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... denn die Hoffnung stirbt zuletzt

Ich hatte mich verliebt. Eigentlich war mir das in meinem Leben schon oft passiert, aber diesmal war es anders. Es fühlte sich einfach anders an, als die vorhergehenden Male.

Aber vielleicht sollte ich mich erst mal vorstellen. Mein Name tut hier nichts zu Sache, aber ich kann mich ja mal beschreiben. Männlich, ca. 1.75 groß, ich hatte mal schwarze Haare, inzwischen sind sie aber grau geworden. Man wird ja nicht jünger! Die Frauen, die ich kannte, sagten, ich wäre attraktiv und hätte Charisma. Das schmeichelt mir natürlich, obwohl ich es nicht so ganz sehen kann. Aber ich denke, es ist so. Also sagen wir mal, ich bin ein Typ, auf den die Frauen fliegen. Ich muss zugeben, dass ich eitel bin. Es gefällt mir, wenn mir die Frauen auf der Straße Blicke zuwerfen. Ich kleide mich lässig, leger. Ich finde, das passt zu mir. Ich war ein paar Mal verheiratet, aber es hat nie so richtig geklappt, obwohl die Ehen immer relativ lange gehalten haben. Ich versuchte immer die Beziehungen so lange wie möglich am Leben zu erhalten. Aber irgendwann, wenn es dann anfing zu kriseln, war es schwierig, zurück zueinander zu finden. Eine verließ mich wegen eines anderen Mannes, aber es wäre auch so über kurz oder lang auseinander gegangen. Und eine andere war mir zu rechthaberisch, was ich am Anfang der Beziehung nicht gesehen hatte. Außerdem klappte es da mit dem Sex nicht mehr so richtig. Aber dazu muss ich sagen, ich liebe Sex, obwohl ich nicht mit jeder ins Bett gehen würde. Ich suche mir die Frauen aus. Ja, ich liebe die Frauen. Aber, dass man mich nicht missversteht. Ich liebe das Weibliche als solches. Der Körper der Frau ist für mich die Vollendung der Schöpfung. Allerdings muss ich sagen, dass ich die Frauen nicht durchschaue. Ich verstehe sie nicht. Die Reaktionen der Frauen in manchen Situationen waren und sind für mich oft unbegreiflich. Aber das muss ich wohl so akzeptieren.

