Cover

Prolog

Xitroca, der Statthalter Ximons, saß auf seinem Knochenthron umgeben von zahlreichen Priestern des dunklen Gottes. Nachdem die Bauarbeiten im Inneren des alten Vulkankessels beendet waren, begann nun die nächste Phase der Eroberung von Makar.

Gestern war der dunkle Schirm von einem Dutzend Priestern aktiviert worden, nachdem er selbst in einer blutigen Zeremonie das Permanentportal in die Domäne des Orcusfürsten Xytramon errichtet hatte. Von heute an konnten Dämonen unbegrenzte Zeit innerhalb des Schutzschirmes auf Makar verweilen. Er erwartete deshalb in den nächsten Tagen eine große Gruppe Ifrits, die sich in seinem Palast häuslich einrichten würden. Mit Ihnen würde dann die Vorgehensweise für die schrittweise Übernahme von Khitara besprochen werden.

Futter für die Dämonen war genügend vorhanden, denn Xitroca hatte die Arbeiter, welche seinen Palast errichtet hatten, kurzerhand dämonisieren und in die Sklavenpferche einsperren lassen. Wenn dieser Vorrat in einigen Wochen aufgebraucht sein würde, hatte er mit dem Kaiser vereinbart, dass er jeden Monat eintausend Sträflinge als „Arbeitssklaven“ erhalten würde, um die Futterbestände ständig auffüllen zu können.

Finster lächelnd wandte er sich nun an seine Priesterschaft und verkündete mit lauter Stimme: „Ab morgen werdet ihr lernen, wie man einen Dämonenobelisken erschafft. Sobald ihr das beherrscht, werden wir mit der Produktion beginnen, und die Stelen in den Dörfern des Umlandes aufstellen lassen. Sie werden es den Dämonen erlauben, sich dauerhaft auf Makar aufzuhalten, solange sie alle sieben Tage zu einem Obelisken zurückkehren, um ihr dunkles Karma wieder aufzuladen. So werden wir nach und nach ganz Khitara unter unsere Kontrolle bringen. Und nun geht und bereitet euch vor.“

Ehrerbietig verbeugten sich die Priester und verließen den Thronsaal. Xitroca lächelte zufrieden. Dieses Mal war sein Plan perfekt. Niemand würde seine Pläne behindern, denn alle hochrangigen Militärs der khitarschen Armee hielten sich an den Grenzbefestigungen zu Gheitan und Gromor auf, begierig die Truppen des Hüters zu schlagen.

Zunächst war er gar nicht erfreut gewesen, als ihm zugetragen worden war, dass es dessen Truppen gelungen war in Gheitan einzudringen. Doch im Grunde genommen spielte ihm das in die Hände, denn so war kein geordneter Widerstand der Menschen gegen die Ausbreitung der Dämonenherrschaft, ausgehend vom Mogui-Tal, über Khitara zu erwarten, selbst wenn die Khitarer irgendwann begreifen sollten, dass sie nichts weiter als Dämonenfutter waren.

Orte der Handlung

 

Kapitel 1

Der ehemalige khitarsche General Zhao stand zusammen mit Graf Ansgar da Burgos auf einem der aus Holz errichteten Türme des Lagers, an welchem die Schlacht gegen die Hauptarmee von General Wang vor einer knappen Woche geschlagen worden war und blickte der Armee des Siegers hinterher, welche zum Tor von Gromor zog.

„Glaubt ihr, dass der Hüter General Ho zur Aufgabe bewegen kann?“, fragte der Gemahl der lorcanschen Königin mit hörbarem Zweifel in der Stimme nach.

Zhao lächelte in der, für sein Volk so typischen, Art und antwortete mit fester Stimme: „Ich denke, er hat eine gute Chance, nachdem er General Hos gefürchteten Schwiegervater Wang besiegt hat. Ho ist recht unerfahren und ein typischer Günstling ohne jegliche Kampferfahrung. Des Hüters Angebot sein Leben und das seiner Soldaten zu schonen, wird ihn davon abhalten die Schlacht mit des Hüters Armee zu wagen!“

„Euer Wort in Amas Ohr“, versetzte Ansgar da Burgos. „Falls es Ragnor gelingt, wird auf Euch die große Aufgabe zukommen, eine Armee aus Khitarern zu formen, die gegen ihren eigenen Kaiser kämpft. Das stelle ich mir alles andere als einfach vor!“

Ernst nickte Zhao zustimmend und strich sich dabei mit der rechten Hand über seinen grauen Bart: „Das wird auch nicht einfach werden, denn der Kaiser ist für die einfachen Soldaten so etwas wie ein Gott.“

Ansgars Erschrecken, ob dieser Aussage wahrnehmend, fügte er eilig hinzu: „Was aber einfach sein wird, ist unsere Soldaten in ein großes Feldlager zu stecken und sie dazu zu bewegen, sich neutral zu verhalten. Sie werden nichts gegen eure Armee unternehmen, solange sie gut versorgt werden, denn in Khitara werden Bauern zum Dienst in der Armee gepresst und mit der Peitsche gnadenlos gedrillt. Ohne Befehle ihrer Vorgesetzten werden sie froh sein, nicht kämpfen zu müssen. Sie allerdings dazu zu bewegen gegen den Kaiser ins Feld zu ziehen, wird schwierig werden, denn religiöse Vorbehalte wurzeln tief!“

Nachdenklich runzelte Graf Ansgar die Stirn und antwortete ernst: „Nun wir werden erleben, ob ihr Recht habt. Ich weiß, dass Ragnor euch vertraut, nachdem er eure Gedanken gelesen hat. Deshalb hat er ja nur fünf Regimenter leichte Kavallerie hier zurückgelassen, um fast drei Divisionen Khitarer zu bewachen. Wir werden also in Bälde sehen, ob ihr Recht behaltet.“

General Zhao verstand die Zweifel des Lorcaners an seinen Worten nur zu gut. Der Erfolg der Neutralisierung der Khitarer in Gheitan, würde entscheidend davon abhängen, dass sein Offizierskorps loyal zu ihm und dem Hüter stand.

 

Shangwei Lin aus dem Hause Wang, ein Cousin des Kaisers, der an der Seite von Ragnor das Vidakar und mehr als fünfzigtausend Mann gegen das Tor von Gromor vorrückte, plagten ähnliche Gedanken. Natürlich hatte er Angst vor der Zukunft, denn sein Entschluss, sich dem Hüter anzuschließen und sich damit gegen die eigene Verwandtschaft zu stellen, ja sogar mit Hilfe Ragnors den Drachenthron anzustreben, hatte sein bisheriges Leben mehr als nur auf den Kopf gestellt. Seine Begegnung mit dem Hüter hatte ihn aus seinem bequemen privilegierten Leben gerissen, welches bis auf den leichten Militärdienst als Aufklärer, vollkommen sorgenfrei gewesen war. Nun sah er sich plötzlich mit der Verantwortung konfrontiert, möglicherweise eine entscheidende Rolle bei der Rettung des ganzen Planeten zu spielen. Natürlich war die Aussicht, vielleicht Kaiser werden zu können, durchaus verlockend. Jedoch verkannte er nicht, dass die Wahrscheinlichkeit stattdessen, sein Leben zu verlieren und in Schande zu sterben, weitaus größer war. Die Risiken und Unwägbarkeiten ihres ungeheuren Vorhabens das Riesenreich Khitara zu erobern und die Dämonen zurück in den Orcus zu treiben, waren gegenwärtig kaum abschätzbar. Dennoch überwältigte ihn diese Angst nicht, denn des Hüters Argumente hatten ihn davon überzeugt, dass es keine Alternative gab.

Dieser Ragnor da Vidakar war schon ein außergewöhnlicher Mensch und darüber hinaus ein genialer Stratege, der scheinbar mühelos zwei Armeen Khitaras, die bisher als unschlagbar gegolten hatten, besiegt hatte. Dennoch hatte der Hüter ihm und General Zhao nicht eingeredet, es würde leicht werden, sondern mit ihnen ganz offen über die Unwägbarkeiten und Risiken seines Vorhabens gesprochen. Das rechnete ihm der junge Mann besonders hoch an, da es in Khitara vollkommen unüblich war, sich ehrlich und offen auseinanderzusetzen, um zu guten Entscheidungen zu gelangen. Dort galt immer und ausschließlich nur das Wort des Ranghöheren und man lief Gefahr, umgehend seinen Kopf zu verlieren, sollte man es wagen, unbequem Fragen zu stellen oder gar zu widersprechen.

 

 

In der Befestigung von General Ho am Tor von Gromor war inzwischen die Nachricht von der Niederlage seines Schwiegervaters eingetroffen, denn Ragnor hatte angeordnet einige der gefangen genommenen Soldaten entkommen zu lassen. Hetman Tamerlan und seine Leibwache waren ihnen dann in gebührendem Abstand gefolgt, um sicherzugehen, dass diese nicht versuchen würden, sich zu verstecken, um anschließend nach Samarkand oder gar in Richtung auf die Grenzbefestigung zu Khitara im Osten zu fliehen. Doch die drei Soldaten, ein Offizier der berittenen Aufklärungsschwadron und zwei seiner Männer, hatten daran offenbar keinen Gedanken verschwendet und waren geradewegs in Richtung der Grenze zu Gromor geflohen.

 

General Ho war erschüttert gewesen, als er von dem Bericht des Shangwei der Lanzenreiter hörte. Er hätte niemals geglaubt, dass sein stets übermächtig wirkender, arroganter Schwiegervater von einer feindlichen Armee geschlagen werden könnte. Obwohl ihm die Nachricht zunächst eine Höllenangst gemacht hatte, hatte er sich dennoch ein kleines Gefühl der Schadenfreude nicht verkneifen können, insbesondere da es offenbar eine vernichtende Niederlage gewesen war. Er hatte den alten Hagestolz noch nie leiden können, der ihn mehr als einmal abgekanzelt hatte, weil er ihn für einen verweichlichten Höfling und Versager hielt.

