OH Gott, es ist ein Engel
Wie eine Bekloppte rannte ich durch die Straßen. Die Schritte meines Verfolgers wurden immer lauter. Gab der denn nie auf? Ich rannte seit ungefähr einer Stunde. Plötzlich erstreckte sich vor mir eine riesige Wand. Welcher Idiot hatte die dahin gebaut?! Blitzschnell drehte ich mich um. Er stand am Eingang der Gasse. Seine langen roten Haare waren zerzaust. Und wegen seiner scheiß weißen Maske konnte ich ihn nicht erkennen. Aber eins konnte ich trotzdem erkennen. Er war ein Arsch. Tja Menschenkenntnis.
„Mein Herr will dich tot sehen“, meinte er. „Schön für ihn. Den Gefallen tue ich ihm aber nicht“, blaffte ich ihn an. Er zog eine Axt von seinem Rücken und warf diese nach mir. He, bin ich eine Dartscheibe? Ich glaube nicht! Schnell duckte ich mich drunter weg. Neben der Axt stand ich wieder auf. „Mit so etwas spielt man nicht. Das könnte in den Kopf gehen“, mahnte ich ihn. Ich hörte ihn unter seiner Maske lachen. „Wie heißt du Komiker überhaupt?“, wollte ich wissen. „Jinai“, meinte er. Oh, oh! Jinai? Der Todesengel, der Leute umbringt? „Tarek du bist am Arsch“, dachte ich mir. Ich zog die Axt aus der Wand und schwenkte sie in der Hand.
„Ich an deiner Stelle würde flüchten“, meinte ich selbst sicher. Er neigte leicht den Kopf. Ich schwang die Axt und sie durchtrennte seinen Hals. Sein Kopf landete auf dem Boden und rollte in meine Richtung. Angewidert sah ich auf das Ding herab. Der Körper sackte in sich zusammen und knallte ebenfalls zu Boden. Der zukünftige kopflose Reiter. Ich ging zu dem kopflosen Körper und trat dagegen. Sein Arm packte meinen Knöchel und ich trat ihm auf die Hand. Der Körper ließ meinen Fußknöchel los und packte meinen Arm.
Er stand auf und drängte mich Richtung Wand. Der Kopf, der neben meinen Füßen lag, lachte. „Stirb verdammt nochmal!“. „Du hast keine Chance. Ich bin unsterblich“, meinte der Kopf. Die Axt steckte etwas weiter in der Straße. Oh Shit. Ich trat dem Körper in die Weichteile und das Ding ging zu Boden. Schnell rannte ich Richtung Straße. Ich zog die Axt heraus und warf sie in seine Richtung. Die Axt traf ihn in die Brust und heftete ihn an die Wand. Ich ging zu dem Kopf und hob ihn auf. Ich sah dem Kopf in sein Gesicht.
„Ob sterblich oder nicht, was gleichkommt, tut auf jeden Fall weh“, meinte ich. Ich legte den Kopf auf den Boden und nahm Anlauf. Mit einem Tritt schoss ich das Ding in den Nachthimmel, wo er verschwand. Ich ließ den Körper an der Wand haften, wo er noch immer zappelte. Sollte er noch etwas Abhängen. Oder wie eine Freundin so schön sagte, ab gammeln. Man nannte mich nicht grundlos, Tarek. (griechisch für Kämpfer) Ich ließ den Körper hängen und machte mich auf den Weg nach Hause. Wenn ich den Mistkerl treffe, der diesen Irren auf mich angesetzt hatte, kriegt er einen Tritt, dass es wehtut. Die Nacht war dunkel wie der Bildschirm eines ausgeschalteten Fernsehers. Ein Taxi näherte sich. Ich stellte mich mitten auf die Straße und zog mein Top hoch. Hoffentlich waren keine Kinder in der Nähe. Das Taxi hielt knapp vor mir. Ich zog mein Top wieder runter und stieg auf der Beifahrer Seite ein. Ich weiß etwas obszön. Der Fahrer starrte immer noch gerade aus.
„Hey Meister glaubst du, du findest dein Bewusstsein heute noch wieder?“, fragte ich mies gelaunt. „Wo soll‘s denn hingehen?“, wollte er wissen. „56, Sekretarii“, erklärte ich. Er fuhr los und ich lehnte mich zurück. Als das Taxi vor meinem Haus hielt, stieg ich aus und beugte mich noch mal zum Fahrer. „Wie viel?“, fragte ich. „Für die Aussicht vorhin? Nix“, meinte er. Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen. Obwohl ich nüchtern, wie Wodka war, schlief ich sofort ein.
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Lucifer warf eine Vase nach dem Fernseher. Das war doch wohl die Höhe. Dieser lächerliche Mensch hatte seinen besten Mann umgebracht. Seine schwarzen Schwingen bebten. Dieser Nichtsnutz Jack hatte die Wahrheit gesagt. Das Miststück hatte keine Angst vor ihm. „Siehst du Schnucki, hab's dir doch gesagt“. Schnaubend drehte er sich um. „Schnauze!“, brüllte Lucifer. „Vielleicht bekommt sie ja Angst, wenn sie dir begegnet. Du bist doch eine Legende“, meinte Jack. „Klappe Jack!“, rief Lucifer und warf Jack in den Fernseher. Ein Lächeln schlich sich über Lucifers Gesicht. „Hey Jack, du bist im Fernsehen“, meinte er. Er warf einen zweiten Fernseher, der in Jack rein krachte. Hm, ein Fernseher Sandwich. „Nicht schlecht“, nuschelte Lucifer.
Lucifer ließ sich wieder in seinen Sessel fallen. Seit er die Rebellion gegen Gott verloren hatte, saß er auf diesen verdammten Planeten fest. Gott hatte sogar eine Sintflut geschickt, um ihn und seine Anhänger zu ertränken. Allerdings hatte er nur diese erbärmlichen Menschen in den Tod geschickt. Alle Engel, die mit ihm gefallen waren, bereuten ihre Entscheidung. Nur er nicht. „Vielleicht sollte ich das. Wenn sie dem Reinen Bösen begegnet wird sie um Gnade winseln“, meinte Lucifer. Er würde ihr einen Besuch abstatten.
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Ich stand in der Küche und machte mir eine Tasse Kaffee. Ich trank ihn leer und ging auf den Balkon. Ein leichter Wind wehte herauf. Zusammen mit dem Hupen der entnervten Fahrer. Unten auf der Straße stand eine Kuh und rührte sich nicht. Ich schloss die Augen und atmete die kühle Luft ein, bis ich das schlagen von Flügeln hörte. Ich öffnete die Augen und sah überrascht drein. Ein Mann stand mitten auf den Stangen des Balkons vor mir. Sein pechschwarzes Haar war auf ungekämmt gestylt. Er hatte große schwarze Flügel und er trug nichts außer schwarzen Schuhen und einer schwarzen Jeans. So konnte man seinen Sixpack sehen.
„Die Irrenanstalt ist woanders“, meinte ich nur. Ich drehte mich um und ging zurück ins Haus. Ich blieb vor dem Kücheneingang stehen und drehte mich um. Er lag auf der Couch und starrte an die Decke. „Kann ich Ihnen helfen oder wollen Sie sich nur umsehen?“, fragte ich als wären wir in einem Supermarkt. Er setzte sich auf und sah mich an. „Ich bin Lucifer, der gefallene Engel. Der Herrscher der Rebellen des Himmels. Der …“. Ich drehte mich um und ging in die Küche. Er stellte sich in den Türrahmen. „Ist ja spannend. Nur nicht für mich“, meinte ich Schultern zucken. „Ich bin eine Legende!“, meinte er wütend. Ich schmunzelte leicht. „Robin Hood auch. Und der steht trotzdem nicht in meiner Wohnung, oder?“, meinte ich.
Wut stieg in ihm auf. Und ich schwöre, ich konnte die Flammen in seinen Augen förmlich sehen. „Du hast keine Angst vor mir?!“, fragte er eher wütend. Ich dachte kurz nach. „Nein, sollte ich?“, fragte ich gelangweilt. „Ich habe Jinai auf dich angesetzt, wenn das kein Grund ist“, meinte Lucifer. Ich trat ihm zwischen die Beine und er fiel auf die Knie. „Das hatte ich mir geschworen. Nimmt’s nicht persönlich“, meinte ich und ging an ihm vorbei.
Ich ließ mich auf die Couch fallen und starrte an die Decke. „Du bist schlimmer als der Teufel“, meinte er. Ich sah zu ihm und lächelte. „Ich weiß, sagen meine Freunde auch immer“, entgegnete ich. „Du wirst noch Angst vor mir haben“, meinte er und verschwand. Viel Erfolg. Das hatten schon andere versucht.
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Lucifer lief auf und ab. Diese Göre hatte keine Angst. Vor ihm! „Na Schatz, hat es nicht geklappt?“, knurrend drehte Lucifer sich um. Jack stand grinsend in der Tür. „Verpiss dich!“, knurrte Lucifer. Jack kam näher und schlang seine Arme von hinten um Lucifers Hals. „Ach Süßer, sieht’s ein. Die ist nicht deine Liga“, meinte er. Lucifer trat einmal nach hinten und mit einem heulen ging Jack zu Boden. „Ich könnte ihr einen Besuch abstatten“, schlug Jack vor. „Vergiss es“, meinte Lucifer. Das musste er wohl selbst übernehmen.
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Ich ging durch die Stadt. Heute waren besonders viele Autos unterwegs. Ich lief gerade auf dem Fußweg, als ich eine Frau schreien hörte. Ich sah zur Straße, wo ein Kind hockte und weinte. Verdamm mich. Das Kind saß mitten auf der Straße. Die Mutter rief nach ihm, doch es hörte sie nicht. Ein Auto kam mit rasender Geschwindigkeit auf das Kind zu. Ich sprang vor das weinende Kind und drückte mit den Handflächen gegen die Kühlerhaube des Wagens. Sofort blieb es stehen. Ich nahm die Hände weg und merkte, dass ich zwei Beulen im Auto hinterlassen hatte. Ich drehte mich um, nahm das weinende Kind und brachte es zu seiner Mutter. Ich ging, wieder weiter als wäre nichts gewesen. So was passierte mir öfters. Da kam vor mir um eine Ecke Lucifer entgegen. Doch diesmal ohne Flügel. „Wo sind denn deine Flügel? Beim Flughafen?“, knurrte ich.
