Die Entstehung einer neuen Dimension
Eberhard Breunig
Die Behandlungen in einer Massagepraxis benötigen immer eine gewisse Zeit. Diese Zeit wird oft mit langen Gesprächen und Erzählungen ausgefüllt. Das wohltuende Gefühl der Massage beflügelt oft auch den Geist und die Zungen noch zusätzlich. Einer meiner Patienten erzählte mir einmal eine tolle Geschichte, die auch mich in den Bann zog. Selbstverständlich werde ich niemals authentische Namen nennen
Vor einigen Jahren ging er, ein selbständiger Drogist, mit einem langjährigen Freund, einem Zahnarzt, und dessen Hund im Hotzenwald, nicht weit von Herrischried, spazieren. Der Hotzenwald ist der süd-östlichste Zipfel des Schwarzwaldes und stellt ein herrliches Wandergebiet dar. Ich selbst kenne dieses Gebiet ebenfalls sehr gut. Die Menschen dort sind etwas schrullig aber liebenswert.
Die Freunde waren nun schon etwa eine Stunde gegangen, als sie aus dem Wald auf eine Lichtung traten. Der Spätjunitag neigte sich dem Ende entgegen. Die Sonne gab ihre letzten intensiven Strahlen von sich. Eine herrliche Sicht auf das Dorf Herrischried belohnte die beiden Wanderer für den jähen Anstieg, den sie gerade mit etwas Mühe bewältigten. Sie hielten ein paar Minuten inne, um den schönen Anblick auf das Dorf und seine Umgebung zu genießen. Ausgedehnte Tannenwälder mit wunderschön eingebetteten Wiesenflächen breiteten sich vor ihnen auf.
Als sie gerade weitergehen wollten, nahmen sie ein sehr starkes Rauschen wahr, das sich über ihren Köpfen akustisch von hinten nach vorne bewegte. Beide Wanderer zuckten ob des Geräusches zusammen. Auch der Hund, ein sonst nicht ängstliches Tier, duckte sich und schaute im Verlauf nach oben und nach vorne. Plötzlich erkannten die Männer so etwas wie ein sehr großes, fliegendes Fass, das etwa hundert Meter vor ihnen ganz sachte und langsam auf einer Wiese aufsetzte. Der Hund meines Erzählers begann nach dem er den ersten Schreck wie wild an zu bellen. Auch einige heftige Züge an der Hundeleine und mehrere forsche Zurufe konnten das Tier nicht beruhigen. Auch die Wanderer erkannte sofort, dass sich gerade etwas seltsames vor ihren Augen abspielte. Beide dachten sofort an die Landung eines Ufos.
Wie angewurzelt blieben beide stehen und beobachteten das Geschehen. Das Rauschen hatte sich gelegt. Das Riesenfass stand stabil im Gras. Nach einiger Zeit begann das Fass von blau ausgehend mehrfach seine Farbe zu wechseln. Es wurde braun und gelb und der Farbwandel blieb bei etwa gelbgrün stehen. Auch wurde beiden Beobachtern bewusst, dass das Riesenfass keine festen Konturen besaß. Irgendwie zeigten sich die Kanten halb durchsichtig. Das dämmrige
Tageslicht schien durch sie hindurch zu scheinen. Mein Bekannter gab seinem Freund ein Handzeichen , dass auch er sich neben ihn auf die Wiese ducken solle. Als beide sich wieder etwas gefasst hatten sprachen sie leise flüsternd zueinander. Das glaubt uns niemand, denn die werden annehmen, dass wir besoffen oder verrückt waren, oder einen Sonnenstrich hatten.
Sie saßen schon einige Zeit auf Beobachtungsposten, als sich merkwürdige Konturen aus dem Fass lösten. Diese traten irgendwie hinter dem Fass heraus und wandelten ein Stück auf der abschüssigen Wiese hinunter. Die genaue Anzahl der Wesen konnte nicht ausgemacht werden, da auch sie wegen einer gewissen optischen Verschwommenheit voneinander kaum abgegrenzt werden konnten. Immer nur im Inneren der Körper konnte eine relativ feste Masse erkannt werden. Alles hatte einen gespenstischen Ausdruck. Beide Beobachter überkam eine merkwürdige unerklärbare, lähmende Angst, die sie daran hinderte sich vom Geschehen zu entfernen. Der Hund begann zu zittern und zog eine Flucht ebenso nicht in Erwägung und hatte sich in eine Art Lauerstellung begeben. Die Männer beobachteten weiter das seltsame Geschehen. Die merkwürdigen Wesen beendeten nach etwa einer halben Stunde ihren Ausflug über die Höhen des Hotzenwaldes und begaben sich wieder zurück zu Ihrem Fass. Dabei war zu erkennen, dass sie manchmal durch Büsche und Sträucher sozusagen halb hindurch gingen. Lediglich ihren festen, inneren Kern balancierten sie um die Hindernisse herum. „Wie Quallen“, entfuhr es meinem Erzähler, der bei seinem Freund Bestätigung suchte, denn noch immer vermochte er das Gesehene nicht so richtig zu glauben. „Ja, wie Quallen“ bestätigte der heftig mit dem Kopf nickend.