 

Doch die Befriedigung über die Demütigung von des alten Wang hielt nicht lange an, denn nun sah er sich selbst mit dem Problem konfrontiert, diesem furchtbaren Feind standhalten zu müssen. Gerne wäre er geflohen, doch es gab keinen Ausweg. Vor der Grenzfestung saß die Belagerungsarmee aus Caer und von hinten kam dieser verdammte Hüter Amas mit seinen Streitkräften. Er und seine Männer saßen in der Falle. Er konnte nur noch ein wenig die Palisaden verstärken und das Vorfeld verbarrikadieren lassen, bevor der Feind heran war. Ob ihm sein Dutzend Bliden, die er von der Torfestung zur weit schwächeren Palisadenmauer hatte schaffen lassen, letztendlich etwas nützen würden, war ebenfalls höchst ungewiss. Aber es war das Einzige, was er tun konnte.

Das Schlimmste war aber, dass er überhaupt keinen Plan hatte, wie man so einem Feind begegnen könnte, da er in seinem bisherigen Leben noch nie eine Schlacht geschlagen hatte. Die wenigen Strafexpeditionen, bei denen er das Kommando geführt hatte, waren bessere Spaziergänge gegen aufmüpfige Nomadenstämme gewesen, welche der geballten Macht der khitarschen Regimenter nichts entgegenzusetzen gehabt hatten.

 

 

Einen Tag vor dem Erreichen der feindlichen Linie berief Ragnor seinen Kommandostab ein, wozu auch der junge Lin eingeladen worden war.

Nachdem sich alle Kommandeure versammelt hatten, erhob sich Ragnor da Vidakar, hob seinen, mit besten Kaarborger Bier gefüllten, Krug und prostete ihnen zu: „Meine Herren. Morgen werden wir gegen Abend in Sichtweite es Feindes unser Feldlager aufschlagen. Von dort aus werden wir dann Lichtsignale in die Berge schicken, um General Malleine unsere Ankunft mitzuteilen. Ich bin mir sicher, dass er irgendwo da oben einen Beobachtungsposten eingerichtet hat. Mit dem können wir dann hoffentlich Nachrichten mithilfe unseres Spiegelsignalsystems austauschen, damit wir erfahren in wieweit er uns unterstützen kann!“

Oberst Iskander, der Kommandeur der Bogenschützen räusperte sich und fragte neugierig nach: „Hast du schon einen Plan, wie wir die Khitarer zur Aufgabe bewegen können?“

„Nein, noch nicht. Aber ich möchte versuchen sie so zu entmutigen, dass sie sich ergeben.“, antwortete der Hüter.

 

König Ralph nippte lustlos an seinem Bierkrug, denn er zog ruhmvolle Siege, langweiligen Kapitulationen vor. Eigentlich konnte er gar nicht verstehen, warum sie die Khitarer nicht einfach vernichteten, deshalb warf er missmutig ein: „Ich verstehe die ganze Diskussion nicht. Wir sind den Khitarern militärisch haushoch überlegen. Machen wir sie doch einfach platt!“

 

Der junge Khitarer Lin zuckte bei der kalten Aussage des Königs von Caer zusammen, denn der arrogante Kerl hatte leider recht. Bisher hatte die hochgelobte Armee Khitaras auf der ganzen Linie versagt.

„Ich denke nicht, dass das sinnvoll wäre!“, widersprach der Großkhan der Orks, sichtlich genervt von Ralphs Ignoranz. Die Dämonen sind die Feinde aller Lebewesen unseres Planeten. Es wäre schädlich und nutzlos, wenn sich die Bewohner von Makar gegenseitig abschlachten, anstatt gemeinsam gegen die Horden des Orcus vorzugehen. Deshalb sollten wir alle Anstrengungen unternehmen, die Khitarer und die Gheitaner auf unsere Seite zu ziehen!“

 

Die Orkkriegerin Belara, die am Eingang des Ratszeltes Wache hielt, pflichtete den Worten ihres Khans von ganzem Herzen bei. Gerade als König Ralph dem Khan widersprechen wollte, mischte sich ihr Liebster, Kanzler Oswald da Kormon, energisch in die Debatte ein: „Ich unterstütze die Position von Großkhan Kamar, dass wir es versuchen müssen, die Khitarer auf unsere Seite zu ziehen. Ich hoffe inständig, dass es uns auch gelingt, die Völker Makars zu einen. Falls es misslingt, hoffen wir das der König Recht behält und wir unsere menschlichen Feinde besiegen können, ohne dabei auszubluten!“

 

Dieser geschickt formulierte Einwurf nahm dem König Ralph den Wind aus den Segeln, sodass er auf seinen Widerspruch verzichtete, der ihm schon auf der Zunge gelegen hatte.

 

Belara war in diesem Moment mehr als stolz auf ihren Oswald, dem es wieder einmal mit seinem diplomatischen Geschick gelungen war, nutzlose Diskussionen und Konflikte vermeiden zu helfen. Es war einfach wichtig, dass alle an einem Strang zogen, ohne sich in kleinlichem Streit zu entzweien.

 

Auch der junge Lin war überaus froh, dass die Westallianz ihre militärische Überlegenheit nicht gnadenlos ausnutzte, um ihre Feinde einfach zu vernichten, sondern nach anderen Wegen suchte. Dies ließ den Hüter und seine Männer weiter in seiner Achtung steigen, denn im Kaiserreich Khitara galt nur das Recht des Stärkeren. In Khitara gab es Vieles, was verändert werden musste. Vielleicht war der Kampf gegen die Ximonisten und die Rolle, die ihm der Hüter in dieser Auseinandersetzung zugedacht hatte, eine große Chance für seine Landsleute auf ein besseres Leben, sofern die Dämonen besiegt werden konnten.

 

 

„General Malleine. Soeben signalisiert unser Beobachtungsposten, dass die Nordarmee im Anmarsch auf die Sperranlagen der Khitarer ist!“

Erfreut, ob dieser guten Nachricht hieb der alte Haudegen mit der Faust kräftig auf den Tisch und rief nach seinem Adjutanten: „Rufe umgehend meine Kommandeure zusammen, es gibt Arbeit für uns!

Während der Leutnant nach draußen eilte, warf der greise General noch einmal einen Blick auf die letzten Berichte, welche die Feuerschoner mit Hilfe der neuen Signaltechnik übermittelt hatten.

Das von Ragnor entwickelte einheitliche Signalwesen, welches entweder mittels Spiegeln oder bei schlechtem Wetter mittels Flaggensignalen in der Lage war, Textnachrichten zu übermitteln, bedeutete einen gewaltigen Fortschritt. Nun war man in der Lage, auch über unwegsames Gelände hinweg zu kommunizieren, solange man nur Sichtkontakt herstellen konnte. Diese Methode wurde in der Regel vor allem in Gefechten zur See und zu Lande eingesetzt, wenn man Gefechtskommandos oder Zielkorrekturen für die Justierung von Belagerungsmaschinen übermitteln wollte.

Hier, am Tor von Gromor, war sie aber im Moment vor allem für Schiffe auf See nützlich, die hier nicht anlegen konnten, oder auch um mit der anrückenden Nordarmee über die feindliche Befestigung hinweg Nachrichten austauschen zu können.

 

Mit einem zufriedenen Schmunzeln setzte sich der alte Haudegen und nahm einen Schluck von seinem Morgentee. Seine Feuerbliden würden bereit sein, sobald Herzog Ragnor ihren Einsatz befahl. Sie würden dann, aufgrund des Beobachtungspostens auf dem Bergkamm in der Lage sein, Ziele im Lager des Feindes jenseits der Sperrmauer zielgenau zu treffen. Still lächelte er dabei in sich hinein. Er war unendlich dankbar, dass er am Ende seiner Laufbahn endlich einmal einen gerechten Krieg führen durfte. Im Lichte der Dämonengefahr muteten die militärischen Auseinandersetzungen mit dem Königreich Caer, um bedeutungslose Landgewinne geradezu kindisch an.

 

 

General Ho stand mit den sechs Divisionskommandeuren seiner Armee auf der Torbefestigung des doppelten Palisadenzaunes, welches das enge Tal vor dem Tor von Gromor sperrte und hinter dem seine Streitkräfte in Stellung gegangen waren.

Deguo Shao deutete mit der Hand auf die acht großen Bliden, welche mit reichlich Steinkugeln versehen, einhundert Fuß hinter den Palisaden aufgereiht waren und bemerkte dienstbeflissen: „Die Abwehrbliden sind bereit, Pfeilkatapulte und Großarmbrüste in Position auf den Palisadengängen und an den Schießscharten.“

Der junge General nickte zustimmend, während sein Blick nahezu unverrückbar an den anrückenden Feindverbänden klebte, an deren Spitze Reiter in schimmernden Panzern mit hocherhobenen Lanzen ritten. In den Panzerrüstungen spiegelte sich die Morgensonne, sodass Ho seine Augen zukneifen musste, um nicht geblendet zu werden.

Nun die Reiter machten ihm keine Angst, denn er hatte das Vorfeld der Palisadenbefestigung mit jeder Menge Reiterhindernissen, Fußangeln und einigen Gräben versehen lassen. Doch andrerseits bedeutete das auch, dass das Gros seiner Soldaten den feindlichen Angriff innerhalb der Befestigung erwarten musste, da nur einige Tausend auf der Befestigung kämpfen konnte. Das hatte zwar den Vorteil, dass man vermutlich das Gros der Reiter würde ausschalten können, bevor die Heere wirklich aufeinanderprallten, aber seine Infanterieregimenter konnten dafür auch nicht wirksam selber angreifen, solange sich der Feind außerhalb des doppelten Palisadenwalls befand.

