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Die Rückkehr von Mars

Poetry Slam

 

Auf Facebook spiel‘ ich Poker,

mache den

Vampirerschaffungsquiz,

um mich mal zu orientieren,

wer ich denn sein könnte -

Bonnie & Clyde,

das waren mal meine Vorbilder,

bevor sie von Batman & Catwoman abgelöst wurden -

aber seit ich meinem Freund

im Bett vorgelesen habe

aus einem schlauen Buch,

in dem geschrieben stand:

die reifen Frauen

wären gewöhnlich die interessanteren Frauen,

weil sie nämlich

beim Fussballspielschauen am Fernsehen

nicht mehr meckern,

sondern mit dem Bier in der Hand aufwarten,

die Fernbedienung an die Hand nehmen

und auf Autorennen umstellen,

wenn der Mann aufs Klo geht;

im Restaurant würden sie -

anders als die jüngeren Frauen -

anständig bleiben und keine Szene schmeissen;

sie fragten auch nicht mehr so dumme Fragen im Bett

wie, Schatz,

woran denkst Du?

sondern sie wissen ja selber,

was sie so denken,

und das reicht ihnen mittlerweile vollkommen,

überhaupt wüssten sie,

was sie wollen,

wie sie‘s wollen

und mit wem und wann und warum und wann nicht

und wenn sie einen würgen wollen,

ja -

wenn sie wüssten

und jetzt kommt‘s,

wenn sie wüssten,

dass sie damit durchkämen,

dass sie jemanden umbringen könnten,

dann würden sie‘s auch tun.

 

Sofort intervenierte mein Schatz,

dass ich mit den Vorzügen der reiferen Frauen

ja überhaupt nichts gemeinsam hätte,

was mich etwas beleidigte,

nur das mit dem Umbringen,

ha,

das würde er mir absolut zutrauen.

So arbeite ich mich auf Facebook wacker durch,

dass ich eine gotische Mitternachtsprinzessin wäre,

blutrünstig,

Blut Blut Blut

will ich lecken,

nobel,

mit grauenvollem Geschrei

und mörderischem Blick

und mit richtigen Kampfeckzähnen

würde ich mit geilen

durchgeknöpften

hochgekreuzten

schwarzen Stiefeln

von hinten

meine Opfer anfallen,

im Nacken einhacken,

küssen,

saugen,

schlürfen

und genüsslich lächeln,

wenn meine kühne Anmache

gewalttätig

leidenschaftlich meine Männer

mit missmutigem Blick

verachtend

auf den Boden zusammensacken liess.

 

Draussen fährt der Bulldozer

mit hartem Zangengriff auf das Nebenhaus zu,

reisst ihm eine Seite raus,

die Westflanke,

gleichzeitig spritzen Bauarbeiter

mit gewaltigen Wassermengen den auffliegenden

Staub nieder,

während im aufbrausenden Nachmittagswind

meine verwelkten Tulpen

in ihren Balkonkistchen flattern,

die süsse Feenfigur

im Blättergarten der noch nicht blühenden Geranien,

Hängegeranien -

blutrünstig

violette

Blutblütenblumen

hatte ich gewählt,

mich anlächelt,

so quasi,

alles noch in Ordnung?

 

Ich schlafe nicht gern in quietschenden Särgen,

da ist‘s mir zu eng,

in dunklen Schlössern

eigentlich zu kalt,

aber vor dem Kaminfeuer

auf ausgestrecktem Bärenfell,

da kann sich keine Vampirkönigin der Nacht beklagen,

mit Stiefeln aus Pythonschlangenleder,

die Indianerin in mir freut sich,

aber die schläft ja

unter freiem Himmel,

mit den Sternen

und dem Bären,

 

was machen denn plötzlich

die Lederstiefel im Bild,

die Tierschützer schreien auf zu gemischten Gefühlen,

also 

wenn Du das Fleisch isst,

ist’s ok,

hey Mann,

was ist mit Rindsledertaschen

und Schafslederhandschuhen,

ja ok,

aber

Straussenlederhandschuhe bis über beide Ellbogen?

