New York Bad Boys - Slade
Verliebt in einen Boxer
Yearn for – Band 2
Allie Kinsley
1 Hochzeit
LILLY
Sie hasste ihn. Sie hasste ihn wirklich. Slade war der Inbegriff eines furchtbaren Menschen. Während der gesamten Hochzeitszeremonie von Faith und Adam hatte er sie angestarrt. Viel hatte nicht gefehlt und er hätte zu sabbern begonnen.
Beim anschließenden Essen hatte er sie laufend rein zufällig mit der Schulter und dem Oberschenkel angestubst. Und seine Hände hatten beim Hochzeitstanz ihren Hintern natürlich auch nicht mit Absicht berührt.
"Mein Gott, bin ich froh, dass das hier endlich vorbei ist", stöhnte Faith, als sie am Ende der Feier auf ihrem Hotelzimmer ankamen.
Lilly hatte als Trauzeugin die Aufgabe, Faith dabei zu helfen, sich für den Flug in die Flitterwochen fertig zu machen.
"Du hast keinen Grund zu jammern", zischte Lilly. Ihre Nerven lagen blank. Ihr Arbeitgeber und ihr Exfreund machten ihr seit Wochen schwer zu schaffen. Dass Slade ihr den ganzen Tag über schon so zusetzte, brachte das Fass nur zum Überlaufen.
"Oha, welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?"
Unwirsch drehte Lilly sie an den Schultern um, um die Schnürung ihres Kleides zu öffnen. Eigentlich sollte sie Faith so kurz vor den Flitterwochen nicht mit ihren Problemen belasten. Faith hatte es verdient, endlich glücklich zu werden. Sie sollte die Zeit genießen und sich keine Sorgen um Lilly machen.
Da Lilly aber manchmal einfach unfähig war, ihre Gefühle zu verbergen, hatte Faith die Fährte bereits aufgenommen.
Verdammt!
Sie musste Faith zumindest einen Teil der Wahrheit sagen, damit diese sich nicht in ihrem Urlaub Gedanken um sie machte. Da kam Slade ihr gerade recht.
"Keine Laus, eine Kakerlake!", zischte Lilly und erinnerte sich daran, wie Slade ihr beim Hinausgehen auf den Hintern gehauen hatte.
Slade war furchtbar! Er war genau die Sorte Mann, die für Lilly ein rotes Tuch war. Slade war wie ihr Ex. Überheblich und arrogant, gutaussehend und erfolgreich.
Am meisten hasste sie Slade aber dafür, dass er es irgendwie geschafft hatte, dennoch in ihren Kopf zu gelangen.
"Hat die Kakerlake auch einen Namen?", fragte Faith und schwankte bedenklich, während Lilly die Schnürung ihres Kleides öffnete. Sie musste sich unbedingt ein bisschen beruhigen.
Ein Blick auf ihre Hände bestätigte, dass diese zitterten. Ein deutliches Zeichen dafür, wie wütend Lilly war. Sie war wütend auf sich selbst, weil sie sich zu einem Mann wie Slade hingezogen fühlte, obwohl ihre ganzen Probleme doch überhaupt erst mit ihm angefangen hatten.
"Nein, hat sie nicht. Ich will dir deine Hochzeit nicht verderben", wiegelte Lilly ab im Versuch, sich selbst wieder zu beruhigen.
Das hier war Faiths Tag. Ihre beste Freundin Faith. Die Frau, die es mehr als jeder andere Mensch auf der Welt verdient hatte, endlich mit ihrem Traummann glücklich zu werden.
"Das haben schon ganz andere geschafft. Ich musste mir heute gefühlte drei Millionen Mal den Vorwurf anhören, dass ich meinem Vater versagt habe, seine eigene Tochter zum Altar zu führen", sagte Faith und zuckte dabei mit den Schultern.
Aber Lilly wusste genau, dass Faith es nicht so leicht nahm, deshalb sagte sie: "Pah! Er sollte lieber froh sein, dass du ihn überhaupt hast kommen lassen, nach den ganzen Dingen, die er sich geleistet hat!"
Endlich war das Kleid offen und fiel langsam zu Boden.
"Sehe ich genauso. Und Aiden war der perfekte Ersatz. Ich bin ihm unendlich dankbar für alles, was er für mich getan hat."
"Mhm … ein guter Mann", gab Lilly zurück. Auch Aiden hatte heute versucht, mit ihr zu flirten. An ihm hatte Lillys Libido leider so überhaupt kein Interesse. Ihr Körper wollte Slade und das war eine einzige Katastrophe.
"Anfangs dachte ich das nicht, aber das ist er. Das sind sie alle. Adam umgibt sich eindeutig nur mit den richtigen Menschen", riss Faith Lilly aus ihren Gedanken.
"Naja …", antwortete Lilly und dachte an Slade. Zum mindestens eintausendsten Mal an diesem verdammten Tag!
"Die Kakerlake?" Faith kicherte.
Lilly schnaubte und half Faith in ihr Kleid. "Genau. Ich glaube, hier hat Adam einen ziemlich großen Fehler begangen."
"Slade ist nicht perfekt, aber definitiv ein sehr guter Mensch."
"Wir wollten nicht über ihn reden."
"Du wolltest nicht", sagte Faith lächelnd. "Ärger dich nicht, ich glaube, er will dich nur provozieren."
Lilly verdrehte die Augen. "Ich habe keine Zeit für so einen Kindergarten. Und du auch nicht. Hopp, hopp, rein in die Schuhe, damit ich dich endlich zum Auto bringen kann."
Sobald Faith im Auto saß, würde sich die Gesellschaft auflösen und auch Lilly würde endlich nach Hause gehen können. Es war nicht gerade so, dass sie sich darauf freute, ihrem Ex zu begegnen, aber sie hoffte immer noch, dass sie eine Einigung mit Christopher fand.
