Liebes Tagebuch,
endlich ist es soweit, ich komme in die fünfte Klasse. Meine Lehrerin, ist mir sehr sympathisch. Viele aus meiner Klasse sind aus meiner alten Grundschulklasse.
Zur Einschulung musste ich leider alleine gehen, weil meine Mama kein Auto fährt und Papa arbeiten musste. Schade. Doch ich hatte keine Angst. Überhaupt traute ich mich sehr viel.
Am Anfang lief alles gut. Ich habe sofort Freunde gefunden: Alina und Viola.
Wie es an unserer Schule so üblich ist, macht man in der fünften Klasse eine Kennlernfahrt. Unsere Fahrt ging nach Silberborn. Ich teilte mein Zimmer mit Katharina, Corinna und Alina. Am Anfang lief alles gut, aber dann fing der ganze Krach an: Corinna legte mir Tannenzapfen ins Bett, ich warf es auf ihr Bett und ihr Kissen wurde dreckig, Alina öffnete immer meine Schranktür und als ich sie einmal zuschlug hatte sie ihren Finger dazwischen und er wurde eingeklemmt (das war natürlich keine Absicht) und so weiter. Ich war das Mobbingopfer geworden. …

Liebes Tagebuch,
ich habe lange nicht mehr geschrieben, da ich echt viel Stress in der Schule habe.
Mir geht’s echt schlecht. Morgens komme ich in die Schule und werde mit Schlägen oder Beleidigungen begrüßt. Von wem wohl? Von Alina, aber vor allem von Viola. Meistens sitze ich dann alleine an einem Tisch in der Mitte des Klassenraumes, weil die beiden meinen Tisch nicht neben ihrem haben wollen. Dann sitze ich da alleine und weine. Die anderen aus der Klasse, die einmal meine Freunde waren, stehen nur 'rum und gucken mich an, machen aber nichts. Dann kam Frau Galle. Erst gab es Gespräche vor der Tür und dann wurde Unterricht gemacht. Diese Gespräche haben natürlich nichts gebracht.
Wir haben an der Wand eine Plakat, an dem Briefumschläge kleben. Für jeden Schüler einen. Da kann man sich gegenseitig Briefe schreiben. Am Anfang haben Viola und ich gute, freundliche und freundschaftliche Briefe geschrieben, doch als die Probleme los gingen bekam ich Drohungen. „Nach der Schule bist du dran.“ Nur weil ich es gesagt habe. An wen soll ich mich denn wenden, wenn mir keiner aus der Klasse hilft? Da bleiben ja nur die Lehrer.

Hallöchen Tagebuch.
Das Verhältnis von Viola und mir ist wieder besser. Wir sind wieder Freunde. Hab mich von ihr zum rauchen überreden lassen. War nicht so gut. Hab' s aber meiner Mama gesagt. Sie war aber nicht sauer, weil ich es ihr selber gesagt habe und es auch nie wieder gemacht habe.

Tagebuch,
Ich bin jetzt schon in der 6. Klasse. Das ist doch toll, Tagebuch, oder?
Viola und ich hatten mal wieder Krach. Sie hat sogar bei mir zu Hause angerufen. Mein Papa hat mit ihr gesprochen und jetzt ist sie sauer auf mich. Als es immer schlimmer wurde hat mein Papa mit Herr Reuter, unserem Schulleiter gesprochen und ich musste zu ihm ins Büro und alles erzählen. Er hat mich „getröstet“, aber es wurde trotzdem nicht besser. Eigentlich wollte ich dir nur gutes erzählen, aber ich glaube daraus wird nichts. Ich seh's schon kommen...

Mein Tagebuch,
weist du, was ich heute gemacht habe, als Viola mich getreten hat? Ich hab sie zurückgetreten. Naja, sie hat mir dann 'ne Backpfeife gegeben. Das tat voll weh.
Warum machen denn die Lehrer nichts? Und die anderen Schüler? Die wissen doch alle bescheid.

