Für Jelle und Linda
Möge der Weltuntergang doch noch
ein paar Millionen Jahre ausbleiben
Zwei Planeten treffen sich im Weltall.
»Mensch, lange nicht gesehen«, sagt der eine.
»Wie geht’s?« Der andere seufzt.
»Na ja, irgendwie fühle ich mich nicht so gut.
Ich fürchte, ich habe Humanitis.«
»Ach, mach dir keine Sorgen«,
antwortet der erste Planet.
»Das geht von selbst wieder vorbei.«
(Frei nach Doris Lessing)
Zum Geleit
Als ich vor fünf Jahren einen Text über die Risiken der Nanotechnologie und einen über Meteoriten ins Internet stellte, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass der Tag kommen würde, an dem man mich »Mister Weltuntergang« nennt. Und doch ist es geschehen.
Die Webseite, auf der ich meine gesammelten Endzeit- szenarios veröffentliche, www.exitmundi.nl, ist zu einer mehr oder minder bekannten Adresse geworden. Jeden Tag jagen die Katastrophen, die ich dort beschreibe, Tausenden Menschen einen Schauer über den Rücken. Inzwischen gibt es Diskussionsforen über die Seite, nach Begriffen von Exit Mundi benannte Rockbands, es werden Paper und Aufsätze darüber geschrieben, und es gab sogar einen polnischen Fantasykongress, der sich Exit Mundi nannte.
Dieses Buch enthält die wichtigsten apokalyptischen Dinge, mit denen wir hier auf der Erde zu rechnen haben, und darüber hinaus eine Anzahl prominenter Welt- untergänge, vor denen wir uns nicht gleich in die Hose machen müssen. Sie können es von vorne nach hinten lesen oder auch irgendwo dazwischen beginnen, denn die meisten Szenarien lassen sich einzeln verstehen.
Selbst Menschen, die die Webseite Exit Mundi zufälliger- weise kennen, können dieses Buch lesen, denn ich habe die Szenarien für dieses Buch sorgfältig überarbeitet, vertieft und aktualisiert.
Zudem finden Sie in diesem Buch mehrere Kapitel, die in ihrer Gänze nicht im Internet zu finden sind. Natürlich habe ich mein Bestes gegeben, um die Stärken der Webseite beizubehalten: schwarzer Humor, einfache, bildreiche Sprache und eine gesunde Portion nüchterner Skepsis. Ich habe Exit Mundi nie als Unheilsprophezeiung, sondern immer als Quelle des Vergnügens verstanden. Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesem Buch ein wenig von meinem Enthusiasmus für die Wissenschaft vermitteln kann.
Wann sprechen wir eigentlich von einem »Weltunter- gang«? In diesem Buch verwende ich eine ziemlich großzügige Definition dafür: Dazu gehört alles, wodurch die Welt, so wie wir sie heute kennen, aufhört zu bestehen.
Darunter fallen demnach alle Katastrophen, die unsere Art, unseren Planeten und unser Weltall verschwinden lassen, aber auch Ereignisse und Entwicklungen, durch die die Menschheit drastisch dezimiert oder verändert wird. Sie sind sicher einer Meinung mit mir, wenn ich behaupte, dass die beste Apokalypse die ist, bei der die Menschheit, sagen wir mal, durch Außerirdische in Sklaverei verschleppt wird, denn dann bliebe die Erde erhalten und die Menschheit wäre nicht gleich ausgerottet.
Ja, ich weiß, ich weiß, »Exit Mundi« ist kein korrektes Latein. Ich war lange der Meinung, dass es »Ende der Welt« bedeutet, aber Besucher meiner Webseite haben mich aufgeklärt, dass das Unsinn ist. Das Wort »Exit« ist kein lateinisches, vielmehr ein englisches (»Finis Mundi« käme dem Lateinischen schon näher).
Glücklicherweise ist der Begriff »Exit Mundi« inzwischen aber dermaßen eingebürgert, dass ich ihn selbst schon einmal als feststehenden Ausdruck in einem Zeitungs- artikel auftauchen sah: »The Palestines thought their world was going exit mundi«. Das sollten wir aber nicht den römischen Dichter Ovid hören lassen.
Ich bin unzähligen Menschen für ihre jahrelange Unter- stützung dankbar. Die wichtigste unsichtbare Kraft hinter Exit Mundi ist Manfred Gstrein, der mir von Anfang an bei der technischen Umsetzung der Webseite und nun auch mit der Erstellung der Grafiken geholfen hat. Der Cartoo- nist Joris Veerman hob mit seinem unnachahmlichen Humor das Buch auf ein höheres Niveau, Matthias Giessen tat das Gleiche mit der Internetseite.
