In der Burg
„Komm mit“, sagte Straga und ging gemeinsam mit Lenny die gewundene Straße
entlang, die nach unten zu führen schien.
Schon bald drang kein einziger Sonnenstrahl mehr zu ihnen hinab und sie waren auch nicht mehr von Menschen oder Elfen umgeben, die fröhlich summten oder einfach nur ihren Geschäften nachgingen. Sie waren allein mit der Dunkelheit.
„Wo sind wir?“, fragte Lenny ängstlich und drückte sich näher an seine Seite.
Doch er wusste es ebenso wenig wie Lenny und so schwieg er.
„Was ist das da vorne?“, wollte Lenny mit einem Mal erschrocken wissen und Straga
hob den Kopf.
Da, an einer der Hauswände, hatte sich ein Schatten aus der völligen Dunkelheit geschält und kam ihnen nun langsam immer näher.
Sie blieben stehen, als sie nur noch wenige Schritte von der Gestalt entfernt waren und auch sie blieb abrupt stehen.
Dann drang plötzlich eine Stimme zu ihnen herüber.
„Was macht ihr hier? Seid ihr Füchse?“
Straga und Lenny sahen sich verdutzt an und Straga sagte zögernd: „Nein, wir sind keine Füchse. Wir sind nur zwei Menschen….“
Doch er konnte nicht weiter reden, denn die Gestalt war weiter vor geglitten und stand nun direkt vor ihnen. Er trug einen langen, schwarzen Mantel, der Kopf war in einer Kapuze verborgen und die Füße waren nackt.
„Ihr seid keine Füchse?!“, stieß die Gestalt zornig zwischen geschlossenen Zähnen heraus und die beiden schüttelten ängstlich den Kopf.
Dieser Jemand war zwar nicht größer als sie, aber sicher kannte er sich besser zwischen den hunderten Straßen aus und es würde ihm nicht schwer fallen, sie in die Irre zu führen.
„Nein, wir sind keine…“
„Das habt ihr schon gesagt!“, fauchte die Gestalt zornig und nahm langsam die
Kapuze vom Kopf.
Straga holte tief Luft und hörte, wie Lenny neben ihm dasselbe tat.
Es war ein Mädchen.
Sie hatten kurze, blonde Locken und wettergegerbte Haut. Ihre stechend blauen Augen strahlten eine Weisheit aus, dass es zum Fürchten war.
„Also, was macht ihr hier?!“, fragte das Mädchen sie noch einmal und Straga stammelte wie betäubt: „Wir…wir suchen nur ein Gasthaus, in dem wir die Nacht über…“
„Ein Gasthaus?“, unterbrach sie ihn erneut und bleckte drohend die Zähne, „Dann kommt mal mit!“
Straga und Lenny schauten sich an und folgten ihr dann die schmale Gasse entlang.
Nach einer weile fragte Lenny ängstlich: „Wo bringst du uns hin?“
„Zu den Füchsen natürlich!“, sagte das Mädchen grinsend, „Zu dem Herrn der Füchse!“
Straga wusste nicht, wer der Herr der Füchse war und Lenny auch nicht, also folgten sie dem Mädchen einfach.
Sie führte sie durch die Verstecktesten Winkel der Stadt, kreuz und quer, auf und ab.
Als sie nach Stunden (so schien es Straga) endlich halt machten, befanden sie sich vor dem größten Gebäude, das Straga je gesehen hatte und er wusste instinktiv, dass es die Burg sein musste.
Die Burg des Edelfürsten.
Die Burg, in die er als kleines Kind gebracht worden war.
In dieser Burg hatte der Fürst ihn in die Miene geschickt, in die Miene, in der er ganze sieben Jahre gewesen war. In der Meine, in der er so vieles verloren hatte.
Und nun musste er abermals in diese Burg. Die Burg des Schreckens, hatte er sie früher immer genannt. Die Burg des Mannes, den er am meisten hasste.
Den Mann, den er in wenigen Minuten sehen würde.
Das Mädchen pfiff einmal laut und das riesige, schwere Tor öffnete sich knarrend.
Schon einmal war er durch dieses Tor gegangen und auch das erste Mal, war er nicht allein gewesen. Es war da noch jemand gewesen, an den er sich verbot, zu denken.
„Was gibt’s da zu gucken?“, fragte das Mädchen mitten in seine Gedanken hinein und er schaute sie verwundert an. Er hatte er gar nicht bemerkt, dass sie mit Lenny bereits weiter gegangen war und ihn nun finster anschaute.
Nur mühsam konnte er seinen Blick von dem geöffneten Tor wenden, doch schließlich ging er langsam zu den anderen beiden und sie waren im Burghof.
Er war noch genauso, wie er ihn in Erinnerung hatte. Dunkel und bewuchert mit Unkraut.
Das Mädchen führte sie auf eine Tür zu, die auf der gegenüberliegenden Seite war.
Durch diese Tür war er schon einmal gegangen…
„Nun beeilt euch aber! Der Herr der Füchse wartet nicht gerne“, sagte das Mädchen grinsend und die drei gingen einen langen Gang entlang, der von grauen Steinen
umgeben war.
So weit er sich erinnern konnte, war es in der ganzen Burg so.
Dunkel und grau.
Sie stiegen eine Treppe hinauf, das war seltsam, Straga wusste noch genau, dass er damals eine Treppe hinunter gegangen war und nicht hinauf!
Nach der Treppe kamen mehrere Gänge, grau und dunkel.
Und überall in den Ecken häuften sich Edelsteine, die der Fürst hat der Miene hat
holen lassen. Für diese Kostbarkeiten waren unschuldige Kinder gestorben!
„Ich dachte immer, der Edelfürst lässt keine Kinder für ihn arbeiten“, sagte Lenny plötzlich neben ihm zu dem Mädchen, das kühl auf ihn hinab sah und entgegnete: „Ich wüsste nicht, was dich das angeht!“
Lenny schluckte und sah hoch zu Straga, der jedoch nur mit den Schultern zuckte.
„Nun, wir sind da! Wartet hier!“, sagte sie nach einigen Gängen und Treppen später zu ihnen und verschwand durch eine dunkelbraune Holztür, die sie hinter sich sogleich wieder schloss.
Nach einiger Zeit hörten sie ihre Stimme zu ihnen hinaus dringen.
„Kommt rein!“
Als sie eintraten, verschlug es ihnen fast den Atem.
Sie waren im Speisesaal der Burg und überall, auf Stühlen oder auf dem Boden sitzend oder einfach nur herum stehend, waren Kinder. Menschen wie Elfen.
Und an der Stirnseite des Tisches saß ein junger Elf, auf seinem Kopf saß, schief und poliert, eine goldene Krone.
Der Herr der Füchse
Straga und Lenny starrten den jungen Elfen mit der Krone endgeistert an.
Er sah kalt zurück, ebenso wie alle anderen Kinder im Saal.
Das Mädchen war zu dem Elf hinübergegangen und stand nun neben ihm.
Sie hatte nun ein gelb-blaues Gewandt übergeworfen, ebenso eines wie der Elf trug.
„Was hast du da mitgebracht?“, fragte der junge Elf das Mädchen mit kalter Stimme, ohne sie beide aus den Augen zu lassen, die tückisch funkelten.
„Ich habe sie am Tor gefunden, Meister. Sie suchen ein Quartier für die Nacht, sie kommen anscheinend nicht von hier. Und da dachte ich mir…“
„Da dachtest du dir, ich nehme gleich jeden verirrten Streuner auf, der mir unter die Augen kommt?!“, sagte der Elf spöttisch, sodass das Mädchen beschämt den Kopf senkte.
„Aber meine Liebe! Du musst dich nicht schämen“, sagte der Elf und klang nun nicht mehr so abwesend. Das Mädchen hob den Kopf und sah ihn an.
„Ja, Meister“, sagte sie leise, „ich dachte, sie könnten hier eine Nacht bleiben. Vielleicht… Es tut mir leid!“
„Aber warum denn? Du hattest doch völlig Recht. Sie können eine Nacht bleiben.“
Straga und Lenny sahen sich verwundert an und Straga trat vor.
