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DIE "BILD"

Er, Typ domestizierter Bombenleger. Jetzt Karriere als Gruppenleiter in einem ganz normalen Irrenhaus.
Junger Vater und trotz seiner jugendlichen 35 Lenzen, schon ein paar graue Strähnchen in seinem Lockenschopf. Selbstverständlich Pauli-Fan, auch wenn er sich inzwischen nicht mehr traut, mitzukiffen. Wahrscheinlich wegen der potentiellen Klientel, in deren Mitte er sich wohl fühlt. Ich kannte ihn noch mit wilder Mähne, kinderlos und immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Was soll ich sagen, eben ein Revoluzzer par excellence.
Ich, Typ nihilistischer Wärter, mit Hang zur Selbstdarstellung. Sitze im Büro und schiele schräg auf die dort liegende "Bildzeitung". Gerade will ich das Blatt an mich nehmen, um wenigstens einen Blick auf die Nackte von Seite drei zu werfen, da höre ich, wie besagter Gruppenleiter mit unüberhörbarem Unterton das nicht mehr ganz aktuelle Tagesblatt beleidigt. Es sei ein widerliches, voyeuristisches Produkt des Springer-Verlages, mit dem er nichts zu tun haben wolle.
Vor meinem geistigen Auge spielen sich schreckliche Szenen ab. Der arme Mann, mit der Mähne in das Fahrwerk eines Wasserwerfers geraten, kämpft ums nackte Überleben, um die Welt vor dem Zionistischen Machwerk dieses Toten Mannes zu retten. Axel, du Schwein! Gut, dass du tot bist.
Und weiter pöbelt er, wer denn das Blatt in sein Büro geschleppt hätte. Und ob er denn der einzige wäre, dem aufgefallen sei, dass nicht zuletzt dieses Blatt schuld daran ist sei, dass wir hier säßen.
Seine Erregung landete dabei in Form kleiner Tröpfchen auf meiner Brille. Ich nahm meine Brille ab, putzte sie bedächtig und dachte über die Worte meines Vorgesetzten nach.
Trotz intensiven Polierens meiner Sehhilfen, wollte mir nichts Kluges einfallen. So sagte ich nach einer Weile;: Genau, wer war das eigentlich? Zu spät bemerkte ich, dass ich dem Entrückten zu einer Lobby verholfen hatte. Unbemerkt war ich auf seine Seite geraten. So verkündete er nun mit feierlicher Stimme, er, als Gruppenleiter, wolle nicht, dass auf seiner Station die "Bild" gelesen würde.
Ich schämte mich insgeheim. Hatte ich doch durch meine Verlegenheit zu verantworten, dass unser Che für Arme im Handumdrehen zum Irrenhaus-Castro mutiert war.

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Tag der Veröffentlichung: 31.12.2008

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