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Kapitel 1: Gefesselt und verboten

Ich bin schon Jahre hier. 18 sind es, wenn ich mich nicht täusche. Ich warte schon so lange darauf gebraucht, gefühlt zu werden. Doch dieser Wunsch wird wohl noch lange dauern bis er erfüllt wird. Wenigstens sitze ich nicht alleine in diesem Raum. Einige Betten und Stühle sind hier welche aber von den anderen benutzt werden. Ich lasse meinen Blick umher schweifen und bemerke, dass ich wohl die einzige bin die nicht gebraucht wird. Die anderen arbeiten alle, wir sind auch die einzigen Farben in diesem Raum. Die Decke und die Wände sind kalt und kahl. Es ist einfach alles um uns herum weiß. Der Boden ist ebenso farblos, doch diesen sehe ich auch kaum und habe ihn noch nie berührt. Das weiße Bett, in dem ich sitze, habe ich noch nie verlassen. Ganz alleine sitze ich, die kleine rote Gestalt, hier und schaue den anderen beim Arbeiten zu.
Sie beachten mich nicht.
Was soll ich denn noch tun, um endlich nützlich zu sein? Bin ich wirklich so wertlos? Angekettet bin ich, ich bin angekettet! Man schenkt mir kein Gehör und nie werde ich weggelassen. Selbst die schwarzen, blauen, grünen oder gelben Gestalten scheinen mich nicht zu sehen. Das ist wirklich zum Verzweifeln und traurig. Wieder versuche ich etwas zu sagen, doch meine Stimme wurde mir vor langer Zeit genommen, ohne Grund. Meinen Mund schließe ich wieder, nachdem kein Ton aus meiner Kehle gedrungen ist. Die anderen schauen mich nicht einmal an. Leicht senke ich den Kopf. Ich weiß, wieso ich vor langer Zeit aufgegeben habe und nun tu ich es wieder. Und plötzlich, ja ganz plötzlich, wurden die Ketten etwas rissig. Leicht zog ich daran und sah wie winzige Risse in dem undefinierbaren Material erschienen. Hoffnung keimt in mir auf und ich blicke zu den anderen. Doch der Anblick lässt mich erstarren. Alle liegen fast farblos auf dem Boden, regungslos und scheinen immer blasser zu werden. Bis auf Angst, Hass, Wut, Schmerz und Trauer, diese laufen wild herum als würden sie eine Katastrophe verhindern wollen.

Auch ich verspüre das Verlangen helfen zu wollen und ziehe immer wilder an den Ketten ehe diese zerbarsten. Adrenalin strömt durch meinen Körper, schließlich habe ich dieses Bett noch nie verlassen. Mir wird klar, dass ich noch nie so frei war. Wäre es nicht so eine bedrohliche Situation, würde ich Luftsprünge machen. Gerade wollte ich meinen Fuß auf den Boden aufsetzen, aber es scheint zu spät. Plötzlich wird alles schwarz und die Geräusche der anderen verstummen. Ich weiß nicht was geschehen ist, doch eines weiß ich: Es ist nun vorbei. Den einzigen Moment, indem wo ich so dringend gebraucht wurde, habe ich vermasselt. Ich war die Liebe.

Kapitel 2: Siehst du die Sonne?

 Siehst du die Sonne? Siehst du sie wie sie die Welt erwärmt, die Kälte vertreibt? Siehst du den Planeten welcher so sehr strahlt das man mit den bloßen Auge kaum hereinsehen kann? Ja, siehst du die Sonne welche viele Menschen blendet oder sogar nervt? Das was die Solargeräte durch das Strahlen am Leben erhält?
Ich kann sie sehen, gerade bei Sonnenfinsternissen, ist sie wirklich sehr schön. Manchmal stell ich mir vor wie die Sonne wohl als Frau aussehen würde. Ich denke es wäre zu verblendend und doch faszinierend. Die Sonne, welche so groß ist und es sich alles um sie dreht, ist aber eigentlich nur ein Stern.
Eine Art Flammenball welcher irgendwann verglüht oder explodiert. Sie ist schön und gefährlich zugleich. Sag, siehst du die Sonne? Die die schon so viel Unheil mit Sonnenstürmen und Hautkrebs vollbracht hat. Siehst du sie an heißen Sommertagen in ihrer vollen Blüte aufgehen? Der Stern der sogar den Mond zum Leuchten bringt?Ich bin mir sicher das sie noch viele Geheimnisse birgt.
So sag. Mh? Nein? Und weißt du wieso? Weil ich dir deine Augen genommen habe. Nur ich sollte deine wunderschönen Augen sehen. Du wirkst auf andere, bis auf mich, unsichtbar. Ist das nicht wundervoll? Ich würde sie dir immer wieder nehmen. Ich besitze sie. Du bist von mir abhängig. Nur ich bin für dich für Bedeutung. Ich bin wichtig, andere unwichtig. Nur ich darf dich begehren, dich berühren. Nichts soll dich von mir ablenken und selbst nicht die Sonne. Liebe nur mich und denke an nichts anderes. Du bist so perfekt, so vollkommen. Ich selbst kann nicht einmal mit dir mithalten. Umso besser das ich dir die Augen genommen habe. Nun kann ich sie jedes mal betrachten wenn ich schlafen gehe.
Ich habe sie extra aufwendig konservieren und in Glas einschmelzen lassen. Sie haben noch immer diese wundervolle Farbe. So sag … Willst du die Sonne sehen?Nein? Gut, das freut mich, denn ich liebe dich mit meinem vollen Körper. Ich werde dich immer lieben. Nur durch dich lebe ich. Danke.  

