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Du bist fett

„Du bist fett!“ Diese 3 Worte brannten sich, wie ein glühendes Stück Metall in Kerzenwachs, in sein Gehirn ein. Eigentlich fand er sich nie zu dick. Ihm war schon klar, dass er nicht der schlankeste oder der best' gebaute war, jedoch machte ihm das nie etwas aus. Jedenfalls bis jetzt. Es war doch bloß ein Spaß, ich bin nicht fett. Oder? Er begann auf die Waage zu gehen. Erst einmal die Woche, dann jeden Tag und zuletzt mehrmals täglich. Mit einer Größe von 1,70m war er mit seinen 68kg immer zufrieden. Doch immer wieder kamen ihm diese Worte in den Kopf: Du bist fett! Fett! Fett! Fett!... Vollkommen nackt stand er vor dem Spiegel und sah sich an. Ich bin nicht fett, dachte er sich, obwohl es nicht schaden würde etwas abzunehmen. Sport ist jedoch nicht das was ihm liegt. Die andere Möglichkeit: Fasten. Er würde einfach weniger essen. Nach einer Woche bemerkte er äußerlich noch nichts, aber die Waage zeigte ihm er hätte 500 Gramm abgenommen. Du bist fett... Er rechnete sich aus wie viel Zeit er bis zum Sommerurlaub hatte und wie viel er dann wiegen würde. Sah gut aus. Jedoch war es schwer. Immer kochte seine Mutter ihm viel und es gab immer kräftigen Nachtisch. 68,3Kg. Nein?! Er sah in den Spiegel und was er sah ließ ihn schaudern. Sein fetter Körper. Und wieder diese Stimme im Kopf: Du bist fett... So beschloss er also nur noch 600 Kalorien am Tag zu sich zu nehmen. Nach 2 Wochen schon, wog er noch 66,9Kg. Dieser Fortschritt gefiel ihm. So kam er auf die Idee nur noch die Hälfte zu essen. 300 Kalorien am Tag. Nach einem Monat sah er endlich einen Fortschritt. Er wog noch 62Kg und die ersten Rippen zeichneten sich ab. Das gab ihm ein gutes Gefühl. So machte er weiter. Nach einem weiteren Monat wog er dann 58kg. In 2 Monaten hat er 10 Kg abgenommen. Seine Freunde haben gemerkt, dass er dünner wurde, jedoch haben sie sich nichts dabei gedacht. Er fand 58kg gut und so aß er wieder. Jedoch nahm er zu und der Drang die Knochen zu sehen wuchs ständig. So nahm er in kurzer Zeit weiter ab, 56Kg wog er nun. Mehrere Freunde hatten mittlerweile bemerkt, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie redeten ihn an jedoch sagte er, es wäre alles in Ordnung. Auf die Frage: Möchtest du etwas essen, antwortet er meisten er habe keinen Hunger oder er habe schon gegessen. Seine Freunde glaubten ihm nicht und machten sich Sorgen. Aber das war ihm egal. Sein Ziel war 55Kg...oder doch vielleicht 50 oder 45? Ja, 45kg klingt gut, dann hält niemand mich mehr für zu dick. Und so fuhr er fort. Jedoch plagten ihn viele andere Probleme: Freundschaften gingen zu Bruch, Suizid Gedanken kamen hoch und schulisch lief es auch nicht so gut. Ständiger Streit zu Hause mit den Eltern usw.... Er begann sich zu ritzen, jedoch macht er es an der Schulter sodass niemand es sehen konnte. Er wollte keine Hilfe, ihm ging es ja "gut". Erzählen tat er niemandem etwas davon, denn er ist ja sowieso alleine und niemand mag ihn. Das war jedenfalls seine Sicht. Jetzt stand er da, nackt wie immer, vor dem Spiegel und betrachtete sich. Immer noch zu fett, jedoch fand er, dass die Narben an seiner Schulter gut aussehen und so griff er erneut zur Schere. Eine, zwei, zehn, zwanzig neue blutige Narben zieren sich über seine Schulter und über sein herausstehendes Schlüsselbein. In seinen Augen ist ein leichtes grinsen zu vernehmen.Er kann jedoch nicht mehr abnehmen. Wiegt wieder 59,5kg. Er frustriert und deprimiert. Die Schnitte werden immer tiefer und verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen sich. Er ist nur noch eine Paprikaschote und 1-2 kleine Möhren am Tag. Das sind zusammen gerechnet knapp 150 Kalorien. Sogar das ist ihm schon zu viel. So steckt er sich immer wieder den Finger in den Hals, um seine Nahrung heraus zu kotzen. Er hat sich mittlerweile eingestanden, dass er aufgrund seiner Abnehme-Diät sterben wird. Er will nie wieder zunehmen. Die Gedanken von 45kg sind längst verschwunden, denn sie wurden verdrängt von dem Wunsch nur noch 30-35kg zu wiegen. Er will einfach nur noch abnehmen, bis er nichts mehr ist und er sterben wird. Ihm ist klar: Er wird sterben. Die Frage die bleibt: Wann? Wie kann man nur so tief fallen? Nur wegen 3 Worten?? Er möchte, dass seine Freunde ihn als guten Freund in Erinnerung hatten und sich keine Vorwürfe machen, denn niemand hätte es verhindern können. Nicht mehr er selbst. Er hat die Kontrolle verloren. Ana regiert über ihn. Er wartet nur noch auf seinen Tod, damit er endlich erlöst ist. So schnell kann es gehen, auch wenn es ein Scherz war. Darum überlegt euch lieber 2mal ob ihr etwas sagen werdet, denn nicht jeder empfindet es als Scherz und dies kann schlimme Folgen haben.