„Wir danken euch sehr…“
„Ich bin der Herr der Füchse.“
Straga nickte und fuhr fort. „Nun, wir danken euch sehr, Herr der Füchse. Ihr seid wirklich zu freundlich!“
„Ja, das bin ich. Ich weiß!“, sagte der junge Elf amüsiert und nahm sich eine Traube von einem goldenen Teller und ließ sie genüsslich in seinen Mund gleiten, wo er nun nachdenklich auf ihr herum kaute.
„Collin, zeig unseren Gästen, wo sie schlafen können!“
Einer der Kinder trat vor und sie erkannten, dass auch er ein Elf war.
Er sah sie einen Moment an, dann folgten sie ihm hinaus auf den Gang.
Straga spürte den blick des Herrn der Füchse im Nacken und er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut.
Wo war der Edelfürst?
Was machten all die Kinder im Speisesaal? All die Menschen und Elfen?
Wer war dieser Elf, der die Krone trug und sich selbst Herr der Füchse nannte?
Es dauerte nicht lange, bis sie halt machten und der Elf namens Collin ihnen eine Tür aufhielt, durch die sie hindurch traten.
Sie befanden sich nun in einem kleinen Raum, in dem nichts als zwei schmale
Betten standen. Ein Fenster gab es nicht.
„Ihr könnt die Nacht über hier bleiben. Seht euch ruhig die Burg an, der Meister hat nichts dagegen. Aber er wäre sehr zornig, wenn ihr hier herumspioniert! Ach ja, und später gibt es Essen, im Speisesaal. Der Meister wird jemanden schicken, der euch dann bescheid gibt“, sagte Collin grinsend und verließ sie, die Tür ließ er geöffnet.
Straga und Lenny ließen sich auf den Betten nieder und sahen sich an.
Schließlich fragte Lenny: „Sollen wir uns ein wenig die Burg ansehen? Kann ja nicht schaden…“
Straga nickte langsam und sie standen auf.
Als sie hinaus in den grauen Flur traten und sich umwandten, stießen sie benahe
mit einem Elf zusammen. Erschrocken fuhren sie zusammen und wichen einige Schritte zurück, doch der fremde Elf streckte beruhigend die Arme nach ihnen aus.
„Ihr braucht keine Angst vor mir zu haben. Ich tue euch nichts! Mein Name ist Falio. Und wie heißt ihr?“
Verwundert schauten sich die beiden an und Lenny antwortete ihm: „Das ist Straga und ich bin Lenny. Vielen dank, dass wir eine Nacht hier bleiben dürfen, wir kommen nicht von hier. Kannst du uns vielleicht sagen, wo wir ein billiges Gasthaus finden und etwas Geld verdienen könnten?“
Falio musterte sie neugierig und sagte: „Warum bleibt ihr nicht einfach hier? Hier seid ihr vor Diebstählen sicher!“. Bei diesen Worten lächelte er schwach.
„Also, wir wollten eigentlich nur…“, finge Straga an, doch Lenny unterbrach ihn.
„Bitte, Falio. Könntest du uns verraten, wo der Edelfürst ist und wer dieser Elf ist, der sich Herr der Füchse nennt? Wir sind noch nicht lange hier, erst seid heute.“
Falio lächelte sie an und antwortete mit ruhiger Stimme: „Natürlich kann ich euch das alles verraten. Also, der Edelfürst ist tot. Und dieser Elf ist unser Anführer. Wir sind eine Diebesbande, die sich die Füchse nennt und er ist unser Herr. Der Herr der Füchse.“
Straga starrte den Elf fassungslos an.
Was sollte das heißen, der Edelfürst war tot?
Er war…tot?
Das konnte doch nicht sein?
Doch wenn es wirklich stimmte, dann…dann war das ja wunderbar!
„Aber du hast doch eben noch gesagt, hier seien wir vor Diebstählen sicher! Und wer hat den Fürsten denn getötet?“
Mit einem Mal wurde Falio ganz still und sah sie traurig an.
„Ein sehr guter Freund von uns hat den Edelfürsten getötet. Und was die Diebstähle anbelangt, so ist es hier Gesetzt, dass nur in der Stadt gestohlen werden darf und nicht in der Burg, da wir alle zusammen arbeiten und das Quatsch wäre.“
Straga schaute Falio an, ehe er zögernd fragte: „Dieser Freund, der den Fürsten getötet hatte, was ist mit ihm?“
„Er…“, sagte Falio zögernd, „Er ist verschwunden. Vor einigen Wochen. Kurz vorher war er ziemlich merkwürdig, hat ständig davon geredet, dass es ihm gleichzeitig schlecht und herrlich ging. Und dass er uns alle hassen würde, aber gleichzeitig lieben. Ach, ich weiß auch nicht. Ist alles ein bisschen seltsam. Redet am besten nicht darüber!“
Sie nickten und gingen weiter den Gang entlang.
Sie waren lange gegangen und ihre Füße schmerzten, und doch hatten sie nicht die ganze Burg erkundet.
Als es auf den Abend zuging, sahen sie immer mehr Menschen und Elfen – hauptsächlich Menschen. Wenn sie an ihnen vorbei gingen, warfen sie ihnen neugierige oder auch manchmal feindselige Blicke zu. Die Taschen der Kinder waren seltsam ausgebeult, als ob sie darin Gegenstände verstecken würden, was vermutlich auch stimmte, schließlich hatte Falio gemeint, sie wären eine Diebesbande.
Den Herrn der Füchse sahen sie nicht, wenn auch überall über ihn geredet wurde.
„Meint ihr, es wird dem Meister reichen?“
„Er wird sehr erfreut sein, über meinen Fang.“
„Ich bin gespannt, was der Herr zu dem Ring sagt, den ich gestohlen habe!“
All solche Dinge hörten sie und dabei wurde ihnen immer unwohler.
Sie waren hier tatsächlich unter Dieben gelandet.
Mit einem Mal kam ein kleiner Junge auf sie zu gerannt und sagte keuchend: „Ich soll euch sagen, dass ihr in den Speisesaal kommen sollt. Kommt mit.“
Er führte sie zurück durch die Gänge, so weit war es gar nicht von hier aus.
Als die drei in den riesigen Saal traten, kehrte Stille ein und alle Blicke richteten
sich auf sie. Der Junge eilte schnell zu seinen Freunden in einer Ecke des Raumes.
„Setzt euch!“, sagte die laute, kalte Stimme des Elfen, des Herrn der Füchse, und sie gingen langsam auf zwei freie Stühle zwischen den anderen am Tisch zu, auf denen sie Platz nahmen.
Alle sahen sie an.
„Nun, ihr beide! Ich habe etwas zu sagen. Nicht euch, aber meinen Füchsen!
Für diejenigen, die es noch nicht wissen, diese beiden werden hier für eine Weile unterkommen und vielleicht auch…für länger. Mal sehen.
Und nun zu euch, Straga und Lenny, das hier sind meine Füchse. Natürlich sind es nicht alle, sie würden hier gar nicht alle rein passen, aber es ist ein Großteil von ihnen. Ich bin ihr Herr, der Herr der Füchse. Meinen richtigen Name kennen nur meine Leute, aber ich möchte ihn euch verraten, da ich glaube, ich kann euch trauen. Nun, ich heiße Joe.“
Während er gesprochen hatte, war kein einziges Flüstern und raunen zu hören gewesen, doch als er nun geendet hatte, brach ein Gewirr aus Stimmen aus, sodass man sein eigenes Wort kaum verstehen konnte.
Ein großer Junge neben Straga musterte ihn abschätzend und sagte dann zu seinen Freunden auf seiner anderen Seite: „Wo die wohl herkommen?“
„Frag sie doch, Jonas“, schlug ein hübsches Mädchen vor und schaute ihn auffordernd an.
