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Kapitel 1





Wieder ging ein Tag zu Ende und die letzten Sonnenstrahlen streiften das entspannte Gesicht einer jungen Frau, die verträumt auf einer Lichtung lag. Der Wind bewegte sanft das leuchtend grüne Gras um sie herum, so dass es aussah, als würde sie im Wasser liegen. Ihr rostbraunes Kleid bauschte sich leicht, als ein starker Windstoß über die kleine Lichtung fegte. Neben Ihr stand ein großer Korb voller roter Äpfel. Träge öffnete sie ihre Augen und blickte in die aufkommende Dunkelheit. Sie muss sich langsam auf den Weg machen. Der Küchendrachen wartete bestimmt schon auf sie. Geschmeidig erhob sie sich und griff nach den schweren Korb. Schnell stopfte sie ein paar Strähnen ihres weißen Haares unter ihrer Haube. Sie war erst 15, doch ihre Haare waren schon so weiß wie Schnee. Vor ihrem vierzehnten Lebensjahr waren ihre Haare noch braun gewesen. Seit sie langsam ihre Farbe geändert hatten, trug sie immer eine Haube. Bis jetzt hatte noch niemand ihr Geheimnis entdeckt. Doch das war es nicht, was die meisten Leute veranlasste, sich von ihr fern zu halten. Ihre Augen waren der Grund. Sie waren dunkel blau und wenn man in sie hinein sah, glaubte man, man würde in ihnen versinken. Geschwind lief sie durch den Wald und stand schon bald an der Grenze zu dem Sitz ihres Herren. Als sie noch ein kleines Kind war, fand sie die Frau des jetzigen Grafen bei einer Jagt im Wald. Sie war begeistert von ihren Augen gewesen, die schon damals ungewöhnlich blau waren. Sie entschied sich das Mädchen mitzunehmen und zu ihrer Zofe zu erziehen. Linea bekam von ihr den Namen und diente ihr mit Freude und Hingabe. Doch dann starb die Landgräfin vor drei Jahren und seit diesem Tag, begegnete man ihr mit offener Feindseligkeit. Seitdem war ihr Leben nicht mehr so angenehm. Keiner mochte gern mit ihr arbeiten und selbst die hohen Herren und Damen hielten sich von ihr fern. Meistens schickte sie Helga, der Küchendrachen, zum Sammeln oder zur Gartenarbeit raus. Aber das war ihr auch ganz recht. So musste sie die Beleidigungen und die Abneigung, die man ihr entgegen brachte, nicht ertragen. An der Tür zur Küche angekommen klopfte sie dreimal an. Sofort wurde diese aufgerissen und eine dickliche ältere Frau stand vor ihr. Wie immer senkte sie ihren Blick. „Ich habe im Wald einen guten Apfelbaum gefunden. Die Äpfel sind süß und sehr groß.“ „Warum brauchst du immer so lange. Geh und hol Holz. Der Herr erwartet heute Abend Gäste. Und beeil dich du unnützes Ding.“ Schon wurde ihr der Korb aus den Händen gerissen und die Tür zu geschlagen. Linea hatte es aufgegeben ein Lob zu erwarten. Schnell lief sie über den Hof und beim geschlagenen Holz nahm sie den schon gefühlten Korb auf. Da man meistens sie das Holz hohlen lies, fühlte sie ihn jedes Mal, wenn sie den Korb zurück brachte, neu. Seufzend schleppte sie ihn zur Küche, wo sie das Holz auch direkt in die Holznische wegräumte. Noch zwei weitere Male musste sie laufen, bis die Nische ganz gefühlt war. Kaum hatte sie den Korb weggebracht, stand wieder Helga vor ihr. „So du nutzloses Balg. Gehe in die Gästezimmer und mach dort Feuer. Du trägst sorge dafür, das in den Räumen alles in Ordnung ist. Los verschwinde, hier störst du.“

Als sie kurz darauf das erste Zimmer betrat, hätte sie am liebsten laut los beschrieen. Jemand hatte mehrere Schaufeln Asche aus dem Kamin genommen und sie auf den Boden verteilt. Schnell eilte sie zu den anderen Zimmern. Das Herrenhaus besaß 4 Räume die für Gäste gedacht waren. In den nächsten beiden Räumen, waren nur die Betten zerwühlt und die Decken auf den Boden geworfen worden. Beim vierten war das Bett zerwühlt und das Kaminholz lag vor dem Kamin. Warum machten ihr alle das Leben nur so schwer. Aber es brachte nichts sich aufzuregen. Früher war sie immer explodiert und hatte dafür Prügel einstecken müssen. Aber jetzt hatte sie keine Zeit für so etwas. Schnell ging sie in die beiden Räume mit den zerwühlten Betten und richtete sie wieder her. In beiden Zimmern riss sie die Fenster auf, um die abgestandene Luft aus zu tauschen. Dann war das dritte Zimmer dran. Auch hier wurde das Bett gemacht und das Fenster aufgerissen. Das Feuerholz schmiss sie wieder in den Kamin und mit einem Reisigbesen und einem Lappen beseitigte sie die Restlichen Spuren. Sie hatte kaum noch Zeit. Eilig schloss sie wieder alle Fenster und entzündete die drei Feuer. Die Zimmer rochen immer noch nicht gut. Da durchzuckte sie eine Idee. Flink lief sie zu ihrer Kammer und zog eine kleine Keramikschale mit Deckel aus einem Versteck hervor. Wie jedes Jahr hatte sie sich selber etwas Seife hergestellt, doch dieses Mal verwendete sie auch ein paar Blumen. Es war ein traumhafter Duft entstanden. Lächelnd steckte sie das kleine Tonbehältnis in ihre Schürze und rannte zurück zu den Räumen. Dort angekommen strich sie etwas von der Seife auf einen Stofffetzen, den sie ebenfalls eingepackt hatte und versteckt ihn in einer Vase auf den Kamin. In den anderen Räumen machte sie es genauso. Schon nach wenigen Minuten roch es in allen drei Räumen dezent nach frischen Blumen. Jetzt musste nur noch das letzte Zimmer gereinigt werden. Zum Glück war das Bettzeug unbeschädigt geblieben. Zu aller erst versteckte sie noch den letzten Stoffstreifen mit Seife und machte Feuer, dann machte sie sich ans Werk. Sie konnte die Asche nicht ausfegen, da sonst sämtliche Sachen im Raum gereinigt werden mussten. Also blieb ihr keine andere Wahl, als mit einem nassen Lappen über den Boden zu rutschen und so vorsichtig wie möglich die Sauerei zu beseitigen. Hin und Wieder sah sie nach den anderen Räumen, doch anscheinend hatten die Anderen genug zu tun, und keine Zeit ihre Arbeit wieder zu zerstören. Sie hatte es fast geschafft. Es fehlte nur noch der Bereich vor dem Kamin. Leise vor sich hin maulend schrubbte sie auch dort den Boden. Sie merkte nicht wie jemand das Zimmer betrat und sie verwundert beobachtete. Bei jedem weiteren Fluch verzog sich das Gesicht des jungen Mannes mehr zu einem Grinsen. Als sie endlich fertig war, strich sie sich mit dem Handrücken über die Stirn und legte noch zwei Holzscheite nach. Erst jetzt räusperte sich der Mann an der Tür. Linea zuckte überrascht zusammen und drehte sich hastig um. Beinahe hätte sie den Eimer mit dem Schmutzwasser um geschmissen. Erschrocken starrte sie den Mann an. Seine Augen blickten emotionslos auf sie hinab. Als sie bemerkte, dass sie ihn anstarrte, senkte sie beschämt den Blick. Hastig stand sie auf und lief mit dem Eimer aus dem Raum. Davor blieb sie noch einmal stehen und verneigte sich. „Verzeiht ich war zu langsam.“ Und schon rannte Linea den Gang hinunter.

Kopfschüttelnd sah er ihr nach. Was für ein komisches Weib. Als er sich an ihre Flüche erinnerte, musste er wieder Grinsen. Die meisten hatte er noch nie aus dem Mund einer Frau gehört und einige kannte sogar er noch nicht. Auf ihrer Stirn war ein Fleck gewesen, doch das war es nicht, was ihn den Atem geraubt hatte. Ihre Augen ließen ihn einen Schauer über den Rücken laufen. Es war nicht unangenehm gewesen. Wieder grinsend schloss er die Tür und ließ sich aufs Bett fallen. Die Reise war anstrengend gewesen. Langsam gingen seine Augen zu. Erst jetzt bemerkte er den zarten Duft von Blumen. Blumen? Im Zimmer waren keine Blumen. Seine Augen öffneten sich wieder und glitten suchend umher. Nein keine Blumen, aber wo kam dann der Blumenduft her? Langsam erhob er sich wider und schnallte sein Schwert ab. Behutsam legte er es auf eine Kommode und schritt dann schnüffelnd im Raum umher. Er war so vertieft in diese Aufgabe, dass er nicht merkte wie eine ältere Frau das Zimmer betrat. Schmunzelnd betrachtete sie ihren Sohn, wie er mit geschlossenen Augen durch das Zimmer lief. „Ich würde an deiner Stelle mal in die Vase auf dem Kamin schauen.“ Schnell drehte er sich um und blickte die Frau an. Als er seine Mutter erkannte, erhellte sich sofort sein Gesicht und er verneigte sich kurz. „Hallo Mutter. Euch ist es also auch auf gefallen?“ „Ja direkt als ich mein Zimmer betrat. Eleonora war auch schon bei mir. Bei ihr riecht es auch nach Blumen. Sie ist neugierig auf die Person, die auf so eine tolle Idee gekommen ist.“ „Ich glaube ich habe sie schon kennen gelernt.“ Wieder schlich sich ein Grinsen auf sein Gesicht, was seine Mutter veranlasste eine Augenbraue nach oben zu ziehen.

