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Der Klang der Trommel


Nacht liegt über dem Tal. Sterne funkeln am Himmel und sanftes Mondlicht perlt leise auf den Wellen im Fluss.
An den Lagerfeuern werden Geschichten erzählt. Als die Trommeln noch dem Herzschlag folgten und die Sehnsucht weckten. Jetzt klingen nur noch alte Legenden, aber früher wurden Träume wahr.
Ein Nachtvogel gleitet vorüber, nur ein Hauch in der Stille.
Wachsam sitzt der Alte, den Rücken an den noch warmen Felsen gelehnt, am Eingang zum Tal.
Er hat viele Nächte wie diese gesehen, Gutes und Böses erlebt.
Ferner, warmer Klang durchdringt die Nacht. Ein Laut, geboren in der Unendlichkeit. Der Herzschlag der Erde.

Seit vielen Nächten sitzt der Alte da, betrachtet die Sterne und lauscht dem fernen Klang. Alte Geschichten, alte Legenden…
Und dennoch. Er weiß, dass er sich nicht geirrt hat. Dieser warme, ferne Klang…
Morgen würde er den Clanführer bitten, ihm einen starken Jüngling zur Seite zu stellen. Er würde auf die Reise gehen. Vielleicht die Letzte in seinem langen Leben. Noch einmal würde er den Weg suchen, der alten Legende folgen.
Vor vielen Regenzeiten war er schon einmal auf die Suche gegangen, dem Pfad in die Berge gefolgt. Doch damals fand er sein Ziel nicht. Diesmal musste es gelingen. Für sein Volk, für die Zukunft der Kinder. Damit beim Klang der Trommeln wieder Herzen sich finden und Träume wahr würden.
Müde schloss er seine Augen und schlief unter dem Sternendach ein.
Noch lange schickten die Trommeln ihre Lieder in die Nacht. Erfüllt von einem fernen Traum…
Am nächsten Morgen, der Tag war kaum erwacht, schritt der Alte zum Zelt des Clanführers und trug sein Anliegen vor.
Hartnäckig konnte er sein, der Alte vom Felsen.
Und so war er bald, begleitet von einem Jüngling, auf dem Weg.
Lange folgten sie dem Flusslauf immer weiter hinein in das Felslabyrinth. Vogelstimmen über ihnen und huschende Tiere vor ihren Schritten.
Sie wurden müde, ruhten im Schatten der Tamarisken, stärkten sich an Datteln und Wasser aus dem Fluss.
Nach endlosen Tagen der stillen Wanderung verließen sie den Flusslauf und folgten einem engen Tal auf dessen Sohle nur nach langen Regenfällen Wasser floss.
Die folgende Nacht verbrachten sie am Fuß einer hohen Felswand.
Endlich begann der Alte zu reden. „Vor unendlich langer Zeit, als die Tiere noch mit den Menschen sprachen, saß ein Junge unter einem Baum und hörte über sich zwei Vögel reden. Sie sprachen von einem geheimnisvollen, warmen Klang, der die Seele beruhigt und dem Herzen Kraft gibt. Dass in alter Zeit dieser Klang auch in den Trommeln der Menschen steckte und ihre Träume wahr werden ließ. Doch die Menschen hätten den Klang verloren, nur die Sehnsucht sei geblieben.
Der Junge wollte von den Vögeln wissen woher der Klang käme.
Aus der Tiefe der Unendlichkeit und aus dem Herzen der Erde.
Wo das Herz der Erde war, das wusste er. Sein Volk nannte das Felslabyrinth und seine Höhlen Herz der Erde.
In einer hellen Vollmondnacht schlich er sich aus dem Lager, den Klang zu finden.
Seine einsame Wanderung führte ihn immer tiefer in das Felslabyrinth. In der Mitte der Nacht hörte er den Klang. Warm und weich, unendlich sehnsuchtsvoll und reich an Verheißung.
Er folgte den Tönen und erreichte im Morgengrauen eine tiefe Höhle. Müde kletterte er hinein und war umgeben von einer wunderbaren Sanftheit. Er legte sich hin um ganz Eins zu werden mit dieser alles durchdringenden Kraft. Er schlief ein, behütet von der Unendlichkeit.
Als er erwachte fand er sich im Lager wieder. Der Traum war vorbei.
Später erzählte er seinen Kindern von dem Klang aus dem Herzen der Erde. Und so entstand unsere Legende von der Trommel die Träume wahr werden lässt.“
Der Alte schwieg wieder, ganz in seine Gedanken versunken.
„Was tun wir hier?“ fragte der Jüngling.
„Ich muss die Höhle finden und den Klang der Trommel zurückbringen, damit unsere Träume wieder sanft und unsere Herzen rein werden.“
Nach kurzer Nachtruhe gingen die Beiden weiter. Die Steine unter ihren Füßen waren noch immer warm von den Strahlen der Sonne. Über ihnen breitete sich der weite Himmel. Ein Vogel schwebte über dem Tal.
Plötzlich meinte der Jüngling einen weichen Klang zu spüren, tief in seinem Herzen. Der Alte überließ ihm die Führung. Als es wieder Abend wurde, fanden sie die Höhle. Erschöpft ließen sie sich nieder. Der Klang aus dem Herzen der Erde hieß sie willkommen, hüllte sie in seine Wärme ein.
Am nächsten Morgen nahmen sie zwei flache, warme, klingende Steine vom Boden der Höhle und machten sich auf den Heimweg.
Als sie nach vielen Tagen ins Lager zurückkehrten, ließ der Alte eine große Trommel schnitzen. In die Seiten der Trommel wurden die Steine aus der Höhle eingearbeitet.
An jenem Abend erklang die große Trommel warm und weich, voller Sehnsucht und Harmonie. Träume wurden wahr und die Herzen der Menschen rein. Der Klang aus der Tiefe der Unendlichkeit war zurückgekehrt.

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Tag der Veröffentlichung: 26.09.2011

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