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1

Elena klammerte sich an die Balkonbrüstung und starrte in die zerklüftete Schlucht. Die Felsen sahen aus wie spitze Zähne, allzeit bereit zum Beißen, Reißen, Schlitzen. Ein eisiger Wind kam auf und drohte sie in den unbarm- herzigen Schlund zu stürzen, sie griff fester zu. »Noch vor einem Jahr«, flüsterte sie, »habe ich nichts von dieser Zufluchtsstätte gewusst, und jetzt stehe ich hier.«
Vor ihr lag eine riesige Stadt aus Glas und Marmor, im gleißenden Sonnenlicht traten ihre eleganten Formen deutlich hervor.
Bäume mit dunklen Blättern bildeten wohltuende grüne Flecken zu beiden Seiten der Schlucht, die eine gewaltige Kluft durch die Stadt trieb, und der Horizont wurde von schneebedeckten Bergkuppen beherrscht. Nichts, weder Straßen noch Hochhäuser, trübten diesen vollkommenen Anblick.
Doch trotz all seiner Schönheit hatte dieser Ort etwas Fremdartiges, man bekam das unbestimmte Gefühl, dass unter der glänzenden Oberfläche die Dunkelheit lauerte. Tief sog Elena die schneidend kühle Luft der Berge ein und sah hinauf … zu den Engeln. So viele Engel. Ihre Flügel bedeckten den Himmel der Stadt, einer Stadt, die aus bloßem Fels gewachsen zu sein schien.
Sterbliche, die beim Anblick himmlischer Flügel buch- stäblich erstarrten, würden an einem Ort wie diesem, an dem es von den angebeteten Wesen nur so wimmelte, feuchte Augen bekommen. Doch Elena hatte einen Erzengel lachen sehen, während er einem Vampir die Augen aus dem Schädel riss, vorgab, sie essen zu wollen, und die glibberige Masse dann schließlich zerquetschte. So, dachte sie mit Schaudern, hatte sie sich den Himmel nicht vorgestellt. Flügelrauschen, der sanfte Druck kraftvoller Hände auf ihren Hüften.
»Überanstreng dich nicht, Elena. Komm rein.«
Sie rührte sich nicht, obwohl sie ihn stark und gefährlich an ihren Flügeln spürte und vor Lust erzitterte.
»Glaubst du etwa, du könntest mir jetzt Befehle erteilen?«
Der Erzengel von New York, ein todbringendes Wesen, vor dem Elena selbst jetzt manchmal noch Angst hatte, schob ihr das Haar aus dem Nacken und drückte seine Lippen auf ihren Hals.
»Selbstverständlich. Du gehörst mir.« Nicht die geringste Spur von Ironie, reine Besitzgier.
»Ich glaube, die Sache mit der wahren Liebe hast du noch nicht so richtig verstanden.«
Ambrosia hatte er ihr eingeflößt, aus einer Sterblichen eine Unsterbliche gemacht, ihr Flügel verliehen – Flügel! – und alles aus Liebe. Zu ihr, einer Jägerin, einer Sterb- lichen … einer ehemals Sterblichen.
»Wie dem auch sei, du musst jedenfalls wieder zurück ins Bett.«
Und dann lag sie auf einmal in seinen Armen, auch wenn sie sich gar nicht erinnern konnte, die Brüstung los- gelassen zu haben – aber das hatte sie wohl, denn das gestaute Blut floss wieder in ihre Hände, ihre Haut spannte. Es tat weh. Sie verbiss sich den Schmerz, während Raphael sie durch die Schiebetüren in einen prächtigen gläsernen Raum trug, der auf einer Festung aus Marmor und Quarz thronte, ebenso dauerhaft und unerschütterlich wie die Berge ringsum.
Wut schoss in ihr hoch.
»Verschwinde aus meinem Kopf, Raphael!«
Warum?
»Weil ich dir schon unzählige Male erklärt habe, dass ich nicht deine Marionette bin.«
Sie knirschte mit den Zähnen, als er sie auf das wolken- weiche Bettzeug mit den üppigen Kissen legte. Die Matratze war zum Glück fest, und sie konnte sich aufrecht hinsetzen.
