Heute beginnt das Leben neu
Es war ein Sonntagnachmittag im Herbst des Jahres 1962.
Wir, mein Mann und ich hatten ein wunderschönes Wochenende beim Bruder meines Mannes, und dessen Familie verbracht.
Nun waren wir wieder auf dem Weg zurück nach Hause.
Wir befanden uns auf der A 8. von Mannheim Richtung Basel.
Anfangs kamen wir recht zügig voran, doch dann gab es einen Stau nach dem anderen, mal auf der Gegenseite, mal auf unserer Seite. Schuld daran waren viele Unfälle, wie es das Autoradio immer wieder meldete.
„Nur gut,“ meinte ich zu meinem Mann, „dass wir erst jetzt los gefahren sind, sonst wären wir womöglich auch noch in einem Unfall verwickelt.“
Während dessen nahm ich zwei Zigaretten aus dem silbernen Zigarettenetui, das ich ihm einmal geschenkt hatte. Ich zündete sie an, und schob eine meinem Man zwischen die Lippen.
Plötzlich ein gewaltiger Knall, unser Auto begann zu schleudern, es wurde irgendwie stark geschoben. Glas splitterte. Ein Schrei, - Es war mein Mann, dann noch ein Schrei, er hallte gellend in meinen Ohren. Es war mein eigener Schrei. Dann hörte ich alles wie aus weiter Ferne, so als würde ich alles nur beobachten. - Es wurde Nacht um mich.
Wieder erreichten mich Geräusche, ich wusste nicht wo ich war, auch nicht was passiert war. Jemand versuchte die Autotür gewaltsam zu öffnen. - Wieder umfing mich Dunkelheit. -
Ich lag irgendwo, es schien Gras zu sein, Schemenhaft erkannte ich wie Menschen um mich rum, standen. Wie aus weiter Ferne erreichte eine Stimme mein Ohr. „Hallo! - hören sie mich?“ > Ja,< glaubte ich zu sagen. Doch in Wirklichkeit kam nur ein Krächzen aus meinem Mund.
Ich fühlte rasende Schmerzen, ich meinte jeden einzelnen Knochen zu spüren, glaubte, mich nicht mehr bewegen zu können. Ein stechender Schmerz hämmerte in meinem Kopf.
> Ach, es ist alles nur ein ganz schlimmer Albtraum.< So dachte ich, >gleich wache ich daraus auf.<
Ich spürte wie jemand meine Wange berührte, „Hallo!“ hörte ich wieder eine Stimme; „hallo? Wie heißen sie?“
Ich versuchte meinen Namen in Worte zu formen. Ich glaubte ihn zu nennen. Aber meine Stimme wollte mir nicht gehorchen. „Hallo? - Wie geht es ihnen? - geht es ihnen gut?“ Hörte ich wieder.
Irgendwie kam es mir vor, als ob ich nicht an diesem Geschehen beteiligt war, sondern nur ein Beobachter war.
Nun fühlte ich mich hochgehoben. -
Ein Motorengeräusch. - Der grelle Ton einer Sirene, erklang. Und wieder wurde es dunkel um mich.
Ein Gehasste, aufgeregte Stimmen, weiß gekleidete Gestalten, wieder ein Stimmengewirr, es schien alles ein heilloses Durcheinander, - und ich sah als Außenstehende alles mit an.
>Wo bin ich?< ging es mir durch den Kopf. - Als ich eine männliche Stimme hörte; „Wir werden sie jetzt erst einmal eingehend untersuchen.“
Ich befand mich in einem Raum, der von einem grellen Licht erleuchtet schien. Und das worauf man mich gelegt hatte, war alles andere als bequem.
Immer noch konnte ich meine Gedanken nicht ordnen.
Ein Mann in einem weißen Kittel trat zu mir ran, beugte sich etwas zu mir, „wir können zum Glück keinerlei Knochenbrüche, außer zwei angebrochen Rippen, bei ihnen feststellen.“ Berichtete er mir, dabei streichelte er mir die Hand „Natürlich haben sie eine starke Gehirnerschütterung, das erklärt auch ihre Ohnmacht, auch haben sie Prellungen, die sind aber nicht ganz so schlimm. Unten an ihrem Kinn ist eine Schnittwunde, die wir aber schon genäht haben. - Sie hatten ein Wahnsinns Glück, dass ihnen nicht mehr passiert ist, und, dass sie noch am Leben sind.
Wieder fiel ich in eine Art Tiefschlaf, wahrscheinlich war es eine Schutzrektion.
Ich öffnete meine Augen, alles, aber wirklich alles tat mir weh. >Wo bin ich? Wieder konnte ich meine Gedanken nicht richtig einordnen.
Ich befand mich in einem Krankenzimmer, es war ein großer Saal, damals gab es noch solche Krankenzimmer mit vielen Betten. Dieses hier war mit sechs belegt.
„Doktor Krause.“ Stellte sich der weißgekleidete Mann an meinem Bett vor. „Sie wurden gestern Abend hier bei uns in der Heidelberger Uniklinik eingeliefert. Sie hatten einen sehr schweren Autounfall. -
Den Umständen entsprechend geht es ihnen aber recht gut.“ Sagte er.
„Was ist mit meinem Mann? Wo ist er? Geht es ihm gut?“ Wollte ich wissen.
„Ihr Mann liegt in der Männerstation, es geht ihm einigermaßen gut, auch er hatte großes Glück gehabt.“
„Und hat er schwere Verletzungen?“ Wollte ich nun wissen; „kann ich zu ihm, ich muss ihn sehen!“
Doch der Arzt meinte nur; “Sie haben absolute Bettruhe, auf keinen Fall dürfen sie das Bett verlassen.“
Zwei Stunden später machte ich mich auf den Weg meinen Mann zu suchen. Es war wirklich nicht leicht in dem großen Krankenhaus ihn zu finden.
Endlich finde ich ihn, er kam mir auf dem Flur entgegen.
Sein Gang war etwas schleppend, ich merkte wie schwer ihm das Laufen fiel.
Er sah aus wie nach einer Schlacht.
Fast wurde es mir schlecht, als ich ihn sah. Doch sein „Hallo Liebes,“ ließ mein Herz höher schlagen. Weinend fielen wir uns in die Arme.
Dann sah ich sein Gesicht, - >Oh mein Gott, bitte mach, dass das nicht wahr ist.
© Eiskristall
Texte: alles © Eiskristall
Tag der Veröffentlichung: 09.07.2011
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Widmung:
Ein unendliches Danke an den Beschützer allen Lebens