Er legte einen Arm um mich und lief neben mir her. „Du solltest besser aufpassen. Sonst könnte dir noch etwas passieren“, meinte er. Ich blieb stehen. Ich stellte mich vor ihn und scheuerte ihm eine. Hass stand in seinen Augen. Die Leute sahen uns an und tuschelten. Ich beugte mich vor und sagte leise, so dass nur er es hören konnte: „Wenn du deine Zunge behalten willst, solltest du aufpassen, was du sagst“. Damit ging ich an ihm vorbei. Als ich um ein Haus bog, packten mich zwei Arme von hinten und schleuderten mich gegen die Wand.
Lucifer stand vor mir und lächelte. Sein Körper war dicht an meinem. „Hör zu Puppe. Auch wenn ich normalerweise keine Menschen versklave, bei dir könnte ich eine Ausnahme machen“, erklärte er. Mit der Hand griff er an meine Taille und versuchte mich einzuschüchtern. Doch ich sah ihm fest in die Augen. „Vergiss es!“, rief ich und trat ihm in die Weichteile. Mit einem leisen Aufschrei ging er zu Boden. Ich rannte an ihm vorbei, ohne ihn weiter zu beachten.
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Jack the Ripper konnte es nicht mehr ertragen. Lucifer, der Vater alles Bösen, litt unter einem Menschen Mädchen. Das konnte ja wohl nicht wahr sein. Was Lucifer wirklich nicht wusste. Jack stand auf ihn. Ja, ja, ein schwuler Mörder. Eine komische Welt. Jack nahm sich seine Sense und machte sich pfeifend auf den Weg. Der Tag würde richtig gut werden. Und wenn er diese Tarek erst mal umgebracht hatte, würde nichts und niemand mehr zwischen ihm und Luci stehen.
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Ich schlenderte durch die Straßen. Wehe, Lucifer begegnete mir noch mal. Dann würde ich ihn kalt machen. Schritte ertönten vor mir und aus einer Gasse kam ein Mann auf mich zu. Er hatte lange silberne Haare und trug einen schwarzen Mantel. Ich blieb stehen und sah ihn fragend an. „Bist du Tarek?“, wollte er wissen. „Ja“, antwortete ich. „Oh gut, ich will dich nämlich umbringen“, meinte der Mann. Bitte? Schon wieder einer? Die Typen gab’s öfters als Sand am Meer. „Versuch dein Glück“, meinte ich nur.
Er zog eine Sense von seinem Rücken und stürmte auf mich zu. Gelassen sprang ich in die Höhe. Schlug einen Purzelbaum und landete hinter ihm. Ich verpasste ihm einen Tritt ins Genick und es knackste widerlich. Er fiel hin und stand nach wenigen Minuten wieder auf. Häh? Ich wusste, dass manche Leute kein Rückgrat haben, aber dass das so gemeint war. Er drehte sich zu mir um und drohte mir mit dem Finger. „Das ist aber nicht die feine Art, kleine Miss“, meinte er. „Ach fahr zur Hölle“, meinte ich. „Da war ich gerade. Schön warm dort“, meinte er. „Wieso willst du mich umbringen?“, fragte ich gelangweilt. „Damit Luci Lein wieder gute Laune bekommt. Nimm's nicht persönlich“, meinte er. „Okay. Darf man wenigstens erfahren, wie du heißt?“. Als würde mich das interessieren.
„Mein Name ist Jack. Jack the Ripper“, stellte er sich vor. Ohhhh. Der Mörder aus England, der hauptsächlich Frauen umbrachte. Wie öde. Er griff wieder an und ich bloggte die Sense mit meiner Schuhsohle ab. Mit der anderen traf ich ihn im Gesicht. Er ging zu Boden und blieb liegen. Ich drehte mich um und ging weiter. Bis ich ein Zischen in der Luft hörte. Schnell duckte ich mich weg. Die Sense flog knapp über meinem Kopf hinweg und landete in der Wand.
WTF? Ich drehte mich um. Leider zu langsam, denn ein Messer traf mich unterhalb des Schulterblatts und blieb darin stecken. Mit einem Schrei fiel ich auf die Knie. Ich legte eine Hand auf den Griff und versuchte es raus zu ziehen. Doch es schmerzte zu sehr.
Ich ließ davon ab und richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf meinen Angreifer. Der warf schon wieder ein Messer. Geduckt rollte ich mich zur Seite weg. Fuck. Was stimmte nicht mit dem? Ich rannte auf ihn zu und rammte ihn meinen Ellenbogen in den Bauch. Mit einem leisen Aufschrei ging er zu Boden. Und diesmal blieb er liegen. Gut für ihn. Ich ging weiter und ignorierte den Schmerz, der meinen Körper durchzuckte. Das war doch wohl die Höhe. Ich schleppte mich bis nach Hause und ließ mich auf die Couch plumpsen. Was für ein gottverdammter Höllentrip.
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„Was?!“, schrie Lucifer ihn an. „Aber das hab ich für uns getan. Sie ist aber leider nicht gestorben“, murrte Jack. Lucifer ließ seiner Wut freien Lauf. „Du hast versuch sie umzubringen, du Arsch?! Bist du noch zu retten!“, schrie Lucifer außer sich. „Was ist denn los? Sag bloß du magst dieses Menschen Mädchen?“, meinte Jack mit einem Grinsen. „Natürlich nicht. Aber wie soll sie mich fürchten, wenn du sie umbringst?!“, meinte Lucifer etwas ruhiger.
„Ich habe sie doch nicht umgebracht. Zumindest noch nicht“, meinte Jack. Lucifer ging auf ihn zu und packte seinen Hemdkragen. „Wenn du sie umbringst, bringe ich dich um“, meinte er. Jack zuckte wieder mit den Schultern. „Ist ja gut. Ich bringe sie erst um, wenn du es sagst“, meinte er. Lucifer ließ ihn los und ging zurück zu seinem Sessel. Als Lucifer die Tür knallen hörte, schaltete er den Fernseher an. Wenige Sekunden später erschien Tarek auf dem Monitor. Sie lief gerade durch einen Park. Lucifer trommelte mit den Fingern auf der Armlehne herum. Nervige Ziege live. Tolle Sendung.
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Ja ich lief wieder einmal durch die Gegend. Ich weiß, kann die nicht mal stehen bleiben? Die Antwort ist nein. Ich lief durch den Park und sah dem Sonnenuntergang entgegen. Ein Wunder der Welt, wie manche sagen. Ich sag dazu nur „Gähn“. Ich setzte mich auf eine Bank und sah zu dem See, auf dem ein paar Enten schwammen. Da bildete sich ein Ring aus Feuer um die Bank. Mindestens zehn Meter breit. Rauch stieg vor mir aus dem Boden empor. Und plötzlich stand Lucifer vor mir. Seine schwarzen Flügel waren ausgebreitet. Seine Augen glühten gefährlich rot. Sein Körper brannte lichterloh. Gelangweilt blickte ich ihn an und seufzte. „Nette Show. Aber beeindruckt mich nicht wirklich“, meinte ich angeödet. Sofort erlosch das Feuer. Seine Augen wurden wieder blau und er brannte auch nicht mehr. Er faltete seine Flügeln wieder ein und ließ den Kopf hängen.
„Ernsthaft? Nichts“, meinte er enttäuscht. Er ließ sich neben mich auf die Bank fallen. Ich sah ihn mit einem Lächeln an. „Das haben schon viele vor dir versucht. Alle sind gescheitert“, meinte ich locker. „Du bist ein Fall für die Anstalt“, meinte er mies gelaunt. Da bemerkte er, dass das Messer in meinem Rücken steckte. Mit großen Augen sah er es an. „Hat Jack das gemacht?“, wollte er wissen. Ich drehte den Kopf weg. „Ja“, knurrte ich. „Warte, ich werde es entfernen“, meinte er und fasste an den Griff. Sofort durchströmte mich wieder dieser Schmerz. Ich sprang auf und drehte mich zu ihm um.
„Vergiss es. Ich geh einfach zu einem Arzt“, meinte ich und ging an der Bank vorbei. Da packten mich zwei starke Arme von hinten und hielten mich auf. Ich versuchte mich zu befreien, doch er war zu stark. War der Kerl aus Stein, oder was? „Stell dich doch nicht so an. Das hat es doch gleich“, meinte er. Wie bitte? Stell dich nicht so an? „Hey, wenn dir mal ein Messer in der Schulter steckt, sag ich das auch“, knurrte ich. Ich trat ihm auf den Fuß und er ließ mich los. Schnell drehte ich mich um und trat ihm in die Weichteile. Touch Down, und die Menge jubelt. Ich verließ den Park wieder. Ich ging nach Hause und gleich Richtung Bad. Ich sah in den Spiegel und erschrak.
Das Messer steckte tief in meinem Schulterblatt. Ich griff nach dem Messer und zog es mit einem Ruck heraus. Ich schrie und warf es auf den Boden. Ich zog mein T-Shirt aus und ließ es ebenfalls auf den Boden fallen. Blut floss aus der Wunde meinen Rücken hinunter. Verdamm mich, musste das sein?
Im Spiegel sah ich, wie Nebel aus dem Boden stieg. Sofort drehte ich mich um und verdeckte mit den Armen meinen Busen. Der Nebel verschwand und Lucifer stand vor mir. Schnaubend funkelte ich ihn böse an. „Oh, wie bin ich den hier gelandet?“, meinte er sarkastisch. „Was machst du hier du Perversling?“, blaffte ich ihn an. „Ich dachte ich schau mal, ob du es bis nach Hause geschafft hast“, meinte er. Ich brummte sauer. „Ja habe ich und jetzt verschwinde“, knurrte ich. Er stellte sich vor mich und sah auf mich herab. „Ich muss die Wunde behandeln, sonst entzündet sie sich“, meinte er. Ich streckte die Zunge raus. „Hättest wohl gerne. Vergiss es, das kann ich selber“, knurrte ich.