"Ja, Mama." Lachend zog Faith die Turnschuhe über die Füße und folgte Lilly dann in den Gang zu den Aufzügen.
"Adam wartet bestimmt schon ungeduldig", sagte Lilly und sah auf die Uhr. Wenn sie in zwei Stunden beim Flughafen war, würde sie ihren eigenen Flug nach Hause noch erwischen.
"Das tut er meistens. Er ist nicht gerade der geduldigste Mensch."
Lilly lächelte. Faith wusste nicht, wie viel Glück sie mit Adam hatte. Oder wahrscheinlich doch. Niemand konnte übersehen, wie perfekt Adam war. "Oh doch, wenn er es mit dir aushält!", neckte Lilly sie und drückte Faith an sich.
"Ich liebe ihn wirklich, weißt du?", sagte Faith sanft und Tränen traten in Lillys Augen. Sie gönnte es Faith von ganzem Herzen.
Noch ehe sie etwas sagen konnte, erklang Adams Stimme: "Das ist schön zu hören, mir wäre es dennoch lieber, wenn du mich im Arm hältst und mir deine Liebe gestehst."
Faith löste sich von Lilly und schmiegte sich an seine Brust. Seine Arme schlossen sich sofort um sie. Das war Lillys Definition von perfektem Glück. Niemandem gönnte sie es mehr als Faith.
SLADE
Frustriert warf er die dämliche Fliege, die zu seinem Anzug gehörte, auf den Tisch.
"Du hast aber beste Laune", sagte Deacon, einer von Slades besten Freunden, und schnipste die Fliege an.
"Ich habe seit gefühlt acht Stunden einen Ständer und die Frau, die mein Schwanz begehrt, findet mich zum Kotzen", antwortete Slade.
Deacon, Liam und Nick lachten. Nur Aiden runzelte die Stirn.
Slade war durchaus schon aufgefallen, dass Adams Bruder ein Auge auf Lilly geworfen hatte. Aber das kam überhaupt nicht infrage. Dieses Vorzeige-Arzt-Söhnchen würde ihm Lilly nicht wegnehmen.
Seit er sie vor über einem halben Jahr das erste Mal in Adams Club gesehen hatte, ging ihm Lilly nicht mehr aus dem Kopf. Sie war so verdammt heiß und hatte ihn einfach abblitzen lassen.
Mit erhobenen Augenbrauen hatte sie ihren Blick aus den grünen Augen nur einmal kurz über ihn gleiten lassen und verächtlich geschnaubt.
Das wars, einfach so. Abgestempelt und fertig. Dabei war er nun wirklich kein Typ, dem Mann … beziehungsweise Frau, keinen zweiten Blick schenkte. Er war Slade Carven, stolzer Besitzer eines Boxclubs und das passende Aussehen dazu. 1,85 Meter groß, breit gebaut und gut trainiert. Dazu ein paar Tattoos und eine Narbe an seiner rechten Augenbraue.
Dass diese nicht vom Kämpfen, sondern von einem Zusammenstoß mit seinem Kleiderschrank in leicht ... okay, stark alkoholisiertem Zustand kam, brauchte ja niemand zu wissen.
Er war genau der Typ Mann, auf den die Frauen flogen. Alle, außer dieser einen verflixten Hexe, die nicht mehr aus seinem Kopf wollte.
Diese eine Frau mit den blonden Locken, in die er seine Hände verkrallen wollte, während er in ihren Mund stieß.
Verdammte Scheiße!
Wütend hieb er auf den Tisch ein, was seine Freunde nur noch mehr zum Lachen brachte. Wäre in den vergangenen Monaten nicht so verdammt viel schief gelaufen, könnte er jetzt in Adams Bar gehen, sich ein oder zwei Bier gönnen und irgendeine x-beliebige Frau abschleppen. Aber nein, Adams Club war abgebrannt, der neue noch nicht eröffnet, sein bester Freund fuhr gerade in die Flitterwochen und sein Schwanz bildete sich ein, dass er unbedingt und ausschließlich die Trauzeugin haben wollte.
Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie das lachsfarbene - nein, es war kein Rosa, das hatte Lilly ihm mehr als nur deutlich gemacht - Kleid zurück in den Ballsaal kam.
Warum zum Teufel musste ihr Arsch so verdammt anbetungswürdig in diesem Kleid aussehen? Warum gab es nicht einmal etwas, in dem sie einfach beschissen aussah? Zumindest nicht ganz vollkommen? Das würde es ihm ein klein wenig leichter machen, sie sich aus dem Kopf zu schlagen.
Er hörte seine Jungs weiter lachen und Witze über ihn reißen, während er Lilly dabei beobachtete, wie sie mit den Gästen sprach.
Sie war so verdammt heiß. Könnte er sie nur ein einziges Mal haben, hätte sich diese Vernarrtheit bestimmt erledigt.
Das einzige Problem war, dass sie ihn so rundheraus ablehnte. Das verkraftete sein Ego eben nicht, mehr steckte da nicht dahinter.
Ruckartig setzte er sich kerzengerade hin, als er sah, wie Aiden zu Lilly ging. Er hasste diesen Typen. Nicht nur, weil er Adam so viele Jahre hatte hängen lassen, sondern vor allem, weil er Lilly bei jeder sich bietenden Gelegenheit anbaggerte.
Just in diesem Moment führte er sie auf die Tanzfläche und legte ihr eine Hand auf den unteren Rücken.
Genau an die Stelle, an der Slade sie nach unten drücken würde, wenn sie auf allen vieren vor ihm wäre und versuchen würde, seinen tiefen Stößen auszuweichen.
Allein der Gedanke daran, mit Lilly ins Bett zu steigen, pumpte Unmengen an Blut in seinen Schwanz. Seit Monaten passierte das immer wieder. Je öfter er sie sah, desto schlimmer wurde es. Jedes Mal, wenn er sie dabei beobachtete, wie sie mit ihrer kleinen spitzen Zunge über diese vollen rosa Lippen fuhr, wollte er sie küssen, bis sie endlich nachgab und ihn genauso sehr wollte wie er sie.