Tagebuch,
ich bin so froh: Viola und Alina sind weg. Naja, wir haben uns am Ende eigentlich ganz gut verstanden, aber ich vermisse die beiden nicht. Unsere Lehrerin ist auch weg. Weist du was sie gemacht hat? Wir haben in der Schule übernachtet und am nächsten morgen eine Schnitzeljagd gemacht. Die Jungen haben sich in der nähe der Schule in einem Wald versteckt. Wir Mädels mussten sie suchen und fangen. Dann haben wir uns auch versteckt. Bis auf Viola, Alina und Corrina wurden alle gefunden, aber diese Frau wusste nicht, dass die drei noch fehlen. Ich bemerkte es und sagte Frau Galle bescheid. Anstatt, dass sie die Mädels gesucht hat oder gewartet hat, bis wir sie fanden, ist sie einfach mit den anderen zurück und nach BurgerKing gegangen (das war geplant). Ich habe sie gesucht und gerufen und die Mädels waren ganz schön sauer. Wir sind dann erst mal ins Sekreteriat gegangen und haben es gesagt. Ich war sozusagen Zeuge. Dann sind wir nach BurgerKing gegangen und haben es Frau Galle unter die Nase gerieben. Die war sehr sauer. Und dann, nach den Ferien kam sie nicht wieder.
Jetzt ist Herr Gabriel unser Klassenlehrer. Der ist um einiges besser, aber er schreit immer, wenn er sauer ist. Und er hat 'ne kräftige Stimme. ;-)
Er auf jeden Tisch ein Zettel mit einem Namen gelegt und dort mussten wir sitzen. Nach einiger Zeit änderte er die Sitzordnung und was sagen die Mädels, die neben mir saßen? Oh, jetzt brauchen wir uns nicht mehr abwechseln. Voll fies. Und das sagen die auch noch so offen. Das war echt hart. Vor allem, wenn man dann noch alleine in der Klasse ist.

Hallo Tagebuch.
Wir fahren bald auf Klassenfahrt. Nach Krefeld, auf einen Bauernhof. Einige Mädels aus der Klasse sollen sich um mich kümmern und haben gefragt, mit wem ich auf ein Zimmer will. Ich hoffe, dass wir eine gut Gemeinschaft haben. Immerhin sind wir jetzt in der 8. Klasse. Ich freue mich schon auf die Fahrt.

Hallo,
Die Fahrt war nicht so toll. Immer wenn ich etwas gesagt habe, was wir Mädels im Zimmer gemacht haben, waren die voll sauer. Dabei haben wir nicht mal was schlimmes gemacht (z.B. Talkshow zum Spaß). Dann war ich wieder alleine. Wir haben viel geritten (hat echt Spaß gemacht) und einen Film geguckt. Das Programm war super, die Leute aber nicht.

Hey Tagebuch,
ich bin jetzt in der neunten Klasse. Wir haben eine ganz neue Klasse. Wir wurden nämlich nach Mathekursen aufgeteilt. In meiner Klasse sind fast nur Leute, die mich nicht leiden können. Ich hoffe, dass die letzten zwei Jahre an der Schule besser werden, als die anderen.

Hallo Tagebuch,
wir hatten eine dreitägige Kennlernfahrt. War eigentlich ganz in Ordnung. Wir konnten reiten und sind auch wandern gegangen. Die haben mich zum Glück in Ruhe gelassen.

Tagebuch,
weist du, wie es ist, wenn man ständig ausgenutzt wird?
Die anderen wollen immer essen von mir haben und sind dann auch ganz freundlich zu mir, aber wenn sonst werde ich beleidigt und als Bordell bezeichnet. Die denken, ich weis nicht, was das ist. Ich habe wegen denen schon oft zu Hause geweint...
Zum Glück hatten wir zwei Praktika. Dann musste ich wenigstens die Leute nicht sehen.