Er packte meine Arme und versuchte sie auseinanderzuziehen. Ätsch denkste dir. „Du bist schlimmer als ein kleines Kind. Ich habe schon von anderen Engeln die Wunden behandelt“, meinte er. Misstrauisch sah ich ihn an. Ich ließ meine Arme an meine Seite fallen. Doch ich ließ ihn nicht aus den Augen. Toll. Ich steh hier also in meinem BH vor einem ehemaligen Engel. Und was macht ihr so im Moment? Ich drehte mich um, sodass er sich die Wunde ansehen konnte. Schnell drehte ich mich dann wieder zu ihm um. „Ich hole das Verbandszeug“, meinte er und verließ das Zimmer. Als er das Bad verlassen hatte, sah ich mich wieder im Spiegel an. Herrgott ich sah grauenhaft aus.
Ich hatte schwarze Augenringe unter den Liedern. Nun floss das Blut der Wunde über meinen Arm nach vorne. Na großartig. Ich hörte Schritte, die sich näherten. Im Spiegel sah ich wie Lucifer, wieder im Türrahmen stand. In der einen Hand hatte er einen Erste-Hilfe Kasten. Er kam auf mich zu und blieb hinter mir stehen. Er holte eine Creme aus dem Kasten und verteilte sie auf der Wunde. Es brannte und ich stütze die Hände gegen das Waschbecken. Ich biss die Zähne zusammen, konnte aber nicht verhindern, dass ich zusammenzuckte.
„Wie, du hast keine Angst vor einem echten Engel aber bei so einer Wunde gibst du nach?“, fragte er mit einem Lächeln. Ich knurrte und funkelte sein Spiegelbild böse an. Er sah mich in dem Spiegel an und grinste.
Wieder sah er auf meinen Rücken und bemerkte die Blutlache, die meinem Rücken runter lief. Er nahm den nassen Waschlappen vom Becken und fuhr damit über die Blutspur. Ich zog scharf die Luft ein und rammte ihm den Ellbogen in den Bauch. Er krümmte sich und ich wich einen Schritt zur Seite. Und schenkte ihm einen bösen Blick. „Was machst du da?“, knurrte ich. „Was? Das kann man ja nicht mit ansehen“, meinte er. Ich knurrte leise und stellte mich wieder vor den Spiegel. Als er wieder anfing mit dem Waschlappen über den Rücken zu fahren, sah ich auf den Boden. Peinlichkeitsfaktor 100 %.
Er legte eine Hand auf meine Schulter, und ich sah auf. „Umdrehen!“, meinte er. Ich sah mein Spiegelbild mit großen Augen an. „Was?“, rief ich. Er verdrehte die Augen und seufzte genervt. „Du bist vorne auch voller Blut“, erklärte er. Also wo der aber auch hinsah. „Kannst du knicken“, knurrte ich. Doch er packte mich an der anderen Schulter und drehte mich zu sich um. Mit dem Lappen wischte er das Blut von mir und warf ihn dann ins Waschbecken. Er holte einen Verband aus dem Kasten und versorgte die Wunde. Als er fertig war, sah ich ihn noch mal böse an. „Danke“, sagte ich so leise, dass er es eigentlich nicht hören konnte. Er lächelte und zuckte die Schultern.
Verdammt hatte der gute Ohren. „Soll ich den restlichen Tag über hier bleiben und auf dich aufpassen?“, schlug er vor. Ich schlug mir mit der Hand gegen die Stirn. „Oh mein Gott“, nuschelte ich. „Heh, nicht solche Ausdrücke in meiner Gegenwart, bitte“, meinte er. Ich schlug ihm leicht auf den Hinterkopf und verließ das Bad. Natürlich folgte er mir. Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen. Die Schulter schmerzte immer noch. Ich schloss die Augen und seufzte. Und als hätte ich es herauf beschworen, klingelte mein Handy. Toll, es lag auf dem Tisch auf der anderen Seite des Zimmers. Lucifer stand immer noch in der Tür des Bades und starrte vor sich hin. „Handy. Schnell!“, blaffte ich nur. „Was bin ich? Dein Hund? Außerdem heißt das bitte“, antwortete er. Immer noch spielte die Musik „Run Devil Run“, von Girls Generation. Hm, dieses Lied passte nun perfekt.
„Beweg deinen Arsch oder ich mache, das Lied war“, knurrte ich. Endlich setzte er sich in Bewegung. Er schmiss mir das Handy zu und ich fing es mit der rechten Hand. Ich sah auf das Display und setzte mich ruckartig auf. Super, es war Lalapat. Ich klappte mein Handy auf und wartete auf die nervtötende Stimme. „Hey, was geht ab?“, fragte sie fröhlich. „Meine Stimmung: Richtung Keller“, antwortete ich genervt. „Spuck's aus, was willst du?“, Sie schwieg ein paar Minuten lang. Himmlische Ruhe. „Also ich wollte dich nur warnen. Loe trifft sich mit einer anderen“, Mir fiel fast das Handy aus der Hand. „Was?!“, schrie ich ins Handy. „Er hat sie offenbar geküsst. Aber das sind nur Gerüchte keine Fakten“, meinte Lalapat. „Gerüchte reichen mir. Danke für den Tipp, den mach ich kalt“, meinte ich entschlossen und klappte das Handy zu. Lucifer starrte an mir vorbei aus dem Fenster. Doch als ich aufstand, sah er wieder zu mir.
„Ich muss weg. Frag nicht warum, wir sind schließlich nicht verheiratet“, knurrte ich. Ich ging Richtung Tür. Auf den Weg hielt ich mir die Schulter. Scheiße tat das weh. Ich versuchte den Arm etwas zu bewegen, keine Chance. Jede Bewegung schmerzte. Vor lauter Schmerz verzog ich das Gesicht. Lucifer stand plötzlich neben mir und hielt meinen anderen Arm, damit ich nicht fiel. An der Stelle, wo er meinen Arm berührte spürte, ich ein Brennen. Ich entriss ihm meinen Arm und schwankte zurück.
„Was ist los?“, wollte er wissen. Ich versuchte mein Gleichgewicht wiederzufinden und sah ihn verdutzt an. „Nichts“, nuschelte ich. Da wurde mir schwindelig. „Du siehst gar nicht gut aus“, meinte Lucifer. Danke das wollte eine Frau doch hören. Ich blinzelte einmal und er stand vor mir, zweimal und ich fiel. Er konnte mich gerade noch fangen. Er legte mich aufs Bett und setzte sich neben mich. Mir war plötzlich heiß. Das Atmen fiel mir schwer und meine Hände zitterten. Meine rechte Schulter fühlte sich taub an. Na toll, das hatte mir noch gefehlt.
Ich drehte den Kopf und sah zu Lucifer. Er legte eine Hand auf meine Stirn und zog sie schnell wieder weg. „Oh, du hast Fieber. Mindestens 39 Grad“, meinte er. Toll, ein sich bewegender Grill also. Jail, das war doch eine tolle Nachricht. Lucifer holten den Waschlappen aus dem Bad und legte ihn mir auf die Stirn. Eine Weile saß er einfach nur neben mir. Dann fielen mir die Augen zu.
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Ich öffnete die Augen und setzte mich auf. Wo war Lucifer? Ich stand auf und sah mich in der Wohnung um, doch er war nicht mehr da. Mir sollte es nur recht sein. Als ich an mir herabsah, stand mein Mund offen. Oh Shit. Ich hatte ja obenrum nur meinen BH an.
Ich dachte daran, als Lucifer plötzlich im Bad stand. Toll, die Engel werden vor Lachen über mich aus den Wolken fallen. Schnell ging ich ins Bad und hob mein T-Shirt auf. Großartig. Auf beiden Seiten sah man das getrocknete Blut. Ich schmiss es in den Waschkorb und ging zum Kleiderschrank. Ich öffnete ihn und nahm ein Lieblingstop heraus. Ich holte auch einen BH raus und warf beides aufs Bett.
Ich zog meinen BH aus und wollte gerade den Neuen anziehen, als ich etwas hörte. Das war jetzt nicht wahr, oder? „Mach doch n Foto, hast länger was davon“, knurrte ich. Kurz drauf hörte ich das Klicken eines Knopfes. Was zur Hölle …? Schnell zog ich mein Top an und drehte mich um. Oh Fuck. Wie ein Matador schwenkte er sein Handy vor meinem Gesicht herum.
„Du hast doch nicht …“, fragte ich fassungslos. „Doch, und wenn du nicht willst, dass das die ganze Welt sieht, tust du, was ich sage. Twitter hat Macht, also?“, meinte er. Hallo? Ich lasse mich doch nicht erpressen. Ich rannte auf ihn zu und versuchte sein Handy zu schnappen. Doch leider war ich zu langsam. Ich donnerte gegen ihn und lachend hob er das Handy in die Luft. Den anderen Arm schlang er um meine Taille und drückte mich fester gegen sich. Er schloss das Handy und warf es aufs Bett. Ich versuchte mich, aus seinem Griff zu befreien. Doch da könnte ich auch versuchen, ein Bleirohr zu verbiegen.
Ich gab es auf und donnerte meinen Kopf gegen seine starke Brust. Warum er sich wohl nie ein T-Shirt anzog? „Ich warte“, meinte er. Ich sah zu ihm auf und trat ihm auf den Fuß. Außer, dass er leise fluchte, brachte das nicht viel. „Niemals“ meinte ich. Soweit kommt’s noch. „Dann werde ich das Bild eben ins Internet stellen“, meinte er Schulter zuckend. Was?! Er ließ mich los und ging auf das Handy zu. Ich sprintete los, doch ich war leider ein paar Sekunden zu langsam. Wieder schwenkte er das Ding vor meinem Gesicht herum.