Als die Quallen wieder in ihr Fahrzeug eingestiegen waren, drangen noch einige Zeit helle Scheinwerferlichter nach außen, doch das Fass machte noch keine Anstalten sich irgendwie zu entfernen. Die beiden Wanderer getrauten sich immer noch nicht aus ihrer Deckung. Bald daraufhin in vollkommener Stille, auch die Vögel gaben keinen Laut mehr von sich, ertönten einige kurze Pfeiftöne, die auch von dem Hund mit ebenso kurzem Jaulen quittiert wurde. Das arme Tier nahm diese hohen Töne in sicherlich viel höherer Intensität wahr, wie die beiden Männer es vermochten. Als mein Erzähler gerade zu seinem Freund etwas sagen wollte, rauschte ein ebenfalls grünes Quallenwesen nur etwa einen Meter an ihnen vorbei , um schnurstracks im Raumschiff zu verschwinden. „Ein Nachzügler“ kommentierten beide Männer das zuletzt Geschehene fast gleichzeitig. Kaum war die letzte
Zusteigeaktion abgeschlossen, begann wieder ein lautes Rauschen und das Raumfahrzeug erhob sich wie ein Hubschrauber in die Höhe und entfernte sich dann in großer Geschwindigkeit.
Langsam begann die Natur wieder ihre Geräusche wieder zu entwickeln. Die Vögel begannen wieder ihre Abendgesänge fortzusetzen. Ein Specht begann wieder zaghaft auf seinen Baumstamm zu klopfen. Einige Zeit später erhoben sich die zwei Wanderer wieder aus der Deckung. Auch der Hund stemmte sich wenigstens auf seine Vorderbeine. Sein ängstliches Zittern über seinen ganzen Körper, hatte ebenfalls nachgelassen. Seine Augen waren aber noch weit aufgerissen. Die beiden Männer sahen sich ungläubig ebenfalls mit geweiteten Augen an, als hätten sie den gleichen Traum geträumt. Haben wir das jetzt geträumt sagte der eine mit zittriger Stimme, um wenigstens wieder überhaupt etwas zu sagen. Das glaubt uns niemand, sagte der andere. Langsam machten sich die drei auf anfänglich etwas wackeligen Beinen auf den Heimweg. Nicht jedoch ohne noch einmal den Landeplatz des Flugobjektes näher zu besichtigen. Nirgends war jedoch auch nur ein Grashalm geknickt. Das Gras stand hoch wie überall. Kein sonstiges Überbleibsel war zu entdecken.
Auf dem weiteren Weg, es waren bis zu ihrer Unterkunft in Herrischried etwa zwei Kilometer, sahen sie sich noch einige Male um, während der Hund an der Leine ziehend ins Hotel strebte. Die Verarbeitung des gerade Erlebten sollte die beiden und ihr Hund noch einige Tage, wenn nicht sogar Wochen beschäftigen. Sie waren trotzdem glücklich gemeinsam diese schier unglaubliche Geschichte erlebt zu haben, denn hätte nur einer von diesem Vorfall erzählt, würde er von den anderen für verrückt erklärt werden Manche würden sagen: Na ja, er ist ja nicht mehr der allerjüngste und ein paar Gläschen Schwarzwälder Kirschschnaps könnten schon mitgeholfen haben.
Als die Wanderer nun in ihrem Hotel ankamen, hörten sie schon im Gang des Hauses die lauten Unterhaltungsgeräusche ihrer Frauen. Auch Männer vom Dorf, meist Bauern, saßen am Stammtisch und tranken ihr Feierabendbier. Wir werden erst einmal nichts sagen, sprachen sich beide Rückkehrer ab. Wir müssen uns erst einmal selbst im Klaren werden, was wir überhaupt erlebt haben.
Als beide in die Gaststube traten, wurde es fast still. Warum seit ihr denn so bleich in euren Gesichtern, ist irgend etwas passiert, habt ihr eine Unfall gehabt? Die fast entsetzten Fragen der anwesenden Gäste kam fast unisono. Was ist mit dem Hund passiert? fragte die Frau meines Bekannten, der ist ja ganz verschüchtert, hast du ihn geschlagen? Nein, ich habe den Hund natürlich nicht geschlagen kam die Antwort stotternd. Vom Stammtisch fragte einer: „Vielleicht ist euch der Hotzenplotz begegnet“. Mit lautem Gelächter wurde die Frage am Stammtisch untermalt. Dem geneigten Leser darf ich erklären, dass der Hotzenplotz schon seit Jahrhunderten eine Sagengestalt auf den Höhen des Hotzenwaldes darstellt, der mit einsamen Wanderern allerlei allerlei Schabernack zu treiben pflegt .
Aber irgend was ist doch los mit euch dreien, kam die Frage als das Gelächter abebbte, zurück. Beide Betroffene erkannten, dass sie nun wiederum in eine Art Stress geraden waren, nämlich in eine Art Erklärungsnot. Vielleicht war es doch nicht eine so gute Idee gewesen, gleich in die Gaststätte zu gehen. Aber dass ihnen das gerade erlebte so offensichtlich ins Gesicht geschrieben war, daran hatten sie im besten Willen nicht gedacht.