Verdammt! Erneut schlug er mit der Faust auf den Tisch.
Was zum Teufel hatte diese Frau nur an sich? Es musste ihr Mundwerk sein. Die Art, wie sie ihn bei jeder Gelegenheit in Grund und Boden redete. Oder es war die Art, wie sie ihr Kinn reckte und mit schwingenden Hüften davon spazierte, wenn sie einmal nicht das letzte Wort hatte.
Vielleicht war es aber auch nur dieses arrogante Zucken ihrer Augenbrauen, das in ihm den Wunsch auslöste, ihr den Arsch zu versohlen.
Er biss die Zähne aufeinander, als sein Schwanz anfing, schmerzhaft gegen seinen Reißverschluss zu drücken.
In diesem Moment warf Lilly den Kopf in den Nacken und lachte lauthals über etwas, das Aiden gesagt hatte.
Völlig automatisch sprang Slade auf. Die Hände hatte er an seinen Seiten zu Fäusten geballt, bereit, diesem Arsch die Fresse zu polieren.
Eine schwere Hand auf seiner Schulter hinderte ihn daran.
"Wenn du das tust, werden sowohl Faith als auch Adam und vor allem Lilly unglaublich wütend auf dich sein."
Slade biss die Zähne zusammen. Liam hatte recht. Faith und Adam waren ihm in diesem Moment egal, aber bei Lilly durfte er sich bei Gott keinen Fehler erlauben.
Er ließ die Schultern kreisen im Versuch, sie ein klein wenig zu lockern. Alles kein Problem, er würde Aiden nicht den Kopf abreißen. Zumindest würde er versuchen, es nicht zu tun.
Krampfhaft lächelte er seine Freunde an, die ihn alle nur mit einem besorgten Stirnrunzeln bedachten.
"Ich werde Aiden nur ablösen", sagte Slade dann und ging einen Schritt zurück, um Liams Griff zu entgehen.
"Slade …"
"Alles okay, Liam. Ich hab das im Griff." Schließlich war er nicht mehr der Testosteron-gebeutelte Jugendliche, der seine Aggressionen nicht im Griff hatte.
Er war Slade Carven, Boxclubbetreiber und Geschäftsmann. Er war durchaus in der Lage, sich zivilisiert zu verhalten.
Betont entspannt steckte er die Hände in die Taschen seiner Anzughose und schlenderte zu den beiden hinüber.
Er würde schon dafür sorgen, dass Aiden freiwillig das Feld räumte. Niemand. Wirklich niemand stellte sich ihm in dem Weg, wenn er erst einmal wusste, was er wollte.
Sei es nun ein einfacher Meistertitel oder diese Frau, die ihm seit Monaten den Verstand raubte.
LILLY
Aiden konnte unglaublich gut tanzen. Seine Hände übten genau den richtigen Druck aus und seine Hüften fanden den Rhythmus perfekt.
Aiden war perfekt und dennoch wanderte ihr Blick immer wieder über Aidens Schulter zu dem Tisch, an dem sie Slade hatte sitzen sehen.
Als sie ihren Blick erneut zu dem Tisch wandern ließ, bemerkte sie, dass Slade zielstrebig auf sie zuging. Sein Blick war mörderisch, als würde er Aiden jeden Moment umbringen, sie über die Schulter werfen und diese Feier verlassen.
Ihr Kopf geriet bei diesem Gedanken in Panik, ihre Libido feuerte den Idioten noch an. Das Problem war, dass der überdimensionale Kerl in dem Anzug einfach atemberaubend aussah. Bis auf die überbreiten Schultern und die Spitzen seines Tribaltattoos, das aus dem Kragen seines Hemdes an seinem Nacken hervor blitzte, sah er aus wie ein ganz normaler Mann.
Zumindest im Vergleich zu sonst, wenn er oben ohne war und dieses sexy Piercing an seiner Lippe trug. Es gab Männer wie Aiden, mit breitem Brustkorb und schmaler Taille, die in Anzügen einfach zum Anbeißen aussahen. Typ sexy Arzt oder trainierter Anwalt. Männer, die aussahen, als wären sie für Anzüge gemacht worden.
Und dann gab es Männer wie Slade und Adam. Viel zu wild für einen Anzug, aber durch die lässige Selbstverständlichkeit, mit denen sie jedes Kleidungsstück trugen, machten sie definitiv jedes Höschen feucht.
Lilly ertappte sich selbst dabei, wie sie sich über die Unterlippe leckte bei dem Gedanken, ihren Mund am Rand seines Hemdkragens entlanggleiten zu lassen.
Slade war einfach unerhört sexy. Von diesem markanten Kiefer, über die dunklen Augen bis hin zu dem Undercut, der sein Aussehen nur noch verwegener machte.
Slade schlug Aiden mit solcher Wucht auf die Schulter, dass Lilly spürte, wie dieser zusammen zuckte und sich anschließend verspannte.
"Darf ich abklatschen?", fragte Slade daraufhin so unschuldig, als hätte er Aiden gerade nicht absichtlich geschlagen.
"Das Lied ist noch nicht vorbei", sagte Aiden, ohne in seinen Tanzschritten innezuhalten.
Lilly sah, wie sich Slades Augen verengten. Dann drehte er sich abrupt zur Band und pfiff ohrenbetäubend laut durch die Zähne.
Sie wusste, warum der Drummer bei Slades wütendem Blick sofort aus dem Takt geriet und der Sänger verstummte.
Sie alle trainierten in Slades Club. Er war ihr Mentor, ihr Trainer und bei diesem Auftritt ihr Vorgesetzter.
Dann setzte ein neues Stück ein und Slade lächelte Aiden grimmig an.