Will der mich verarschen? „Wenn du das machst, bring ich dich um“, knurrte ich. Er steckte das Handy ein und grinste triumphierend. „Ich sagte doch, du wirst mich fürchten lernen“, meinte Lucifer. Ich prustete los und fiel vor Lachen aufs Bett. „Ich? Angst vor dir? Oh bitte. Eher habe ich Angst vor einem Goldfisch“, meinte ich lachend. Ich sah zu ihm auf und bemerkte den Ernst in seinem Gesicht. Oh, oh. Er kam auf mich zu und ich musste mir Mühe geben mich zu beherrschen. Als er sich über mich setzte, verging mir das Lachen. Mit ernster Miene sah er auf mich herab. Er wirkte nun fast Furcht einflößend.
„Ich werde dich dazu bringen, dass du bettelst. Du wirst darum betteln in meiner Nähe sein zu dürfen“, meinte er ernst. Seine Stimme klang so … beherrschend. Was war nur mit dem los? Ich schubste ihn von mir runter und er landete neben mir auf der Matratze. Verwirrt sah er mich an. Ich stand auf und eilte aus dem Zimmer. Was sollte das gerade? Ich stürmte die Treppen hinunter und raus auf die Straße. Jetzt musste ich erst mal meinen Ex zur Sau machen. Ich rannte die Straße entlang. Schließlich blieb ich vor seinem Haus stehen. Ich drückte mindestens zehnmal auf diesen Scheiß Knopf. Endlich ging die Tür auf und Loe öffnete verschlafen die Tür. „Tarek, was machst du denn hier?“, fragte er halb verschlafen. Wie konnte der immer noch Pennen? Es war ein Uhr mittags. Ich schob ihn beiseite und stürmte in die Wohnung. „Wieso hast du mich mit dieser Bitch betrogen?“, fuhr ich ihn sofort an.
Er sah mich mit großen Augen an. „Du weißt es jetzt schon?“, fragte er perplex. Ich merkte, wie mein Kopf rot wurde. Jetzt schon?! „Was heißt hier jetzt schon. Du mieser Drecksack hast mich verarscht!“, schrie ich ihn an. „Es tut mir ja leid. Ich wollte es dir ja sagen, aber …“. Ich hob die Hand und unterbrach ihn. „Halte die Klappe. Was hat die Bitch, was ich nicht habe?“, schrie ich ihn an. „Sie ist hübsch, schlau...und nicht so kampflustig“, zählte er auf. Ich ballte die Hände zu Fäusten. „Ach und ich bin das Gegenteil, oder wie?“, schrie ich außer mir. „Natürlich nicht. Du bist nur … aggressiv“, meinte er. „Dann werde doch glücklich mit deiner Schlampe“, knurrte ich. Ich trat ihm noch einmal in den Schritt und machte mich wieder aus dem Staub.
Was für ein Arsch. Ich ging durch die Straßen und schoss mit dem Fuß einen Stein durch die Gegend. So`n mieser Wichser. Schnaubend ging ich in den Park. Ich war nicht aggressiv. Ich ging zu dem See und warf Steine ins Wasser. Die Enten quakten und schwammen weg. Plötzlich zitterte meine Unterlippe. Verdammt. Ich stütze mein Gesicht in die Hände und weinte jämmerlich. Wann hatte ich das letzte Mal geweint? Das lag schon Jahre zurück. Zu allem Unglück fing es nun an zu regnen. Perfekt. Ich ging nach Hause.
Zumindest hatte ich das vor, doch in dem strömenden Regen lief ich in jemanden hinein. Ich landete auf meinem Hintern und fluchte leise. Ich stand auf und sah, wen ich da umgerannt hatte. Es war dieses Flittchen von Elsa. Sie stand auf und sah mit einem Lächeln zu mir. „Oh? Wenn haben wir denn da? Die Ex von meinem Freund“, meinte sie höhnisch. Was? Dieses Arschloch hat mich für sowas verlassen? „Ah, hast ein neues Opfer gefunden du Mitgift-Jägerin?“, meinte ich. „Du bist doch nur neidisch. Wer könnte sich auch in eine wie dich verlieben?!“, meinte sie. Ich ballte die Hände zu Fäusten. „Wenigstens renne ich nicht jedem hinterher nur, weil er Geld hat“, meinte ich. „Weißt du, an welchem Finger die Männer ihren Ehering tragen?“, fragte ich. Sie zog eine Braue in die Höhe. Ich zeigte ihr den Mittelfinger und ging an ihr vorbei. Blöde Dreckschlampe. Ich öffnete die Tür meiner Wohnung und knallte sie hinter mir zu. Ich ging in mein Zimmer und setzte mich aufs Bett. Fuck.
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Lucifer saß auf seinem Bett und starrte die Wand an. Wieso hatte dieses Menschen Mädchen keine Angst? Sie hatte nicht mal mit der Wimper gezuckt, als er in Flammen stand. Auch nicht, als seine Augen rot glühten. Hatte die überhaupt vor irgendwas Angst. Er nahm die Fernbedienung, die neben ihm lag, und schaltete den Fernseher an. Wieder erschien Tarek auf dem Bildschirm. Sie saß auf ihrem Bett und trat einen Ball immer wieder gegen die Wand. Ihr Gesicht zeigte Langeweile. Wie immer also. Vielleicht würde sie ja jetzt Angst haben.
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Ich trat den Ball zum dreizehnten Mal gegen die Wand. Das war doch alles bescheuert. Plötzlich schmolz die Wand vor mir. Der Raum war ganz verzerrt. Der Boden wurde plötzlich rot und brannte schließlich. Ich zog die Füße aufs Bett und wartete auf ihn. Nach wenigen Sekunden flogen wie aus dem nichts schwarze Raben aus dem Boden. Sie flogen in Dreierreihen untereinander im Kreis. Mit einem „Plopp“, verschwanden sie und er stand im Raum. „Gib's auf Junge. Das wird nichts mehr in diesem Leben“, meinte ich gelangweilt. Das Zimmer wurde wieder normal. Lucifer lächelte, was seltsam war. Er kam auf mich zu und blieb vor mir stehen. Er beugte sich vor und ich stemmte mich auf die Arme hinter mir in die Matratze. „Was hast du? Etwa Angst?“, meinte er mit Freude in der Stimme. „Nein, ich mag es nur nicht, wenn man mir so auf die Pelle rückt“, meinte ich gelangweilt. Doch er ignorierte es und stemmte einen Arm neben mich. Aufdringlich lässt grüßen.
„Unwohlsein ist der erste Schritt zur Angst“, meinte er. Ich seufzte genervt. „Soll ich dir beweisen, dass ich keine Angst vor dir habe?“, fragte ich angeödet. Er zog nur eine Braue hoch. Ich küsste ihn leicht auf den Mund und lehnte mich wieder zurück. Er sah mich überrascht an und schwieg. Ich stand auf und verließ das Zimmer. Egal was er noch versucht, ich würde keine Angst vor ihm haben. Ich verließ die Wohnung und ging raus auf die Straße. Es war schon längst Nacht. Der Mond stand an seinem Platz am Himmel und die Sterne funkelten. Uhh, wie gruselig. Das war die Stelle im Film, in der der Heldin irgendwas passierte. Zum Beispiel wurde sie von hinten erstochen. Ich erinnerte mich an den Film, Sabotage. Und leise zitierte ich meinen Lieblings Spruch daraus.
„Welche Gottheit auch über mich wacht, oh Herr lass mich nicht sterben heute Nacht. Und wenn ich sterben sollt, Scheiß egal“. Ich liebte diesen Spruch. Ich lehnte mich unter eine Straßenlaterne und sah in den Himmel. Die Nacht war meine liebste Tageszeit. Man durfte mich nicht ansprechen. Um eine bestimmte Uhrzeit war ich brummig. Morgens, mittags, vormittags, nachmittags. Nachts war ich happy. Ich schloss die Augen und lauschte der Stille.
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Lucifer stand noch immer in Tareks Zimmer. Dieses Mädchen war wirklich außergewöhnlich. Lucifer lächelte. Er würde sie auf jeden Fall als seine Sklavin nehmen. Sie würde Angst vor ihm haben. Sie würde betteln, in seiner Nähe sein zu dürfen. Und er würde diesen Wunsch mit Freuden erfüllen. Er breitete seine schwarzen Schwingen aus. Diese Nacht schien noch sehr interessant zu werden. Er musste nur schauen, dass Jack sich beherrschte. Dieser dämliche Kerl war ganz schön aufdringlich. Ob er ihn umbringen sollte? Nein, an so einem würde Lucifer keine Kraft vergeuden. Sonst dürfte Tarek ihn eben den Gar aus machen. Lucifer drehte sich Richtung Tür und verließ das Zimmer.
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Ich lief durch die hell erleuchtete Stadt. Überall brannten Lichter. Schaltet den Strom ab, ich will die Sterne sehen. Ich bemerkte eine Gestalt vor mir und blieb überrascht stehen. „Hey, Babe“, meinte Jakló. „Hey, was gibt’s?“, wollte ich wissen. „Ach nichts. „Wie läuft's denn so?“, fragte er. „Ganz gut. Was machst du so spät noch hier?“, wollte ich wissen. Ich mochte Jakló.
Er war mittelgroß, hatte orange Haare, ein Piercing an der Augenbraue und ein ziemlich loses Mundwerk. Außerdem hatte er babyblaue Augen. Er war mit Abstand der heißeste Typ in der Stadt. „Ich wollte dich nur besuchen“, meinte er. Man der Typ war heißer als das Höllenfeuer. „Wie läuft es mit Claré?“, wollte ich wissen. Er war mit der blonden, geistig vernebelten Stadt-Idiotin zusammen. „Nicht so. Wir haben uns vor Monaten schon getrennt“, erzählte er. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und ich hätte mich ihm am liebsten an den Hals geworfen. „Wieso? Ist sie schon wieder fremdgegangen?“, wollte ich wissen. „Nein, ich hab herausgefunden, dass sie verlobt ist. Kannst du dir das vorstellen? Sie ist verlobt und sagt mir nichts davon“, meinte Jakló. Ich sah ihn mit großen Augen an. „Ernsthaft?“, fragte ich, wahrlich schockiert.
„Ja, aber sie war sowieso nicht die Richtige“, meinte er. Ich schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. „Woher willst du das wissen?“, fragte ich heiter. Er nahm meine Hand und ging auf die Knie. Oh Gott, bitte nicht. „Tarek ich muss es endlich loswerden“, meinte er. Nein, nein, nein. Geh zum Beichten gefälligst in die Kirche. „Tarek, ich liebe dich, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Willst du mit mir gehen?“. War das sein Ernst?
