A wonderful dream of love and peace for everyone... , sang Melanie Thompson. Das Lied war mein absoluter Lieblings-Weihnachtssong. Trotzdem fiel es mir bei diesem Wetter schwer, in Weihnachtsstimmung zu kommen. Regen. Regen. Regen. Es sollte verdammt noch mal endlich schneien !
Naja Frau Holle hatte immerhin noch fast 20 Tage Zeit, sich um weiße Weihnachten zu kümmern. Aber so wie es aussah hatte sie besseres zu tun, als ihre Kissen auszuschütteln. Ich beschloss, meine Weihnachtsstimmung etwas zu verstärken, indem ich einen Wunschzettel schrieb. Hmmm... ziemlich schwer so was irgendwie.. Außer "neues Handy", "Bücher" und "DVDs" fiel mir nicht wirklich was ein.
Genüsslich biss ich in ein Plätzchen und fügte zu meiner Liste "Mr. Right finden" hinzu. Ach, wäre das schön.. Schneeballschlacht, Mistelzweig, Weihnachtsmarkt, Schlitten fahren, Candle-Light-Dinner... Ich faltete den Wunschzettel zwei mal und.. ja was jetzt eigentlich ? Meiner Mum geben, damit sie weiß, was ich gern hätte ?! Neeee, nicht wirklich. Das wäre dann doch zu peinlich mit dem "Mr. Right finden". Da kam mir eine Idee.
Natürlich war mir klar, dass CocaCola den Weihnachtsmann erfunden hatte, aber ich könnte meinen Brief an diese Adressen schicken, bei denen irgendwelche netten Leute sitzen, die Briefe von Kindern beantworten. Ich wusste selbst nicht genau, was ich mir davon erhoffte, meinen Zettel dorthin zu schicken, aber ich hatte ja sowieso nichts besseres zu tun.
Wenige Minuten später schob ich den adressierten Briefumschlag in den Schlitz des Postkastens und ahnte nicht im geringsten, welche Dinge ich damit in Gang setzte.
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Ich saß gerade auf der Couch, sah mir irgendwelchen schlechten Sitcoms im Fernseher an und dachte darüber nach, wieso man an "witzigen" Stellen im Hintergrund Leute Lachen hörte. Wahrscheinlich, damit die Leute, die so was anschaute wussten, wann etwas lustig sein sollte und nicht verpassten zu lachen. Hmm.. Was sagte die Tatsache, das ich einer dieser Zuschauer war, über mich aus..?!
Ich drückte den "Off"-Knopf der Fernbedienung und schaffte es, im gleichen Atemzug stattdessen den "On"-Knopf meines Laptops zu betätigen. Nachdem der hochgefahren war, öffnete ich Google und überlegte,, was ich überhaupt im Internet wollte. So viele Möglichkeiten.
Ich verschwendete ungefähr 2 Minuten meiner Lebenszeit, indem ich völlig fasziniert ein blaues G, ein rotes und ein gelbes o, noch ein blaues g, ein grünes l, und ein rotes e betrachtete. Dann beschloss ich, mal wieder meine E-mails zu checken. Sie haben 30 neue Nachrichten, begrüßte mich das Programm. 26 davon waren Spam. Jetzt Frühbucher- Rabatt sichern und bis zu 25 % sparen, empfahl mir Nichole Voos von trip.de. Nein danke. Weihnachten verbrachte ich lieber zu Hause.
Dann fiel mein Blick auf ein Nachricht mit dem Betreff Wunschzettel+Cola= Ojeee... , die ich noch gerade vor ihrem Untergang im Papierkorb rettete. Gespannt öffnete ich die Mail.
