ich da, jegliche Lust war verflogen. Ich riss seinen Kopf zur Seite und biss zu, saugte, während er röchelte. Es war schnell vorbei und schamerfüllt zog ich mich an.
Diese Angelegenheit mit Jake wurde immer lästiger, konnte ich nicht mal mehr Sex haben, ohne dabei Schuldgefühle zu haben und das Schlimmste, ich konnte diese Gefühle nicht abstellen. Schnell legte ich Arnold auf die Rückbank und fuhr zurück zur Raststation, aber nicht über die Autobahn, sondern entlang Land- und Bundesstraßen. Einige Kilometer vor meinem Ziel suchte ich mir eine Forststraße, in die ich einbog. Ich zündete das Auto an und wartete, bis es explodierte und ausbrannte, beobachtete es aus sicherer Entfernung. Der Unfall würde mysteriös und unaufgeklärt bleiben, aber Bissspuren und der Blutverlust wären auch nicht mehr nachzuweisen, also keine Gefahr für mich.
Den Rest des Weges legte ich zu Fuß zurück. Ungeduldig zog ich mich um und schwang mich aufs Motorrad. Ich sehnte mich nach Jake, seiner Nähe, seinem Geruch. Ich stieg aufs Gas, wollte nur mehr zu ihm, war im Gedanken schon in der Ecke des Balkons, so wie die letzten Nächte, ein schwarzes Bündel, sehnsüchtig wartend.
Am Dienstag schlief ich unruhig, wälzte mich von einer Seite zur anderen. Ich hatte Albträume, konnte mich aber nur an Bruchteile erinnern, nur eine Szene, ich hatte wilden Sex mit immer anderen mir unbekannten Männern in deren Auto, und jedes Mal beim Orgasmus biss ich zu und plötzlich verwandelten sie sich in Jake, der mir in meinen Armen wegstarb. Schweißgebadet schreckte ich hoch, froh wach zu sein. Ich machte mich frisch und bereit für die Arbeit.
Der Tag in der Boutique war ereignislos, aber Angie schaute vorbei und ich hatte wen zu plaudern. Unsere Gesprächsthemen waren Mode, Liebe, Gefühle und viel mehr. Es war zwar nett mit ihr zu reden, jedoch die ganze Wahrheit konnte ich nie sagen, alles was mit meiner wahren Gestalt zu tun hatte musste ich für mich behalten. Sie blieb bei mir, bis ich das Geschäft abschloss. Danach gingen wir noch kurz in das nahe gelegene Cafe auf ein Getränk.
Abends zog ich meine Runden durch die Wälder, so lange, bis es finster genug war, Jake zu besuchen, seinen Balkon genauer gesagt. Ich kuschelte mich in meine Ecke, spürte seine Nähe, seinen Geruch. Diese Stunden beruhigten mein Inneres, hier fühlte ich mich wohl und zufrieden, konnte träumen, was sein könnte. Morgen war der große Tag, mein, unser erstes Date. Einerseits freute ich mich total darauf, anderseits, was wenn alles nur Einbildung war, wenn es nicht richtig funkte. Ich hätte sowohl die Illusion verloren, als auch meinen Platz als schwarzes Bündel hier oben. An das wollte ich lieber nicht denken, aber es kam ganz automatisch, immer wieder zogen dunkle Wolken in mein Herz.
Sein Atem war tief und fest. Das Wohnzimmerfenster war gekippt. Ich spähte die Gegend aus, bis ich sicher sein konnte, dass mich niemand sehen würde. Vorsichtig streckte ich eine Hand durch den Fensterspalt und drückte ruhig den Griff hinunter, bis es sich öffnen ließ. Geschmeidig sprang ich hinein und landete in der Hocke. Ich war das erste Mal in seiner Wohnung. Leise schlich ich durch den Raum, bis ich im Flur war. Vor seiner Schlafzimmertür blieb ich stehen und griff nach der Türklinke. Sollte ich das wirklich machen? Die Türe öffnete sich ohne ein Geräusch, da lag er im Bett, zugedeckt mit einem dünnen Lacken und ich stand unterm Türstock, tiefschwarz gekleidet, gleich einem Dämon aus der Hölle, Unglücksbote und Todesbringer.
Langsam schritt ich vor, bis an seine Bettkante, an der ich mich niederkniete. Sein Atem berührte mein Gesicht, ganz sanft spürte ich die warme Luft. Meine Hand strich ihm durchs Haar. Er zuckte, blitzschnell huschte ich aus den Raum und schloss die Türe. So wie ich gekommen war, gelangte ich wieder in meine dunkle Ecke am Balkon, den Rest der Nacht verbringend. Um vier Uhr früh fuhr ich nach Hause und legte mich schlafen, meine Gedanken waren bei ihm.


Stärker als ich


Auch wenn man glaubt, man sei der Beste, der Stärkste, der Intelligenteste, irgendwann, urplötzlich läuft einem jemand über den Weg, der besser ist, und das meist ganz überraschend.



