Rainer Lange
Mit einem Bein im Jenseits
Meine Gehirntumor-OP
Impressum:
Auszug aus meinem Buch:
„Tumor ist wenn man trotzdem lacht!“
ISBN Taschenbuch:
978-375-571-271-8
ISBN ebook:
978-375-571-891-8
sowie Hörfassung bei Audible
2021 by Rainer Lange - Erstausgabe
Rainer Lange - Alle Rechte vorbehalten.
Internet: www.rainer-lange.org
e-mail: mail@rainer-lange.org
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand, Norderstedt
Cover/Umschlagsgestaltung:
Nikolaj Lange
Mit einem Bein im Jenseits
Die beiden nachfolgend geschilderten Erlebnisse möchte ich heute nicht mehr missen. Ich hätte sonst auch niemals erfahren dürfen, welche wunderbaren Zustände die geistige Welt – oder wie wir es nennen: das Jenseits - für uns bereithält.
Ich habe sie erfahren, als ich mich wegen einer Gehirntumoroperation im Krankenhaus befand.
Das Jahr 2004 wurde für mich zu meinem Schicksalsjahr. Man hatte bei mir einen riesigen Tumor entdeckt. Deswegen riesig, weil er fast zehn Jahre unentdeckt wachsen konnte. Erst im letzten Jahr hatte er mir Probleme bereitet.
Kopfschmerzen, Schwindel und Gleichgewichtsstörungen waren meine ständigen Begleiter.
Natürlich habe ich einen Arzt aufgesucht! Andauernd stand ich sogar bei den verschiedensten Medizinern auf der Matte.
„Nicht soviel arbeiten, dann wird das schon“, bekam ich von ihnen immer wieder zu hören.
Ich war 54 Jahre alt und betrieb einen Musik- und Buchverlag.
Im letzten Monat vor der OP traten dann sogar Lähmungserscheinungen auf.
Nachdem ich in einer Autobahnraststätte einen Kaffee getrunken hatte, kam ich plötzlich nicht mehr vom Stuhl hoch und musste mich auf allen Vieren zu meinem Auto hin bewegen.
Unmittelbar danach habe ich meinen Hausarzt aufgesucht. Dann erkannte er wohl den Ernst der Sache und es hieß plötzlich:
„Aber sofort ins MRT!“ – also in die Röhre.
Bei uns in der Gegend hätte ich jedoch erst in sieben Monaten einen MRT-Termin bekommen können. So fuhr ich schnell nach Hamburg, wo es gleich am nächsten Tag möglich war.
Auf den MRT-Bildern war nun in meinem Kopf ein Tennisball-großer weißer Fleck zu sehen.
Gleich am nächsten Tag ging ich ins Krankenhaus. Mein Hausarzt beruhigte mich noch, dass es sich „nur“ um ein Akustikusneurinom handeln würde, also die läppischste Variante eines, höchstwahrscheinlich gutartigen, Gehirntumors. Danach wäre ich in 10 – 12 Tagen wieder draußen!
Nach diversen vorbereitenden Untersuchungen, die einige Tage in Anspruch nahmen, kam es dann endlich zur OP. Bekleidet mit einem Engelshemdchen, wie es sich nennt, wurde ich in den OP-Saal hineingeschoben.
Doch die erste OP musste nach kurzer Zeit wieder abgebrochen werden, da sich währenddessen bei mir im Kopf eine Blutung einstellte, die alles zunichte gemacht hätte.
Dabei habe ich das folgend Beschriebene und Unvergessliche erlebt:
Als ich aufwachte, oder besser gesagt, während der Aufwachphase erkannte ich einen Kreis von etwa zehn bis zwölf „Engeln“, die allesamt wunderschön waren und ganz herrlich bunte Kleider trugen.
Ich benutze bewusst das Wort „Engel“, denn so stelle ich mir Helfer in der Geistigen Welt vor. Ich habe sie jedenfalls als solche wahrgenommen.
Sie standen um mich herum und erzeugten wunderschöne Klänge, die ich jedoch leider nicht näher mit irdischen Worten beschreiben kann, und auch solch’ einen Versuch gar nicht erst wagen mag!
Sie strahlten in einzigartigen Farben. Wenn ich sage, dass es bunte Farben waren, trifft es das nicht annähernd. Es waren fröhliche, helle und leuchtende Farben. Farben, die ich vorher noch niemals gesehen habe.
Lange Zeit war ich von diesem wunderschönen Erlebnis sehr ergriffen und beeindruckt, doch leider verblasst es mit den Jahren zunehmend.
Es sah so aus, als würden sie durch mich hindurch sehen und hüllten mich mit einem bis dahin nicht gekannten Gefühl von Liebe und Vertrauen ein.
Und sie sangen wunderschöne Lieder! Immer wenn ich daran denke, überfällt mich ein Gefühl der Wehmut und Ergriffenheit.