„Ja, du hast Recht, Jenny. Hey, ihr zwei da! Ähm…Straga und Lenny!“
Sie sahen ihn fragend an und er fragte: „Wo kommt ihr her? Aus Kesselstadt nicht, oder?“
Straga schüttelte den Kopf und sagte leise zu ihm: „Lenny kommt aus einem Dorf im Süden und ich stamme aus einem Dorf, westlich vom Nebelwald.“
Der junge schaute ihn verwundert an und sagte: „Westlich vom Finsterwald? Ganz schön weit weg! Dann…dann seid ihr…ihr seid Waldläufer?“
Mit einem Mal wurde es ganz still und alle Blicke waren auf Straga und Lenny gerichtet, die sich nervös umsahen.
Selbst Joe musterte sie interessiert.
„Ja“, sagte Straga langsam, „Wir sind Waldläufer. Macht das was?“
„Aber nein!“, entgegnete Joe laut und lächelte nun, „Es ist nur so, es gibt nicht viele von euch und… naja, es gibt da jemanden in Kesselstadt, der sucht einen wie euch. Jemanden, der sich in der Welt auskennt. Versteht ihr?“
Straga und Lenny sahen ihn an und Lenny fragte: „Wer? Und wo ist er zu finden?“
Straga stieß ihn mit dem Ellenbogen an und schüttelte den kopf, doch Lenny beachtete
ihn kaum.
„Seinen Namen kenne ich nicht. Aber ich weiß, dass er oft in dieser Kneipe ist, nördlich vom Fischmarkt. Hey, weiß jemand, wie diese Kneipe heißt?“
Das Mädchen eben ihm senkte den Kopf und antwortete laut: „Sie heißt Zum silbernen Barschen.“
Straga erkannte, dass sie dasselbe Mädchen war die sie hier in die Burg geführt hatte.
„Nun, Meine Liebe, dann wirst du die beiden morgen zu ihm führen, wenn sie dies wollen“, meinte Joe lächelnd und sah sie mit blitzenden Augen an.
Nach dem Festmahl, das Straga und Lenny sehr genossen hatten, brachte einer der Jungen sie zurück in ihr kleines Zimmer und sagte zum Abschied: „Gute Nacht. Morgen früh wird die Herrin hier sein und euch zu dem Mann führen, der einen Waldläufer sucht.“
Damit ließ er sie allein.
„Wer meinst du, ist die Herrin jetzt schon wieder?“, fragte Lenny ihn und schaute ihn irritiert an.
„Das ist vermutlich das Mädchen, das uns überhaupt erst in die Burg gebracht hat. Die, die neben Joe saß und das gelb-blaue Kleid trug. Weißt du?“
Lenny nickte und legte sich in das eine Bett.
„Ich habe schon lange nicht mehr so viel gegessen und in einem so weichen Bett geschlafen“, sagte er verträumt und war auch schon eingeschlafen.
Straga aber lag da und starrte an die Decke.
Do vieles schwirrte ihm im kopf herum.
So vieles war an diesem Tag geschehen, so viel.
Wer genau war dieser junge Elf, Joe, der Herr der Füchse?
Was wollten diese Diebe von ihnen?
Konnten sie ihnen trauen?
Und wer war dieser Mann, von dem Joe gesprochen hatte, der, der oft in
dieser Kneipe war?
So viele Fragen…
Und auf keine hatte er eine Antwort.
Er war in der Burg, in der er als kleiner Junge gebracht wurde.
In der Burg des Fürsten, der in seine Miene verbannt hatte.
In der Burg des Fürsten…des toten Fürsten.
Mit einem Mal musste er lächeln.
All seine Sorgen waren mit einem Schlag fortgewischt!
Aber… aber die Miene gab es doch noch immer und es mussten auch noch Kinder dort schuften, er hatte gehört, wie andere darüber geredet hatten.
Führte dieser Joe sie etwa weiter?!
Das konnte er doch nicht zulassen!
Straga schloss die Augen und rollte sich zu einer Kugel zusammen.
Und endlich, nach vielen Stunden wie es ihm vorkam, wurde er vom Schlaf übermannt
Jean
Straga fuhr erschrocken aus dem Schlaf.
Er hatte von der Miene geträumt, von all den Kindern, die es wahrscheinlich gar nicht mehr gab. Schließlich hatten die wenigsten länger als ein Jahr durchgehalten…
In seinem Traum sah er den Fürsten, der ihn in die Miene schickte.
Er war wieder dort gewesen; im Dunklen, allein. Um ihn herum hatten Edelsteine gefunkelt und er hatte sie vom Fels gehauen.
Um ihn herum waren Schreie zu hören. Der kleine Junge neben ihm war mit einem Mal in sich zusammen gesackt und war nicht mehr aufgestanden. Wärter waren gekommen und hatten den toten Körper fortgebracht. Er, Straga, hatte geweint, als er dies mit ansehen musste. So viel Leid war um ihn herum, so viel Verzweiflung.
Und er war mittendrin. Er, ein Junge von elf Jahren.
Doch nun war er zurück in der Wirklichkeit, in der Burg.
Lenny lag schnarchend neben ihm im anderen Bett, das Gesicht ihm zugewandt.
Wodurch war er wach geworden?
Wenn er sonst diesen Traum träumte (fast jede Nacht), weckte ihn das Sonnenlicht.
Doch hier in der Burg…?
Es klopfte an der Tür und er zuckte erschrocken zusammen.
Leise schlüpfte er aus dem Bett, er wollte Lenny nicht wecken.
Als er öffnete, stand das Mädchen vor ihm, das sie in die Burg geführt hatte.
Sie trug wieder das gelb-blaue kleid vom Vortag.
Lächelnd schaute sie ihn an und fragte leise: „Seid ihr bereit?“
„Bereit wofür?“, fragte er schlaftrunken und sah sie verwirrt an.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn finster an.
„Ich dachte, ihr wollt, dass ich euch zum silbernen Barschen bringe?!“
„Was? Oh, ja, klar. Wie spät ist es?“
„Es ist Mittag!“, sagte sie zornig und spähte ins Zimmer hinter ihm.
„Sag mal, wie lange schlaft ihr? Ich dachte, Waldläufer stehen immer früh auf!“
Sie schaute ihn finster an und er zuckte mit den schultern.
„Warte kurz hier, ja?“
Er schloss vorsichtig die Tür hinter sich und weckte Lenny.
Die beiden zogen sich rasch an und gingen dann hinaus zu dem Mädchen, das schon ungeduldig auf sie wartete.
„Nun beeilt euch doch mal, ihr Schlafmützen!“, beschwerte sie sich, konnte jedoch ein eigenes Gähnen nicht ganz unterdrücken, sodass Straga und Lenny sich grinsend ansahen.
Als sie schließlich aus dem Tor hinaus auf die Gasse traten, sprach das Mädchen sie an.
„Nur damit ihr es wisst, mein Name ist Arane und ich bin die Herrin der Füchse. Joe ist mein Freund und wir teilen uns den Ruhm. Hier in der Stadt gelten einige regeln, auch
für euch! Stellt keine Fragen, folgt mir einfach und redet mit niemanden, nur wenn ich es euch sage, klar?!“
Sie nickten, leicht verunsichert und Arane grinste.
„So dumm wie ihr ausseht, seid ihr wohl doch nicht“, sagte sie frech zu ihnen und ging voraus.
Sie führte die beiden in die oberen teile der Stadt, wobei sie mehrere Treppen
hinauf steigen mussten. Nach einigen Minuten wurde die Luft immer wärmer und Arane sagte, ohne sich zu ihnen umzudrehen: „Wir sind gleich in dem Schmiedeviertel angelangt. Dann ist es nicht mehr weit bis zum Ziel.“
Und tatsächlich war es schon bald nicht nur warm, sondern regelrecht heiß.
Die Häuserfronten waren schmutziger geworden und hatten die Farbe von
gebrannten Lehm.
Als Straga einmal über eine mauer spähte, konnte er einen Schmelzofen erkennen,
aus dem stetig Rauch aufstieg.
Ein Mann ich Schürze kam ihnen entgegen, den Arane lächelnd begrüßte.
