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Die Schreibmaschine

Michael war noch immer eingeschnappt, als Kieran ihn im Ryan’s traf und auf ein Guinness einlud.
„Ich hab sie nicht mal gesehen“, erklärte er, „war vermutlich nur falscher Alarm.“
Draußen spielten ein Haufen Jungs Fußball, ihre Schultaschen und Jacken markierten die Tore auf jeder Seite und ihr raues und lautes Spiel wurde nur unterbrochen, wenn ein Auto vorbei wollte. Durch das Fenster konnte Kieran sie beobachten. Der Torwart, den er im Blickfeld hatte, war ein großer blonder Junge mit aufgeschürften Knien. Er spielte auf Socken, um seine guten Schuhe zu schonen. Er war so in das Spiel vertieft, dass der Lastwagen, der hinter ihm auftauchte, zweimal hupen musste, bis er die Straße freimachte. Das Spiel zog sich hin, weil die Jungs immer wieder zu streiten begannen, aber er war ein guter Torwart, hatte noch kein Tor kassiert.
„Was denkst du gerade?“ Bei Einsätzen in Belfast bedeutete diese Frage gewöhnlich, was man als Nächstes tun wollte, um aus einer scheiß-brenzligen Situation raus zu kommen – hier hieß es nur, dass Kieran ein Gesicht machte, als wäre er meilenweit weg.
„Kennst du jemanden, der ’ne Schreibmaschine hat?“
Michael hätte sich gern stur gestellt, aber er hatte sich bereits zwei Bier auf Kierans Rechnung kommen lassen und als Rache dafür, dass er ihn nicht hatte dabei haben wollen, schien das dann doch genug. Er überlegte. Schreibmaschinen waren nicht gerade ein Top Thema, wenn sich die Männer miteinander unterhielten, deshalb hatte er keine Ahnung. Sie fragten Howard und der meinte, dass seine Schwester noch eine hätte aus der Zeit, als sie während ihrer Ausbildung Maschineschreiben gelernt hatte. Sie hatte einige Jahre in Baile Átha Cliath

als Sekretärin gearbeitet, aber nach einer unglücklichen Beziehung war sie wieder nach Hause gekommen und saß stundenweise an der Kasse der Tankstelle.
Tippen ist tippen

, hatte sie gesagt.
Die Stadt hatte sie nicht sehr verändert, wenn sie auch etwas ihren Dialekt abgelegt hatte.
„Ich werde sie fragen, ob sie mir die Maschine ausleiht“, sagte Kieran.
Der Fußball knallte klirrend von draußen gegen das Fenster. Kieran zuckte zusammen. In solchen kurzen Sekunden konnte Michael einen anderen Kieran erkennen – nervig, blitzschnell und kompromisslos – und manchmal konnte Michael nicht verhindern, dass er diesen anderen Kieran nicht leiden konnte.
In der Schrecksekunde verstummte das laute Gegröle der Jungen. Als sie begriffen, dass nichts geschehen war, holte einer den Ball unter dem Fenster und sie spielten weiter.
„Das war ein Foul, du Arschloch!“ hörten sie.
Michael sagte: „Ich hab fünfzehn neue Rinder bei mir, die über die Grenze gekommen sind. Jetzt hab ich überlegt, was ich machen soll und Tom hat gesagt, ich soll mir ein paar Ohrmarken besorgen.“
Drei Männer aus Pettigoe kamen herein, die noch nach Kalk und nassem Beton rochen und auch so aussahen und sich dringend den Staub der Baustelle aus den Kehlen spülen mussten. Michael rückte näher an Kieran heran, um leiser sprechen zu können. „Die Idee ist doch nicht schlecht, oder? Wenig Risiko dabei. Die Ohrmarken bekomme ich auf jedem Viehmarkt.“
„Keine schlechte Idee“, sagte Kieran, obwohl er nicht wusste, ob es sich überhaupt rentieren würde.
„Erzähl keinem was davon, verstanden? Das ist meine Idee und ich lasse niemanden einsteigen.“
Der blonde Torwart hielt einen harten Schuss, warf sich auf die Knie und hielt den Ball mit seinem Körper, richtete sich triumphierend auf und verhöhnte mit schmutzigen Gesten den glücklosen Schützen und seine Mannschaft.
Darren hatte noch nie mit ihnen Fußball gespielt. Es lag an seiner stummen Zurückhaltung und an mangelndem Einfühlungsvermögen der Jungs, die noch immer dachten, wer wenig spricht, ist auch dumm. In seiner Welt war kein Platz für Fußball, kein Platz für einen Haufen Freunde.
Die Jungs waren grausam zu ihm, sie lachten ihn aus und wollten gewöhnlich nichts mit ihm zu tun haben.
„Ich muss einen Brief schreiben“, murmelte Kieran.
„Brauchst du dazu die Schreibmaschine?“
Howard kam zu ihnen an das Ende der Theke, beugte sich zum Kühlschrank hinunter und entnahm einen Plastikeimer Eiswürfel. Sein Blick war finster, obwohl er sonst das freundlichste Gesicht der Welt hatte, er wandte sich an den Gast in Blau und sagte, während er das Glas mit Eiswürfel füllte: „Ich kann fragen, wenn sie wollen. Michael?“
Michael hob den Kopf und seine Hände auf der Theke zuckten.
„Hast du Finnigan heute schon gesehen?“
„Nee“, erwiderte er, „weswegen?“
Kieran fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Augenbrauen, blinzelte Michael entgegen, der fast unhörbar murmelte: „Einer an der Theke. Blauer Anzug, groß, dünn, Mitte zwanzig. Keiner von uns.“
Wieder waren es „wir

