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Meine erste Fahrstunde hatte ich mit fast siebzehn Jahren.
Mein Vater hatte es sich in den Kopf gesetzt, dass ich, wenn ich den Führerschein machen kann, nämlich mit Achtzehn, bereits fahren kann.
Und so fuhr ich dann auch schon mal des Öfteren von unser beider Arbeitsstelle die in Basel war, mit unserem Auto nach Hause.
Ich gab mir redlich Mühe, und mein Vater war überzeugt, sobald ich Achtzehn Jahre alt bin mache ich die Prüfung, dann muss er nicht immer alleine den Weg fahren, dann könnten wir uns abwechseln.
Doch es kommt meistens anders, als man denkt, in diesem Falle, wie mein Vater dachte.
Ich lernte nämlich mit Knapp siebzehn, meinen heutigen Mann kennen. Da hatte ich anderes im Sinn als Fahrstunden, frisch verliebt wie ich war.
Mit Neunzehn Jahren, es war 1960 gaben wir uns das ewige Versprechen; „Bis das der Tod uns scheidet.“
Natürlich dachte ich ab und zu ich könnte den Führerschein machen, aber leider fehlte das Geld. Doch mein Mann ließ mich trotzdem oft fahren. Und ich fuhr wirklich gut.
Und dann passierte es, wir waren zwei Jahre verheiratet, da hatte wir einen sehr schweren Auto Unfall. Unzählige Schutzengel mussten auf uns aufgepasst haben, denn es war ein Wunder, dass wir überlebt haben, so hatte uns der Polizeibeamte, der uns in der Klinik nach dem Unfall Hergang befragte, erklärt.
Ich war so geschockt, dass ich mir geschworen hatte, *niemals werde ich selbst noch einmal Auto fahren.* Bekam ich doch jedes Mal, wenn mein Mann auf der Autobahn über hundert fuhr, Zittern, und Schweißausbrüche.
So vergingen etliche Jahre. Wir wohnten nun in Stuttgart. Unsere Tochter ging in die erste Klasse der Grundschule, und unsere zwei Söhne besuchten den Kindergarten. Wir wohnten an einer sehr belebten Straße, und so brachte ich meine Buben morgens hin zum Kindergarten holte sie um elf vormittags ab, und brachte sie gegen zwei wieder hin, um sie nach vier wieder zu holen. Es war für mich Stress pur, denn hinzu kam Haushalt einkaufen und Kochen, und was sonst so anfiel. Bei uns wurde pünktlich um 12:00 gegessen. Oft meinte mein Mann, „mach doch endlich den Führerschein, dann haste nicht mehr diesen Stress.“ Doch ich lehnte dankend ab. Nie, aber wirklich niemals mache ich den Lappen. Ein Gutes hatte die Sache, mit der Rennerei, der Speck von meinen drei Schwangerschaften verschwand wie von selbst.
So verging Jahr um Jahr, die Kinder waren nun dreizehn, zwölf und elf. Ich musste sie nirgends mehr hin bringen oder holen.
Eines Abends kam mein Mann vom Geschäft heim mit einer Nachricht, die mich umhaute.
„Christel, ich habe dich in der Fahrschule angemeldet, du sollst bei der Fahrschule König vorbeikommen. Die erste Stunde habe ich auch schon bezahlt“.
Ich erklärte ihm dass ich niemals Auto fahren werde. Er jedoch behauptet, dass er das Geld für die erste Stunde nicht zurück bekommt, wenn ich den Fahrunterricht nicht mache.
Nun kam mein Mann auf die Idee wir könnten ja gemeinsam üben.
Es war Sonntag‘ s, wir fuhren zu einem Verkehrs Übungsplatz.
Nachdem mein Mann den Obolus an der Pforte bezahlt hatte, hielt er auch bald an, und wir wechselten die Plätze.
Unseren drei Babys hinten jubelten, “endlich macht unsere Mami den Führerschein,“ dabei redeten sie durcheinander wen die Mama als ersten zur Schule fährt.
Mein Männe erklärte mir, wie ich den Gang einlegen muss, und dass ich die Kupplung langsam kommen lassen soll beim Anfahren.
Also gut, Gang ist raus, Zündschlüssel drehen Motor läuft, Kupplung treten, Gang einlegen, Kupplung langsam kommen lassen, „Laaaaangsam,“ brüllte mein Mann. Während unser Auto ruckelte und ich den Motor abgewürgt hatte. Das selbe noch mal. Und nochmal, uuuund nochmal.
Mein Mann bekam Zustände. Dann erklärte ich ihm; „ wenn du mich noch einmal anschreist, mache ich nie den Führerschein. Langsam fuhr ich an, er war ganz ruhig, hinter uns drückten die lieben Kleinen Däumchen für mich, und siehe da es klappte.
Nachdem ich mehrere Runden auf dem Platz gedreht hatte, sollte ich nun eine Bergauf Fahrt machen.