»Eine Geliebte« – mein Gott, sie konnte kaum glauben, dass sie sich ausgerechnet in einen Erzengel verliebt hatte – »sollte eine Partnerin sein, kein Spielzeug, das man lenkt.«
Kobaltblaue Augen in einem Gesicht von nahezu voll- kommener Anmut und … Grausamkeit, umrahmt von nachtschwarzem Haar.
»Du bist seit genau drei Tagen wach, nachdem du ein
ganzes Jahr im Koma gelegen hast«, sagte er.
»Ich lebe schon seit über tausend Jahren. Und auch wenn ich dir Unsterblichkeit verliehen habe, bist du mir heute genauso wenig ebenbürtig wie zuvor.«
Außer sich vor Zorn hörte Elena nur noch das weiße Rauschen in ihren Ohren. Sie verspürte den Wunsch, wieder auf ihn anzulegen und abzudrücken. Bilder strömten auf sie ein – spritzendes karminrotes Blut, ein gebrochener Flügel, das Entsetzen in Raphaels Augen. Nein … nie wieder würde sie auf ihn schießen, doch er reizte sie stets aufs Neue. »Was bin ich dann?«
»Du bist mein.«
War es wirklich falsch, dass sein leidenschaftlicher Blick und besitzergreifender Ton ihr wohlige Schauer über den Rücken jagten? Wahrscheinlich schon. Aber das kümmerte sie im Moment nicht. Das Einzige, was jetzt zählte, war, dass sie sich an einen Erzengel gebunden hatte, für den nur seine eigenen Regeln galten.
»Ja«, pflichtete sie ihm bei. »Mein Herz gehört dir.«
In seinen Augen flammte so etwas wie Genugtuung auf.
»Aber mehr auch nicht.« Sie sah ihn fest an und ließ sich nicht einschüchtern.
»Ich stecke also mit meiner Unsterblichkeit noch in den Kinderschuhen. Schön und gut … aber ich bin immer
noch eine Jägerin. Eine, die gut genug war, dass du sie engagiert hast.«
Von Leidenschaft keine Spur mehr, er wirkte verstimmt.
»Immerhin bist du ein Engel.«
»Mit himmlischem Zaubergeld?«
»Geld spielt keine Rolle.«
»Natürlich nicht … du bist ja auch reicher als Midas höchstpersönlich «, murmelte sie. »Aber ich werde nicht einfach nur dein kleines Kauspielzeug sein …«
»Kauspielzeug?« Ein amüsierter Blick.
Sie nahm keine Notiz davon. »Sara hat gesagt, ich kann meinen alten Job jederzeit zurückhaben.«
»Die Loyalität gegenüber den Engeln zählt jetzt mehr als deine Verpflichtungen gegenüber der Gilde der Jäger.«
»Michaela, Sara, Michaela, Sara«, murmelte sie mit gespielter Nachdenklichkeit.
»Göttliches Biest gegen beste Freundin, mmh, für wen soll ich mich bloß entscheiden?«
»Das ist doch belanglos, oder?« Er zog eine Braue in die Höhe. Irgendwie hatte sie das Gefühl, er wusste etwas, das sie nicht wusste.
»Warum denn?«
»Ehe du nicht fliegen kannst, kannst du sowieso keinen deiner Pläne umsetzen.«
Das brachte sie zum Schweigen. Wütend starrte sie ihn an und ließ sich dann schließlich in die Kissen zurücksinken. Ihre Mitternachtsflügel lagen ausgebreitet auf dem Laken; sie hatten alle Schattierungen von Schwarz über Indigo und Dunkelblau bis Morgengrau und endeten schließlich in einem strahlenden Weißgold. Gerade einmal zwei Sekunden hielt sie das Schmollen durch. Elena und Schmollen, das passte nicht zusammen. Nicht einmal Jeffrey Deveraux, der sonst alles an seinem »Scheusal« von Tochter verachtete, konnte ihr das vorwerfen.
»Dann bring es mir bei«, sagte sie und richtete sich auf.
»Ich bin bereit.«
Der unbändige Wunsch, fliegen zu können, schnürte
ihr fast die Kehle zu, ihre Seele verzehrte sich danach.
Raphaels Gesicht zeigte keinerlei Regung.
