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Thierry Durand wusste, dass er wahnsinnig war.
Sein Zustand machte ihm keine Angst. Dadurch hatte er einen Ort auf der Welt und eine Aufgabe. Keine Schlacht wurde jemals von völlig normalen Männern gewonnen. Jede große Familie hatte ein oder zwei Irre aufzuweisen; jedes Dorf hatte einen Trottel. Er war nie von etwas bezwungen worden, weder von den Sarazenen noch von den Brüdern oder der verrückten Frau, die er geliebt hatte. Er würde sich dem Wahnsinn nicht ergeben.
Er würde ihn überleben …
Er schob eine Hand unter die zerfetzten Überreste seines Hemdes. Aus den Wunden an seinem Bauch und seinen Rippen floss kein Blut mehr, aber sie schlossen sich nicht. Es waren zu viele, und sie waren ihm zu schnell hinter- einander zugefügt worden. Wenn er nicht wollte, dass seine Gedärme herausquollen und sich über die Straße verteilten, dann musste er jagen.
Jagen, wo er der Gejagte war.
Er hatte einigen Abstand zwischen sich und den toten Verbrecher gebracht und sich etwas sicherer gefühlt, aber er konnte nicht blutverschmiert und nach Abfall stinkend in diesem Teil der Stadt herumlaufen. Die sich drehenden roten und blauen Lichter der Polizeiautos hatten ihn im Schatten dieser kleinen Gasse Schutz suchen lassen, und innerhalb weniger Augenblicke wurden es immer mehr. Erst da hatte er entdeckt, dass es sich um eine Sackgasse handelte und dass er in der Falle saß. Während er kampfbereit an der Wand lehnte, war die Polizei vorbei- gefahren. Es dauerte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass sie nicht hinter ihm her waren.
Als die Straße wieder frei war, schob sich Thierry an der Wand entlang, um einen Blick zu riskieren. Die schwarz- weißen Autos hatten sich mit immer noch blinkendem Blaulicht vor einem hohen, eleganten Gebäude am anderen Ende der Straße versammelt. Es musste ein schlimmes Verbrechen passiert sein, wenn sie mit so vielen Leuten anrückten, aber sie waren nicht seinetwegen gekommen. Ein paar Polizisten sperrten das Gebäude ab, andere gingen an der Straße auf und ab und sprachen mit den Leuten, die aus anderen Häusern kamen.
Wenn er jetzt aus der Gasse trat, würde man ihn entdecken. Sie würden ihn nicht befragen. Sie würden sehen, wie blutig und verdreckt er war, und versuchen, ihn zu verhaften. Oder ihn erschießen. Er konnte nicht riskieren, von Menschen angegriffen zu werden, nicht in seinem derzeitigen Zustand.
Er würde warten müssen, bis sie weg waren.
Thierry setzte sich hinter einen Haufen zusammen- gefalteter Kartons und beobachtete die Ratten, die vor dem Licht Schutz suchten. Genau das brauchte er jetzt auch: ein Haus oder ein Geschäft, in dem er sich waschen und ausruhen konnte und nicht von menschlichen Augen gesehen wurde. Aber hier, in Chicago, lebten die Leute so, als wäre jeder Tag ihr letzter. Sie ließen keine Türen unverschlossen, keine Fenster geöffnet.
Die Stadt war wie eine Faust, die zu fest zusammengedrückt wurde.
Thierry war schwindelig und kalt. Er schloss die Augen und legte einen Arm schützend über seinen Bauch. Mit der anderen Hand zog er seinen Dolch. Seine Hand fühlte sich leer an ohne das Messer, und er konnte nicht schlafen, ohne es zu halten. Er hatte viele Dolche in seinem langen Leben besessen, aber dieser war etwas ganz Besonderes für ihn. Es war ein Geschenk von Tremayne gewesen, der ihm vor zweihundert Jahren gezeigt hatte, wie man ihn benutzte, nachdem Thierry und Michael ihm geholfen hatten, aus Rom zu entkommen.
Wenn du gefangen wirst, und es gibt keine Hoffnung auf Rettung, stich hier hinein

. Thierry konnte noch immer die Berührung von Tremaynes entstellter Hand an seinem Nacken spüren. Ein schneller Schnitt, der das Rückenmark durchtrennt. Es ist das Gleiche wie eine Enthauptung.