„Ich weiß nicht was ich sagen soll“, gab ich ehrlich zu. „Dann sag einfach Ja“, meinte er. Ich schüttelte den Kopf. „Nur weil das mit Claré nicht geklappt hat? Ich bin doch kein Trostpreis“, meinte ich. Er sah mich bestürzt an. „Das warst du nie. Ich hatte bloß Angst, du würdest nein sagen“, meinte er. „Herrgott steht endlich auf“, bat ich. Er schüttelte den Kopf. „Erst wenn du Ja sagst“, meinte er. Ich seufzte genervt. „Dann wirst du da aber für den Rest deines Lebens herumsitzen. Steh endlich auf“, er stand auf und sah mich hoffend an. „Na schön, ein Date, aber das war's dann“, gab ich schließlich nach. Seine Augen strahlten förmlich. „Danke“, meinte er und umarmte mich. „Schon gut. Jetzt lass mich bitte los“, meinte ich kleinlaut. Seine Nähe machte mich wahnsinnig. Er ließ mich los und machte einen Schritt zurück. „Sollen wir uns dann diesen Samstag treffen? Um 15 Uhr?“, wollte er wissen. „Klar“ murrte ich. Mit einem Lächeln ging er wieder. Oh verdammt, dass so einer auf mich stand.
Ich stand wieder einmal auf dem Balkon und sah auf die Straße. Diese dämlichen Autofahrer. Standen im Stau und hupten. Davon geht’s auch nicht schneller voran. Wieder hörte ich das schlagen von Flügeln. In sicherer Ahnung, wer es sein musste, machte ich einen Schritt zurück. Lucifer landete vor mir auf den Stangen. Er trug nur eine schwarze Lederjeans. Sonst nichts, schon wieder. „Stehst du mit Klamotten auf dem Kriegsfuß oder was soll das immer?“, wollte ich wissen. „Man muss zeigen, was man hat“, meinte er nur. Er sprang von den Stangen und landete vor mir. „Du bist schon seltsam“, meinte er.
„Wieso?“, wollte ich wissen. Naja, eigentlich nicht. „Jeder fürchtet mich. Nur du nicht“, meint er. „Niemand fürchtet dich“, protestierte ich. „Doch“, meinte er. „Oh Gott“, seufzte ich wieder. „Wenn du noch einmal oh Gott sagst, wirst du meine Sklavin“, entgegnete er. „Bedaure, ich bin schon die Sklavin meines Herzens“, antwortete ich. War ja nicht mal gelogen. Er lächelte böse. „Ich muss wieder los. Ein paar Flugzeuge zum Abstürzen bringen“, erklärte er und erhob sich wieder in die Lüfte. Was hatte er vor? Auf jeden Fall nichts Gutes. Das wusste ich.
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„Ich soll was?“, fragte Jack ungläubig. „Verdammt Jack stell dich nicht so an“, meinte Lucifer genervt. „Ich will aber nicht“, protestierte er. „Ist mir, egal ob du willst oder nicht!“, knurrte Lucifer. „Aber warum?“, wollte Jack wissen. „Das geht dich nichts an, mach einfach“, blaffte Lucifer. „Nur damit ich es richtig verstehe: Ich soll sie einfach nur zum Ausrasten bringen? Nur damit sie, oh mein Gott sagt?“, fragte Jack nach. „Ja Mann. Was ist daran schwer zu verstehen?“, schrie Lucifer. Dieser Idiot von Jack. „Und was, wenn ich es nicht mache?“, fragte Jack nach. „Dann schick ich dich höchstpersönlich zur Hölle“, meinte Lucifer. „Schon gut, schon gut. Ich mach’s“, meinte er schließlich. Beleidigt verließ er das Haus. Also wirklich. Lucifer würde ihn wohl im Auge behalten müssen. Wehe er tat was Falsches.
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Ich wartete schon eine halbe Ewigkeit auf die Trantüte. Endlich sah ich sie. Schlitternd blieb sie vor mir stehen. Lalapat strahlte wieder einmal. „Und was hast du gemacht, nachdem ich aufgelegt hatte?“, wollte sie wissen. „Ich hab ihn niedergemacht“, antwortete ich stolz. Sie grinste und stemmte die Hände in die Hüften. „Dachte ich mir“, meinte sie nur. „Ich habe gehört Jakló hat dich angesprochen, stimmt das?“, fragte sie sofort weiter. Ich spürte, wie meine Wangen rot wurden. „Ja, er hat mich gefragt, ob ich mit ihm gehe“, nuschelte ich. Sie sah mich mit großen Augen an. „Echt? Ist ja Wahnsinn. Das muss ich sofort allen sagen“, quiekte sie. Ich warf ihr einen bösen Blick zu. „Das wirst du nicht. Das bleibt unter uns“, meinte ich. Sie sah mich bestürzt an. „Aber ich …“. „Niemandem!“, wiederholte ich betont. „Warum?“, wollte sie wissen.
„Das muss geheim bleiben“, knurrte ich. „Ah. Unsere Tarek hat einen anderen Lover, oder?“, meinte sie scherzend. Als ich nicht antwortete, klappte ihr die Kinnlade runter. „Ist, nicht wahr? Ich hab nicht mal einen Freund und du gleich zwei? Frechheit!“, meinte sie. „Wem sagst du das“, meinte ich. Sie sah auf ihre Uhr und stöhnte genervt. „Ich muss wieder los. Wir sehen uns“, verabschiedete sie sich. Ich drehte mich um und wollte weiterlaufen, als dieser Jack vor mir stand.
„Hey Süße, hast du mich vermisst?“, fragte er höhnisch. „Was willst du?“, knurrte ich. „Ich will nur reden“, meinte er. Ich ignorierte ihn und ging an ihm vorbei. Er lief neben mir und versuchte mitzuhalten. „Können wir nicht Freunde werden?“, fragte er gespielt traurig. „Oh Gott, nein auf keinen Fall“, meinte ich. Er lächelte und war plötzlich verschwunden. Verwundert blieb ich stehen und sah mich um. Wo war er hin? Da fiel mir ein, was gerade passiert war. „Scheiße“, nuschelte ich. Ich rannte drauf los. Nein, nein, nein. Lucifer muss ihn geschickt haben. Fuck you, Angel. Ich rannte Richtung Wohnung. Ich knallte die Tür zu und ließ mich mit dem Rücken daran herunter gleiten. Scheiße, jetzt hatte ich es doch gesagt. Ich vergrub mein Gesicht in den Händen und lächelte. Schock, das würde übel enden.
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Lucifer schaltete zufrieden den Fernseher aus. Jacke hatte es also geschafft. Ein Lächeln schlich sich über Lucifers Gesicht. Abgemacht war abgemacht. Er würde noch heute Abend Tarek einen Besuch abstatten. Wow, Jack hatte also mal endlich etwas richtig gemacht. Das kam nicht oft vor. Zufrieden ließ sich Lucifer auf sein Bett fallen. Das würde ein Spaß werden.
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Es war schon spät in der Nacht. Wieder einmal ging ich durch die dunkle Stadt. Doch da hörte ich plötzlich Schritte hinter mir. Ich wusste genau, wer es war. Deshalb rannte ich. Hm, das kam mir doch irgendwie bekannt vor. Woran das wohl lag? Ich bog ab und fluchte. Sackgasse. Welcher Idiot hatte diese Wand dahin gebaut? Schnell drehte ich mich um. Die Schritte kamen immer näher. Und dann verklangen sie plötzlich. Ich ging zum Eingang und sah um die Ecken. Doch ich konnte niemanden sehen. Ich wollte gerade die Gasse wieder verlassen, als sich eine Hand auf meinem Mund legte. Eine andere packte mich von hinten und zog mich zurück. Als ich gegen einen starken Oberkörper knallte, wusste ich schon, wer es war. Verflixt war der schnell. Die Hand verschwand kurz von meinem Mund. Doch im nächsten Moment spannte sich ein Tuch stattdessen darüber. Eine Hand packte meine Arme und band sie hinter meinem Rücken zusammen. Ich versuchte mich zu befreien, doch es ging nicht. „Versuch es gar nicht. Du bist eh zu schwach“, meinte er. „Jetzt gehörst du mir“, flüsterte er dicht an meinem Ohr.
Er packte den rechten Ärmel meines T-Shirts und riss ihn ab. „Du kannst mir nicht mehr entkommen“, meinte er. Ich zog eine Braue hoch und sah auf meinen Arm. Oh, verdammt. Auf meinem Arm war ein Tattoo. Ein schwarzes L, um das sich außen herum rote Striemen schlängelten. Das muss passiert sein, als er mich am Arm gehalten hatte. Ich brummte etwas, dass man wegen dem Stoff, nicht hören konnte. War vermutlich besser so. Dann wurde um mich herum alles schwarz. Ich spürte, wie er mich hochhob und mich sich über die Schulter warf. Was war ich? Eine Tragetasche? Ich trat ihm mit den Füßen in den Bauch. Er stöhnte leise, ließ mich aber nicht runter. Ich hörte, wie er seine Flügel ausbreitete. Shit.
Im nächsten Moment spürte ich die kalte Nachtluft. Sie zerzauste meine Haare und brannte höllisch an der Stelle, wo das Tattoo war. Endlich ließ er mich wieder runter und ich spürte den Boden unter den Füßen. Er nahm mir das Tuch vom Mund, die Fesseln und die Augenbinde ließ er allerdings dran. „Was soll der Scheiß?!“, maulte ich sofort los. „Du bist jetzt meine Sklavin. Ich hab dich ja gewarnt“, meinte er. Toll, das konnte doch nur mir passieren. Er packte meine Arme und zog mich hinter sich her. Als er stehen blieb, drückte er mich gegen eine Wand und plötzlich spürte ich etwas kaltes Metallenes an meinem Hals. Als ich mich bewegte, hörte ich Metall klirren. Irgendetwas hielt mich zurück. Lucifer lachte laut. „Versuch es gar nicht“, meinte er. Dann hörte ich, wie sich die Schritte entfernten. Scheiße, er hatte mich angekettet wie einen Hund. Ich sage nur „Wuff’’,
Ich zog an der Kette, doch das brachte nicht gerade viel. Stattdessen versuchte ich, meine Hände loszubekommen. Nach ein paar Minuten hörte ich ein „Ratsch“, und endlich konnte ich meine Hände wieder bewegen. Ich wollte die Augenbinde abmachen, aber eine Hand packte meine und zog sie von meinem Gesicht weg. „Das hat aber gedauert“, meinte Lucifer höhnisch. „Pah, als hätte ich Angst vor dir“, meinte ich nur. Er lachte leise und zog an dem Halsband. Ich wurde ein Stück nach vorne gezogen und knallte gegen ihn.
