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Ratlose Ratgeber



„Ich liebe Dich“. Sie warf ihr langes Haar in den Nacken, schaute erwartungsvoll.
„Ich möchte, dass Du glücklich bist, dass es Dir gut geht.“ Sie erhielt keine Reaktion. Nach wie vor hockte er zusammengesunken auf seinem Platz. Er wirkte kraftlos. Sie wusste, es war allein ihre Schuld. Ihr Handeln hatte dazu geführt, dass er nicht weiterkonnte.
Ärgerlich warf sie das Ratgeberbuch gegen die Wand. Es war ihre letzte Hoffnung gewesen. Ihn zu retten. „Sprich mit Deinen Pflanzen und sie werden es Dir danken“, hieß der Titel.
Resigniert ließ sie die Schultern sinken. Sie musste es akzeptieren.

Der Kaktus war eingegangen.


Entscheidungen



Er zögerte. Ein Sonnenstrahl fiel durch das weit geöffnete Fenster auf die Klinge des Messers. Sie funkelte, die scharfe Schneide reflektierte den Strahl. Erst gestern hatte er alle Messer geschliffen. Er mochte es, wenn sie scharf waren.
Sollte er es tun? Konnte er es überhaupt tun? Sein Blick glitt zum blühenden Apfelbaum in seinem Garten. Leicht zitterten die Blätter im lauen Frühlingswind. In den Ästen baute ein Amselpärchen eifrig ein Nest. Er wartete auf ein Zeichen. Ein Zeichen, das ihm die Entscheidung abnahm. Das Zeichen kam: Sein Magen knurrte vor Hunger.

Entschlossen köpfte er das Ei.


Schiffbruch



Das Boot tanzte auf den Wellen. Die ganze Nacht hatte es sintflutartig geregnet, aber jetzt blitzte immer wieder die Morgensonne durch die Wolkendecke. Bald würde sie die Wolken vertrieben haben und ein schöner Sommertag konnte sich entfalten.
Ein kleiner Junge beobachtete das Boot. Er wünschte sich, er könnte mitfahren. Als Weltendecker auf der Reise zu spannenden Abenteuern. Plötzlich wurde er aus seinen Träumen gerissen. Das Boot geriet in einen Strudel, kämpfte kurz um sein Gleichgewicht und verschwand dann in der Tiefe. Der kleine Junge wandte sich ab und ging nach Hause.

Er würde sich ein neues, besseres Papierboot basteln müssen.


Begegnung bei Vollmond



„Du wirst es nicht tun.“ Zitternd saß sie vor ihm, in die Ecke getrieben, hilflos, wehrlos. Er entblößte seine Zähne. Grinste er? Gefährlich funkelten seine Fangzähne im Mondschein.
„Süße, ich kann und ich will. Es ist mein Schicksal. Ich bin, was ich bin und Du wusstest es, als Du mir begegnet bist. Warum bist Du nicht schneller geflohen? Warum hast Du nicht Deinen Instinkten vertraut? Jetzt wird sich Dein Schicksal erfüllen.“
Eine blitzschnelle Bewegung . Sie hatte keine Chance. Scharfe Zähne in ihrem Hals. Langsam floss das Leben aus ihrem Körper. Der Kater war zufrieden.

Die Maus war tot.

Impressum

Texte: Copyrhight: Regina Krause
Tag der Veröffentlichung: 22.05.2011

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