Liebe Erna, leider habe ich auf deinen Brief Cola verschüttet, bevor ich ihn lesen konnte. Deine Mailadresse konnte ich gerade noch entziffern. Sorry. Wenn du Lust hast, kannst Du mir ja trotzdem noch mal schreiben. LG, Weihnachtswichtel Jonas Engel
Erst nach einigen Sekunden Verwirrung fiel mir ein, wieso dieser Jonas vom Wunschzettelbeantwortungsdienst meine E-mail-Adresse hatte. Klar.. ich hatte dieAdresse des "Weihnachtsmanns" im Internet gefunden und den Tipp gelesen, seine E- mail-Adresse für eventuelle Rückfragen anzugeben. Ich überflog die Mail ein weiteres mal. ... Weihnachtswichtel Jonas Engel... lustig. Fast so lustig wie ein Weihnachtswichtel Jonas Engel, der Cola verschüttet. Ironie des Lebens. Der CocaCola-Weihnachtsmann trinkt sozusagen seinen eigenen Erfinder..
Irgendwie kam mir der Name bekannt vor.. Jonas Engel.. Zum zweiten mal an diesem Tag öffnete ich Google, musste aber diesmal nicht lange überlegen was ich eintippen sollte. J-o-n-a-s- -E-n-g-e-l Erstes Ergebnis: Jonas Engel is on Facebook. Join Facebook to connect with Jonas Engel... .... Ich beschloss, wirklich mit Jonas "to connect" und loggte mich ein. Leider sah man ihn auf dem Bild nur von hinten. Naja.. eigentlich nicht "leider": sehr süßer Hintern. Warum in aller Welt beantwortete ein Teenie, nicht viel älter als ich, meine Wunschzettel ?! Hatte der nichts besseres zu tun ?! Ich war der Cola sehr dankbar, dass sie verhindert hatte, dass er den Wunsch "Mr. Right" nicht mehr lesen konnte. Fragte sich nur noch, wieso er mich Erna nannte.
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Am nächsten Abend beschloss ich Jonas zurückzuschreiben.
Von Emma@web.de An Jonas.Engel@gmx.de Hallo Jonas
fing ich an, löschte aber alles wieder.
Hi Jonas
Schon besser.
Danke für deine Mail. Brauchst mein Brief nicht zu beantworten, der war sowieso nur Produktion meiner Langeweile.
Hörte sich das unfreundlich an? Egal, er kannte mich ja nicht. Ich überlegte, ob ich ihm sagen sollte, dass ich Emma, nicht Erna hieß, hatte dann aber Angst, dass er mich doch von irgendwoher kennen könnte. Also:
LG E.
Dann konnte ich mir aber doch nicht verkneifen, unter die Mail zu setzen:
P.S.: Wie kommt's dass ein Teenager Weihnachtswichtel ist ? ;)
Bevor ich es mir anders überlegen konnte, klickte ich auf senden. Schon wenige Minuten später kündigte ein Glöckchen (Das hatte ich so eingestellt, um noch ein bisschen mehr Weihnachtsstimmung zu zaubern) eine eingehende Post an.
Von Jonas.Engel@gmx.de An Emma@web.de Hi Erna. Du hörst Dich aber auch nicht nach dem Durchschnittsalter der Wunschzettel-an- den-Weihnachtsmann-schreiber an. Wie alt bist du ? Eigentlich ist Wichtel-sein die
Aufgabe meiner Mom, aber die hat sich den Knöchel gestaucht und liegt im Krankenhaus, deswegen vertrete ich sie ;) Macht eigentlich ziemlich Spaß. Sag schon, was stand auf deinem Wunschzettel! LG J.
Ich grinste. Nene, was auf dem Zettel stand würde schön mein Geheimnis bleiben.
Von Emma@web.de An Jonas.Engel@gmx.de Ich bin 15, und du ? Kenn ich dich irgendwoher ?
auch diesmal kam die Antwort sofort.
Von Jonas.Engel@gmx.de An Emma@web.de Woher soll ich wissen, ob und woher Du mich kennst ;) Du hast meine zweite Frage nicht beantwortet.. Achja: ich bin 16.
16. Soso..
Von Emma@web.de An Jonas@gmx.de Hast du Lust mir ein Foto von dir zu schicken ?
Die Antwort war ein Bild von ihm. Grinsend. ...Und ich muss zugeben: gutaussehend. Ziemlich sogar. Grüne Augen, Schwarze Haare. Ich hatte das Gefühl dieses Gesicht schon mal gesehen zu haben.