Enorm dankbar bin ich auch Afke van der Toolen, Arnout Jaspers und Jos Wassink, die mich mit ihren Anmerkungen zu dem Buch vor vielen Schnitzern bewahrt haben. Lee Curry, David Johnston, Atomsmasher (ein Internet- Pseudonym), Alex Benevent, Karel Keulemans und Herman Boel nährten mich all die Jahre mit ihrem Enthusiasmus und ihren Hinweisen. Govert Schilling hat mich beim Schreiben dieses Buches unglaublich unterstützt und gefördert. Erik Vermeulen, Marcel Crok und Marcel Taal machten wichtige Anmerkungen, Karin Schwandt sorgte für die Infografik. Und meine Lektorin Maria Rutgers war mit ihrer begeisternden Art und ihrem Einsatz eine der treibenden Kräfte hinter diesem Projekt.
Dann gibt es noch zahllose Wissenschaftler, die geduldig meine häufig schwachsinnigen Fragen über sich ergehen ließen (»Darf ich Ihr Foto verwenden, um zu zeigen, dass da ein außerirdisches Raumschiff an Ihrem Ohr vorbeifliegt?«) und sie sogar noch beantworteten. Mit Sander Bais, Robert Bridson, Bill Mc-Guire, Ed van den Heuvel, Piet Hut, Frank Israel, Jan Niewenhuis, Robert-Jan Labeur, Larry Schulman, Wilfred van Soldt, Maaike Snelders und Ralph Wijers hatte ich sehr netten E-Mail-Verkehr und nützliche Gespräche.
Und dann sind da natürlich noch Heddy, Jelle und Linda. Vielen Dank, dass ihr mir Zeit und Raum gegönnt habt, um dieses Buch zu schreiben!
Exit Mundi wäre nichts ohne die zahllosen, häufig leiden- schaftlichen E-Mails von Menschen, die meine Webseite besucht haben. Schüler, Autoren, Gelehrte, Gläubige, Priester, Amtspersonen, Hausfrauen, Ingenieure und sogar einige prominente Wissenschaftler und ein hoher amerikanischer Offizier spitzten ihren digitalen Bleistift. Die Zitate am Anfang der Kapitel habe ich aus den vielen tausenden Reaktionen ausgewählt, die ich erhalte. Sie vermitteln einen Eindruck von den spontanen und manches Mal sogar intimen Reaktionen, die der Welt- untergang bei den Bewohnern unseres zum Scheitern verurteilten Planeten auslöst.
Und jetzt, setzen Sie sich gerade hin!
Lesen Sie, erschaudern Sie und passen Sie auf, dass Ihnen der Himmel nicht auf den Kopf fällt!
Maarten Keulemans, Leiden
»Es ist echt faszinierend zu lesen,
wie hier alles absterben wird.
Nein, wirklich!«
Sergei Bukovski, Mai 2005
»Was für ein Schlappschwanz macht denn
eine Webseite darüber, wie die Welt zugrunde
gehen wird, wann in Gottes Namen
hört das endlich auf?«
Michael Abram, August 2004
Warum die Welt untergehen wird
Wie tapfer von Ihnen, diese Rundfahrt entlang des Weltuntergangs mitzumachen. Schnallen Sie sich an. Sie sind kurz davor zu entdecken, wie der Planet, auf dem Sie wohnen, in Stücke gerissen, gekocht und in Fäden gezogen wird, die dünner als Spaghetti sind. Sie werden riesige Steine auf der Erde einschlagen sehen und miterleben, wie allerlei wissenschaftliche Experimente übel misslingen. Sie werden die Sonne hinter Atomwolken und Vulkandämpfen verschwinden sehen und beobachten, wie sie zu einer Bedrohung anschwillt, die Ihr Blickfeld von Horizont zu Horizont einnimmt. Sie werden dabei sein, wie wir von außerirdischen Wesen angefallen werden, wie sich die Straßen mit aufständischen Robotern und kannibalischen Zombies füllen. Ich empfehle Ihnen, während der Fahrt die Hände nicht nach draußen zu strecken.
Aber warten Sie mal. Wird es so was überhaupt geben, so etwas wie einen Weltuntergang? Ich fürchte ja. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Wissenschaft zu einigen beängstigenden Erkenntnissen gekommen. Es wäre gut, wenn Sie diese im Hinterkopf behalten würden. Sie werden dann besser verstehen, was Sie nun miterleben.
Die erste wichtige Erkenntnis lautet:
Aussterben ist ganz normal.