Aber jetzt will ich berichten, wie es dazu kam, dass ich mich so unsterblich verliebt habe. Ich war wieder mal Single, das heißt, nicht ganz. Ich hatte vor kurzem eine alte Liebe wiedergetroffen, mit der ich vor vielen Jahren kurz zusammen gewesen war. Die Umstände damals, vor vielen Jahren, waren aber so gewesen, dass wir nicht zusammen bleiben konnten. Wir hatten uns getrennt, aber in meinem Kopf war sie immer wieder herumgeschwirrt. Endlich hatte ich mich dazu entschlossen, wieder Kontakt mit ihr aufzunehmen. Das war also gerade in der Schwebe und hätte sich zu einer intensiveren Beziehung entwickeln können.
Aber dann traf ich sie, die Frau meiner Träume. Ich hatte einen Tanzkurs belegt, um wieder Mal eine Frau in den Armen zu halten, wenn auch nur beim Tanzen, und gleich beim ersten Mal fiel sie mir auf. Kastanienbraune Haare, ins rötliche gehend, große, fragende Augen, schöne, volle Lippen, die zu küssen sicher himmlisch wäre, und eine vielversprechende Figur mit schönen Rundungen, da, wo sie hingehören. Sie war einen halben Kopf kleiner als ich, was mir auch gefiel, denn da konnte ich beim Tanzen den Duft ihrer Haare einsaugen. Und dieser Duft und ihre sinnliche Ausstrahlung nahmen mir fast den Atem.
Sie hieß Eva. Eva, der Inbegriff alles Weiblichen! Ich weiß nicht, ob ich mich gleich beim ersten Anblick in sie verliebt habe, aber auf jeden Fall bemerkte ich sofort, dass sie etwas Besonderes war. Und wie das so ist bei einem Tanzkurs, im Laufe der Abende kamen wir in den Pausen ins Gespräch. Sie war verheiratet! So ein Pech! Aber bei den weiteren Gesprächen wurde mir deutlich, dass sie sich wohl aus ihrer Ehe lösen wollte. Und da konnte ich ihr ja vielleicht behilflich sein. Später überlegte ich mir, ob ich mir das mit dem „sich aus der Ehe lösen wollen“ nur eingebildet hatte, weil sich da schon bei mir die ersten Gefühle geregt hatten. Jedenfalls tanzte sie wie eine Göttin, sie lag in meinen Armen und ich stellte mir vor, wie sie wohl im Bett in meinen Armen liegen würde.
Bald verabredeten wir uns in der Stadt auf einen Kaffee. Ganz unverfänglich! Wir hatten viel zu reden und mir wurde immer klarer, dass das vielleicht die Frau war, auf die ich mein ganzes Leben lang gewartet hatte. Immer wieder hatte ich in meinen Frauen dieses Idealbild gesehen und immer wieder hatte es sich zerstört. Aber diesmal schien es Wirklichkeit zu werden. Wir gingen am Flussufer entlang, die Sonne war gerade am Untergehen und ein rötliches Licht verbreitete sich am Himmel. Es war romantisch! Ich bin eigentlich ein ganz romantischer Typ. Ich liebe Kerzenschein und sanfte Musik, vor allem, wenn ich mit einer Frau zusammen bin. Und dann kam es, wie es kommen musste, ich musste sie einfach küssen. Dieser Kuss raubte mir fast die Besinnung. Sie küsste so, wie sie tanzte, einfach überirdisch. Ja, ich nannte sie meine Überirdische.
Aber noch schreckte mich der Gedanke ab, dass sie verheiratet war. Ich hatte ja in meinem Leben einiges getan, was moralisch nicht in Ordnung war, aber das war damals gewesen, als ich noch jung und ungestüm war. Jetzt war ich älter und reifer geworden und wollte mich eigentlich auf eine Beziehung mit einer verheirateten Frau nicht einlassen. Der Tanzkurs ging zu Ende und ich wollte es dem Schicksal überlassen, wie es mit uns weitergehen sollte.

Ich hatte mich ja auch inzwischen mit meiner „alten Liebe“ wiedergetroffen, und wir hatten auch eine schöne Zeit verlebt, aber es war nicht so, wie ich es mir erhofft hatte nach so vielen Jahren. Eva schwirrte mir ständig durch den Kopf. Ich beendete die Beziehung zu meiner „alten Liebe“, denn mit Eva konnte sie nicht konkurrieren.

Der Tanzkurs war inzwischen zu Ende gegangen, und Eva ging mir nicht aus dem Sinn. Sollte ich ihr schreiben? Sollte ich versuchen, sie wiederzusehen? Sie nahm mir die Entscheidung ab. Sie schrieb mir eine SMS, dass sie mich auf der Straße gesehen hätte, sie würde mich vermissen und ob wir uns nicht wiedersehen könnten. Wir wählten ein kleines Café in einem Vorort, denn sie wollte nicht, dass man uns zusammen sah. Ja, und hier passierte es dann. Mir wurde klar, dass ich mich unsterblich in sie verliebt hatte. Sie war die Frau meines Lebens, sie war so, wie ich mir immer eine Frau vorgestellt hatte, sie war mein Ideal. Dass sie sehr viel jünger war als ich und verheiratet, konnte mich jetzt nicht mehr stören. Wir beschlossen, nochmal einen Tanzkurs zusammen zu besuchen, denn anders konnte sie unseren Kontakt nicht vor ihrem Mann rechtfertigen. Unser Kontakt bestand damals vor allem aus Emails und Briefen, aber dann sagte sie mir, dass das zu gefährlich sei, denn sie wusste nicht, ob ihr Mann nicht ihren Computer kontrollierte. Also gingen wir dazu über, uns jeden Tag SMS zu schicken.