Kapitel 3: Der Menschenzoo

Kaltes Wasser wird über meinen zitternden Körper gekippt. Ich bin nackt und es ist ohnehin schon kalt. Aber sie sagen sonst würde ich zu dreckig sein und das würde Besucher vergraulen.

Wo ich bin?

Ich bin in einer Zelle. Meinem Gefängnis. Ich werde hier nicht mehr herauskommen. Außer ich sterbe. Langsam erhebe ich mich und taste mit meinen Fingern den Boden ab. Ich kenne schon jeden Winkel in diesem Kasten. Er hat keine Gitterstäbe und ich denke das es ein Raum ist mit Glasfront.
Ich wurde ohne Augen geboren. Die Augenhöhlen existierten zwar aber meine Augen nicht wirklich und da wo die Öffnungen sein sollten ist Haut drüber gespannt. Deswegen bin ich blind und kann mich nur zwecks Tast-,Geruch- und Gehörsinn orientieren. Meine Erinnerungen an das was ich erfühlt hatte halfen mir auch sehr nicht überall gegen zu stoßen. Ich krabbel über den Betonboden auf das weiche kühle Gras und lege mich unter einen Busch um etwas Schutz vor den Blicken zu bekommen. Ich spüre sie. Aber ich war abhängig von ihnen. Ich war abhängig von meinen ´Pflegern´, die die mich hier gefangen halten. Aber ich bin auch froh. Froh das sie sich um sich kümmern. Ohne sie hätte ich keinen Ort wo ich sein durfte, keinen Ort an dem ich leben dürfte. Man würde mich töten oder verhungern lassen.

Wo ich bin?

Ich bin an einem Ort wo viele meiner Art eingesperrt sind. Wenn man behindert geboren wird, sei es eine körperliche oder psychische Krankheit wird man ,nachdem man das 5. Lebensjahr erreicht hat, hier her gebracht. Entweder bringen die Eltern einen hier her oder man wird geholt. Wir werden von unseren Eltern verkauft und hier zu Unterhaltungszwecken gefangen gehalten. Aber es wird sich um uns gekümmert das ist die Gegenleistung die wir bekommen. Manchmal werden auch zwei von uns zusammen gelassen sodass wir Kinder zeugen. Wenn es nicht freiwillig geschieht werden sie gezwungen. Sie hoffen das ebenfalls ein behindertes Kind zur Welt kommt und es so die Besucherzahlen steigert. Wenn nicht dann wird es vertuscht und meist sogar getötet. Mir ist dieses Schicksal zum Glück

noch nicht geschehen.

Ich weiß das es grausam ist. Aber ich habe mich daran gewöhnt. Bin froh überhaupt zu leben. Leben zu dürfen. Hier wird mir nicht so viel Leid entgegengebracht wie vielleicht draußen. Außerhalb meines Kastens. Einen Pfleger habe ich ganz besonders gern. Er streichelt mich manchmal sogar und hilft mir beim richtigen Waschen. Dies dann aber natürlich in einem anderen Raum. Er ist wirklich lieb und das versüßt mir das Leben hier. Auch wenn er mich manchmal schlägt, so weiß ich, dass es meine Schuld war. Ich habe ihn irgendwie gereizt oder irgendwas falsch gemacht weswegen er das tun muss. Ich liebe ihn wirklich und ignoriere die Worte der anderen. Ignoriere das sie sagen das er der schlimmste wäre. Er kümmerte sich um mich und ohne ihn wäre ich wohl längst tot.