„Du bist wirklich mutig. Aber das werde ich korrigieren“, meinte er. Ich spürte, wie seine Lippen leicht meine streiften. Dann hörte ich wieder Schritte, die sich näherten. Ich hörte zweimal das Auftreten von Schuhen und wusste, dass er sich zum Besuch umgedreht hatte. „Ah. Ich verstehe. Du hattest also eine Wette mit ihr“, hörte ich eine Stimme sagen. Na toll, es war dieser Jack. „Was willst du?“, knurrte Lucifer. „Ach Süßer, ich muss was mit dir besprechen“, meinte Jack. Wie bitte? Süßer? Lucifer fluchte und seine Schritte verklangen. Doch ich hörte bald wieder Schritte, die sich näherten.
Ich hob den Kopf und jemand löste die Augenbinde. Jack stand vor mir und lächelte. „Flieh“, meinte er. „Wieso hilfst du mir?“, wollte ich wissen. „Ich mag es nicht, wenn du in Lucifers Nähe bist. Außerdem triffst du dich nicht heute mit diesem Jakló?“, erinnerte er mich. Er löste mein Halsband mit einem Schlüssel. Er war zumindest ein guter Taschendieb. Da ertönte Lucifers Stimme. „Jack, komm endlich“, rief er. Jack zwinkerte mir noch einmal zu und ging. Verdutzt sah ich ihm nach. Als er verschwunden war Schlich ich mich Richtung Tür. Komischer Vogel dieser Jack. Leise öffnete ich die Tür und schlich mich heraus. Ich musste mit der Hand die Sonne fernhalten. Das Tageslicht war ich nicht mehr gewöhnt. Ich versuchte, immer im Schatten zu bleiben. Und dann hörte ich wieder Lucifers Stimme.
„Also was willst du?“, fragte er offensichtlich mies gelaunt. „Ich wollte dir nur sagen, dass deine Tarek sich mit einem Menschen Jungen trifft“, meinte Jack gelassen. Geduckt blieb ich im Schatten stehen. Ich sah hoch und zu dem Fenster, das knapp über mir war. Lucifer erschien dahinter und sah hinaus. Ich versuchte, mich nicht zu bewegen. Wenn er mich entdeckte, war ich erledigt. „Nicht wenn ich sie im Auge behalte“, meinte Lucifer. Hah, denkste wohl. Endlich ging er wieder vom Fenster weg. Ich atmete erleichtert aus. Ich hörte eine Tür knallen und wusste, dass ich mich beeilen sollte. Schnell rannte ich los. Wo zum Teufel war ich überhaupt? Ich kam gerade richtig in Fahrt, als ich doch bremsen musste. Ich sah über den Rand hinweg und fluchte. Scheiße, ich stand also auf einem Berg. Einem verdammt hohen Berg. Ich sah zurück und überlegte. Sollte ich etwa da runter klettern?
Ich hörte schnelle Schritte, die sich näherten. Ohne weiter nachzudenken, sprang ich und fuhr mit den Fingernägeln über die Steinwand. Bloß nicht abstürzen Tarek, dachte ich mir. Etwas weiter unter mir sah ich eine Höhle im Berg. Ich schwang mich in die Höhle und ging bis zu der Mauer hinein. Ich hörte das Schlagen von Flügeln. Lucifer flog knapp über der Höhle hinweg. So, jetzt nur noch unbemerkt von hier verschwinden und Jakló treffen. Das musste doch zu schaffen sein. Hoffentlich. Ich schlich mich zum Eingang und kletterte den Berg hinab.
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Lucifer verlor langsam die Geduld. Er hätte wirklich nicht gedacht, dass Tarek es schaffen könnte, sich zu befreien. Der Zahn einer Chimäre war das stärkste Metall, das es gab. Vermutlich hatte Jack ihr geholfen. Er würde ihn später umbringen. Nachdem er eine halbe Stunde nach Tarek gesucht hatte, landete er auf einem der Dächer. Er musste zugeben: Sie war wirklich schnell. Doch er würde sie auf jeden Fall finden. Und dann würde sie ihre Flucht bereuen. Er breitete wieder die Flügel aus und schwang sich in die Luft.
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Ich schlich durch die Stadt. Hoffentlich fand er mich nicht. Ich hörte ein Pfeifen und sah auf. Jakló stand vor mir. „Oh, was machst du schon hier?“, fragte ich überrascht. „Schon? Wir haben schon drei Uhr. Hast du keine Uhr?“, fragte er lachend. Ich sah auf meine Armbanduhr und seufzte. Tatsächlich. „Sorry, bin ein bisschen neben der Spur“, entschuldigte ich mich. Er zuckte nur die Schultern. „Du bist pünktlich wie die Maurer“, meinte er nur. Wir liefen nebeneinanderher.
Er schlang einen Arm und meine Schultern. Als ich zu ihm sah, blickte er schnell auf den Boden. Er war wirklich süß. Wir gingen durch den Park und sahen zu dem Teich. Als ein Typ an uns vorbei lief, mussten wir lachen. Er trug ein schwarzes T-Shirt. Vorne stand „Aus dem Weg!“, und hinten fett gedruckt „Entschuldigung“, so eins brauchte ich unbedingt. Doch als es langsam dunkel wurde, sah ich ständig in den Himmel. Hoffentlich fand er mich nicht ausgerechnet jetzt. Und da merkte ich es erst. Ich hatte wirklich Angst. Angst, dass er mich fand. Dass er Jakló etwas antat. Ich klammerte mich fester an ihn und er sah mich überrascht an.
„Was ist denn los?“, wollte er wissen. Ich sah zu ihm auf. „Ach nichts“, flüsterte ich. Sollte ich ihm sagen, dass möglicherweise ein Engel versuchen könnte, ihn umzubringen? Hm, sehr plausibel klang das nicht. Wir setzten uns auf eine Bank und sahen zum See. Na ja, er. Ich sah immer wieder in den Himmel. Doch das hatte er offenbar gemerkt. Fragend sah er mich an. „Was ist denn nur los mit dir? Was ist da oben so spannend?“, wollte er wissen. „Nichts“, nuschelte ich. Doch meine Sorge war total daneben. Denn er tauchte zum Glück nicht auf. Jakló begleitete mich bis nach Hause. Er gab mir einen flüchtigen Kuss und ich ging ins Haus. Dumme Idee. Ich schloss die Tür und ging ins Bad. Ich schloss die Badezimmertür und zog meine Sachen aus. Iiiiih, die stanken ja fürchterlich. Ich schmiss sie in den Wäschekorb und holte andere Klamotten.
Ich ging unter die Dusche und machte das Wasser an. Die kühlen Tropfen fühlten sich gut auf der Haut an. Als ich fertig war, schob ich die Kabinentür auf und zog mich an. Nachdem ich eigentlich keinen Besuch erwartete, zog ich mein graues Korsett an. Naja, es ließ meinen Busen größer wirken, als er war. Ich zog meine Kurze, graue Short an, die mir knapp über den Arsch ging, wohl gemerkt. Ich ging zum Spiegel und schminkte mich. Keine Ahnung warum. Ich tat es einfach. Blauer Lidschatten, roter Lippenstift und Mascara. Ich trocknete noch schnell die Haare, kämmte sie und verließ das Bad. Vor dem Wohnzimmer blieb ich stehen und lehnte mich in den Türrahmen.
Na. ratet mal, wer schon auf mich wartete. Richtig. Er lag auf der Couch und hatte die Füße auf den Glastisch gelegt. Ja, sehr elegant. Keine Manieren der Kerl. „Hey Füße runter, verdammt“, maulte ich. Doch er ignorierte mich einfach. „Wusste ich doch, dass ich dich hier finde“, meinte er. Er starrte auf mein Aussehen. Wieso hatte ich das Gefühl, das er versuchte, mich mit seinen Blicken auszuziehen? Vermutlich, weil es stimmte. „Du gehörst mir, vergiss das nicht“, meinte er ernst. Sollte ich ihn provozieren? Auf jeden Fall.
Aha, denkst du dir wohl. Ich blieb vor ihm stehen und grinste. „Das wirst du niemals wieder zu sehen bekommen“, meinte ich mit einem Lächeln und zog mein Korsett aus. Na, ratet mal, wohin er starrte. Ich warf es auf den Boden und verließ den Raum wieder. Etwas Provokation musste sein. Ich ließ mit Absicht die Tür auf. Ich wusste ja, dass er mir folgen würde. Und ich hatte Recht.
Er blieb im Türrahmen stehen. Ich ging zum Kleiderschrank und öffnete ihn. Ich nahm ein schwarzes T-Shirt heraus. Das T-Shirt bestand praktisch nur aus Bandstreifen. Das heißt, man konnte ziemlich viel darunter sehen. Lucifer stand immer noch im Türrahmen und verfolgte jeder meiner Bewegungen. So Freundchen, jetzt mach ich dir die Hölle heiß. Ich ging zu meinem Bett und ließ mich darauf fallen. Reine Schikane, das war das. Ich legte mich auf die Seite und stützte meinen Kopf auf eine Faust. Mit einem bösen Lächeln sah ich zu Lucifer. Wow, einen Engel ärgern. Das brachte nicht jeder.