Wenigstens konnte die Südarmee des Hüters hinter der steinernen Sperrmauer nicht in die Kämpfe eingreifen, sodass er sich auf den heranziehenden Feind würde konzentrieren können.

 

Als sich die alte Sonne Makars dann ihrem Zenit näherte, wurde den Khitarern klar, dass am heutigen Tag kein Angriff mehr zu erwarten war, denn der Feind hatte außerhalb der Schussweite der großen Bliden haltgemacht und damit begonnen ein großes Feldlager aufzuschlagen. General Ho wusste nun, Dank der Beobachtung seiner Offiziere, dass ihm ein etwa gleich starker Feind gegenüberstand, dessen Streitkräfte aber fast zur Hälfte aus Reitern bestand. Was das letztendlich zu bedeuten hatte, wusste er zwar nicht genau, aber nach dem, was der geflohene Offizier berichtet hatte, war die Niederlage seines Schwiegervaters vor allem dem massiven Angriff der schweren Reiter geschuldet gewesen. Nun dies würde ihm nicht passieren, denn er würde den Feind in seiner befestigten Stellung erwarten, gegen die Reiter nur wenig ausrichten konnten. Bevor sie innerhalb der Umfriedung waren, würden sie bereits erhebliche Verluste erlitten haben und dann von einem Bolzenregen und einem geschlossenen Schildwall empfangen werden.

 

 

Im Lager der Angreifer wurde neben den Zelten vor allem an der Montage der Feuerbliden gearbeitet. Aufgrund des geringen Geschossgewichtes und ihrer speziellen Konstruktion konnten diese in einem Sicherheitsabstand von zweihundert Schritt, außerhalb der Trefferreichweite der feindlichen Bliden, montiert werden und würden aufgrund ihrer hohen Reichweite nicht nur die Palisadenmauer, sondern auch die dahinter platzierten Abwehrbliden problemlos erreichen können.

 

Am nächsten Morgen ließ Ragnor die Ritterschaft erneut in breiter Front aufziehen, die Reichsritter in ihren schimmernden Panzern in der ersten Reihe, um dem Gegner zu suggerieren, ein Angriff stünde unmittelbar bevor. Danach sandte er mittels des Spiegeltelegraphen eine Reihe von Fragen an den Beobachtungsposten seiner Südarmee, der auf einem Bergkamm seitlich oberhalb des feindlichen Sperrwerkes lag.

König Ralph, der darauf bestanden hatte, bei seinen Reichsrittern in der aufgebauten Angriffslinie zu stehen, begann sich schnell zu langweilen, denn es verging Stunde um Stunde, ohne dass der Gegenbefehl gegeben wurde.

Oswald da Kormon, der neben ihm auf seinem Streitross saß, blieb das natürlich nicht verborgen, also verwickelte er sein Souverän in ein Gespräch, um ihn ein wenig abzulenken. Er deutete mit einer weitausholenden Bewegung seines Panzerhandschuhs auf die Schießscharten und Wachtürme in der feindlichen Palisadenbefestigung und bemerkte in launigem Ton: „Ich möchte nicht mit den Khitarern tauschen. Sie warten nun schon seit mehr als zwei Stunden darauf, dass unser Angriff beginnt!“

„Ich wollte, er würde beginnen“, knurrte der König hörbar missmutig, Oswalds Versuch einer Aufmunterung ignorierend. „Es ist stinklangweilig hier einfach nur so herumzusitzen!“

„Stimmt“, pflichtete ihm der schlaue Kanzler bei. Um dann schnell hinzufügen: „Aber es ist eben absolut notwendig. Wir müssen genau wissen, wo der Feind seine Infanterie aufgestellt hat, um unseren Angriff zu erwarten, damit General Malleine seine Feuerbliden auf die feindliche Infanterieformationen ausrichten kann!“

„Wozu soll das gut sein?“, grummelte der König weiter, noch keineswegs von den Argumenten seines Kanzlers überzeugt.

Oswald da Kormon atmete tief durch, zum wiederholten Maße vom taktischen Unvermögen Ralphs entsetzt, und antwortete leicht genervt: „Nun, Ragnor will, während unsere Feuerbliden die Palisadenbefestigung ausschalten, Malleines Bliden auf die Infanterieformationen feuern lassen. Das wird vermutlich dazu führen, dass die feindlichen Truppen in Panik in Richtung Sperrmauer fliehen, sodass wir das Vorfeld räumen lassen können, um vorzurücken!“

„Das ist ein brauchbarer Plan“, stimmte ihm der König, wenn auch widerwillig zu, dem diese unritterliche Art der Kriegsführung überhaupt nicht zusagte. „Dann müssen wir uns wenigstens nicht mit den Gräben und Kavalleriehindernissen herumplagen, welche die Khitarer vor den Palisaden installiert haben. Je weniger Verluste, desto besser!“

„So sehe ich das auch, Eure Majestät“, stimmte ihm Oswald mit einem gewinnenden Lächeln zu. „Wir werden auf unserem langen Marsch nach Quingdong jeden unserer Ritter brauchen. Schließlich ist die schwere Reiterei einer unserer Hauptwaffen gegen die Dämonen!“

Bei diesen Worten hellte sich das Gesicht des Königs merklich auf, denn Lobreden auf die Ritterschaft waren Balsam für seine Seele: „Ja, da habt ihr verdammt Recht, mein lieber Oswald. Verdammt Recht!“

 

Gegen Mittag versammelten sich dann die Kommandeure im Ratszelt, nachdem Ragnor die Ritterschaft zurück ins Lager hatte rufen lassen.

Nach einem kurzen, aber schmackhaften Mittagsmahl erhob sich der Großmeister der Amaritter, Trutz da Falkenberg, um auf Wunsch Ragnors die Erkenntnisse des Vormittags dem Kommandorat vorzustellen. Er trat hinüber zur großen Schiefertafel, auf welcher das Gefechtsfeld eingezeichnet worden war, und deutete zunächst mit der Hand auf die feindliche Befestigungslinie und die dahinter liegenden Bliden: „Dies ist der Bereich, denn wir zuerst mit Vidakarer Feuer vernichten werden. Etwa fünfhundert Schritt hinter den Bliden hat General Ho heute Morgen seine Infanterie antreten lassen, auf diese Formation wird General Malleine seine Feuerbliden ausrichten. Er wird aber erst feuern, wenn wir Befestigung und Bliden weitgehend zerstört haben!“

„Warum feuern wir nicht gleichzeitig?“, warf der König stirnrunzelnd ein.

„Wäre das nicht wirkungsvoller?“

Großkhan Kamar antwortete in freundlichem Ton, obwohl ihn die Ignoranz des Königs tierisch nervte: „Mein lieber Ralph, wir wollen, dass der Feind sich demoralisiert ergibt. Das erreichen wir am besten, wenn sie erst einmal zusehen müssen, wie wir ihre Befestigung und ihre schweren Waffen wegpusten und dann, wenn sie sich fertigmachen, um uns zu empfangen, schlägt es von hinten bei ihnen ein. In diesem Moment haben sie nur noch den Weg nach hinten zur Mauer und genau da wollen wir sie haben!“

Hetman Tamerlan, der Kommandeur der Chorosani, fügte trocken hinzu: „Wenn der Feind dann ins enge Tal hinein flieht, können unsere Feuerwagen und die Pioniere unbedrängt vorrücken, um die Vorfeldhindernisse zu entfernen oder im Falle der Gräben mit Bohlen zu überbrücken. Ich möchte nicht, dass sie unsere Pferde beim Vorrücken unnötig verletzen!“

Nun erhob sich Ragnor, warf einen Blick in die Runde und verkündete mit lauter Stimme: „Wir sind uns alle einig, wie unser erster Angriff aussehen wird. Aber bevor wir zur Gewalt greifen, werden ich und Kamar, in Begleitung von Lin an Wang dem Feind anbieten zu kapitulieren. Ich glaube zwar nicht, dass wir Erfolg haben werden, aber wir können ihnen dann schon mal erläutern, was ihnen blüht, falls wir die Schlacht gewinnen!“

Als der junge khitarsche Adelige Lin mit den anderen das Ratszelt wieder verließ, war er äußerst nervös. Wie würde es wohl sein, wenn er an der Seite des Hüters seinen Landsleuten gegenübertreten musste? Er kannte weder General Ho noch irgendeinen seiner Kommandeure. Er selbst war ja nur ein äußerst unbedeutendes Mitglied des Kaiserhauses. Deshalb hatte Ragnor vorgeschlagen, dass er bei dem geplanten ersten Treffen mit ihren Feinden, nicht über die ihm zugedachte Rolle als zukünftiger Kaiser verlauten lassen sollte. Falls er gefragt würde, sollte er sich darauf beschränken, die Niederlagen der Generale Wang und Zhao in drastischen Worten zu schildern und dabei zu erwähnen, dass die Westallianz im Gegensatz zum Kaiserhaus bereit war, den Unterlegenen Gnade zu gewähren, sofern sie sich ergaben.

 

 

„Es nähert sich ein Parlamentär unserem Tor, verehrter General“, meldete der Adjutant von General Ho.

