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Was ist „Open Source“?

„Open Source“ heißt übersetzt ja so etwas wie „offengelegter Quellcode“ (eines Programms) – tatsächlich geht es aber um weit mehr. Das Problem besteht darin, dass das Urheberrecht auch auf Software angewendet wird, obwohl Software im Gegensatz zu Buchtexten oder Musikstücken ja nicht in erster Linie der Unterhaltung oder Meinungsäußerung dienen, wo der Schutz des individuellen Ausdrucks des Autors bzw. Komponisten Sinn machen würde, sondern Software auch einen praktischen Zweck erfüllt, nämlich, Anweisungen auf einem Computer auszuführen. Außerdem hat das Urheberrecht früher nur große Unternehmen wie Verlage, Plattenlabels und Filmstudios betroffen, die untereinander, mit ihren Produzenten und Vertriebskanälen Deals abschließen mussten, heute ist aber jeder einzelne Nutzer, der einen Computer, ein Smartphone oder Tablet besitzt, davon betroffen und hat natürlich keine eigene Rechtsabteilung wie erstgenannte. Warum ist das Urheberrecht ein Problem? Weil dem Urheber allein und ausschließlich alle Rechte zustehen und dem Nutzer quasi keine. Deswegen setzen sich Bewegungen wie die Free Software Foundation dafür ein, dass der Nutzer folgende „digitalen Grundrechte“ bei jedem Programm eingeräumt bekommt und auch effektiv ausüben kann:

  • Die Freiheit, das Programm auszuführen wie man möchte, für jeden Zweck (Freiheit 0).
  • Die Freiheit, die Funktionsweise des Programms zu untersuchen und eigenen Bedürfnissen der Datenverarbeitung anzupassen (Freiheit 1). Der Zugang zum Quellcode ist dafür Voraussetzung.
  • Die Freiheit, das Programm weiterzuverbreiten und damit seinen Mitmenschen zu helfen (Freiheit 2).
  • Die Freiheit, das Programm zu verbessern und diese Verbesserungen der Öffentlichkeit freizugeben, damit die gesamte Gemeinschaft davon profitiert (Freiheit 3). Der Zugang zum Quellcode ist dafür Voraussetzung.

Diese Forderungen sind in Endnutzerlizenzverträgen so formuliert, dass ein Programmierer sich des Urheberrechts bedient, um dem Nutzer diese Rechte großzügig einzuräumen, und weiterhin werden sie durch die Lizenzbestimmungen aktiv verteidigt und geschützt, dass sie auch in Zukunft z.B. nach Weitergabe des Programms nicht verloren gehen und auch der Empfänger in den Genuss derselben Rechte gelangt (sog. „Copyleft“). Dementsprechend gibt es auch Listen von Software-Lizenzen, welche diese Anforderungen erfüllen, und welche davon die Rechte besonders gut verteidigen und welche eher nicht. „Open Source“ und die dahinter stehende Bewegung zielt jedoch darauf ab, die oben genannten Positionen möglichst zu verdecken und zu verschleiern, damit nur der Aspekt der Quelltext-Offenlegung als ganz praktische Methode zur besseren gemeinsamen Software-Entwicklung in den Fordergrund gerückt wird, um die rechtlichen, ethischen und sozialen Aspekte gar nicht erst zur Sprache bringen zu müssen, wenn es um die kommerzielle Verwendung der Software durch große Firmen geht (kommerzielle Nutzung ist selbstverständlich erlaubt, frei lizenzierte Software kann und darf Geld kosten). Mehr zum Thema siehe einen Vortrag von Richard Stallman, dem Gründer der Freie-Software-Bewegung.

 

Impressum

Texte: Copyright (C) 2015 Stephan Kreutzer. Lizenziert unter der Creative Commons BY-SA 4.0 International.
Bildmaterialien: Copyright (C) 2015 Stephan Kreutzer. Lizenziert unter der Creative Commons BY-SA 4.0 International.
Tag der Veröffentlichung: 08.08.2015

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