Und ab dem Tag in dem kleinen Vorstadtcafé war Eva ständig in meinem Leben. Alles hatte sich verändert. Alle meine Gedanken drehten sich um sie. Ich war so glücklich wie nie zuvor. Ich ging zur Arbeit und es machte mir nichts mehr aus, auch Überstunden zu machen, denn ich wusste, zweimal in der Woche würde ich sie sehen, mit ihr tanzen, mit ihr reden und sie fühlen. Nach diesen Tanzabenden saßen wir jedes Mal noch bei ihr im Auto und küssten und liebkosten uns.
Und eines Tages war es soweit. Wir hatten uns am Nachmittag bei mir zu Hause verabredet. Wir konnten uns nur nachmittags treffen und auch nirgendwo anders, da sie immer Angst hatte, ihr Mann oder jemand, den sie kannte, könnte sie mit mir sehen. Ja, und nun war sie bei mir. Ich will nichts weiter dazu sagen, als dass es der Himmel auf Erden war. Sie war zärtlich und heiß und leidenschaftlich zugleich und ich wusste, ich hatte mich verloren. Ich konnte nicht mehr klar denken. Alles in meinem Leben drehte sich nur noch um sie.
Ich richtete mein ganzes Leben nach ihr aus. Allen meinen Accounts auf dem Computer gab ich ihren Namen als Passwort, so dass ich jedes Mal, wenn ich einen Account öffnete, ihren Namen schreiben konnte. Es war herrlich! Ich liebte sie und ich wusste, dass diese Liebe niemals enden würde. Ich fühlte, dass ich endlich meine Dualseele gefunden hatte, nach der ich mich mein ganzes Leben lang gesehnt hatte.