General Ho sah auf, überlegte einen Moment und antwortete dann sichtlich nervös: „Ruft Deguo Shao. Er soll zum Tor kommen. Wir treffen uns dort!“

 

Am Tor angekommen, erwartete ihn der Deguo, was im Rang einem Oberst bei der Westallianz entsprach, auf der Torplattform, wies mit der Hand aufs Vorfeld und meldete: „Es sind drei Reiter mit einer weißen Fahne am Rand der Vorfeldbefestigung. Was sollen wir tun?“

Der General griff nach dem Fernglas und musterte die drei Reiter, von denen zumindest einer ein Khitarer war, und einer der Parlamentäre war ganz sicher kein Mensch. Das machte ihn neugierig und deshalb antwortete er: „Also gut. Wir beide werden unter der Parlamentärflagge rausgehen und uns anhören, was sie zu sagen haben!“

Sichtlich überrascht, ob des unerwarteten Mutes seines Vorgesetzten, antwortete der Offizier: „Wie Ihr wünscht, mein General!“

Als sich das Holztor quietschend und knarrend öffnete, warteten Ragnor und seine Begleiter gespannt, wen General Ho wohl als Unterhändler schicken würde.

Als die beiden Offiziere in den aufwendigen Lederlackpanzern die halbe Strecke zurückgelegt hatten, riss der junge Lin überrascht die Augen auf, denn er erkannte an der Uniform, dass einer der beiden der General höchstselbst sein musste. Er beugte sich zu Ragnor hinüber und bemerkte: „Dort vorne kommt General Ho höchstpersönlich!“

Ragnor musterte die Gesichter der beiden Männer intensiv, die langsam näherkamen. Während das etwas feiste Gesicht des Generals und seine unsteten Augen verrieten, dass er die Freuden des Lebens ganz offenbar der Begegnung mit seinen Widersachern vorzog, deutete im schmalen, harten Gesicht seines Begleiters nur wenig daraufhin, dass von ihm Kompromissbereitschaft zu erwarten war.

Des Generals Augen hingen derweil vor allem an Kamars furchteinflößender Erscheinung, da er in seinem Leben bisher noch nie einen Ork zu Gesicht bekommen hatte. Der Großkhan machte auch auf dem ungewohnten Reittier eine wirklich gute Figur. Der schwarze Schuppenpanzer, der gehörnte Helm und das an den Wangen fellbedeckte Gesicht, machten Ho wirklich Angst.

Sein Begleiter, Deguo Shao, hingegen hatte, nachdem sein Blick kurz Lins Gesicht, den er aber nicht kannte, gestreift hatte, nur Augen für Ragnor in seiner goldbesetzten schwarzen Panzerrüstung. Das musste dieser verdammte Hüter Amas sein, von dem alles Unheil ausging, das den Khitarern in den letzten Wochen widerfahren war. Doch anstatt über das kommende Gespräch nachzudenken, kreisten dessen Gedanken, von Hass zerfressen, nur um den Punkt, wie man den Kerl loswerden konnte. Sein hasserfüllter Blick blieb natürlich auch Ragnor nicht verborgen und so vermutete er, dass dieser Offizier nicht nur ein militärischer Hardliner, sondern möglicherweise auch ein Ximonanhänger war.

Dann waren die beiden Khitarer auf ihren Pferden bis auf wenige Schritt endlich heran und zügelten ihre Pferde. Bevor Ragnor etwas sagen konnte, ergriff Deguo Shao mit harter Stimme das Wort: „Ihr habt unter der Flagge der Verhandlung, um eine Unterredung gebeten. General Ho und ich sind Eurer unangemessenen Aufforderung gefolgt. Ihr seid Eindringlinge, die das mit Khitara verbündete Gheitan überfallen haben. Also sagt, was Ihr zu sagen habt!“

Ragnors Gesichtszüge verhärteten sich, ob dieser arroganten Eröffnung, sodass er gar nicht erst versuchte, besonders freundlich oder gar diplomatisch zu sein. Also antwortete er ebenfalls in hartem Ton: „Ich bin Ragnor da Vidakar, ein Hüter Amas, und wir sind über das Meer gekommen, die Ximonanbeter zu vernichten!“

Bei dieser Aussage beobachtete er die beiden Khitarer aufmerksam. Während bei General Ho, von dem er ja aus dem Kopf seines Schwiegervaters wusste, dass er kein Ximonist war, kaum reagierte, war auf dem Gesicht des Obristen ein deutliches Erschrecken erkennbar.

Drum setzte der Hüter noch einen drauf und verkündete mit lauter Stimme: „Obwohl es in Khitara einen großen Hort der Ximonisten gibt, den wir auslöschen werden, haben wir zu unserer Freude festgestellt, dass nur eine Minderheit eures Volkes dem Verfluchten dient. Deshalb sind wir gewillt, das Leben Eurer Soldaten, die nicht Ximon anhängen, zu verschonen, falls Ihr euch bedingungslos ergebt!“

„Wir sollen uns ergeben?“, fauchte der Obrist sichtlich erbost und antwortete in herablassendem Ton, „Eure Streitkräfte sind den Unseren nicht einmal ebenbürtig.“

Nun sah der junge Lin den Zeitpunkt gekommen, in den Disput einzugreifen, indem er mit lauter Stimme einwarf: „Ihr irrt Euch gewaltig, falls Ihr glaubt, die Armee des Hüters besiegen zu können. Er hat nahezu ohne Verluste die Armeen von General Zhao und General Wang vernichtend geschlagen. Dabei sind mehr als sechzigtausend Soldaten Khitaras getötet worden!“

„Wer seid Ihr, dass Ihr auf Seiten des Feindes das Wort ergreift und solche Schauermärchen verbreitet?“, fragte nun General Ho sichtlich irritiert nach.

„Ich bin Lin an Wang, ein Cousin des Kaisers. Ich wurde auf meiner Mission als Meldereiter für General Wang gefangen genommen, als noch niemand wusste, dass eine fremde Armee in Gheitan einmarschiert war. Ich habe die beiden Schlachten beobachtet, und ich kann Euch sagen, dass Ihr nicht die geringste Chance habt zu siegen!“, antwortete Lin mit blitzenden Augen, sichtlich verärgert ob der Geringschätzung seiner Person, die aus den Worten von Ho gesprochen hatte.

„Das wollen wir erst einmal sehen“, entgegnete der Obrist, anstelle des Generals, der sichtlich verunsichert noch nach Worten rang. „Die glorreiche Armee des Kaiserreiches hat sich noch nie irgendwelchen dahergelaufenen Feinden ergeben!“

Mit diesen Worten riss der arrogante Khitarer sein Pferd herum und der verblüffte General folgte ihm, ohne ein weiteres Wort gesagt zu haben.

 

Auf dem Rückweg in ihre Befestigung, bemerkte Großkhan Kamar an Lin an Wang gewandt: „Das habt Ihr sehr gut gemacht, mein junger Freund. Ihr habt mit Euren Aussagen Angst und Zweifel im Herz des Generals gesät. Wenn erst Amas Feuer auf sie herabgeregnet ist, werden die Hardliner die Zustimmung der Soldaten verlieren und sie werden letztendlich kapitulieren!“

 

Zurück in ihrem Lager berichtete Deguo Shao den anderen Kommandeuren von dem Treffen mit dem Feind und deren unverschämter Forderung. Dabei verschwieg er allerdings, dass der Hüter bereit war, das Leben der Soldaten zu schonen, falls sich die Khitarer ergaben. Stattdessen beschwor er die legendäre Unbesiegbarkeit der khitarschen Armee. General Ho mischte sich nicht ein, denn er wusste, dass vier seiner sechs Obristen glühende Ximonanhänger waren. Also beschloss er erst einmal abzuwarten, wie der erste Angriffsversuch der feindlichen Armee aussehen würde. Vielleicht ergab sich ja dann eine Gelegenheit zu kapitulieren. General Ho hatte nicht die geringste Lust im Kampf gegen die Armee des Hüters sein Leben zu verlieren und er nahm, im Gegensatz zu Shao, die Warnung von Lin an Wang sehr ernst. Die Tatsache, dass sein Schwiegervater vernichtend geschlagen worden war, wog für ihn persönlich besonders schwer, denn er wusste, dass der alte Wang ein wirklich hervorragender Heerführer gewesen war.

 

Der Tag verging, ohne dass irgendetwas Nennenswertes geschah, lediglich seine Beobachter auf den Palisadentürmen hatten ihm gemeldet, dass bei vier der acht Bliden des Feindes geschäftiges Treiben herrschte. Daraus schloss er, dass der Feind beabsichtige, am nächsten Morgen mit seinem Beschuss zu beginnen, und er befürchtete, dass der Hüter ebenfalls mit diesen unangenehmen Brandgeschossen angreifen würde, mit denen schon des Hüters Südarmee seine Abwehrbliden auf der Sperrmauer am Tor von Gromor abgefackelt hatte. Diese leichten Geschosse trugen verdammt weit, sodass eine eigenen Abwehrbliden nicht würden wirksam antworten können. Auf jeden Fall würde er morgen das Kommando an der Palisadenmauer und bei den Abwehrbliden an Kommandeure aus Shaos Ximonisten-Lager übertragen und sich selbst bei seiner Infanterie in den hinteren Reihen aufhalten.

 

 

Am nächsten Morgen, als die rote Sonne Makars gerade über dem Meer aufging, begannen die Alarmgongs im khitarschen Lager laut und hektisch zu tönen. Als der General seine Unterkunft verließ, sah er vorne bei der Palisadenbefestigung die ersten Feuerblumen bei den Wehrtürmen und am Tor hochzüngeln. Der Beschuss hatte also begonnen.

Deguo Shao, der das Kommando bei den Abwehrbliden hatte, ließ wütend feuern, aber die feindlichen Geschütze befanden sich außer Schussweite. Nicht viel besser erging es den beiden Kommandeuren auf der Palisadenmauer. Auch sie ließen hastig die Pfeilkatapulte und Großarmbrüste auslösen, doch von den, mit Eisenspitzen versehenen, Pfeilen erreichten nur einige wenige die feindlichen Linien und richteten dort so gut wie keinen Schaden an.