Ich schlief unruhig, wälzte mich im Bett. Es kam einer Erlösung gleich, als ich endlich erwachte, nicht erholt, sondern nervös und unausgeglichen. Meine Glieder waren steif, die Yogaübungen taten ihnen gut. Karoline würde heute den ganzen Tag arbeiten, ich wollte ein wenig Zeit haben, Zeit, um mich auf mein Date vorzubereiten. Als Erstes war einmal ein langes Bad angesagt.
Das heiße Wasser tat gut, Sehnen und Muskeln lockerten auf, und während sich mein Körper entspannte, wurden auch meine Gedanken und Emotionen klarer. Wie ein kleines Kind spielte ich mit dem Schaum, der dick auf der Oberfläche quoll, Erdbeere, mein Lieblingsgeschmack. Angie würde heute nicht dabei sein, nicht einmal im Lokal, ich hatte sie darum gebeten. Meine erste Verabredung sollte ohne Zuschauer verlaufen. Erfrischt und besser gelaunt stieg ich aus der Badewanne und rubbelte meinen Körper trocken. Nächstes Ziel, der Kleiderschrank, oder nein, vorher noch eine Tasse Tee.
Wie es Jake wohl gefallen würde, wenn er mich so sehen würde, nackt durch die Wohnung tanzend. Ich schmunzelte bei der Vorstellung. Das heiße Getränk wärmte mich innerlich auf und ich war bereit mich der Outfitfrage zu widmen. Da stand ich nun und sortierte, zu elegant, zu nuttig, zu fad……..ich hatte bei jedem Stück was auszusetzen. Das Zeitgefühl hatte ich längst verloren und um mich sah´s aus wie auf einem Schnäppchenschlachtfeld, Hosen, Kleider und allerlei andere Textilien zierten nach dem Chaosprinzip das gesamte Schlafzimmer.
Ich setzte mich inmitten der Unordnung auf den Boden. War ich zu penibel? Ich besaß so viele wunderschöne und auch teure Sachen, da kann es doch nicht sein, dass ich mit nichts zufrieden war, und außerdem, wenn er dich will, dann nicht der Kleidung wegen. Prüfend blickte ich mich um. Aus all den Sachen nahm ich mir das schwarze ärmellose Wollkleid von Chanel, ein zeitloses Stück, wenn man bedenkt, dass das kleine Schwarze von Coco Chanel schon in den zwanziger Jahren publik gemacht wurde, sexy und trotz allem elegant. Als Verzierung wählte ich eine hauchdünne rote Stola. Auf Strümpfe verzichtete ich, meine Haut war zart und rein, ich hatte kein Problem sie zu zeigen. Passend zum Schal entschied ich mich für rote High Heels.
Die ausgewählten Kleidungsstücke wurden sorgfältig aufs Bett gelegt und der Rest wieder verräumt. Erleichtert genehmigte ich mir eine weitere Tasse Tee, das Schlimmste an den Vorbereitungen war überstanden. Ich zog mir einen schwarzen Slip über und bürstete mein Haar. Viel konnte man mit denen ohnehin nicht machen, glatt sah uninteressant aus, also ein Wuschelkopf, die Haare chaotisch nach allen Richtungen zeigend. Ich hielt nicht viel von Schminke, trug nur das Nötigste auf, ein wenig rotes Lipgloss, etwas rosa Make-Up für die blassen Wangen und das war´s auch schon.
Ungeduldig zog ich mich an und drehte mich skeptisch vorm Spiegel. Overdressed, mehr kam mir nicht in den Sinn, so ein Aufzug für ein Gothiklokal, für einen einfachen Arbeiter, und trotzdem, ich sah einfach bezaubernd aus. Egal was die Leute dachten, ich gefiel mir, das war mein Stil. Da noch Zeit blieb bis zum Date, ging ich in den Keller und spielte Violine, tanzte nach den melancholischen Melodien und vergaß die Welt um mich, träumte von Liebe und von Schmerz.
Der Wecker meines Handys holte mich ruckartig in die Realität zurück. Achtzehn Uhr, das Dark Times öffnete um Sieben. Ich hatte vor etwas früher dort zu sein, im Auto sitzend, an der entferntesten Stelle des Parkplatzes, um den Eingang zu beobachten. Vor ihm würde ich mit Sicherheit nicht das Lokal betreten. Ich nahm Autoschlüssel und Handtasche von der Ablage im Vorraum und machte mich auf den Weg. Die Fahrt dauerte nicht lange, der Parkplatz war wie erwartet vollkommen leer, also stellte ich mich ans hinterste Ende. Jake kannte mein Auto nicht, es würde ihm nicht auffallen, und Uwe wusste, wie irrational Frauen sein konnten.
Die Minuten fühlten sich wie Stunden an, die Zeit schien stehen zu bleiben. Nervös spielte ich mit den Knöpfen des Autoradios. Da ich nicht wusste, wann er kommen würde, ob er überhaupt kommen würde, konnte sich diese Beschäftigung noch über Stunden dahinziehen. Es wäre vernünftiger gewesen, vor seiner Wohnung zu warten und ihm unauffällig hier her zu folgen, aber zu spät. Ich ließ den Suchlauf alle verfügbaren Sender suchen, nicht nur UKW, auch Mittel- und Langwelle. Mit rauschenden Nebengeräuschen erkannte ich “Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ von Marlene Dietrich. Das Lied weckte Erinnerungen, Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg, an dem Tag, als ich das zweite Mal enttarnt wurde.