"Oh, hör nur, das Lied ist vorbei", sagte Slade und klang mehr als zufrieden.
Aiden sah ihr lange in die Augen, als würde er auf eine Reaktion von ihr warten, aber sie wusste ja selber nicht, was sie von all dem halten sollte. Sie wusste nicht, ob sie beeindruckt von Slades Hartnäckigkeit sein sollte, oder genervt davon, dass er sie einfach nicht in Ruhe ließ.
Für Aiden dachte sie wohl zu lange nach, denn er entließ sie mit einem Seufzen.
Noch ehe sie protestieren konnte, hatte Slade sie an sich gezogen. Mehr als das. Er riss sie an sich, als würde er sie damit in Besitz nehmen. Seine Hand, die viel zu tief auf ihrem Rücken lag, brannte sich beinahe durch den hauchdünnen Stoff ihres Kleides. Sein maskuliner Duft, nach Zedernholz, rau und männlich, hüllte sie ein und vernebelte ihr die Sinne.
Die Musik wechselte ein weiteres Mal. Ein sehr langsames Stück wurde gespielt, eines der langsamsten an diesem Abend.
Lilly war sich sicher, dass das ebenfalls Slades Werk war.
Es dauerte einen Moment, dann hatte sie sich von dem Gefühl, seinen Körper so nah bei sich zu haben, erholt.
"Was sollte das?", fragte sie. Es hätte ein Zischen werden sollen, aber selbst in ihren Ohren klang es eher resignierend.
"Er ist nichts für dich", sagte Slade so endgültig, als hätte er das Recht, darüber zu bestimmen, was gut für sie war und was nicht.
Wut keimte in ihr auf und pochte zornig durch ihre Adern. Ihre Wangen wurden heiß und ihre Augenbrauen zogen sich gegen ihren Willen zusammen.
"Das ist nicht deine Entscheidung", zischte sie und diesmal gelang es ihr auch.
Überraschenderweise lächelte er nur und sie hätte schwören können, dass er seine Hand noch ein klein wenig tiefer zu ihrem Hintern schob.
"Doch, Baby."
Der Song nahm ein wenig an Fahrt auf und Slade schob sie energischer über die Tanzfläche. Sie war sich ziemlich sicher, dass es pure Absicht war, dass sein Oberschenkel dabei immer wieder gegen ihre Mitte stieß.
Ihr Unterleib krampfte sich zusammen, ihr Körper summte vor Lust und ihre Hormone spielten verrückt.
Aber wenn ein Mann für sie nicht infrage kam, dann war es Slade.
Sie versuchte, sich von ihm wegzudrücken, aber er hielt sie nur noch fester, noch entschlossener.
"Slade!", zischte sie, doch er blieb unbeeindruckt, schob sie über die Tanzfläche, als wöge sie nichts.
Um ihn von seinem Egotrip herunter zu holen, ohne alle Anwesenden auf sie aufmerksam zu machen, trat sie ihm mit voller Absicht auf den Fuß.
Sein "Hmpf" verschaffte ihr ein Stück weit sehr angenehme Befriedung, aber nur solange, bis sie bemerkte, dass er sie zielstrebig aus dem Raum schob.
Hinter dem Ausgang des Saales angekommen, drückte er sie hart gegen die Wand. Der Aufprall presste ihr die Luft aus den Lungen. Das Feuer in seinen Augen zuckte wie Stromschläge durch ihre Klit.
"Hör verdammt nochmal auf damit", sagte er ruhig und presste seine Hüften an ihre.
Sie spürte seine Erregung, spürte seinen langen Schaft an ihrer Hüfte. Am liebsten hätte sie die Augen geschlossen und gestöhnt, so atemberaubend fühlte sich sein harter Körper an ihrem an.
Mit letzter Kraft riss sie sich zusammen. Slade war nicht der Richtige für sie und würde es auch niemals sein. Sie kannte arrogante Typen wie ihn und würde nie wieder auf sie hereinfallen.
Sie hob eine Augenbraue und ließ ihren Blick über ihn gleiten. Zumindest so gut es ging, so nah, wie er sich an sie presste.
Diese Geste sorgte für gewöhnlich dafür, dass ihr Gegenüber Abstand von jeglichem Flirtversuch nahm. Ihr Gesichtsausdruck sagte: "Was meinst du kleiner Wurm, einer Frau wie mir geben zu können?"
Lilly hatte diesen Ausdruck perfektioniert. Am Anfang hatte er auch bei Slade gewirkt, aber in diesem Moment schien er eher zornig zu werden, anstatt sich herabgesetzt zu fühlen.
Plötzlich lagen seine Hände an ihren Wangen, hielten ihren Kopf fest und ließen ihr keinen Millimeter Spielraum.
"Hör verdammt nochmal auf damit", knurrte er, dann presste er seine Lippen auf ihre.
Die Berührung war herrisch und besitzergreifend, genauso wie Lilly es liebte. Er küsste sie hart und fordernd, als hätte er alles Recht der Welt dazu.
Und bei Gott, in diesem Moment hätte sie ihre beste Freundin für diesen Kuss verkauft. Es war Monate her, dass sie so erregt gewesen war. Der Widerstreit ihrer Gefühle, das Wissen, dass sie Slade nicht küssen sollte, ihm aber gleichzeitig nicht ausweichen konnte, all das machte sie so unglaublich heiß, dass sie ihm alles gab, wonach es ihm in diesem Moment verlangte.
Sie küsste ihn mit der gleichen Gier, mit der gleichen Intensität zurück. Sie nahm sich alles, was er anbot, seinen Körper, seinen Mund, seine Zunge und dieses Grollen, das aus tiefster Seele zu kommen schien und direkt in ihrer Klit widerhallte.
Völlig automatisch schob sich ihr Becken nach vorn, seinem Schwanz entgegen, der sich fordernd gegen ihre Hüfte drückte.