Eine knappe Stunde nach Beginn des Beschusses brannten Türme und Palisade lichterloh, sodass sich die Besatzung der Holzbefestigung gezwungen sah, sich auf die Linie der Abwehrbliden zurückzuziehen. Doch kaum hatten sie sich dort gesammelt, schlugen die ersten Geschosse bei den großen Gegengewichtkatapulten ein, wobei die beiden Obristen der Befestigungsverteidigung getötet wurden. Lästerlich fluchend musste sich kurze Zeit später auch Deguo Shao zurückziehen, da die Soldaten tiefer hinein ins Tal fluteten, auf die Linie der Infanteriephalanx zu, welche dort Stellung bezogen hatte.

 

Okabe, auf seinem Spähposten hoch im Süden über dem Lager, beobachtete die Flucht der Palisadenbesatzung, wartete ab, bis die Fliehenden die Linie der Infanterie erreicht hatten, und gab dann das Zeichen für die Feuerbliden der Südarmee, nun die dicht gedrängten Infanteriephalanxen unter Feuer zu nehmen. Gleichzeitig richteten die Artilleristen der Nordarmee ihre Bliden auf maximale Reichweite aus, sodass Feuergeschosse kurz vor der Infanterie einschlagen würden, um jeden Versuch nach vorne zu fliehen von vornherein auszuschließen.

General Ho, der hinter seiner Infanterieformation vom Pferd aus die Flucht der Palisadenverteidiger beobachtet hatte, reagierte sofort, als die ersten Brandgeschosse über ihn hinwegflogen und in den dicht gedrängten Reihen seiner Soldaten einschlugen. Er befahl den sofortigen Rückzug zur Sperrmauer, wo sie die Geschosse der Südarmee nicht mehr würden erreichen können, um für die nun unausweichliche Kapitulation Zeit zu gewinnen.

Er war schon froh, dass die strenge Disziplin, welche in khitarschen Armee herrschte, verhinderte, dass seine Soldaten in Panik flohen, sondern dass sie sich einigermaßen geordnet zurückzogen. Kaum hatte die Rückzugsbewegung eingesetzt, stellte der Feind das Feuer ein, was den General hoffen ließ, dass der Hüter bereit war, noch einmal mit ihm zu verhandeln.

An der Mauer angekommen, kletterten er und seine Kommandeure unverzüglich auf den wuchtigen Torturm hoch, von wo aus sie das enge Tal gut einsehen konnten. Während sich die eigenen Truppen unten vor der Mauer sammelten, sah General Ho durch sein Fernrohr, dass der Feind damit begonnen hatte, die Vorfeldhindernisse zu beseitigen und die Gräben mit starken Bohlen zu überbrücken. Er würde also in Kürze in der Lage sein, mit seinen Truppen und auch mit seinen Feuerbliden vorzurücken. Es war also Eile geboten, wenn man der totalen Vernichtung entgehen wollte. Also wandte er sich an seinen Adjutanten und befahl: „Besorgt mir eine weiße Fahne. Deguo Cheng Li und ich werden zum Feind hinüberreiten, um über unsere Kapitulation zu verhandeln!“

„Seid Ihr verrückt“, ertönte da die Stimme von Deguo Shao, der inzwischen ebenfalls den Torturm erreicht hatte, „die kaiserliche Armee ergibt sich niemals!“

General Ho drehte sich langsam um, zog sein Schwert und musterte grimmig den aufmüpfigen Obristen und bevor dieser reagieren oder noch etwas sagen konnte, stieß er ihm die Waffe brutal in den Bauch. Dann sagte er mit lauter Stimme an seine übrig gebliebenen Stabsoffiziere gewandt: „Der Hüter wird alle Khitarer am Leben lassen, außer den Anhängern Ximons. Ich habe ihm also nur die Arbeit abgenommen!“

 

Als er dann mit Deguo Cheng Li, welcher die weiße Fahne trug, durch die stillen Reihen seiner Armee ritt, bemerkte er leise, an seinen alten Freund gerichtet: „Schau dir die Augen unserer Leute an. Niemand hier will gegen so einen übermächtigen Feind antreten, sie sind vollkommen demoralisiert.“

Deguo Cheng Li nickte zustimmend und antwortete: „Da habt ihr Recht, mein lieber Ho. Uns alle hätte nur ein Sieg retten können und der ist nicht möglich. Also schauen wir mal, wie die Bedingungen des Hüters aussehen!“

 

Auf der anderen Seite wartete Ragnor an der Seite von Kamar und Lin an fast derselben Stelle, an welcher das erste Treffen stattgefunden hatte, denn er wollte, dass General Ho und sein Begleiter das ganze Ausmaß der Zerstörung, welche das Vidakarer Feuer angerichtet hatte, aus der Nähe sahen, bevor sie zusammentrafen.

„Wenn der General kapituliert, wo willst du ihn dann mit mehr als fünfzigtausend Gefangenen unterbringen?“, fragte der Großkhan an Ragnor gewandt.

„Das muss abschließend noch besprochen werden, aber ich habe mit General Zhao gesprochen und angeregt, dass wir zwei große Lager für die Gefangenen einrichten. Eines in Bhopal und das andere in Surat. Aber es wird viel davon abhängen, dass wir zuverlässige Kommandeure für diese zwei Lager finden!“, antwortete er.

Kamar nickte zustimmend: „Das wäre eine Grundvoraussetzung. Aber es werden noch eine Reihe weiterer Dinge zu klären sein, bevor wir sicher sein können, dass wir uns damit keinen Feind im Rücken heranziehen!“

„Ich glaube, wir haben ganz gute Chancen, dass es funktionieren wird“, warf der junge Lin ein, „denn die Soldaten des Kaiserreiches sind zum Dienst gepresste Bauern, die nur Drill und Strafen kennen. Eine gute Behandlung und ein wenig Beschäftigung, zum Beispiel im Ackerbau, wird zumindest bei den Mannschaften dafür sorgen, dass sie keinerlei Lust zum Rebellieren oder gar Kämpfen verspüren werden. Wo wir Sorgfalt werden walten lassen müssen, ist bei den Offizieren. Doch da bin ich guten Mutes, denn des Hüters Fähigkeit, die Gedanken zu erforschen, wird verhindern, dass wir uns faule Äpfel in den Korb legen!“

Ragnor lächelte etwas gequält bei des Khitarers Worten. Doch dieser hatte vollkommen recht. Es würde notwendig sein, die Köpfe der Offiziere zu durchleuchten – eine Arbeit, die Ragnor hasste. Seine Freunde, die ihn ob dieser Fähigkeit bewunderten, hatten keine Vorstellung davon, wie furchtbar es war, die Gedanken fremder Menschen durchforsten zu müssen und alle ihre Missetaten fast miterleben zu müssen.

 

Bei den beiden Khitarern hatte der Ritt durch die noch immer qualmenden Leichen, brennenden Kriegsmaschinen und verkohlten Palisadenbefestigungen seinen Eindruck nicht verfehlt.

„Ich grüße Euch, Hüter Amas“, eröffnete General Ho, demütig den Kopf neigend das Gespräch. „Wir sind gekommen, um mit Euch über unsere Kapitulation zu verhandeln.“

Ragnor antwortete ebenso höflich: „Ich freue mich, verehrter General Ho, dass ein weiteres sinnloses Blutvergießen vermieden wird. Bitte folgt mir mit Eurem Begleiter in unser Lager. Wir werden dort die Beratung bei einer Schale Kalatee führen!“

 

Als die beiden khitarschen Offiziere sich dann nach einigen Stunden auf den Rückweg machten, bemerkte Deguo Sheng Li, an seinen Freund gewandt: „Du siehst mich sehr überrascht, hinsichtlich der Großzügigkeit der Bedingungen, wenn man bedenkt, welch ungeheuerlichen Vorwurf der Hüter gegen unseren Kaiser erhebt.“

General Ho nickte zustimmend und antwortete: „Ja, da kann ich Euch nicht widersprechen. Doch ich habe selber gesehen, als ich damals zu den Truppen meines Schwiegervaters stieß, wie er bei einer Strafexpedition gegen aufständische Bauern an der Ostgrenze unseres Reiches Dämonen eingesetzt hat. Deshalb zweifle ich nicht an des Hüters Worten. Doch nun wollen wir erst einmal unsere Soldaten aus dieser Todesfalle herausführen. Ich hoffe, dass ein ausführliches Gespräch mit General Zhao, den ich persönlich sehr schätze, uns weitere Informationen liefern wird.“

 

 

In den folgenden Tagen wurden die khitarschen Soldaten entwaffnet und anschließend für die Beseitigung der Torblockade an der Sperrmauer eingesetzt. Während die fünf Divisionen Khitarer unter Aufsicht der Kavallerie in Richtung Samarkand in Marsch gesetzt wurden, zog die Südarmee unter dem Jubel ihrer Kameraden im Sultanat Gheitan ein.

