Ein Schüler weist den Rabbi hin
auf Steine, mächtig imposant:
Die Tempelmauern und -gebäude
sind doch ein Ewigkeitsgarant.
Herr, sieh dir diese Wacker an,
schau, was die Alten einst erstellt.
Der Ruhm der Stadt Jerusalem
verklingt nicht bis zum End der Welt.
Doch Jesus schüttelt seinen Kopf
und ballt die Faust, verdirbt das Schwärmen:
Die Zier aus Holz muss dereinst brennen,
wird Blut verkochen, Krieger wärmen.
Die Mauern werden eingerissen,
die Häuser völlig platt gemacht.
Das was wir jetzt als Pracht erblicken
wird Wüste binnen einer Nacht.
Die Jünger fragen ihren Meister
mit Blick auf Zions Schönheit dann:
Wie lange haben wir noch Frieden?
Sag uns, was noch geschieht und wann.
Da lehrt sie Jesus seine Haltung:
Geht niemand einfach auf den Leim,
der strack behauptet ‚so wird’s werden’,
‚das müsst ihr tun’, fallt nicht drauf rein.
So mancher will euch nur verführen,
will euch vor seinen Karren spannen,
gibt an, er käm in meinem Namen
und zieht mit eurem Geld von dannen.
Drum haltet fest an Fried und Liebe
auch wenn ihr Krieg und Mord erlebt,
wenn sich der Sohn gegen den Vater,
Regierung gegen Volk erhebt.
Die Zeiten werden schwer und traurig,
das Blut wird fließen, Brände flammen.
Die Erde bebt, Millionen hungern,
an Elend kommt noch mehr zusammen.
Irrt nicht herum, sucht nicht nach Fremden.
Der Geist des Heils euch Rettung schafft.
Wenn ihr ihn braucht, ist er zur Stelle
und hilft mit Gottes ganzer Kraft.
Sie haben dich allein gelassen.
Ich kann es immer noch nicht fassen.
Du warst so still und schienst bedrückt.
Wenn ich dran denk, werd ich verrückt.
Die Freunde, eine große Menge,
war'n stets bei dir in dem Gedränge.
Sie taten so, als wärn sie nah.
Jetzt ist kein einziger mehr da.
Sie haben erst noch laut getönt:
Wir sind ja Sturm und Nacht gewöhnt.
Du kannst stets auf uns zählen,
wir wolln uns für dich quälen.
Doch als es hart auf hart gekommen,
da haben sie Reissaus genommen.
Du bliebst im letzten Kampf allein.
Sie waren müde, schliefen ein.
Die fromme Brut hat dich verhört.
Du hast sie allzu lang gestört.
Sie suchte einen Grund zu finden,
woraus dir wär ein Strick zu binden.
Wer sucht der findet, das stimmt immer.
Du standest da als Böser, Schlimmer,
als Gottesfeind und Kaiserschreck.
Das Urteil hieß: Der Kerl muss weg.
Bevor durch ihn der Friede leidet
und eine Kluft das Land durchschneidet
ist's besser, einer stirbt für alle.
Und das wird der in jedem Falle.
Das war ein wahrhaft weises Wort.
Sie brachten dich zum Römer fort.
Das Todesurteil wurd erzwungen,
so lang hat man darauf gedrungen.
Dich Unschuldslamm hielt man sogar
für eine große Kriegsgefahr.
Zur Kreuzigung hinaus bestimmt,
so wie man Mördern 's Leben nimmt.
Jetzt hängst du da, bist am Ersticken.
Mir will es fast das Herz abdrücken.
Doch tauschen kann ich nicht mit dir,
denn, dass du stirbst, das gilt auch mir.
Du zahlst für mich mit deinem Blut.
Du machst, was ich verdorben, gut.
Ich bin nicht besser als die Meute,
die "Hosianna"-"Hängt-ihn"-Leute.
Das was du freiwillig erlitten,
was dir das Leben abgeschnitten,
das geht zurück auf meine Schulden.
Zum Ausgleich musstest du das dulden.
Du wirst auch heute noch gequält
viel tausendmal bei Tag und Nacht.
Du leidest mit, wo Liebe fehlt,
wo Menschen fallen in der Schlacht.
Du weinst mit Männern, Frauen, Kindern,
geplagt von Angst, vom Tod bedroht.
Dich schmerzt, was ihnen von den Schindern
wird angetan, das macht dir Not.
Dich schlagen aller Welt die Schergen
in Nord und Süd, in Ost und West,
die nicht einmal ihr Tun verbergen,
die halten ihre Tat für ’s Best’.