Thierry hätte das getan, als ihn die Brüder in Frankreich gefangen nahmen, aber er hatte mit seiner Frau Angelica geschlafen, und das war der einzige Zeitpunkt, zu dem er nackt und ohne Waffen war.
Sie hatte das gewusst. Sie hatte es ihnen gesagt.
Nur das Ziel, nach Chicago zu kommen und die Männer zu suchen, die Luisa Lopez überfallen hatten, hielt ihn davon ab, ganz im Wahnsinn zu versinken. Er war des Englischen mächtig, deshalb hatte er, als er die Akte öffnete, lesen können, was dem Mädchen passiert war. Luisa war von den Brüdern gefoltert worden. Cyprien würde das nicht wissen; er hatte nicht gesehen, mit welchen sadistischen Methoden die Mönche Menschen quälten. Thierry schon. Deshalb hatte er sich auf den Weg gemacht, sicher, dass er so seinen Angriff auf Alexandra sühnen konnte, die nur versucht hatte, ihm zu helfen. Und um sich an den Brüdern zu rächen, die sein Leben und seinen Körper zerstört hatten.
Ein helles Cabriolet hielt vor der Gasse und parkte auf der anderen Straßenseite, anstatt näher an den Tatort heranzufahren. Er sah auf, als eine Menschenfrau allein in der Dunkelheit ausstieg. Sie war jung, dünn und dunkel- haarig, eine katzenhafte Frau. Sie bewegte sich unsicher, als erwarte sie Gefahr. Ihr Blick war jedoch starr auf das Blaulicht der Polizeiautos gerichtet, und sie nahm sonst nichts um sich herum wahr.
Wie er.
Ich könnte einfach hingehen und sie mir nehmen.

Thierry erhob sich, und seine Hand schloss sich fester um den Dolch, während er sich umsah. Dass sie ihm so nah kam, wo der Blutdurst in ihm so groß war, machte ihn eher wütend als gierig. Er war nicht das einzige Raubtier hier draußen heute Nacht. Hat sie niemanden, der sich um sie kümmert? Der sie zu Hause hält, wo sie sicher vor Dingen wie mir ist?


Die Frau achtete nicht auf ihn oder auf die Gasse, sondern ging auf den Tatort zu und verschwand im Gebäude, nachdem sie einem Polizisten ihre Brieftasche gezeigt hatte.
Thierry sank zurück hinter die kaputten Kartons. Er war nicht mehr als ein Sieb auf zwei Beinen, und sie war zu klein. Frauen jeder Größe waren die schlimmste Versuchung. Aber wenn er nicht bald jagte, dann würde er so schwach sein, dass er sich nur noch tiefer im Schmutz der Gasse verkriechen konnte. Dann würde er warten müssen, bis ihm jemand nah genug kam, um ihn zu fassen.
Nicht die Frau. Keine Frau.
Seine Einsamkeit war inzwischen schwerer zu ertragen als sein Wahnsinn. Er konnte sich nicht dazu bringen, Frauen zu jagen, nicht nach dem, was er in seinem Wahnsinn Alexandra angetan hatte, deshalb hatte er sich nur von Männern ernährt.
Auf den Straßen von Memphis zu jagen, war Thierrys größter Fehler gewesen.
Er hatte nicht in Memphis Station machen wollen; der gestohlene Wagen hatte Motorprobleme gehabt, und er war gezwungen gewesen, die Autobahn zu verlassen, wo es zu viele Verkehrspolizisten gab, die vielleicht anhielten und ihm ihre Hilfe anboten. Der Motor war genau im Herzen der Stadt stehen geblieben, wo es wenig Orte gab, an denen man sich verstecken konnte.
Ein Darkyn-Jäger war ihm begegnet, hatte seinen Geruch aufgenommen und ihn, schlimmer noch, erkannt und verfolgt. Da hatte Thierry gewusst, dass er gejagt wurde, und niemand anders als Cyprien konnte den Befehl gegeben haben, ihn zu fangen.
Wenn er Erlösung finden wollte, dann musste er seinen ältesten Freund überlisten und dessen Leuten ausweichen.
Die Zeit verging. Minuten, dann Stunden. Thierry sammelte seine Kraft, um in der Lage zu sein, sich zu erheben. Er hatte sie stets gehabt, wenn er sie brauchte, aber jetzt verließ sie ihn. Ohne sie fühlte er sich vertrocknet und ausgedörrt, wie eine zerfallende Schale. Er hatte auf dem Weg in die Stadt zu wenig gejagt; seine Reserven waren erschöpft. Und sein Geist war es auch. Die Suche nach den Männern, die das Mädchen überfallen hatten, war sein Licht am Ende eines endlosen dunklen Tunnels gewesen. Wenn er sie nicht beendete, würde dieses Licht verlöschen, und dann würde es nur noch Dunkelheit geben.
Er konnte den Wahnsinn nicht überleben ohne ein Licht, das ihn führte. Hatte er nicht ein wenig Licht verdient?
»Hallo?«
Er öffnete die Augen und schaute über den Rand der Kartons. Unglaublicherweise stand die Frau aus dem Cabriolet vor der Gasse und sah hinein.
»Ist da jemand?«
Ist sie auch wahnsinnig?