In den kommenden Wochen machten wir auch Pläne für die Zukunft, ich würde mir eine größere Wohnung mieten und sie könnte bei mir einziehen. Vielleicht würden wir auch noch ein Kind zusammen haben. Ich war zwar schon aus dem Alter heraus, in dem man nochmal Vater werden will, aber mit ihr zusammen wäre das die Erfüllung aller Träume. Sie war allerdings von der Idee, nochmal ein Kind zu bekommen, nicht sonderlich begeistert. Sie hatte ja schon eine Tochter. Aber ihre Bedenken würden sich vielleicht mit der Zeit geben.
Sie schickte mir ein Foto von sich auf mein Handy, so dass ich sie Tag und Nacht ansehen konnte, wann immer ich das wollte. Ich legte ihr Foto manchmal nachts neben mich auf das Kopfkissen und hatte den Eindruck, sie schläft neben mir. Ich wollte sie für immer in den Armen halten und neben mir haben. Ich schrieb ihr Gedichte und Lieder. Sie inspirierte mich, sie war meine Muse.
Manchmal, wenn sie irgendwo in der Stadt war, schickte sie mir eine SMS, in der sie mir mitteilte, wo sie gerade war, und ich beeilte mich dann, dorthin zu kommen, auch auf die Gefahr hin, dass uns jemand sehen könnte. Aber was ist das Leben ohne diese Spannung! Wir saßen dann irgendwo im Café, und unter dem Tisch liebkosten wir uns, während wir uns unterhielten und so taten, als ob wir nur zufällig zusammen am Tisch saßen.
Sehr erregend waren auch die SMS, die wir uns ab und zu schickten, und die Telefongespräche, die wir manchmal führten. Da beschrieben wir nämlich, was wir miteinander machen würden, wenn wir jetzt zusammen wären. Sie hatte die gleichen sexuellen Bedürfnisse wie ich, und ich kann nur sagen, dass es da in diesen SMS und Telefongesprächen heiß herging, denn da konnten wir unsere sexuellen Phantasien voll ausleben.
Wenn sie am Nachmittag zu mir kam, hatten wir meist nicht viel Zeit füreinander. Sie konnte sich immer nur zwei Stunden von ihrem Mann, mit dem sie zusammen arbeitete, freimachen, selten auch mal vier Stunden. Wir wollten ja nicht nur Sex haben, sondern uns auch geistig austauschen. So ein Nachmittag sah also so aus, dass wir erst einmal Kaffee tranken und Kuchen aßen. Sie liebte Sahnekuchen, also kaufte ich ihr Sahnekuchen. Dann gingen unsere Gespräche langsam in Zärtlichkeiten über. Ich war nie ein Mann, der nur einfach so, hopp, mit einer Frau ins Bett hüpfen wollte. Ich wollte sie streicheln, fühlen, langsam erregen, bevor es dann zum Sex kam. Aber zwei Stunden sind nicht viel, wenn man sich für so etwas Zeit lassen will. Aber sie war offen und hingebungsvoll, so wie ich es nie vorher erlebt hatte, und immer bereit für alle möglichen sexuellen Experimente, die ich ja so sehr liebte. Manchmal hatte sie auch recht aggressive Sexgedanken. Sie meinte, sie könne es sich vorstellen, dass ich ihr die Kleider vom Leibe reiße, wenn sie zur Tür hereinkommt, und ich hatte mir vorgenommen, das mal zu machen. Aber so weit ist es nie gekommen.
Was mich an der ganzen Beziehung doch störte, waren die Lügen, die sie ihrem Mann gegenüber gebrauchen musste. Einmal rief er sie an, gerade, als wir mit unserem Liebesspiel anfingen. Sie war ganz cool ihm gegenüber und sagte, sie sei bei einer Freundin und würde bald nach Hause kommen. Ich bin eigentlich ein ehrlicher Mensch und mir liegt viel daran, der Wahrheit Raum zu geben. Dieses Katz- und Mausspiel mit ihrem Mann gefiel mir nicht, aber ich konnte nicht mehr klar denken. In meinen Gedanken gab es nur noch Eva und ich dachte mir, so eine Frau kann ein Mann nicht alleine besitzen. Er muss sie einfach mit mir teilen.
Natürlich hoffte ich, dass sie bald den Entschluss fassen würde, ihren Mann zu verlassen. Aber in den Gesprächen, die wir führten, wurde mir klar, dass sie ihren Mann eigentlich liebte und gar nicht daran dachte, ihn zu verlassen. Er bot ihr Sicherheit, ein schönes Leben, materiell hatte sie bei ihm alles, was sie sich wünschte. Ihre sexuellen Bedürfnisse konnte er auch weitgehend zufriedenstellen. Was war ich also in ihrem Leben? Nur ein Zeitvertreib? Aber sie beteuerte mir, dass sie mich liebte und dass ich die Liebeserfüllung ihres Lebens war. Ich glaubte es ihr, so wie ich ihr alles glaubte, was sie mir sagte.