Ich bin ganz besonders von ihm abhängig.

Da ist sie wieder, ich spüre sie. Seine Hand die mich am Kopf tätschelt. Doch ich will nicht unter dem Gebüsch vorkommen was mein Fehler war denn nun zieht er mich an den Haaren heraus. Leise wimmere ich und nehme den Schlag hin. Schließlich war es meine Schuld. Er redet immer wieder auf mich ein das es meine Schuld war das  er das tun musste. Ich hatte ihn gezwungen. Ich würde ihn gerne antworten doch ich durfte nicht reden. Das war verboten sonst wären wir den normalen Menschen

zu ähnlich.  

Mir wird eine Leine umgelegt womit er mich etwas hinter sich her zieht wenn ich nicht schnell genug bin aber das ist schon okay so. Ich wusste wo wir hin gehen. Er würde mich wieder waschen und lieb haben und das konnte ich kaum erwarten.

Wo ich bin?


Im Menschenzoo.  

Kapitel 4: Der Seele schönsten Tages

 Es ist eigentlich ein schöner Tag. Die Sonne scheint und viele der Nachbarskinder spielen draußen auf der Straße. Einige Freunde von mir treffen sich um ins Schwimmbad zu gehen. Doch ich bleibe zuhause. Nun stehe ich wieder hier, vor dem Spiegel. Ich starre in blaue Augen die mich aus den Spiegel zurück anstarren. Die Person im Spiegel, ich kenne sie nicht. Zwar bin ich in diesem Körper aber diese Stimme, der Körperbau, das Gesicht. Alles, alles fühlt sich so fremd an. Es ist wie ein Gefängnis in dem ich gefangen bin. Der Körper der angeblich mir gehört, kenne ich nicht.
Es ist eine fremde Person in diesem Spiegel und ich begreife einfach nicht, dass das ich sein soll. Finger streichen über die markanten Gesichtszüge. Es ist eine männliche Person im Spiegel doch ich fühle mich nicht so. Ich kann mir selbst kein Geschlecht zuordnen, aber die Seele hat ja kein Geschlecht oder? Also ist es doch eigentlich richtig. Ich gehöre einfach nicht in diese Welt, nicht in diesen Körper. Ich will frei sein! Meine Seele soll endlich aus diesen Gefängnis aus Fleisch und Knochen fliehen können. Ich will weg, weit weg. Die Faust saust vor, in den Spiegel hinein wo zuvor noch dieses Gesicht abgebildet war mit den schulterlangen schwarzen Haaren.
Ich kümmere mich nicht um diesen Körper. Wieso sollte ich auch? Er soll brechen, brechen! Damit meine Seele frei sein kann. Ich spüre wie warmes Blut über die blasse Haut läuft. Langsam zieht sich der Arm zurück und ich senke den Kopf des Körpers den ich beherrsche. Einige Wunden zierten die blasse Haut an der Hand. Ich spürte den Schmerz, das warme Blut. Aber interessierte es mich? Nein. Ich hatte nicht einmal Interesse daran die Wunde zu reinigen oder gar zu verbinden. Wieso sollte ich auch einen Körper pflegen den ich so sehr hasse? Es ist mein Gefängnis und das wollte ich nicht auch noch pflegen. Ich wollte es zerfallen sehen.
Es war niemand zuhause und so konnte ich diesen Gedanken lange nachgehen. Ich wusste das es nicht gut war aber ich konnte eben nicht anders. Es war ein grausames Gefühl im Körper eines Fremden zu stecken und nicht weg zu können. Diese Beine trugen mich in die Küche wo ich eigentlich etwas zum aufkehren der Scherben holen wollte. Doch das Sichtfeld richtete sich auf das große Messer welches auf der Arbeitsplatte lag. Heute Morgen gab es Wassermelone und anscheinend war es immer noch nicht weg geräumt.
Wenn ich daran denke wie leicht dieses Messer in die Wassermelone schneiden konnte kam mir immer mehr eine Idee. Wenn meine Seele nicht so herausbrechen konnte … wieso schneide ich sie nicht einfach heraus?
Für das Messer wäre es ein leichtestes in das Fleisch zu schneiden. Die Idee war gut, außerdem niemand zuhause.
Ich sollte diese Chance ergreifen. Ich wog das Messer in der Hand und der Gedanke fing an mir immer mehr zu gefallen. Schließlich konnte ich so auch Rache an meinen Peiniger, diesen Körper, nehmen. Doch ich durfte nicht schreien sonst würde diese Prozedur blos unterbrochen werden und das wollte ich nicht. Ein zusammengerolltes Handtuch diente als Beisschiene und sollte Schreie dämpfen. Nun saß ich hier, auf dem sauberen Boden, die weißen Fließen die wohl bald rot sein würden. Aber es kümmerte mich nicht, bald bin ich frei, bald ist meine Seele endlich frei.
Der Körper zitterte vor Anspannung und etwas Angst aber ich ignorierte es. Er würde mich nun auch nicht mehr daran hindern meinen Plan durch zu ziehen. Niemand würde mich mehr hindern. Mit Schwung raste das Messer in den flachen Bauch und ich schrie was das Zeug hielt in das Handtuch. Immer noch, immer noch war diese Stimme so unglaublich fremd. Sie soll weg gehen, weg, weg, weg! Immer wieder sauste das Messer in den Bauch und beschädigte wohl einige Organe. Das war mir egal, die Schmerzen waren mir egal. Alles war mir egal. Tiefer stach es, immer tiefer. Wann würde ich endlich ein gutes Loch für meine Seele schaffen?
Eine Blutlache hatte sich auf dem Boden gebildet und das Messer rutschte ,aus den schon glitschigen Fingern, zu Boden in genau diese Lache. Es wurde warm und kalt. Vielleicht würde ich nun endlich frei sein. Es fühlte sich alles so fern und leicht an. Es fühlt sich noch ferner an als sonst.
Das heißt doch das meine Seele gerade aus den Körper fliest oder? Vielleicht war die Seele ja auch eine Art Flüssigkeit und verdampft später erst. Aber mir sollte es egal sein. Ich bin froh, froh endlich aus diesen Körper zu sein. Endlich kann ich frei sein, frei vor allem. Heute ist wirklich ein schöner Tag.