„Guten Tag, Albert. Wie geht es ihnen?“
Albert erwiderte den Gruß mit einem Kopfnicken und antwortete: „Och, ganz gut Und dir?“
„Sehr gut. Bin oft beschäftigt.“
Albert nickte lächelnd und sie gingen weiter.
„Nur zu eurer Information“, fauchte arane, die nun gleich wieder bissig war, „Keiner weiß, wer zu den Füchsen gehört. Keiner! Keiner weiß, dass ich und Joe die Anführer sind, also haltet am Besten euren Mund, klar?!“
Sie nickten und gingen weiter.
Auf keinen Fall wollte Straga es sich mit Arane verscherzen, sie sah ziemlich kräftig aus…
Schon bald gelangten sie auf einen Marktplatz, auf dem es stark nach Fisch roch.
Straga hielt sich vom intensiven Geruch die Nase zu, ebenso wie Lenny. Arane jedoch schüttelte nur grinsend den Kopf, murmelte etwas und führte sie hindurch, durch das Gedränge von Menschen und Elfen – hauptsächlich Moorelfen, wie Joe einer war.
Während sie gingen, drahte Arane sich kein einziges Mal zu ihnen um, schlängelte sich durch die Menge, ohne auf sie zu achten.
Einmal hatten sie sie fast verloren, doch dann erhaschten sie einen kurzen Blick auf sie und beeilten sich, wieder an ihre Seite zu gelangen, was leider zwischen all den Leuten nicht
sehr leicht war.
Schließlich blieben sie vor einem schäbigen, kleinen Gebäude stehen, an dessen Front ein altes, verwittertes Schild hang, auf dem Zum silbernen Barschen in großen, schwarzen Lettern geschrieben stand.
Die Tür knarrte, als Arane sie öffnete und die drei eintraten.
Der Raum dahinter war klein und dunkel und auf der gegenüberliegenden Seite, hinter einer langen Theke, stand ein stämmiger, alter Mann, der in ein Gespräch mit einem seiner Kunden verwickelt war und nur einmal kurz aufschaute als sie seine Kneipe betraten, sich dann jedoch gleich wieder dem jungen Mann zuwendete, der vor ihm auf einem Hocker saß, ein Bier in der Hand hielt und angeregt mit ihm plauderte.
„Na dann, ich hole euch später ab. Bis später“, sagte Arane missmutig und schenkte ihnen
ein gemeines Grinsen und trat wieder hinaus auf die Straße.
Lenny und Straga standen da und wussten nicht weiter.
Was sollten sie jetzt tun?
Straga wollte gerade vorschlagen, dass sie sich vielleicht einfach an einen der Tische setzten sollten und warteten, bis der Wirt zu ihnen kam, den sie dann nach diesem Mann fragen konnten, der einen Waldläufer suchte, da stand Lenny auch schon an der Theke und beugte sich hinunter zu dem Wirt, der genervt von seinem Gesprächspartner aufsah.
„Was gibt’s?“, knurrte er grimmig und mustert Lenny, der ihn freundlich anlächelte.
„Ich habe gehört, einer ihrer Kunden würde nach einem Waldläufer suchen. Wissen sie vielleicht, wo er ist?“
Der Wirt richtete sich kerzengerade auf und funkelte ihn zornig an, doch da hatte schon der junge Mann vor ihm eingegriffen, mit dem er sich unterhalten hatte.
„Na, Junge. Was willst du denn von diesem Mann?“
„Na ja, ich wollte ihm etwas Geschäftliches sagen!“, meinte Lenny frech, „Kennen sie diesen Mann? Wissen sie, wo er ist?“
Der Mann grinste belustigt und antwortete: „Klar kenne ich ihn. Ich weiß sogar, wo er ist. Er steht genau vor dir.“
Straga trat an Lennys Seite und lächelte den jungen Mann freundlich an.
„Wirklich? Sie sind dieser Mann, der einen Waldläufer sucht? Was für ein Zufall!“
Der junge Mann musterte die beiden neugierig und fragte sie schließlich: „Seid ihr Waldläufer?“
Doch der Wirt schnitt ihm das Wort ab und fauchte: „Wenn ihr welche seid, ich erlaube in meiner Kneipe keine Streuner! Macht gefälligst, dass ihr davon kommt! Haut ab, ihr Streuner! Ihr Diebe, ihr Bettler! Ihr seid doch alle gleich: Verstoßene! Weil ihr jemanden bestohlen oder ermordet habt! Oh ja, ich kenne euch Gauner! Ich kenne euch!“
Sie sahen ihn einen kurzen Moment lang an, ehe der Mann entgegnete: „Sam, dein eigener Vater war doch auch ein Waldläufer! Warum sagst du dann so etwas?“
„Warum ich es sage, fragst du? Guck dir doch mal dieses Lumpenpack an, Jean! Was meinst du, warum die Waldläufer sind – weil sie wen ermordet haben! Ich will doch keine Mörder hier in meiner Kneipe haben! Und jetzt raus mit euch beiden!“
Der Wirt, Sammy, kochte vor Wut, doch der junge Mann, der anscheinend Jean hieß, legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter.
„Sammy“, sagte er im ruhigen Ton, „Du kannst ihnen aber nicht verbieten, mit mir hoch in mein Zimmer zu kommen, oder?“
Der Wirt Sammy sah die beiden einen Moment lang feindselig an, dann nickte er.
„Aber pass auf, vielleicht haben sie ein Messer dabei!“
Jean stöhnte genervt auf und raunte den beiden dann zu: „Kommt mit.“
Er führe sie quer durch den kleinen Raum und dann durch eine Tür.
Sie stiegen eine schmale, dunkle Treppe hinauf und gingen einen langen Flur entlang, dann betraten sie ein kleines, staubiges Zimmer. Es war so klein, dass das schmale Bett fast den ganzen Raum einnahm und nur noch ein winziger Holzstuhl in die Ecke gequetscht hinein passte.
„Setzt euch auf das Bett“, sagte Jean tonlos und nahm anschließend neben ihm Platz.
„Also, wer von euch ist der Waldläufer?“, fragte er sie und Straga antwortete ihm: „Wir sind beide welche… also, nicht direkt. Er ist nur mit mir gekommen und…“
„Trotzdem bin ich auch einer!“, schrie Lenny zornig dazwischen und Jean lächelte.
„Na, da hast du ja einen ganz schönen Hitzkopf aufgegabelt. Aber warum seid ihr zwei…?
Habt ihr wirklich wen umgebracht? Ich hörte, das tun die meisten Waldläufer, deshalb sind ja auch erst welche geworden.“
„Nein!“, stritt Straga ab, „Ich bin…aus der Mine. Bin vor einem Jahr geflohen und hab erst gestern erfahren, dass der Edelfürst… Ist er wirklich tot?“
Jean nickte und lächelte glücklich.
„Ja, er ist tot. Ein Glück, wenn du mich fragst! Er war nicht gerade mein Freund, der hat meinen kleinen Bruder nämlich auch in die Miene geschickt. Sein Name ist Jim. Kennst du ihn vielleicht?“
In seinem Blick war jetzt eine Spur von Hoffnung zu sehen und Straga dachte angestreckt nach, doch da war nichts.
„In der Mine waren viele Kinder“, sagte er und schaute Jean an, dem eine Träne über die Wange lief, die er jedoch sofort fortwischte und traurig nickte.
„Tut mir Leid, dass ich dich damit belästige, aber…wie lange warst du in dieser Miene? Wie sieht sie aus?“
Straga blickte Jean an und antwortete schließlich: „Wie sie aussieht? Wie ein riesiges unterirdisches Labyrinth aus Tunneln und Gängen. Dunkel und kalt. Ich war dort sieben Jahre lang, die meisten anderen haben es nicht länger als zwei Jahre geschafft, aber…na ja, egal. Warum wollen sie das wissen?“
„Ach, ich will nur gerne wissen, wo genau mein Bruder gelebt hat, verstehst du?“
Er nickte und Lenny blickte zwischen ihnen hin und her.