Hey Tagebuch,
jetzt in der 10. Klasse haben wir echt viel zu tun. Wir müssen unseren Chaostag und die Abschlussfeier vorbereiten. Aber vorher machen wir noch eine Abschlussfahrt nach Berlin. Ich freue mich schon drauf.

Weist du was, Tagebuch, ich halte das echt nicht mehr aus. Wir hatten jetzt ein paar mal Erdkunde Vertretung und immer dann machen mich die anderen fertig und die Lehrer bemerken nichts. Die haben meinen Atlas genommen und sich über die Tischreihe zugeschoben. Einer hat das Ding dann volle Wucht an die Wand geschmissen, so dass der Einband kaputt gegangen ist. Ein Mädel hat meinen Schließfachschlüssel genommen und quer durch den Klassenraum geschleudert, so dass ein Anhänger kaputt gegangen ist. Überhaupt nehmen die mir ständig die Sachen weg und ich muss zusehen, dass ich sie wieder bekomme.
Einmal hatte ich vergessen, dass ich nach Musik noch Reli hatte bin bin nach Hause gefahren. Auf dem Weg merkte ich es, traute mich aber nicht zurück, weil ich Angst vor den anderen hatte. Mein Lehrer hat dieses sogar als Entschuldigung akzeptiert.

Tagebuch,
in der Klasse gab es mächtig ärger. Aber ich fange von vorne an:
Also, wir haben die Zimmeraufteilung für die Klassenfahrt gemacht und ich sollte mit einer aufs Zimmer, die mich auch ständig gemobbt hat. Weil ich keine Lust hatte eine Woche mit ihr auszuhalten, bin ich zu meinem Klassenlehrer gegangen und habe ihm alles erzählt. Am Wochenende hat er mich angerufen und mir gesagt, dass ihm die ganze Situation das Wochenende verdorben hat und er die Schulleitung einschalten will. Dann in der Schule hat die eine, mit der ich auf ein Zimmer sollte, mich rausgerufen und gesagt, dass ich zum Abteilungsleiter kommen soll. Unterwegs habe ich ihr gesagt, dass ich nicht wollte, dass die Schulleitung eingeschaltet wird, ich wollte einfach nicht mit ihr auf ein Zimmer. Sie nicht sauer auf mich, sie meinte nur, dass einer der Jungs, der mich immer fertig gemacht hatte, nur Macho sein wollte. Die wollten sich nur gegenseitig aufspielen. Als wir vor dem Büro waren, saßen die anderen, die geholt wurden, schon davor. Ich bin dann gleich rein, zu ihm ins Büro. Er hat mich über alles ausgefragt und meinte, dass ich niemanden in Schutz nehmen soll. Das, was sie gemacht haben war kein normales verhalten. Zum Schluss sagte er, dass ich sofort zu ihm kommen soll, wenn noch etwas vorfällt.
Nach dem Gespräch ging ich zurück in den Unterricht. Die ganze Stufe hat nachher über mich geredet, sie meinten, dass ich gepetzt hätte.

Hallo Tagebuch,
ich bin heute nicht in die Schule gegangen. Ich bin krank. Der ganze Stress mit den Leuten aus der Klasse hat mich krank gemacht. Ich habe erfahren, dass zwei der Jungs für zwei Tage suspendiert wurden. Ich hoffe, das ich pünktlich zur Klassenfahrt wieder gesund bin.

Hey Tagebuch,
wir sind in Berlin. Die zwei Jungen, die suspendiert wurden haben sich bei mir für ihr Verhalten entschuldigt. Ich hoffe die lassen mich jetzt auch ganz in Ruhe.
Was mich wundert ist, dass meine „Freunde“ mich nicht verteidigt haben. Sie hätten wohl nichts bemerkt. Naja, ich hoffe, die Fahrt wird gut.