Dein Herz schlägt mit den kleinen Dieben,
die stehlen, weil sie hungrig sind.
Du kannst auch all die Großen lieben,
die ungeschickt, beschränkt und blind.
Du zitterst vor der Väter Schlägen,
die Kinder treffen Tag für Tag,
duckst dich vor Schützen, die anlegen
auf alles, was sich rühren mag.
Du leidest wirklich mit uns allen,
den Starken und unzähl’gen Schwachen.
Und weil dein Blick auf uns gefallen,
wird bei uns Licht, dürfen wir lachen.
Jesus nahm den groben Balken,
trug sein Kreuz zum Schädelberg,
dorngekrönt und wundgeschlagen
drückt ihn tief sein hartes Werk.
Rohe Henkershände packen,
Strick und Nägel krallen fest.
Neben ihm noch zwei Gehenkte,
einer Ost und einer West.
Von dem Römer eine Aufschrift
mit dem Urteil oben an:
Jesus ist der Juden König,
kam aus Nazaret, der Mann.
Alle Welt soll es erfahren:
Dieses Kreuz zahlt Gott den Lohn,
der zur Welt sich niedersenkt
in seinem wahren Menschensohn.
Widerspruch erhebt sich immer
gegen Christi Königtum
und der Stärkste von mir selber.
Ich verdunkle seinen Ruhm.
Ich werf meinen trüben Schatten
auf des Christus Freundlichkeit.
Ich verschmutze, ganz der Alte,
seiner Liebe schönes Kleid.
Ungerührt mit den Soldaten
streite ich um Hemd und Rock,
während des Millionen Menschen
stehen unter Kreuz und Schock.
Wenig blieb an Freunden übrig
für das Schöpfungsziel schlechthin,
eigentlich nur drei, vier Frauen
und ein Schüler noch von ihm.
Jesus denkt in seiner Lage
daran, wie es weitergeht.
Drum verweist er seine Mutter
an den Jünger, der da steht.
Gottes Lamm sieht selbst beim Schlachter
wo es andern helfen kann.
Und der Sterbende knüpft Bande
zwischen seinen Erben an.
Immer flacher wird das Atmen.
Der Gekreuzigte erstickt,
weil die Last auch meiner Schulden
ihm die Brust zusammen drückt.
Seinen Durst stillt Essigsäure,
die ihm ein Soldat anreicht.
Ihn umgibt die feste Mauer,
die vor keinem Elend weicht.
Was mein Gott am Kreuz gelitten,
hat mein Leben ganz gemacht.
Mir zu gut ist er gestorben
mit dem Satz: "Es ist vollbracht!"
Mit »Hosianna!«
hieß ich dich willkommen.
Du warst für mich
der Größte weit und breit.
Doch bin ich nicht
ganz zu dir durchgekommen,
das groß Gedränge
hat mich mitgenommen
und außerdem
war ich noch nicht so weit.
Ich hatte dich, Herr,
gar nicht recht verstanden.
Warum kamst du
auf einem Esel an?
Ich hätt auf einem Pferd
für dich bestanden,
wenn die dich mochten
keinen Wagen fanden.
Ein Grautier reicht
als Showeffekt nicht ran.
Und dann hab ich laut
»Kreuzige!« geschrieen.
Ich wusst nicht mehr
wer du bist, wer ich bin.
Mein Dasein war aus
deiner Hand geliehen
und ich wollt seitdem
nur noch vor dir knieen.
Und trotzdem gab ich
mich dem Bösen hin.
Ich schämte mich,
als dann der Hahn zu hören.
Mich hat's gepackt,
geschüttelt und gerührt.
Ich war bereit,
noch einmal zu beschwören,
dass ich dich liebe,
wollt zu dir gehören
und hab den Strick
an meinem Hals gespürt.
Wir haben dich verhöhnt
und auch geschlagen,
mit Dornen,
blut'gen Fetzen dich geschmückt.
Du hast das Unerträgliche
ertragen.
Die Folterknechte
lästerten mit Fragen.
Du wurdest tief
zu Boden fast gedrückt.
Das Urteil hab ich
über dir gesprochen
Ich wusch die Hände
zwanghaft tausendmal
Ich wusste zwar,
du hast gar nichts verbrochen,
als Opfer warst du
allem Volk versprochen.
An meiner Stell
erleidest du die Qual.
Ich als Soldat
hab dich hinaus getrieben,
hin zum Schafott,
zur Schädelstätte dort.