Linea rannte den Gang hinunter und bog links in den Korridor der zur Küche führte ein. Sie war sehr unvorsichtig gewesen. Hoffentlich gab es für sie keine Strafe. Am Ende des Ganges befanden sich drei Türen. Die mittlere führte in die Küche, die rechte in einen Abstellraum und die linke zu dem Gang mit den Schlafräumen der unteren Dienerschaft. Erst brachte sie den Eimer in den Abstellraum. Dieser besaß nach draußen einen kleinen Abfluss, in dem sie das fast schwarze Wasser kippte. Ordentlich räumte sie die Putzsachen weg und machte sich dann auf den Weg zu ihren Raum. Sie hatte, im Gegensatz zu den anderen Dienern und Mägden, einen eigenen Raum. Die restlichen Mägde wollten sie nicht bei sich im Raum haben, also bekam sie eine kleine Kammer ohne Fenster und gerade so groß, das ein Strohsack und ein kleiner Tisch mit einem Hocker reinpasste. Doch sie liebte diesen Raum. Hier hatte sie Ruhe und kaum einer störte sie hier. Auf dem kleinen Tisch stand eine Schale mit kaltem Wasser zum Waschen. Durch die Asche waren nicht nur ihr Kleid, sondern auch ihr Gesicht und ihre Arme dreckig. Sie musste sich dringend säubern. Schnell schlüpfte sie aus ihren Sachen und wusch sich. Dabei verwendete sie auch etwas von ihrer Seife. Wieder sauber und trocken schlüpfte sie in ihr blaues Kleid und machte sich daran ihr rostbraunes zu säubern. Das Blaue war ihr schon etwas zu klein, doch noch passte es ihr. Nur oben herum war es etwas eng. Langsam bekam sie die Figur einer Frau, was sie sehr störte. Deswegen kaufte sie ihre Kleider auch immer etwas zu weit. Aber heute musste sie wohl oder übel dieses Kleid tragen. Endlich sauber versteckte sie ihre Seife wieder und brachte das dreckige Wasser weg. Sie musste, ob sie wollte oder nicht, in die Küche gehen. Wieder stellte sie sich vor die Tür und klopfte an. Es dauerte eine Weile bis die Tür von innen aufgerissen wurde. Wieder stand Helga vor ihr und musterte sie grinsend. „Na auch schon wieder da. Wir brauchen dich hier nicht. Geh zu dem Stallburschen. Der hat genug zu tun. Hilf ihm mit dem Viehzeug.“ Und schon flog die Küchentür wieder zu.
Linea marschierte den Gang entlang und fluchte innerlich über dieses schreckliche Frauenzimmer. Also war sie es gewesen, die die Zimmer für sie vorbereitet hatte. Als sie durch eine kleine Tür ins Freie trat, blieb sie etwas verwirrt stehen. Auf dem großen Grasplatz neben dem Stall, standen ungefähr zwanzig Zelte und zwischen ihnen sah sie mehrere Soldaten um herlaufen. Einige saßen auch schon an denn Lagerfeuern, die man entzündet hatte. Zögernd lief sie weiter Richtung Stall. Dort angekommen öffnete sie die Tür und trat in die nach Stroh und Heu riechende Scheune. Es waren fast doppelt so viele Pferde vorhanden wie sonst. Ganz am Ende des Gangs sah sie Luke, der einer schwarzen Stute Wasser hinhielt. Lächeln eilte sie zu ihm. Als er ihre Schritte hörte blickte er auf. „Linea! Was machst du den hier. Musst du nicht im Haus helfen.“ „Nein, der Drachen hat mich geschickt. Ich soll dir helfen.“ Jetzt schlich sich auch auf sein Gesicht ein breites Lächeln. Luke war der Einzige, der nett zu Linea war. Oft trafen sich die beiden heimlich hier im Stall und alberten herum. Luke war gerade erst zwölf doch konnte er fantastisch mit Pferden umgehen. Früher hatte sich sein Vater um die Tiere gekümmert, doch letztes Jahr starb er an einem Fieber und seitdem kümmerte sich Luke darum, obwohl es eigentlich einen neuen Stallmeister gab. Dieser jedoch ließ die ganze Arbeit Luke machen und bekam fürs nichts tun seinen Lohn. Nach außen hin taten die Beiden so, als würden sie sich nicht leiden können, und deshalb schickte sie Helga auch immer wieder in den Stall. Wenn die wüsste.
„Wie kann ich dir helfen?“ „Diese ganze Reihe muss noch Wasser bekommen. Dahinten sind noch zwei Eimer.“ „Ich hol mal Wasser. Bin gleich wieder da.“ Und schon rannte sie nach draußen um die Eimer am Brunnen zu füllen.
Während sie die Pferde versorgten, konnte Linea ihre Neugier stillen. „Sag mal Luke, wer ist den heute gekommen? Warum sind so viele Soldaten dabei?“ „Ich weiß nur, dass heute die zukünftige Braut des jungen Herren Toran angekommen ist. Warum so viele Soldaten dabei sind, weiß ich aber auch nicht.“ „Schade.“ „ Kannst du vielleicht noch etwas tun?“ „Ja, sicher. Was den?“ „Draußen auf der Weide sind noch fünf Stuten. Bringst du ihnen noch etwas Wasser und was zu fressen? Da hinten in der Schubkarre habe ich schon das Fressen vorbereitet. Dann kann ich das hier drinnen fertig machen.“ „Ja, das mach ich gerne. Bis später.“ Im laufen schnappte sie sich noch einen Eimer und schmiss ihn in die Schubkarre und schon war sie mit den Sachen nach draußen verschwunden.

Markgräfin Barbara hörte ihrem Sohn neugierig zu, als er von dem jungen Mädchen erzählte. Als er von den Flüchen erzählte, musste er sich ein Lachen verkneifen, als ihr ihre Gesichtszüge kurz entglitten.
„Wie alt würdest du sie schätzen mein Sohn.“ „Keine Ahnung, aber sie war unter 18. Man kann sagen, dass sie sehr hübsch ist. Sie versucht, durch ein weites Kleid, ihre weibliche Figur zu verstecken. Aber besonders faszinierend finde ich ihre Augen. Sie sind dunkelblau und so tief, als würde man in den Nachthimmel sehen. Irgendwo hab ich schon mal solche Augen gesehen, aber ich kann mich nicht erinnern wo.“ „Du hast mich neugierig gemacht. Ich werde mich mal informieren, wo wir diese Dienerin finden. Doch eins noch. Ich weiß du bist müde, doch würdest du noch mal durchs Soldatenlager gehen?“ „Sicher Mutter.“ „Danke. Ich werde mit deiner Schwester noch in die Bibliothek gehen und danach zu Bett. Wir sehen uns Morgen mein Sohn.“ „Gute Nacht Mutter.“ Dann hatte Markgräfin Barbara auch schon den Raum verlassen.

Bevor Mark sein Zimmer verließ, schnallte er sich erst noch sein Schwert um. In Gedanken lief er durch das Haus und trat kurz darauf in die Nacht hinaus.
Langsam ging er von Feuer zu Feuer und beim Dritten wurde er von einem Mann in seinem Alter empfangen. Es war Leon sein bester Freund und Kampfgefährte. „Ach nee. Kommt der Herr doch noch zu seinen Kameraden. Willst du vielleicht bei uns schlafen. Das Bett ist doch bestimmt zu weich…“ „Sei Froh das du mein Freund bist, sonst…“ „Ja, ja sonst. Komm setz dich zu uns, wir haben guten Wein bekommen.“ „Trinkt nicht so viel. Wir wissen nicht, was da so durch die Nacht schleicht. Ihr habt doch auch die merkwürdigen Meldungen gehört, also seit etwas wachsam.“ „Das brauchst du uns nicht sagen. Was spricht gegen zwei Becher Wein. Und außerdem…“ Ein spitzer Schrei unterbrach Leon mitten im Satz. Sofort sprangen sämtliche Soldaten auf und liefen mit ihren Waffen zu Mark. Dieser blickte suchend umher. „Wo kam der Schrei her?“ „Herr, von der Weide vor dem Wald.“ „Zehn Mann bleiben hier die anderen kommen mit. Los Beeilung.“ Und schon liefen die Soldaten Mark hinterher.



Kapitel 2





Linea war um den Lagerplatz der Soldaten herum gegangen. Der Weg war zwar etwas länger, doch wollte sie nicht direkt durch die versammelten Soldaten gehen. Als sie bei der Einfriedung angekommen war, füllte sie als Erstes den Trog mit frischem Wasser und machte sich dann daran, das Futter mit einem langen Stab in eine Raufe zu stopfen. Plötzlich wurden die Pferde unruhig und sammelten sich dicht bei Linea. Langsam nahm sie den Stab, den sie vorher noch zur Hilfe genommen hatte, in beide Hände und umrundete die Raufe. Die Pferde wichen immer weiter zum Gatter zurück und manch einem Auge konnte man schon Panik ansehen. Dann hörte auch sie das tiefe Knurren, was vom Wald aus zu hören war. Immer weiter kam zwei dunkle Schatten zwischen den Bäumen hervor. Fest umklammerte sie den stabilen Stab und wich Richtung Pferde zurück. Langsam konnte sie, im fernen Schein der Lagerfeuer, die Umrisse von zwei Hunde ähnlichen Geschöpfen sehen, doch waren diese Wessen fast so groß wie ein Mensch. Sie waren nur noch wenige Meter von ihr entfernt, als einer plötzlich einen Sprung zur Seite machte. Linea erschreckte sich so sehr, das sie zurück stolperte und einen Schrei ausstieß. Sie versuchte sich zu sammeln und die Viecher von den Pferden fern zu halten. Immer wenn sie versuchten an ihr vorbei zu kommen, sprang sie vor und schlug mit dem Stab zu. Das Interesse lag anscheinend nur bei den Pferden. Ein paar mal hatte sie sogar getroffen, doch plötzlich stürmte eines der Wessen auf sie zu und schlug mit messerscharfen Krallen nach ihr. Sie merkte wie die Krallen ihren Arm erwischten und auch ihre Schulter streiften. Der Schmerz raubte ihr für ein paar Sekunden die Sinne und sie sackte kraftlos in die Knie. Das warme Blut lief an ihrem Arm und ihrer Brust hinunter. Während es ihr mühsam gelang wieder auf die Beine zu kommen, löste sich ihre Haube und fiel zu Boden. Ihre hüftlangen weißen Haare ergossen sich über ihren Rücken und bewegten sich leicht im Wind. Das eine Untier stand jetzt genau vor ihr, während das andere Wessen um sie herum lief. Sie konnte den Fauligen Atem auf ihrem Gesicht spüren. Jetzt da sie ihr Blut gerochen hatten, war sie als Beute sehr verlockend geworden. Die Pferde waren auf die andere Seite der Umfriedung geflohen, während sie von den beiden Untieren umkreist wurde. Mutig hielt sie ihre Waffe fest und jedes Mal, wenn eines der Wesen näher kam, schlug sie kräftig zu. Warum war sie nicht einfach weg gerannt. Sie wollten doch nur die Pferde. Sie hätte Hilfe hohlen können, doch jetzt war es zu spät. Sie würde Sterben. Vor ihr setzte das Wesen zum Sprung an, wozu es aber nicht kam. Mit einem donnernden Kampfschrei rannten einige Soldaten auf sie zu und lenkten das Tier ab. Das Letzte was sie sah, bevor sie das Bewusstsein verlor, waren zwei Männer die zu ihr gerannt kamen und wie die Anderen die Tiere bekämpften.