„Was möchten sie denn jetzt eigentlich von uns?“„Wie bitte?“, fragte Jean und sah Lenny verwundert an, der den Kopf schief legte und ihn musterte. „Sie haben doch nach einem Waldläufer gesucht, oder nicht? Nun, hier sind wir.“
Die Geschichte der Elfenkette
Jean sah die beiden und sagte leise: „Habt ihr schon einmal etwas von der Kette gehört?“
Straga und Lenny sahen sich verständnislos an und Straga schüttelte, an Lenny gewandt, den kopf.
„Es geht um Ayelda, die magische Kette des Elfenkönigs. Noch nichts von gehört?“
„Nein“, sagten sie wie aus einem Mund und Jean grinste.
„Nun, dann würde ich euch gerne von ihr erzählen, wenn ihr nichts… aber vorher noch eine kurze Frage. Kennt ihr euch gut im Land aus? Also, kennt ihr die Wege zwischen den einzelnen Gebieten und seid ihr bereit, Kesselstadt zu verlassen?“
„Also, wir kommen ja gar nicht von hier. Wir sind gestern erst angekommen. Und Lenny kennt sich glaube ich nicht so gut im Land aus…“, er warf einen schnellen Seitenblick auf Lenny, der jedoch nicht widersprach und ihn nur anschaute, „Und ich kenne mich nicht so gut aus, aber es reicht…denke ich.“
Jean nickte zufrieden und fuhr fort: „Nun, dann kann ich euch ja die Geschichte erzählen. Und ihr seid wirklich bereits, mir und meinen freunden zu helfen und uns zu führen?“
„Euch zu führen?“, fragte Lenny endgeistert und starrte ihn fassungslos an. „Es ist Winter. Was meinen sie, wie kalt es da ist?!“
Jean lächelte und meinte: „Darum müsst ihr euch keine Sorgen machen. Wir würden ja noch nicht jetzt losgehen, erst wenn es wieder wärmer ist.“
„Dann ist ja gut“, sagte Straga und schaute Lenny besorgt an, der zögerlich nickte.
„Also, dann hört jetzt gut zu. Die Geschichte beginnt vor ungefähr tausend Jahren, so genau weiß das eigentlich niemand mehr.
Es war mitten im Winter und die Elfen führen einen schweren Kampf gegen die Menschen aus dem Norden, die es jetzt allerdings nicht mehr gibt.
Sie hatten schwere Verluste erlitten und selbst der Elfenkönig trauerte um
seinen Sohn, Amar. Die Krieger der Elfen hatten mehr als genug zu tun und jeden Tag kamen weniger von ihnen Heim in ihre Häuser, die hoch in den bäumen errichtet
worden waren. Der Kampf wurde immer aussichtsloser, doch dann erinnerte er sich mit einemmal an etwas, was ihm sein Vater einmal erzählt hatte.
Nämlich, dass Elfenkönige ihre Lebenskraft und Magie in einen Gegenstand einschließen könnten und diesen Gegenstand jemand anderen geben könnte, dessen Körper und Geist er dann teilen könnte. Er würde ihn diesem Jemand weiterleben und würde somit unsterblich sein, solange dieser Körper nicht starb.
Der Elfenkönig, sein Name war Malock, war ein selbstsüchtiger Elf, also verließ er sein Volk in der schlimmsten Not und versteckte sich in einer Höhle, mitten im Nebelwald.
Dort ließ er von seinem engsten Vertrauten, den er mitgenommen hatte, solch einen Gegenstand anfertigen, ohne ihm zu sagen, was sich damit auf sich hatte.
Der Vertraute glaubte, es sollte einfach nur eine Kostbarkeit werden, also stellte er eine Kette her. Sie bestand aus purem Gold und als Anhänger verwendete er einen großen, wunderschönen blauen Stein. Diese Kette benannte der Elfenkönig Malock nach seiner Toten Frau, Ayelda.
Er vollführte, als sein Vertrauter hinaus zum jagen gegangen war, ein simples Ritual, um seine gesamte Kraft und Magie in diese Kette hineinfließen zu lassen.
Als der Freund des Königs zurückkehrte, fand er nur die Kette, die auf dem Höhlenboden lag, doch der König selbst war verschwunden.
Und nun, ungefähr tausend Jahre später, wurde die Kette erneut gefunden.
Und zwar von einem Jungen, von einem Jungen namens Scape.“
Straga hielt die Luft an. Sein Magen zog sich zusammen.
Scape.
„Er war ein Dieb in Kesselstadt und führte mit seinen Freunden einen Kampf gegen den Edelfürsten, den er zum Schluss vernichten konnte. Scape gründete eine Diebesbande, die sich die Füchse nannten und er und seine Freundin arane waren die Anführer.
Doch in den vielen Gängen der Burg, die er mit seiner Bande nun bewohnte, fand er eine Kette, die Kette, Ayelda.
Er ist damit verschwunden, ich weiß nicht wohin.
Aber er ist gefährlich geworden, denn dieser Kette wohnen Kräfte inne, die er nicht kontrollieren kann, die Kräfte des Elfenkönigs und sein Geist selbst.
Und unsere Aufgabe ist nun, diese Kette, Ayelda, zu finden, denn Malock, der Elfenkönig, sinnt auf Rache und wird alles vernichten, was ihm im Wege steht. Und ihr zwei werdet unsere Führer sein.“
Nach seiner Erzählung folgte Schweigen.
Straga konnte es nicht glauben?
Dieser Scape, der alte Herr der Füchse, sollte also die Kette gestohlen haben.
Die Kette, in der die gesamte Kraft und der Geist des Elfenkönigs eingeschlossen war, der vor tausend Jahren gelebt hatte.
Aber das war doch Unsinn. So etwas war doch gar nicht möglich, oder?
Jean sah die beiden betrübt an und fragte: „Versteht ihr jetzt, wie ernst die Lage ist? Zuerst wird alles beim alten bleiben, aber der Elfenkönig wird sich erheben und sein altes reich wieder erobern wollen, was jetzt natürlich längst von einem anderen Elfenkönig regiert wird. Und dann wird er zu uns kommen, zu den Menschen. Der alte König der Elfen, Malock, wird das gesamte Land erobern wollen und wenn ihr mich fragt, er wird es schaffen, wenn niemand auf ihn vorbereitet ist und niemand ihn aufhält. Also, was
sagt ihr? Seid ihr dabei?“
Jean schaute sie erwartungsvoll an, doch Lenny fragte: „Wo dabei sein? Was wird denn von uns verlangt?“
Jean lächelte schwach und meinte grimmig: „Wir werden aufbrechen müssen und diesen jungen, Scape, finden. Und dafür brauche ich eure Hilfe, denn ihr kennt euch im Land aus, habt ihr gesagt! Versteht ihr?“
„Wer sind wir?“, wollte Straga wissen und musterte den jungen Mann forschend.
„Mit wir meine ich mich, die anderen Auserwählten und euch, wenn ihr uns helft…“
Lenny und Straga sahen sich an und wussten nicht recht, was sie antworten sollten.
Schließlich sagte Straga: „Also, Jean, bitte sei uns nicht böse, aber ich glaube nicht, dass wir dafür die Richtigen sind. Nicht, wenn es um so etwas Wichtiges geht!“
Jean zuckte mit den Achseln. „Warum nicht? Ihr seid genauso gut wie hundert Soldaten. Schließlich seid ihr doch Waldläufer und wisst, wie man mitten in der Natur zu Recht kommt, oder etwa nicht?!“
„Ja, wir…ok, wir versuchen euch so gut es geht zu helfen. Aber erwartet nicht von uns, dass wir wissen, wo dieser…dieser Scape ist!“
„Das müsst ihr auch gar nicht wissen. Das erledigen andere für euch.“
Die Drei saßen noch immer auf dem Bett in den winzigen Raum, in dem Jean wohnte, als es an der Tür klopfte.
Jean erhob sich langsam und öffnete dann mit einem Seufzen.
„Ähm…was möchtest du denn?“
Straga und Lenny, die auf dem Bett hockten, hörten eine Stimme.