Frankreich Sommer 1944, kurz nach dem D-Day, der Landung der Alliierten an der Normandie, nahe Cherbourg. Es war eine kalte Nacht, ich selbst suchte Schutz in einem Keller eines Freundes. Er und seine Familie kamen bei einem Bombenangriff der Alliierten um. Die Zeiten waren hart für meine Familie, Krieg, Verfolgung, auch wir mussten aufpassen, Bomben, Maschinengewehre, Granaten und dergleichen waren auch für uns tödlich. Ich zitterte, nicht vor Angst, ich hatte Hunger. Heute würde ich jagen gehen, zur frühen Morgenstunde, sehr früh.
Ich hatte kein Interesse an Politik, das überließ ich meinem Vater, er gab unsere Linie vor, er lebte schon ewig und konnte die Situationen gut einschätzen. Mit der plötzlichen Landung in der Normandie hatte er aber nicht gerechnet, gerade jetzt, wo ich mir bei den deutschen Besetzern einen Namen als Violinistin gemacht hatte. Ich trat in den höchsten Kreisen des Militärs auf und niemand zweifelte an meiner Volkstreue. Wo war ich gelandet? In einem Keller, hungrig und ausgemergelt! In die deutschbesetzten Städte konnte ich mich nicht zurückziehen, Dauerbombardement der Alliierten, Massaker der überforderten SS, alles zu gefährlich. Blieb nur zu hoffen, dass dieser Zustand bald endete, egal wer gewann, zumindest für mich. Ich hätte es meinen Eltern nach machen sollen, zurückgezogen in den Bergen lebend, bis die Kriegszeit vorbei war, aber nein, ich wollte unbedingt am Leben der Menschen teilhaben.
Vorsichtig ging ich die Kellertreppe hinauf, räumte den Schutt der zerstörten Mauern ein wenig zur Seite und spähte in die Nacht. Das kleine Dorf lag in Trümmern, die Menschen waren größtenteils geflohen, einzig deutsche Patrouillen und hi und da versprengte Obdachlose waren manchmal zu sehen. Gebückt rannte ich in den nahegelegenen Wald, ausschauhaltend nach potenzieller Gefahr oder Beute. Ich verkroch mich im Gebüsch. Wie ich aussah! Meine Kleidung war zerrissen und voll Staub und Schmutz. Die Haare mehr schwarz als rot, jeder Teil meiner Haut dreckig und unansehnlich. Tief bist du gefallen Elisa. Aber auch das würde einmal vorbei gehen, jetzt zählte nur das Überleben.
Ich bewegte mich entlang der Straße, immer schön in Deckung des Waldrandes, Richtung Cherbourg, der nächstgelegenen großen Stadt. Meines Wissen nach war diese noch in deutscher Hand. Es hatte geregnet, der Waldboden war feucht und roch angenehm, im Gegensatz zum staubigen Keller, indem ich mich die letzten vier Tage versteckt gehalten hatte. Ich hoffte auf verstreute Flüchtlinge zu treffen, wäre auf jeden Fall einfacher als Soldaten.
Im Gehölz hockend tastete ich die Gegend mit allen Sinnen ab, mehrere Personen, sowohl männlich als auch weiblich, teils ängstlich. Sie bewegten sich in meine Richtung. Ich kauerte mich ins Gebüsch und wartete.
Sechs deutsche Soldaten kamen die Straße herauf, im Schlepptau zwei junge Mädchen, eingeschüchtert. Ich konnte zwar nicht Gedanken lesen, aber das Schicksal der beiden sah nicht rosig aus. Sie bewegten sich auf das zerstörte Dorf zu, von dem ich gerade gekommen war. Vorsichtig schlich ich ihnen nach, vielleicht konnte ich sie in irgendeiner Form trennen, mit zweien würde ich schon fertig werden. Die Soldaten lachten, sie malten sich gegenseitig aus, was sie mit den jungen Französinnen alles anstellen würden, die konnten zu ihrem Glück nichts verstehen, auch wenn ich glaubte, sie wussten was sie erwartete.
Auch wenn mir die zwei Mädchen leidtaten, helfen konnte ich ihnen nicht, ich musste erst einmal an mich selbst denken. Die Gruppe erreichte die zerstörten Häuser des Dorfes, die Deutschen sahen sich um, suchten ein nettes Plätzchen für ihr Vorhaben. Ich war brutal, ich tötete, um zu leben oder mich zu schützen, was aber taten die Menschen sich gegenseitig an, oftmals konnte man dies nicht in Worte fassen. Sie gingen auf die zerstörte Kapelle zu, anscheinend der richtige Platz, immerhin waren die Mädchen dort Gott nah, spotteten die Männer. Zwei von ihnen schnappten sich die jungen Französinnen und zerrten sie in den Keller der Andachtsstätte.
„Ihr bleibt oben und haltet die Stellung und passt auf, es gehen immer nur zwei hinunter, wenn ich und Peter fertig sind, wechseln wir ab, ist das klar?“
„Ja, Ja, Klaus reg dich ab, wir warten ja. Aber lass uns noch was übrig.“
Ein paar Sekunden später hörte ich die Mädchen schreien, nicht allzu laut, vermutlich wurde ihnen der Mund zugehalten. Ein wenig später war nur mehr ein verzweifeltes Wimmern zu hören, nicht endend aber voller Hoffnungslosigkeit und Schmerzen. Mir kam ein gewagter Plan in den Sinn, aber wenn er aufging, hätte ich maximal immer zwei Gegner, das müsste klappen. Etwa dreihundert Meter von der Ruine verließ ich den schützenden Waldrand und humpelte den deutschen Soldaten entgegen.
„S'il vous plaît, m'aidez!“ Ich rief die Soldaten um Hilfe, auf französisch, sie durften glauben, dass ich sie nicht verstehen konnte.
„Komm her du kleine Hure, wir kümmern uns schon um dich.“ Rief mir lachend jener Typ zu, der Hannes genannt wurde. Die anderen fielen in sein Lachen ein. Ich schlurfte weiter auf sie zu, versuchte ein erleichtertes Gesicht zu machen. Hannes streckte mir die Hand entgegen und ich ergriff sie. Plötzlich änderte sich sein Gesichtsausdruck. Sein Grinsen wurde hämisch. Er packte mich am Handgelenk, drückte mit solcher Gewalt zu, dass Menschenhänden das Blut abgeschnürt würde. Ich tat erschrocken und begann zu betteln.