### Montag der 14. Mai,2016 ###
### Ein Selbstmord von einem Jugendlichen erschüttert das kleine Dorf bei *** . Seine Mutter hatte ihn am Sonntagabend Tod auf dem Küchenboden gefunden. Die Polizei dachte zuerst an Mord als sie die Leiche sahen aber Untersuchungen ergaben das er sich wohl mit dem Messer selbst traktiert hatte. Vermutlich war der Grund dafür psychische Störungen die nicht erkannt wurden. ###

Kapitel 5: Der Mensch in meinem Ohr

Es gibt da einen Menschen. Ein kleiner Mensch der in meinem Ohr sitzt. Nur ich sehe ihn und er flüstert mir immer wieder kleine Dinge hinein. Dinge was ich tun soll, die ich aber nicht tun will. Es ist ein grausamer kleiner Mensch der mich zu Dingen treibt die sich keiner so recht vorstellen kann. Oft habe ich versucht ihn heraus zu bekommen aber es ging nicht. Er will einfach nicht verschwinden. Hatte er solchen Gefallen an mir gefunden? Immer wieder schlage ich mit der Hand auf mein rechtes Ohr wo sich der kleine Mensch befindet. Versuche ihn heraus zu schütteln. Will ihn wie einen kleinen Käfer zerdrücken.

Schmerz durchfährt mich und als ich es nicht mehr aushalte höre ich auf. Stille herrscht in meinem Kopf und ich dachte es wäre vorbei doch dem war nicht so. Er lacht mich aus. Wie naiv ich doch sei. Ob ich wirklich dachte, dass ich ihn weg bekommen könnte. So laut es nur ging schreie ich. Versuche ihn zu übertönen oder ihn anderweitig zum Schweigen zu bringen. Doch klappt es? Nein, das Lachen ist immer noch in meinem  Kopf und fährt mir durch Mark und Bein. Es ist als würde es immer lauter werden und mein Schädel fühlt sich an als würde er gleich platzen. Es tut so weh.  Bitte hilf mir doch jemand.

Doch niemand erhört meine Schreie. Meine Schmerzen. Ich kauere mich auf dem dünnen Bett zusammen und halte mir den Kopf. Irgendwann, ja irgendwann hörte er dann auf. Ich wimmere leise und sehe aus dem Fenster. Draußen ist schönes Wetter und am liebsten würde ich hinaus steigen und das Gras an meinen Fingern spüren wenn ich mich hinein kralle. Den Wind an meinem Körper fühlen wenn dieser weht. Doch dies bleibt mir verwehrt. Still bleibe ich liegen und versuche den Mensch in meinem Ohr mit den Fingern zu fassen, vielleicht konnte ich ihn ja hinaus ziehen? Zeit vergeht doch ich bekomme ihn einfach nicht und ich hörte auf als ein kleiner erstickter Schrei durch den Raum hallte. Ich sehe auf und schaue eine junge Frau an die mich geschockt mustert ehe sie schnell verschwand und wohl jemanden zu holen schien. Vielleicht, vielleicht bekomme ich nun endlich Hilfe?  Hilft mir endlich jemand ihn los zu werden?