Es war die Stimme von Arane.
„Der Wirt hat gesagt, hier finde ich Straga und Lenny. Und wer bist du?“
„Nun, mein Name ist Jean. Und deiner?“
„Das geht dich gar nichts an!“, fauchte Arane bissig zurück, „Und wenn die beiden bei dir sind, sollen sie sofort runter kommen, damit wir gemeinsam zurück nach Hause gehen können. Noch Fragen?“
Straga und Lenny wechselten einen Blick und standen schließlich auf, um Arane zu folgen, die inzwischen wieder gegangen war und Jean im Türrahmen
zurückgelassen hatte.
„Also“, sagte Jean, als sie vor ihm standen, um sich zu verabschieden, „Könntet ihr in zwei Tagen noch einmal hier vorbeischauen? Dann könnten wir zusammen zu dem Ort gehen, an dem wir alles besprechen. Leider ist er geheim.“
Sie nickten und gingen die schmale Treppe hinunter und in den Schankraum, wo Arane schon auf sie wartete.
„Ihr habt aber ganz schön lange gebraucht!“, beschwerte sie sich bei ihnen, war dann jedoch auch neugierig und fragte: „Was wollte der denn jetzt von euch?“
„Das…dürfen wir leider nicht sagen. Tut uns leid, aber es ist geheim!“, sagte Straga und sah zu Boden.
Sie hob den Kopf und stolzierte aus der Kneipe, während der Wirt ihr nachsah und die beiden ihr zu folgen versuchten.
Der Glaspalast
Es war nun zwei Tage her, seid sie mit dem jungen Mann Jean gesprochen hatten.
Sie waren auf dem Weg zum silbernen Barschen, dem Gasthaus, in dem Jean ein Zimmer gemietet hatte.
Als Straga und Lenny nun vor dem Gasthaus ankamen (den Weg hatten sie sich gut gemerkt), wartete Jean bereits auf sie und begrüßte sie lächelnd.
„Ihr seid also gekommen. Das freut mich. Nun denn, lasst uns gehen. Und bitte, versucht nicht, euch den Weg zu merken, ok?!“
„Ähm…ok, Jean. Dann gehen wir mal“, sagte Lenny etwas verwirrt und sie brachen auf.
Jean führte sie eine schmale Seitengasse entlang und dann noch eine und noch eine.
Ihr Weg war nicht sehr lang und sie gingen immer wieder durch gleißendes Sonnenlicht und dann wieder durch völlige Dunkelheit hindurch.
Jean führte sie zu dem riesigen Tor, durch aus der Stadt hinaus und hinein führte.
Davor standen zwei Wachen, die sie scharf beäugten.
Sie unternahmen jedoch keinen Versuch, sie daran zu hindern, die Stadt zu verlassen und als sie schließlich einige Meter von ihnen entfernt waren, wurde ihnen etwas kälter, da sie nun nicht mehr von heißen Schmelzöfen umgeben waren. Es war jedoch auszuhalten.
„ist dieser geheime Ort, an den wir gehen, nicht in der Stadt, oder warum haben wir Kesselstadt verlassen?“, wollte Lenny wissen und schaute Jean fragend an.
„nein, der Ort ist tatsächlich nicht in der Stadt. Aber er ist gar nicht so weit entfernt,
ihr werdet sehen.“
Sie schlugen den Weg zum Wald ein, der nun von Schnee bedeckt war.
Der Weg war wirklich nicht sehr lang, schon nach einer Weile kamen sie an eine Höhle, in die sie, ohne zu zögern, hineingingen.
„Das ist der Ort? Eine Höhle?“; fragte Straga Jean, der nickte und sie gingen noch tiefer in den Berg hinein.
Schließlich war am Ende des Ganges ein licht zu sehen, dass immer größer und größer wurde, außerdem wurde es auch allmählich wärmer.
Nach einigen Metern öffnete sich eine riesige Höhle. Sie war anders als alle anderen Höhlen, die Straga je gesehen hatte, ganz anders. Die Decke war so hoch, dass er sie nicht erkennen konnte und die Wände reichten so weit, dass er ihr Ende nicht sehen konnte.
Doch das war noch nicht alles. In der Höhle wuchsen Bäume.
Es war ein ganzer Wald, der sich vor ihnen ausbreitete und zwischen ihnen schlängelte sich sogar ein munterer Bach hindurch. Es war, als ob sie nicht in einer Höhle standen, sondern mitten in einem Urwald. Auf einigen Ästen saßen bunte Vögel und die Luft war erfüllt von Gezwitscher und Summen und dem sprudelnden Wasser des Baches.
ES war ein Paradies. Ein Paradies mitten in einer riesigen Höhle.
„Wo sind wir hier?“, fragte Lenny verblüfft und starrte mit offenem Mund auf die bunte, tropische Landschaft.
„Das“, sagte Jean lächelnd, „Das ist der geheime Ort, an dem unsere Besprechung stattfindet. Der Urwald des Glaspalastes.“
„Des was?“, fragte Straga und konnte den Blick nicht von dieser herrlichen Landschaft wenden.
„Der Urwald des Glaspalastes“, wiederholte Jean freudestrahlend, „Ihr werdet
gleich sehen.“
Sie gingen gemeinsam auf die Bäume zu, zwischen denen Farne, Moose und allerlei andere Kräuter wuchsen. Straga und Lenny gingen staunend hinter Jean her.
Sobald sie den Dschungel betraten, wurde die Luft zunehmend wärmer und die Geräusche noch lauter. Während sie gingen sahen sie die verschiedensten Tiere.
Da gab es große Vögel mit buntem, schillernden Gefieder, silberne Schlangen, die in den Ästen hangen und sich wärmten. Da waren kleine, sandfarbene Füchse und helle Eichhörnchen, die lustig von einem Baum auf den anderen sprangen.
Es war wunderschön! Doch als sie an einer großen, rosa und süßduftenen Blume vorbeikamen, sah Straga entsetzt, wie sich ein kleiner Vogel sich neben ihr niederließ und die Blume ihn ohne Vorwarnung verschlang.
„Darum ist selbst das schönste Paradies nicht vollkommen“, meinte Jean zu Straga und lächelte schwach, als Straga schluckte und dann nickte. Mit einem Mal hatte die Schönheit etwas Bedrohliches an sich, als wäre ein schwarzes Tuch darüber gebreitet worden.
Nach einiger Zeit sah Straga etwas zwischen den hohen Urwaldbäumen etwas aufblitzen und er schaute beunruhigt zu Jean hinüber, der jedoch nur sagte: „Wir sind bald da.“
Und tatsächlich, es dauerte nicht lange, da standen sie auch schon vor einem hohen Turm, der völlig aus Glas bestand.
„Das ist der Glaspalast“, sagte Jean lächelnd, „Hier finden wichtige Versammlungen statt, an denen Menschen und Elfen, manchmal auch noch weitere Stämme, teilnehmen müssen, um die Angelegenheit zu besprechen. In diesem Fall ist es die Kette Ayelda. Folgt mir.“
Er führte sie bis zu einer gläsernen Tür, die in den Turm hineinführte.
Durch das Glas hindurch sahen sie, dass sich in dem Turm nur eine einzige Treppe befand, die nach unten ins Erdreich zu führen schien.
Als sie den Glasturm betraten, setzten die Geräusche des Dschungels schlagartig aus und es wurde still. Nur das heftige Pochen ihrer Herzen war zu hören.
Sie stiegen die schmale Treppe hinab, Jean voraus, dann Lenny und am Ende Straga.
Die Treppe führte sie wirklich bis tief ins Erdreich und als sie schließlich den Boden erreicht hatten, hielten Straga und Lenny bewundert die Luft ein.
An allen vier Wänden waren Spiegel aufgestellt, sodass von der Wand gar nichts
mehr zu sehen war. In der Mitte des großen Raumes stand ein hölzerner Tisch mit Stühlen und an den Stuhllehnen waren Lampen angebracht.