„S'il vous plaît, non, S'il vous plaît, non!“ Ich wand mich unter seinen Griff, nicht zu kräftig.
„Ruhig du Schlampe.“ Er schlug mir ins Gesicht.
„He Klaus, wir haben noch eine, ich komme hinunter!“
„Bleib wo du bist, du kannst eh gleich kommen, wir sind schon fertig.“
Klaus und sein Gefährte kamen hoch.
„Die nächsten Zwei und nehmt die Kleine mit.“
Hannes zerrte mich in den Keller, indem die beiden jungen Mädchen lagen, die entsetzt ihren neuen Peinigern entgegenblickten. Ihre Kleidung hing in Fetzten herunter, die Gesichter waren übersät mit Platzwunden, die Körper mit Messerschnitten. Solch eine Brutalität war nicht erklärbar, kein Monster konnte schlimmer sein. Der Zweite machte sich an der Langhaarigen zu schaffen, Hannes schlug mir erneut ins Gesicht und holte sein Kampfmesser aus der Scheide. Grinsend zerschnitt er mein ohnehin zerlumptes Gewand und drückte mich zu Boden. Er platzierte mich so, dass er mich von hinten nehmen konnte, wie eine räudige Hündin. Ich hörte, wie er seine Hose öffnete. Wir werden ja sehen, wer hier wen nimmt, dachte ich mir und machte mich bereit zu reagieren.
„Amerikaner!!“ Maschinengewehrsalben waren von draußen zu hören. Hannes ließ von mir ab, schnappte sich sein Sturmgewehr und wollte nach oben laufen. Schnell sprang ich hoch und griff nach seinem Kopf. Bevor er reagieren konnte, verbiss ich mich in seinem Nacken und saugte das köstlich Blut. Die beiden Mädchen schauten mir schockiert zu, sein Kamerad war bereits oben und bekam in der Hektik nichts von dem mit.
„Achtung Granate!“ Ich erkannte Klaus Stimme und packte eines der beiden Mädchen, verkroch mich in eine Ecke und hielt sie als Schutzschild vor meinem Körper. Die Erde erbebte, draußen detonierte eine Handgranate. Nach wenigen Sekunden rollte ein handballengroßes Metallei die Treppe herunter. Ein betäubender Knall erfüllte den kleinen Raum, Stein- und Metallteile wirbelten wie Geschosse wild umher, der Staub nahm jegliche Sicht. Stille.
Ich grub mich aus dem Schutt frei, die beiden Mädchen waren tot. Von draußen drangen leise Stimmen zu mir, englisch, also Amerikaner. Jetzt besser die verletzte Französin spielen. Ich kroch die Stufen hinauf, räumte den Schutt zur Seite und blickte in die Mündung eines Gewehres. Der GI wirkte überrascht und schulterte sofort die Waffe, als er erkannte, dass ich ein Mädchen war. Er streckte mir die Hand entgegen.
„Komm ich helfe dir, du bist in Sicherheit.“ Seine Stimme war tief, aber voll Mitgefühl.
„Mike! Ich habe hier ein verletztes Mädchen, scheint misshandelt worden zu sein!“
Ich blieb zusammengekauert am Boden liegen und schaute mich um. Hinter der Ruine lag ein weiterer Soldat in Stellung, das musste Mike sein.
„Ich komme ja schon, aber wir müssen uns beeilen, wer weiß, wie viele Deutsche hier Patrouille gehen.“ Der Mann, ein Schwarzer, sehr kräftig gebaut und richtig groß, stand auf und kam auf uns zu, das Sturmgewehr schussbereit. Ich schaute ein wenig auf und sah ihm genau in seine stahlblauen Augen. In diesem Moment verfinsterte sich seine Miene, ich schien ihm nicht sonderlich zu gefallen, was er auch mit seinen Worten ausdrückte: „Lass sie liegen Tyler, die hat nicht viel und kann sich selbst in Sicherheit bringen.“
„Bist du verrückt, schau mal wie sie aussieht!“
„Ach was, ich schaue sie mir genauer an, schließlich habe ich eine Sanitäterausbildung, und du sicherst derweil das Gebiet, dann entscheiden wir, wie es weiter geht.“ Tyler murrte, suchte sich aber eine geschützte Stellung. Mike beugte sich zu mir herab. Leise flüsterte er:„Hör mir jetzt gut zu. Ich weiß, was du bist. Ich werde dich nicht verraten, weil es mir ohnehin keiner glauben würde, aber verschwinde so schnell du kannst von hier. Sollte ich dich noch einmal antreffen, dann zerquetsche ich dich wie eine Fliege. Hast du verstanden?“
Ich hatte verstanden, konnte es kaum glauben, aber hatte im Moment andere Probleme. Er durfte damit nicht durchkommen. Tyler beachtete uns nicht, der dürfte kein Problem sein, bis er verstand was passierte, würde er schon tot sein, auch wenn er mir leidtat, aber unsere Anonymität musste gesichert bleiben. Ich riss meine beiden Hände hoch, wollte Mikes Gesicht greifen, wollte. Reflexartig wehrte er meinen Angriff ab, mit einer Geschwindigkeit, die meine noch in den Schatten stellte. Im selben Moment drückte er meinen Hals mit seiner rechten Hand zu Boden, klemmte mir die Blutzufuhr ab. So stark und schnell war kein Mensch, aber er war auch kein Vampir. Ich war hilflos.
„So meine Kleine. Ich lasse jetzt dann los und du verschwindest, ist das klar? Versuch mir nicht zu folgen, die nächste Begegnung überlebst du nicht.“ Seine Stimme war wütend und ich glaubte ihm. Er lockerte den Griff und gab mich frei, sofort lief ich in den Wald, in normalem Tempo, bis ich in Deckung war. So schnell ich konnte lief ich, mehrere Tage hintereinander, immer in tiefster Wildnis, bis ich weit im Landinneren meine Familie traf. Ich erzählte meinem Vater von dem Vorfall, aber er konnte, oder wollte mir keine Antwort geben. Er setzte jedoch drei seiner Hunter auf die Fährte des Mannes, es hatte also was zu bedeuten, nur was, ist mir bis heute nicht klar.