Von Emma@web.de An Jonas.Engel@gmx.de Hübsch ;) Ich komm nicht drauf, woher ich dich kenne
Von Jonas@gmx.de An Emma@web.de Bekomm ich auch ein Bild von Dir?
Schwierige Aufgabe. Ich durchsuchte meine Festplatte nach Bildern, auf denen ich weder völlig daneben aussah oder noch ungefähr ein Jahrzehnt jünger war. Schließlich entschied ich mich für eines, das in den Sommerferien entstanden war.
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Am nächsten Tag war leider wieder Schule, wie ich um 10 vor sieben merkte, als meine Mum ins Zimmer kam, um mich zu wecken. Um 7 erinnerte sie mich - wie jeden Morgen - daran, dass ich jetzt langsam wirklich aufstehen sollte. Was wäre, wenn ich mich einfach umdrehen und weiterschlafen würde ? ... sehr verlockend...
Irgendwie schaffte ich es dann doch, mich dazu überwinden, aufzustehen, beziehungsweise wenigstens aufzusetzen. Dann saß ich die nächsten 10 Minuten regungslos, ins Leere starrend, mit der Decke um die Schultern in meinem Bett, bis ich mich meinem Schicksal ergab und mich der Kälte, den Gefahren (Tests, Abfragen, Schulaufgaben usw., für die man erst in der Pause lernt..) und den unberechenbaren, bösen Kreaturen (Lehrer, zum Beispiel) dieser Welt zu stellen. Als ich in die Küche trat, saß meine kleine Schwester schon längst am Tisch und summte ein Lied mit, dass gerade im Radio lief. Ich ließ mich auf meinen Stuhl fallen und befahl meiner Hand vergeblich, sich das Messer zu schnappen und ein Brötchen
aufzuschneiden. Sie wollte sich einfach nicht bewegen, sondern viel lieber noch ein bisschen liegen bleiben.
Erst auf dem Schulweg wurde ich (wenigstens etwas) wacher, was vor allem an der unglaublichen Kälte lag. Die Welt war echt unfair. Wenn es schon solche antarktischen Temperaturen hatte, konnte es doch wenigstens endlich mal schneien, oder ?! Aber nein, stattdessen regnete es. Ich muss zugeben, ich empfand ein kleines bisschen Schadenfreude, weil so eine Tussi... eehm.. NICHT nette Person, heute Schülerlotsendienst hatte. Und ich war mir ziemlich sicher, dass ihre Absatzschühchen nicht wasserdicht waren.
Während der Deutschstunde hatte sich das bisschen Wachheit (gibtʻs so ein Wort ??), die die Kälte gezaubert hatte wieder in Luft aufgelöst. Kennst Du einen Jonas Engel ??, kritzelte ich auf den Tisch und rammte meiner besten Freundin Meggie, die gerade wiedermal dabei war aus dem Chaos an der Tafel einen wunderschönen Hefteintrag zu zaubern, ganz unauffällig den Ellbogen in die Seite.
In gleichmäßiger, ordentlicher Schrift schrieb sie etwas darunter und tippte leicht auf meine Schulter. Meinst Du so ein gutaussehenden Typ, eine Klasse über uns ?! Leider musste ich meine Antwort auf die nächste Pause verschieben, weil unsere Deutschlehrerin nicht besonders begeistert von unserem Schreibgespräch war und böse Blicke in unsere Richtung schleuderte.
In der Pause bettelte meine Freundin dann so lange, bis ich ihr von meinem Wichtel erzählte (und das war nicht besonders lange; ich musste unbedingt jemandem davon erzählen) Bis zum nächsten Tag hatte sie herausgefunden, dass Jonas wirklich einen Jahrgang über uns war (ich wunderte mich, dass ich ihn bis jetzt noch nicht wahrgenommen hatte), in der Mittagspause immer zu McDonald ging und dort ein BigMac aß, eine 6-Jährige Schwester hatte, Basketball spielte, dass seine Trikotnummer die 13 war, meistens Jeans und Sneakers trug, Fisch hasste, seine Mum im Krankenhaus lag, wie ich ja schon wusste, seine Lieblingsfarbe blau war, was seine Lieblingsband war (den Namen hatte ich leider schon wieder vergessen), ... ...