Aussterben ist die erniedrigendste Art und Weise des Verschwindens, die ultimative Beleidigung von Mutter Natur. Da wird etwas unterbrochen, abgehakt. Daher schämen wir uns, dass wir die Dodos und Mammuts vollständig erledigt haben, und sind empört über die Wilderer, die die letzten Schimpansen von den Bäumen holen, und die Fischer, die die Meere leer fischen. Was die meisten Menschen jedoch vergessen, ist, dass ununter- brochen Tiere und Pflanzen aussterben. Sie verschwanden schon rudelweise, als es noch gar keine Menschen gab. Letzten Endes ist Aussterben nämlich nichts Besonderes. Paläontologen sprechen in diesem Zusammenhang vom »Hintergrundrauschen«:
Das ist das Tempo, in dem Tierarten normalerweise aussterben, wenn nichts Ungewöhnliches auf der Welt geschieht. Dieses »Rauschen« ist rückläufig, von etwa 15 Prozent pro einer Million Jahre, als die ersten lebenden Wesen auftauchten, bis auf nur ein paar Prozent pro Million Jahre, kurz bevor der Mensch die Bühne betrat. Wenn also jemand sagt: »Wie schrecklich! Vor 400 Millionen Jahren sind 10 Prozent aller Tiere und Pflanzen ausgestorben!«, dann können Sie beruhigt mit den Schultern zucken. Das war in der Zeit eben das Standardtempo fürs Aussterben (und außerdem sind da ja auch ein paar neue hinzu- gekommen).
Keine Tierart der Erde hat also das ewige Leben gepachtet. Von allen Arten, die die Erde jemals bevölkerten, sind nach der berühmten Schätzung des amerikanischen Paläonto- logen David Raup 99,99 Prozent ausgestorben. Wenn Sie ein paar hundert Millionen Jahre in der Zeit zurückgehen würden, hätten Sie das Gefühl, Sie befänden sich auf einen fremden Planeten, auf dem Ihnen so schnell keine Tier- oder Pflanzenart bekannt vorkommt.
542 Millionen Jahre Tod und Verderben
– Aussterbegeschwindigkeit von im Wasser lebenden Wesen seit es mehrzellige Organismen gibt. Die graue, fallende Linie ist das natürliche »Hintergrundrauschen« des Aussterbens. Die Spitzen in der Grafik stehen für große Aussterbewellen, verursacht durch allerlei widrige Dinge. So ist die Spitze beim Tod der Dinosaurier (vor 65 Millionen Jahren) eigentlich nur eine von mehreren Spitzen und bei weitem nicht die größte.
An dieser Stelle sollten Sie also nicht meckern: Wir sind immerhin sechseinhalb Milliarden. Und ein bisschen wehrhafter als die Trilobiten, der Säbelzahntiger oder der dämliche Dodo. Stimmt doch. Aber dabei haben Sie eine Sache nicht bedacht:
Wir leben auf einem Scheiß-Planeten
Die Erde scheint ein herrlicher und friedlicher Planet zu sein. Okay, vergessen Sie es. Jetzt ist zwar gerade mal Sauerstoff da, dann fällt aber auch mal wieder ein Klotz vom Himmel, eine Eiszeit bricht an, die Erde platzt auf oder Ihr Kontinent bewegt sich weiter.
Schauen Sie sich doch mal um. Unser Planet ist übersät von Meteoritenkratern, unheilvoll glühenden Vulkanschlünden und merkwürdigen Gräben, ausgeschliffen durch riesige Eismassen und irrsinnig große Flutwogen. Auf den Polen liegt Eis: Wenn es schmilzt, können wir ertrinken; wenn es wächst, kommt die nächste Eiszeit. Die Erdkruste, auf der wir laufen, ist im Grunde eine kilometerdicke Ansammlung von Elend: vulkanischer Schotter, Sedimente von Über- schwemmungen, Dreck von Explosionen.
Es ist nicht sehr ermutigend, dass unsere Autos mit
dem schwarzen Todesextrakt von allerlei Tieren und Pflanzen angetrieben werden, die nichts mehr davon erzählen können.
Die ersten Mikroben sind erstickt, die ersten Landpflanzen erfroren, die Trilobiten erstickt und erfroren, die Dino- saurier bekamen einen Kometen auf ihren Schädel. Wir leben, kurz gesagt, auf einem verkommenen Planeten. Idiotischerweise wissen wir darüber ziemlich wenig. Der Grund dafür ist einfach: Wir sind noch nicht lange genug hier, um etwas davon gesehen zu haben.