Das Rauschen des Radios holte mich wieder in die Gegenwart zurück. Kurz vor meinem ersten Date und solch unschönen Erinnerungen, kein gutes Omen. Was soll´s, wird schon werden. Der Parkplatz hatte sich gefüllt, es war kurz nach acht. Ich hielt Ausschau nach Jake´s Auto, es stand sehr nah am Eingang, also war er schon im Lokal. Tief einatmen und durch, ich stieg aus und trottete in meine Gefühlshölle.



Wenn Träume war werden


Das erste Date ist etwas Magisches, es kann über den Rest des Lebens entscheiden oder auch nur belanglos an einem vorbei ziehen.




Ich nahm allen Mut zusammen und öffnete die Tür des Dark Times. Dämmriges Licht und die harten Beats von Hocico begrüßten mich. Es tat sich noch nicht viel. Ich winkte Karl zu und schaute mich um. Jake saß wie beim ersten Mal, als ich ihn sah, am hintersten Tisch ganz rechts. Er hatte mich schon gesehen und schaute zu mir. Wie üblich trug er blaue Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Sein Gesichtsausdruck wirkte ein wenig überrascht, aber er lächelte mir zu. Als ich den Tisch erreichte, stand er auf.
„Wow, du siehst zauberhaft aus.“
Die Worte taten gut, ließen mich ein wenig lockerer werden.
„Danke, aber ich weiß, dass mein Outfit ein wenig overdressed ist, nur konnte ich mich für rein gar nichts entscheiden.“
„Nein, du siehst wirklich toll aus. Ich war mir ja auch nicht sicher, ob du wirklich kommst.“
„Ich bin eigentlich ein recht zuverlässiger Mensch, wäre mir etwas dazwischengekommen, hätte ich dich´s wissen lassen.“ Auf eine charmante altmodische Weise rückte er mir einen Stuhl zurecht und wir setzten uns. Nina brachte unsere Getränke, für mich ein Mineral und für Jake eine Cola. Anscheinend trank er auch immer dasselbe, da wir bedient wurden, ohne zu bestellen. Ich nippte leicht am Wasser. Schweigsam saßen wir uns gegenüber, nur Sekunden, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen. Die Anspannung stieg und beide wollten wir gleichzeitig das Gespräch beginnen, was natürlich abrupt endete.
„Entschuldige Elisa, du zuerst.“
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, ich hatte schon ewig kein Date mehr, dementsprechend nervös und unsicher bin ich einfach.“ Jake lächelte.
„Da geht’s dir nicht anders als mir, seit meiner letzten Freundin hatte ich keine Verabredungen, und das mit Tina am Samstag war wirklich kein Rendezvous. Weißt du was Elisa, wir spielen ein Spiel. Wir stellen uns abwechselnd Fragen, einfach zum Spaß, um lockerer zu werden und uns ein wenig kennen zulernen, du darfst beginnen.“ Mir war es egal, was er antworten würde, wollte nur in seiner Nähe sein, wollte, dass er mich süß fand, sexy fand, mich begehrte, nicht nur körperlich, sondern in allem. Ich wusste zwar schon einiges von ihm, durfte mich aber nicht verraten.
„Gut, ich fange an, aber welche Art von Fragen, also eher gesagt wie persönlich dürfen sie sein?“
„Du darfst fragen, was du willst.“
„Oki, dann fang ich mal nicht allzu persönlich an. Welche Art von Musik gefällt dir?“
„Eigentlich höre ich querbeet, aber meist Gothic- und Deathmetal und du?“
„Violinenmusik jeglicher Art und Diverses, auch alle Richtungen. Was machst du am liebsten, wenn du nichts zu tun hast?“
„Ich schreibe……“
Die Zeit verging mit dem Fragen Antworten Spiel wie im Flug, das Lokal füllte sich währenddessen, wir bekamen jedoch nicht viel davon mit, waren in unserer eigenen Welt. Und so blöd und kindisch sich das anfangs anhörte, es machte richtig Spaß. Alle Themen wurden angeschnitten, Beruf, Hobbys, Freizeit aber keiner von uns zwei stellte richtig persönliche Fragen und das war gut so, es war einfach wundervoll so unbefangen zu plaudern.
„Du hast gesagt, du schreibst in deiner Freizeit. Was schreibst du so?“
„Gedichte, Kurzgeschichten und momentan einen Roman.“
„Toll, und um was geht’s da, in deinem Roman?“
„Versprich mir nicht zu lachen.“
„Ne sicher nicht, also um was geht’s.“
„Die Hauptperson ist ein Vampir, der sich als Profikiller einen Weg durch die Geschichte bahnt. Er arbeitet für ein großes Kartell und ist dort aufgrund seines Wesens natürlich die Nummer eins, auch wenn niemand seine richtige Identität kennt. Sein Hauptproblem ist nur sein Gegenspieler, ein Secret Service Agent, der ebenfalls ein dunkles Geheimnis hat, er ist ein Werwolf und weiß über das Vampirsein des Killers bescheid.“ Ich musste schmunzeln.
„Ich habe ja gewusst, dass du lachen wirst.“
„Nein, nicht deswegen, ich lache nicht deswegen. Und du glaubst wirklich ein Vampir hätte nichts besseres zu tun, als für ein Menschenkartell den Auftragsmörder zu spielen?“ Irgendwie war das eine lustige Vorstellung, ich als Profikiller, anderseits wofür, mir fiel ehrlich kein vernünftiger Grund ein.
„Mein Gott, es ist ja nur eine Geschichte Elisa, und warum sollte ein Vampir nicht als Profikiller arbeiten, lass einfach deine Fantasie ein wenig spielen.“
„Und der Gegenspieler ist ein Werwolf? Also ein Mensch, der sich aus unerdenklichen Gründen in ein Tier verwandelt.“
„Immerhin sind Werwölfe und Vampire seit langem Totfeinde.“
„Aha…..“ Meine Reaktion schien Jake zur Verzweiflung bringen.
„Ach, es ist wie gesagt nur eine Geschichte, und auch wenn du nicht an solche Dinge glaubst oder kein Interesse daran hast, ich steh einfach auf solche düsteren Sachen und momentan ist das auch recht in.“ Natürlich fasste er meine Reaktion vollkommen falsch auf, konnte ihm jedoch schwer sagen, dass ich selbst ein Vampir war, dass das meiste an Mythen und Legenden einfach frei erfunden oder falsch wiedergegeben war.
„Ne Jake, so ist das nicht. Finde die Story ja ganz nett, musst halt verstehen, ich bin eine Frau und betrachte halt alles aus einem anderen Blickwinkel. Musst mich auf jeden Fall reinlesen lassen. Bitte!“ Situation geredet, hoffte ich jedenfalls.
„Und was machen Vampire deiner Meinung nach so, als Frau betrachtet?“
„Na ja ein angenehmes Leben führen, ein Wirtschaftsimperium aufbauen, weil Geld haben sie in den Jahrhunderten genug gesammelt, irgendwie versuchen die Langweile zu besiegen und solche Sachen halt, aber hast ja recht, das klingt nicht allzu interessant für ne Story.“