Mit diesen Informationen hätte ich ohne Schwierigkeiten ein Freundebuch für ihn ausfüllen können und wusste wahrscheinlich mehr über ihn, als alle seine Freunde zusammen. Allerdings wusste ich nicht, was ich damit anfangen sollte, außer darüber nachzudenken, ob er sich wohl über 13 blaue BigMacs freuen würde, die er während eines Basketballspiels mit Sneakers und Jeans aß, und im Hintergrund Musik seiner Lieblingsband lief. Ich hatte nur Schwierigkeiten, seine Schwester in diese „perfekt Szene“ miteinzubeziehen, weil ich nicht wusste, ob er es besser finden würde, wenn sie neben ihm saß oder wenn sie irgendwo weit weg wäre, wo sie ihn nicht nerven konnte.
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In der Mittagspause holten ich und Meg uns was zu essen und suchten uns einen freien Tisch, um Hausaufgaben machen zu können, als ich aus dem Augenwinkel sah, wie mein Weihnachtswichtel mit seinem Freund an unserem Tisch vorbeiging. In diesem Moment fielen mir ziemlich viele, ziemlich „bösen“ Wörter einfielen.
Ich betete zu Gott (was ich eigentlich nur tat, wenn ich ihn gerade mal brauchte; Schande über mich), dass er bitte, bitte, bitte Jonas einfallen lassen würde, dass er total Hunger auf einen Monat alte Schokowaffeln aus unserem Schulautomaten hatte. Gott verhinderte zwar das Schlimmste, was wäre, dass Jonas auf mich zeigen würde und zu seinem
Freund sagen würde: „Schaut mal, da ist Erna, die schreibt noch Briefe an den Weihnachtsmann!“ , aber er tat dies auf eine etwas göttlichere Weise, als ich ihm vorgeschlagen hatte. Einige Meter bevor sie nah genug an unserem Tisch wären, um mich zu erkennen, fing unser Schulorchester an, „Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen“ zu spielen. Die Jungs blieben stehen - wahrscheinlich um die hübsche Querflötenspielerin zu begutachten - und ich konnte mich schnell unter dem Vorwand, ganz dringend aufs Klo zu müssen, aus dem Krisengebiet schleichen. Ich hatte den Verdacht Gott wollte mir etwas sagen, als der Chor
„Zwei Engel sind hereingetreten, kein Auge hat sie kommen seh' n... (Nein, ich hatte sie wirklich nicht kommen sehen) ...Kein Ohr hat ihren Spruch vernommen, unsichtbar jedes Menschen Blick sind sie gegangen wie gekommen, (zum Glück) doch Gottes Segen blieb zurück.“ sang. Und als im nächsten Lied „all unser Not zum End' er bringt“, gesungen wurde, war ich mir sicher, dass es da oben Irgendjemanden gab.
In den Nächsten Tagen war ich so damit beschäftigt, Weihnachtsgeschenke auszusuchen, dass ich (fast) nicht an IHN dachte. Naja, ehrlich gesagt... irgendwann zwischen dem Entscheiden für ein Geschenk, dem an der Kasse Anstehen und möglichst schnell passende Geldstücke herauskramen, weil die Kassiererin mit ihren unechten, French- manikürten Fingern schon ungeduldig auf dem Fließband trommelte, fand ich doch Zeit wenigstens einen kleinen Gedanken an ihn zu verschwenden.
Mein Geldbeutel litt sehr unter den vielen Einkäufen, aber ich versprach ihm, dass ich ihn in der zeit nach Weihnachten, wirklich schonen würde. Da war er beruhigt.
***
"Eeeeeeeeemmaaaaaaa", rief meine Mum. Ich hatte den Verdacht, dass sie meinen Namen unter Anderem deshalb für mich ausgesucht hatte, weil man ihn so schön, langgezogen brüllen konnte. "Wenn Du mit auf den Weihnachtsmarkt willst, dann beeil dich !!!"