Verwirrt schaue ich auf meine Hand als etwas herauf tropfte und bemerkte das es Blut war. Hatte ich den Menschen erwischt? Nein … das war mein Blut. Vorsichtig fasse ich mir ans Ohr ehe ich wieder schnell zurück zucke wegen den Schmerzen. Es war dumpf und ich bemerke das ich auf diesen Ohr nichts mehr höre. Vielleicht habe ich nun endlich meine Ruhe vor ihm. Doch nein … als ich verarztet und gesäubert werde bemerke ich, dass er auf der anderen Seite war. Nun war er in meinem anderen Ohr und versuchte mir wieder Dinge zu befehlen. Nein ich will das nicht! Nun schreie ich wieder und es braucht drei Männer damit ich gut festgehalten werden kann denn ich schlage um mich. Ich will einfach nicht mehr versteht das denn keiner? Wieso hilft mir niemand? Wieso?

Hassen sie mich so sehr? Hassen sie mich? Natürlich tun sie das. Deswegen soll ich auch diese Dinge tun die der Mensch mir befiehlt. So sagt er zu mindestens. Er hatte mich noch nie verlassen das war zu mindestens etwas Gutes an ihm. Eine Nadel fährt in meine Haut und ich bemerke erst später war es war. Sie hatten mir Beruhigungsmittel gespritzt welches auch ca. 10 Minuten später wirkt. Meine Bewegungen werden langsamer und meine Glieder fühlen sich immer schwerer an. Der kleine Mensch in meinen Ohr schreit mich an was das soll und das ich mich gefälligst zu wehren habe. Doch ich kann nicht mehr. Es geht nicht mehr.

Ein Verband schmückt meinen Kopf und eine Art Druckverband wurde um mein Ohr gemacht. Anscheinend hatte ich mir das Trommelfell zerstört als ich mir das Ohr innen aufgekratzt hatte.  Wieder wird mir etwas gespritzt. Vermutlich Schlafmittel denn ich werde müde, sehr müde. Ich höre noch ein „Gute Nacht.“ Ehe ich wegsacke. Als ich aufwache fängt sogleich wieder der Mann in meinen Ohr mit dem Flüstern an. Ich versuche ihn zu ignorieren, vielleicht geht er dann weg. Doch es klappt wie immer nicht. Er weiß das ich ihn höre. Er weiß das ich leide. Und doch weiß er das er mich ausnutzen kann. Die junge Frau von gestern kommt rein und wünscht mir einen guten Morgen ehe zwei Männer kommen und mir aus dem Bett helfen. Mein Körper fühlt sich immer noch schlapp und ich folge ihnen einfach durch diese endlosen Gänge. Ich sehe in der Spiegelung vom Fenster den Mann in meinem Ohr welcher finster grinste, wie ein Dämon. Er weiß das ich ihn sehen kann. Auch weiß er das es andere nicht können. Ich werde in einen Raum gebracht und setze mich auf einen Stuhl. Die ganzen Möbel sind am Boden fest geschraubt und meine eine Hand wird zur Sicherheit mit Handschellen an den Stuhl gekettet. Nun bin ich alleine. Ich halte es kaum aus. Jemand sollte reden! Damit diese Stimme vom Menschen in meinem Ohr nicht die einzige ist. Das ist doch verrückt.

Ein nett aussehender Mann kommt hinein und lächelt mich an. In der Hand ein Klemmbrett und einen Kugelschreiber. Außerdem eine Akte. Meine  Krankenakte. Er setzt sich mir gegenüber.



„Wie geht es uns denn heute? Wollen sie mir verraten wieso Sie das diesen Mann angetan haben?“



Ich hatte jemanden getötet.



„Der Mensch in meinem Ohr hat es mir befohlen.“



Er lächelt weiterhin und schreibt sich etwas auf.



„Wirklich? Erzählen Sie mir doch mehr von ihm.“ 

Kapitel 6: Endlich sind wir eins

 Da lag er. Das Bild was sich mir bot war wie als wäre ein Engel vom Himmel gefallen und ungebremst aufgeschlagen. Eine Blutlache hatte sich unter seinem Körper gebildet und breitete sich wie die Flut nach der Ebbe über den Boden aus. Sein weißes Nachthemd ,welches er trug, hatte sich zu rot gefärbt. So friedlich sah er aus ,sag, bist du nun glücklich?