Die Zeit verging wie im Flug, es war schon kurz nach Mitternacht und das Lokal leerte sich zusehends, die meisten mussten in der Früh aufstehen und arbeiten gehen. Jake schien dies aber egal zu sein, also viel es mir zu, das Thema anzusprechen, ich wollte einfach nicht, dass er übermüdet in die Arbeit fuhr, er war etwas zerbrechlicher als ich.
„Du Jake, es ist schon ziemlich spät und du hast morgen doch Frühschicht.“
„Ach das ist nicht so tragisch, bin da recht zäh und wer weiß, wann ich wieder in so netter Begleitung bin, das muss man ausnützen.“
„Danke, das ist süß, aber im Ernst, wir sollten gehen. Ich fand den Abend auch ganz toll und würde mich richtig freuen wieder mal gemeinsam was zu unternehmen.“
„Ich begleite dich zum Auto dann können wir noch ein wenig plaudern.“
Wir standen auf und gingen zur Bar, um zu bezahlen. Jake ließ es sich nicht nehmen mich einzuladen und um die gute Stimmung nicht zu verderben musste ich nachgeben.
„Ich stehe dort ganz am Ende des Parkplatzes, das A4 Cabrio.“
Jake lachte:“Weißt wohl auch nicht wohin mit dem Geld, so wie in deiner Vorstellung von Vampiren?“
„Nene, so kann man das nicht betrachten. Erstmals wandere ich immer auf einen schmalen Grat zwischen gut leben und Pleite. Wenn niemand meine supertollen und teuren Sachen kauft, dann kann ich einpacken. Außerdem muss das Auto halbwegs passen, kann doch nicht in einer Schrottkarre Designerstücke kaufen- oder damit auf Messen fahren.“ Für mich war es zwar nur ein Hobby, aber das musste er nicht wissen, er durfte gerne annehmen, dass ich mir mein Geld schwer verdienen musste.
„War nur Scherz halber gemeint, mir ist schon klar, dass du das Geld nicht nachgeschmissen bekommst.“ Betont langsam gingen wir auf den Wagen zu, die Zeit zum Abschied aufschiebend. Am liebsten hätte ich ihn ins Auto gepackt, zu mir nach Hause mitgenommen und nie wieder weg gelassen. Und selbst wenn ich das machen würde, wie lange war das nie, gerade mal ein Menschenleben. Dieser Gedanke umhüllte unbarmherzig den romantischen Abend, machte mich nachdenklich und traurig. Ich dachte an meine Mutter, die mir vor langer Zeit versuchte diese Worte einzuprägen:„Hör zu Elisa, mach nicht den Fehler der Menschen oder auch mancher unserer eigenen Rasse. Lebe und genieße die Gegenwart, nur das Jetzt zählt. Sicher darf man mal an die Vergangenheit denken oder ein wenig die Zukunft planen, aber lass dich weder von den einem oder anderem ketten. Nur das Jetzt zählt, es formt unsere Zukunft und verändert die Vergangenheit. Lebe das Jetzt, sei das Jetzt, fühle das Jetzt.“
Schweigend erreichten wir mein Auto. Ich wandte mich Jake zu und sah ihm in die Augen, verlor mich in seinen Tiefen und wurde erst von seiner Stimme in die Realität gezerrt.
„Danke für den wunderschönen Abend Elisa.“ Er nahm meine rechte Hand und hauchte einen sanften Kuss darauf, berührte kaum die Haut. Ein noch nie da gewesenes Prickeln durchströmte meinen Körper. Bevor ich mich fangen und antworten konnte fragte er: „Ist dir kalt, deine Hand fühlt sich total kühl an?“
„Nein Jake, mir ist nicht kalt. Daran musst du dich gewöhnen, das liegt an meinem sehr niedrigen Blutdruck und hat eventuell auch etwas mit meiner Sonnenallergie zu tun, auch ein Problem von mir. Für mich ist es besser die Sonne zu meiden, wenn ich nicht halbverbrannt und mit kaputten Augen durch die Gegend spazieren will.“
„Mich daran gewöhnen?“ Er fragte leicht schnippisch nach und mir wurde erst jetzt bewusst, dass ich das falsch rübergebracht hatte. Wir hatten keine Beziehung, es war nur ein schönes Date.
„Sorry, ich glaube ich habe mich ein wenig falsch ausgedrückt“, ich wollte schnell eine Ausrede bringen, aber er unterbrach mich, bevor ich weiter reden konnte: „Also Elisa, wenn ich mich an dich gewöhnen muss, lässt es sich nicht vermeiden, dass wir uns bald wieder sehen.“ Er lächelte leicht bei den Worten, aber ich spürte trotz allem seine Schüchternheit und Nervosität, als er sie aussprach.
„Jake es war wunderschön heute, mehr will ich gar nicht dazu sagen. Ruf mich einfach nachmittags im Laden an, ich würde mich riesig darauf freuen etwas mit dir zu unternehmen.“ Ich kramte unbeholfen in meiner Handtasche und gab ihm eine Visitenkarte, keine der Geschäftskarten, sondern meine selbst Gemachten, fein säuberlich handgeschrieben und verziert.
Sanft strich er mir die Haarsträhne aus dem Gesicht. „An deine kühle Haut braucht man sich nicht gewöhnen, sie fühlt sich wunderbar an.“ Seine Finger strichen über meine Wange, ich war unfähig auch nur Irgendetwas zu sagen oder zu tun. Langsam beugte er sich vor. Ich stand da wie eine Statue, er musste denken ich sei voll beklopft. Ich spürte, wie seine Lippen meine Wange berührten. Sekunden, die nicht enden durften. Seine Hände hielten jetzt die meinen und seine Lippen lösten sich von mir.
„Schlaf gut Liz, ich freue mich schon jetzt darauf, dich wieder zu sehen.“
„Schlaf gut Jake, und pass auf dich auf.“ Mehr brachte ich nicht raus. Ich öffnete die Wagentür und ließ ihn einfach stehen. Er winkte noch kurz nach, als ich fuhr, heute nicht zu ihm, sondern in mein Haus. Ich war so was von daneben, dass ich mir schon Sorgen machte. Schlimmer verhielt sich kein pubertierender Teenager.
Zuhause angekommen rannte ich nach oben und kramte wie verrückt in einer alten Truhe im begehbaren Schrank. Alles alte Kleidungsstücke, im perfekten Zustand. Ich fand meine schwarze Leinenjagthose mit dazugehöriger Bluse und dem Kapuzencape. Schnell zog ich mich um und rannte in den finsteren Wald, ließ meine Sinne umherschweifen, die Gegend erforschen. Eigentlich war der Abend perfekt verlaufen, vom Blickwinkel eines verliebten Teenies betrachtet, und das war eines der Probleme. Meine geteilte Persönlichkeit meldete ihre Widersprüche an. Einerseits spielte ich ein junges Mädchen, nein ich war und lebte es, aber ich war auch ein Jäger, und der Teil in mir machte mir klar, ich sollte diese romantische, für mich gefährlichen Gefühle abstellen und zur Vernunft kommen. Da mich das Laufen in keiner Weise beruhigte, kehrte ich heim, zog mir mein Motorraddress über und fuhr einfach drauf los, Richtung Salzburg, den Bergen entgegen.