Gesagt, getan. Ich fuhr im kleinen Gang an, „schalten!“ kam der Befehl. Und es ging, bis vor mir am Hang ein Auto stand. Die Dame vor mir hatte den Motor abgewürgt. Sie stand vor dem Auto, Ihr Partner redete auf sie ein, während sie Rotz und Wasser heulte.
Nach einer gefühlten Ewigkeit stieg sie wieder ins Auto, und natürlich klappte es auch erst beim dritten mal, bis sie endlich anfuhr.
Und nun war der Weg frei. Ich startete den Motor, und rums, abgewürgt. Außerdem rollte ich auch noch zurück, so dass mein Mann die Handbremse zog.
„Na kann ja mal vorkommen, aber warum lässt du auch die Kupplung so schnell kommen?“
„Hab ich doch gar nicht,“ ich darauf. Also Kupplung treten Gang einlegen, Kupplung langsam kommen lassen, und Oooops, der Wagen hoppelte und der Motor war wieder aus.
„Stell dich doch nicht so blöd an,“ Naja, ich hatte halt den verkehrten Gang eingelegt.
Nach mehrmaligen zurückrollen, und Motor abwürgen, und Wutausbrüche von meinem Männe gelang es mir dann doch. Und Berg ab ging es wunderbar.
Unten angekommen, schniefte ich in mein Taschentuch; “ keinen Zentimeter fahre ich noch weiter, stieg aus und knallte wütend, und heulend die Fahrertür zu.
Überall standen weinende Frauen mit ihren Männer diskutierend rum.
Später stellten wir dann fest, es war kein normaler Verkehrsübungsplatz. Ein Schild befand sich Zahlhäuschen: *TEST UND GEFAHREN STRECKE*

Nun begann wirklich meine erste Fahrstunde.
Der Fahrlehrer, Herr König war ein sehr netter Mensch. Ich erzählte ihm von unserem Unfall, und dass ich Angst vorm Fahren habe. „Und noch etwas Herr König, wenn sie mich auch nur einmal an brüllen, steige ich aus, und fahre nie mehr.“ Der Fahrlehrer beruhigte mich, er hätte noch nie jemand an geschrien, oder angebrüllt. (Er hat es auch bei mir nie getan.)
Meine erste Fahrstunde mit Lehrer verlief super, er erklärte mir alles, und ich durfte auf einem Feldweg erstmals üben. Immer im Kreis, immer im Kreis.
Siehe da, ich fuhr von Fahrstunde zu Fahrstunde immer besser.
Die Theoretische Prüfung stand bevor.
Doch das sollte kein Hindernis für mich sein, Ich konnte alle Fragen Auswendig.
Und als eine von den ersten war ich fertig.
FEHLERFREI
Die Praktische Prüfung wäre kein Problem, meinte Herr König, lediglich rückwärts einparken sollten wir noch etwas üben.
Stolz ging ich heim, in einer Woche sollte die praktische Prüfung sein.
Leider muss ich sagen ich habe Prüfungsangst, eine Freundin gab mir den Rat, „weißte was, trink ein Schnäpsle vorher, dann biste ganz ruhig
Ich kam als dritte dran. Hinter meinem Fahrlehrer saß der Prüfer, es schien, als ob er mich überhaupt nicht wahr genommen hatte, so ganz nebenbei, sagte er „Grüß Gott, dann woll‘ n wir mal.“
Ich fuhr fehlerlos an, nach einigen Metern hatte er ein Parklücke entdeckt, „Fahren sie rückwärts in die Parklücke rein!“ Und siehe da, fehlerfrei ohne zu korrigieren fuhr ich in die Parklücke.
Ich war stolz wie Bolle.
„Gut, „ meinte der Prüfer nur, “bleiben wir auf der Straße, vorne kommt die Augsburgerstraße, da fahren sie bis zur Ampel, und biegen dann rechts ab, Richtung Fellbach“ Also kam ich nun auf die berühmt berüchtigte Augsburgerstraße. Vor mir tuckerte ein Weinbauer mit seinem Traktor langsam dahin.
Langsamer ging es nun wirklich nicht. Mein Fahrlerer warf mir immer Blicke zu, leider deutete ich die falsch, wie es sich später herausstellte, Ich hatte so ein gutes Gefühl, ich kann alles, und dann kam es wie es kommen musste, Die Ampel vor dem Weinbauer war noch gelb. Ich dachte mir, (wie blöd von mir) gleich wird die grün. Und so gab ich Gas, und überholte kurz vor der Ampel den Traktorfahrer, und bog rechts ab. Den Blick vom Herrn König werde ich wohl nie vergessen .
„Das war‘s dann „ sagte er.
Der Prüfer meinte nur, “Rechts ranfahren.“ Ich stotterte, mir keinerlei Schuld bewusst, „Warum denn das?“
Tränen überströmt erklärte ich später meinem Mann dass ich durchgefallen bin.
„Naja, hängste halt noch‘ n paar Stunden ran.“ Meinte mein Mann lakonisch.