Mark und seine Männer rannten so schnell es ging. Aus der Ferne sah er wie eine Frau von zwei großen schwarzen Untieren angegriffen wurde und in die Knie ging. Er hatte schon die Befürchtung, sie würden zu spät kommen, doch dann erhob sich die Gestalt wieder und hielt den Tieren mutig entgegen. Während des Aufstehen hatte sich ihre Haube gelöst und als er sah, was unter ihr verborgen war, vergaß er kurz das Atmen. Das Haar war rein wie Schnee und der Mond ließ es bläulich leuchten. Er merkte wie auch seine Männer irritiert waren, doch als sich das eine Tier zum Sprung bereit machte, stürmte er mit einem mächtigen Kampfschrei los und seine Männer folgten ihm.
Nach einem kurzen, aber heftigen Kampf, lagen beide Wesen tot auf dem Boden und Mark ging mit Leon im Schlepptau zu den beiden Männern, die sich um die Frau kümmerten. Langsam ging er neben ihr in die Knie und strich ihr eine breite Strähne ihres weichen Haares aus dem Gesicht. Sofort erkannt er die zarten Gesichtszüge wieder. „Das gib es doch nicht. Die fluchende Magd.“ „LINEA!!“ Luke stürmte auf die Soldaten zu und schubste einen einfach bei Seite. Als dieser den Burschen zusammen falten wollte, unterbrach ihn Mark einfach. „Wer bist du Bursche.“ „Mein Name ist Luke, mein Herr. Ich bin der Stallbursche und ich bin schuld, das Linea hier war und sterben muss.“ Mit Tränen in den Augen blickte der Junge jetzt endlich auf und sah in an. „Das werden wir nicht zu lassen Luke. Fürchte dich nicht. Sie wird von den Anderen sicher gut versorgt werden.“ „Nein das wird sie nicht. Keiner mag sie hier. Alle machen sie ihr das Leben schwer. Erst heute hat man ihr die Gästezimmer übergeben. Vorher allerdings noch für sie präpariert. Deswegen war sie zu langsam und hat einen Herrn gestört. Nur ich würde sie versorgen, doch ich kann das nicht.“ Dicke Tränen liefen an dem jungen Gesicht herab. „Dann werde ich mich persönlich darum kümmern. Das verspreche ich dir.“ Vorsichtig hob er Lineas schlanke Gestalt auf seine Arme. „Leon, teile die Männer zu Wachen ein und bringt die Pferde noch irgendwie im Stall unter. Macht hier auf der Koppel zwei Feuer.“ Mit einem Nicken rannte Leon zu den wartenden Männern und sprach leise mit ihnen. Mark wendete sich noch einmal dem Jungen zu. „Luke war dein Name richtig?“ „Ja Herr.“ „Gut Luke, renne zum Haupthaus und las die Markgräfin von Bergen wecken. Sag ihnen, dass der Markgraf von Bergen das befohlen hat. Lass auch abgekochtes Wasser und zwei Dienerin zu den Gästezimmern kommen. Beeile dich.“ „Ja Herr.“ Und schon jagte Luke davon. Sorgenvoll betrachtete er das bleiche Gesicht und machte sich, von zwei Soldaten begleitet, ebenfalls auf den Weg.

Am Haupthaus erwartete ihn schon seine Mutter, die leise aufschrie, als sie das ganze Blut sah. „Was in Gottes Namen ist passiert? Bist du verletzt?“ „Nein mir geht es gut, aber ihr geht es immer schlechter. Sie verliert eine Menge Blut. Darf ich vorstellen, die fluchende Dienerin Linea.“ „Das ist das Mädchen? Bring sie schnell rein, wir werden ihre Wunden versorgen. Der Junge hatte Recht. Die anderen Diener würden sie nicht versorgen, sondern währen auch noch froh wenn sie sterben würde. Der Landgraf hat es uns erlaubt. Deine Schwester bereitet schon alles vor.“ Gräfin Barbara trat näher an ihren Sohn heran und blickte in das blasse Gesicht der jungen Frau. Irgendwie kam das Gesicht ihr bekannt vor. „Los wir sollten uns beeilen. Ihre Atmung ist sehr schwach.“
Seine Mutter eilte voraus. Vorsichtig trug er die Magd durch die Gänge. Auf dem Weg zu den Gästeräumen begegneten ihnen immer wieder andere Diener und Mägde, doch keiner schien sich für die Umstände zu interessieren. Alle starten nur das reine weiße Haar an. Hastig stieß Gräfin Barbara eine der Gästetüren auf. „Schnell lege sie aufs Bett, wir müssen ihre Blutungen in den Griff kriegen.“ Als er Linea abgelegt hatte, sah er sich kurz um. Seine Schwester war dabei, einige Sachen vorzubereiten. Erst jetzt fiel im auf, das seine Schwester, sowie auch seine Mutter ihr Nachtgewand trugen und nur Mäntel übergeworfen hatten. Die beiden Dienerinnen standen nur an der Wand und starten auf die schneeweißen Haare der verletzten Magd. Immer wieder machten sie das Zeichen gegen das Böse. Wütend ging er auf sie zu und baute sich vor ihnen auf. „Wenn ihr nicht vor habt zu helfen, dann wartet vor der Tür. Wenn wir etwas benötigen, rufen wir. Raus!“ Geschockt eilten sie nach draußen und stießen beinahe mit den Soldaten von Mark zusammen, die vor der Tür Wache standen.
Immer noch wütend schlug er die Tür zu und drehte sich dem Bett zu. „Mutter kann ich irgendwie helfen?“ Seine Schwester war gerade dabei das Kleid durchzuschneiden und es runter zu zerren. Jetzt lag die Magd nur noch im Untergewand da und das Ausmaß der Wunden wurde sichtbar. An der Schulter waren vier tiefe Schnitte, die sich auf ihrem Arm fortsetzten und auch an ihrem Unterschenkel waren Schnitte, die aber nicht so tief waren. „Ja tritt näher. Du musst auf die Wunden drücken, sodass wir sie nach und nach säubern und nähen können. Drück feste drauf.“

Nach langen Minuten waren alle Wunden vernäht und verbunden. Erschöpft wuschen sich alle die Hände. „Wir können jetzt nur noch abwarten. Hoffentlich ist sie stark genug. Sie hat viel Blut verloren. Mark trage sie bitte vorsichtig in mein Zimmer. Komm auch mit Eleonora.“ Markgräfin Barbara ging aus dem Raum und befahl den beiden wartenden Dienerinnen, den Raum wieder herzurichten, während Mark und Eleonora, die sehr blasse Linea, in den Nebenraum trugen. Sanft ließ er sie auf dem Bett nieder, trotzdem stöhnte sie leise auf. Besorgt sah er in ihr schmerzverzerrtes Gesicht. Als er eine warme Hand auf seiner Schulter spürte, sah er auf und blickte in das erschöpfte Gesicht seiner Mutter. „Du solltest jetzt lieber zu dem Landgrafen gehen und ihm von dem Angriff erzählen mein Sohn. Wir werden abwechselnd über sie wachen. Und ich glaube auch, das ihr kleiner Freund froh über eine Nachricht wäre.“ „Ihr habt Recht Mutter. Ich werde erst zum Landgrafen gehen und danach zu unseren Soldaten. Hoffentlich schleichen nicht noch mehr solcher Kreaturen durch den Wald.“ Mit einer kurzen Verbeugung verließ er den Raum. Einer seiner Männer ließ er zur Sicherheit vor den Raum postiert, während ihm der Andere folgte.

Gräfin Barbara saß mit ihrer Tochter Eleonora erschöpft vor dem Kamin und hielten jeweils einen dampfenden Becher in den Händen. „Du bist so schweigsam mein Kind. Über was denkst du nach Eleonora?“ „Seitdem ich das Gesicht der Magd gesehen habe, denke ich darüber nach, warum es mir so bekannt vorkommt.“ „Das geht nicht nur dir so Eleonora. Auch Mark und mir ist es schon aufgefallen. Ich hoffe die Zeit wird uns das Geheimnis anvertrauen.“ „Das hoffe ich auch Mutter. Das hoffe ich auch.“ Danach schwiegen die beiden Frauen und blickten nachdenklich ins Feuer.

Kapitel 3





Eilig überquerte Mark und einer seiner Soldaten den Hof. Sein Gespräch mit dem Landgrafen war nur kurz gewesen. Nachdem er ihn über den Vorfall unterrichtet hatte, ließ dieser 20 Männer seiner Garde wecken und in Gruppen in der Nähe des Haupthauses verteilen. Das würde seine Männer etwas entlasten, da diese von der langen Reise noch erschöpft waren. Zehn Tage waren sie unterwegs gewesen.
Während seiner Überlegungen, was das für Wesen gewesen waren, schlichen sich immer wieder die blauen Augen der jungen Magd in seine Gedanken. Wo hatte er sie schon mal gesehen.
Als er an dem Stall vorbei ging, bemerkte er eine Person, die im Schatten auf dem Boden saß und eine Heugabel in den Händen hielt. Der junge Stallbursche saß dort mit roten Augen und starrte in die Finsternis des fernen Waldes. Als Mark noch näher trat, sprang der Junge schnell auf und hielt ihm die Zinken der Heugabel entgegen. Der ihn begleitende Soldat wollte schon auf den Jungen losgehen, doch Mark hielt ihn mit der Hand zurück. Erst nach einigen Sekunden zeigen Luks Augen ein erkennen und er ließ seine Waffe schnell sinken. „Bitte verzeiht mir Herr. Ich habe euch nicht sofort erkannt. Wenn ihr eine Bestrafung wünscht, werde ich sie annehmen.“ Die Stimme des Jungen war dünn und rau vom weinen. Mit gesenktem Kopf stand er vor ihm und wirkte auf ihn etwas verloren. Mit zwei Schritten war er bei ihm, legte seine Hand auf die rechte schmale Schulter und drückte diese leicht. Erschrocken zuckte Luke zusammen und blickte verwirrt auf. Mark lächelte ihn an. „Da gibt es nichts zu verzeihen. Du bist nur wachsam. Jeder meiner Männer hätte das Selbe getan.“ Mark spürte wie sich der schmale Körper etwas entspannte. „Dürfte ich etwas fragen Herr?“, flüsterte Luke. Zustimmend nickte Mark kurz. „Wie geht es Linea? Wird sie wieder gesund?“ Fragend blickten ihn ein paar grüne Augen an. „Das kann man jetzt noch nicht sagen. Die nächsten Tage sind entscheidend. Sie hat viel Blut verloren, aber meine Mutter kümmert sich um sie. Wie ich die junge Magd Linea einschätze, ist sie stark genug. Sie wird es schon schaffen.“ Luke verneigte sich tief. „Ich danke euch vielmals, dass ihr meiner Freundin helft. Ohne euch wäre sie sicher schon tot. Habt vielen Dank.“ Das Lächeln von Mark wurde breiter. Er mochte diesen Burschen. Er war ehrlich und von seinen Soldaten hörte er, dass er auch ordentlich zupacken konnte. Hier wurde er nicht richtig gewürdigt. Als sie ankamen, hatte er sofort bemerkt, wie er von den erwachsenen Dienstboten hin und her gescheucht wurde und auch mal eine Übergezogen bekam. Trotzdem erledigte er seine Arbeiten zuverlässig und die, die ihm aufgezwungen wurden, ebenfalls. „Pass weiter auf Luke. Ich werde dir morgen berichten wie es Linea geht.“ „ Ich danke euch Herr.“ Mit diesen Worten richtete er sich wieder auf. Mark nickte ihm noch einmal kurz zu und machte sich dann wieder auf den Weg zu seinen Männern.
 