Slades Hand glitt in ihren Nacken, hielt sie fest und er küsste sie noch tiefer.
Sie spürte seine zweite Hand an ihrem Schenkel, spürte, wie sie sich an der Innenseite nach oben schob, um sich dann besitzergreifend auf ihre Mitte zu legen.
Sein Griff war fest, übte genau den richtigen Druck aus, um sie in den Wahnsinn zu treiben, während seine Fingerspitzen unter den Rand ihres Strings fuhren und ihre nasse Öffnung streichelten.
Er machte sie verrückt und sie konnte ein Stöhnen nicht mehr verhindern.
Der Griff in ihrem Nacken löste sich und seine Finger krallten sich in ihr Haar. Plötzlich riss er sie an den Strähnen zurück, beendete ihren Kuss und zog ihren Kopf ganz in den Nacken.
Sein Blick war so trüb, wie ihr eigener es sein musste. Lustverhangen und voller Begehren. Seine Finger spielten weiter an ihren nassen Schamlippen, während er sie schwer atmend musterte.
"Du bist so nass … so heiß auf mich", flüsterte er, mit der ihm eigenen Arroganz. "Warum wehrst du dich so und kommst nicht einfach zu mir? Ich könnte dir helfen, Babe."
Seine Stimme war voller Versprechungen. Versprechungen, die sie nur zu gut kannte. Sein Ton sprach von Gefallen und einer Schuld, in der sie schließlich stehen würde.
Sie versuchte, seine Nähe zu ignorieren, versuchte, seine Hände zu ignorieren, die ihr so viel Lust versprachen.
"Nein", flüsterte sie rau.
Es dauerte einen Moment, dann schien das Wort bei ihm angekommen zu sein. Unglaube huschte über sein Gesicht, dann Überraschung und schließlich Zorn, als sie erneut und mit festerer Stimme "Nein!" sagte.
"Was soll das?", knurrte er. Sein Griff wurde fester, mit beiden Händen, und sein Blick fixierte sie.
Auch diesen Blick kannte sie nur allzu gut. Verletzter Stolz. Sie kannte den Blick, und das Gefühl noch viel besser.
Aber Slade hatte kein Recht, sie so anzusehen. Er nicht. Niemand niemals wieder!
Dieser Gedanke riss sie endgültig aus der Trance, aus der Lust und der Leidenschaft, in die Slade sie versetzt hatte. Sie atmete tief durch und sammelte sich, erinnerte sich daran, dass sie es wert war.
Dann schoss ihre Hand nach oben und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige. Sie nutzte seine Überraschung, um seine Hände beiseite zu schlagen und zwischen ihm und der Wand hervor zu schlüpfen.
"Nein heißt nein, Slade", sagte sie bemüht ruhig, drehte sich dann auf dem Absatz um und ging in Richtung Hotelausgang.
Sollten er und seine Freunde sich um den Rest der Party kümmern, Lilly wollte nur noch nach Hause, oder ganz weg … für immer.
SLADE
Völlig vor den Kopf gestoßen stand er da und starrte seiner Traumfrau hinterher. Woher war das denn plötzlich gekommen? Im einen Moment lag sie noch weich und begierig in seinen Armen, im nächsten kassierte er eine saftige Ohrfeige.
Frustriert lehnte er sich gegen die Wand und versuchte, auf andere Gedanken zu kommen. Er musste seinen Ständer dringend unter Kontrolle bringen, ehe er zurück zu seinen Freunden gehen konnte.
Lilly in diesem Moment nachzulaufen, kam nicht infrage. Er würde sie packen und so lang küssen, bis ihr sturer Kopf endlich Sendepause hatte und sie der Anziehung zwischen ihnen nachgab. Dass diese nicht nur einseitig war, hatte sie eben deutlich gezeigt.
Er konnte ihren vor Begierde zitternden Körper noch an seinem spüren, ebenso wie die Nässe an seinen Fingern.
Stöhnend legte er den Kopf in den Nacken, so würde er seine Erregung niemals in den Griff bekommen.
Was machte diese Frau nur mit ihm? Sie raubte ihm voll und ganz den Verstand.
"Ach, hier bist du." Deacons Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. "Autsch, mit wem hast du dich geprügelt?", fragte er dann.
Slade hob eine Hand an seine noch immer brennende Wange. Sie musste ganz schön rot sein, wenn es Deacon sofort auffiel. Ja, Lillys Ohrfeige hatte wirklich gesessen.
"Lilly", sagte er und zuckte die Schultern, als Deacon grinste. "Was ist los?"
"Die Gäste brechen so langsam auf, wir sollten die Geschenke nach draußen schaffen und die Details mit der Hotelleitung klären."
Slade nickte, dankbar dafür, dass sein Freund wie immer alles im Blick behielt. "Kümmert ihr euch um die Geschenke und ich gehe zum Manager?", fragte er Deacon.
Dieser nickte. "Okay, vielleicht kühlst du vorher noch kurz deine Wange … und anderes", sagte er grinsend mit Blick auf Slades Hose.
Genervt winkte Slade ab und machte sich auf den Weg zu den Toiletten. Eines Tages würde Lilly für alles bezahlen, was er in den letzten Monaten wegen ihr erdulden musste.
LILLY
Sie war froh, als das Flugzeug endlich vom New Yorker Flughafen abhob. Den Kopf hatte sie ans Fenster gelehnt, beobachtete die Lichter am Rand des Startfelds. Immer schneller flogen sie vorbei, bis sie zu einem einzigen Lichtstreifen verschwammen.
Der Druck auf ihren Magen wurde stärker, als die Maschine abhob. Zur gleichen Zeit rollte die erste Träne über ihre Wange.
Sie wollte hier weg, weg von Slade, der ihr Herz in Stücke reißen würde, sobald sie es zuließ. Und gleichzeitig wollte sie nicht zurück. Sie wollte nicht in die Firma, in der sie Christopher zwangsläufig wiedersehen würde. Wollte nicht an all das erinnert werden, was er ihr angetan hatte.