“ und „die anderen

“. Howard Ryan und alle anderen in dem Pub spielten Verstecken mit dem Fremden, Taxi Gabe ging zur Tür und blieb dort stehen, als wolle er sich Zigaretten ziehen, aber er wollte nur verhindern, dass noch jemand rein kam und dieser blaue Anzug flüchtete. Howard tat eine Scheibe Zitrone in das Glas, behielt die Metallzange in der Hand.
„Wollen sie ihm was verkaufen?“
„Ich würde ihn gerne sprechen.“
Das sagte der blaue Anzug so ernst und überzeugt, dass Kieran daran zweifelte, dass er eine Waffe ziehen und herumballern würde. Dafür hatten sie alle auch bereits zu lange sein Gesicht gesehen. Er machte ein Zeichen zu Kenny hinüber. Kenny brachte sein leeres Glas an die Theke zurück und sagte freundlich wie der nette Nachbar: „Vorhin hab ich Kieran im Hinterhof gesehen. Sie meinen doch Kieran? Vielleicht ist er noch da und bastelt an seinem Wagen herum.“
Das erfreute Gesicht des jungen Mannes hätte Howard leidgetan, wenn sie nicht einen bösen Hintergedanken vermutet hätten. Er hinderte den Besucher nicht daran, seinen Hinterhof zu inspizieren.
„Wie komm ich da hin?“ Der Mann hatte sich einen Schritt von der Theke entfernt, stand im Raum und sah sich um.
„An dem Klo vorbei durch die Metalltür.“
Von der Tür her zischte Kenny, dass kein fremder Wagen in der Straße parkte, es parkte überhaupt niemand dort. Der Hinterhof diente nur als Abstellplatz für den Müll, dort spielten keine Kinder und niemand käme auf die Idee, dort seinen Wagen zu reparieren. Das sah der blaue Anzug sofort und begriff, was los war, als er zurück in den Pub wollte und von drei Männern daran gehindert wurde. Freundlich, aber energisch.
„Ouh“, sagte er, „ich bitte sie. Ich möchte nur ganz kurz ein paar Worte mit Mr. Finnigan wechseln. Das ist eine private Angelegenheit.“
„Wieso sind sie dann nicht zu ihm nach Hause gegangen?“
„Ich weiß nur, dass er aus Pettigoe ist und ich kenne mich hier nicht aus.“ Er grinste hilflos. „Die Straßen sind alle nicht beschildert und ich bin schon froh, dass ich den Pub gefunden habe.“
„Aha?“ machte Howard.
Er und die beiden anderen Männer rückten dem blauen Anzug au die Pelle, drängten ihn mit dem Rücken gegen die Wand.
„Ist er hier? Oder ist er nicht hier?“ Er sah von einem zum anderen, hielt die Hände verbissen an seiner Hosennaht, als wolle er verhindern, dass er mit ihnen herumfuchtelte und die Männer um ihn herum das als Angriff deuten könnten.
Kieran stand angelehnt hinter der Tür und hörte sich an, was er von sich gab und machte schließlich ein Zeichen zu Howard hinüber. Bis auf den Hinterhof konnten sie die Stimmen des Fußballspiels draußen auf der Straße hören, wilde Beschimpfungen und ein wütendes Heulen.
Kieran dankte Gott dafür, dass er nicht mehr in Belfast war, wo sich ein harmloses Fußballspiel in ein Massaker verwandeln konnte. Er hatte so viele Explosionen und gewalttätige Übergriffe gesehen, dass es für fünf Leben reichte.
„How“, sagte er, trat auf den Hof, „bring uns zwei Bier nach draußen.“
„Hältst du das für eine gute Idee?“
Der John Travolta in Blau wagte einen Blick zu Kieran hinüber, wurde von Gary wieder zurückgedrängt.
„Jemand, der so einen Anzug trägt, wird kaum Semtex in der Unterhose haben.“
„Was?“ machte der Mann irritiert und versuchte wieder einen Blick über die Schultern. Kieran ging auf ihn zu, griff ihn am Arm, knapp über dem Ellenbogen. Er zog ihn auf die andere Seite des Hofes, wo die schwarzen Abfalltüten und Tonnen herumstanden. Es roch nach altem Fett und Fisch. Kieran deutete dem Mann, dass er sich auf die geschlossene Tonne setzen solle, die nicht gerade sauber war, aber er war der Meinung, dass man sich im Sitzen besser unterhalten konnte als im Stehen. Er hockte sich an die Wand, stützte die Ellenbogen auf die Oberschenkel.
„Und jetzt erzählen sie mal, wer sie sind und was sie wollen.“
„Albert Hughes. Sie sind Finnigan, nicht wahr? Sie haben doch schon an der Theke gesessen, als ich rein gekommen bin.“
Er sieht sich um, wenn er einen Laden betritt