Kurz darauf erreichte Mark das Lager. Mit einem Nicken bedeutete er dem Soldaten, der ihn begleitet hatte, er dürfe schlafen gehen. Die Feuer zwischen den Zelten waren verweist. Fünf seiner Männer standen mit dem Rücken zu den Feuern am Rande des Platzes. Drei weitere Männer gingen getrennt über den Platz und ließen ihre Blicke in alle Richtungen schweifen. Als diese ihn erblickten, zeigten sie eine angedeutete Verbeugung, bevor sie ihren Blick weiter aufmerksam über den Platz schweifen ließen. Er sah zufrieden, dass jeder Zelteingang offen war. Bei Alarm konnten so die schlafenden Soldaten ohne Verzögerung hinaus gelangen. Beim Durchqueren des Lagers fiel ihm auch noch auf, das man sogar Fackel bereit gelegt hatte. Er wollte gerade einen der Soldaten nach Leon fragen, als diese hinter einem der Zelte hervorkam. Mit einem müden Lächeln trat dieser auf ihn zu.
„Du siehst etwas müde aus Leon. Wie ich sehe, hast du schon alles in die Wege geleitet und mir nichts mehr übrig gelassen.“ „Tja, während du eine junge wunderschöne verwundete Magd davon getragen hast, waren andere schwer damit beschäftigt hier Ordnung rein zubringen.“ Ein schiefes Lächeln legte sich auf Marks Gesicht. „Wie man merkt bist du gut zufrieden.“ „Wie geht es der Magd. Wird sie es schaffen?“ „Das entscheidet diese Nacht, doch hab ich da kaum bedenken. Sie ist stark genug. Wie ist die Lage?“ „Ein Drittel unserer Männer schlafen. Zu den Männern die du hier siehst, habe ich fünf auf der Weide Position beziehen lassen und zwei weiter Gruppen mit je drei Soldaten bewegen sich frei auf dem Gelände und zwischen den Gebäuden. Dazu wurden die 20 Männer des Grafen auf weitere feste Posten auf dem Gelände verteilt. Bis jetzt sind keine weiteren Wesen hier aufgetaucht. In zwei Stunden werden wir unsere Männer auswechseln.“ „Sehr gut. Leg dich ruhig hin. Ich werde jetzt übernehmen.“ Leon nickte Mark kurz zu und ging auf eines der Zelte zu. „Ach Leon…. danke für die Hilfe.“ Der Angesprochene hob nur die rechte Hand und verschwand darauf im Zelt. Kopfschütteln ließ sich Mark an einem der Feuer nieder. Jedem anderen, der so mit ihm geredet hätte, wäre das schlecht bekommen, aber Leon war eine Ausnahme. Die beiden kannten sich schon aus der Kinderzeit. Er war gerade 8 gewesen, als er Leon kennen lernte. Damals war er seiner Kinderfrau entwischt und allein umher gestreift. Auf dem Anwesen seines Vaters gab es sonst keine Kinder mehr, nur seine Schwester, mit der er wiederum nicht spielen wollte. Irgendwie schaffte er es unbemerkt ins Dorf zu gelangen und bald darauf traf er auf eine Gruppe von Kindern. Nur war dies, ein denkbar schlechter Moment gewesen.