Verliebter Teenie, kühler Jäger, mordende Bestie


Es wird behauptet, jeder Mensch könnte zum Mörder werden, und das ist auch leicht vorstellbar, denn Gründe gibt es sich zur genüge. Aber wie viele sind fähig nur aus Bosheit zu töten?



Schnell fuhr ich mit meiner Yamaha die Bundes- und Landstraßen entlang, der Gegenverkehr war in der Nacht früh genug erkennbar und wegen der Radarstrafen brauchte ich mir keine Sorgen machen, ich fuhr heute mit gestohlenen Nummernschildern. Die Berge rückten von Minute zu Minute näher, richtiges Ziel hatte ich keines. Das Mädchen in mir stritt mit dem Jäger, und anstatt ruhiger und entspannter zu werden, wurde ich immer paranoider.
Das Mädchen sehnte sich nach Jake, wollte in seiner Nähe sein, seine Berührungen spüren, das Prickeln der Küsse genießen, sich bei ihm geborgen fühlen. Ich brauchte nur umzukehren, und ich würde dem Himmel ein kleines Stück näher sein, aber auch der Jäger meldete sich zu Wort. Die Gefühle waren nur Täuschung, eine Verzerrung der Realität, sie würden mich und alle anderen in Gefahr bringen, auch Jake selbst. Ich überlebte durch meine Jagdinstinkte, sie hatten schon unzählige Male mein Leben gerettet, nicht das gefühlsbetonte Mädchen, und je länger ich fuhr, umso mehr nahm genau dieser Gedanke an Überhand.
Trotz der Einsicht und der Klärung der Sachlage hörte das Gefühl im Bauch nicht auf. Ich wusste, dass diese Liebe nur Unheil bringen würde, aber es hörte nicht auf, ich wusste, ich könnte ihn damit umbringen, aber das Kribbeln blieb, und ich wusste ich musste dagegen etwas tun, denn so würde es nicht weiter gehen. Der Verstand hatte wieder alles im Griff, und ich hatte mich entschieden. Ich durfte mich nicht den Gefühlen hingeben. Aber so einfach war das alles nicht. Ich musste die Sehnsucht nach Jake abtöten, sie aus meinen Herzen rausdrängen, irgendwie, mit allen Mitteln.
Mir kam das Ende eines Gedichts in den Sinn:“Das Töten meine Schmerzen dämpft.“ Gut, so einfach würde das für mich nicht werden, schließlich war das ein normaler Bestandteil meines Lebens. Aber ein motivloser Mord, einfach der Böswilligkeit wegen, vielleicht ein Kind, das war was anderes, das würde prägen und vieles zerstören. Der Gedanke gefiel mir zwar nicht besonders, könnte aber eventuell einige meiner Probleme lösen und wieder alles normal werden lassen. Je länger ich fuhr, desto realer wurde mein Plan.
Als ich auf die viel befahrene Bundesstraße von Bischofshofen nach Schwarzach fuhr, drosselte ich ein wenig meine Geschwindigkeit, um nicht aufzufallen. Links und rechts ragten Gebirgsketten in den Himmel. Früher war ich oft in Salzburg, ich liebte die Abgeschiedenheit der Berge. In St. Johann fuhr ich wieder ab weiter Richtung Grosarl, einem kleinen Gebirgsdorf, das Ziel für meine abscheuliche Tat. Kurz vor dem Ort bog ich in einen Forstweg und fuhr tief in den Wald, wo ich mein Motorrad versteckte. Zurück ging es zu Fuß und ich konnte nach kurzer Zeit die Schemen der Dächer erkennen.
Es war dunkel, kaum ein Licht brannte, es war zu spät, oder eher gesagt zu früh. Für mich hieß es die Gegend auszuspähen, und das richtige Opfer finden. Skrupel hatte ich im Moment keine und ich war in Jagdstimmung. Flink und schattenhaft huschte ich den Waldrand entlang, begleitet von den Rufen der nachtaktiven Jäger. Ich hatte vor mir ein Häuschen am Rande des Ortes zu suchen, weil es einfacher und vor allem weniger gefährlich war.
Gebückt rannte ich querfeldein, jede Sekunde bereit mich auf den Boden zu werfen. Meine Sinne tasteten die Umgebung ab, nach Geräuschen, Gerüchen. Nicht weit vor mir stand ein kleines zweistöckiges Haus. Meine Augen musterten die Umgebung, kein Anzeichen von Gefahr. Ich ging vorsichtig näher, bis ich das leise Wimmern eines Hundes hörte. Sofort machte ich kehrt, es sollte nur ein Opfer geben, und kein außer Kontrolle geratenes Massaker. Nicht so, dass mich der Köter angreifen würde, aber sollte er zu laut jammern und den Rest der Familie wecken, dann würde es mehrere Opfer geben.
Zielsicher steuerte ich das nächste Gebäude an, ein kleiner Bauernhof. Nichts an mir war noch eine junge reiche Unternehmerin oder ein verliebter Teenie. Ich war ganz und gar ein Jäger, ein Jäger mit dem Vorsatz ein Mörder zu werden. Der Hof hatte keine Stallungen, also keine Tiere, mit Ausnahme von Hühnern, deren kleiner Verschlag hinterm Haus war. Ich beobachtete und lauschte, alles ruhig. Behutsam schlich ich durch den Garten. Nahe der Eingangstür lehnte ein Kinderfahrrad, der Größe zu urteilen um die sieben Jahre alt. Ich nahm die Witterung auf, sortierte die Gerüche, vier Personen.
Das Haus selbst war alt und renovierungsbedürftig. Der Putz bröckelte ab und das Holz war verwittert. Langsam schlich ich entlang der Mauer zur Eingangstür, die Fenster waren verschlossen. Sacht drückte ich die Klinke und war überrascht, dass die Tür nicht verschlossen war. Ich öffnete sie mit einem leisen Knarren und trat in den Vorraum, der ganz mit Holz verkleidet war, sauber und in besserem Zustand als die Außenmauern. Rechts von mir führte eine schmalstufige Wendeltreppe in den ersten Stock, in dem ich die Kinder- und Schlafzimmer vermutete.
Lautlos und ruhig ging ich nach oben. In diesem Haushalt gab es keinen Hund, der mir das Leben schwer machte. Zwei Bilder zierten den Aufgang, Landschaftsbilder, einmal eine große Waldlichtung und das Zweite einen wunderschönen Gebirgszug. Es waren billige Aquarelle, aber trotzdem schön gemalt und sie gefielen mir, vor allem weil man nichts von Zivilisation in ihnen erkennen könnte, Natur pur.
Der Gang im ersten Stock war von billigem roten Teppich verunstaltet, teils schon zerschließen. Das erste Zimmer war das Elternschlafzimmer. Ich spürte den Atem und Geruch zweier Menschen in ihm, männlich und weiblich. Hier oben hingen ebenso Bilder an den Wänden, diverse, aber nicht so interessante wie die von vorhin. Am Ende des Flurs lagen zwei Zimmer, in beiden spürte ich den Duft eines Kindes. Ich entschied mich für das Linke und huschte hinein, ein Mädchenzimmer.