Die beiden Männer waren sich so unglaublich ähnlich. Selbstverliebt und arrogant. Beide würden ohne Rücksicht auf Verluste über ihr Gegenüber hinweg trampeln.
Christophers verächtliche Blicke waren ihr noch allzu deutlich im Gedächtnis.
Sie hasste sich selbst dafür, dass sie Slade geküsst hatte. Sie hasste sich dafür, dass sie im Begriff war, schon wieder denselben Fehler zu begehen. Slade war nicht gut für sie, genauso wie Christopher nicht gut für sie gewesen war.
Vor allem hasste sie sich aber selbst für ihre Schwäche, dafür, dass sie es immer wieder zuließ, dass ihre Gedanken und Gefühle sie blockierten und so einengten, dass sie kaum noch Luft zum Atmen hatte.
Lilly schloss die Augen, als der Druck auf ihrer Brust übermächtig zu werden schien. Manchmal wünschte sie sich die Stärke eines Delphins, der einfach aufhören konnte zu atmen, wenn das Leben nicht mehr die richtige Wahl war.
2 Neuer Job
SLADE
Noch Wochen später konnte Slade sich haargenau an diesen atemberaubenden Kuss erinnern. Lilly hatte sich in seinem Kopf festgekrallt wie die kleine Brünette am Vorabend in seinen Schultern.
Leider hatte ihm das so gar nichts gebracht. Alles, an das er hatte denken können, war, dass Lilly besser küsste, dass Lilly sich besser in seinen Armen anfühlte, dass Lilly heißer gewesen war …
Frustriert aufschreiend schlug er gegen den Sandsack.
"Ich wollte dich gerade fragen, ob du Lust auf ein Sparring hast, aber ich glaube, ich verkneife es mir", sagte Adam und rieb sich mit einem Handtuch übers Gesicht.
Kopfschüttelnd schnappte sich Slade sein eigenes und tat es ihm gleich.
"Ja, keine gute Idee. Nimm lieber jemand, der bessere Laune hat", gab Slade zu und trank einen Schluck von dem isotonischen Getränk, das er im Club immer griffbereit hatte.
Adam runzelte die Stirn. Er hatte nicht verstanden, was er mit seiner am Abend zuvor so beiläufig dahin geworfenen Information angerichtet hatte. "Lilly wohnt ab morgen bei uns." Einfach so, aus dem Nichts. Es reichte ja nicht, dass Lilly Slade Tag und Nacht in seinem Kopf verfolgte, dass sie dafür sorgte, dass er rund um die Uhr heiß auf sie war. Nein, jetzt musste sie auch noch im Real-Life auftauchen und dafür sorgen, dass die Erinnerungen an ihren Wahnsinnskörper immer aktuell blieben.
Verdammt Scheiße!
Wenn er sie doch nur ein einziges Mal vögeln könnte, dann hätte sich diese Vernarrtheit ein für allemal erledigt.
Wers glaubt, wird selig, Kumpel.
Über seine eigene gehässige innere Stimme die Zähne knirschend, wandte er sich von Adam ab.
Sein Freund sollte nicht sehen, wie sehr diese eine Frau ihm an die Nieren ging. Er hatte einfach keine Erklärung dafür. Er hatte hunderte von Frauen in seinem Umfeld, er hatte so viele gevögelt, dass er sich noch nicht einmal an alle erinnern konnte.
Und doch gab es da diese Eine, die mit einem riesigen Neonleuchtschild durch seinen Kopf spazierte und garantiert immer dann auftauchte, wenn er sich einmal für dreißig Sekunden entspannen konnte.
"Komm doch heute Abend auf ein Bier vorbei", schlug Adam vor.
Slade wollte nicht, aber er wusste ganz genau, dass er kommen würde, weil Lilly da sein würde. Wie ein verdammter streunender Welpe würde er ihr nachlaufen, wie er es immer tat.
Verdammte Scheiße!!
LILLY
Faiths Angebot anzunehmen und nach New York zu kommen, war genau die richtige Entscheidung gewesen.
Die Kündigung ihres Bosses war nicht aus heiterem Himmel gekommen, und dennoch hatte sie Lilly ins Mark getroffen. Fünf Jahre lang hatte sie sich für diese Firma den Arsch aufgerissen und beinahe siebzig Stunden die Woche gearbeitet.
"Es tut mir leid, Lilly, aber die Spannungen im Team sind nicht vertretbar und Christopher ist unser bester Mann." Das stimmte nicht. Christopher hatte es nur perfektioniert, die Ideen anderer als seine eigenen zu verkaufen. Leider war sie bei Charles Bloming mit ihren Argumenten auf taube Ohren gestoßen.
Für die nächste Zeit würde sie in Adams und Faiths Gästezimmer übernachten. Solange, bis sie einen neuen Job und eine eigene Wohnung hatte.
Zumindest das schien in New York nicht allzu schwer zu werden. Für die kommende Woche hatte sie bereits zwei interessante Vorstellungsgespräche bei renommierten Marketingagenturen.
Faiths Wohnung war schlicht. Die große Wohnküche war hell und einladend. Neben den beiden Schlafzimmern gab es noch ein kleines Badezimmer. Das zweite Dachgeschoss war nicht ausgebaut, dorthin sollten einmal die Kinderzimmer kommen, damit diese weiter vom Lärm der Bar entfernt waren.
Faith war rot geworden, als sie Lilly von ihren Plänen erzählt hatte. Es war, als würde Faith sich noch immer nicht trauen, offen von einer Zukunft zu träumen, was Lilly sehr berührte.
In ihrem Zimmer hatte Lilly alles, was sie benötigte. Gegenüber der Zimmertür war ein großes Fenster, das den Raum erhellte.
Darunter stand ein kleiner Schreibtisch, den Lilly eher als Ablage für Kosmetik nutzte, als dass sie jemals darauf schreiben würde.