<<BACKFLASCH>>
Eine Gruppe von älteren Halbstarken verprügelten einen kleinen Jungen mit roten Haaren. Ein weiterer Junge mit schwarzem Haar, wurde von einem anderen festgehalten. Immer wieder versuchte er sich loszureißen, um den Jungen zu helfen, doch er hatte keine Chance. Entschlossen nahm Mark einen Ast und schlich sich an den Jungen an, der den schwarzhaarigen Jungen festhielt. Mit einem gezielten Schlag traf er ihn in die Kniekehlen und brachte ihn dadurch zu Fall. Durch den Schrei wurden die Anderen auf ihn aufmerksam. Wie es ihm sein Vater beigebracht hatte, ging er in Kampfstellung und hielt den langen Stock wie ein Schwert. Bedrohlich kamen die Schläger auf ihn zu. Als er eine leichte Berührung am Arm merkte schielte er etwas zu Seite. Neben ihm stand der befreite Junge und hielt ebenfalls einen langen Ast in der Hand. Langsam wurden sie von den drei Typen eingekreist. Rücken an Rücken standen die Beiden in der Mitte und warteten auf den Angriff. Im Hintergrund sah Mark ein Mädchen, das um die Ecke eines Hauses sah. Vorsichtig schlich sie sich zu dem verprügelten Jungen und half ihm auf. Genau wie der Junge hatte sie rotes Haar, was etwas unter ihrer Haube hinaus lugte. Dankbar nickte sie ihnen zu, bevor sie eilig mit den Jungen verschwand. Fast im selben Augenblick wurden sie Angegriffen. Einer der Halbstarken wurde getroffen und ging ohnmächtig zu Boden, während die anderen Beiden geschickter waren und den Ästen aus wichen. Irgendwann sah Mark eine Lücke und zog den anderen Jungen hinter sich her. So schnell sie konnten liefen sie davon. Nach mehreren hundert Schritten hatten die Beiden die Halbstarken endlich abgehängt. Müde und nach Luft schnappend lehnten sie sich an ein Haus. Als sie wieder etwas Luft hatten, sahen sie sich abschätzend an und fingen kurz darauf an zu grinsen. „Den haben wir es aber gezeigt. Vielen Dank für die Hilfe. Mein Name ist Leon und deiner?“ „Ich bin Mark von Bergen und ich habe gern geholfen.“ „Was ihr seit der Sohn des Markgrafen? Was macht ihr hier. Das ist viel zu gefährlich.“ „Bitte nenne mich Mark Leon. Ich bin es leid, das ich von vorne bis hinten kontrolliert und ständig gesiezt werde.“ „Habt ihr… Entschuldigung… du keine Wachen dabei?“ „Nein ich bin abgehauen.“ Leon verzog ungläubig das Gesicht. „Nicht war…..“ „Doch. Meine Kinderfrau sucht im Garten bestimmt immer noch nach mir.“ Kurz sahen sie sich an und prusteten dann los. „Hast du Lust mit zu mir zukommen Mark?“ „Ja, wieso nicht. Wo wohnst du den.“ „Mein Vater ist der Schmid. Unsere Wohnung ist über der Schmiede. Komm mit.“
Als sie bei der Schmiede ankamen, standen mehrere Leute davor und unterhielten sich aufgeregt mit einem riesigen muskelbepackten Mann. Als er die beiden Jungen bemerkte blickte er zornig auf sie nieder. „Leon komm her. Du hast drei Jungen zusammengeschlagen. Was hatte das zu bedeuten. Sie liegen beim Arzt und sagen du seist einfach auf sie losgegangen.“ „Das ist nicht war. Sie haben Tim verprügelt, also hab ich ihm geholfen.“ Eine wütende Frau trat vor. „Du bezichtigst meinen Sohn der Lüge? Das wird ja immer schöner. Schmid ich verlange eine strenge Strafe. Das darf….“ „Das mit der Strafe sehe ich anders gute Frau.“ Mark war vor getreten und hatte eine Hand auf Leons Schulter gelegt, als dieser Protestieren wollte. Als Leon Mark anblickte, bemerkte er die Veränderung. Jetzt war er der Sohn des Markgrafen. Leon trat beiseite und verneigte sich. „Verzeiht Herr. Kümmert euch nicht um dieses unwichtige Thema. Eure Gedanken sind dafür zu schade.“ Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte er auf Leon nieder. Hatte er ihm nicht gesagt, dass er ihn duzen sollte? Da bemerkte er das belustigte Funkeln in Leons Augen, also spielte er mit. „Ich denke, Leon Sohn des Schmieds, das ich noch selbst entscheiden kann, für was ich meine Gedanken verwende.“ „Bitte vergebt mir Herr.“ „Schon in Ordnung. Stell dich wieder grade hin, du bist es nicht, dem es Leid tun sollte.“
Mark trat noch einen Schritt vor und stand nun direkt vor dem Schmied. Leon folgte ihm und stellte sich hinter seine rechte Schulter. Ohne Furcht blickte Mark zum Schmied hinauf. „Euer Sohn sprach die Wahrheit. Als ich ins Dorf kam, sah ich wie zwei Jungen auf einen kleinen Jungen mit roten Haaren einschlugen. Euer Sohn wurde von einem weiteren festgehalten. Ich griff ein und kämpfte Seite an Seite mit ihm, während dem verletzten Jungen geholfen wurde. Wie man sieht, bin selbst ich nicht ohne Blessuren davon gekommen.“ „Was ist das für ein Balg, das es wagt so mit Erwachsenen zu reden.“ Die Frau war wütend vorgetreten und blickte verachtend auf Mark hinunter. Mark drehte sich ihr zu und zog belustigt eine Augenbraue nach oben. Leon trat vor und funkelte die Frau wütend an. „Dieses Balg ist der Sohn von Markgraf von Bergen. Also zügle lieber dein Mundwerk, bevor noch etwas Schlimmes passiert.“ „Beruhige dich Leon. Ich amüsiere mich, also ist alles halb so schlimm. Du wolltest mir doch eurer Haus zeigen.“ „Ja Herr. Folgt mir bitte.“ Mark nickte den geschockten Erwachsenen noch einmal zu, bevor er seinem neuen Freund in die Schmiede folgte. Kaum war die schwere Tür der Wohnung geschlossen, sahen sich die beiden an und prusteten los. Vor Lachen ließen sie sich einfach auf den Boden plumpsen und bekamen kaum noch Luft. Sie bemerkten auch nicht, wie zwei Frauen aus der Küche kamen und verwirrt auf die am Boden liegenden Jungen hinunter sahen. Es dauerte etwas bis die beiden Jungen sich wieder unter Kontrolle hatten. Immer noch kichernd setzten sie sich auf und strichen sich die Lachtränen aus dem Gesicht. „Dürfte ich jetzt mal erfahren warum mein Sohn und dessen Freund auf meinem Boden liegen und sich nicht mehr beruhigen konnten?“ Da bemerkte sie die blauen Flecken und das getrocknete Blut an Marks Lippe. „Was habt ihr Beiden angestellt? Habt ihr euch geprügelt? Wenn das dein Vater sieht.“ Leon stand auf und zog auch Mark auf die Beine. „Ganz ruhig Mutter. Er hat es schon längst gesehen. Die alte Tembe war auch da. Sie hat wieder Stress verbreitet, doch mein Freund hier hat sie alle sprachlos gemacht.“ Wieder sahen sich die beiden an und prusteten los. „Würdest du mir das mal genauer erzählen, bevor…“ „Schon gut Mutter. Darf ich dir erst meinen neuen Freund vorstellen. Mutter das ist Mark von Bergen der Sohn unseres Grafen. Mark das ist meine Mutter Antonia und die Frau, die dahinter steht, ist ihre schüchterne Schwester Mirabell.“ „Es freut mich sie kennen zu lernen werte Damen.“ Eine galanten Verbeugung begleitete seine Worte. Sprachlos blickten die beiden Frauen Mark an. „Ihr seit wirklich der Sohn des Markgrafen? ... Jetzt bin ich wirklich gespannt auf die Geschichte.“ „Verzeiht, könnten wir beide uns erst noch etwas säubern. Es wäre nämlich möglich, dass bald unsere Wachen kommen, um mich abzuholen. So sollte ich meinem wütenden Vater nicht gegenübertreten. Und bitte nennen sie mich Mark.“ Entgeistert blickte sie ihn an, bis sie ihn sanft anlächelte. „Gerne Mark. Mirabell mach bitte etwas Wasser warm, ich werde den groben Schmutz schon mal entfernen. Kommt mal beide mit.“ Die beiden Jungen folgten Antonia in einen Nebenraum, wo sie erst mal ihre Hemden auszogen. Behutsam versorgte Antonia erst ihren Sohn und danach Mark. Marks Lippe war aufgeplatzt und Leon hatte ein blaues Auge. Während die beiden sich dann mit dem warmen Wasser wuschen erzählten sie den Frauen die Geschichte. „Ihr zwei könnt froh sein, das euch nicht mehr passiert ist.“ „Das wissen wir Mutter, doch was sollten wir sonst tun?“ „Ihr habt das Richtige getan, doch das nächste Mal holt ihr entweder einen Erwachsenen oder …“ „Oder was Mutter.“ „Oder ihr seit besser darauf vorbereitet.“ „Deine Mutter hat recht Leon.“ „Ich weiß. Sie hat meistens Recht. Aber trotzdem tat es mal gut, diesen Idioten mal die Meinung zu sagen.“ „Leon also bitte.“ „Wieso? So oft haben sie jemanden geschlagen. Jetzt haben sie etwas wieder bekommen. Und was ich noch sagen wollte Mark. Du warst klasse. Lernst du den Schwertkampf?“ „Ja mein Vater und einer seiner Leibwächter unterrichten mich.“ Antonia kramte in einer Truhe und zog zwei beige Hemden hervor.
„So ihr Beiden. Hier sind zwei saubere Hemden. Mark dein Hemd hat Blut abbekommen. Willst du es mitnehmen oder soll ich es sauber machen und dir vorbeibringen.“ „Ich denke ihr könnt es behalten, wenn ihr es sauber bekommt. Leon hat meine Größe. Wenn er mich besuchen kommt, kann er es dann tragen.“ „Das können wir nicht…“ „Ich soll dich besuchen kommen?“ „Natürlich. Wenn ich darf, werde ich sogar hier hinkommen. Oder habt ihr was dagegen?“ Er wendete sich Antonia zu. „Natürlich bist du willkommen. Du hast Leon geholfen. Komm wann immer du willst.“ Marks Augen strahlten. „Ich danke euch.“ „Und haben meine beiden Krieger Durst und Hunger?“ Beide Jungen nickten grinsend und folgten ihr in die Stube. Dort ließen sie sich vor dem Kamin nieder und unterhielten sich angeregt. Antonia brachte ihnen einen Krug mit Beerensaft und breitet das Essen vor, während sich Mirabell verabschiedete, um nach Hause zu ihrem Mann zugehen. Als wenig später das Essen fertig war, holte Leon seinen Vater und gemeinsam setzten sie sich an den Tisch. Antonia stellte einen Kessel auf den Tisch, aus dem es verführerisch duftete. „Ich hoffe dir schmeckt das Essen Mark.“ „Also es duften auf jeden Fall schon mal herrlich. Was ist das?“ „Das ist ein Kartoffeleintopf mit Fleisch. Nimm dir doch bitte als erstes. Du bist unser Gast.“ „Vielen Dank.“ Mark nahm sich eine Kelle und wartete, bis auch alle anderen sich etwas genommen hatten.
Während des Essens unterhielten sie sich weiter und nach einer Weile beteiligte sich auch Leons Vater Marok. Kaum hatten sie das Essen beendet, als es laut an der Tür klopfte. Marok erhob sich und öffnete sie einen Spalt. „Wer da?“ „Hier ist die Leibwache des Markgrafen. Wir hörten sein Sohn wurde hier gesehen. Gebt uns Auskunft, wo wir ihn finden.“ „Wartet bitte einen Moment.“ Fragend blickte Marok Mark an. Vorher hatten sie abgemacht, dass wenn er die Stimme nicht erkennen solle, er das Haus nicht verlassen würde. Es war zwar nur zur Sicherheit, doch man konnte ja nie wissen. Mark lächelte und nickte. Marek drehte sich wieder zu der Tür. „Ihr dürft eintreten, doch zwei Mann reichen. Sonst platzt mein Haus noch aus allen Nähten.“ Jetzt öffnete er die Tür ganz und trat wieder zu seiner Familie. Zwei uniformierte Männer traten in den Raum und blickten sich um. Als sie Mark erblickten atmeten sie erleichtert aus.  
Der Ältere der Beiden trat vor und verneigte sich vor Mark. „Herr, da seit ihr ja endlich. Alle sind in hellster Aufregung und eure Mutter und Marie sind fast wahnsinnig vor Angst.“ „Beruhigt euch Valik. Da bin ich einmal abgehauen und schon steht das ganze Haus Kopf. Ich habe wieder und wieder darum gebeten ins Dorf zu dürfen und immer wurde mir es verboten. Ich hoffe das war für meine Eltern eine Lehre. Sie können mich nicht ein Leben lang wegsperren, weil das Leben zu gefährlich ist. Und noch etwas. Wenn ich wieder einmal einen Ausflug machen will, werde ich ihn machen, mit oder ohne Erlaubnis. Das könnt ihr auch gerne meinen Eltern mitteilen. Auf mich hören sie ja eh nicht.“ „Aber Herr.“ „Nichts aber. Ich möchte euch noch jemanden vorstellen Valik. Das ist mein Freund Leon und seine Eltern Antonia und Marok.“ „Euer Freund?“ „Ja, wir haben zusammen gekämpft und zwar Seite an Seite gegen einen übermächtigen Feind.“ Die beiden Wachen sahen die Jungen verdutzt an, als diese in lautem Gelächter ausbrachen. Auch Antonia und Marok konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Jungen hielten sich die Bäuche und japsten nach Luft. Marok trat mit einem Lächeln etwas an die Wachen heran. „ Die Beiden hatten heute einen spannenden Tag und wie man sieht auch viel Spaß.“ Skeptisch blickte Valik auf seinen jungen Herr hinunter. Noch nie hatte er ihn so Lachen sehen. Dabei viel ihm das blaue Auge von seinem neuen Freund auf und wenn er genau hinsah, sah er auch die aufgeplatzte Lippe seines jungen Herrn. „Dürften wir auch die ganze Geschichte erfahren. Die beiden sind verletzt. Was genau ist geschehen?“ Mühsam bekamen sich Mark und Leon wieder in den Griff und erzählten, sich die Sätze gegenseitig ergänzend, von ihrem Kampf, der Situation vor der Schmiede und dem ganz normalen Abend bei einem Freund. Als sie geendet hatten und ihre Lachtränen beiseite wischten, konnte selbst Valik die Anzeichen eines Lächelns nicht aus dem Gesicht verbannen. „Eigentlich habe ich von eurem Vater  den Befehl erhalten, euch zusammen zu stauchen, doch nach dieser Geschichte fällt es mir etwas schwer. Ihr habt euch richtig verhalten, als ihr euren neuen Freund geholfen habt, doch es war falsch einfach so zu verschwinden. Eure Eltern machen sich große Sorgen um euch und nicht nur deswegen, weil ihr der Nachfolger eures Vaters seid. Ihr müsst immer bedenken, dass ihr die Zukunft dieses Landes seid. Deshalb ist es sehr wichtig, dass euch nichts passiert.“ „Ich weiß Valik, doch du musst mich auch verstehen. Ich will auch mal mit anderen Kindern in meinem Alter spielen. Abenteuer erleben, auch wenn sie nur erfunden sind. Mich hin und wieder mal mit ihnen Streiten und wahre Freunde finden. Warum will das niemand verstehen?“ Mark blickte stumm zu Boden. Antonia bemerkte sofort wie sich ihr kleiner Gast veränderte. Sofort stellte sich neben ihn und umarmte ihn sanft von der Seite. Er blickte nicht auf, sondern lehnte sich nur an den tröstenden Körper der Mutter seines Freundes. Als sie bemerkte, wie er anfing zu zittern, sah sie die Männer an. „Ich denke ihr solltet euch die Schwerter in der Schmiede etwas genauer ansehen. Leon geh bitte auch mit ihnen und gib den Pferden etwas Wasser.“ Marok verstand seine Frau sofort und führte die Wachen und seinen Sohn sanft aber bestimmt aus dem Raum.
Als die Tür geschlossen war, setzte sie sich neben Mark und zog ihn stärker in ihre Arme. „Es ist keiner mehr außer uns Beiden im Raum. Es muss hart sein seine Gefühle zu verstecken. Ich verstehe wie du dich fühlst.“ Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, als Mark auch schon anfing zu schluchzen und die ganzen angestauten Gefühlen freien Lauf ließ. Tröstend strich sie ihm über den Kopf und flüsterte beruhigende Worte. Nach einiger Zeit beruhigte Mark sich wieder. Nach dem er sich von Antonia gelöst hatte, putzte sie ihm mit einem Taschentuch die Tränen von den Wangen. „Magst du mit mir reden. Vielleicht kann ich dir ein paar Tipps geben.“ Mit geröteten Augen blickte er auf und erzählte ihr mit dünner Stimme, was in ihm vorgeht. Wieder liefen ihm Tränen über die Wangen, die auf seine gefalteten Hände tropften. Er erzählte ihr, wie einsam er eigentlich war, obwohl sich alle gut um ihn kümmerten. Nur lernen und artig sein, keine Freiheiten, keinen Spaß. Zum Schluss nahm sie ihn wieder in die Arme und wiegte ihn hin und her.
 