Ich liebe dich.“



Flüsterte ich ihn gegen die blassen ,farblosen, Lippen  ehe ich meine mit seinen versiegelte. Liebevoll löste ich mich wieder und sah ihn lächelnd an. Meine Hand glitt über die blasse Haut an seiner Wange. Er sah wirklich wie ich aus. Aber das war schließlich bei Zwillingen normal – nicht?

Er sah so schön aus. Die weißen Haare waren etwas vom Blut rot gesprenkelt aber irgendwie hatte das was. Hach, am liebsten würde ich ihn ewig so anstarren. Mein Gegenstück. So schön.

Er sagte er will für immer bei mir bleiben.



„Jetzt ist dein Wunsch erfüllt nicht wahr?“



Sprach ich sanft zu ihm und legte sich vorsichtig neben seinen Körper. Wir würden eins werden. Endlich eine Person sein, so wie es eigentlich vorhergesehen war. Seine wundervollen Augen waren geschlossen und es sah aus als würde er friedlich schlafen. Ich lächelte sanft und liebevoll. Wie schön – wenn ich das nur auch könnte.  

Mit den Fingerkuppen fuhr ich über seine Brust hinab zu seinem Oberschenkel und lies dort meine Hand liegen. Mit dem Daumen streichelte ich ihn sachte dort ehe ich ihn wieder einen Kuss auf die Lippen hauchte. Wir hatten schon immer ein sehr inniges Verhältnis. Alle sagten es wäre krank was wir tun aber dem war nicht so. Das war Liebe. Pure und ehrliche Liebe.



„Ich werde jetzt zu dir kommen, du wirst nicht mehr alleine sein mein Schatz.“



Hauchte ich mit Tränen in den Augen. Ich war gerührt, endlich war es so weit. Endlich würden unsere Träume in Erfüllung gehen. Wir konnten endlich beieinander sein, ohne dass jemand etwas dagegen hatte. Ohne abfällige Kommentare von den Ignoranten welche es nicht verstehen konnten einen Zwilling zu haben. Ja, wir waren Brüder und dazu noch Zwillinge. Doch das war uns immer egal gewesen. Wir brauchten aneinander, liebten aneinander. Niemand konnte das verstehen. Wir waren eine Person die versuchte wieder zusammen zu finden. Wir brauchten nur uns und das wird sich niemals ändern.



„Ich liebe dich so sehr.“



Dies sollten meine letzten Worte sein, so war es von mir geplant. Nochmals küsste ich ihn ehe ich mich etwas aufsetzte und das Messer nahm mit dem ich das Herz meines Gegenstückes durchstoßen hatte. Er wollte es so. Er sagte erst er und dann ich. Er würde schon alles vorbereiten für mich sodass ich gut ankommen würde wenn ich folgte. Ich hatte kein Interesse daran ihn weiter warten zu lassen.

Ich hatte auch ein weißes Nachthemd an und auch dieses hatte sich von dem Blut meines Bruders rot gefärbt. Es war ein schönes rot. Dies dachte ich ehe ich mir selbst das Messer in die Brust rammte. Es tat weh, es tat unsagbar weh. Aber diese Schmerzen nahm ich in Kauf um endlich bei ihm zu sein – eins mit ihm zu sein. Ich sammelte meine Kraft und sah nochmal in sein Gesicht und lächelte kraftlos.



„Endlich sind wir eins.“



Mit diesen Satz schloss ich meine Augen und stieß meinen letzten Atemzug aus.

Kapitel 7: Die Asche die doch Staub war

Gedankenlos streiche ich mit den Fingerkuppen über das Bild eines jungen Mannes. Es stand in einem kleinen Schrein in meinem Wohnzimmer und warm ihm gewidmet. Heiße Tränen kullerten über meine Wangen und tropfen auf meinen Schoß. Wieso musste er auch von mir gehen? Wieso?

Leise schluchzte ich und blickte geradeaus auf die graue Urne die in der Mitte dieses Schreines stand. Dort war er drin. Dort war seine Asche. Sein verbrannter Körper. Eine Weile saß ich einfach schweigend da und stand schließlich auf um das Fenster zu öffnen und frische Luft hinein zu lassen. Er hatte das immer um diese Zeit gemacht. Hätte ich es mir nicht bereits angewohnt würde ich vermutlich nicht einmal lüften.