Neben dem Schreibtisch stand auf der linken Seite ein Doppelbett und auf der anderen Seite ein großer Kleiderschrank mit Spiegeltüren. Es gab also alles, was sie benötigte.
Ein Klopfen riss Lilly aus ihren Gedanken.
"Wir gehen runter und bereiten alles für den Abend vor, Lilly. Du kommst einfach, wenn du Lust hast", rief Faith ihr durch die geschlossene Tür zu.
Lilly lächelte dankbar, auch wenn ihre Freundin es nicht sehen konnte, und lehnte sich entspannt auf dem weichen Bett zurück.
Es war genau das Richtige, die Stadt zu wechseln und wegzukommen von Christopher, der ihr Tag für Tag weiter zugesetzt hatte.
Allein der Gedanke an ihn reichte, um ihre Kehle eng werden zu lassen. Die psychischen Verletzungen waren so tief, dass sie noch eine ganze Weile schmerzen würden, darüber machte Lilly sich keine Illusionen. Er hatte dieses Spiel mit ihr perfektioniert und sie hatte es zu spät erkannt.
Um die Erinnerungen abzuschütteln, stand sie auf und ging zu ihrem Kleiderschrank.
Die Bar glich Adams altem Club sehr. Es war immer noch nicht zu schick, sondern eher eine entspannte Atmosphäre.
Also musste sie sich nicht zu sehr auftakeln, was ihr an diesem Abend nur allzu gut passte.
Schnell schüttelte sie die langen Haare aus und frischte ihr Makeup auf, ehe sie ein schwarzes Strickkleid überzog, das überflüssige Pölsterchen gut kaschierte. Dazu wählte sie ebenfalls schwarze Stiefeletten.
Ein Wohlfühloutfit, genau das richtige für den Abend nach ihrer Anreise.
Von der Wohnung aus kam sie direkt in den hinteren Teil der Bar. Von dort aus gingen auch der Flur zu den Toiletten ab und die Treppe, die zu den Lagerräumen führte. Durch einen schmalen Gang kam sie in den vorderen Bereich, in dem Lilly und Adam schon die ersten Gäste bedienten.
Zufrieden setzte sie sich an den Tresen. Das war vorerst ihr neues Zuhause und besser hätte sie es nicht treffen können.
SLADE
Er hatte sich mit den Jungs zum Essen verabredet, um sich selbst davon abzuhalten, schon um acht Uhr abends in Adams Club zu sitzen.
Jetzt, da die Jungs einfach kein Ende finden wollten, verfluchte er sich selbst für diesen vermeintlich genialen Plan.
Er wollte sich davor bewahren, sich lächerlich zu machen, und genau das würde er jeden Moment tun, wenn einer von diesen Idioten auf die Idee kam, noch etwas zu trinken zu bestellen. Aber wenigstens würde er sich dann nur vor ihnen und nicht vor Lilly zum Affen machen.
"Also, dann gehen wir mal zu Adam", versuchte er zum gefühlt einhundertsten Mal die Gruppe zu animieren.
"Warum hast du es denn so eilig?", brummte Nick, der schon den ganzen Abend mit der Bedienung flirtete.
Zu einer anderen Zeit hätte sie Slade vielleicht auch gefallen, aber im Moment war einfach nur Platz für Lilly in seinem Kopf.
"Weil Lilly da ist", sagte Liam und grinste dabei dreckig.
Auch Deacon schien sich ein Lachen nur schwer verkneifen zu können.
Dann begannen die drei über Lilly zu diskutieren. Was genau Slade wohl so an ihr gefallen könnte, warum er sie so unbedingt haben wollte …
Als sie anfingen, Lillys körperliche Vorzüge aufzuzählen, reichte es ihm endgültig. Ruckartig stand er auf und verließ das Lokal, ehe er noch in die Versuchung käme, einem seiner Freunde die Fresse zu polieren.
Zur Strafe dafür, dass sie auch nur über Lilly nachdachten, mussten diese Idioten jetzt seine Rechnung mit bezahlen, während er zu Adams Club lief.
Seine Beine trugen ihn verdammt schnell die wenigen Straßen bis zum Central. Slade rechnete es Adam noch immer hoch an, dass er die Bar Noel zuliebe nach dem Boxclub benannt hatte.
Slades Vater Noel hatte Adam mit sechzehn Jahren bei sich aufgenommen, seitdem war Adam für Slade wie ein Bruder.
Mit der Schulter öffnete Slade die Tür, damit er die Hände nicht aus den Jackentaschen nehmen musste. Adam würde sofort sehen, wie angespannt seine Fäuste waren, also ließ er sie lieber an Ort und Stelle.
Für den frühen Abend waren schon recht viele Kunden in der Bar und die Hocker rund um den Tresen waren bereits voll besetzt.
Dennoch stach ihm Lilly sofort ins Auge. Sie saß am anderen Ende der Bar.
Ihre langen blonden Strähnen fielen ihr über die Schulter, während sie sich nach vorn beugte, um sich mit Faith unterhalten zu können.
Sie sah müde aus, irgendwie abgekämpft. Nicht ganz so selbstsicher und resolut, wie er sie in Erinnerung hatte. Leider Gottes sah sie deswegen nicht weniger anbetungswürdig aus.
Slade setzte sein bestes Flirtlächeln auf und machte sich auf den Weg zu ihr.
Die meisten Leute waren kleiner als Adam und er, weshalb er seinen Freund über die Köpfe der anderen hinweg problemlos begrüßen konnte. Unterhalten konnten sie sich so wegen der lauten Musik natürlich nicht, aber Adam und er verstanden sich auch ohne Worte blendend.
Slade bedeutete ihm, dass er zu Lilly ginge, woraufhin Adam nur die Augen verdrehte und ihm ein Bier versprach.