Marok, Leon und die Wachen standen vor der Schmiede und unterhielten sich. „Sag mal Vater, was war mit Mark los? Warum ist er so traurig?“ „Das ist nicht so leicht zu erklären. Du musst wissen, dass er sehr viele Pflichten hat und viel lernen muss. Er wird später eine wichtige Person sein, darum muss er sehr diszipliniert sein. Für einen Jungen in seinem Alter liegt schon jetzt eine große Last auf ihn. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich seine Gefühle einem Weg nach draußen suchen. Deine Mutter wird sich gut um ihn kümmern. Mach dir keine Sorgen. Bitte geh einmal nachsehen, ob wir wieder rein können.“ Leon nickte und ging die Treppe hoch. Marok wendete sich den Wachen zu. „Verzeiht, wenn ich jetzt etwas forsch klinge, doch könnte der Junge heute Nacht hier bleiben?“ „Weshalb?“ Valik hatte neugierig zugehört und trat jetzt noch näher. Marok stellte eine Gegenfrage. „Was wird passieren wenn er nach Hause kommt?“ „Seine Eltern werden ihn sehen wollen und er wird bestimmt auch was zu hören bekommen. Danach wird er von seinem Kindermädchen in sein Zimmer gebracht.“ „Und dann ist er alleine“, beendete Marok den Satz. Valik nickte. „Das wird wahrscheinlich passieren. Ich verstehe was ihr meint. Doch das kann ich nicht entscheiden. Ich wäre allerdings bereit eure Bitte an den Markgrafen zu übermitteln. Könnt ihr auch mit einem Schwert umgehen oder sie nur schmieden?“ „Ich war vor 10 Jahren bei der Schlacht um Veron Misal dabei und kämpfte unter Lord Waldstein. Unsere Abteilung nannte man auch die flammenden Schwerter der Götter.“ Mit sicherer Hand griff er hinter einen Stützbalken der Schmiede und zog ein Schwert mit schwarzer Scheide hervor, das um die Hälfte länger war, als ein normales Schwert. Geschickt zog er es und wirbelte es kurz prüfend herum. Als Valik das Schwert erkannte, blickte er erstaunt in Maroks Gesicht. „Ihr seid der silberne Löwe der flammenden Schwerter. Wie ist das möglich? Man erzählt sich alle flammenden Schwerter seien tot.“ „Ja das ist war, doch ein paar leben noch. Wir wollten alle in Ruhe Leben, so ließen wir uns sterben. Ich habe es ihnen erzählt, weil ich den Freund meines Sohnes mag und ihm helfen will. Auch wenn das bedeuten könnte, das mich nächster Zeit alle möglich Leute stören werden. Wenn der Junge bleiben darf, werde ich ihn Morgen persönlich zurückbringen.“ „Wenn ihr es wünscht, werde ich den Markgrafen fragen, doch wird er mir nicht so leicht glauben.“ „Ich hab was, was er erkennen wird.“ Mit einem Grinsen ging er in die hinterste Ecke und kramte in einer großen Truhe. Als er das gefunden hatte, was er suchte, trat er wieder vor Valik. „Gebt den Markgrafen dies, aber sagt ihm auch, dass ich es wieder haben muss.“ Mit diesen Worten, gab er ihm ein längliches, in Leder eingeschlagenes Bündel. Vorsichtig wickelte dieser es aus, und zum Vorschein kam ein wundervoller silberner Dolch mit weißer Scheide. Auf der Scheide, war ein silberner Löwenkopf zu sehen und in dessen Augen waren blutrote Rubine eingearbeitet. Auch im Griff war ein Rubin eingearbeitet, doch war dieser 2 Zentimeter groß. Ungläubig sah er auf und starrte förmlich in Maroks Gesicht. „Ist es das, was ich glaube, das es ist.“ Auch hinter sich hörte er ungläubiges Gemurmel. „Ja, das ist einer der Zeremonien Dolche der Flammenden Schwerter. Und es ist auch war, das sie Unglück bringen, wenn sie von dem eigentlichen Besitzer entwendet werden. Sagt also dem Markgrafen, das er spätestens in zwei Tagen wieder in meinem Besitz sein muss.“ Valik nickte und wickelte den Dolch wieder ehrfürchtig ein.
Als Marok und Valik wieder die Wohnung betraten, lag Mark schlafend in Antonias Armen. Valik betrachtete den friedlich schlafenden Jungen. „Ich werde dem Herren sagen, das ihr Morgen früh den Jungen wieder bringen werdet.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ das Haus.
Am nächsten Tag begann eine neue Kindheit und Leon und Mark wurden die besten Freunde. Sie lernten zusammen kämpfen und dienten später gemeinsam in der Garde. Seitdem stand Leon immer an der rechte Seite von Mark.
<<BACKFLASCH ENDE>>

Seit damals waren schon einige Winter gekommen und wieder gegangen. Mit einem Gähnen stand er auf und streckte sich, um seine müden Muskeln zu lockern. Er sollte wohl auch mal eine Runde machen und sich bei seinen Männern zeigen. Mit einer Hand schnappte er sich eine Fackel und entzündete diese, bevor er mit einem seiner Soldaten im Schlepptau seine Kontrollrunde begann.