, dachte Kieran.
Das war seine Belfaster Stimme. Seine Pettigoe Stimme erwiderte: Er hat ja auch jemanden gesucht

.
Howard brachte ihnen zwei frisch gezapfte stouts.
leann dubh

“, sagte er.
„Ihr werdet euch hier noch die Hepatitis einhandeln.“
„Worüber müssen sie so dringend sprechen?“
Albert wollte sein Guinness nicht anrühren, Kieran musste ihn dazu drängen und ließ das Argument, dass er seinen Wagen irgendwo geparkt hatte und noch den Weg nach Hause antreten musste, nicht gelten.
„Meine Schwester“, begann er, “Lilian hat ihren Bruder auf dem Wochenmarkt kennengelernt und sie wissen schon, wie so was läuft. Sie hat uns nichts erzählt. Mein Vater würde tot umfallen, wenn er davon wüsste. Lilian ist erst siebzehn. Alle zwei Monate ist sie in jemand anderen verliebt. Ich bin hier, weil ich mit meiner Schwester lange gesprochen habe und sie bitten möchte, es auch mit ihrem Bruder zu tun. Bitte sprechen sie mit ihm.“
Pols Mädchen

, dachte Kieran, und bei seinem Glück hat er sich eine aus dem Oranier-Orden angelacht.

„Ich werde mit Pol sprechen“, sagte er.
Albert machte ein unglückliches Gesicht, hielt sich an seinem Glas fest.
„Wer ist Pol? Ich rede von Brendan Finnigan.“
„Ich kümmere mich um die Sache“, sagte er.
Eigentlich war es logisch, dass Brendan sich mit einem Mädchen in Schwierigkeiten brachte, er war ein hübscher Junge mit kurzem Haar, ruhig und zurückhaltend, wenn es um Mädchen ging, ganz im Gegensatz zu Pol, Haare wie ein Aufnehmer und einer, der gerne aufriss. Er ließ es nicht dazu kommen, dass er sich Ärger einhandelte, dazu war er zu gewieft.
Albert blieb auf der Abfalltonne sitzen, nippte an seinem stout. Er hätte besser den Mund gehalten, aber genau blauäugig, wie er ins Ryan’s marschiert war, um dort nach Kieran zu fragen, bemerkte er jetzt in Seelenruhe: „Da bin ich hier wohl direkt im Hauptquartier gelandet, was?“

Pol und Brendan waren oft in der Gegend unterwegs, um ein wenig Geld zu verdienen. Pol war der bessere Musiker der beiden, singen konnten sie beide nicht besonders, aber wenn sie sich anderen Musikern auf der Straße anschlossen, kamen sie gut über die Runden. Sie spielten in Einkaufsstraßen und auf Wochenmärkten, Pol beherrschte Geige, Gitarre und Tin Flute, feadóg mhór