Im Gegensatz zu den äußeren Teilen des Hauses, war dieses Zimmer nett eingerichtet und sowohl Boden als auch Wand, die einen leicht rosa Farbton hatte, waren in gutem Zustand. Der Atem der Kleinen war regelmäßig. Sie schlief tief und fest in ihrem Hochbett, eine Stoffpuppe fest in den kleinen Händen haltend. Die etwa Vierjährige war richtig süß und unschuldig, so wie die meisten in diesem Alter, vor allem wenn sie schliefen. Ich verließ das Zimmer und huschte in das andere.
Es war annähernd gleich groß und ordentlich, aber eingerichtet für einen Jungen, der ebenso tief wie das Mädchen schlief. Die Wand hatte einen leichten Blauton, richtig klischeehaft. Der Boden war im Prinzip ein übergroßer Spielteppich mit eingezeichneten Straßen, Zebrastreifen und Diversem. Einige Matchboxautos tummelten sich noch auf den Fahrbahnen. Unter dem Hochbett sah es aus wie auf einem Schrottplatz, Autos aller Größen und Marken bildeten einen Haufen.
Der etwa sechsjährige Bub atmete ruhig und lag zufrieden in einer Carsdecke eingehüllt. Mein Opfer, mein Abschied von Jake und den Gefühlen, mein Weg zurück wo ich hingehörte. „Was machst du hier? Den Jungen zu töten ändert absolut nichts! Glaubst du wirklich, dass dadurch deine Gefühle weg sind? Das einzige was passieren wird ist, dass dein Selbsthass noch größer wird.“ Der Jäger in mir meldete sich, nicht das unschuldige Mädchen oder die erfolgreiche Geschäftsfrau. Das Ursprüngliche in mir, der Antrieb zu töten, erklärte das Opfer für sinnlos. Meine Gedanken rasten, ich stritt mit mir selbst, wollte wieder frei sein. „Du tötest nicht zum Spaß Elisa, nicht mehr, und kein Massaker würde etwas an deinen Empfinden tief in dir ändern. Es würde nur noch schwieriger werden.“ Ich hasste das, was sollte ich tun. War es richtig, wenn alles in mir NEIN schrie.
Da stand ich nun am Bett des Jungen, der sterben sollte, schnell ohne Qualen. Ich hätte ihm das Genick gebrochen und wäre mit der Leiche in den Wald geflüchtet. Da stand ich nun, zitternd, jede Faser meines Körpers schrie NEIN. Da stand ich nun, und mein ursprünglichster Instinkt warnte mich davor, so tief zu fallen. Meine Zuversicht begann zu bröckeln, der Zweifel riss mich wieder zurück in die Realität, meine Gedanken kreisten wieder um Jake und mein Körper fühlte seine Wärme, wenn auch nur eingebildet.
Mit einem Schlag war ich wieder Elisa, das verliebte Teeniegirl, die junge erfolgreiche Geschäftsfrau und der Jäger, alles in einem, eine gesunde Synergie mit vielen Widersprüchen, aber kein skrupelloser Killer.
Ein Blitz durchzuckte mich, als der Kleine plötzlich munter wurde und mich mit großen Augen anstarrte. Ich ließ sofort meine Aura fallen und der Knabe sah eine wunderschöne Frau mitten in der Nacht vor seinem Bett stehen. Ich würde ihn zwar nicht sexuell reizen, aber zumindest wirkte ich überirdisch auf ihn.
„Keine Angst mein Kleiner. Ich tue dir nichts. Ich bin eurer Schutzengel,“ etwas besseres fiel mir einfach nicht ein, und sterben sollte er keinesfalls, jetzt nicht mehr, „du weißt doch was Schutzengel sind?“ Der Junge sah mich an, rührte sich nicht, aber nickte ganz leicht.
„Ich beschütze dich, dich und deine ganze Familie, weißt du? Und auch wenn ihr mich normal nicht seht, ich bin immer in eurer Nähe, damit euch nichts Schlimmes passiert.“ Ich spürte seine Angst, aber auch Neugierde. Er schien mir zu glauben, auf jeden Fall schrie er nicht.
„Und jetzt mein Kleiner schläfst du wieder, du musst morgen ja wieder frisch und munter sein. Weißt du was, ich singe ein ganz altes Lied für dich, und du schließt die Augen und träumst etwas wunderschönes.“
Leise summte ich ein Schlaflied in einer Sprache meiner Vorfahren. Ich konnte den Jungen zwar nicht hypnotisieren, das ist leider keine Fähigkeit von Vampiren, aber er schloss die Augen und genoss die beruhigende Melodie. Meine Stimme war zart und sanft. Nach einigen Versen atmete er ganz ruhig und gleichmäßig, ich spürte, dass er schlief. Und so etwas wollte ich töten. Wenn er morgen von mir erzählen würde, würden es alle für einen Traum halten, keiner würde ihm glauben, vermutlich er selbst nicht mehr.
Ich sah ihm noch eine Weile zu und mein Herz beruhigte sich. Schnell verließ ich das Haus und lief auf geraden Weg zurück in den schützenden Wald, Sträucher streiften meine Haut. Das Kribbeln in meinem Bauch wurde wieder stärker, meine Gedanken waren bei Jake, waren bei so vielem. Konnte ich einmal Kinder haben, wäre ich eine liebevolle Mutter? Mit Jake wohl eher nicht, wobei ich wusste, dass es grundsätzlich möglich wäre. Es würde ein Bastard dabei rauskommen, unfruchtbar und von den Huntern der Clans gejagt. Kein Bastard durfte leben, eisernes Vampirgesetz. Schon der Gedanke an eine solche Missgeburt kraute mir. Mir war unverständlich, weshalb von Zeit zu Zeit Hunter dafür abgesetzt wurden. Jede vernünftige Mutter würde das Ding gleich nach der Geburt töten und sollte diese menschlich sein, wäre da noch der Vampirvater um das zu erledigen.
Ich war noch jung, und so süß Kinder auch waren, für mich war dies noch kein Thema, außer dass man halt ein wenig darüber nachdachte. Mit Jake wäre es so und so ein Tabu. Wieder ein Problem, eins von vielen, und die würden sich noch mehren, das wusste ich. Jake, was mach ich nur, warum kannst du kein Vampir sein? Ich erreichte das Motorrad und ließ mich auf den Boden fallen.
Mental erschöpft und zusammengekauert begann ich zu weinen, nicht weil ich Angst vor den Problemen hatte, nicht weil ich verzweifelt war oder meinen Plan nicht durchgezogen hatte. Ich weinte weil ich meine Gefühle für Jake nicht unterdrücken konnte, weil ich wusste, dass ich wegen meines Jägernaturels egoistisch genug war, diese auch auszuleben und vor allem weil mir klar war, dass ich anderen, Jake und auch mir damit weh tun würde, unausweichlich. Warme Tränen befeuchteten den Waldboden, leises Schluchzen vermischte sich mit den Geräuschen der nachtaktiven Jäger.



Fortsetzung folgt

Impressum

Texte: Sämtliche Texte und Zitate gehören mir
Tag der Veröffentlichung: 31.01.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Die Liebe brennt sich erbarmungslos tief in unser Herz Oftmals hinterlässt sie grausame Narben, Kummer , Leid und Schmerz All jenen gewidmet die nach der wahren Liebe suchen. Herzlichen Dank an Fireflame für die wundervolle Gestalltung des Covers

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