 

General Malleine war sehr beeindruckt gewesen, wie der Hüter den Feind zur Kapitulation bewegt hatte, fand aber beim Umtrunk im Ratszelt, bei dem der Sieg gebührend begossen wurde, auch mahnende Worte: „Meine lieben Kameraden, der bisherige Verlauf der Kämpfe hat gezeigt, dass wir dem Feind in der offenen Feldschlacht deutlich überlegen sind. Es wird dennoch sehr schwer werden für uns, nach Khitara hinein zu gelangen. Ich habe hier am Tor von Gromor, mehr als nur einen Vorgeschmack davon bekommen, wie gut die Khitarer im Bau von Befestigungen sind. Nach dem was ich über die große Mauer an der Grenze zwischen Gheitan und Khitara gehört habe, war die Sperrbefestigung hier wohl eher ein Mäuerchen. Wir werden uns also etwas einfallen lassen müssen, um dieses legendäre Bollwerk zu überwinden!“

„Ich werde zusammen mit meinem Freund Heimdal und einigen Belagerungsfachleuten, die hiesige Befestigung noch einmal genauestens studieren. Vielleicht entdecken wir ja die eine oder andere Schwachstelle“, warf Oberst Briscot ein, „aber ich habe keine allzu große Hoffnung, dass wir etwas finden werden, dass uns entscheidend weiterhelfen kann!“

„Das sehe ich auch so“, stimmte ihm der Mercaner zu. „Im Festungsbau sind die Khitarer mehr als nur gut.“

Ragnor verzog das Gesicht, als ob er in eine saure Zitrone gebissen hätte und bemerkte ernst: „Dies ist umso mehr ein Grund nach einem Weg zu suchen, wie wir die Khitarer auf unsere Seite ziehen können. Langwierige Belagerungen und hohe Verluste können wir uns nicht leisten.“

General Zhao, der ebenfalls an der Versammlung teilnahm, beteiligte sich nicht an der Debatte, denn er hatte selbst auch noch keine rechte Idee, wie man die khitarschen Generäle an der Mauer zu einem Frontenwechsel würde bewegen können. Neben der Tatsache, dass es einige Ximonanhänger unter ihnen gab, wog vor allem der Umstand schwer, dass eine offene Rebellion gegen den Kaiser, nach der landläufigen Voksmeinung, ewige Verdammnis nach sich zog. Der Volksglaube, welcher dem Kaiser von Khitara einen gottgleichen Status verlieh, war tief verwurzelt im einfachen Volk, auch wenn die kaiserliche Krone seit mehr als fünfhundert Jahren bei der Krönung nicht mehr geleuchtet hatte. Der Hof und die herrschende Dynastie hatten diesen Umstand durch geschickte Beleuchtung der Krönungszeremonie stets vertuscht. Das Aufleuchten der Krone bei der Krönung hatte nach der alten Überlieferung, die Legitimität des Thronanwärters für jedermann sichtbar bestätigt.

 

 

Einen weiteren Mond später erreichten die Panzerreiter unter der Führung von Trutz da Falkenberg und König Ralph da Caer, welche die Spitze der vereinigten Streitkräfte des Hüters bildeten, Samarkand, die Hauptstadt des Sultanats Gheitan. Die Chorosani, welche gewöhnlich diesen Dienst versahen, bewachten hinter den zehn Divisionen von Ragnors Armee die gefangenen Khitarer. Auf dem Marsch war es zwar zu keinerlei nennenswerten Zwischenfällen gekommen, aber es waren schon an die zehntausend berittenen Wachen notwendig, um eine Marschkolonne von mehr als achtzigtausend Mann wirksam zu überwachen.

 

„Ich bin schon sehr gespannt, ob sich die Division Khitarer, welche sich im Strandlager befindet, ebenso kampflos ergibt, wie die Armee von General Ho“, wandte sich der König an seinen Kanzler Oswald da Kormon, der neben ihm ritt.

„Ich bin da mehr als zuversichtlich, insbesondere, wenn sie sehen, wie acht Divisionen Khitarer als Gefangene an ihrer Palisadenmauer vorbeiziehen. Was mich viel mehr interessiert ist, wie die Gheitaner in Samarkand reagieren werden, nachdem die Khitarer kapituliert haben“, antwortete Oswald, wobei er aufmerksam das Gesicht seines Königs beobachtete, während er sprach.

Es war Ralph anzusehen, dass es ihm schwerfiel, die Kriegsführung von Ragnor nachzuvollziehen, insbesondere was die Verschonung der feindlichen Soldaten anging. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er sie alle ausnahmslos töten lassen, um keine Feinde im Rücken bei ihrem Vormarsch nach Quingdong, der Hauptstadt Khitaras, zu haben. Oswald hatte versucht, dem verbohrten Ralph zu erklären, dass ihre Armee ausbluten würde, sollte sie mehr als fünfzig weitere Divisionen Khitarer vernichten müssen, abgesehen davon, dass der Durchbruch an der großen Mauer mehr als schwierig werden würde. Aber Ralph war so geblendet von den leichten Siegen, die sie bisher errungen hatten, dass er die Notwendigkeit, die Khitarer im Kampf gegen die Invasion der Dämonen einzureihen, partout nicht einsehen wollte.

 

Wie der Hüter angeordnet hatte, reihte sich die zweitausend Ritter zu einer schimmernden Reihe auf, den Blick auf die Palisadenbefestigung des Strandlagers gerichtet und dieser bewusst zelebrierte Aufmarsch verfehlte seine Wirkung nicht.

 

Deguo Guliang, der Kommandeur des Strandlagers stand, mit dem Fernrohr bewaffnet, auf seinem Kommandoturm, welchen er knapp einhundert Schritt hinter der Palisadenfestung hatte errichten lassen und beobachtete den Aufmarsch. Die schimmernde Reihe der Panzerreiter war zwar beeindruckend, aber für ein befestigtes Lager nicht wirklich bedrohlich. Das änderte sich, als Regiment um Regiment feindlicher Infanterieverbände hinter der Kavallerie Aufstellung nahm und dem befehlshabenden Obristen schnell klar wurde, dass sich vor seiner mickrigen Palisade eine zehnfache Übermacht disziplinierter Soldaten versammelte. General Wang war also geschlagen worden und nun kam der Feind, um Samarkand einzunehmen – und ganz nebenbei – auch seine Division zu vernichten.

Bevor er den Gedanken zu Ende führen konnte, lösten sich zwei Reiter, von denen einer eine weiße Fahne schwenkte, aus der Reiterlinie und kamen langsam näher. Beim Blick durch sein Fernrohr traf ihn fast der Schlag, denn diese beiden Reiter waren die Generale Ho und Zhao.

Eilig stieg der Deguo ab und bedeutet den Torwachen dieses zu öffnen. Mit einer unwirschen Handbewegung wischte er die Einwände des Wachhabenden zur Seite, drückte sich durch das gerade öffnende Tor und ging eilenden Schrittes auf die Reiter zu.

 

Diese zügelten ihre Pferde als sie seiner ansichtig wurden, stiegen ab und kamen ihm gemessenen Schrittes entgegen.

Als sie auf Rufweite heran waren, verbeugte sich Deguo Guliang, wie es sich bei einer Begegnung mit ranghöheren Offizieren gehörte, selbst wenn sich diese sich gegenwärtig in der Gewalt des Feindes befanden.

„Kommt näher, mein lieber Guliang, wir haben wichtige Dinge zu besprechen!“, ließ nun General Zhao vernehmen, was den Obristen veranlasste, eilig näher zu kommen.

General Ho machte nun ebenfalls einen Schritt auf ihn zu und reichte dem überraschten Obristen die Hand. Das war eine Geste, die rangmäßig Höhergestellte in Khitara als besonderen Gunstbeweis gegenüber Untergebenen höchst selten gewährten. Fast schüchtern nahm er die dargebotene Hand, nicht recht wissend, was er davon halten sollte.

General Ho, dem natürlich bewusst war, dass er mit dieser Geste den Obristen überrascht hatte, richtete nun das Wort in ernstem Ton an den Befehlshaber des Strandlagers: „Ich bin sehr froh, dass uns der Hüter Amas gestattet, mit Euch zu verhandeln, anstatt Eure Division einfach zu vernichten. Wir als Khitarer sind es nicht gewohnt, dass der Überlegene seine Stärke nicht gnadenlos einsetzt. Er bietet Euch an, dass das Leben aller Eurer Soldaten, mit Ausnahme der Ximonanhänger, geschont wird und sie in eine ehrenvolle Gefangenschaft gehen zu lassen. Habt Ihr viele Ximonisten in Eurer Division, die sich widersetzen könnten?“

„Nein“, antwortete der Obrist, immer noch sichtlich verwirrt. „Alle, die mir bekannt sind, sind mit General Wang in die Schlacht gezogen. Aber sagt an, verehrter General, wie konnte es dazu kommen, dass dieser Hüter Euch beide und offenbar auch General Wang geschlagen hat?“

General Zhao, der die große Verunsicherung von Guliang natürlich bemerkte, sprang seinem Kollegen bei und berichtete: „Die Armee des Hüters verfügt über eine sehr kampfstarke schwere Reiterei, die sie im Norden Ritter nennen. Mithilfe dieser Waffe hat er Wangs Armee, wie auch meine Truppen, besiegt. Außerdem besitzt er Feuerbliden, die unlöschbares Feuer in jede Befestigung tragen können, was die Niederlage von General Hos Armee maßgeblich herbeigeführt hat.“

Langsam nickte der Obrist und antwortete mit leiser Stimme: „Dieses Feuer habe ich auch bereits kennengelernt, denn der Feind beschießt damit Samarkand.“

Dann straffte sich seine Gestalt und man sah, dass sich Deguo Guliang zu einer Entscheidung durchgerungen hatte: „Ich werde Euren Rat befolgen und kapitulieren, denn gegen eine solche Übermacht kann man auch ohne die Bedrohung durch dieses unlöschbare Feuer nicht bestehen. Ich nehme an, dass wir die Waffen niederlegen und dann vor der Befestigung marschbereit Aufstellung nehmen sollen?“

„Ich bin froh, dass mit Eurer Entscheidung ein weiteres großes Blutvergießen verhindert werden wird. Wir werden nun zum Hüter zurückkehren und ihm berichten, dass Ihr das Lager räumt. Alles, was sich an Nahrungsvorräten im Lager befindet, lasst derweil auf Ochsenkarren verladen. Wir werden sie mit uns nehmen!“, ordnete General Ho sichtlich erleichtert an.