Thierry wagte nicht, zu blinzeln oder zu atmen, und dann entfaltete sich etwas in ihm, etwas, das stärker war als seine Angst um sie. Sein Duft, der immer stark war, wenn er verletzt war, veränderte sich.
»Wenn Sie verletzt sind, kann ich Hilfe rufen.«
Sie ging tatsächlich in die Gasse hinein und sah auf den Boden und dann zu beiden Seiten. Folgte wie ein Jäger einer Spur, obwohl sie keine Kyn war.
Thierry blickte auf den Boden vor den Kartons. Eine breite Spur von Blutstropfen verdunkelte den Asphalt. Das hatte sie hergelockt; er musste von der Straße bis hierher eine Blutspur hinterlassen haben. Er konnte nicht glauben, dass er so leichtsinnig gewesen war.
Steh auf. Sie steht da vorn. Nimm sie dir.


»Schon gut«, sagte sie, und ihre Stimme war wie ein Streicheln. »Ich arbeite für die Polizei.« Sie blieb vor ihm stehen und starrte auf die Kartons, die ihn versteckten. »Ich kann Ihnen helfen, in ein Krankenhaus zu kommen.«
Ihr Duft war schwach; er verlor ihn beinahe in dem, den er selbst intensiv verströmte. Aber nein, da war er, der Duft ihrer Haut, wie warme, reife Äpfel. Es war ein so heilsamer und normaler Duft, dass er ihn völlig aus der Fassung brachte. Moderne Frauen dufteten nicht nach Obst- plantagen. Sie nebelten sich mit teurem Parfüm ein. Angelica hatte den Duft ihres Körpers gehasst und alles getan, um ihn zu überdecken. Diese Frau duftete nach nichts sonst.
Ihr Blut wird danach schmecken.


»Ich weiß, dass Sie Angst haben«, sagte sie zu ihm und trat noch einen Schritt näher, »aber ich werde Ihnen nichts tun.«
Thierry hatte sich bis zu diesem Moment beherrschen können, aber sie war ihm zu nah gekommen, und sein Hunger war quälend. Er drängte ihn: Nur ein bisschen. Nur genug, um die Wunden zu heilen.


Wenn er ihr Blut nicht trank, würde er diese Gasse nicht verlassen. »Komm her.«
Der Klang seiner Stimme, heiser, weil er sie so lange nicht benutzt hatte, erschreckte sie. Einen Moment lang glaubte er, sie würde fliehen, und ein Teil von ihm betete, sie möge es tun. Er sah, wie sie tief einatmete und ihre Lider schwer wurden.
Angewidert von sich selbst konnte er sich nicht davon abhalten, sie noch einmal zu rufen.
»Komm her. Zu mir.«
Die kleine Katze kam langsam um die Kartons herum, angezogen und betäubt von l’attrait

