Hallo, ich hatte also meine Menschen kennengelernt und war in meiner neuen Heimat eingeschlafen. Von meinem Tiervorgänger, einem Kater, hatte ich einen Korb geerbt und so war es ganz gemütlich. Als ich erwachte, merkte ich sofort, bevor ich die Augen geöffnet hatte, dass etwas anders war als sonst. Ich war allein und es roch anders. Ein wenig vertrauter Duft war noch da, aber wirklich nur ein wenig. Richtig, ich war ja gar nicht mehr bei meiner Hundemama. Was mochte mich erwarten, wenn ich die Augen öffnete. Nun ja, ändern konnte ich doch nichts mehr. Also: Augen auf!
Um eines meiner Hinterpfoten hatte sich der Lappen gewickelt, den mir meine vorigen Menschen mitgegeben hatten und der den vertrauten Geruch ausströmte. Das war aber auch alles, was ich von meiner alten Heimat hatte. Die kleine Frau, also meine neue Mama, beugte sich über mich und streichelte mich. Sofort wurde mir etwas wohler. Ich kletterte aus meinem Korb und tappte hinter ihr her. Der große Mann (mein neues Herrchen) lag noch in seiner Schlafkiste und die Frau kroch auch in eine solche. Und was wurde aus mir? Hilf Dir selbst! Ich gehörte ja schließlich zum Rudel. So spannte ich meine Hinterpfoten an, holte durch Auf- und Niederwippen Schwung und sprang mit einem Satz in die Rudelschlafkiste. Später bekam ich mit, dass die Menschen das Ding Bett nannten. Nun war das ganze Rudel beisammen, Warum nicht gleich so? Das war natürlich viel angenehmer als wie ein vom Rudel Verstoßener in einem Korb zu liegen. Ich kroch zu meiner neuen Mama unter die Bettdecke und kuschelte mich an sie. Dort war es schön warm und roch auch angenehm.
Doch die Ruhe währte nicht lange. Mein neues Herrchen, offensichtlich der Rudelführer, rappelte sich auf und meinte, dass er mit mir Gassi gehen müsste. Was war denn das nun wieder? Meine Mama entgegnete, dass in den Büchern stünde, dass ich vorsichtig an das Halsband gewöhnt werden müsse. Schon wieder etwas Neues! Mein Herrchen setzte mich auf die Erde und kam mit einem komischen Ding, dass er an meinem Hals festmachen wollte. Ewig fummelte er an mir herum. Ich versuchte stillzusitzen und den Rudelführer nicht zu verärgern, aber das Ganze war schon ziemlich lästig, wenn man auch nicht sagen konnte, es sei nicht auszuhalten. Endlich war alles fertig. Ich dachte schon, ich hab es geschafft und wollte davon springen, aber wieder war es nichts damit. An das Ding um meinen Hals, hakte er noch etwas anderes, dessen Ende er in der Hand hielt. Nun waren wir beide verbunden. Eigentlich nicht so schlecht, wie ich anfangs dachte. Ich gehörte offensichtlich als etwas Besonderes zum Rudelführer und fühlte mich gleich doppelt so stark, als ich in Wirklichkeit war.
Aber jetzt kam der Haken der ganzen Sache. Mein Herrchen sagte zu mir „Komm!“, zog an der Leine und mir blieb gar nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Nur kurz versuchte ich, mich steif zu machen, aber da schnitt sich das Halsband schmerzhaft ein. Wir kamen vor das Haus, das nun meine neue Heimat geworden war, aber der Empfang war gar nicht freundlich. Es war kalt und mit Schneeflocken vermischter Regen fiel vom Himmel. Nein, ich wollte nicht mehr. So fest ich konnte stemmte ich meine Pfoten gegen den Boden. Dazu sollte ich auch noch über ganz komischen Untergrund gehen; mit lauter Löchern. Später wusste ich, dass das eine Rampe mit Gitterrosten war, um wegen meinem empfindlichen Rücken das Treppensteigen zu vermeiden. Nebenbei konnten auch die Menschen ihre Kinderwagen oder Einkaufsroller hoch schieben. Doch zurück zu meinem ersten Ausgang. Schließlich trug mich mein Herrchen ein Stück und setzte mich dann ab. Ich merkte, dass er auch ganz aufgeregt war, mindestens ebenso wie ich. So hatten wir wenigstens eine verbindende Gemeinsamkeit. Ich klemmte meinen Schwanz zwischen die Hinterpfoten. Mein Herrchen hatte eine gekrümmte Haltung eingenommen und versuchte, beruhigend auf mich einzureden. Ich sei schließlich sein erster Hund ...
So kamen wir mühsam 50 Meter voran. Ich begriff nun, dass ich mich LÖSEN sollte, wie die Menschen das in ihrer umständlichen Art nannten und machte ein kleines Pfützchen. Endlich ging es wieder nach Hause. Dort erwartete mich schon meine Mama mit mehreren Tüchern unterschiedlicher Art, die sie nach einem nur ihr verständlichen System an meinem Körper zur Anwendung brachte. Das war mir äußerst lästig, aber ich hatte schon gelernt, dass man den Menschen im Allgemeinen ihren Willen lassen muss, um ein einigermaßen ruhiges Hundeleben zu führen. Dann bekam ich endlich etwas zu fressen. Nach den Aufregungen rollte ich mich erst einmal in meinem Korb zusammen und schlief ein wenig. Als ich aufwachte, ging das Ganze wieder von vorn los, nur dass mich jetzt mein Herrchen abtrocknete. Der nahm wenigstens nur ein beliebiges Tuch und wischte einmal flüchtig über Bauch und Pfoten. Bei solchen HUNDEwetter (Was haben wir eigentlich mit schlechtem Wetter zu tun?) schaufeln wir uns ja mit unseren kurzen Vorderpfoten den Dreck direkt an den Bauch. Zeit meines Lebens behielt ich durch diese ersten Tage in meinem neuen Zuhause mit matschigem Schneeregen, einen Widerwillen gegen schlechtes Wetter und das Ausführen überhaupt.
Einmal hatten meine Menschen auch zulange gewartet und ich hatte ein Pfützchen auf den Teppich gemacht. Zum Glück schimpfte Mama nicht mit mir, sondern mit meinem Herrchen, warum er das nicht vorausgeahnt hätte und früher mit mir hinausgegangen wäre. Ach, ist das Leben kompliziert! Aber ansonsten war mein Herrchen sehr streng mit mir. Ich hatte gleich erkannt, dass er der Rudelführer war. Da konnte ich eher einmal bei Mama mein Glück versuchen, mit meinem unschuldsvollen Dackelblick etwas durchzusetzen. So ging mit Fressen, Schlafen und Ausführen der erste Tag in meinem neuen Zuhause herum. Als das Rudel schlafen ging, nahm ich gleich meinen eroberten Platz in der großen Schlafkiste ein. Noch nass, vom letzten Ausführen wärmte ich mich erst einmal beim Herrchen auf und wechselte dann im Laufe der Nacht zu Mama unter die Decke. So hatte jeder etwas von mir.
© by Eberhard Kamprad, Leipzig, 2001, überarb. Okt. 2008
Tag der Veröffentlichung: 14.12.2008
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