Neue Hoffnung keimte in mir auf, als sie mir mitteilte, sie wollte mich ihrer Mutter vorstellen. Das macht man doch nur, wenn man eine ernsthaftere Beziehung in Aussicht hat, oder? Aber irgendwie kam nie die Gelegenheit, und dann hatte sie es wohl im Laufe der Zeit vergessen.
Ich öffnete mich und gab mich ihr hin, ohne etwas zurückzuhalten, ohne Vorbehalte. Sie war mein Leben geworden. Natürlich kam der Altersunterschied, der ja, wie ich schon gesagt hatte, beträchtlich war, immer wieder ins Gespräch. Aber da meinte sie nur, ich müsste mich halt fit halten. Und so schwanden auch meine Bedenken, denn wir hatten es ja so gut miteinander.
Unstimmigkeiten tauchten immer wieder auf, wenn ich zum Beispiel sagte, dass ich ihrem Mann die Wahrheit über sie und mich sagen würde, wenn ich ihn mal treffen sollte. Sie war entsetzt und meinte, ich solle ihr Leben nicht zerstören. Aber ich wollte sie nicht nur zwei Mal die Woche beim Tanzen sehen und ab und zu bei mir im Bett haben, wenn ihr Mann nicht da war, sondern ich wollte sie ganz bei mir haben.
Ich bin eigentlich kein eifersüchtiger Mensch, aber als sie mir, nachdem wir wieder einmal den wildesten Sex gehabt hatten, erzählte, dass sie nach Hause gefahren war und mit ihrem Mann auch tollen Sex gehabt hatte, war das zu viel für mich. Ich rang ihr das Versprechen ab, dass sie zukünftig 3 Tage warten würde, bevor sie wieder Sex mit ihrem Mann haben würde, wenn sie von mir kam.
Diese Stunden, die wir immer zusammen hatten, waren mir zu wenig. Ich wollte einmal eine ganze Nacht mit ihr zusammen sein, wollte sie die ganze Nacht lieben, um sie dann am Morgen mit meinen Küssen zu wecken, um sie wieder lieben zu können. Sie erzählte mir, dass ihr Mann bald eine Geschäftsreise machen würde und dass sie dann wohl ein Wochenende mit mir verbringen könnte. Wunderbar! Wir beschlossen, an diesem Wochenende zusammen nach Italien zu fliegen und dort in einem Hotel zu übernachten. Vielleicht konnte ich sie ja dort dazu überreden, ihren Mann zu verlassen. Ich begann also meine Italienischkenntnisse wieder aufzufrischen.
Ich bin ein philosophisch orientierter Mensch und ich sah, dass sie Fragen hatte, Fragen an das Leben und an sich selbst. Sie suchte nach Antworten auf die grundlegenden Fragen des menschlichen Daseins, und wir hatten viele tiefschürfende Unterhaltungen, in denen ich ihr auch meine Weltanschauung erklärte.
Es hatte vor mir schon andere Liebhaber gegeben. Ja, sie war eine Suchende, sie wollte alles erfahren, auch auf diesem Gebiet. Aber ich war mir sicher, dass ich der Letzte sein würde. Sie sagte mir auch, dass sie Männern gegenüber nie so offen hatte sein können, wie bei mir, und dass ich in ihrem Leben für immer einen ganz besonderen Platz einnehmen würde.
Einmal nahm sie mich zu sich mit nach Hause. Ihr Mann war den Tag über nicht da, und ich wollte sehen, wie sie wohnte, wollte sehen, wo sie sich jeden Tag aufhielt, damit ich dann zu Hause davon träumen konnte. Ich konnte mir dann vorstellen, wie sie durch die Wohnung ging, ihren Hund streichelte und sich in den Sessel am Kamin setzte. Sie zeigte mir einige der Bilder, die sie gemalt hatte. Sie war also auch künstlerisch interessiert. Ich malte ja auch, und das war wieder ein Punkt, in dem wir gut zusammenpassten.
Ich war verrückt nach ihr, aber ich wusste nicht, wie ich sie für mich gewinnen konnte. Wir liebten uns jetzt ohne Kondome. Erstens, weil ich Kondome hasse und zweitens weil dann immer die Möglichkeit bestand, dass sie schwanger würde. Dann konnte ich zu ihrem Mann gehen und ihn bitten, sie frei zu geben.
Sie überhäufte mich mit Geschenken, und auch ich scheute keine Kosten für sie. So schenkte ich ihr zu Weihnachten eine Perlenkette, und ich weiß bis heute nicht, wie sie das zu Hause vor ihrem Mann rechtfertigte.