Jede in einer anderen Farbe; eine in Grün, eine in Rot, die andere in Blau und eine andere in Gelb. Eine wiederum war Violet und eine andere von einem leuchtenden Orange.
Die Lichter wurden auf die Spiegel gestrahlt, die sie zurückwarfen und auf andere Spiegel fielen, die sie ebenfalls zurücklenkten.
Die Lichter erhellten den ganzen unterirdischen Raum in einem hellen, wunderschönen Licht, dass sich in den Spiegel verfing und alles zum Glitzern brachte.
„Willkommen im Glaspalast“, sagte Jean freudig und durchschritt den großen Raum, bis er einmal an jedem der Spiegel vorbei gegangen war.
Es war so wunderschön.
Die Auserwählten
Sie standen eine Weile dort und betrachteten nur die Schönheit des Lichtspieles.
Nach einer Weile hörten sie eine melodische Stimme hinter ihnen und drehten sich ruckartig um.
„Na, Jean. Wo hast du denn gleich zwei Waldläufer gefunden?“
Straga wollte etwas sagen, doch es verschlug ihm den Atem.
Es war eine Elfe und ihre langen, blonden Haare fielen elegant auf ihr eng anliegendes, lindgrünes Kleid. Zwei kleine, spitze Ohren ragten rechts und links aus ihrem Haar hervor. Ihre haut hatte keinen Makel, sie war wunderschön.
Jean ging langsam auf sie zu, küsste sie auf die Stirn, auf der ein kleiner, goldener Stern prangte, und sagte herzlich: „Aria. Du bist so schön wie eh und je. Es freut mich, dass du rechtzeitig da bist!“
Die Elfe lachte hell und sagte mit samtweicher Stimme: „Als ob ich jemals zu spät gekommen wäre. Und du siehst auch nicht schlecht aus. Nur dein Haar könntest du dir mal wieder kämmen.“
Jean lächelte und drehte sich zu Straga und Lenny um.
„Meine Freunde, das ist Aria, die Prinzessin der Elfen.“
Straga und Lenny warfen einander einen schnellen Blick zu und verbeugten sich dann tief vor der Königin, was sie erneut zum Lachen brachte.
„Ihr braucht euch nicht zu verbeugen, meine Lieben!“, sagte sie glockenhell, „Jeans Freunde sind auch meine freunde und außerdem werdet ihr uns sehr helfen. Ich danke euch von ganzen Herzen!“
Straga und Lenny wurde rot und Lenny trat vor, um etwas zu sagen.
„Wir danken euch sehr, Prinzessin Aria. Wir helfen euch wirklich gerne. Schließlich geht es doch um diese Kette, die den Elfen gehört. Oder?“
Aria lachte und nickte leicht. „Jean hat euch davon erzählt.“
Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Mit einem Mal ertönte eine weitere Stimme hinter ihnen.
„Oh, wie ich sehe, bin ich wieder einmal nicht der erste oder zweite.“
Es war ein Mann, der in einem langen, grauen Mantel gehüllt war und dessen lange, weiße Haare hinten zu einem knoten zusammengebunden waren.
„Agor!“, sagten Jean und Aria wie aus einem Mund und gingen lächelnd auf den Mann zu, der einen langen Stab in der Hand hielt.
„Ja, der bin ich. Aber wer sind diese beiden da? Hast du etwa zwei Waldläufer aufgetrieben, Jean?“, meinte der alte Mann und musterte Straga und Lenny mit großen Interesse.
Jean nickte. „Ja, das sind Straga und Lenny. Ich habe sie in Kesselstadt gefunden.“
„Ah ja, sehr schön!“, sagte Agor, der sich lächelnd in dem Raum umsah.
„Das letzte Mal, dass ich hier war, waren drei der Spiegel zerbrochen, ein falscher Zauber von mir. Sie haben sich anscheinend selbst wieder repariert. Na ja, das kommt vor.“
Die Elfenfrau schaute besorgt zu Agor auf und meinte stirnrunzelnd: „Tabor fehlt noch.“
„Er wird gleich eintreffen“, beruhigte Agor sie, „Ich habe ihn gesehen, als ich den Wald durchschritten habe.“
Die Elfe nickte, sah aber noch immer besorgt aus.
Plötzlich waren schwere Stiefelschritte zu hören und ein junger Mann kam die Treppe hinunter. Seine Haut hatte einen seltsamen Stich ins Grün und auch seine Ohren waren etwas spitzer als die, der Menschen
Er musste ein Halbelf sein.
„Na, bin ich mal wieder der Letzte?“, fragte er grimmig, doch auf seinem Gesicht zeichnete sich doch etwas Freunde ab, als er die kleine Schar entdeckte.
Er stapfte übelgelaunt die letzten Stufen zu ihnen herunter und ließ sich dann auf einen der Stühle fallen, die mit den Lichtern ausgestattet waren und rund um den Holztisch
herum standen. Auch die anderen, Jean, Aria und Agor, setzten sich, Straga und Lenny blieben unsicher stehen, bis Jean meinte: „Setzt euch doch“, und sie sich zu ihnen auf die Stühle gesellten.
Straga empfand es als unangenehm, dass der Neuankömmling in unentwegt anschaute.
In seinem Blick lag jedoch keine Neugier, eher sah es so aus, als langweilte er sich.
„Nun, „begann Agor, „Nun, wo wir hier alle versammelt sind, können wir mit der Besprechung und Planung der Reise beginnen. Ihr habt alle die Botschaft erhalten, in dem ich euch von Scape berichtete?“
Alle nickten und Aria meinte lächelnd: „Ich brauchte keinen Brief, um es zu erfahren. Ich habe es gespürt, mein ganzes Volk hat es gespürt!“
„Ja, Aria, das kann gut sein. Nun da der alte Elfenkönig Malock einen Körper als Marionette benutzen kann, wird jede Elfe es bemerkt haben. Vielleicht werden sich einige ihm anschließen, trotz des Körpers, von dem er Besitz ergriffen hat, einem Kind und dann auch noch einen Menschen. Aber so ist es nun mal gekommen und wir müssen uns dem stellen, egal was kommen mag! Also, ich könnte in Erfahrung bringen, dass sich der junge mit der Kette Ayelda nahe dem Nebelgebirge aufgehalten hat. Ich kam auf der hinreise an einem Dorf vorbei, das ihn gesehen hat, wie er in diese Richtung ging.“
Die Elfenprinzessin Aria wurde mit einem Mal unruhig und blickte nervös zu dem Neuankömmling hinüber, der jedoch keine Regung zeigte.
„Nun, unser erstes ziel wird sein, ins Nebelgebirge zu reisen und ihn dort zu suchen. Dort soll es einige Dörfer geben, die ihn vielleicht gesehen haben könnten. Es ist einen
Versuch wert.“
Jean schnaubte. „Das Nebelgebirge? Warum sollte er dort hingehen? Das ist absurd!“
„Vielleicht ist es das, Jean“, sagte Agor bestimmt, „Aber vielleicht ist das gerade
sein Ziel. Er geht dorthin, wo niemand ihn vermutet. Außerdem trifft nicht er allein die Entscheidung, die Kette Ayelda bestimmt den Großteil!“
Jean drehte den Kopf in die Richtung von Straga und Lenny und sah sie fragend an, als hoffte er, Unterstützung zu finden, doch sie schwiegen.
„Darf ich fortfahren, Jean?“, fragte Agor Jean scharf und Jean nickte mit gesenktem Kopf.
„Nun denn, wir werden erst einmal ins Nebelgebirge gehen und die Dörfer aufsuchen, die es dort gibt. Wir werden sie nach dem jungen fragen und dann ihren Hinweisen folgen, soweit sie welche haben. Straga und Lenny werden unsere Führer sein!“
Stragas Kopf flog hoch und er starrte Agor an.
Lenny blickte ihn ausdruckslos an und meinte dann: „Klar. Straga kennt den Weg.
Oder, Straga?“
Straga sah von einem zum anderen und wusste nicht, was er sagen sollte.
Ja, er kannte den Weg.
Aber das Nebelgebirge war gefährlich! Und er allein sollte die Verantwortung für die Gruppe haben?!