. Thierry hatte auf Frauen immer besonders anziehend gewirkt.
Sie war zarter, als er angenommen hatte, dünnhäutig, mit zerbrechlich aussehenden Gliedern. Höhlen und Schatten verunstalteten das alabasterfarbene Oval ihres Gesichts. Er hob die Hand und zog sie zu sich, verzückt von der Form ihres Mundes, dem üppigen Schwung ihrer Wimpern. Ihre Kleidung war einfach, eine schlichte Bluse und eine Hose, aber darunter hoben und senkten sich ihre elfenbein- farbenen Brüste. Sie duftete nach Äpfeln, aber sie war aus Mondlicht gemacht.
Thierry hielt ihre Hüften umfasst, während er sie dazu brachte, sich rittlings auf seinen Schoß zu setzen, damit sie nicht gegen seine Wunden stieß. Der steife Bogen in seinem Schritt füllte die Spalte in ihrem, und er zuckte zusammen, weil ihm bis zu dieser Berührung nicht klar geworden war, dass sie ihn auch noch auf andere Weise erregte.
Dünne Finger schoben sein Haar aus seinem Gesicht. »Golden«, murmelte sie, während sie fasziniert in seine Augen starrte. »Sie sind golden.«
Thierrys Fangzähne schossen ihm in den Mund, verlangten nach ihrem Fleisch. Er hatte keine Frau mehr angerührt, seit er Alexandra Keller beinahe getötet hatte, aber er konnte sie genauso wenig loslassen, wie er sich seine Arme hätte abschneiden können.
»So wie deine.« Ein dunkles Gold, eingefasst von einem so dunklen Braun, das es beinahe schwarz wirkte. Sie war vielleicht so zierlich wie Alexandra Keller, aber zumindest ihre Augen erinnerten ihn nicht an sie.
»Knöpf deine Bluse auf, Chérie.«
Sie war aus Seide, und er wollte sie nicht mit Blut beflecken. Nein, das entsprach nicht der Wahrheit. Er wollte sie sehen.
Langsam öffnete sie die kleinen Perlenknöpfe auf der Seide, sodass der Stoff auffiel. Sie trug nichts darunter, um ihre Brüste zu verbergen, klein und fest, straff und gerötet. Harte kleine Äpfel, gerade groß genug, um seine Hände zu füllen.
Innerlich heulte er auf. Vater im Himmel, hast du mich nicht schon genug gepeinigt?


Thierry wagte es nicht, seine Lippen an ihre perfekten Brüste zu legen; sein Hunger würde ihn dazu bringen, sie aufzureißen. Sein Blick glitt nach oben, folgte der Linie ihres Halses, um noch einmal auf ihrem Mund zu verweilen. Wie ihre Brüste war auch der Mund der kleinen Katze klein, mit blassrosa Lippen. Er wirkte nicht so unschuldig wie der eines Kindes, aber die Anmut der amerikanischen Schönheit blühte gerade erst auf.
Er würde nicht über sie herfallen, aber er würde von ihr kosten. Er würde den Dolch gegen sich richten, wenn er es doch tat.
»Chérie

.« Er hob die Hand und legte sie um ihren Hinter- kopf, holte ihr Gesicht zu sich heran.
»Küss mich.«
Sie seufzte an seinem Mund, bevor sie ihn küsste, und ihr Atem wärmte seine Zunge. Sie duftete nach Äpfeln, aber sie schmeckte nach Honig und Mandeln. Thierry sah, wie sie die Augen schloss, fühlte, wie ihre Schenkel sich um seine schlossen, und dann verschmolz die Hitze ihres Mundes mit seiner.
Sie küsste ihn so, wie sie sich bewegt hatte, anmutig und doch vorsichtig, wie eine kleine Katze, die im Dunkeln ihren Weg sucht. Er hatte noch nie etwas Ähnliches gefühlt. Sein Hunger nach ihrem Blut pochte in ihm, wollte mehr als ihre weichen Lippen und ihre seidige Zunge, und er benutzte die Hände, um ihren Kopf zu neigen.
In ihrem Mund, wo man es nicht sieht