Und dann passierte die Geschichte mit den Schuhen. Wir hatten uns nach dem Tanzen wieder in ihr Auto gesetzt, und ich hatte meine Tanzschuhe unter den Sitz geschoben, damit sie uns nicht behinderten. Ja, und da hatte ich sie dann vergessen. Danach hatten wir uns einige Zeit nicht gesehen, weil Feiertage dazwischen lagen. Und dann kam dieser unglückliche Tag, einige Tage nachdem wir einen wunderbaren Nachmittag voller Liebe miteinander verbracht hatten. Eva wollte mit mir sprechen und wir trafen uns. Sie erzählte mir, dass ihr Mann meine Tanzschuhe in ihrem Auto gefunden und Verdacht geschöpft hatte. Er hatte ihr verboten, mich noch einmal zu treffen. Ja, und dann machte sie mir klar, dass sie die Beziehung zu mir beenden würde. Sie sagte, sie könne es mit ihrem Gewissen nicht mehr vereinbaren, ihren Mann zu betrügen, und ihrer Tochter wollte sie endlich ehrlich gegenübertreten. Es war zu Ende. Eine Welt brach für mich zusammen. Das durfte nicht wahr sein. Ich war mir sicher, dass sie vom Schicksal her eigentlich für mich bestimmt war. Ich fühlte das. Und jetzt so was! Nein, nein, nein, ich wollte das nicht glauben.
Ich bat sie, doch wenigstens den Tanzkurs mit mir zu Ende zu führen, und hoffte, dass ich sie von ihrer Entscheidung abbringen könnte. Sie war einverstanden, und während des Tanzkurses sagte ich ihr immer wieder, wie sehr ich sie liebte, aber wenn ich sie fragte, ob sie mich liebte, wich sie aus. Sie kam auch immer ganz knapp vor den Stunden und lief danach sofort wieder weg, sodass wir auch gar nicht mehr richtig miteinander reden konnten. Aber auch wenn wir uns, abgesehen vom Tanzkurs, nicht mehr trafen, liebte ich sie noch. Wie sollte das nur weitergehen?
Der Tanzkurs war zu Ende, sie war die letzten Male gar nicht mehr gekommen, sondern hatte sich immer wieder herausgeredet mit irgendwelchen Entschuldigungen, Kopfschmerzen und so. Jetzt kam das Wochenende, das wir eigentlich zusammen verbringen wollten, weil ihr Mann auf Geschäftsreise war. Und dieses Wochenende war für mich die Hölle. Ich wusste nicht, was mit mir geschah. Ich hatte Weinkrämpfe und wand mich vor Schmerzen auf dem Boden. Ich hatte nie gedacht, dass man aus Liebe so leiden kann.
Aber ich hatte mich entschlossen, ihr Zeit zu lassen. Ich wollte ihr ein Jahr Zeit geben, zu mir zurückzukommen. Ich hatte Eva alles gegeben, was ich zu geben hatte, und hatte meiner Liebe und Leidenschaft keine Grenzen gesetzt und jetzt sollte das alles vorbei sein? Nein, das konnte nicht sein.
Oft saß ich jetzt zu Hause und überlegte mir, wo sie wohl gerade war und was sie machte. Ich wusste, dass wir eine Art telepathische Verbindung hatten. Früher hatte sich das so gezeigt, dass wir, unabhängig voneinander, oft die gleichen Gedanken hatten. Das hatte sie immer überrascht. Jetzt aber lebte ich davon. Ich fuhr oft in die Stadt mit dem Gedanken, dass ich sie treffen würde und manchmal war das auch der Fall. Wenn man sich liebt und so eine tiefe Beziehung hat, wie wir sie hatten, dann sind solche Erscheinungen durchaus möglich. Aber bis auf ein paar kurze Sätze, wenn wir uns sahen und einigen gelegentlichen SMS gab es keinen Kontakt mehr zwischen uns. Ich wusste, ich sollte mich von ihr lösen. Aber wie? Ich schaffte es einfach nicht. Sie war und blieb mein ein und alles.
In dieser Zeit hatte ich ein paar unbedeutende Affären mit anderen Frauen. Aber nichts, was meine Liebe zu Eva hätte gefährden können. Auch das Café, in dem ich mich in sie verliebt hatte, suchte ich immer wieder auf, in der Hoffnung sie dort zu treffen. Und als ich sie dort wirklich einmal traf, wackelten mir die Knie, so aufgeregt war ich. Aber auch diese Begegnung endete mit ein paar unbedeutenden Worten. Wo war ihre Liebe geblieben, die sie mir beteuert hatte?
Die Zeit verging. Ich wusste, dass ich Eva immer noch liebte, so sehr ich mich auch bemüht hatte, sie zu vergessen. Ich kam einfach nicht los von ihr. Wie sollte ich je darüber hinwegkommen, wenn ich sie nach einem Jahr Trennung so liebte wie am ersten Tag.