Herr König hatte mir inzwischen einen BMW Automatik gegeben, „dann hätte ich wenigstens keine Probleme mit Schalten.
Und so ging ich zitternd in meine zweite praktische Prüfung.
Wir fuhren Stadtverkehr, es lief alles Reibungslos. Langsam kam mein Selbstvertrauen zurück.
„Fahren wir nun zurück,“ meinte der Prüfer, es war diesmal ein anderer , er schien so gut wie überhaupt nur Witze im Kopf zu haben. Er und Herr König rissen einen Witz nach dem anderen.
Wir waren fast an der Fahrschule, da fiel dem Prüfer ein,“ wir habe ja noch gar nicht eingeparkt. Nehmen sie die nächste Parklücke, und fahren sie rückwärts ein.“
Die Parklücke kam, Ich stellte mich neben das Auto vor der Lücke, ich machte alles so wie ich es gelernt hatte, nur, ich kam nicht rein in die Lücke. Gut, ich hatte noch einen Versuch, dieses mal kam ich rein in die Lücke, nur der Abstand zum Fußweg war riesig. Ja gut er gab mir noch einen Versuch.
Doch auch den vergeigte ich.
„Ja, Frau Philipp, das üben wir noch“.
Und das wars.
„Ich mache keine Prüfung mehr ,“ jammerte ich . „Brauch keinen Führerschein.“
„Du bist wohl nicht bei Trost,“ erwiderte mein Mann, „das ganze Geld umsonst gezahlt?“
Es gelang meinem Männe wirklich mich zu überzeugen .
Mein Fahrlehrer fand alles halb so schlimm, „dieses Mal schaffen sie es, das fühle ich,“ Und er gab mir die Anweisung , Richtung Autobahn zu fahren. „Mir ist eingefallen, wir sind noch nie Autobahn gefahren.“
„Aber sie wissen wohl, dass ich riesige Angst vor der Autobahn habe, und dass ich beim Einparken durchgefallen bin.“
Er gab nur zur Antwort, „Trotzdem, wir fahren jetzt Autobahn“
Und so kam die Einfahrt zu Autobahn .Er half mir unauffällig, und schon war ich auf der richtigen Spur. Doch nun sollte ich überholen, und mir wurde auf einmal klar, weshalb ich nun Automatik fahren sollte. „Den vor uns überholen, Kick down, sagte er, und ich tat‘s, ich drückte aufs Gas bis ich diesen Kick auf dem Gaspedal spürte.
Schweiß lief mir über die Stirn mein Herz klopfte zum zerspringen. Und er forderte immer mehr, „bleiben sie auf der Überholspur, geben sie Gas.“ Ich weiß heut nicht mehr wie viel KMH ich auf dem Tacho hatte, bis ich endlich die nächste Ausfahrt nehmen durfte.
Zweimal sind wir dann noch Autobahn gefahren. Nicht einmal haben wir Einparken geübt.
Ich muss sagen ich hatte riesigen Schiss vor der nächsten Praktischen.
Der Morgen der Prüfung war da, irgendwie war ich ganz ruhig. Mein Mann hatte mir Mut gemacht, „dieses Mal schaffst du es, ich glaube an dich“.
Ich war die erste Fahrschülerin, an diesem Morgen. Der Prüfer wartete auf mich gab mir die Hand und begrüßte mich freundlich. Er war der erste wirklich nette Prüfer den ich hatte. Er befragte mich weshalb ich nun schon meine dritte Praktische machte. Er fragte sehr viel. Und dann fuhren wir los.
Und wir fuhren Autobahn. Ich gab alles, ich machte kick down, mein Fahrlehrer hatte mir den Befehl zu geflüstert.
Schließlich sollte ich die Autobahn verlassen, und zurück fahren.
Das kannte ich schon, immer wenn es hieß “fahren sie zurück,“ dann war ich durchgefallen.
Es war still im Auto, niemand sprach, wärend ich vor der Fahrschule anhielt. Ich wollt eben austeigen, als der Prüfer meinte, “ wo wolle sie denn hin?“
Ich nuschelte nur,“ na, nach Hause.“ „ Haben sie nichts vergessen?“ Fragte nun Herr König.
„Ach Ja, Auf Wiedersehen.“ Stotterte ich.
„Neeeeeeeiin, Frau Philipp, Ihren Führerschein.“ Sagte der Prüfer, Er beugte sich zu mir nach vorne, und überreichte mir meinen Nigel Nagel neuen Führerschein.
Mit den Worten „Es wurde Zeit, dass ich gekommen bin. Passen sie gut auf sich auf“.
Freudestrahlend zeigte ich meinen Kindern, und dann am Abend meinem Mann meinen schwer erarbeiteten Lappen.
Ich war ja so stolz auf mich, und auf meinen Mann, der mir Mut gemacht hatte.

Impressum

Texte: und Idee alles (c) by Christa- Eiskristall
Bildmaterialien: Bilder alles By (c) Christa-Eisskristall
Tag der Veröffentlichung: 03.02.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Meinem Mann und meinen Kindern

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