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Letzter Atemzug

Er atmete tief ein und ließ sein Blick über die Menschenmenge schweifen. Der Wind tanzte wild und zügellos um ihn herum, verstrubelte sein Haar und ließ ihn für einen Moment denken, er wäre frei. Doch er war nicht frei, nicht frei von Leid, Trauer und Angst. Nicht frei von Schmerz der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Stumm liefen die Tränen seinen Wangen hinab und tropften auf die steinerne Kante, die ihn nur einen Katzensprung von der unendlichen Freiheit fernhielt. 

 

Etliche Metern unter ihm, hörte er die flehenden Schreie er möge zur Besinnung kommen. Aber er hörte sie nicht, sie waren ihm fremd. So fremd, dass er spürte, wie fremd er sich selbst war.

Erinnerungen blitzen in seinem Kopf auf. Ein Korridor, Schüler die ihn mit hämischen und hasserfüllten Blicken in eine Ecke drängten. Er sah die Fäuste auf ihn zufliegen, doch er hielt sie nicht auf sondern ließ sie auf ihn einprasseln..."Schwach" hauchte ihm eine kalte Stimme ins Ohr während ihn wieder und wieder eine Faust ins Gesicht traf...

 

Er öffnete die Augen und blickte in die strahlende Sonne, dann hörte er Schritte, die sich ihm von hinten näherten und abrupt inne hielten.

"Wissen sie was Freiheit bedeutet" fragte er tonlos, Stille, und dann antwortete eine charmante und wohlklingende weibliche Stimme "Was bedeutet denn für dich Freiheit?". "Tod" gab er klanglos zurück, hob seinen rechten Arm, hielt sich den eiskalten Lauf an seine Schläfe, atmete aus und betätigte den Abzug. Er ließ die steinerne Kante hinter sich und fiel hinab, in Richtung der entsetzten Gesichtern, die ihn einst mit hasserfüllten und hämischen Blicken gefolgt waren. Die Dunkelheit und das auf ihn zukommende Licht, ließen diese Blicke für immer und ewig verschwinden. Er hörte nicht das schreien und weinen der Menschen, als sein Körper auf die Erde aufschlug. Letztendlich war es nur eine leere Hülle die am Boden lag, denn seine Seele hatte sich schon längst von ihm gelöst und war in die von ihm gewünschte Unendlichkeit entschwunden. Doch eines war zurückgeblieben, ein Lächeln, dass seine Lippen umspielte, dass einzige Lächeln, welches man jemals in seinem Gesicht erblickt hatte.

 

"Warum hast du ihn nicht gerettet?" fragte Elyas seinen Onkel während er ihn mit großen Ozean blauen Augen anschaute. Sein Onkel legte seine kräftige Hand sanft auf den blonden Schopf seines Neffen und schwieg einen Augenblick, während er die Menschen Menge beobachtete, die mühsam von Polizei in Schach gehalten wurde, damit diese nicht über die Absperrung traten."Wenn jemand ein festest Ziel vor Augen hat, dann wird er alles erdenkliche für diese Ziel tun um es zu erreichen, doch dann gibt es die, die dieses Ziel aus den Augen verloren haben. Jedes Mal, wenn ich sie erblicke, dann hoffe ich, dass sie es nicht tun und sich an die Menschen erinnern, die ihnen Nahe sind und selbst wenn es nur eine einzige Person ist" und dabei blieben seine Augen an einem Mädchen hängen, die sich abseits der Menge, einsam an ein Auto gelehnt hatte und bitterlich weinte.  Elyas Onkel nahm die Hand seines Neffen und gingen eine einsame Seitenstraße hinab. Ihre langen, weißen Mäntel wehten im Wind, während das Tränen ähnliche Symbol welches auf ihrem Rücken prangte in der Sonne  gleißend erglühte, doch ein Augenblinzeln später waren die beiden Gestalten verschwunden, als wären sie nie dagewesen. 

 

...Ein Korridor, Schüler die ihn mit hämischen und hasserfüllten Blicken in eine Ecke drängten. Er sah die Fäuste auf ihn zufliegen, doch er hielt sie nicht auf sondern ließ sie auf ihn einprasseln und dann ein zierlicher  Schatten der sich vor ihn stellte, ihn schütze und ihm zu flüsterte "Ich bin bei dir".....