Und dann bekam ich wieder öfters SMS von ihr. Was war geschehen? Hatte sie es sich wirklich anders überlegt? Und eines Tages schrieb sie mir, dass sie mich gerne wieder sehen würde. Wir mussten uns wieder bei mir treffen, damit ihr Mann nichts merkte. Ich war so aufgeregt, wie nie zuvor in meinem Leben, als sie wieder zur Tür hereinkam. Sollte das Märchen wirklich wahr werden? Ich hatte Recht gehabt, ihr Mann hatte kein Recht darauf, so eine Frau für sich alleine zu haben. Meine Gefühle, die ja nie ganz verschwunden waren, flammten in voller Stärke wieder auf. Sie war wieder bei mir. Der Nachmittag, den wir da erlebten, hat sich in mein Gedächtnis gegraben, und ich werde ihn nie wieder vergessen. Wir liebten uns, wie wir uns nie zuvor geliebt hatten. Ich hatte sie wieder. Ich war wieder heiß entbrannt vor Liebe. Aber Eva hatte mir etwas zu sagen. Wir verabredeten uns einige Zeit später wieder, aber diesmal wollte sie mich in einem Restaurant treffen.

Und da erzählte sie es mir. An dem Wochenende, das wir eigentlich zusammen verbringen wollten, als ihr Mann auf Geschäftsreise war, hatte sie mit einem anderen Mann geschlafen und nicht nur an dem Wochenende, sondern noch ein paar Mal. Das war das Wochenende gewesen, als ich vor Schmerzen fast vergangen war. Ich hatte gespürt, dass sich da etwas ereignete, hatte es aber nicht zu deuten gewusst. Ich war wie in Trance. Ich war froh, dass sie mir jetzt die Wahrheit gesagt hatte, und erzählte ihr von meinen unbedeutenden Affären, die ich in der Zwischenzeit gehabt hatte. Während ich nach Hause fuhr, hatte ich das Gefühl, dass wir uns wirklich ausgesprochen hatten. Es fühlt sich an wie ein Neubeginn.
Aber als ich dann zu Hause war, überfielen mich die Gedanken. Sie hatte sich also, während wir noch miteinander tanzten und ich ihr meine Liebe immer wieder beteuerte, schon mit einem anderen Mann getroffen, mit dem sie dann auch noch ins Bett gegangen war, womöglich nachdem sie vorher mit mir tanzen gewesen war. Mit Hilfe von SMS versuchte ich noch Einzelheiten herauszufinden, aber sie wollte nichts mehr dazu sagen. Sie meinte, lass uns doch Freunde bleiben. Aber das konnte ich nicht. Das wäre zu viel verlangt gewesen. Ich war zwar damals nicht mehr mit ihr zusammen gewesen, aber ich fühlte mich betrogen. Wie konnte sie so etwas tun, wo ich sie doch so liebte! Mit ihrem Mann konnte ich sie teilen, denn er war ja ein fester Faktor in ihrem Leben. Aber sie mit noch jemandem zu teilen – nein, das war unmöglich. Das würde ja bedeuten, dass ich austauschbar war, genauso wie dieser andere Liebhaber. Jetzt hatte sie mich endgültig zerstört. Jetzt war alles aus für mich. Ich wusste, ich musste sie vergessen, denn das konnte ich ihr nicht verzeihen.
Ich wusste selbst nicht so genau, ob ich Eva noch liebte. Sie hatte mich so verletzt und meine Liebe verraten, aber irgendwo waren doch noch Gefühle da, von denen ich mich befreien musste. Ich musste das Ganze verarbeiten. Wie hatte ich ihr vertrauen können? Ich sah ihr Foto an, das ich noch auf meinem Handy hatte, und versuchte, in ihrem Gesicht und in ihren Augen nach Spuren zu suchen, die mich darauf hätten hinweisen können, dass sie mich eines Tages so hintergehen würde, aber ich konnte nichts entdecken.
Das Einzige, was mir jetzt noch von ihr blieb, waren ihre Briefe und dieses Foto. Die Briefe verbrannte ich eines Abends im Wald. Einzeln warf ich sie ins Feuer und sah zu, wie sie sich in Asche auflösten. Das Foto behielt ich erst mal. In mir waren noch so viele widerstreitende Gefühle. Einesteils fühlte ich mich von ihr verraten, aber andererseits war sie doch die große Liebe meines Lebens gewesen. War sie es gewesen oder war sie es immer noch? Nein, ich wäre nicht zufrieden gewesen, einer unter vielen zu sein. Ich wollte der Einzige für sie sein, und wenn sie mir das mit dem anderen Mann nicht erzählt hätte, hätte ich jetzt, nach dem erneuten Wiedersehen, erst einmal abgewartet, wie sich die Beziehung weiter entwickeln würde.
Dann hatte ich die Idee, an meinen Roman weiterzuschreiben und das, was ich früher über Eva geschrieben hatte, darin einzubauen. In meinem Roman würde sie ihren Mann verlassen und zu mir zurückkommen. Wir würden zusammen weggehen und uns immer lieben. Das stellte ich mir ganz intensiv vor und immer noch funktionierte unsere telepathische Verbindung, obwohl wir ja jetzt wirklich getrennt waren und keinen Kontakt mehr miteinander hatten. Denn die Folge dieser intensiven geistigen Beschäftigung mit ihr war, dass ich sie dann kurz vor Weihnachten in einem Einkaufszentrum sah. Ich wusste, dass, solange wir solch eine Verbindung zueinander hatten, ich sie immer wieder treffen würde. Diesmal, im Einkaufszentrum, war sie zusammen mit ihrem Mann, also konnte ich sie nicht direkt ansprechen. Aber ich wollte, dass sie mich bemerkte. Ich bin einfach unverbesserlich, ich weiß. Vielleicht würde sich ja wieder etwas ergeben zwischen uns. Ich ging hin und her, aber sie sah mich nicht. Ich war enttäuscht und verletzt. Meine Gefühle für sie waren wieder erwacht, aber sie hatte mich nicht beachtet. Sie war mit ihrem Mann in ein Gespräch vertieft. Ich habe versucht, mit ihr Blickkontakt aufzunehmen. Ich bin den beiden nachgegangen, aber sie hat mich nicht bemerkt. Wenn sie mich bemerkt hätte, dann hätte sie vielleicht gesehen, dass ich immer noch interessiert an ihr war, trotz allem, was passiert war und was sie getan hatte.

