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Wer Lajos ist??
Bevor ich es verrate, muss ich über manches schreiben.

Meine Mutter war eine begnadete Köchin,so manche großartige Mittag und Abendessen hat sie uns serviert.
Diese Leidenschaft hat sie aber meistens am Wochenende oder an den Feiertagen ausgelebt, da unter die Woche hat mein Vater in Fabrikkantine und ich mit Mama in Institut gegessen.
Ihre großartige ungarische Kartoffelsalat mit Sellerie, die in Knoblauch-Gewürze-Milch eingelegte Braten haben unsere Geschmacksnerven geprägt.

Der damalige Versorgung ließ so manches zum wünschen übrig, trotzdem hat sie aus der Minimum viele großartige Mahlzeit gezaubert.

Ich war gerne in die Küche, hab geholfen, beobachtet wie aus der Zutaten ein wunderbares Gericht entstand und hab gelernt.
Viele nützliche Tipps und Rezepte hat sie und Oma mir beigebracht, wovon ich noch heute profitiere.
Nur wenn es am spülen ging, hatte ich unaufschiebbare Hausaufgaben zu erledigen, die ich leider vergaß.

Meine Eltern haben oft Freunde eingeladen, sie hatten gerne Gäste bei uns.
In 50. Und 60. Jahre waren die Unterhaltung und ausgeh Möglichkeiten in Sopron begrenzt.
Es gab eine nette lokal, wo Tante Julius auf der Klavier spielte, und 2 kleine Bars.
Alle sehr stimmungsvoll, hat Mama erzählt.
Aber die beste Feste und Partys fanden privat statt.
Geburtstage, Namenstage und einfach nur mal so.

Irgendwann haben meine Eltern ihre Freunde eingeladen, zusammen Sylvester zu feiern.
Schon Wochen vorher wurden Besorgungen getätigt, so am Lebensmittel wie am Getränke Sektor.
Wein war nie ein Problem, wir lebten in ein Weinbaugebiet, und viele hatten private Weinberge.
Sie verkauften auch privat Wein.

Mama hat den Menü geplant, Sandwiches, süße und herzhafte Kleinigkeiten, und nach Mitternacht eine *Weinschlitten* Suppe.
(eine wunderbare Suppe mit Fleisch und Sauerkraut, als Katervorbeugung.)
Am Neujahrstag war ein Karpfen essen mit der Sylvester Gäste geplant.

Der Karpfenkauf wurde meinem Vater zugeteilt als Aufgabe.
Er hatte Kontakte, Bekannte, geheimnisvolle Quellen, die damals mehr als notwendig waren.
Er hat es erfolgreich erledigt, und kam 2 Tage vor Sylvester mit ein riesen Eimer nach Hause.
In diesen Eimer saß ein beachtlich großer Karpfen.

Lajos.

Ich hab ihm als Lajos getauft, weil meine Meinung nach kein andere name zu ihm, passte und er aussah wie ein Lajos.
Mein Vater war erst ein wenig irritiert wegen dieses Namens, da mein heißgeliebte Onkel (sein Bruder) hieß ebenfalls Lajos.
Mein Kind, sieht diese Fisch wie dein Onkel aus?? fragte er mich.
Nein, sagte ich,Onkel Lajos sieht viel besser aus, aber dieser Fisch heißt einfach auch Lajos.
Papa kannte Mamas und meine Manie, alles und allem einen Namen zu geben, so hat er es akzeptiert.
Er erzählte lachend in Küche meine Mama, wir haben ein neue Untermieter--Lajos.