Die erlebte Geschichte, die die beiden nun zum Besten gaben, erzeugte unter den Anwesenden sehr unterschiedliche Reaktionen. Während die Damen geneigt waren ihren Männern zu glauben, erzeugten sie unter den Stammtischlern teilweise ungläubiges Kopfschütteln. Ihnen wäre nun wahrscheinlich lieber gewesen, dass das ganze auf den schon besagten Hotzenplotz zurückzuführen wäre. Der wäre in ihren Köpfen schon eher zu verarbeiten gewesen. Ein ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde, der ebenfalls am Stammtisch saß meinte, dass diese Geschichte so wahnwitzig sei, dass man sie nicht erfinden könne. Nach mehr als einer Stunde Diskussion brachte es der Zahnarzt auf den Punkt: „Wir haben es euch jetzt erzählt, jeder kann glauben was er will.“
In den folgenden Wochen und Monaten machten diese Berichte in der Gemeine Herrischried und Umgebung ihre Runden. Manches wurde vergessen, dafür wurde anderes wieder hinzugedichtet. Auch meldete sich ein Bauer aus der Umgebung, der vor Jahren einmal einen ähnlichen Vorfall erlebt haben wollte. Auf dem Traktor sitzend, habe er ebenfalls die Landung eines unbekannten Flugobjektes beobachtet. Über irgendwelche Wesen, die daraus ausstiegen, konnte er nichts berichten oder er konnte sich zumindest nicht mehr daran erinnern.
Diesem Bauern schrieb man jedoch durchaus eine gewisse Fantasiebeflügelung zu. Es war bekannt, dass er dem Alkohol ein wenig zuspräche.
Ich selbst kann versichern, dass mein Patient dessen Name ich an dieser Stelle natürlich niemals preisgeben würde, und sein Freund, den ich selbst auch gut kenne, Männer sind, die mit beiden Beinen auf dem Boden stehen. Niemals hatte einer von beiden jemals unter Phantastereien oder esoterischem Gedankengut gelitten oder es verbreitet. Auch Professor Hans Bender, der den einzigen Lehrstuhl für Paraphysik in Freiburg inne hatte und dem die beiden bei einem Treff in Freiburg über ihr Erlebtes berichteten, glaubte was ihm in diesem Zusammenhang berichtet wurde.
Für beide Männer hatte sich in diesen Tagen jedoch die Welt verändert. Während sie vor ihrem gemeinsamen Erlebnis niemals über außerirdisches Leben nachgedacht hatten, hat sich für sie auch eine Bewusstseinsveränderung zugetragen. Nach einigen nachdenklichen Wochen und Monaten erkannten sie, dass sie auch einen Lernprozess durchmachten, der sie durchaus bereicherte und eben auch veränderte. Aus ihrem gemeinsamen Erlebnis zogen sie auch einige Schlüsse. Ganz sicher waren sich beide, dass es ohne Zweifel außerirdisches Leben gibt. Es war nach ihrer Meinung geradezu vermessen, jemals anders darüber gedacht zu haben. Auch verbinden beide ihr Erlebnis und das halte ich in diesem Zusammenhang für besonders bemerkenswert, mit der Existenz von ewigem Leben. Für sie war ein Tor in eine neue Dimension aufgestoßen worden. Der gelegentliche Gedanke an ein ewiges Leben nach dem Tod des Menschen erschien ihnen neu aufgezeichnet worden zu sein.
Mein Freund und sein Erlebnisgenosse, die beide übrigens nie besonders religiös waren, zeigten sich künftig fest davon überzeugt, dass der Mensch nach seinem irdischen Tod eine Art technische Wiedergeburt, wie sie sich ausdrücken, erleben werden. Diese Wiedergeburt findet in neuen technischen Dimensionen, abseits von jeglicher Religiösität statt. Neue Lebens- bzw. Existenzformen hierzu, wurde ihnen an diesem Erscheinungstag sozusagen vorgeführt.
Warum sich ihr Erscheinungserlebnis sofort mit der Erkenntnis über ewiges Leben verband, konnten beide nicht erklären. Sie betonen übriges ausdrücklich, dass sie nicht an eine Wiedergeburt glauben, sondern sie wissen und sind davon überzeugt dass es sie gibt. Allerdings würde sich diese Wiedergeburt eben auf einem vollkommener anderen Weg, wie sie sie sich z.B. ein religiöser Mensch vorstelle, vollziehen. Die Frage, ob sich in der Unendlichkeit des Universums weiteres Leben befände, stellte sich für meine Bekannten nicht mehr. Sie betrachten es geradezu als vermessen zu glauben, dass es kein außerirdisches Leben gäbe.
Mein Erzähler und dessen Freund lebten und arbeiteten vollkommen normal weiter. Ihr gemeinsames Erlebnis machte sie nur etwas gelassener. Niemals drangen sie darauf, dass ihnen Zweifler glauben müssten.
Tag der Veröffentlichung: 17.09.2010
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