Nach einer kurzen pause sagte er: „ja, ich kenne ihn. Aber es ist sehr gefährlich! Und im Nebelgebirge soll es Geister geben, habe ich gehört.“
Agors Blick wanderte zu dem jungen Mann hinüber, der sich während der ganzen Zeit nicht gerührt hatte.
„Tabor wird dabei sehr nützlich sein.“
Fragen
Die Versammlung war beendet und Jean, Straga und Lenny waren zurück auf dem Weg
in die Stadt.
Agor, Aria und der junge Mann, dessen Namen Tabor war, waren noch etwas in dem Urwald, der mitten in der Höhle wuchs, geblieben.
„Was hat Agor damit gemeint, Tabor wird dabei sehr nützlich sein? Was soll das heißen? Wer ist er denn?“
Jean schwieg eine ganze Weile, doch dann hob er den kopf und sah ihn an.
„Tabor kann mit den Toten Kontakt aufnehmen. Er kann mit ihnen sprechen und sie sehen.“
Straga und Lenny blieben abrupt stehen und starrten Jean an, der neben ihnen stand.
„Er kann…was? Aber wie kommt das? Er ist doch ein ganz normaler Mensch, oder nicht?“, fragte Lenny endgeistert.
„Nicht ganz“, erwiderte Jean, „Sein Vater war ein Mensch, seine Mutter eine Elfe. Und dann hat er auch noch etwas Magierblut in sich.“
Straga wollte etwas sagen, doch er brachte keinen Ton heraus.
„Und wer waren die anderen beiden? Diese Aria und Agor?“, wollte Lenny wissen, der sich schnell wieder gefangen hatte.
„Nun, Aria ist die Tochter des Elfenkönigs Jetta. Und Agor ist ein Magier.“
„Und warum sind gerade sie erwählt worden, sich auf die suche zu begeben und niemand anderes? Und warum du? Also…nimm es mir nicht persönlich, aber wäre es nicht besser gewesen, jemanden mit mehr Macht zu erwählen?“, fragte Straga ungläubig.
Jean schüttelte den Kopf.
„Bei mir ist es so, dass ich einfach ein guter Freund von Agor bin. Schon als kleines Kind mochte ich ihn und irgendwann hat er mich dann gefragt, ob ich nicht auch dabei sein wollte. Ich nahm an. Aber weiter, Aria ist dabei, weil sie die Tochter des
Elfenkönigs ist. Sie hat sehr viel macht und die elfen vertrauen ihr, was ich von uns nicht gerade sagen kann. Agor ist dabei, weil er ein Magier ist und Tabor kann, wie ich schon gesagt habe, mit Toten sprechen und sie sehen, das kann Agor nicht einmal.“
Als die drei am Stadttor angelangt waren, hielten die Wachen sie an und fragten“ Halt! Wer seid ihr, was wollt ihr in der Stadt?“
Jean seufzte und antwortete: „Ich bin Jean und das sind meine Freunde Straga und Lenny. Wir wohnen in der Stadt und nein, wir sind auch keine Diebe oder Bettler.“
Sie wurden durchgelassen und Jean verabschiedete sich von Straga und Lenny und ging in Richtung Goldener Barsch.
„Und?“, wollte Lenny auf dem Weg zur Burg von Straga wissen, „Was denkst du über die ganze Sache? Du kennst doch wirklich den Weg ins Nebelgebirge, oder?“
„Klar kenne ich den Weg. Aber in den Bergen ist es sehr gefährlich. Es wimmelt des Nachts dort von Nachtmahren und Schlimmerem.
Als die Beiden zurück in der Burg waren, suchten sie sogleich nach dem Elf, der diese beruhigende Stimme hatte.
Hieß er Falio?
Sie fanden ihn in der Nähe des Speisesaales in einem kleinen Seitengang.
Er unterhielt sich mit Arane, die aufschaute, als sie näher traten.
„Was ist los?“, fragte sie barsch und musterte sie scharf. „Wo wart ihr den ganzen Tag?“
„Wir…“, sagte Straga, doch er wusste nicht, was er sagen sollte.
„Wir waren in der Stadt und haben sich umgesehen!“, log Lenny schnell und Straga nickte.
„Ja, genau. Die Stadt ist richtig schön!“, fügte er sicherhaltshalber noch hinzu.
„Ja, ok. Was wollt ihr hier?“
„Wir wollten mit Falio sprechen!“, antwortete Lenny und sah dabei dem Mädchen direkt ins Gesicht, die wiederum Falio anschaute.
„Ähm, Arane und ich haben gerade über einen guten Freund geredet, den wir verloren haben. Könnt ihr kurz warten?“, fragte Falio sie zögernd und Straga wurde hellhörig.
„Einen Freund? Wie hieß er denn?“
„Was geht euch das an?!“, fauchte Arane sie zornig an, dich Falio sagte mit leiser Stimme:
„Er hieß Scape. Aber er ist eines Morgens einfach verschwunden und wir wissen
nicht wohin. Er war der beste Freund von A…“
„Sei still!“, fauchte Arane und funkelte ihn wütend an.
„Sei still, sei still, sei still! Ich will davon nichts mehr hören! Hast du das kapiert, Falio?!“
Er schaute sie kurz an, nickte dann und meinte zu straga und Lenny: „Ich komme gleich zu euch in euer Zimmer. Lasst mich nur kurz noch was mit Arane besprechen.“
Lenny nickte und beim Fortgehen hörte Straga Arane laut fragen: „Wen interessiert es denn, dass er mein bester Freund war?!“
Als sie eine Weile in ihrem Zimmer gewartet hatten, kam Falio zur Tür herein, der sich neben ihnen auf eines der Betten setzte und entschuldigend sagte: „Es tut mir leid, dass ist das mit angehört habt. Aber seid Scape fort ist, ist Arane hart wie Stein geworden. Ihr dürft es ihr nicht übel nehmen.“
„Er…Scape war Aranes bester Freund?“, fragte Lenny und Falio nickte.
„Aber nun zu euch, was wolltet ihr von mir?“
„Nun, das trifft sich gut, wir wollten nämlich etwas mehr über Scape erfahren. Du hast uns vor einigen Tagen ja schon einmal von ihm erzählt und wir…fanden es ganz interessant. Also, was kannst du uns über ihn erzählen?“
„Warum wollt ihr etwas über scape erfahren?“, fragte Falio argwöhnisch, meinte dann jedoch: „Was wollt ihr denn wissen?“
„Nun ja, wo hat er sich gerne aufgehalten?“
„Scape war gerne auf Marktplätzen, da es dort am meisten zu stehlen gibt. Und am Hafen war er auch manchmal oder später auch gerne in der Burg.“
„Ok, gut, danke. Gab es etwas, was er sich immer gewünscht hat?“, fragte Straga
ihn neugierig.
„Ja, er hat sich immer gewünscht, mächtig zu sein. Er wollte die Welt regieren und König sein. Nicht nur der, der Menschen, sondern auch der Elfen und aller anderen Völker der Erde. Er war wir besessen von der Macht.“
Straga und Lenny tauschten beunruhigende Blicke.
Das war gar nicht gut. Dieser scape war machtbesessen und diese Kette, ayelda, in der Malocks Geist lebte, würde ihn damit gefügig machen. Er würde ihm erzählen, dass er ihn mächtig machen könnte, zum König aller Völker und Scape würde alles dafür tun. Alles.
Gar nicht gut. Straga wusste nicht, ob Malock den jungen auch ohne falsche Erpressungen unter Kontrolle hatte, aber es würde auch mit sehr schwer sein, fast unmöglich, ihn zu finden.
Und wenn ihn diese Kette Ayelda ihn ins Nebelgebirge führte, dann sicher nicht ohne Grund.
„Noch etwas?“, fragte Falio mitten in seine Gedanken hinein und er schüttelte den Kopf.
Es war so gut wie unmöglich, diesen Elfenkönig Malock zu besiegen, so gut wie unmöglich.
Tag der Veröffentlichung: 23.05.2010
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