Liebes Tagebuch,
ich habe lange nichts mehr geschrieben. Es ist auch nichts passiert. Die Zeit in Berlin war echt gut. Es gab keine Probleme mit den anderen.
Ich habe ja Sport bei unserem Stellvertretendem Schulleiter und weil ich in dem Dekoteam für die Abschlussfeier bin und wir während der Sportstunde eine Besprechung hatten, wollte ich mich für Sport abmelden. Ich ging zu seinem Büro und sagte ihm, dass ich mit ihm reden müsste. Er dachte, dass wieder etwas vorgefallen wäre, weil der mich in sein Büro rief und die Tür schloss. Voll nett von ihm, dass er sich so um mich gekümmert hat und sich sogar für mich Zeit genommen hat.

Hallo Tagebuch.
Ich mach ja jetzt Abitur. Ich dachte, dass Verhältnis zu den anderen wird besser, da auch viele neue an der Schule sind, aber Pustekuchen. Ständig macht sich jemand lustig über mich und ich werde ständig allein gelassen. Das macht mich echt voll fertig.Jetzt, am ende der elften Klasse sollte es eigentlich besser sein, aber die bleiben wahrscheinlich immer Kinder.
Ich war auf der Abschlussfeier der Zehner, weil ich im Schulchor singe. Dort habe ich mich kurz mit meiner Pädagogiklehrerin unterhalten. Ich sagte ihr, dass ich schon früher nach Hause fahren wollte, weil ich voll fertig war, von der Schule und auch insgesamt. Sie bot mir sofort an, dass ich mit ihr darüber reden könnte, wenn ich will. Ich bedankte mich bei ihr und bin dann nach Hause gefahren.

Hey Tagebuch,
ich bin zu meiner Pädalehrerin gegangen und habe sie auf ihr Angebot, mit mir über alles zu reden, angesprochen. Wir haben uns dann in den Ferien getroffen, zusammen gefrühstückt und dann über alles geredet. War echt super. Sie hat mir echt geholfen und am Ende mit mir gebetet. Das war echt super.
Ich war ja nach den Ferien eine Woche im Krankenhaus (wegen extremen Bauchkrämpfen) und danach noch eine Woche zu Hause. Deshalb hatte ich in der Klasse noch keinen „festen“ Platz. Da ich in Pädagogik neben meinen Freunden sitzen wollte, habe ich eine aus dem Kurs gefragt, ob sie wohl zwei Pätze weiter rücken würde, weil ich neben meinen Freunden sitzen wollte und weil meine Freundin zu Besuch war. Sie hat mich dann erstmal fertig gemacht und gesagt, dass sie zuerst da war und meinte dann, ob ich wohl nicht alleine sitzen könne. Einige andere aus dem Kurs haben voll mitgemacht. Meine Freunde haben davon nichts mitbekommen, obwohl sie direkt daneben saßen. Nach einiger Zeit sagte eine, dass ich wohl neben meinen Freunden sitzen will. Und die, die ich gebeten hatte, weiterzurücken, sagte dann, dass ich das ja von Anfang an hätte sagen können. Und das hatte ich ja auch gemacht. Ich hatte nachher meiner Pädalehrerin geschrieben und sie meinte, dass sie gemerkt hätte, dass etwas vorgefallen war.
Das war der letzte Vorfall, wo ich richtig fertig gemacht wurde. Zum Glück. Wahrscheinlich waren die Bauchkrämpfe, die ich hatte, durch das ganze Mobbing gekommen, also Psychosomatisch.

Nachsatz

Ich bin jetzt (Stand: November 2009) in der 13. Klasse. Bald mache ich mein Abitur. Unsere Klassengemeinschaft ist echt gut. Es hat ziemlich lange gedauert, bis die Leute aus der Klasse erwachsen geworden sind. ;-)

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 24.11.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch ist Ina Strasser gewidmet, einer Lehrerin, die mir in schweren Zeiten beigestanden und mir geholfen hat.