Während sein Kollege sprach, wanderte der Blick von General Zhao hinüber zur Stadt, von wo aus die Gheitaner ganz sicher aufmerksam beobachteten, was hier geschah. Wenn dann die Khitarer erst abzogen, würde ihn klar werden, dass sie als Nächste an der Reihe sein würden. Doch nun mussten erst einmal Ragnor da Vidakar Bericht erstatten, dass das Strandlager geräumt werden würde und die Wachdivision kapitulierte.

 

 

Wie der khitarsche General vermutete hatte, stand Sultan Sohan mit seinen Generälen auf dem Eckturm der Stadtmauer, welche dem Lager der Khitarer am nächsten war und beobachtete angsterfüllt, was dort geschah. Es war ihm klar, dass Samarkand das nächste Ziel der Armee des Hüters sein würde. Da er von dem Gespräch zwischen den khitarschen Offizieren eh nichts verstehen konnte, glitt sein Blick hinüber zur schimmernden Reihe der gepanzerten Ritter, hinter denen die gewaltige Armee seiner Feinde Aufstellung genommen hatte. Als sein mit dem Fernrohr bewehrtes Auge weiter zum Horizont in Richtung Gromor wanderte, zeugte hochaufgewirbelter Staub davon, dass weitere Truppen im Anmarsch waren.

„Im Lager der Khitarer tut sich was“, bemerkte einer seiner Generäle, die neben ihm auf dem Turm standen.

Des Sultans Glas schwenkte hinüber und tatsächlich sammelten sich die Kolonnen der khitarschen Division zum Ausrücken. Würden sie sich tatsächlich dem Feind zum Kampf stellen?

Sein Glas wanderte weiter nach hinten in Richtung Seefront.

„Was wollen denn die Soldaten mit den Planwagen, ich dachte, sie stellen sich zur Schlacht?“, fragte er sichtlich irritiert, an einen seiner Generale gewandt.

Dessen Fokus richtete sich nun ebenfalls auf den hinteren Teil des Lagers. Bei genauem Hinsehen erkannte dieser, dass die Planwagen mit Säcken und Fässern beladen wurden. Deshalb schwenkte er noch einmal zu der sich formierenden Marschkolonne zurück und bemerkte nun, dass die Soldaten ohne Schilde angetreten waren. Ja, nicht nur das, sie waren offenbar gänzlich unbewaffnet. Mit einem resignierenden Stirnrunzeln antwortete er seinem Sultan: „Ich denke, sie beladen die Wagen mit Vorräten, weil sie kampflos abziehen. Die Khitarer tragen keine Waffen, also vermute ich, dass sie kapituliert haben.“

In Sultan Sohan stieg die Panik auf und ohne ein Wort zu sagen, eilte er zum Treppenabgang des Turmes. Er musste dringend nachdenken, was zu tun war, falls sich das Heer seiner Stadt zuwandte. Auf dem Weg zum Palast sah er auf dem Meer die Feuerschiffe des Feindes liegen, welche seit einer Woche nicht mehr auf die Stadt gefeuert hatten. Doch würden sie es sicher wieder tun, falls sich Samarkand nicht ergab. Doch wenn er wie die Khitarer kapitulierte, was würde dann mit ihm geschehen? Diese Frage beherrschte sein ganzes Denken. Hatten die wenigen Soldaten, denen die Flucht vom Nordkontinent gelungen war, nicht berichtet, dass dieser Hüter seine Feinde gnadenlos hinrichten ließ. Doch nein, die Stadtbesatzung von Hiborg hatte er abziehen lassen, da sie keine Dämonen eingesetzt hatte, hatte ihm einer seiner Offiziere nach seiner Rückkehr nach Samarkand berichtet.

Doch würde der Hüter ihn verschonen? Das war die Frage aller Fragen. Um überhaupt eine Chance zu haben, musste er da nicht zunächst die beiden Ximonpriester beseitigen lassen, die im neuen prächtigen Ximontempel, den er erst vor sechs Monden hatte errichten lassen, ihren Dienst taten. Auf der anderen Seite konnten die beiden schwarzen Hexer Dämonen beschwören, die möglicherweise bei der Verteidigung der Stadt helfen konnten. Schließlich behaupteten sie, dass Pfeile, Speere und Eisenklingen deren Haut nicht durchdringen konnten. Also beschloss er zunächst, die beiden Priester in den Palast zu bestellen, um sich mit ihnen zu beraten. Danach konnte er sie immer noch töten lassen, falls sich das als notwendig erweisen sollte.

 

 

Inzwischen hatte Herzog Ragnor seinen Generalstab wieder versammelt, um die Strategie für die Einnahme von Samarkand zu beraten. Aus General Wangs Gedächtnis wusste er, dass im Ximontempel der Stadt zwei Priester des finsteren Gottes Dienst taten, also war zu vermuten, dass die Stadt nicht so einfach kapitulieren würde. Dennoch würde er zunächst versuchen, die Möglichkeit einer friedlichen Übergabe auszuloten. Falls dies scheiterte, würde man weitersehen.

 

Am späten Nachmittag rückten dann die Khitarer ab und zogen, unter der Aufsicht der Ritterschaft, zur Straße Richtung Bhopal ab, wo sie an der Wegkreuzung auf die anderen acht Divisionen gefangener Khitarer warten würden, welche aus dem Süden heranzogen.

Kaum waren die Khitarer abgezogen, ließ Ragnor seine Infanterie ins Lager einrücken, welches ja weitläufig genug war, um einhunderttausend Mann aufzunehmen.

Die mercanschen Pioniere, welche als erste ins Lager einrückten, begannen sofort damit, am Strand Landungsstege zu bauen, damit in Kürze größere Mengen Nachschub per Schiff angelandet werden konnten.

 

Am Abend desselben Tages traf sich der Generalstab erneut, um bei einem opulenten Abendessen Admiral Paolo di Nolfo und Ragnors Flaggkapitänin Antonia angemessen zu begrüßen, welche inzwischen an Land gekommen waren, nachdem ihnen signalisiert worden war, dass der Strand nun frei war.

Herzlich umarmte Ragnor die beiden, wobei die Umarmung durch die rote Antonia etwas stürmischer ausfiel, als durch den Admiral. Es gab dabei mehr als nur einen Offizier, der den Hüter ob dieser Umarmung beneidete, denn die rote Antonia war in ihrem knappen Lederharnisch mehr als nur eine Augenweide.

Nachdem Ragnor die beiden kurz in Kenntnis gesetzt hatte, was auf dem Feldzug geschehen war, ergriff der Admiral das Wort: „Liebe Kameraden. Zunächst möchte ich Euch allen zu diesem grandiosen Sieg gratulieren. Ich kann Euch von meiner Seite mitteilen, dass die Nachschubflotte bei Krala abfahrbereit liegt und voraussichtlich schon übermorgen in See stechen wird. Sie wird vor allem Nahrungsmittel, Werkstattausrüstung und schwere Waffen, darunter zwei Dutzend der neuen Feuerwagen, mitbringen. Ich gehe davon aus, dass sie bei dem, momentan sehr guten, Wetter in spätestens einer Woche hier eintreffen wird.“

„Das sind sehr gute Nachrichten, mein lieber Paolo“, zeigte sich Ragnor äußerst zufrieden mit des Admirals Bericht und fuhr selbst fort: „Bis die Nachschubflotte eintrifft, werden wir versuchen, uns mit den Gheitanern gütlich zu einigen. Sollte das nicht gelingen, werden wir nach Ankunft des Nachschubs Brandgeschosse im Überfluss zur Verfügung haben, um sie ohne größere eigene Verluste niederzuringen!“

General Malleine nickte zustimmend und bemerkte ernst: „Wir müssen uns eh noch um unsere zahlreichen Gefangenen kümmern. Entgegen unserer bisherigen Planung haben Ragnor, ich und General Zhao entschieden, dass wir kein Gefangenenlager in Bhopal errichten, sondern aus Bhopal unsere Nachschub- und Rückzugslager für die Einheiten machen, welche den Durchbruch an der großen Mauer bewerkstelligen sollen. Da das vermutlich eine längere Zeit in Anspruch nehmen wird, ist es wichtig, die Truppen häufiger auszutauschen, denn Belagerungsdienst ist kein Spaß!“

Graf Ansgar da Burgos schmunzelte, ob der direkten Art seines Vertrauten und fügte mit einem amüsierten Grinsen hinzu: „Der liebe Malleine hat es mal wieder kurz und schmerzlos auf den Punkt gebracht. Außerdem hat diese Lösung den Vorteil, dass die beiden Gefangenenlager maximal weit entfernt von der Grenzmauer liegen werden. Dadurch binden wir weniger Chorosani für ihre Überwachung!“

General Zhao erhob sich und bemerkte ein wenig steif: „General Ho und ich gehen nach wie vor davon aus, dass es mit unseren Landsleuten keinerlei Probleme geben wird. Aber falls doch, beherrscht die Armee des Hüters das Zentrum und kann gegebenenfalls geeignet reagieren. Deshalb wird General Ho mit seinen Soldaten und der Hälfte unserer Nachschubgüter in sein Lager am Tor von Gromor zurückkehren, während ich mit der anderen Hälfte euer altes Lager in Surat beziehen werde.“

Nun erhob sich Oswald da Kormon ebenfalls und warf in versöhnlichem Ton, an Zhao und Ho gewandt, ein: „Auch wir teilen die Ansicht von General Zhao, dass es keine Probleme mit den Gefangenen geben wird. Ragnor wird alle Offiziere von General Ho und Deguo Liang vor ihrem Abzug in die Lager eingehend überprüfen, sodass wir sicher sein können, dass keine Ximonisten mehr unter ihnen sind. Da das einige Zeit in Anspruch nehmen wird, sind wir übereingekommen, dass Graf Ansgar da Burgos und General Yörn die erste Verhandlung mit den Gheitanern führen werden.“

Bei dieser Ankündigung seines Kanzlers biss sich König Ralph auf die Lippen, denn es ärgerte ihn sehr, dass er bei den Verhandlungen wieder einmal außen vor war. Zu gerne hätte er diesem schurkischen Sultan Sohan, der ihn so schnöde und ehrlos hintergangen hatte, Auge in Auge gegenübergesessen. Nun, vielleicht ergab sich ja noch die Gelegenheit, diesem Kerl ordentlich die Meinung zu geigen.