Die Erde ist etwa 4.500.000.000 Jahre alt, wir haben davon bloß 0,002 Prozent der Zeit miterlebt. Liefe die Geschichte unseres Planeten in vierundzwanzig Stunden wie in einem Film vor uns ab, würden wir das Zusammentreffen allerlei schrecklicher Katastrophen mit ansehen können. Etwa nach der Hälfte der Zeit würde ein Riesenmeteorit einschlagen, alle paar Minuten sähen Sie, wie ein Supervulkan zerbirst, eine Eiszeit ausbricht oder die Kontinente von Wasser überspült werden. All das hat der Mensch verpasst: Er kam erst zwei Sekunden vor Ablauf des Tages dazu. Wie der amerikanische Geologe Richard Alley unlängst mit einem Blick auf eine Grafik zum Klimawandel meinte:
»Diese Grafik geht boing, boing, boing, hmmmm. Und wir leben im hmmmm.«
Aber ach, warum sollten Sie deshalb besorgt sein? Es gibt immer noch Spielregel Nummer drei:
Apokalypsen sind gut für Sie
In den letzten Jahren gab es immer wieder Beschwerden über den Weltuntergang. Die Welt sieht doch prima aus, so wie sie ist, warum sollte sie denn untergehen?, protestieren die Unwilligen.
Die Natur sieht das anders. Eine kleine Apokalypse zur richtigen Zeit ist nun mal die Art und Weise, wie die Sache geregelt wird, hier und im Weltall. Aus Sicht der Natur ist es nur gesund, wenn die Welt einmal kurz beseitigt wird. Ab und zu sorgt die Natur für etwas, was man das große Aufräumen nennen könnte.
Sie schüttelt das Bett auf, drückt auf den Resetknopf, formatiert die Festplatte neu. Daher wird die Welt ab und zu vernichtet, und das soll auch so bleiben.
Vielleicht finden Sie das traurig. Aussterben macht das Menschengeschlecht, das sich selbst gerne als die Krone der Schöpfung ansieht, sentimental. Aber sehen Sie es doch mal so: Ohne Weltuntergang würden Sie gar nicht hier sein. Ihr Leben wurde aus Atomen gemacht, die vor langer Zeit im kochenden Innersten von Sternen gebacken und danach in das All geblasen wurden, als diese Sterne explodierten. Oder drehen Sie mal den Wasserhahn auf. Ein Großteil des Wassers, das Sie dann sehen, wurde von riesigen Meteoriten herbeigeschafft, die mit wahnsinniger
Gewalt auf unserer Erde einschlugen. Das gleiche gilt für den Sauerstoff, den Sie einatmen, oder den Stickstoff, der das Rückgrat unserer Atmosphäre bildet. Man könnte sagen, dass unsere Erde noch von all den vergangenen Katastrophen raucht. Dieser Rauch, das ist unsere Atmosphäre.
Auch danach stellte es sich als gute Idee heraus, die Welt ab und zu mal eben schnell zu vernichten. Viele Paläonto- logen sind der Ansicht, dass das mehrzellige Leben die Chance zur Blüte durch das Zutun einer Supereiszeit erhielt, die unserem Planeten vor etwa 750 Millionen Jahren beinahe die Schlinge um den Hals gelegt hätte. Und wahrscheinlich wären Sie heute nicht hier, wenn vor 65 Millionen Jahren die Dinosaurier nicht einen enormen außerirdischen Felsblock auf den Kopf bekommen hätten. Damit das Zeitalter der Säugetiere beginnen konnte, mussten die Tage der Dinosaurier enden.
Auch später haben apokalyptische Katastrophen uns mancherlei guten Dienst geleistet. Wir wurden aus den Bäumen verjagt, als Afrika plötzlich austrocknete. Wir verdanken unseren großen Hirninhalt wahrscheinlich auch dem Umstand, dass wir in der Steppe fast verhungert wären: Unsere affenartigen Vorfahren mussten dann in Gottes Namen auch Knochenmark essen, das beste Kraftfutter, das man in einer Steppe finden kann.
Klimawandel, Hungersnöte, Vulkanausbrüche und andere eklige Sachen kneteten uns zu dem, was wir heute sind.
Nun ja, ein Minuspunkt bleibt da natürlich doch noch:
Die Welt wird erneut untergehen
Ungeachtet des Schönen, was Weltuntergänge uns alles gebracht haben, sind wir doch ziemlich undankbare Wesen, denen das Ende der Welt auf mancherlei Arten gegen den Strich geht. Wissenschaftler berechnen die Flugbahnen von so vielen Meteoriten wie möglich, in der Hoffnung, damit einen zukünftigen Katastropheneinschlag
vereiteln zu können. Politiker versuchen, den Einsatz von Kernwaffen und Substanzen, die die Zusammensetzung der Atmosphäre verändern könnten, zu verhindern, in der Hoffnung, einem Armageddon zuvorzukommen.