- das esse ich,

und Schlangenlederstiefel?

Die muss ich im Regen nicht schonen,

ist schliesslich Tier, Reptil,

gehört sich so, wie Alligator,

verstehst Du,

also das würd ich sowieso nie kaufen,

was so?

am Schuh, die Schlange,

nein,

in der freien Natur

das wilde Tier,

wie die psychedelischen Kröten,

denen die jugendlichen Eingeborenen

im australischen Busch

niederkämpfend 

die Haut abziehen, sie

platt walzen,

trocknen,

rösten

und dann

rauchen,

ja rauchen, Mann,

am Lagerfeuer

mit der Sternengöttin Tausendundeinenacht,

sagenwirmal moderne Vampire,

das ist Vereinigung auf höchster Stufe mit Spirit,

und ja,

was ist denn Blutsaugen anders, Mann,

hey ich lieb‘s,

tierisch,

raunend,

saftig,

auf Kampf eingestellt,

bestialisch

in den schwarzen Grotten der Mördergrube,

hat doch jeder in sich,

diese Grube,

schmeiss ich alles rein,

was mich

niederträchtig,

grausam,

barbarisch,

hart,

zerstörerisch,

bösartig,

roh,

unmenschlich

herzlos

den Mund aufreissen lässt

und mich 

über die Achsel von oben herab

verächtlich 

mein Gegenüber böswillig wild,

verlockend

locker

zum Diener machen lässt,

durch den Schmutz ziehen,

verlegen 

verwandle,

zu Kreuz kriechend

verfolge und nimmer loslasse.

 

In der koketten Dunkelheit lasziver Genüsse

beisse ich Vampirin 

meinen Untertan,

bestürme den verwirrten Besucher meines Schlosses,

bestrickend wie eine Spinne

so gross wie ein Unterteller

einen Raum voller Spinnweben,

in die Enge getrieben,

verzweifelt,

betroffen

mein Dulder schmerzgequält

bettelnd,

er vor mich hinkniend,

die Schlangenstiefel leckt,

betrunken

vom Galgenhumor meiner Vollmacht,

beunruhigt und hoffnungslos verloren -

aus seinem Hals

das Blut herausquillt,

spritzend

durch den Raum,

alles ist rot,

wehe ich ihn schleife

bei seinen Haaren

auf mein Bärenfell,

niederschmetternd,

schauderhaft

entsetzlich

verteufelt

gefällig

und geniessbar

zum Reinbeissen

süss,

lecker, lecker,

wie ein edles

mundwasserschmelzendes

weissaufgeschäumtes

Mandel Raffaelo Pralinato,

was übrigens der nächste Quiz

“Welche Süssigkeit bist Du?“

auf Facebook mir offenbart:

Eleganz puur! 

Was ich alles so mache,

durchtrieben,

seriös,

mit unwiderstehlicher Eleganz.

 

Auf FB erhalte ich ein

hey love so we are noble vamps so let’s do it.

Viele würden sagen,

dass Du ein grosser Engel bist,

doch auch Du hast eine dunkle Seite!

Mein sterbliches Leben ist vorüber,

ich bin angebissen worden

von einer dunklen Kreatur,

ich transformiere

zu einem Vampir,

zu einem noblen Vampir,

ich bin tot

und doch nicht tot.

In meinen Adern

fliesst Blut,

mundwasserschmelzendes,

aufgeschäumtes

Schloss würdiges,

Fell würdiges,

Kaminfeuer würdiges,

Schlangenlederstiefel würdiges,

gewaltig Intensives,

auf viele Erfahrungen kann ich zurückgreifen,

junggeblieben bin ich immer noch,

10 von 10 Punkte erhalte ich für Energie,

3 von 3 für Rache,

100 von 100 Punkten für strotzende Gesundheit…

– ich freue mich aufs Spiel!

Impressum

Texte: Stephanie Kay Literatur
Bildmaterialien: Stephanie Kay
Tag der Veröffentlichung: 15.08.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
(2009) Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

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