Und weil ich so ein böses Mädchen bin, musste ich einfach den Bogen über spannen. Ich stand auf und ging zu ihm. Ich stellte mich hinter ihn und schlang meine Arme um seinen Hals. „Was ist denn los süßer? Verlierst du langsam die Nerven?“, fragte ich gespielt besorgt. Und um ihn endgültig aus der Fassung zu bringen, drückte ich meinen Körper fest gegen seinen.
Er sah mich über seine Schulter hinweg an. Und ich wusste, ich hatte mein Ziel erreicht. Lächelnd ließ ich ihn los und er drehte sich zu mir um. „Ich hoffe, du wirst deine Tat nicht noch bereuen“, meinte er. Er ging zu dem Bett und setzte sich darauf. Wieder musterte er mich von oben bis unten. Er klopfte neben sich auf die Matratze. Ich zeigte ihm aber nur den Vogel. Für, wie blöd hielt, der mich? Wie von einer fremden Macht bewegten sich meine Füße von selbst. Shit. Was ging hier ab? Und ehe ich mich versah, stand ich auch schon vor ihm. Er lächelte und zog mich auf seinen Schoss. Seine Arme schlangen sich wie Metallstäbe fest um mich. Ich versuchte, seine Arme wegzuziehen. Da hätte ich auch versuchen können einen Baum zu entwurzeln. Fuck.
„Du hast es darauf angelegt“, meinte er mit einem Lächeln in der Stimme. Da musste ich an das Lied „Poison“, von Groove Coverage denken. Passte perfekt. My Pain you Thrill. Das war eine Stelle im Lied. Und diesen Moment hätte ich nicht besser beschreiben können. Er drückte mich fest an sich, so dass ich kaum noch Luft bekam. „Wer mit dem Feuer spielt, verbrennt sich die Finger“, meinte er lachend. Oh bitte, der Spruch war älter als der Urknall. „Sagte der, der im Park lichterloh brannte“, entgegnete ich.
Er verstärkte seinen Griff und ein Keuchen entfloh meiner Lunge. Verdammt nochmal. „Nur weiter so. Dann wirst du schon sehen was du davon hast“, meinte er dicht an meinem Ohr. Ich sah ihm in die Augen und legte all meinen Hass in meinem Blick. Er lachte nur und ließ sich zurück fallen. Das hieß, ich lag nun komplett auf ihm. Großartig. Konnte mein Leben noch schlimmer werden? Tja, die Antwort sollte ich bald bekommen. Genau genommen stand sie vor dem Fenster und beobachtete uns voller Hass.
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Jack the Ripper stand vor dem Zimmer dieses Mädchens. Also diese Tarek war doch eine richtige Bitch. Was bildete die sich ein? Lucifer schien sich aber auch so richtig in sie verguckt zu haben. Obwohl Jack immer für ihn da war. Verfluchtes Miststück. Ihm einfach den Kerl auszuspannen. Aber das würde ihr noch leidtun. Er musste nur diesen Jakló suchen. Rache ist süß oder in diesem Fall. Hoch. Dieses Gör würde es noch bereuen sich mit ihm angelegt zu haben.
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Ich lag neben Lucifer und starrte ihn an. Er war eingeschlafen. Ich dachte, er brauchte keinen Schlaf. Tja falsch gedacht. Ich setzte mich auf und sah zu dem Fenster. Ich fühlte mich beobachtet. Doch da war niemand. Hatte ich mir das nur eingebildet? Ich sah auf den Wecker und seufzte. Es war schon sechs Uhr morgens. Wo war nur die Nacht geblieben? Ich stand auf und verlies leise das Zimmer. Den wollte ich wirklich nicht wecken. Er war ja schon so mies gelaunt. Wie er wohl wahr, wenn man ihn weckte? Vorsicht Tarek. Ein gefährlicher Gedanke, sagte ich mir. Ich zog meine schwarzen Stiefel an, die mir bis zu den Knien gingen, und schlich mich raus auf die Straße. Kaum war ich draußen, klingelte mein Handy.
Und es spielte mein Lieblingslied. „Für immer“, von Eisblume. Daher wusste ich, dass es Jakló war. Was er wohl um diese Uhrzeit wollte? Ich klappte mein Handy auf und hielt es mir ans Ohr. „Was gibt’s?“, meldete ich mich. Doch als ich die Stimme hörte, blieb mein Herz kurz stehen. „Hallo Kleine, na wie läuft es mit Lucifer?“, oh verdammt. Diese Stimme.
„Was willst du? Und wie bist du an Jaklós Handy gekommen?“, knurrte ich. „Reg dich ab, ihm geht’s gut. Zumindest noch. Komm zur Alorsche Schlucht oder sein Zustand wird sich schnell ändern“, damit legte er auf. Dieser miese, Verlogene … ihr könnt euch den Rest denken. Ich klappte mein Handy wieder zu und rannte los. Verdammter A**** Ach vergisst es.
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Lucifer sah aus dem Fenster. Wo wollte Tarek nur um diese Zeit hin? Auf jeden Fall würde er sie nicht nochmal aus den Augen verlieren. Er ging zur Tür und öffnete sie. Er breitete seine pechschwarzen Flügel aus und erhob sich in die Luft. Wo wollte sie nur hin? Da klingelte Lucifers Handy. Brummend zog er es aus der Hosentasche und hielt es sich ans Ohr. Dabei versuchte er, Tarek weiterhin im Auge zu behalten. „Was willst du Ripper?“, knurrte Lucifer.
„Ach hey, süßer. Ich weiß, dass du alles tust, damit Tarek dich fürchtet. Ich wollte dir nur sagen, dass ich dir helfe. Ich habe ihren Menschenfreund entführt und zu einer Klippe gebracht. Du brauchst dir also keine Sorgen mehr zu machen. Ich werde beide runter werfen, damit du keine Sorgen mehr hast“, und legte auf. Lucifer steckte das Handy wieder weg. Ach, deshalb war Tarek so in Eile. Wegen diesem … Menschen. Lucifer schüttelte den Kopf. Er hasste die Menschen. Er hatte sie schon immer gehasst. Sie waren die Kakerlaken des Himmels. Niedrige Kreaturen. Als Tarek an der Klippe ankam, landete Lucifer ein paar Meter entfernt hinter ihr. Er würde erst dann eingreifen, wenn es wirklich nötig war. Das war Jacks Sache.
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Schlitternd kam ich vor der Schlucht zum Stehen. Jakló war bewusstlos. Jack hatte ihn am Hals gepackt und ließ ihn über der Klippe baumeln. „Wie schön, dass du gekommen bist. Du hast dir aber Zeit gelassen“, meinte Jack. Er drohte mit dem Finger und lächelte dabei. „Also wirklich. Ihm hätte sonst was in der Zeit passieren können“, Will der Kerl mich verarschen, oder was?! „Lass ihn los!“, blaffte ich ihn an. „Wie du willst“, meinte Jack bloß und ließ ihn in die Schlucht stürzen. Sofort rannte ich auf die Klippe zu und sprang hinterher. Scheiße, das hätte ich anders formulieren sollen. Ich fing Jakló gerade noch und klammerte mich an einen der Felsvorsprünge.
Mit einer Hand hielt ich mich fest. Mit der anderen hatte ich Jakló am Arm gepackt und versuchte nicht daran zu denken, wie schwer er war. Langsam verließ mich die Kraft. Ich konnte mich und ihn nicht mehr lange halten. Als ich die Hoffnung schon verloren hatte, hörte ich das Schlagen von Flügeln. Und Lucifer stand vor mir in der Luft. Er hielt mir eine Hand hin und sah mich befehlend an. „Gib mir deine Hand. Du kannst ihm nicht mehr helfen“, meinte er. Ich schüttelte heftig den Kopf. Niemals würde ich einen Freund sterben lassen.
Nicht wenn ich es verhindern konnte. „Das werde ich nicht. Bitte nimm du ihn“, flehte ich. „Ich soll einen kümmerlichen Menschen retten?“, fragte Lucifer wenig begeistert. „Wenn du ihn sterben lässt, werde ich dir das niemals verzeihen“, meinte ich. „Na schön“, rief Lucifer sauer. Er nahm mir Jakló ab und in diesem Moment verließen mich meine Kräfte komplett. Schreiend stürzte ich in die Tiefe. Oh Gott. Ich würde sterben. Ich kniff die Augen zusammen und schrie so laut ich konnte.
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Lucifer schnellte wieder nach oben. Tarek hatte ihr Leben für diesen Jungen gegeben. Aber warum? Was war so besonders an ihm? Er legte den Jungen auf den Boden und drehte sich zu Jack um. Der sah ihn lächelnd an und zuckte nur die Schultern. „Uppsi, hätte ich das nicht machen sollen?“, meinte er kichernd. „Ich Dummerle. Tja aber was passiert ist, ist passiert“, meinte er nur. Lucifer ging auf ihn zu. Hass stand in seinen Augen. Das würde Jack bereuen. Nun schwand die Freude in Jacks Gesicht. Furcht nahm seinen Platz ein.
„Hey Süßer, mach nichts, was du bereuen könntest“, meinte Jack und machte einen Schritt zurück. Was fatale Folgen hatte. Schreiend stürzte er in die Schlucht. Lucifer sah die Schlucht hinunter. Geschah ihm recht. Er entschloss sich, nach Tarek zu suchen. Sie sollte eine anständige Beerdigung bekommen. Er flog in die Schlucht und sah auf dem Weg Jacks Leiche. Aufgespießt von einem Felsen. Lucifer flog bis runter auf den Grund. Verwundert stellte er sich neben Tarek, die bewusstlos am Boden lag. Was? Sie lebte noch? Er kniete sich neben sie und fühlte ihren Puls. Tatsächlich, sie war noch am Leben. Aber wieso?
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Ich stand mitten in einem weißen Raum. Hier war nichts. Ich bekam Panik. Wo war ich hier? War das die Vorhölle? Wieder sah ich mich zu allen Seiten um. Doch hier war einfach … nichts. Ich schlug die Hände über den Kopf und versuchte nicht durchzudrehen. Leichter gesagt als getan. Plötzlich erschien vor mir ein goldenes Licht. Und im nächsten Moment stand ein Engel vor mir. Er hatte goldene Flügel. Und lange goldgelockte Haare. Seine Augen waren grün wie frisches Gras im Sommer. Ich wich einen Schritt zurück. „Hab keine Angst“, meinte der Engel. Aha offenbar ein Kerl. Hätte ich nicht gedacht. „Sprach der Henker vor der Tat“, entgegnete ich. „Ich bringe frohe Kunde“, sprach der Engel weiter.
