Der Popel
Kürzlich in der U-Bahn verschlossen sich meine Nasenflügel, auf die wohl jedermann bekannte Art und Weise.
Nun handelte es sich nicht um einen normalen Durchschnittspopel, den man mal eben verstohlen aus der Nase schnippt. Nein, es war einer von denen, die Geräusche machen beim Atmen. In meinen Ohren klang es etwa so, wie das entleeren eines Glascontainers.
Ich spürte die angewiderten Blicke der Fahrgäste auf mir ruhen. Ich räusperte mich unauffällig, um dabei kurz und kräftig auszuatmen. Mein Plan, den Popel so zu verlagern, dass er wenigstens Ruhe gab, schlug fehl. Tatsächlich hatte er sich bewegt, so dass er nun das Geräusch einer Herzlungenmaschine imitierte.
Gekonnt lässig wischte ich über den linken Nasenflügel, als wollte ich eine Fliege verscheuchen. Ich hörte den Popel in meiner Nase lachen.
Zum Nasenloch hin hatte er sich auf Grund des stetigen Luftzuges verhärtet und stach mir nun scharfkantig in die Schleimhäute. Es trieb mir die Tränen in die Augen.
Das Geräusch hatte sich inzwischen zu einem Pfeifen entwickelt. Ich rechnete jeden Moment damit, von offizieller Seite aus dem Zug geschmissen zu werden. Ich musste dieses Schwein los werden. Es war inzwischen zu einer persönlichen Sache geworden.
Der Zug hatte sich gefüllt und ich saß inmitten einer sich im Rhythmus der Bahn wiegenden Menschenmenge. Eine Weile beobachtete ich die Fahrgäste und suchte den kurzen Augenblick der Intimität.
Ich drehte mich zu einer älteren Dame im grauen Taftrock und suchte mich hinter ihrem breiten Becken zu verbergen. Der Augenblick war gekommen. Hasserfüllt schob ich meinen Finger dem schleimigen Terroristen in meiner Nase entgegen. Geschickt klemmte ich ihn zwischen Fingernagel und Kuppe und zog das Schwein aus seinem Versteck.
Es war ein monumentaler Brocken, der einem Elefanten zur Ehre gedient hätte.
Noch bevor ich mir Gedanken machen konnte, wo ich nun mit diesem Ungetüm blieb, machte die Bahn einen Ruck und der graue Taftarsch schwang bedrohlich auf mich zu. Als die Dame ihr Gleichgewicht zurückerlangt hatte, klebte der Bumann an ihrem Rock.
Ich habe mein Haus nie wieder ohne geeignetes Werkzeug verlassen. Soweit kommt das noch, dass ich mich von so einem kleinen grünen Feigling zum Büttel machen lasse.
Tag der Veröffentlichung: 01.01.2009
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