Verzweiflungstaten.
So ganz sicher ist das übrigens nicht. Einige Unter- suchungen deuten darauf hin, dass Affen (und Menschen) vielleicht auch entstanden wären, wenn die Dinosaurier überlebt hätten, da das Auftauchen der Affen mit der Entwicklung von fruchttragenden Bäumen zusammenhängt und in den Baumkronen keine Dinosaurier saßen. Aber seien wir ehrlich, so ganz sicher werden wir das nie wissen.
Eine Sache ragt nämlich wie ein Pfosten aus dem Wasser: Der Weltuntergang ist unvermeidlich. Es dauert vielleicht noch ein bisschen, aber schließlich wird die Welt unter- gehen. In Feuer, in Eis, in Dürre oder vielleicht in etwas ganz anderem, aber sie wird.
Das gilt im Übrigen auch für unsere Gattung, das Sonnen- system und selbst für das Weltall. Einst, an einem Tag, hört es für immer auf. Tierarten, Planeten, Sterne und Universen sind nun mal nicht für die Ewigkeit gemacht. Die Natur will weiter.
Wenig hilfreich ist dabei, dass wir in der Zwischenzeit selbst allerlei neue Bedrohungen kreieren. Wir laufen hier mit 6,5 Milliarden Menschen und einer Technologie herum, die die Ambition hat, all diese Menschen am Leben zu erhalten. Das gibt uns das Gefühl von Sicherheit, aber es kann auch leicht schiefgehen. Plötzlich gerät die Atmo- sphäre außer Kontrolle, verwandeln wir aus Versehen die Materie, aus der unser Planet besteht, oder verursachen wir eine Explosion, die für das Ende des Universums sorgt. Ziemlich blöd, so was. In einem kürzlich erschienenen Buch schätzt der britische »Hofastronom« Sir Martin Rees die Wahrscheinlichkeit, dass wir dieses Jahrhundert über- leben, auf 50 Prozent. Das hat er vermutlich getan, um den Verkauf seines Buches anzukurbeln, denn wie kann man so etwas heute sagen? Aber der Punkt ist deutlich geworden, es steht wahrscheinlich auf des Messers Schneide, ob wir dieses Jahrhundert überleben.
Das bringt mich zur letzten Spielregel, eigentlich dem einzigen Hoffnungsschimmer:
Wir grübeln zu viel
Menschen sind Angsthasen. Vor allem, wenn’s ums Sterben geht: Halten Sie einem Geschäftsmann mal ein Messer an die Kehle und flüstern ihm ein paar hässliche Dinge zu, und es ist sehr wahrscheinlich, dass er für den Rest seines Lebens traumatisiert und zu einem schlaflosen, zitternden, flennenden Wrack geworden ist. Wie man es auch dreht und wendet, der Tod ist unsre Sache nicht.
Mit dem Tode zu drohen ist daher auch eine vielverspre- chende Methode, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Leider wissen das nicht nur Kriminelle: Zahllose Propheten, Autoren, Wahrsager, Dokumentaristen und selbst professionelle Wissenschaftler versündigen sich daran. Sie schüren das Feuer unter dem Weltuntergang in der Hoffnung, viele Jünger zu gewinnen, hohe Verkaufs- oder Zuschauerzahlen zu erreichen oder mehr Forschungs- gelder bewilligt zu bekommen.
Auch diesem Phänomen werden Sie hier auf vielerlei Weise begegnen. Sie werden auf seltsame Gurus stoßen, die behaupten, dass die Erde zerfallen und explodieren wird. Sie werden mit merkwürdigen Interpretationen von heiligen Büchern konfrontiert, aus denen man erkennen kann, dass wir am Rande des Untergangs balancieren. Und das sind nur die Spinner: Sie werden auch seriöse und prominente Gelehrte kennenlernen, die im Namen der Wissenschaft die Gefahren, die uns bedrohen, gewaltig übertreiben. Der Weltuntergang liegt auf der Lauer, aber dennoch ist die Wahrscheinlichkeit unseres Todes viel kleiner, als es uns die Vorhersagen glauben lassen wollen.
Gut, unsere Rundreise soll nun beginnen. Seien Sie gespannt, es wird eine seltsame, bizarre Reise werden. Ich lasse, zum Aufwärmen, erst einmal ein paar unheimliche Maschinen auf Sie los.
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Texte: dtv
ISBN: 978-3423346177
Tag der Veröffentlichung: 12.07.2010
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