Er hatte immer gesagt das es ungesund war nur im stickigen Raum zu sitzen. Wie recht er doch hatte. Doch ob die Luft aus der Großstadt gesünder war? Das bezweifelte ich. Schließlich ist er daran zugrunde gegangen. Er hatte eine schwache Lunge gehabt und die Abgase die in dieser Großstadt umher schwirrten machten sie noch schwächer ehe er im Schlaf erstickte. Er hatte einfach aufgehört zu atmen. Einfach so. Er hatte mich alleine gelassen. Hätten wir nur diese verdammten Fenster geschlossen gelassen! Wir hätten aufs Land ziehen sollen.

Ich zuckte zusammen als ein Klirren erklang und drehte mich sofort um. Panik durchschoss mich als ich die Scherben sah. Die Scherben von der Urne. Seiner Urne. Die Katze, sie hatte sie umgestoßen und rannte maunzend weg. Meinen eigenen Aufschrei nahm ich kaum wahr. Ich sah den Inhalt nicht mehr. War er vom Wind davon getragen worden? War er weg geweht worden? Ich musste sie finden! Ich musste die Asche – seinen Körper finden!

Meine Füße trugen mich schnell durch den Raum. Immer schneller lief ich umher und strich mit einem weißen Taschentuch über Regale und andere glatte Flächen. Tatsächlich blieb etwas daran hängen und langsam beruhigte ich mich als das Tuch vollends bedeckt war mit der Asche. Ich hatte ihn wieder. Auch wenn es nicht viel war hatte ich seinen Körper wieder.  

Ich legte es kurz weg um die Scherben zusammen zu räumen und später wieder zusammen zu fügen. Doch dann kam dieser Luft stoß. Dieser eine Luft stoß. Das Tuch wurde hoch geweht und drohte aus den Fenster geweht zu werden. Die Scherben fielen zu Boden – ich achtete nicht drauf. Ich musste dem Tuch hinterher! Ich musste ihm hinterher! Er durfte mich nicht ganz alleine lassen! Bitte! Ich streckte mich, ich musste ihn bekommen egal was!

Als meine Finger das Tuch berührten krallte ich mich so fest es ging daran. Doch etwas ist schief gelaufen. Ich hatte ihn zwar wieder aber, ich fiel. Meine Augen weiteten sich etwas und ich hatte das Tuch fest an meine Brust gedrückt. Ich fiel aus dem Mehrstöckigen Hochhaus. Ich würde das nicht überleben. Aber ich hatte ja ihn. Er war bei mir und ich würde zu ihm kommen wenn es vorbei war.

Doch, irgendwas war komisch. Wieso war die Asche so hell? Wieso? Ach ja … da war ja was. Erinnerungen kamen in meinen Kopf und ich erinnerte mich wie ich keine Asche erhalten hatte. Ich konnte mir die Einäscherung nicht leisten und er kam in ein Massengrab. So war das. Ich hatte einfach die Urne gekauft um etwas zu haben. Tränen bildeten sich in meinen Augen. So war das ja. Wie konnte ich so etwas denn vergessen? Letzten Endes war das auf dem Tuch … nur Staub. Wertloser Staub der von draußen hinein kam. Von den Abgasen die draußen umher schwirrten. Das war der Staub der ihn zu Grund gerichtet hatte. Ich ließ es los. Ich ließ den Mörder meines Geliebten los. Aber es war nicht schlimm. Ich brauchte nicht mehr seinen Körper. Ich kam jetzt zu dir. Ich kam zu ihn. Ein Lächeln zierte meine Lippen als ich auf den Boden aufschlug.

Kapitel 8: Der Tod, mein ständiger Begleiter

Für manche mag das vielleicht komisch klingen, aber das ist nicht mein erstes Leben. Ich weiß schon gar nicht mehr wie oft ich gelebt habe, wie oft ich gestorben bin. Doch es reicht mir. Es ist ein Fluch der an mir haftet, denn ich kann niemals richtig sterben und genau das ist mein Problem. Ich habe diese Welt satt und werde doch immer wieder hier hinein geboren. Je öfters ich lebe desto mehr werde ich gemieden. Ich wirke zu erwachsen. Zu wissend.