Lajos zog in der Badewanne ein, so dass er seine letzte Tage würdig verbringen konnte.
Ich ging regelmäßig kontrollieren, ob es ihm gutgeht, und fütterte ihm mit Brotbröseln.
Ich wollte auch warmes Wasser in Wanne lassen, aber meine Eltern haben mich aufgeklärt wie und wo Fische leben, und dass der Neusiedler See auch keinen Zentralheizung hat.
Mama hat ein wenig gemeckert, der Wanne würde von dem vielen Krümel wie ein Schweinestall aussehen, aber mich konnte man nicht aus der Nähe von Lajos entfernen.
Ich trug mein kleiner Kinderstuhl ins Bad und wollte mehrfach Lajos streicheln, bis Papa mir erklärte, Lajos ist ein Fisch und keine Hund oder Katze.
Lajos war kein Tier zum spielen oder streicheln, aber ich bewachte ihm knallhart.

Sylvester kam Mama werkelte in die Küche, Oma backte ihre legendäre Pfannkuchen, die Mama dann mit Schinken, Käse, gewürztes Hack füllte.
Am Herd simmerte langsam die Suppe, wunderbare Düfte durchzogen die Küche.
Ich stibitzte immer mal einen Pfannkuchen, bestrich es mit Aprikosenmarmelade und hab es schnell gefuttert.
Der Pfannkuchen futterei fand in Bad statt, wo ich Lajos überreden wollte, diese Köstlichkeit ebenfalls zu probieren.
Er mochte wohl Aprikosenmarmelade nicht richtig.

Ich saß auf mein Stühlchen, und dachte nach.
Mein Hauptgedanke galt Lajos, was wird aus ihm?
Ich war durchaus im Klaren, dass Lajos ermordet wird, da einen lebendigen Karpfen kocht man nicht.
Dieser Gedanke gefiel mir gar nicht.
Ich ging zu Papa in Wohnzimmer, und hab ihm gefragt, was wird aus Lajos?
Papa druckste rum, wollte meine Aufmerksamkeit von dem Lajos-Mord ablenken, aber es gelang ihm nicht.
Am Ende stotterte er raus, dass Lajos leider hingerichtet wird, einen lebendigen Karpfen mit Innereien kann man nicht zubereiten.
Ich brach in ohrenbetäubendes Gebrüll aus, nannte ihm einen Henker, und alle unfreundliche Prädikate die mir einfielen, bekam Papa.
Mama und Oma rannten Hals über Kopf ins Zimmer, und Mama ahnte sofort, woher das Wind weht.

Dazu muss ich erzählen, als Kind trug ich ständig irgend Tiere nach Hause.
Einmal brachte ich ein zweigeteilte Regenwurm mit, und gab keine Ruhe, bis dass arme Wurm an beide verletzte enden einen Pflaster bekam.
Anschließend brachte ich es in Nachbars Garten, wünschte ihm viel Glück und entließ den zweiteiligen Wurm.
Im Winter wohnte in einem großen Karton auf unseren Balkon Lina die Igel, und hielt Winterschlaf,
Ich hab in nahe gelegenem Park fleißig Laub gesammelt, von Mama ein altes Handtuch erbettelt, all das sollte Lina ein behagliches Winterschlafzimmer bieten.
Als Dank schenkte sie uns ein paar blutrünstige Flöhe.
Am Fenster meine Zimmer war immer ein futterplattform für Vögel, und so manche Stunde hab ich die Meisen und andere Kostgänger beobachtet.

Aber zurück zu Lajos.
Am Sylvestermorgen zog Lajos erneut in seinen Eimer, dass wir duschen konnten.
Mama hat nörgelnd die vollgekrümelte Wanne gesäubert.
Anschließend kam der Karpfen wieder in die Wanne, und ich holte sofort wieder meinen Stuhl.
In mein Zimmer hab ich schon ein Buch ausgesucht, die ich neben der Wanne lesen wollte.
Ich wollte Lajos den ganzen Silvesternacht bewachen, nicht das er gemeuchelt wird, während ich schlafe.