Kapitel 4





Mehrere Tage vergingen. Auf dem Hof war die erste Aufregung verflogen und da es keine neuen Angriffe gab, wurde auch die Bewachung etwas verringert.
Die Soldaten freundeten sich schnell mit Luke an und jeden Abend sah man ihn mit den Soldaten am Feuer sitzen. Linea hingegen lag immer noch ohne Bewusstsein in einem der Gästezimmer. Zwei ganze Tage lag sie im Fieber, denn die Wunden und der hohe Blutverlust machten ihr sehr zu schaffen. Jeden Tag sahen Luke und Mark zusammen nach ihr, doch auch nach dem fünften Tag wollte sie einfach nicht aufwachen. Markgräfin Barbara und ihre Tochter Eleonora kümmerten sich abwechselnd um das schwache Mädchen.
Am Abend des sechsten Tages rief der Landgraf von Sarinsall zum gemeinsamen Essen. Es war alles ruhig, als Linea zaghaft ihre Augen öffnete und sich verwirrt umsah. Wieso war sie in einem der Gästezimmer. Kaum bewegte sie ihren Arm, als auch schon der Schmerz ihre Sinne vernebelte. Nachdem das Brennen etwas schwächer wurde, stöhnte sie erleichtert auf. Langsam kamen ihre Erinnerungen wieder. Die beiden Bestien, die sie angegriffen hatten und die Horde an Männern, die ihr zu Hilfe kamen. Sie glaubte ein bekanntes Gesicht gesehen zu haben, bevor sie das Bewusstsein verlor. Aber weshalb lag sie hier und war nicht tot. Keiner der Mägde hätte sich um sie gekümmert, das wusste sie. Die Zähne zusammen beißend setzte sie sich auf und lehnte sich an die Kopfseite des Bettes an. Stöhnend faste sie nach ihrer Schulter, was ein weiteres Stöhnen zufolge hatte. Ihre Schulter fühlte sich an, als würde man glühende Nägel hineinschlagen. Als sie ihre Augen wieder öffnen konnte, hing in ihrem Blickfeld eine ihrer weichen langen Haarsträhnen. Zitternd griff sie sich an den Kopf und bemerkte, dass ihre Haube weg war. Ihre langen Haare waren zu einem lockeren Zopf geflochten und jetzt merkte sie auch, dass sie ein seidenes Nachthemd trug. Langsam rutschte sie zur Bettkante und schwang ihre Beine über den Rand. Die darauf folgende Übelkeit ließ sie in der Bewegung inne halten und nach Luft schnappen. Sie musste hier weg. Ihr Geheimnis war keines mehr. Bildlich konnte sie sich vorstellen wie ihr Leben von nun an aussehen würde. Plötzlich hörte sie vor der Tür mehrere Stimmen und schon wurde diese langsam geöffnet. Die beiden Frauen, die den Raum betraten, blickten überrascht in Lineas blasses Gesicht. Als dann auch noch der Mann, der sie beim Putzen erwischt hatte eintrat, sprang sie ängstlich auf und wollte davonrennen.
Mark sah wie sich die Augen der Magd erschrocken weiteten. Kaum war sie ängstlich aufgesprungen, als ihre Beine auch schon wieder nachgaben und sie stöhnend zu Boden sackte. Zitternd lehnte sie sich mit geschlossenen Augen an das Bett und versuchte sich zu beruhigen. Er sah wie sich ein paar stumme Tränen einen Weg über ihre blassen Wangen suchten, um dann auf ihre zitternden Hände zu tropfen. Sanft berührte eine Hand seinen Arm und er blickte in das mitfühlende Gesicht seiner Mutter. „Leg sie bitte wieder ins Bett mein Sohn.“ Mark nickte und ging neben Linea in die Knie. Sanft strich er ihr über die nasse Wange, was sie erschrocken aufblicken ließ. Ihre Augen waren so tief, als ob er in einen dunklen Brunnen sehen würde und gerade noch den Wasserspiegel erahnen konnte. Seine Stimme war leise und beruhigend, als er anfing zu sprechen. „Habt keine Angst Linea. Ich werde euch nur wieder ins Bett legen. Ihr seid noch viel zu geschwächt durch eure Wunde. Ganze sechs Tage wart ihr Bewusstlos gewesen und euer kleiner Freund Luke macht sich schreckliche Sorgen um euch.“ Mit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an und als er sie behutsam hochhob, hielt sie erschrocken die Luft an. Erst als er sie aufs Bett gelegt und die Decke über sie ausbreitete, atmete sie flach weiter. Ängstlich schloss Linea ihre Augen und rollte sich mit einem leisen Stöhnen zusammen. Was wird wohl jetzt mit ihr passieren? Wird sie fortgejagt oder gar verkauft? Ihr Geheimnis ist keines mehr. Fliehen kann sie auch nicht, sie war einfach zu schwach. Verzweiflung fraß sich durch jeden Teil ihres Körpers. Unaufhaltsam liefen ihr die Tränen an den Wangen hinab und durchnässten das Bettzeug unter ihr.
Barbara, Eleonora und Mark standen neben dem Bett und blickten auf die zitternde Gestalt der jungen Magd. Ihr leises Schluchzen durchbrach hin und wieder die Stille. „Mark, Eleonora kommt lassen wir sie etwas allein.“ Markgräfin Barbara ging zur Tür und verließ gefolgt von ihren Kindern den Raum. Draußen vor dem Raum befahl Mark den beiden Wachen, dass niemand den Raum verlassen oder betreten darf. Dann folgte er seiner Mutter und Schwester in den Nebenraum. Hinter sich schloss Mark die Tür und setzte sich zu den beiden Frauen, die nachdenklich in die Flammen sahen. Stumm beobachtete er seine Mutter und Schwester, doch lange hielt er diese Stille nicht aus. Mit einem seufzen strich er sich durch sein Gesicht und sah danach seine Mutter an. „Warum hat sie gerade so verzweifelt reagiert? Ich dachte sie würde uns danken, da sie noch am Leben ist, doch alles was sie hatte war Angst.“ „Ich glaube ich habe eine Ahnung was in ihr vorgeht Bruder.“ Seine Schwester sah ihn mit ihren unglaublich grünen Augen an, bevor sie weitersprach. „Toran erzählte mir vor zwei Tagen eine alte Geschichte aus der Zeit seines Urgroßvaters. Wir kamen auf diese Geschichte, weil ich ihn fragte, warum die Frauen die hier arbeiten versuchen so unauffällig wie möglich zu sein. Er erzählte mir, das sein Urgroßvater regelmäßig junge schöne Frauen gekauft und wieder verkauft haben soll. Auch sein Großvater soll, wenn auch nur zwei oder drei Frauen verkauft haben. Ich denke, das unter den Dienerinnen diese Geschichte noch immer erzählt wird und deswegen hat diese wunderschöne, weißhaarige junge Frau Angst verkauft zu werden. Überlegt mal was uns Maria vor ein paar Monaten über ihre Vergangenheit anvertraut hat. Ihr ist das als Mädchen passiert, nur das es ihr eigener Vater war, der sie verkaufte.“ Schweigend saßen die drei zusammen und dachten über das gesagte nach. Wieder war es Mark, der die Stille durchbrach. „Also geht sie davon aus, das sie jetzt, da ihr Geheimnis keines mehr ist, vom Landgraf von Sarinsall verkauft wird, da ihr Aussehen mehr als nur etwas besonderes ist. Aber ihr müsste doch bekannt sein, das die Sklaverei oder auch der Verkauf von Menschen seit gut 30 Jahren unter hohen Strafen verboten ist!“ Fragend sah er seine Mutter an. Diese blickte ihm mit einem sanften Lächeln an und beantwortete seine unausgesprochene Frage. „Das mag zwar sein, aber es gibt immer wieder Berichte von hohen Herren, die vor den Herzog bestellt und sogar verurteilt werden. Ich würde dem Mädchen gerne die Angst nehmen, doch sie arbeitet nicht für uns.“ Plötzlich sah Eleonora ihre Mutter und ihren Bruder mit einem strahlendem Lächeln an. „Und was wäre wenn wir mit dem Landgrafen sprechen und sie in unseren Hofstaat aufnehmen? Wir stehen im Amt höher als er, also wird er unsere Bitte nicht so leicht abschlagen können. Die Diener und Mägde wollen sie nicht hier haben und wir könnten sie als Kammerzofe oder Küchenmagd gebrauchen. Seit uns vor zwei Monaten Rosalia verlassen hat, haben wir noch niemanden eingestellt, der ihre Arbeiten übernehmen soll. Außerdem meinen wir alle, das uns ihr Aussehen bekannt vor kommt. Wenn sie erst bei uns auf unserem Gut ist, finden wir vielleicht etwas in der Bibliothek. Was sagt ihr Mutter, Bruder?“ „Bevor wir sie in unseren Hofstaat aufnehmen, sollten wir etwas über ihre Vergangenheit wissen. Ich will uns niemanden auf den Hof hohlen, der nur Unruhe stiftet und die Arbeit nicht richtig macht.“ Nachdenklich sah Mark seine Mutter an, bevor er sprach. „Vergiss aber nicht Mutter, das sie es war, die unsere Räume vorbereitet hat. Und von dem, was mir der junge Stallbursche erzählt hat, war sie die Kammerzofe der Landgräfin, bevor diese starb.“ „Weißt du noch mehr von ihrer Vergangenheit mein Sohn?“ „Luke, so heißt der Junge, erzählte mir, das man sie als kleines Kind im Wald gefunden hat und sie von der Landgräfin aufgenommen wurde. Linera bekam von ihr den Namen und auf den Befehl der Landgräfin hin, wurde sie zu einer Kammerzofe ausgebildet. Außerdem erzählte er mir, das sie kochen kann und auch im Garten und im Stall weiß was sie tut. Seit die Landgräfin gestorben ist, wird sie von den Mägden und Dienern gemieden oder sogar drangsaliert. Meiner Meinung nach, wird jetzt, da ihr Geheimnis mit den Haaren keines mehr ist, ihr Leben hier zur Hölle. Wir haben ja alle die Reaktionen der Mägde und Diener gesehen. Ich denke wir sollten sie mit auf unser Gut nehmen. Dort können wir in Ruhe herausfinden, warum sie uns so bekannt vorkommt.“ Nachdenklich blickte Barbara ihren Sohn an. „In Ordnung, ich werde mit dem Landgrafen sprechen. Wahrscheinlich ist er sogar froh wenn sie weg ist. Ich werde am besten gleich mit ihm reden, er ist bestimmt noch in der Bibliothek.“ Langsam stand sie auf und ging zur Tür. Dort drehte sie sich noch mal um und sah ihre Kinder an. „Eleonora sieh bitte gleich nach der Magd. Wenn sie wach ist, sag ihr, das ihr nichts passiert und sie wegen ihrer Wunden unbedingt liegen bleiben soll.“ „Ja Mutter.“ „Und du mein Sohn solltest dich endlich auch mal ausruhen. Sobald ich den Landgrafen überzeugt habe, sollten wir auch bald aufbrechen. Eigentlich wollten wir nur ein paar Tage bleiben und auf unserem Gut beleibt die Arbeit liegen.“ „Das werde ich machen Mutter.“ Diese nickte ihnen noch einmal zu, bevor sie den Raum verließ. Nun erhob sich auch Eleonora und streckte sich undamenhaft, was bei Mark ein leises Lachen verursachte. „Was? Auch ich muss mal meine Knochen sortieren.“ „Ich sag ja nichts, doch hätte Mutter das gesehen, dann hätte sie dir jetzt einen Vortrag darüber gehalten.“ „Ja aber sie ist jetzt nicht hier, also kann ich machen was ich will. Ich werde jetzt rüber gehen und nach Linea sehen, dann hast du deinen Raum wieder ganz für dich allein. Gute Nacht Brüderchen.“ Schnell gab sie ihm einen Kuss auf die Wange und ging lächelnd zur Tür. „Dir auch eine gute Nacht Schmetterling.“ Lachend drehte sich Eleonora um und sah in das grinsende Gesicht von Mark. „So hast du mich ja schon ewig nicht mehr genannt. Soll ich jetzt auch wieder Bärchen zu dir sagen?“ Laut lachte Mark auf. „Bloß nicht, sonst nehmen mich meine Männer nicht mehr ernst.“ Lachend öffnete Eleonora die Tür. „Damit könntest du Recht haben.“ Sobald Eleonora den Raum verlassen hatte, legte Mark seine Waffen ab und zog sich Jacke und Hemd aus. Nachdenklich folgten seine Schuhe und Socken. Eigentlich sollte dies ein Erholungstrip werden, in dem seine Schwester ihren zukünftigen Mann noch besser kennenlernen kann. Genauso wollten seine Mutter und er sehen, ob man dem jungen Toran einen der großen Höfe anvertrauen kann. Mark musste zugeben, das seine Schwester eine gute Wahl getroffen hat. Er war ein intelligenter und zuverlässiger Mann, dem man vertrauen konnte. Eigentlich wurden adelige Frauen schon mit 16 verheiratet, doch seine Eltern haben eine etwas andere Einstellung, da die beiden sich auch selbst entschieden hatten zu heiraten. Seine Eltern lernten sich schon früh auf einen Ball kennen und wurden gute Freunde. Als sein Großvater seinen Vater mit 17 verheiraten wollte, schrieb dieser einen Brief an seine Mutter und fragte nach ihrer Hand. Seine Mutter erzählte ihm einmal, dass sie sehr überrascht war, doch einen Tag später schickte sie ihm einen Brief, indem sie zustimmte. Nach einigem hin und her stimmten dann sein Großvater und die Eltern seiner Mutter zu, da dies für beide Seiten keine schlechte Verbindung war. Sein Vater und seine Mutter liebten sich am Anfang nicht, doch mochten sie sich sehr gut leiden. Seine Mutter nannte ihre erste Zeit als Markgräfin ziemlich turbulente, doch nach und nach entstand eine tiefe Liebe zueinander die geprägt war von bedingungslosem Vertrauen. Als sein Vater vor zwei Jahren plötzlich starb, musste seine Mutter mit sich selber kämpfen, um nicht aufzugeben. Müde legte sich Mark auf das Bett und schloss seine Augen. Noch einige Zeit gaben seine Gedanken keine Ruh, bis er in einen tiefen Traum losen Schlaf sank.