»Du schaffst es noch nicht einmal ohne fremde Hilfe bis zum Balkon. Du bist schwächer als Engelnachwuchs.«
Die kleinen Flügel und kleinen Körper, stets in der Obhut der Großen, waren ihr schon aufgefallen. Viele waren es nicht, aber es gab sie.
»Die Zufluchtsstätte«, fragte sie, »ist sie ein sicherer Ort für eure Kleinen?«
»Sie ist alles, was wir brauchen.« Seine sündig schönen Augen wanderten zur Tür.
»Dmitri kommt.«
Als Dmitris verführerischer Duft sie umschmeichelte und sich sexy und schamlos wie ein weicher Pelz um sie legte, schnappte sie nach Luft. Leider war sie auch nach ihrer Verwandlung gegen diesen besonderen Vampirkniff nicht gefeit. Doch die Kehrseite der Medaille traf gleichermaßen zu.
»Vampire kann ich immer noch wittern, das kannst du nicht abstreiten.«
Deshalb war sie schon von Geburt an eine Jägerin.
»Du wirst uns vielleicht eines Tages sehr nützlich sein, Elena.«
Sie fragte sich, ob ihm überhaupt klar war, wie arrogant das klang. Wahrscheinlich nicht. Unbesiegbar zu sein, und das schon seit viel mehr Jahren, als sie sich vorstellen konnte, hatte die Arroganz zu einem festen Bestandteil seiner Persönlichkeit werden lassen … Aber nein, dachte sie. Schließlich konnte er doch verletzt werden. Als in New York die Hölle los war und ein Blutengel versucht hatte, die ganze Stadt zu zerstören, hatte sich Raphael entschieden, gemeinsam mit Elena zu sterben, statt ihren verletzten Körper auf dem Felsenvorsprung hoch über Manhattan zurückzulassen.
Zwar waren ihre Erinnerungen verschwommen, aber sie
konnte sich noch gut an zerfetzte Flügel, ein blutüber- strömtes Gesicht und an Hände erinnern, die sie schützend hielten, während sie dem diamantharten Straßenpflaster entgegenstürzten.
»Sag mal, Raphael…«
Er war schon im Begriff, sich umzudrehen und auf die Tür zuzugehen.
»Was möchtest du wissen, Gildenjägerin?«
Sie verbarg ihr Lächeln über seinen Versprecher. »Wie soll ich dich nennen? Gatte? Mann? Freund?«
Die Hand schon am Türknauf, hielt er inne und warf ihr einen unergründlichen Blick zu.
»Du kannst mich ›Meister‹ nennen.«
Elena starrte auf die verschlossene Tür und fragte sich, ob er sie auf den Arm nahm. Sie wusste es nicht, kannte ihn nicht gut genug, um seine Stimmungen einzuschätzen und zu wissen, wann es ihm ernst war. Unter Schmerzen und Angst waren sie zusammengekommen, das Schreck- gespenst des Todes hatte sie in einen Bund gedrängt, der sonst wohl Jahre gebraucht hätte.
Wenn nicht Uram zu einem Blutengel geworden wäre und eine mörderische Kluft durch die Welt getrieben hätte. Raphael hatte ihr erklärt, Ambrosia – der Stoff, um einen Menschen in einen Engel zu verwandeln – entstünde nur bei wahrer Liebe auf der Zunge eines Erzengels, aber vielleicht war ihre Verwandlung gar nicht auf tiefe Gefühle zurückzuführen, sondern ergab sich aus einer sehr seltenen symbiotischen Verbindung.
Letztlich schufen Engel auch Vampire, und die biologische Verträglichkeit spielte dabei eine entscheidende Rolle.
»Verdammt!« Sie rieb sich das Herz, versuchte den jähen Schmerz loszuwerden.
Du faszinierst mich.
Das hatte er zu Beginn gesagt. Vielleicht hatte es diese Faszination einmal gegeben.
»Sei mal ehrlich, Elena«, flüsterte sie, während sie über die prachtvollen Flügel strich, die sein Geschenk an sie waren, »du bist doch diejenige, die der Faszination erlegen ist.«
Aber der Sklaverei würde sie nicht erliegen.
