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Einleitung

 

Amors Pfeil hat Widerspitzen.

Wen er traf, der lass’ ihn sitzen

Und erduld’ ein wenig Schmerz!

Wer geprüften Rath verachtet

Und ihn auszureißen trachtet,

Der zerfleischet ganz sein Herz.

 

Gottfried August Bürger

 

Der italienische Maler Michelangelo Merisi da Caravaggio lebte von 1573 bis 1610 und wird generell zu den Hauptvertretern des früheren Barock gezählt. Er galt als der Begründer einer Malerei, die besonders an natürlicher Darstellungsweise orientiert war und welche dem bis dahin üblichen Symbolismus Einhalt gebot. Den Kunstwerken wurde eine eigene Sprache verliehen, die sich in der unmittelbaren Direktheit der Thematik äußerte. Der Betrachter sollte die Bilder weniger durch seinen Intellekt, sondern mehr durch die Sinne erfahren.

Damit dieses Ziel erreicht werden konnte, waren die naturalistische Wirkung klarer Formen und der innovative Umgang mit der Technik des Chiaroscuro, welche miteinander kontrastierende Licht- und Schattenflächen hervorbrachte, von großer Bedeutung. Aufgrund seiner überaus realistischen Darstellungsweise, die auch vor religiöser Thematik nicht Halt machte, sah sich Caravaggio schon bald scharfer Kritik ausgesetzt, die ihm mangelnden Respekt für die Heiligen der Kirche und fehlendes Talent unterstellte. Doch schon zu Lebzeiten sollte seine Malerei überaus ruhmreich werden. Caravaggio verlieh seinen Figuren eine faszinierende Würde und Tiefe, die es vorher in dieser Form nicht gegeben hatte. Seinen Bewunderern erschien es so, als habe er die Kraft und die Überzeugung der Hochrenaissance verinnerlicht, ohne aber ihre Idealisierung fortzusetzen. Es lässt sich durchaus die Behauptung aufstellen, dass Caravaggio den Künsten Roms damit eine völlig neue Richtung gab. Der oft kopierte Stil seiner dramatischen Hell-Dunkel-Malerei breitete sich innerhalb eines Jahrzehnts über Italien bis nach Spanien, Frankreich und den Niederlanden aus und machte ihn zu einem wegweisenden Künstler in der Malerei des 17. Jahrhunderts.

Auf dem Höhepunkt seines Erfolges und seines Ruhmes schuf Caravaggio das Werk Amor als Sieger, welches auf das Jahr 1602 datiert wird. Auf dieser Komposition lässt Caravaggio seinen Amor mit der Welt spielen und legt ihm verschiedene Requisiten der menschlichen Künste zu Füßen. Da durch die Figur des Amor sowohl philosophische, als auch mythologische wie literarische Bereiche berührt werden, ermöglicht das Bild von Caravaggio eine breite Palette an Diskussionen und Deutungsansätzen.

Mit dem Werk Amor als Sieger wird sich die vorliegende Hausarbeit deshalb nun genauer auseinandersetzen. Um einen angemessenen Einstieg in die Thematik zu gewährleisten, soll im Hauptteil zunächst ein kurzer Überblick über den mythologischen und philosophiegeschichtlichen Hintergrund des Amor stattfinden.

Anschließend wird der Fokus auf das Bild selbst gelenkt. Dabei soll die genaue Analyse der Darstellung eine ebenso wichtige Rolle einnehmen wie die Relation des Bildes zur naturalistischen Malerei von Caravaggio. Aufgrund der Tatsache, dass das Werk heutzutage in unmittelbarer Nähe zum Gemälde des römischen Malers Giovanni Baglione mit dem Titel Der himmlische Amor besiegt den irdischen Amor platziert ist und die beiden Werke seit jeher in Rivalität zueinander standen, bietet sich abschließend ein ausführlicher Vergleich der beiden Amor-Versionen an. Dabei sollen ebenso die unterschiedlichen Dogmen und Ziele beider Künstler näher veranschaulicht werden.

Am Ende dieser Hausarbeit folgen eine Auswertung der erzielten Ergebnisse, sowie ein Ausblick auf weitere, mögliche Untersuchungen zu dieser Thematik.

Der mythologische und der philosophische Ansatz

 

Für die Kunstgeschichte ist die Beschäftigung mit der Mythologie generell von großer Bedeutung, denn neben „der Bibel ist die antike Mythologie, die griechische zumal, der entscheidende und wirkungsmächtigste Ausgangspunkt für die Entwicklung der europäischen Kulturgeschichte.“ (Abenstein, S. 13) Im Hinblick auf die Götter des Olymp ist der Eros der Sohn von Aphrodite und Ares. Aphrodite, als Göttin der Liebe und der Schönheit, wird in späterer Bewertung in Urania, die Himmlische, und Pandemos, die Gemein-Sinnliche, aufgeteilt. Ursprünglich mit dem Schmiedegott Hephaistos vermählt, betrügt sie diesen aber seit jeher mit Ares, dem römischen Gott des Krieges. Dieser kann nur im Kampf und in der Gewalt Lust und Freude empfinden.

Durch ihr gemeinsames Verhältnis kommt es zu einer Verbindung ihrer unterschiedlichen Eigenschaften. Auf der einen Seite steht die unbändige Kriegslust des Ares, auf der anderen Seite die Sanftheit der Aphrodite. Als Hephaistos die beiden auf frischer Tat ertappt, fängt er sie in einem unzerstörbaren, künstlerisch angefertigten Netz, ruft die anderen Göttern herbei und gibt sie unter schallendem Gelächter der Lächerlichkeit

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Tim Berger
Tag der Veröffentlichung: 17.08.2022
ISBN: 978-3-7554-1906-8

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