, richtig gut, aber er neigte dazu, sich im Hintergrund zu halten und Brendan die Show abziehen zu lassen.
„Du versteckst dich schon wieder hinter deiner Matte“, sagte Brendan häufig.
Begonnen hatten die beiden dieses Tingeltangel, um Kieran zu entgehen, der sich zu Hause als Boss aufspielte und sie waren einen Sommer lang durch die ganze Republik gezogen. Als Kinder waren sie eine höllische Brut gewesen; wenn sie abends ins Bett hatten gehen sollen, waren sie hinaus geschlichen durch die Hundeklappe in der Hintertür, waren in ihren Schlafanzügen auf den Feldern herumgerannt oder bis nach Pettigoe hineingestromert. Oft genug hatte sie die Garda

gefunden und sie wieder nach Hause gebracht.

Die Schreibmaschine war ein schweres altes Monstrum, bei der die häufig benutzten Typen N und E bereits hakten und das alte Farbband war löchrig und so ausgetrocknet, dass es kein Schriftbild mehr lieferte. Kieran musste, um überhaupt etwas auf Papier zu bringen, nach Béal Atha Seanaidh

fahren und dort in einem Schreibwarenladen ein neues Farbband kaufen. Moira half beim Einlegen in die Maschine, nachdem er sich die Finger versaut hatte bei dem Versuch, die Spulen in die beiden Halterungen zu kriegen. Sie fragte ihn nicht, was zum Kuckuck er mit der Schreibmaschine anstellen wollte.
Die Küche war der einzig ruhige Platz im Haus, an dem er sich hinsetzen, und über den Brief nachdenken konnte, aber es lief darauf hinaus, dass er stundenlang aus dem Fenster starrte und nur darauf wartete, das Darren von seinem Spaziergang heimkam.
Er hatte mühevoll die Anschrift der Schule in Irvinestown und den Namen Dr. Jack Burren getippt, nachdem er sich endlich zusammen gerissen hatte. Ganz langsam und sorgfältig, weil er nicht daran gedacht hatte, Tipp-ex aus dem Laden mitzubringen. Er war bei der Anrede angelangt, als von oben ein furchtbarer Krach ertönte. Nach dem stundenlangen Grübeln war das endlich eine Abwechslung. Moira war unterwegs und zum Glück war der alte Paddy draußen im Garten, saß eingepackt in seinem Lehnstuhl, um die Sonne zu genießen – er wäre vor Schreck wieder aus dem Bett gefallen.
Vor etwa zwanzig Minuten waren Brendan und Pol nach Hause gekommen, hatten sich Schuhe und Jacken an der Tür ausgezogen und waren stumm nach oben verschwunden.
Kieran fragte sich bei Brendans Anblick, wie er die Sache mit der protestantischen Lilian Hughes am Geschicktesten anging. Er war es gewöhnt, als der große Bruder dazustehen, der nichts anderes im Sinn hatte, als sich in das Leben der Familie einzumischen.
Der Krach von oben konnte nur bedeuten, dass sie die Schublade der Kommode geöffnet hatten (oder auch nur einer von ihnen). Geduldig wartete Kieran, bis er das Türeschlagen hörte, dann stellte er sich an die Treppe, lehnte sich gegen die Wand und reichte mit dem rechten Fuß bis zum Geländer auf der anderen Seite hinüber.
Brendan war als Erster die Stufen hinunter, wollte über das ausgestreckte Bein hinübersteigen, gefolgt von Pol. Die Hitze des Streits stand noch in ihren Gesichtern.
Aus den Mundwinkeln sagte Kieran: „Wer von euch hat mir das Zeug ins Haus gebracht?“
„Woher weiß er das schon wieder? Hast du ihm doch davon erzählt?“
„Bist du bekloppt?“ erwiderte Brendan angriffslustig.
„Pol?“
„Das ist doch nur Partyware. Sonst nichts. Vollkommen harmlos. Ich verkaufe das, wenn ich nach Galway fahre.“
„Partyware. In Belfast würden sie dir dafür die Knie kappen.“
„Wir sind hier aber nicht in Belfast, Kieran.“
Er konnte Pols Augen nicht sehen, die mal wieder unter den langen Haaren verschwunden waren, aber reumütig hörte er sich nicht an.
„Kann ich die Pillen wieder haben?“
„Was glaubst du wohl?“
„Hey“, Pol wühlte sich durch das Haar und sah seinen Bruder mit einem Auge an. „Ich hab für das Zeug viel Geld bezahlt.“
Geld, was du nicht hattest, nehme ich an, dachte Kieran.
„Du kennst die Regeln.“
„Deine beschissenen Regeln.“
„Kann ich vorbei oder muss ich mir das alles anhören?“ sagte Brendan und Kieran erwiderte: „Du kannst direkt hier bleiben. Mit dir hab ich auch noch ein Hühnchen zu rupfen.“