Ich kann auch nicht sagen, wie der einzelne Engel genau ausgesehen und welche Gesichtszüge er gehabt hätte, geschweige denn andere Einzelheiten. Nein, sie sahen irgendwie alle gleich aus bzw. ihr Aussehen war auch gar nicht wichtig, denn es reichte vollends, ihre Schwingungen aufgenommen zu haben und sie zu fühlen.
Sie strahlten eine, ebenfalls bis dahin nicht gekannte, Anmut und vollkommene Liebe aus!
Diese Schwingung war klarer als Worte es jemals sein könnten. Ich habe eine unglaubliche Geborgenheit gefühlt und wusste, dass es sich hier um die klare Realität handelte – und nicht etwa um Gefühlsduselei, nicht um einen Traum, oder sonst etwas Surreales.
Das muss ich immer wieder deutlich unterstreichen!
Ich weiß natürlich, dass dies für Außenstehende nur schwer zu verstehen ist.
Diese Engel haben mich offenbar während der abgebrochenen Operation „beschützt“ und begleitet.
Ich fühlte mich bei ihnen unendlich sicher und hatte das Gefühl, mich hier bei ihnen in einer Art Zeitlosigkeit zu befinden. Während ich mich in ihrer Schwingung befand, spürte ich, dass wahrscheinlich auch die Zeit stehengeblieben war bzw. sie gar nicht existierte!
Wenn ich sage, dass ich mich von ihnen „beschützt“ fühlte, dann meine ich das nicht in dem Sinne, sie hätten „aufgepasst“, dass ich am Leben bliebe bzw. sie hätten gar den „bösen“ Tod verhindern wollen!
Nein, darum ging es überhaupt nicht. Ich fühlte mich nur in ihrer Gegenwart und Obhut unendlich geborgen und ganz und gar sicher. Ich hätte dort noch viel länger verweilen können.
Wenige Tage später wurde ich dann ein zweites Mal in den OP-Saal geschoben. Die Operation selbst verlief zunächst ganz erfolgreich, während ich jedoch wenig später mit zwei Krankenhauskeimen infiziert wurde, die mir eine Meningitis, also eine Hirnhautentzündung und dazu noch eine Lungenentzündung mit Lungenstillstand (ARDS) beschert haben.
Daraufhin versetzte man mich in ein 3-wöchiges künstliches Koma.
Plötzlich wurde ich wach, aber hatte ganz merkwürdige Wahrnehmungen. Ich merkte, dass ich irgendwie doch nicht hier war. Da war mir klar, dass etwas gründlich schief gelaufen war. „Scheiße“, dachte ich, „jetzt haste wieder ins Schwarze getroffen, mal wieder voll daneben gegriffen!“
So fühlt sich also das Koma an?
Ich merkte, dass ich gefangen war in einem Film, aus dem ich nicht mehr herauskam, der trotzdem real, aber irgendwie doch kein Film war. Ich wusste, tot kann ich nicht sein, dazu fühlt es sich zu real an.
Der Tod fühlt sich zwar auch real an, aber dafür war ich wiederum zu nahe am Weltgeschehen. Ich musste irgendwie zwischen den Welten gefangen sein.
Dabei war ich mir vor der OP so sehr sicher, dass alles gut gehen würde. Ich hatte überhaupt keine Angst. Von wegen: Der Weg führt dahin, wo die Angst liegt!
Was nützt es denn mir persönlich, wenn die OP’s bei den meisten Menschen gut verlaufen. Ich lief schon immer außerhalb der Statistik.
Es stand jetzt für die Ärzte fest, dass ich die nächste Nacht nicht mehr überleben würde.
Meine Verwandten wurden daraufhin angerufen, damit sie sich von mir verabschieden konnten. Als sie an meinem Bett standen, fanden sie mich scheinbar leblos vor, an Schläuchen und Kanülen angeschlossen.
Parallel zu meinen Besuchern, habe ich im Koma den Höhepunkt, also den Vorgang des Sterbens, dagegen als ein unvergesslich schönes Erlebnis wahrgenommen!
Es war so sehr verlockend und glückserfüllt, in die andere Welt hinüberzugleiten, ja hineinzuschweben! Dort war alles so unsagbar leicht und friedlich – es war einfach herrlich!
Ich wollte den Akt des Sterbens mittels meiner Entspannungsmusik „Quell der Heilung“ unterstützen, und zwar, indem ich in der Entspannung den Puls und Blutdruck so weit, wie nur möglich, willentlich ’runter zu fahren versuchte!
Ich würde somit in der glücklichen Lage sein, endlich sterben zu können. Und dann sah ich auch plötzlich am Ende der Wolken ein unsagbar helles, leuchtendes Licht, das immer größer wurde und sich mir zielgenau entgegen bewegte.
Im tiefen Blau des Himmels wusste ich, wenn ich gleich da hindurch kommen würde, dann hätte ich es geschafft!