»Du kannst mich mal mit deinem Meister.« Sie blickte in den ihr fremden Himmel über dem Balkon und spürte, wie sie immer entschlossener wurde – genug des Abwartens. Anders als ein Mensch hatte sie ihre Muskulatur im Koma nicht eingebüßt.
Aber ihre Muskeln hatten eine kaum nachvollziehbare Wandlung durchgemacht – alles fühlte sich schwach an, ungewohnt. Doch obwohl sie keine Rehabilitation nötig hatte, brauchte sie dringend Bewegung. Insbesondere ihre Flügel.
»Besser gleich als später.«
Sie setzte sich auf, atmete einmal tief durch … und
breitete ihre Flügel aus.
»Verdammt, tut das weh!« Sie biss die Zähne zusammen,
Tränen standen ihr in den Augen, doch sie gab nicht auf, dehnte die nagelneuen, unbekannten Muskeln; zog die neugebildeten Flügel sachte ein, bevor sie sie entfaltete. Nach drei Wiederholungen liefen ihr die Tränen übers Gesicht, und sie schmeckte nur noch Salz, die Schweiß- perlen auf ihrer Haut glänzten im Sonnenlicht, das durch die Fenster fiel.
In diesem Moment kam Raphael zurück. Elena hatte einen Ausbruch erwartet, doch er setzte sich nur wortlos ihr gegenüber auf einen Stuhl und schaute sie an. Misstrauisch beobachtete sie, wie er dasaß, ein Bein über das andere gelegt, und sich mit einem goldgeränderten Briefumschlag lässig an die Stiefelspitze klopfte. Sie hielt seinem Blick stand, probierte die Flügel noch zweimal aus. Ihr Rücken fühlte sich wie Wackelpudding an, die Bauch- muskeln waren so verkrampft, dass sie schmerzten.
»Was ist denn« – sie hielt inne, um Luft zu holen – »in dem Umschlag?«
Ihre Flügel klappten zusammen, und sie spürte, wie sie an das Kopfende des Bettes sank. Es dauerte einen Augen- blick, bis Elena begriff, dass er sie manipuliert hatte. Tief in ihrem Inneren wurde ihr ganz kalt, auch wenn er aufstand und ihr jetzt ein Handtuch aufs Bett warf. Verdammt, das würde er nicht noch einmal mit ihr machen!
Doch trotz des in ihr tobenden Unmuts wischte sie sich schweigend über das Gesicht. Denn er hatte recht: Sie war ihm nicht ebenbürtig, bei Weitem nicht. Und durch das Koma war sie ein wenig durcheinandergeraten. Von jetzt an würde sie an dem Schutzschild arbeiten, mit dem sie schon vor ihrem Engelsein begonnen hatte. Möglicherweise konnte sie es nun aufgrund der Veränderungen für eine längere Zeitspanne aktivieren.
Verzweifelt versuchte sie, ihre verhärtete Schulter- muskulatur zu entspannen, nahm ein Messer vom Nachttisch und reinigte die Klinge mit dem Handtuchzipfel.
»Geht es dir jetzt besser?«
»Nein.« Er kniff die Lippen zusammen. »Hör mal gut zu, Elena. Ich werde dir nicht wehtun, aber ich kann nicht dulden, dass du dich ganz meiner Kontrolle entziehst.«
Wie bitte?
»Wie genau sieht denn eine Beziehung unter Erzengeln
aus?«, fragte sie mit aufrichtiger Neugier.
Daraufhin schwieg er eine Weile. »Da Michaelas und Urams Verbindung nicht mehr besteht, gibt es nur noch eine feste Beziehung.«
»Und da die Göttliche selbst ein Erzengel ist, waren sie einander ebenbürtig.«
Kaum wahrnehmbar nickte er. Er war so verdammt schön,
dass es ihr schwerfiel, in seiner Gegenwart klar zu denken, obgleich ihr bewusst war, dass er einen Hang zur Rück- sichtslosigkeit besaß, der mit jeder Faser seiner Seele verwachsen war.
Im Bett äußerte sich diese Rücksichtslosigkeit in einer alles beherrschenden Wildheit, die Frauen vor Lust um den Verstand brachte.