Hmm.. ich hatte nichts besseres vor und mir außerdem vorgenommen, dieses Jahr die Geschenke nicht erst am 23. zu besorgen. Ich hatte zwar durchaus meine Zweifel, ob das klappen würde, aber der gute Wille zählte schließlich. Schnell schlüpfte ich in Stiefel und Jacke und Handschuhe, warf mir meinen neuen Schal um den Hals und setzte die Mütze mit den roten Rentieren auf.
Der Weihnachtsmarkt war nicht besonders groß, sodass meine Familie und ich die wenigen Stände schnell abgeklappert hatten. Als mein Dad vorschlug, noch in einer Bäckerei heiße Schokolade zu trinken, stimmte ich begeistert zu. Zufrieden ließ ich mich auf den weichen Polstern nieder und verstaute die Tüte mit den paar Geschenken, die ich gefunden hatte, unter dem Tisch. Lan gsam begannen meine durchgefrorenen Knochen aufzutauen und mit dem ersten Schluck wurde auch der letzte Rest Kälte aus meinem Körper verdrängt. Ich leckte mir genüsslich die Sahne von den Lippen und hörte meiner kleinen Schwester zu, die jammerte, dass sie in der Schule einen Jungen wichteln musste und ihr kein Geschenk einfiel. Bei wichteln dachte ich sofort an Jonas. Hmmmmm... :)
Meine Gedanken drifteten ab.. Vor meinem inneren Auge sah ich ihn und wunderte mich, was für ein gutes Vorstellungsvermögen ich hatte. Es sah wirklich so aus, als ob er draußen, vor der
Glaswand vorbei lief. Sah ziemlich echt aus.. Ein bisschen zu echt... , sodass ich einige Sekunden später den Schicksalsschlag verkraften musste, dass mein inneres Auge wohl doch nicht so gut war, wie angenommen.
Später würde ich nicht sagen können, warum ich das getan hatte, aber ich sprang auf, rief meiner verwunderten Familie zu, dass ich noch ein Geschenk kaufen müsste und sie nicht auf mich warten sollten, sondern schon mal Heim gehen konnten. Dann rannte ich Richtung Ausgang und rief in alle Richtungen Entschuldigungen, weil ich mich durch die Menschenmasse drängelte.
Nachdem ich mich erfolgreich durchgekämpft hatte, trat ich hinaus in die Kälte. Ich hielt nach meinem Weihnachtswichtel Ausschau, bis ich seinen Kopf in der Menge zu erkennen glaubte. Mit schnellen Schritten peilte ich seinen Standort an. Aber als ich mich an gefühlten 2193, in dicke Jacken eingemummelten Körpern vorbeigedrängt hatte, musste ich feststellen, dass der Kopf in der Menge nicht seiner gewesen war. Frustriert ließ ich mich auf eine Bank fallen und vergrub mein Gesicht in der Wolle der Handschuhe. Wieso hatte ich mich noch mal von meinem weichen, warmen, kuschligen Platz in der Bäckerei und dieser himmlischen heißen Schokolade getrennt ? Achja.. ich hatte einen draußen so ein Typ vorbeigehen sehen, den ich nicht mal persönlich kannte und war ihm ohne nachzudenken gefolgt. "Hey! Erna, bist Du das ?!", rief irgendjemand, der anscheinend eine Erna suchte. Komischer Name. ...Stop. - Erna??!! Ich sah auf. Vor mir stand Jonas.
***
Beinahe hätte ich aufgeschrien. "Oh, Hey...", sagte ich möglichst gefasst und hoffte, dass er das Zittern in meiner Stimme nicht hörte. "Ehhhm.. was machst Du denn hier ?" Sekundenbruchteile später merkte mein Gehirn, dass es mir einen ziemlich bescheuerten Satz in den Mund gelegt hatte. Blödes Gehirn, zu nichts zu gebrauchen. Was sollte er denn bitte auf einem Weihnachtsmarkt machen, außer ein bisschen zwischen den Ständen rumzulaufen und Geschenke zu kaufen, wie jeder Andere auch ?!