Als Moira vom Einkaufen zurückkam, waren die Streitereien wegen der Drogen und Lilian bereits wieder beigelegt, sie fand die einsame Schreibmaschine auf dem Küchentisch und stellte die Tüten mit den Lebensmitteln daneben ab. Paddy saß noch immer draußen in der Sonne, halb eingeschlafen. Darren hatte sich zu ihm gesellt, hockte im Schneidersitz zu seinen Füßen und spielte mit der Katze, die er irgendwann mal angeschleppt hatte und die sich seitdem in der näheren Umgebung aufhielt.
Ängstliche Katzen mieden den Hof der Finnigans, denn die Hunde in dem Zwinger verbreiteten den Schrecken pur, aber die klugen Katzen wussten, dass die Erbfeinde aus ihrem Käfig nicht herauskamen und stolzierten vor ihnen auf und ab und demonstrierten herablassend ihre Überlegenheit. Jep war der Einzige, dem es je gelungen war, den hohen Zaun zu überwinden, halb springend und halb kletternd, während Trash, Ugly, Randy, Abe und Bee und Zeppo rasend geworden waren. Jep hatte eines dieser frechen Katzenviecher au den nächsten Baum gejagt, bevor Kieran ihn eingefangen und eingesperrt hatte. Nach dieser Aktion hatte Kieran dem Zwinger ein Dach aus Maschendraht verpasst.
Die Katze hatte sich in Darrens Schoß zusammengerollt und schnurrte mit geschlossenen Augen, blinzelte nur träge, als Moira die Tür öffnete.
„Möchtest du deiner Tabby etwas Milch geben?“
Darren nickte.
In der Schule von Belleck hatte der Lehrer Darren nach Hause geschickt, Kieran und Moira erklärt, dass der Junge leider nicht in der Lage sei, dem Unterricht zu folgen und sie müssten eine andere Schule für ihn finden.
„Was macht er denn falsch?“ hatte Moira gefragt.
„Er antwortet nicht auf die Fragen.“
„Seine letzte Lehrerin hat ihm das Lesen und Schreiben beigebracht. Was ist jetzt falsch mit ihm?“
Der genervte Lehrer hatte geantwortet: „Ich habe keine Zeit, einen Haufen Schüler unter Kontrolle zu halten und mich gleichzeitig um Darren zu kümmern. Er versteht jedes Wort, aber...“
„Natürlich versteht er jedes Wort. Er spricht nicht, aber er ist nicht taub.“
„Und blöd ist er auch nicht“, hatte Kieran gesagt. Am liebsten hätte er diesen Lehrer mit bloßen Händen erwürgt.

Tabby kam überhaupt nicht mehr mit Schnurren und trinken nach. Darren legte sich auf den Boden, das Gesicht ganz nahe bei der Katze, um zu beobachten, wie die kleine rosa Zunge blitzschnell in die Milch tauchte. Der alte Paddy brummte undeutlich und stampfte mit dem Fuß auf, der ihm immer wieder einschlief.
„Gleich, Daid

“, rief Moira.
Kieran war nicht da, aber Brendan und Pol brachten ihren Vater wieder ins Haus, halfen ihm auf die Toilette und danach ins Bett zurück.
Fürs Irish Stew hatte Moira Lamm besorgt und begann das Essen vorzubereiten. Darren brachte die leere Glasschüssel in die Küche zurück, entdeckte die Schreibmaschine und betrachtete sie interessiert. Mit dem ausgestreckten Zeigefinger schlug er vorsichtig die Tasten an, die auf der abgenutzten Walze schlugen und einen hackenden Ton erzeugten. Mit nassen Händen, sie wusch gerade die Kartoffeln, spannte Moira ihm einen Bogen Papier ein und zeigte ihm, wie er die Zeilenschaltung betätigte.
Bis zum Abendessen saß Darren mit baumelnden Beinen fasziniert vor der Schreibmaschine.

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Tag der Veröffentlichung: 13.10.2010

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