Die Waage

4 Tage ist er schon von zu Hause fort. Er ist mit ein paar Freundinnen im Urlaub. Eigentlich läuft ja alles gut, kein Streit, noch irgendwelche Probleme. Jedenfalls, bekannte Probleme. Denn sein eigenes, trägt er noch immer mit sich und es wird verstärkt... Seit 4 Tagen stand er schon nicht mehr auf der Waage und zerbricht sich den Kopf darüber wie viel er wiegt. Der Drang auf der Waage zu stehen und zu sehen, dass er noch weiter abgenommen hat ist zu groß. Leider ist er sich ziemlich sicher wieder zugenommen zu haben. Äußerlich sehen die anderen keinen Unterschied. Weiterhin herausstehende Knochen und eine Delle, dort wo eigentlich ein zumindest flacher Bauch sein müsste. Er sieht sich jedoch anders. Fettpolster an seiner Hüfte die durch das etwas engere schwarze Hemd betont werden fallen ihm ins Auge. Seine hässliche Wampe, wenn er mal wieder in dem Badezimmer vor dem Spiegel steht und dazu kommt, dass er sich einfach nur schwer fühlt. Fest davon überzeugt wieder zugenommen zu haben, hat er sich geschworen die restlichen 9 Tage der Ferien, einfach wieder viel weniger zu Essen. Wie soll er das jedoch anstellen? Isst er nichts, werden die anderen wieder aufmerksam. Zumal da sie ja schon so schlecht auf das Thema zu sprechen ist. Erst gestern hat sie ihm gesagt, sie wünsche sich er würde 10kg zunehmen in diesen Ferien hier. Eine andere sagte ihm, bei seinem ersten Anblick, er sei zu dünn geworden und sie fände das hässlich. Klar verletzt ihn das, jedoch sind die Gedanken seine Knochen zu sehen und immer dünner zu werden zu stark um sie zu bezwingen. Die eine Frage die ihm im Kopf herumschwirrt ist wieder, ob das ganze wieder im Zweikampf von Essen und Brechen enden wird? Er hat es doch schon geschafft seit 1 Monat nicht mehr zu erbrechen. Ihm wird aber wieder klar, dass es leichter war abzunehmen wenn er alles gegessene wieder mit Hilfe seines Fingers raus kotzt und zwar so schnell wie möglich nach dem Essen. Gedanken von dünnen, schlanken Menschen schwirren in seinem Kopf herum. Er versucht seinen Gedanken keine Beachtung mehr zu schenken und einfach einzuschlafen um vielleicht in der Welt der Träume, ein schönes, erfülltes Leben zu haben. In seinen Träumen war bis jetzt alles schön, und wenigstens da konnte er „frei“ Leben. Niemand der Kritik an ihm ausübte, niemand der ihn verletzen konnte. Träume sind sein Schutz. Nur ist der Zeitpunkt wieder gekommen, an dem er das ganze mit dem Tod bedenkt. Der Tod wäre auch sein Schutz. Niemand der je wieder schlechtes zu ihm sagen würde, er wäre frei. Ja, das klingt gut. Nur wie? Wird er wie geplant einfach weiter abnehmen bis er stirbt oder wird er es beschleunigen und sich ertränken, eine Klippe runter springen oder Rattengift essen? Am liebsten wäre ihm, er würde an einem langsamen Tod sterben, so dass seine Freunde sich noch verabschieden können. Jedenfalls die paar Freunde die er noch hat. Viele haben sich abgewendet von ihm, weil sie ihn für geisteskrank halten, dass er seinen Körper so zerstört nur seinetwegen. So kam es, dass er jetzt eigentlich ziemlich alleine ist, und nur noch ein halbes dutzend Freunde hat, die wirklich zu ihm stehen. Sogar bei denen ist er sich manchmal nicht sicher, ob die ihn nicht auch nur aus Mitleid nicht verlassen. Er selber würde ja auch am liebsten von sich weggehen. Gedankenblitz. Wenn er nach Hause kommt, arbeitet er für einen Monat. Er wird zu Mittag nicht zu Hause sein. Seine Mutter kann also wieder einmal nicht kontrollieren was er isst. Das ist seine Chance. Er wird also doch wie geplant immer weiter abnehmen bis er stirbt. Während er so denkt, lächelt er leicht. Alles ist geplant und wird so ablaufen. Genauso… Bald werde ich frei sein…