Er schien nicht zu merken wie blöd meine Frage war, sondern antwortete: "Och, ich brauch noch paar Weihnachtsgeschenke." Sag ich doch. Ich grinste ihn etwas unsicher an und legte den Kopf schief. "Lust, noch eine Runde mit mir zu drehen ?"
"Klar.", erwiderte er, ebenfalls lächelnd. Wir schlenderten durch die Gassen und er bestand darauf, mir ein Crepe zu kaufen. Bald merkte ich, dass es kein gute Idee war, einen mit Nutella zu bestellen. Ich hatte irgendwie das ungute Gefühl, dass mehr davon um meinen Mund herum klebte, als in meinen Mund, wo es eigentlich hingehörte. Mein Gehirn machte schon wieder unproduktive Dinge und produzierte Horrorfilme, in denen Jonas mich darauf hinwies, dass ich aussah, wie der Joker aus Batman, nur mit brauner, anstatt roter Schnute. Ich wischte mit der Hand über meinen Mund und leckte mir über die Lippen. Dann beschloss ich, in die Offensive zu gehen, drehte mich um und fragte Jonas, ob ich noch Schokolade im Gesicht hatte.
Sein Blick verharrte für meinen Geschmack einen Tick zu lange in meinem Gesicht und mein Gehirn bekam Panik, weshalb es anfing die Joker-Schnuten-Filmsszene immer schneller zu wiederholen, als ob jemand auf die Vorspul- und Repeat-taste gedrückt hätte. Aber dann grinste er nur wieder und schüttelte den Kopf "Alles perfekt, wie immer."
Die nächsten Minuten überlegte ich, ob das ein Kompliment gewesen war. Wir spazierten weiter, redeten über nichts besonderes, schafften es aber trotzdem, uns zum Lachen zu bringen. Ich konnte ihn nicht überreden, so eine süße Mütze mit Ohren zu nehmend, stattdessen entschied er sich für eine langweilige Braune.
Irgendwann blieben wir etwas abseits stehen und sahen auf die vielen Lichter. "Erna...", mir fiel auf, dass ich ihm immer noch nicht gesagt hatte, dass ich Emma hieß. "Hat echt Spaß gemacht mit Dir, aber ich muss jetzt ganz dringend Heim. " "Gut, dass Du mich daran erinnerst, ich sollte auch langsam mal zurück zu meiner Familie.", antwortete ich, war aber ein bisschen enttäuscht, das unser Weihnachtsmarktbummel schon zu Ende war. "Tjaa... also... man sieht sich.", verabschiedete er sich, ich winkte und drehte mich um. Aber er fasste mich am Jackenärmel, drehte mich zu sich um und küsste mich, mitten auf den Mund. Ausnahmsweise hatte mein Gehirn jetzt nichts mehr zu sagen, sondern seufzte nur noch zufrieden. Für meinen Geschmack lösten sich seine Lippen viel zu schnell von meinen. Nochmal, nochmal !!! , hätte ich am liebsten gerufen, aber das hätte sich dann doch ein bisschen zu sehr nach Teletubbies angehört, nachdem sie einen Film im Fernsehen auf ihrem Bauch gesehen hatten. Er blickte mich zerknirscht an und sah dabei so süß aus, dass ich nicht wusste, was ich sagen sollte, sondern ihn nur fasziniert anstarrte. Er deutete mein Schweigen und meinen Blick völlig falsch, denn er murmelte nur: "Sorry... lösch die letzten drei Minuten einfach aus deiner Erinnerung an diesen Abend, OK ?" "Vergiss es. Ich werde doch nicht den schönsten Teil wegstreichen.", lächelte ich glücklich. Da lächelte auch er und sah dabei wiedermal so umwerfend aus, dass ich es nicht vermeiden konnte, ihm um den Hals zu fallen, um ihn gleich noch mal zu küssen.
Und irgendwann würde ich meinem Freund erzählen, wie ich wirklich hieß.
Tag der Veröffentlichung: 01.11.2013
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