. Wo es ihr Geheimnis ist und meines.
Als Thierry seine Fangzähne in das weiche Fleisch an der Innenseite ihrer Lippen grub, stöhnte sie auf.
Ihr Blut strömte in seinen Mund, heiß und stark, der Puls des Lebens in ihren Adern pochte auch in ihm. Thierry trank von ihren Lippen, erwärmt von jedem Schluck, wollte nur nehmen, was er brauchte. Die Wunden an seinem Bauch und an den Seiten juckten, als sie sich zu schließen begannen, ein Zeichen, dass er genug von ihr bekommen hatte. Doch sie küsste ihn weiter, schenkte ihm ihre Zunge genauso wie ihr Blut.
Thierry stellte fest, dass er seinen Mund nicht von ihrem lösen konnte.
Seine Frau hatte Küssen nie gemocht, sondern ihren Mund lieber auf direktere Weise benutzt, wenn sie miteinander intim wurden. Thierry nahm Menschenfrauen nur wegen ihres Blutes; die Liebe zu seinem Engel hatte ihn niemals mehr tun lassen. Oh, es hatte Momente gegeben. Wunderschöne Frauen, die unter seinen Händen strahlten. Aber wenn er sein Wort gab, dann hielt er es, und seit er sich aus dem Grab erhoben hatte, um die Nächte zu durchstreifen, hatte er sich an seinen Eheschwur als letztes Stück seiner Ehre geklammert.
Jetzt klammerte er sich hilflos an diese Menschenfrau, gefangen in ihrer Leidenschaft.
Die Hände auf seiner Brust ballten sich zusammen, und ihr dünner Körper erschauderte, als sie sich in kleinen, zitternden Wellen an ihm rieb. Endlich merkte er, wie ihr Puls langsamer wurde, und fand die Stärke, seinen Mund von ihrem zu lösen, schwer atmend von der Hitze und dem Leben, das sie ihm gegeben hatte. In ihm hallte ein hasserfüllter, gieriger Rhythmus, der Killer in ihm, der mehr wollte, alles, was sie zu geben hatte …
»Genug.« Er schob sie zurück und hielt sie fest, als sie schwankte.
Hatte er zu viel genommen? Er konnte den alten, ver- botenen Wahnsinn in sich fühlen, der nach dem Rest von ihr verlangte. Wie einfach es wäre, der Entrückung nachzugeben, während sie ihn bezauberte. Sie konnte noch mehr geben als das Blut aus ihren Adern. Der Stoff ihrer Hose war dünn; er konnte ihn in Sekunden aufreißen. Niemand würde sie aufhalten oder hier sehen. In diesem Zustand würde sie ihm nichts verwehren.
In diesem Zustand würde er sie umbringen. »Genug.«
»Nein.« Genauso verloren in l’attrait

wie Thierry in ihrem Kuss griff sie nach ihm. »Mehr.«
In diesem Moment hätte er sie beinahe auf den Rücken geworfen, denn es gab nichts in dieser Welt oder der nächsten, was er mehr wollte, als seinen Schwanz und seine Zähne in ihrem Fleisch zu vergraben.
»Chérie

«, flüsterte er jetzt verzweifelt. »Du musst aufhören, oder ich kann es nicht mehr. Hör auf, bitte.«
Ihre Hände fielen zu den Seiten herab, und sie blickte ihn mit nassen Augen an.
»Bitte.«
Es war gut, dass er schon wahnsinnig war, denn sonst hätte sie ihn in den Wahnsinn getrieben.
»Du musst mich jetzt verlassen«, sagte er zu ihr und holte tief Luft, während er um Fassung rang. »Du wirst mich vergessen.«
»Ich werde dich vergessen.«
Eine einzelne Träne lief ihre Wange hinunter. Noch eine verfolgte sie bis zum Kinn.
»Du wirst nach Hause fahren und schlafen.«
Er stand auf und zog sie mit sich. Auf ihren Lippen war Blut, und er beugte sich schnell hinunter und leckte es auf, bevor es auf ihre Bluse tropfen konnte. Sie ein zweites Mal zu kosten, ließ ihn beinahe die Kontrolle verlieren.
»Morgen früh wirst du dich an das hier erinnern, als wäre es ein Traum.«
»Ein Traum.« Sie lächelte ein wenig.
»Erinnern.«
Er knöpfte ihre Bluse zu und legte den Arm um sie, um sie zum Ende der Gasse zu führen. Es kostete ihn alles, was er hatte, seine Hände von ihr zu lösen. Er blickte sich um, ob sich Autos näherten oder ob sie jemand sah. Die Straße war verlassen, die Polizei verschwunden. Er suchte in ihrer Tasche nach ihrem Schlüssel und drückte ihn ihr in die Hand. »Geh jetzt, kleine Katze. Fahr direkt nach Hause. Schlaf.« Er musste einfach noch hinzufügen: »Und träum von mir.«
Sie nickte und ging wie ein kleiner Roboter zu ihrem Auto. Wenn sie um den nächsten Block gefahren war, würde l’attrait nachlassen, aber die Nachwirkungen würden dafür sorgen, dass sie den Befehlen folgte, die er ihr gegeben hatte. Sie würde von ihm träumen, aber er würde sie niemals wiedersehen. So musste es sein.
Seine Retterin wendete ihren Wagen, um davonzufahren. Thierry hätte sich in den Schatten zurückziehen müssen, aber er konnte nicht. Nicht als er das Wunschkennzeichen an ihrer Stoßstange sah.
JEMAS BENZ.


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Texte: Egmont LYX ISBN: 978-3802582684
Tag der Veröffentlichung: 10.08.2010

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