Liebe ist nicht einfach etwas, was man abstellen kann, wie einen Wecker, der einen in der Früh aus den Träumen holt. Ihr Geständnis hatte mich aus den Träumen geholt. Ich war in der Wirklichkeit angekommen und die sah nicht so rosig aus, wie ich es mir gewünscht und vorgestellt hatte. Aber dennoch liebte ich sie immer noch. Aber jetzt mischten sich in diese Liebe auch noch andere Gefühle: Verletzt sein, das Gefühl, abgeschoben worden zu sein, und auch das Gefühl, betrogen worden zu sein.

In dieser Beziehung habe ich nicht an die Konsequenzen gedacht. Ich hatte jegliche Vernunft ausgeschaltet. Nur so hatte es soweit kommen können. Das war nur durch eins zu entschuldigen. Ich hatte mich verliebt! Nein, nicht nur verliebt, ich hatte geliebt und an die gegenseitige Liebe geglaubt. Ich hatte Eva geliebt mit dieser romantischen Art von Liebe, mit dieser alles aufgebenden, alle Opfer darbringenden, blind vertrauenden, naiven Liebe. Aber hatte sie mich wirklich je geliebt?

Ich wusste, ich würde andere Frauen kennenlernen, weitere Erfahrungen sammeln, aber ich wusste auch, dass keine jemals an Eva heranreichen würde. Ich werde nie wieder eine Frau so lieben wie Eva. Sie war das Feuer in meinem Leben. Alle, die nach ihr kommen, werden nur noch die Glut sein. Aber vielleicht werde ich sie ja doch irgendwann mal wiedersehen und es gibt einen Neubeginn. Man soll nie aufgeben zu hoffen, denn die Hoffnung stirbt zuletzt.

Impressum

Texte: Vera K.
Bildmaterialien: Wikimedia Commons
Tag der Veröffentlichung: 15.11.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Allen, die so etwas in irgendeiner Form schon einmal erlebt haben.

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