 

 

14 Jahre später

Elyas lehnte sich gegen eine heruntergekommene von Moos überwucherte Backsteinmauer und blicke Aufmerksam auf das Szenario, welches sich vor ihm abspielte. Eine Pärchen stand lautstark streitend, inmitten einer einsamen, verwilderten Wiese die von alten knorrigen Apfelbäumen umrandet wurde. Nur Fünf Minuten zuvor hatten sie sich einander in den Armen gelegen, während sie die Stille und Ruhe genossen hatten. Doch dann hatte sie ihm gebeichtet, dass sie bereits im vierten Monat schwanger sei. Zunächst war er sehr still geworden, doch dann kam es aus ihm heraus wie lodernde Flamme. Er schrie ihr seine Wahrheiten ins Gesicht, redete sich in Rage bis eine laute knallende Ohrfeige ihn verstummen ließ. Für einen kurzen Moment schien es als würde der junge zornige Mann zu Vernunft kommen um seine schluchzende Geliebte in den Arm zu nehmen, doch das Gegenteil geschah. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer hasserfüllten Grimasse und mit voller Wucht schlug er ihr ins Gesicht, sie fiel zu Boden und er stürzte sich auf sie. 

Sie bewegte sie schon lange nicht mehr, als er von ihr abließ und fassungslos auf seine Blutigen Hände starrte.

Elyas Onkel, hatte Recht behalten; "Der Mensch kommt erst zu Vernunft wenn es bereits zu spät ist". Der junge Mann erhob sich und stolperte wie in Trance zu seinem Auto, setzte sich hinein und fuhr davon. Es würde keine lange Fahrt werden, dass wusste Elyas, während er auf das zur Unkenntlichkeit geprügelten Gesicht der jungen Frau blickte. Er kniete sich zu ihr nieder, legte sanft seine Hand auf ihr Herz um seiner Aufgabe nachzugehen. Seine Handfläche begann hell auf zu leuchten und kurz darauf durchfuhr ihn ein Energiestoß. Elyas trat zurück, doch er war nicht allein, denn zwei zarte Seelen begleiteten ihn nun, die er in den Fluss der Zeit zurückschicken würde. "Ich bin ein Seelensammler und das ist meine Geschichte" hauchte er in einen schönen Frühlingstag.

 

"Onkel? Was sind Seelensammler?" fragte Elyas mit großen, fragenden Augen. Sein Onkel schob den schwarzen Bauern ein Feld nach vorn und musterte seine Neffen. Dann räusperte er sich "Seelen sind der Grundstein des Lebens. Sie sind gefüllt von Liebe, Kraft, Schmerz, Leid, Glück. Doch selbst ein Grundstein muss erst gelegt werden. Nehmen wir mal an, dieses Schachbrett steht für die gegenwärtige Welt der Menschen. Die Bauern sind die Seelensammler und restlichen Figuren dahinter sind Seelen". Elyas schaute verwirrt drein und fragte vorsichtig "Aber die Bauern sind doch so Schwach? Wie sollen sie in der Lage sein, die Seelen zu schützen?". Sein Onkel lächelte "Die Bauern stehen nicht für Schwäche, Elyas. Sondern sie versuchen die Figuren hinter sich zu beschützen. Sie tun alles erdenkliche um den Sieg zu erringen und sie in eine neue Zukunft zu führen, denn eine Seele stirbt nicht, solange wir sie behüten und uns unserer Aufgabe bewusst sind". Elyas Augen verrieten, dass er immer noch sehr verwirrt war. "Ich weiß wie schwer es ist, zu begreifen aber irgendwann wirst auch du ein Seelensammler," antwortete Elyas Onkel. Mit glänzenden Augen, die gefüllt waren mit Euphorie, sprang Elyas auf und rief "Ich werde der beste Seelensammler, den es jemals gegeben hat!". Sein Onkel lachte leise und sprach "Ich bin mir sicher, dass wirst du."

 

Die beiden Seelen tanzten wie kleine Flammen auf seinen Handflächen, während er sich zu einer riesigen flachen Schale herab beugte, in der sich Raum und Zeit zu einer Einheit vermischten. Der Fluss der Zeit. Der Ort an dem ein altes Leben aufhörte zu atmen und ein neues begann. Behutsam ließ Elyas, die beiden Seelen in die Schale hinein gleiten, nur ein Augenblinzeln später waren sie entschwunden. Doch er wusste, eines Tages, würde es ein Wiedersehen geben, sei es im Guten oder im Schlechten.