Es war ja so schön zu Sterben, und es konnte nur noch einen Augenblick lang dauern, bis ich dort hindurch sein würde. Ich müsste nur noch eine ganz kurze Zeitspanne durchhalten – dann hätte ich es endlich geschafft und alles Leiden wäre ein für alle Mal zu Ende!
Als ich nur noch ganz kurz „davor“ war, wurde mir völlig klar, dass ich auf gar keinen Fall zurück wollte und dieses Gefühl der Wohligkeit und vollkommenen Weite jemals wieder verlassen müsste - es war so unbeschreiblich schön!
Diese Erfahrung war das schönste Erlebnis überhaupt, das mir jemals widerfahren ist.
Ich versuchte, ja nur „schnell“ genug zu sein und hatte Angst, langsamer werden zu können und so den Vorgang des „Hinübergleitens“ zu gefährden!
Doch kurz vor Ablauf des Zeitlimits gab es einen fürchterlichen Krach oder Knall, so dass ich mich nicht mehr voll und ganz auf das Entspannen und somit auf das Sterben konzentrieren konnte. Ein sich im Raum befindender Pfleger hatte wohl etwas fallen lassen. Ich spürte dann noch ein merkwürdiges Gefühl in den Ohren, einem Dröhnen gleichkommend, und wurde wie von unsichtbarer Hand wieder hinunter-, also zurückgezogen.
Daraufhin empfand ich eine unendlich tiefe Leere. Einsamkeit und Traurigkeit ver-mischten sich – ich war leider wieder „hier“!
Anders ausgedrückt: Ich war stinksauer!
Deprimiert nahm ich wieder die Kälte und die Trostlosigkeit des hiesigen Zustandes wahr.
Auch heute noch, wenn ich viele Wolken am Himmel sehe, erinnere ich mich immer an dieses unvergleichliche Erlebnis. Es kommt dann sofort eine Sehnsucht nach dem Sterben und dem Tod in mir auf. Ich weiß, es ist dort „drüben“ so schön und so vertraut. Ich war auch schon ganz nah dran, konnte die Stimmung dort förmlich erahnen, sie fast ergreifen.
Da war ein unendlicher Friede und ein nicht gekanntes Gelöst-Sein!
Aus den ursprünglich 10 bis 12 Tagen Krankenhausaufenthalt, wurde fast ein Jahr in drei verschiedenen Krankenhäusern!
Die meiste Zeit des ersten Jahres habe ich im Rollstuhl zugebracht, dann im nächsten Jahr mithilfe eines Rollators das Gehen langsam wieder erlernt. Zwar mehr schlecht als recht, denn ich habe eine halbseitige Lähmung davongetragen.
Und dies mit sämtlichen Auswirkungen, denn es ist nur noch auf einer Seite der Hörnerv in Funktion. Ebenso ist auf einer Seite lediglich nur noch der Sehnerv vorhanden.
Doch was mir jeden Tag wieder am meisten zu schaffen macht: Seit der OP habe ich ein ganz und gar verändertes Körpergefühl. Ich habe das Gefühl, schief bzw. verkantet in meinem Körper zu stecken. 55 Jahre lang konnte ich lernen, mich an meinen Körper zu gewöhnen und mich in ihm zurecht zu finden. Doch jetzt ist alles anders, Die Befehle, die mein Gehirn an den Körper aussendet, kommen nur noch verzögert oder verändert dort an! Dies macht ein einigermaßen „normales“ Leben unmöglich!
Selbst wenn ich es könnte, würde ich trotz alledem dies nicht mehr rückgängig machen. Im Gegenteil, ich bin dankbar dafür und sehe es heute als überaus privilegiert an, einmal diese total veränderte Perspektive einnehmen zu dürfen!
Im Laufe der nächsten Jahre kamen noch fünfzehn Folge-Operationen auf mich zu!
Heute sehe ich der unvermeintlichen Tatsache des Sterbens ohne jegliche Angst und, man kann sogar sagen, mit freudiger Erwartung entgegen.
Ich weiß, es ist nichts anderes als ein Nachhausekommen.
* * *
Kürzlich habe ich mich einmal näher mit dem „Handlesen“ beschäftigt und konnte dabei etwas Interessantes feststellen:
Nämlich, dass meine Lebenslinie in der Mitte unterbrochen ist und parallel dazu eine zweite versetzt verläuft. In diesem Merkmal sehe ich einen eindeutigen Hinweis, dass hier das eine Leben beendet wurde und ein zweites, mit vollkommen veränderten Attributen, begonnen hat.
… denn das Sichtbare
ist vergänglich,
das Unsichtbare
aber ewig.
2. Kor. 4,16-18
Hörfassung:
Hörfassung:
ISBN
9-783741-20408-1
ISBN
978-3-844-808-360
ISBN
978-3-75-43-675-6
ISBN
978-3-7386-4485-2
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Tag der Veröffentlichung: 03.02.2022
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