Kapitel 5





Eleonora betrat leise den Raum und blickte zu der Gestalt im Bett. Die junge Magd lag immer noch zusammengekauert im Bett, doch schien sie nun zu schlafen. Mit einem leisen Seufzen ging sie zum Bett und setzte sich langsam auf den Bettrand. Die Hände der Magd krallten sich förmlich in die Bettlacken und die unruhig zuckenden geschlossen Augen zeigten ihr, dass sie wohl schlecht träumte. Sanft strich Eleonora eine weiße Strähne aus dem angespannten Gesicht, bevor sie sanft die Hände aus dem Lacken löste und beruhigend zwischen ihren Händen hielt. Wie gerne würde sie der Magd die Angst nehmen, doch so lang sie nicht weiß ob Linea sie begleiten kann oder nicht, hatte sie keinen Einfluss auf das Leben der jungen Magd. Erst als Linea wieder ruhig und entspannt schlief, stand Eleonora auf und setzte sich mit ihrem Stickzeug an den Kamin. Kurz vor Morgengrauen betrat Markgräfin Barbara den Raum und sah wie sich die junge Magd mühsam aufrichtete und zum Kamin sah, wo Eleonora anscheinend an ihrer Stickarbeit eingeschlafen war. Mit einem Lächeln im Gesicht ging sie nun zu dieser und nahm ihr die Handarbeit aus den Händen, bevor sie eine der Decken auf der nahen Truhe über ihre Tochter ausbreitete. Jetzt erst blickte sie zu der Magd, die sie verwirrt und ängstlich ansah, bevor diese den Blick senkte. Nachdem sie noch etwas Holz in den Kamin geworfen hatte, setzte sie sich schweigend in den Sessel neben dem Bett und betrachtet die junge Frau darin. Sie war gespannt darauf, was sich für eine Persönlichkeit hinter diesem hübschen Gesicht verbarg. „Ich bin Markgräfin Barbara Maria von Bergen. Würdest du mir deinen Namen sagen Kind?“ Etwas zögerlich blickte das Mädchen auf, doch Antwortete sie mit leiser fester Stimme. „Mein Name ist Linea Cardea Tana Eurer Hoheit.“ „Habt ihr keinen Familiennamen Linea Cardea Tana?“ „Nein Euer Hoheit.“ „Warum nicht?“ „Die Landgräfin Lavandia von Sarinsall fand mich als kleines Kind bei einer Jagd im Wald. Man konnte meine Familie nicht finden, also nahm die Landgräfin sich meiner an und ließ mich als ihre Kammerzofe aufziehen und ausbilden. Meinen Namen bekam ich von der Landgräfin von Sarinsall.“ Schweigend sah Linea wieder auf ihre Hände, die sie sittsam in ihren Schoß gefaltet hatte. Obwohl die junge Frau vor Gräfin Barbara relativ ruhig wirkte, sah man ihr an das sie nervös war. Immer wieder biss sich die junge Frau unbewusst auf ihre Unterlippe, die schon langsam rot wurde. „Also kennt man weder eure Herkunft noch euren waren Namen Linea.“ „Ja Euer Hoheit.“ „Ihr seid ein wahres Rätsel Kind.“ Jetzt blickte Linea doch wieder auf und sah die Gräfin an. „Wieso?“ Als ihr bewusst wird, wie sie gerade mit der Gräfin gesprochen hat, senkt sie sofort ihren Blick. „Verzeiht mir bitte Eure Hoheit. Für mein Benehmen nehme ich jede Strafe an.“ Jetzt war es an Gräfin Barbara überrascht zu sein. „Für so eine Kleinigkeit werde ich doch niemanden Bestrafen lassen. Außerdem wäre das nicht gut für eure Gesundheit, gerade jetzt wo ihr endlich aufgewacht seid. Ihr ward ganze sechs Tage ohne Bewusstsein und die ersten zwei Tage waren wir nicht sicher ob ihr Überleben werdet.“ Schweigend sah Linea wieder auf ihre Hände, doch dann faste sie ihren Mut zusammen. „Darf ich euch etwas Fragen euer Hoheit?“ „Sicher Kind, nur zu.“ „Warum habt ihr mir geholfen euer Hoheit? Ich bin nicht eures Standes und dennoch behandelt ihr meine Wunden und sorgt euch um mich. Ich bin nur eine Magd ohne Familie, ohne Stand.“ „Das mag ja sein Kind, doch meine Familie kümmert sich um ihre Angestellten, egal welchen Stand sie innehaben. Wir haben dir geholfen, da hier anscheinend niemand so denkt, oder Angst vor dir hat. Doch wir sehen in dir etwas Besonderes. Mein Sohn, meine Tochter und auch ich denken, das dich ein großes Geheimnis umgibt, welches wir gerne lüften würden.“ Schweigend sah Linea wieder zum Kamin, wo die ihr noch unbekannte Frau im Sessel schlief und sich jetzt undamenhaft unterm Kinn kratzte, ausgiebig gähnte und dann einfach weiter schlief. Linea konnte sich ein leises Kichern nicht verkneifen, bevor sie sich geschockt auf den Mund schlug. Doch dann hörte sie das leise Lachen neben sich, was sie überrascht aufblicken ließ. Die Gräfin Barbara saß neben ihr und schüttelte lachend ihren Kopf. „Das ist übrigens meine Tochter Gräfin Eleonora Syra von Bergen, die zukünftige Frau von dem Grafen Toran Alar von Sarinsall. Im wachen Zustand benimmt sie sich mehr wie eine Dame.“ Diese Bemerkung entlockte Linea ein weiteres schüchternes Kichern. „Dürfte ich etwas sagen Hoheit?“ „Sicher Linea.“ „Bitte nehmt mir die Bemerkung nicht übel, aber der junge Herr Toran ist die richtige Wahl gewesen.“ Aufmerksam sah Gräfin Barbara die junge Frau an. „Mit welcher Begründung?“ „Nun ja euer Hoheit. Der junge Herr Toran kommt mehr nach seiner verstorbenen Mutter. Er ist ein ehrlicher, gebildeter Mann, der niemanden von vorne herein verurteilt, sondern sich sein eigenes Urteil fällt. Dennoch kann er auch streng sein und sich durchsetzen. Früher saß er oft bei seiner Mutter und leistete ihr Gesellschaft. Er ist sehr gebildet, fast jeden Tag sieht man ihn mit einem Buch im Garten sitzen. Des Weiteren nimmt er seinen Unterricht mit den verschiedenen Waffen sehr ernst und übt jeden Tag. Wenn man ihn in einem Kampf sieht, ist es fast wie ein Tanz. Er kämpft nicht nur mit seinem Schwert, sondern auch mit seinem Herz und seinem Kopf.“ „Mögt ihr ihn Linea?“ „Wenn ihr mögen meint ich würde ihn lieben, dann nein euer Hoheit. Ich mag ihn als Person. Er war noch nie gemein oder schlecht zu mir. Ein paar Mal hat er mich sogar in Schutz genommen, als die Mägde mir Fallen gestellt hatten. Aber mehr als das, ist es nicht.“ „Ich danke dir für die ehrliche Antwort Linea, doch warum ist Toran die bessere Wahl gewesen?“ „Ich darf eigentlich nicht schlecht über meinen Herren denken oder sprechen, doch der Erbgraf Rhoran Silas von Sarinsall ist das genaue Gegenteil von Herr Toran. Er liest Bücher nur wenn er muss, beim Kampf haut er einfach nur drauf und versucht durch reine Kraft zu gewinnen, er ist eingebildet und ein wahrer Frauenheld. Man munkelt, das er nicht nur die Mägde und Zofen hier in seinem Raum hatte, sondern auch die ein oder andere Frau aus dem Dorf. Er liebt es zu feiern und am liebsten mit den Soldaten zusammen in der Dorfschänke. Verzeiht wenn ich so offen bin, aber er wäre eurer Tochter keine drei Tag treu geblieben. Ein Glück kam er nie zu mir, denn er findet meine Augen unheimlich. Das schlimme ist, das er sich immer nimmt was oder wen er will. Er kommt also mehr nach seinem Vater dem Landgrafen.“ Schweigend sahen sich die beiden Frauen an. Als Linea ihren Mund auf machen wollte um ihre Worte zu entschuldigen, schüttelte die Gräfin nur ihren Kopf. „Das was du mir erzählt hast Linea, ist mir in den letzten Tagen auch aufgefallen. Ich muss die zustimmen, das Toran eine gute Wahl war.“ Erleichtert atmete Linea aus, was ihren Magen anscheinend dazu animierte laut zu knurren. Peinlich berührt senkte Linea ihren Blick und hielt eine Hand über ihren Bauch. Lachend erhob sich die Gräfin. „Ich werde mal dafür sorgen, dass uns etwas zu essen gebracht wird. Wir sollten dich noch etwas aufpäppeln, bevor wir morgen aufbrechen.“ Linea sah sie leicht verwirrt an. „Also werdet ihr Morgen abreisen Hoheit?“ „Wir werden Morgen abreisen Linea. Jetzt da du wach bist, können wir Morgen aufbrechen. Ich habe mit dem Landgrafen gesprochen und er sagte du seist ein freier Mensch. In diesen Fall würden wir dich gerne mit auf unser Gut nehmen, auf dem du als Kammerzofe für Eleonora arbeiten kannst. Also versuch dich gut zu erholen Linea. Ich sorge erst mal für was zu essen.“ Und schon verließ Gräfin Barbara den Raum und ließ eine überraschte und verwirrte Linea zurück.
Was soll Linea den jetzt davon halten. In ihrem Kopf ging sie das Gespräch noch mal durch, wovon sie aber nur Kopfschmerzen bekam und ihre Schulter wieder deutlicher anfing zu schmerzen. Sie wusste, dass in der Küche erst jetzt das Feuer angemacht wurde, da sie durch das Fenster den leicht rötlichen Himmel sehen konnte. Es würde also noch etwas dauern bis die Gräfin wieder kam. Was soll sie jetzt tun? Ihr blieb nicht viel mehr übrig als zu warten und zu hoffen. Sie entschied sich zu dem Stuhl am Fenster zu gehen und sich den Sonnenaufgang anzusehen. Mit langsamen Bewegungen setzte sie sich an den Rand des Bettes, bevor sie langsam aufstand und mit zwei wackeligen Schritten den nahen Stuhl erreichte. Zitternd und mit dem Gefühl als würde der Raum sich um sie drehen ließ sie sich auf den Stuhl sinken. Sie fühlte sich nicht wirklich stark genug eine Reise zu machen, aber hier bleiben konnte sie jetzt auch nicht mehr. Ihre bloßen Füße vergrub sie in den weichen dichten Fell welches auf dem Boden lag und betrachtete das wunderschöne Farbspiel, welches die aufgehende Sonne an den Himmel zauberte. In Gedanken griff sie nach ihrem Haar und öffnete den grob geflochtenen Zopf, der ihre Haare bis jetzt in Zaum gehalten hatte. Mit ihren beiden Händen entfernte sie die paar entstandenen Knoten und lehne sich mit ihrer gesunden Schulter an das Fenster. Erschöpft legte sie nun auch ihren Kopf auf den Arm, den sie auf die Fensterbank gelegt hatte und schloss ihre Augen. Sie bemerkte nicht einmal wie sie wieder einschlief und nun die ersten Sonnenstrahlen ihr entspanntes Gesicht streiften.

Impressum

Texte: DragoneyeOS
Tag der Veröffentlichung: 18.09.2011

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