 

 

Schattenseite

 Das einzige was sie vernahm, war der immer gleich bleibende Bass, der aus den riesigen Verstärkern unerlässlich wummerte. Ihre langen, Haselnuss braunen Haaren, die ihr bis zur Hüfte fielen, umhüllten ihr Perfekte Figur und zog sämtliche Blicke der anderen Club Besucher auf sich. Die männliche Seite gierten nach ihr und mit offenen Mündern  folgten sie den heißen und schnellen Tanzbewegungen. Die weiblichen Gäste hingegen warfen ihr neidische und verbitterte Blicke zu. Doch sie ignoriere sie alle, ihr einziger Begleiter war die Musik; die Musik die sie alles vergessen ließ. Plötzlich spürte sie, wie ein großer und stämmiger Körper begann sie zu bedrängen. Ein Geruch aus Alkohol und Zigaretten stieg in ihre Nase. Sie wich zurück, doch kam nicht weit denn der riesige Schatten folgte ihr, umfasste grob ihre Hüfte und zog sie an sich. Doch sie war keine zimperliche Frau und somit trat sie ihrem Gegenüber mit voller Wucht zwischen seine Beine, dieser stöhnte laut auf und sein Griff lockerte sich. Diese Chance ließ sie sich nicht nehmen, riss sich los und stürmte Richtung Ausgang. Wind und kalter Regen empfing sie vor der Tür, doch das bemerkte sie nicht, denn ihr Herz begann noch schneller als zuvor zu schlagen, als sie zurück blickte. Denn ein großer Schatten trat ebenfalls hinaus und steuerte mit zügigen Schritten auf sie zu. Verzweifelt schaute sie sich nach Hilfe um, doch aufgrund des Regens hatten sich selbst die Türsteher in den Club zurück gezogen. Daher blieb ihr nichts anderes übrig als zu laufen. Sie schlüpfte aus ihren High Heels und rannte die einsame Straße des verlassenes Industriegebietes hinunter.

Ihre Lunge brannte...Sie fiel auf die Knie...Spürte den brennenen Schmerz...Regen und Dreck vermischten sich mit ihrem Blut das ihren Unterschenkeln hinunter lief...Doch sie rannte weiter... Immer wieder schaute sie zurück, sah wie der Schatten näher und näher kam. Sie wurde schwächer, ihre Beine schwer und dann bemerkte sie, dass sie auf allen Vieren gelandet. Ein Schluchzen und Wimmern drangen aus ihr heraus als sie realisierte, dass er bereits vor ihr stand... "Nein...Bitte Nicht...lassen sie mich gehen." Nur im Kopf hallten sie stark und kräftig wieder, doch in der Wirklichkeit war es nur ein zartes flüstern.

Sie hatte alle anderen jungen Frauen immer wieder belächelt, wenn diese Geschichten von gierigen und ekelhaften Männern erzählten. "Ihr würde dies nie passieren" ja, so hatte sie gedacht, jedes verdammte Mal als sie einen Club betrat, doch nun sah sie nur eine dieser gierigen und ekelhaften Hände auf sich zu kommen. Sie versuchte zu schreien, doch ihre Stimme war fort, genau wie ihr Wille. Ihr Wille sich zu verteidigen, zu laufen und in Sicherheit zu sein. 

Plötzlich schob sich ein Schatten zwischen sie und die nach ihr gierende Hand. Sie schaute empor und blickte in zwei kristallklare, blaue Augen, die kurz zu ihr herab blickten, bevor sie vor Erschöpfung ihr Bewustsein verlor.

 

"hören sie mich!?" Die Worte dröhnten regelrecht in ihrem Schädel. Als die Stimme ihre Worte wiederholte, blinzelte sie vorsichtig, doch nahm nur schemenhafte Umrisse um sich wahr. Es dauerte eine Weile bis sich ihre Sicht aufklarte. Das nächste was sie erblickte, war ein junges symphatisches Gesicht das in einer Sanitäteruniform steckte. "Es ist alles gut, wir sind auf dem Weg, ins nächst gelegende Krankenhaus. Sie scheinen einen Zusammenbruch erlitten zu haben und waren zudem leicht unterkühlt.".  Doch sie hörte ihn kaum, denn ihre Gedanken umschwebten einen Moment, eine Sekunde, der sich eingebrannt hatte und sie nicht mehr los ließ. 

"Diese Augen!"  hauchte sie und sie erschienen erneut vor ihrem inneren Augen, bevor die Erschöpfung sie überwältigte.

 

 

Richtig oder Falsch

 Es geht bald weiter :)

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Tag der Veröffentlichung: 11.06.2015

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