»Wer sind die anderen beiden?«, fragte sie und kämpfte gegen das bohrende Verlangen in sich an. Seit sie erwacht war, hatte er sie in seinen Armen gehalten; seine Umarmung war kraftvoll und stark, manchmal sogar herzerwärmend sanft gewesen. Aber heute sehnte sie sich nach heftigeren Zärtlichkeiten.
»Elias und Hannah.«
Ein Funkeln trat in seine Augen, die jetzt eine Farbe annahmen, die sie schon einmal im Atelier eines Malers gesehen hatte. Preußischblau. So hieß diese Farbe, Preußischblau. Satt. Exotisch. Irdisch auf eine Art, wie sie es bei einem Engel nie für möglich gehalten hätte, bis der Erzengel von New York in ihr Leben getreten war.
»Du wirst gesund werden, Elena. Und dann werde ich dir zeigen, wie Engel tanzen.«
In diesen nüchtern hervorgebrachten Worten klang unterschwellig eine Verheißung mit, von der sie einen ganz trockenen Mund bekam.
»Elias?«, lockte sie mit rauer Stimme.
Er sah sie unverwandt an, seine Lippen waren grausam und sinnlich zugleich.
»Er und Hannah sind schon seit Jahrhunderten ein Paar. Obwohl sie mit der Zeit immer mächtiger geworden ist, heißt es, sie sei zufrieden damit, seine Gehilfin zu sein.«
Elena musste eine Weile über dieses veraltete Wort nachdenken.
»Der Wind unter seinen Flügeln?«
»Wenn du so willst.«
Schlagartig bestand sein Gesicht nur noch aus scharfen Konturen und Kanten – männliche Schönheit in unbarm- herziger Reinkultur.
»Damit würdest du dir auch nichts vergeben.«
Elena wusste nicht so recht, ob das als Vorwurf oder Befehl gemeint war.
»Nein, würde ich nicht.«
Noch im Sprechen stand ihr deutlich vor Augen, dass sie all ihre Kraft würde aufbieten müssen, um sich gegen Raphaels unglaubliche Stärke behaupten zu können.
Wieder klopfte er mit dem Umschlag, um es noch spannender zu machen.
»Von heute an tickt die Uhr. In etwas mehr als zwei
Monaten musst du auf den Beinen und in der Luft sein.«
»Warum?«, fragte sie voll unbändiger Freude.
Preußischblau erstarrte zu schwarzem Eis. »Lijuan gibt dir zu Ehren einen Ball.«
»Meinst du wirklich Zhou Lijuan, die Älteste aller Erzengel?«
Im Nu war die Freude verpufft. »Sie ist … anders.«
»Ja. Sie hat eine merkwürdige Entwicklung genommen.«
Etwas Dunkles hatte sich in seine Stimme eingeschlichen, Schatten, so dunkel, dass sie beinahe greifbar waren.
»Sie ist nicht mehr ganz von dieser Welt.«
Elena verspürte ein Kribbeln auf der Haut. Wenn schon ein Unsterblicher so etwas sagte …
»Warum sollte sie einen Ball für mich ausrichten? Sie kennt mich doch überhaupt nicht.«
»Ganz im Gegenteil, Elena. Der gesamte Kader der Zehn weiß von dir – immerhin hatten wir dich engagiert.«
Bei dem Gedanken, dass das mächtigste Gremium der Welt an ihr Interesse hatte, brach Elena der Angstschweiß aus. Dass Raphael dazugehörte, machte die Sache nicht besser. Schließlich wusste sie, wozu er imstande war, über welche Macht er verfügte und wie leicht es für ihn wäre, die Grenze zum wahrhaft Bösen zu überschreiten.
»Jetzt sind es nur noch neun«, sagte sie.
»Uram ist ja tot. Es sei denn, ihr habt einen Ersatz ge- funden, während ich im Koma lag?«
»Nein. Menschenzeit bedeutet uns nur wenig.«
Die lässige Gleichgültigkeit eines Unsterblichen. »Lijuan geht es um Macht – sie will meinen kleinen Liebling sehen, meine Achillesferse in Augenschein nehmen.«


Copyright © 2010 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH.

Impressum

Texte: Egmont Lyx ISBN: 978-3802582752
Tag der Veröffentlichung: 27.07.2010

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