Zuschau'nd am Weg
bin ich zurück geblieben.
Ich sah dich wanken,
spürt die Masse schieben.
Wir war'n entsetzt
und blieben doch weit fort.
Sie zwangen mich,
dass ich dein Kreuz sollt tragen.
Ich hab's getan,
noch war mir gar nicht klar,
dass ich zu dir gehöre.
Deiner Plagen
bin ich ein Teil,
da bleiben keine Fragen.
Dass du für mich bist,
wurde offenbar.
Die großen Nägel
habe ich gehämmert
durch deine Hände,
deine Füße auch.
Erst sehr viel später
ist mir das gedämmert
und dann stand ich vor dir
mit Recht belämmert,
weil du vergeben,
mir als Schinder auch.
Mit diesem andern
hing ich dir zur Seite
wir schimpften über Rom
und Davids Stadt.
Der Spott drang auch
zu dir in aller Breite.
Schabbatspazierweg
führte mein Geleite
zu dir hinaus.
Wir sahen uns dran satt.
Nah deinem Kreuze
stand ich mit den Frauen.
Wir haben viel geschluchzt
und still geweint.
Wir wollten nicht
aus Sensationslust schauen,
konnten nicht helfen,
durften uns nichts trauen.
Doch warst du da
mehr Trost als je gemeint.
Du brauchtest alle Sinne
für das Sterben,
hast das Betäuben
darum nicht geduld't.
Ich wollt mit Galltrunk
um Erbarmen werben.
Mein Leben lag ja
ohne dich in Scherben.
Erfrischung nahmst du,
Opfer unverschuld't.
Du hast den Abendpsalm
beherzt gesungen
darin wird Gott, der Herr,
im Leid gelobt.
Dein Beten ist
zum Himmel auf gedrungen.
In vielen Herzen
hat es nachgeklungen.
Dein Todesschmerz
in unserm Innern tobt.
Sie fragten ihn, den Menschensohn,
was hätt er ihn' zu sagen:
Kommt's Himmelsreich in Kürze schon,
entsteht's nach Jahr'n, nach Tagen?
Nur scheinbar weicht der Herr da aus.
Er redet nicht von Zeiten,
beschreibt, es würd schon's Himmelshaus
im Menschen sich ausbreiten.
Wir können keine Zeichen sehn,
die unzweideutig wären.
Das Gottesreich muss man verstehn
als in ganz eignen Sphären.
Nie zeigt wer an: Schau hier! - Sieh dort!
So lässt es sich nicht zwingen.
Es siedelt nicht an heilgem Ort.
Nichts Äußres wird es bringen.
Zu seinen Schülern sagt er dann:
So mancher will euch trügen.
Verführer legen es drauf an,
behaupten was und lügen.
Ihr sehnt euch nach dem guten Tag,
den ihr nicht könnt entdecken.
Sie bieten an, was glänzen mag
und wollen nur bezwecken,
dass ihr gebannt auf Winde starrt
wo doch, wie Blitz und Schlag,
der Menschensohn, auf den ihr harrt,
zu seh'n, zu hör'n sein mag.
Bis dieses Wetter leuchten kann,
denkt an's Profetenwort,
erleidet noch der Gottesmann
den Tod nach mancher Tort.
Vertraut nicht dem, was euch verlockt,
was groß und strahlend ist.
Der Heiland wird, wenn es auch schockt,
verdammt erst recht zum Christ.
Verborgen reift der Christustag
in Arbeit wie im Spiel.
Zum Heil gelangt, nach Müh und Plag,
ihr wie durch Sumpf zum Ziel.
Denkt doch an Noach, jahrelang
hat er gesägt, gebaut.
Hat ausgehalten, wie in Zwang,
auf Gottes Ruf vertraut.
Kein andrer sah: Ein Unheil naht.
Kein Mensch wollt mit ihm gehn.
Als es zu spät war in der Tat,
da war's um sie geschehn.
Denkt auch an Lot, er folgte Gott
und blieb damit allein.
Die andern lebten Hohn und Spott.
Niemand ging auf ihn ein.
Bewahrt an Gottes Hand durch Flucht
sah Lot nicht mehr zurück.
Die andern starben durch die Sucht,
verbrannten ihrem Glück.
So sollt auch ihr auf das nur hör'n,
was euch im Sohn geschworen.
Lasst euch vom keinem Glanz verstör'n,
so geht ihr nicht verloren.
Bildmaterialien: Titel und Seiten: Maja
Tag der Veröffentlichung: 02.10.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Der ersten Frau meines Lebens: Elvira