Angst

 

Er sitzt im Zug. Noch 2 Stunden dann ist er zu Hause. Wie viel hat er schlussendlich zugenommen. Ihm wird übel als er daran denkt, dass er zugenommen hat. Diesmal reicht es nicht einfach die Augen zu schließen und zu versuchen mit seiner Musik einzuschlafen. Denn sobald er seine Augen schließt, sieht er Bilder vor sich die ihm den Verstand rauben. Lange noch zuckte er vor Schreck und Angst bis er dann irgendwann einschlief. Die Träume begannen. Er sah den anderen Jungen wie er sagt: Du bist fett! , alle anderen die ihn gemobbt haben als er noch ein kleiner Junge war. Er war nie wirklich beliebt was seiner Meinung nach aber verständlich war. Wieso sollt man denn auch mit einem wie ihn reden? Er war damals schon fett und hatte wirklich kein schönes Gesicht. Seine Augenbrauen waren zusammen gewachsen. Viele machten sich darüber lustig. Monobraue wurde er genannt. Geschlagen, getreten und angespuckt. So sah seine Kindheit aus. Voller Wehmut und leid. Dass er häufig Prügelei bezog war niemandem klar. Er traute sich nie irgendeinem etwas zu sagen. So verging Jahr um Jahr wo er es immer wieder satt hatte zu Leben. Als er dann ins Gymnasium kam war es bei weitem nicht besser. Denn da fingen die Suizidgedanken erst richtig an. Oft fühlte er sich alleine und begann sich selbst zu verletzen. Niemand wusste es. Alle hielten sie ihn für den kleinen einsamen Junge der keiner Fliege etwas zuleide tut. Irgendwann dann war es soweit. Er beschloss sich umzubringen. Er war an einem Wochenende allein zu Hause und so schrieb er einen Abschiedsbrief in dem er die ganze Wahrheit nieder schrieb. Dann legte er sich auf sein Bett, schluckte eine ganze Packung Schlaftabletten wie die Leute es im Fernseher immer taten. Dann nahm er sich ein Seil und strickte es um sein Hals und hielt es mit seinen Händen fest. Er spürte wie ihm langsam schwindelig wurde und sein Leben so gut wie vorbei ist. Alles wird schwarz um ihn herum. Er fiel nach hinten und lag reglos auf dem Bett… Rote streifen blieben an seinem Hals zurück als seine Hand das Seil nicht mehr im Griff hat. So lag er nun da. Das ganze Wochenende. Bis…er langsam seine Augen öffnete. War er tot? Als er sich aufrecht setzen wollte musste er brechen. Der saure Geschmack ekelte ihn so sehr, dass er weiter brechen musste. Was war passiert? Wieso ist er nicht tot? Es musste Schicksal sein. Er lag ein ganzes Wochenende auf seinem Bett, reglos, ohne etwas zu essen oder Trinken und kam doch mit seinem Leben davon. Als ihm klar wurde was für ein Glück er hatte und dass das Leben ihm eine 2te Chance gegeben hat, beschloss er ein besserer Mensch zu werden. Erstmals musste die Monobraue weg, dann kam eine ganze Typänderung. Alles war gut. Nur sein Gewicht störte ihn ein wenig. Aber er war glücklich. So lief er voller neuer Energie durch die Straßen, glücklich darüber zu Leben. Auf einmal hört er ein lautes hupen und schaut sofort nach links. Bevor er noch reagieren konnte knallte schon ein Lastwagen mit voller Kraft in ihn. Aaah. Schock. Er sitzt aufrecht in seinem mittlerweile recht verschweißtem Sitz ihm Zug und sein Herz schlägt wie wild. Was für ein Traum… Noch ein wenig benebelt von diesem Schocktraum setzt er sich anständig und zieht seine Kopfhörer raus. Endstation. Er ist angekommen. Nur noch wenige Minuten und er kann seinem Drang endlich nachgehen. Er zieht sein Shirt aus, Hose aus. Puh, jetzt kommt die Stunde auf die er wie lange gewartet hat. Die Waage piepst und er schaut ängstlich runter: +0,3kg. Erleichterung ergreift ihn. Jedoch nicht lange. Denn er wiegt jetzt wieder genau 56kg.. Das ist zu viel. Mal sehen wie sein Plan in näherer Zukunft klappen wird.

Impressum

Texte: Fantasie
Bildmaterialien: www.google.de
Lektorat:
Übersetzung:
Tag der Veröffentlichung: 07.07.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch all denen, die sich in der gleichen Lage befinden, und glauben es gäbe keinen Ausweg mehr! Alles ist zu schaffen, wenn man nur auf die richtige Person trifft! Außerdem widme ich es Sa. Sch., J. S., L. B. und all denen die mich unterstützt haben.

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