Kapitel 2

 Drei Tage später zog die Ritterschaft außerhalb der Schussweite der großen Pfeilballisten vor der Stadt auf, um die Kulisse für die erste Kontaktaufnahme mit der Stadt zu stellen. Da man weiterhin darauf verzichtet hatte, die Stadt mit Feuer von See aus zu beschießen, ging der Generalstab Ragnors davon aus, dass nun der richtige Zeitpunkt für die Aufnahme von Verhandlungen war. Dennoch hatte Ragnor damit begonnen, drei der großen Feuerbliden im Strandlager aufrichten zu lassen, mit denen man die Stadt, falls es sich als notwendig erweisen sollte, beschießen lassen konnte.

Ansgar da Burgos, in seine schwarze, mit Gold verzierte Rüstung aus mit Tamium legiertem Eisen gehüllt, wurde schon von General Yörn und dessen Adjutanten, welcher die weiße Fahne trug, erwartet. Ansgar hatte die Aufgabe, an Ragnors Statt, die Verhandlungen zu führen.

General Yörn witzelte, als sich die drei Reiter langsam der Stadt näherten: „Nun, mein lieber Ansgar. Sie werden dich für den Hüter halten, schließlich tragt ihr ja beide die gleiche Rüstung!“

Dieser antwortete lächelnd: „Ja, so ist es. Ragnor hat sie mir geschenkt, als ich vor Jahren nach Lorca ging, um meiner Mirana zu folgen. Er hat sie nach dem Muster seiner Rüstung fertigen lassen. Da er bei derartigen Auftritten immer Rüstung und nicht seinen Hüteranzug trägt, werden sie mich tatsächlich zunächst für Ragnor halten!“

In diesem Moment öffnete sich quietschend das große doppelflügelige Stadttor und ein Reiter, ebenfalls mit einer weißen Fahne kam hervor.

„Lass uns ihm entgegenreiten, sodass wir uns auf halbem Wege treffen“, schlug General Yörn vor.

Also setzten sich die beiden Unterhändler in langsamem Trab in Bewegung, dem Gheitaner entgegen.

 

König Ralph und Großmeister Trutz da Falkenberg beobachteten, wie die anderen, in einer Linie aufgereihten, Ritter sowie auch die Reiter sich langsam aufeinander zu bewegten.

 

„Die Schweine schießen auf unsere Leute“, rief plötzlich einer der Ritter neben König Ralph mit schriller Stimme. Dieser hob den Blick und sah, wie mehrere Geschosse sich unaufhaltsam ihrem Ziel näherten. Es waren mehr als ein Dutzend Großpfeile von schweren Pfeilballisten, die ohne Vorwarnung in die Reitergruppe einschlugen. Im Moment des Einschlags wendete der Gheitaner mit der weißen Fahne, ließ diese fallen und galoppierte zurück zum Stadttor.

Die Ritter saßen wie erstarrt auf ihren Streitrössern und sahen ihre Kameraden und deren Pferde unter dem konzentrierten Beschuss fallen. Sie hatten nicht die geringste Chance gehabt, dem feigen Anschlag zu entkommen. Und bevor einer der Kommandeure reagieren konnte, rauschte eine zweite Salve und dann auch noch eine dritte Salve heran und schlug in die, bereits am Boden liegenden, Männer und Pferde ein, offenbar um sicherzustellen, dass auf keinen Fall jemand überleben würde.

 

Während der König noch wie erstarrt auf seinem Pferd saß, riss Trutz da Falkenberg sein Fernrohr aus dem Futteral und spähte zu den Gefallenen hinüber und was er dort sah, war grauenvoll. Am schlimmsten hatte es Ansgar da Burgos erwischt, denn mindestens sechs der Großpfeile steckten in seinem Körper. Doch auch General Yörn und sein Adjutant waren von mindestens je drei der schweren Geschosse durchbohrt worden.

„Die glauben sicher, dass sie den Hüter Amas erwischt haben“, schoss es dem Großmeister durch den Kopf. Er hob die Faust und rief Ralph zu, der Anstalten machte, das Angriffssignal zu geben: „Kein Angriff! Wir sind nur leichte Ziele für die schweren Ballisten, falls wir jetzt zu den Gefallenen hinüberreiten. Keiner von ihnen kann das überlebt haben. Ich reite ins Lager, lasse die drei Feuerwagen hierherbringen, damit wir in ihrer Deckung die Leichen bergen können. Die lassen sich mit ihrer starken Panzerung von Pfeilballista nicht aufhalten. Ihr sorgt dafür, dass niemand aus der Stadt herauskommt und sich an den Toten vergreift. Sollte das dennoch jemand versuchen, dann greift an und macht sie nieder, koste es, was es wolle!“

 

Auf dem zentralen Torturm der Stadtmauer triumphierte der Sultan und die beiden Ximonpriester. Der Hüter Amas war tot und nun würde der Feind sicherlich bald demoralisiert abziehen. Aber, um auf Nummer sicher zu gehen, hatten die beiden Ximonpriester zwei Balrogs beschworen, die unten am Tor darauf warteten, hinausgeschickt zu werden. Sicherlich würde der Feind in Bälde versuchen, die Leichen zu bergen. Dann konnte man ihm einen weiteren vernichtenden Schlag versetzen.

Doch zunächst machte die Armee des Feindes keinerlei Anstalten, zu den Gefallenen vorzurücken. Die Reihe der Panzerreiter hielt lediglich ihre Position. Als der Sultan schon meinte, der Feind würde gar keinen Versuch mehr machen, des Hüters Leiche zu bergen, rollten drei vierspännige Züge aus dem Tor des Strandlagers und näherten sich in schnellem Tempo.

An der Linie der Ritter angekommen, wurden die Pferde ausgeschirrt und die merkwürdigen Fahrzeuge, die wie kleine, mit Eisenplatten bewehrte, Festungen aussahen, aus denen vorne ein metallenes Rohr ragte, drehten auf die Stadt zu.

Dann setzten sie sich langsam in Bewegung und näherten sich der Stelle, an der die Toten lagen. Also hob er die Hand und befahl seinem Stadtkommandeur: „Wenn sie auf Schussweite heran sind, feuert ihr auf diese komischen Fahrzeuge“, und zu den beiden Ximonpriestern gewandt, sagte er in bestimmtem Ton, „und Ihr schickt Eure Balrogs hinaus, sobald wir drei Salven abgefeuert haben. Sie werden sicher Spaß daran haben, diese Holzkisten und deren Besatzungen zu zerlegen. Ich vermute, dass der Feind versuchen wird, sich mit seinem merkwürdigen Feuer zu wehren. Aber Feuer und Eisen sind bei Dämonen ja glücklicherweise nutzlos.“

 

Ragnor, der sich zusammen mit etwa zwanzig Milizionären im ersten der Feuerwagen den Toten näherte, spähte durch den vorderen Sehschlitz, der ansonsten vom Feuerschützen benutzt wurde, hinüber zu seinen toten Freunden. Je näher sie kamen, desto mehr verfestigte sich die Erkenntnis, dass Trutz da Falkenberg Recht gehabt hatte, dass keine Rettung mehr möglich gewesen war, was er zunächst nicht hatte glauben wollen. Er hatte dem Falkenberger deshalb zunächst bittere Vorwürfe gemacht, weil die Ritter nicht umgehend zu seinen Freunden vorgerückt waren. Als sie bis auf etwa zwanzig Schritt heran waren, rauschten etwas ein Dutzend Großpfeile heran, die aber die massive Panzerung nicht durchschlagen konnten, sodass sie entweder abprallten oder im Holz stecken blieben.

Die Männer in Ragnors Wagen verdoppelten nun ihre Anstrengungen, um ihr Gefährt zwischen die Toten und die Stadt zu schieben, während die beiden anderen die Flanken deckten. Als ihr Wagen mit der Breitseite zur Stadt zum Stehen kam, schlug gerade die dritte Salve von Geschossen ein, ohne großen Schaden anzurichten. Ragnor stürzte aus dem Fahrzeug und lief hinüber zu Ansgar, Yörn und dem jungen Adjutanten. Beim Blick in Ansgars gebrochene Augen riss ihn der Schmerz fast zu Boden. Doch er hatte keine Zeit sich seiner Trauer hinzugeben, denn der Mercaner, welche an der Feuerspritze saß, rief entsetzt: „Das

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Jürgen Friemel
Bildmaterialien: McCarthy's PhotoWorks | shutterstock.com - Medieval Knights
Lektorat: Katja Friemel
Tag der Veröffentlichung: 15.08.2019
ISBN: 978-3-7487-1293-0

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich möchte mich ganz besonders bei Beate Rocholz für ihr großartiges Cover-Design bedanken, welches der gesamten Saga ein Gesicht gegeben hat.

Nächste Seite
Seite 1 /