Sein Freund stellte die Flasche genau in dem Moment vor Lilly ab, in dem Slade sich neben sie drängte.
"Danke Mann", sagte er zu Adam, dann beugte er sich über den Tresen und gab Faith einen Kuss auf die Wange. Gleiches tat er bei Lilly, ehe diese sich wehren konnte, und ignorierte ihren bösen Blick.
"Schön, dich zu sehen, Lilly. Wie geht’s dir?", fragte er so locker wie möglich, was gar nicht so leicht war. Jetzt, wo ihr Pfirsichduft ihn einnebelte, war es schwer, überhaupt noch an etwas anderes zu denken, als seine Lippen einfach wieder auf die ihren zu pressen.
Sie lächelte, aber es wirkte gezwungen. "Wie es einem eben so geht, wenn man seinen Job verliert."
"Ja, habe ich gehört, tut mir leid für dich", sagte er. Dann nahm er einen Schluck aus seinem Bier. "Ich würde dir einen Job bei mir im Büro anbieten, aber ich glaube, das würde dich schnell unterfordern", sagte er betont lässig.
Lilly starrte ihn einen Augenblick fast schon verdutzt an und er überlegte sofort, was er jetzt schon wieder falsch gemacht hatte. Es war doch nur die Wahrheit gewesen. Lilly war viel zu klug für die wenig anspruchsvollen Aufgaben in seinem Büro.
Dann lächelte sie. Ein echtes Lilly-Lächeln. Eines, das normalerweise jeder, nur niemals er, von ihr bekam.
Dieses Lächeln zog ihm den Boden unter den Füßen weg und er musste sich am Tresen abstützen, um nicht wie ein Trottel zu ihr hin zu taumeln.
"Danke. Das ist wirklich nett von dir, Slade", sagte sie und wandte noch immer lächelnd den Blick ab.
Wenn sie lächelte, sahen ihre Lippen so viel weicher aus. Er wollte sie küssen, an ihnen saugen, sie liebkosen.
Schnell schüttelte er den Gedanken ab. Er wollte dieses kleine Fünkchen Sympathie, das gerade in ihren Augen gewesen war, nicht sofort wieder zerstören.
Er wandte sich an den Typen, der hinter ihm auf dem Barhocker saß und schon die ganze Zeit sein Revier vor Slade zu verteidigen wollte.
Slade versuchte, ihn mit Blicken dazu zu überreden, den Sitzplatz zu räumen. Als der Typ nicht sofort reagierte, zog Slade sich seine Lederjacke aus und verdeutlichte damit seine körperliche Überlegenheit.
Nach weiteren schier endlosen Sekunden trollte sich der Wicht endlich. Slade legte seine Jacke auf den Stuhl und setzte sich dann darauf. Die Unterarme auf dem Tresen abgestützt, drehte er die Bierflasche in seinen Händen und suchte krampfhaft nach einem Thema, das Lilly wieder so lächeln ließ. Nur noch ein einziges Mal.
LILLY
Ihre Klit pochte mit jedem einzelnen Herzschlag. Seit Slade seine Jacke ausgezogen hatte und ihr seinen breiten Rücken und die trainierten Arme in dem engen Tanktop präsentiert hatte, konnte sie an nichts anderes mehr denken.
Dieser Mann war einfach nur unverschämt sexy. Sie wollte mit ihren Händen über die breiten Schultern streichen und jedes dieser Tattoos, das sich über seine Arme ausbreitete, einzeln betrachten.
Sie wollte ihre Hände über die kurzgeschorenen Seiten seines Kopfes gleiten lassen und in diese volle Unterlippe beißen, ehe sie über das Piercing leckte, das an diesem Abend wieder an seinem angestammten Platz rechts an seiner Unterlippe war.
Frustriert sah sie zu Faith, die sie mit gerunzelter Stirn musterte. Sie verstand Lilly nicht. Wie auch, sie wusste ja nur einen Bruchteil von dem, was in den letzten zwei Jahren in Lillys Leben passiert war.
Am Anfang hatte Lilly noch gedacht, sie würde allein mit allem fertig werden. Später, als sie wirklich eine Freundin gebraucht hätte, war es Faith selbst so schlecht gegangen, dass Lilly sie um keinen Preis der Welt noch zusätzlich hatte belasten wollen.
Und nun war sowieso schon alles vorbei. Lilly hatte ihr neues Leben gestartet. Ein Leben, in dem kein Platz für überdimensionale, arrogante Sexgötter war.
Auch nicht, wenn eben diese auf einmal eine ganz andere Seite von sich zeigten, die Lilly restlos verwirrte.
Nein, nein, nein!
Warum zum Teufel musste Slade solche Dinge sagen? Und warum konnte er ihr den Job nicht so flirtend anbieten, wie er alles andere in seinem Leben zu handeln schien?
Mit der entwaffnenden Ehrlichkeit, mit der er ihr dieses Kompliment gemacht hatte, hatte Lilly einfach nicht gerechnet.
Es war Balsam für ihre geschundene Seele und sie hätte ihn dafür gern in den Arm genommen, schaffte aber lediglich ein Lächeln.
Auch dass er jetzt so ruhig neben ihr saß und gedankenverloren seine Flasche in den Händen drehte, passte so überhaupt nicht zu ihm.
Dann kamen seine Freunde ebenfalls in die Bar. Lilly mochte Deacon, er war eher wie Adam, ein ruhiger und zuvorkommender Typ. Liam und Nick waren wie Slade, wenn auch nicht ganz so … sexy.
Von sich selbst genervt verdrehte sie die Augen und signalisierte Faith, dass sie einen
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Allie Kinsley
Bildmaterialien: © Depositphotos.com - len_pri
Cover: nawillart-coverdesign.de
Lektorat: www.doctor-lektor.de
Tag der Veröffentlichung: 27.07.2023
ISBN: 978-3-7554-4782-5
Alle Rechte vorbehalten