Am Abend kamen unsere Gäste.
Es wurde gegessen, getrunken, angeregte Unterhaltungen wurden geführt und gute Laune breitete sich aus.
Bei uns stand damals ein mietklavier, Papa hat es so gewollt, dass ich zuhause üben kann, da Mamas schöne, alte Klavier bei der Großeltern wohnte.
Ich hab allerdings mehr versucht Schlager zu klimpern, als zu üben.
Eine Kollege meine Mutter spielte ganz ausgezeichnet, so gab es Musik zum tanzen.
In pausen wurde der Radio eingeschaltet.
Sie haben sich sehr gut amüsiert, während ich in warme Badezimmer immer müder wurde, trotz Buch.
Irgendwann nach Mitternacht trug mich Papa in mein Bett.

Am Neujahrsmorgen nach den guten Wünschen rannte ich sofort ins Bad.
Lajos schwamm gemächlich in Wanne, soweit es in diese enge ging.

Gegen 9 hab ich gemerkt, dass Papa ein Holzscheit aus der Keller holte.
Er legte es in Flur, und führte eine geflüsterte Unterhaltung in Küche, anschließend kam er zu mir.
Er fragte mich, ob ich nicht zu Nachbarn möchte, auch ein gutes neues Jahr zu wünschen.
Erst sagte ich ja, aber dann hab ich sein Manöver durchschaut, ich sollte entfernt werden, wenn der Lajosmord stattfindet.
Ganz energisch hab ich mitgeteilt, ich bleibe wo ich bin, ich weiß warum ich gehen sollte.
Papa fing an zu erklären, bald kommen die Gäste zum essen, und Mama kann doch kein lebendigen Karpfen kochen.
Ich hab dann noch energischer geantwortet, die Gäste können gerne kommen, sie sollen Reste von Gestern essen, Pfannkuchen wäre auch noch da oder Rühreier.
Mama hat in Küche schon alles vorbereitet, ein Gemüsebett sollte der letzte Ruhestätte für Lajos werden, und er sollte in Backofen sotten.
Ich hab mit Papa hart diskutiert, und war nicht gewillt mich zu entfernen.
Er erstattete öfters Bericht in die Küche.
Gegen 11 Uhr haben sie aufgegeben.
Mama hat sofort den Kühlschrank geplündert, für ein improvisiertes mahl.

Um 12 kamen die ersten Gäste.
Papa teilte mit ein schiefes lachen mit, es gibt keinen Karpfen.
Dass hat unsere Freunde nicht weiter gestört, die kannten Mamas Kochkünste.
Wir bekamen ein sehr feines, improvisiertes Mittagessen.
Irgendwann fragte jemand, was wird jetzt mit dem Fisch?

Am Neujahrsnachmittag verließ eine seltsame Truppe unsere Straße.
Vorne Papa und ich samt Eimer, in Eimer Lajos.
Natürlich kamen unsere Gäste mit, und eine lachende Truppe ging gen Bushaltestelle.
Wir fuhren zum Tómalom, (eine natürliche Badesee), und entließen Lajos sehr feierlich in die Freiheit.
Mit ein riesen Platsch fiel er ins Wasser und schwamm davon.
Ich war zutiefst beleidigt, dass dies undankbare Geschöpf sich nicht einmal bedankt, obwohl ich seinen Leben gerettet habe.
Den Tag haben wir dann mit einem lustigen Abend bei uns beendet.
Ich war die Heldin des Tages, die Schutzengel alle Lajos diese Erde.

Diese Sylvester ist auch teil unsere Familien-Annalen.
Ich hab bis zum heutigen Tag nie einen Karpfen gegessen.
In meinem Geldbeutel hab ich lange Zeit ein Schuppen gehabt von Lajos, Papa gab es mir, dass mein Portmonnaie nie leer wird.
Die Schuppen zog von mein Kinderbeutel immer um, bis es eines Tages leider verloren ging.
Aber Lajos und diese Sylvester hat ein goldgerahmte Platz in meine Erinnerungs-Galerie.


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Tag der Veröffentlichung: 09.11.2011

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