Ich habe gelernt Menschen lesen zu können. Ich weiß wann sie Lügen, wann sie die Wahrheit sagen. Es ist erschreckend wie die Menschheit ist, erschreckend wie herzlos sie doch ist. Ich will nicht mehr leben. Ich will nie wieder nochmals leben! Lieber möchte ich als naive Gestalt geboren werden die noch nicht das Leid dieser Welt kennt. Nicht weiß wie es hier abläuft. Erst alles lernen muss und welche man auch lieben kann. Meine derzeitigen Eltern lieben mich nicht. Ich bin ihnen zu gruselig. Aber ich kann es ihnen auch nicht verübeln. Ich denke ich würde genauso reagieren wenn ich so ein Kind hätte. Ich hatte noch nie Kinder und will auch keine. Nicht weil ich mich vielleicht überfordert fühlen würde. Sondern weil ich Angst habe das so ein Fluch vererbbar ist.


Ich kann einfach nicht mehr leben.


Gibt es sowas wie ein Lebenstank? Welcher ,wenn man zu viel lebt, leer geht? Wenn ja dann ist meiner ausgetrocknet und das schon lange. Ich kann keine Freude mehr verspüren. Bin allem und jedem sofort misstrauisch gegenüber. Schikane ist mir schon lange egal und ja vielleicht wirke ich arrogant weil ich darüber stehe. Aber das hier ist auch nur ein weiteres Leben von vielen.

Meine nackten Füße streifen das kalte Metall und ich muss sagen ich habe mir nicht die beste Jahreszeit ausgesucht um zu sterben. Meine Angst vor dem Tod ist gänzlich verschwunden und immer mehr wurde er mein Freund. Wenigstens kurz konnte ich mich von diesen Fluch befreien bis ich dann wieder alt genug war um meine Außenwelt mit zu bekommen. Der Horror ging dann weiter.

Es ist Winter und das Holz zwischen den Schienen ist etwas gefroren. Sie sollten wirklich mal wieder gewartet werden. Irgendwie ja schon witzig worüber man alles nachdenkt wenn man keine Angst mehr vor dem Sterben hat und sich umbringen möchte. Mein derzeitiger Körper ist erst 15 doch ich bin ihn schon leid. Ich bin diese Welt leid. Vielleicht ist es ja auch naiv von mir zu denken das dieser Fluch irgendwann aufhören würde.

Schon oft war ich wegen dieser Sache beim Psychiater. Dies aber nie freiwillig. Es war ein Fluch und keine Kopfsache. Aber wem erzähle ich das? Es glaubt mir niemand und ich denke es war auch gut so. Ich lebte schon im Mittelalter und bin eigentlich auch dort das erste Mal geboren. Früher hatten sie mich als Hexe verbrannt als ich so verzweifelt war als ich wiedergeboren wurde. Doch ich kam immer und immer wieder.


Vielleicht war auch ich selbst ein Fluch für die Menschheit.


Ich tat vielen Menschen weh dadurch das ich so schrecklich unsensibel wurde. Mittlerweile hasse ich mich selbst. Mein Charakter ist verdorben und es wirkt als würde mit jedem Leben ein weiterer schwarzer Tintentropfen meine Seele verunreinigen.

Leise lache ich als ich den Zug hörte. Gleich war es vorbei und vielleicht sogar endlich ganz zu ende. Doch irgendwie weiß ich, dass es nicht so war. Ich bin verdammt auf ewig zu leben und wenn ich sterbe wiedergeboren zu werden. Mit allem Wissen, allen Erinnerungen und meinen Charakter welcher sich über die Jahrhunderte stark geändert hatte. Ich frage mich wieso mein Gehirn das überhaupt packte.

Ich blicke ins grelle Licht des Güterzuges welcher auf mich zurast. Sehe den verzweifelten und geschockten Blick des Fahrers. Es tut mir leid dein Leben auch zu zerstören. Er bremst zwar stark ab was ich durch das Quietschen vernehme doch der Bremsweg ist zu lang. Der Zug erfasst mich und es dauert nicht lange ehe alles weg war.


Ich bin mal wieder gestorben.


„Du bist ein Schwachkopf.“

Warum? Ist das nicht der Sinn meiner Existenz? Zu sterben?

„Es ist wahr das ich dich endlich bei mir haben will, aber nicht so.“

Wie dann? Wer bist du?

„Du erkennst deinen ersten und einzigen wirklichen Freund nicht?“

Bist du … der Tod?

„Natürlich bin ich das. Du sollst richtig leben und normal sterben, deine Seele mit Glück füllen sodass du an meine Seite passt.“

Ich kann nicht mehr leben. Es geht nicht.

„Dann brauche ich dich nicht mehr, ich habe mich wohl in dir getäuscht.“





Seitdem wachte ich nie wieder in einen anderen Körper auf

Wurde nie mehr wiedergeboren

Und meine Seele zerbärste

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 27.11.2015

Alle Rechte vorbehalten

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