„Du redest normal?“, riet ich. Der Engel lächelte. „Ich schicke dich zurück auf die Erde, meine Schwester“, meinte er. Ich sah ihn überrascht an. „Schwester? Was meinst du? Wieso schickst du mich zurück? Ich versteh das alles nicht“, meinte ich kopfschüttelnd. „Du bist die Erlöserin. Deshalb hattest du keine Angst vor Lucifer. Deshalb hast du solche Kraft. Du wurdest auserwählt unsere gefallenen Brüder und Schwestern zu erlösen, wenn sie es verdient haben“, erklärte der Engel.
„Was? Ich soll entscheiden, ob sie es wirklich bereuen. Aber was, wenn ich mich irre?“, fragte ich ängstlich. „Du wirst die richtige Entscheidung treffen. Bring unsere Brüder und Schwestern zurück, wenn sie es wirklich bereuen“, meinte der Engel weiterhin. Damit verschwand er wieder. Wie sollte ich das schaffen? Ich konnte nicht einmal eine Gabel von einem Löffel unterscheiden. Und wie fand ich diese gefallenen Engel? Hatten die ein Tattoo, wo draufstand „Gefallen“, als Antwort auf diese Frage, brannte wieder mein rechter Arm. Genau die Stelle, wo das L vorher war. Ich sah auf die Stelle und erschrak. Dort wo das L war, war nun ein großes P. Außen herum waren links und rechts zwei weiße Flügel. Hey, ich bin keine Leinwand, wo man drauf malt! Da wurde mir wieder schwarz vor Augen.
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Lucifer stand mit dem Rücken an die Wand gelehnt da. Was brauchte die so lange? Er lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. Da ertönte ein Sirren. Sofort öffnete er wieder die Augen. Er sah zu Tarek und sah sie verwundert an. Das L auf ihrem rechten Arm war verschwunden. Stattdessen stad da nun ein P. Außen rum auf der linken und rechten Seite jeweils ein weißer Flügel. Verwundert stemmte er sich von der Wand ab. Tarek öffnete die Augen und sah ihn an. „Alles in Ordnung?“, fragte er und wollte einen Schritt auf sie zu machen. „Halt!“, rief sie entschlossen. Lucifer blieb stehen und sah sie mit großen Augen an. Was war das gerade?
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Ich stand auf und sah ihm dabei in die Augen. Er durfte mir nicht mehr zu nahe kommen. Das war nicht gut. Er war der Anführer der Gefallenen gewesen. Wenn er in meiner Nähe war, würde das mich nur verderben. Und ich hatte schließlich eine Mission. „Was ist nur los mit dir?“, wollte er wissen. „Halt dich in Zukunft von mir fern!“, meinte ich entschlossen. Ich spürte ein Kribbeln in meinem Rücken. Knochen knacksten und im nächsten Moment hatte ich Flügel. Ich sah zur Seite, um sie mir genauer anzusehen.
Sie waren wie Lucifers rabenschwarz. Doch meine waren zudem noch blutrot umrandet. Auf dem rechten Flügel stand in der Mitte ein G. Auf dem linken ein E. Toll, also gefallener Engel. Lucifer sah mich mit großen Augen an. „Du … bist einer von ihnen?“, fragte er überrascht. „Ich bin keiner von ihnen, sondern ihr Erlöser“, korrigierte ich. Ich versuchte, zu lächeln. Doch es tat mir in der Seele weh, als ich es versuchte. „Das heißt, unsere Wege trennen sich hier“, meinte ich und schwang mich in die Luft. Mit den Dingern zu fliegen war gar nicht so einfach. Ich blieb oben an der Klippe stehen und sah zu Jakló hinab. Er war immer noch bewusst los. Plötzlich fing mein Tattoo an zu leuchten. Und in meinem ganzen Körper kribbelte es. Ich kniete mich neben ihn und berührte leicht seine Wange. „Wach auf mein Bruder“, sagte ich leise. Langsam öffnete er die Augen und sah mich an. „Schwester“, hauchte er.
Ich schenkte ihm ein Lächeln. „Mein Bruder, bereust du deine Tat?“, fragte ich. Er lächelte und eine Träne rollte sein Gesicht herunter. „Ja, es tut mir wirklich leid, was ich tat“, hauchte er mit letzter Kraft. Ich spürte, dass er nicht mehr viel Zeit hatte. „Dann wird dir vergeben“, meinte ich und legte eine Hand auf seine Brust. Mit einem Lächeln schloss er die Augen. Und sein lebloser Körper flog auf den Boden. Er war nun wieder bei seinen Brüdern und Schwestern. „Du … bist also diese Prophezeiung?“. Ich stand auf und drehte mich zu Luzifer um. Doch was sollte ich ihm antworten? Also nickte ich nur. „Darum hattest du nie Angst“, nuschelte er vor sich hin. „Obwohl wir auf verschiedenen Seiten stehen, wünsch ich dir alles Gute. Ich hoffe, auch du findest den Weg zu uns zurück … Bruder“, antwortete ich.
Er schüttelte den Kopf. „Nenn mich nicht Bruder. Du bist für mich mehr als eine Schwester. Oder als eine Freundin. Wir gehören zusammen“, meinte er. Glaubte er das, wusste ich nicht? Ich empfand mehr als nur Freundschaft für ihn. Doch es durfte nicht sein. „Tut mir leid“, war alles, was ich raus brachte. Hass und Trauer stand in seinen Augen. Hass wegen meiner Entscheidung. Und Trauer, weil er nun wieder allein sein würde. Doch es war nun mal so. Er war böse und ich gut. Ich breitete meine Schwingen aus und erhob mich in die Luft. Ich hatte noch eine Menge zu tun. Und keine Zeit für Gefühle.
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Lucifer sah ihr eine ganze Weile lang nach. Sie war also eine von den Engeln. Doch er empfand keinen Hass gegen sie. Er liebte sie zu sehr. Liebe? Das war das, was die Menschen Liebe nannten. Aber warum tat es so weh? Auch wenn Tarek dachte, es wäre vorbei. Lucifer würde sie niemals aufgeben. Er würde an ihrer Seite bleiben und sie nie mehr alleine lassen. Auch wenn für sie nun ein neues Leben begann. Das Alte würde sie nicht so schnell loslassen. Lucifer breitete sein Flügel aus und folgte ihr auf sicheren Abstand. Das Ende war noch lange entfernt.
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Lucifer saß in seinem Sessel und starrte den ausgeschalteten Fernseher an. Er hatte Tarek irgendwann aus den Augen verloren. Die flog schneller als ein Düsenjet. Er trommelte mit dem Finger auf der Armlehne herum. Verdammt, wo könnte sie bloß sein? Sie wäre leichter zu finden, wenn die Erde eine Scheibe wäre.
Aber nein, es musste ja ein Ball sein. Murrend schaltete er den Fernseher ein und aus. Immer wenn der Fernseher aus war, knurrte er „Tod“, und wenn er an war „Leben“, und so ging das die ganze Zeit. „Tod“, - „Leben“, – „Tod“, – „Leben“. „Meister? Schmollt ihr immer noch?“. Cerberus kam schwanzwedelnd auf ihn zu und setzte sich neben den Sessel. „Ich schmolle nicht, ich denke nach“, protestierte Lucifer. „Selbstverständlich, Herr“, meinte Cerberus mit einem Grinsen.
„Sei still oder ich mache einen Teppich aus dir“, knurrte Lucifer. Selbst der Teufel verhöhnte ihn. Deshalb hatte er ihn Cerberus gegeben. Er war dem Teufel nämlich zu Tussenhaft. Großartig. „Kein Grund so unhöflich zu werden“, beschwerte sich Cerberus. „Hast du Tarek schon gefunden?“, fragte Lucifer mies gelaunt. „Nein, aber ich habe einen sexy, Dalmatiner kennengelernt“, meinte Cerberus. Langsam verlor Lucifer die Geduld mit dem. „Du sollst keinen Kerl, suchen!“, schrie Lucifer. Diese dämliche Töle. „Ist ja gut, ich geh ja wieder“, meinte Cerberus beleidigt.
Murrend tapste er wieder zur Tür hinaus. Lucifer schaltete den Fernseher an und programmierte ein Erdbeben in Deutschland. Eine sehr gute Fernbedienung. Er lauschte den Schreien der Leute und schloss die Augen. Wenn er schlechte Laune hatte, mussten die Menschen dafür büßen. Tja, so war das nun Mal. Er schaltete den Fernseher wieder aus und stand aus seinem Sessel auf. Er würde sich wieder auf die Suche nach Tarek machen. Irgendwo musste die ja sein. Und er würde nicht so schnell aufgeben.
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Ich stand in einer Wohnung und unterhielt mich mit einer Frau. „Und du bist wirklich die Prophezeiung?“, fragte sie zweifelnd. „Nein, aber aus der Prophezeiung“, meinte ich. Ich war keine Prophezeiung. Ich bin ja kein Stück Papier. „Irgendwie fällt mir das schwer zu glauben“, meinte die Frau. Ich seufze und ließ meine Flügel erscheinen. Mit großen Augen sah sie darauf. „Wow, unauffällig sind die nicht gerade“, meinte die Frau. „Ja stimmt. Bereust du deinen Verrat?“, fragte ich. Sie sah mich ernst an. „Ich bereue, meine Brüder und Schwestern verraten zu haben. Bitte schick mich zurück“, flehte sie. „Du hast zwei Kinder. Bist du dir sicher?“, fragte ich nach.
„Sie sind zwischen achtzehn und dreißig. Sie werden klarkommen“, meinte die Frau. „Dir sei vergeben“,
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Bildmaterialien: coverdesign-4you.com
Cover: coverdesign-4you.com
Tag der Veröffentlichung: 17.10.2020
ISBN: 978-3-7487-6133-4
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