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Batseba

Im Herbst, wenn bunte Blätter fallen,
dann ziehn die Könige ins Feld.
Die Äcker sind dann abgeerntet:
Flurschäden kosten kaum noch Geld.

Soldaten sind in diesen Tagen
auch billiger. Sie haben schon
den Landwirtschafts-Dienst abgeleistet
und sterben für geringen Lohn.

So machte es auch einst der König
in Israel, der David hieß,
der mal als Söldner Krieg erlernte
und manchen Mann zu Tode stieß.

Er war nun Chef, musst nicht gehorchen,
auf ihn hörten die Kompanien.
Er ließ sie schleifen, paradieren
und dann im Herbstlaub feindwärts ziehn.

Er selbst vertrieb die Zeit im Innern,
saß trocken, an gedecktem Tisch,
aß zweimal warm, schont seinen Körper.
Er hielt sich fit und fühlt’ sich frisch.

Der David führte einen Harem,
der war seit langem gut besetzt.
Er hatte alles da versammelt,
was einen König so ergötzt.

Doch als er nach dem Mittagsschläfchen
das Fernglas schweifen läßt umher,
sieht er beim Baden eine Dame
und die erregt den König sehr.

Sie fehlt ihm noch in seiner Sammlung.
Wer könnte diese Schönheit sein?
Er wills von seinen Schranzen wissen.
Stampft mit dem Fuß: »Die Frau sei mein.«

Sie heißt Batseba, ist die Gattin
von Davids hohem Offizier,
Uria, dem Hetiter-Helden.
Geboren war sie aber hier.

Batsebas Vater hieß Eliam,
ein edler Herr aus Davids Land.
Doch stört das nicht des Königs Lüste.
Die Frau will er in seine Hand.

Er schickt ihr Boten, sie muss kommen.
Es zählt erst gar nicht, was sie will.
Gefragt wird nicht nach Frauenmeinung.
Der Herrscher fordert, sie hält still.

Der Zeitpunkt wurd geschichtlich trächtig.
denn ihre Tage warn grad um.
Batseba wird von David schwanger
und sendet ihm die Botschaft drum:

»Ich hab von dir ein Kind empfangen.
Was wird nun weiter, hoher Herr?«
Er sollt sich mal Gedanken machen.
Wenn das für ihn auch möglich wär.

Das hätt’ sie besser bleiben lassen.
Was fällt schon einem König ein?
Zuerst will er jedoch ein Schlaule,
geradezu gerissen sein.

Der Mann Batsebas muss nach Hause,
hier ein paar Tage her zur Frau.
Kehrt ein der Held in seiner Klause,
dann sieht das niemand mehr genau.

Das Kind wird ihm untergeschoben.
Der Mann ist stolz, der Vater frei,
die Frau hat Ruh, Streß ist zerstoben.
Glücklich sind so gleich alle drei.

So ordnet König David eilig
die Rückkehr von Uria an.
Der ist angeblich, wie langweilig,
mit Rapportiern bei Hofe dran.

Der Marschall Joab ist zu Diensten.
Er kennt die Launen seines Herrn.
Er fragt sich nicht mal im Geringsten:
Warum will er grad diesen gern?

Uria kommt und lässt sich fragen.
Erzählt wies geht und steht und tut,
berichtet von den schweren Tagen
im Kampf, von Wut und Furcht und Mut.

Dann schickt ihn David heim zur Minne:
»Geh in dein Haus und freu dich dran.«
Dem Herrscher ists in seinem Sinne,
wenn der Soldat gut schlafen kann.

Dem heimwärts strebenden Gefreiten,
davon geht David erst noch aus,
trägt man, um Freud ihm zu bereiten,
Königs Geschenk nach aus dem Haus.

Doch der Hetiter legt sich schlafen
nicht in den Armen seiner Frau,
gleich vorm Palast, bei all den braven
Kam’raden in des Feldes Grau.

Dem David steckt’s ein Spitzel gleich.
Drum fragt der König seinen Mann:
»Warum schläfst du nicht warm und weich
zu Hause, wo du so nah dran?«

Da hat ihm deutlich der Uria
’ne noble Haltung aufgezeigt.
Er, als ein Religions-Paria,
dem frommen Mann die Meinung geigt:

»Das Heiligtum, des Volkes Leute
wohnen in Zelten, karg und schlicht.
Mein Feldherr und des Heeres Meute
hat über sich nur Sternenlicht.

Wie käme ich dazu, zu kneifen,
im Badehaus mich sanft zu pflegen,
nach üppig Mahl und Trank zu greifen,
mich dann zu meiner Frau zu legen?

So wahr ein Herr ist dieser Erde,
bei deinem Leben, König mein,
solch Tuns ich niemals schuldig werde,
das fiele mir erst gar nicht ein.«

Der König David jetzt entscheidet:
Den Mann muss ich mir weicher kneten.
Vielleicht im Rausch, den er erleidet,
wird er in meine Falle treten.

Drum zieht der König den Rapport,
den Kriegsbericht, schwer in die Länge.
Uria wär viel lieber dort
wo heiß gekämpft wird, im Gedränge.

Und Tag für Tag macht ihn besoffen,
des Königs Wein und Schnaps und Bier.
Wir als Betrachter schaun betroffen
auf solche miese Szene hier.

Doch keine Nacht kehrt dieser Ritter,
den sein Prinzip im Sattel hält,
heim zu Batseba. Das ist bitter
für David, der ein Urteil fällt:

»Dann muss er eben daran glauben.
Ich mach mich doch zum Affen bald.
Warum lass ich den Schlaf mir rauben.
Er will’s, so brauch ich nun Gewalt.«

Hetiters letzte große Reise
zurück ins Feld der Ehre geht.
Dem Mann gibt David böser Weise
Urias-Brief mit, wo drin steht

wie er, der Held, im Stich zu lassen
vorm Feind und umzubringen sei.
Das schreibt man Joab. Kaum zu fassen,
die Herrscher sind oftmals so frei.

Gehorsam, kalt und ohne Plagen
führt Judas Hauptmann alles aus,
was ihm sein König aufgetragen.
Er macht ein Kunststückchen daraus.

Uria wird beim nächsten Stürmen,
auf Rabba dorthin aufgestellt
wo sich auf sichern, festen Türmen
Ammons Elitetrupp aufhält.

Und bei dem heißen Abwehrschlachten
endlich befehlsgemäß den Mann
Uria sie zum Opfer machten.
Der Kämpfer war mit Sterben dran.

Ein Ausfall der bedrängten Städter. -
Die Schnöden ziehn sich schnell zurück. -
David wird Mörder, sie sind Täter. -
Urias End scheint Königs Glück.

Mit dem Uria, der im Wege,
sind Männer ohne Not gefallen.
Sie traf des Kings Ausweichmanöver,
das dem Hetiter galt vor allen.

Der Hauptmann Joab sendet David
durch einen Boten den Bericht
von dem Geschehen dort vor Rabba.
Der Helden Tod verschweigt man nicht.

Er präpariert mit seinen Worten
den schnellen Boten ganz perfekt.
Das, was der Reiter zu erzählen,
wird ihm zuvor genau gesteckt.

Sie üben wie ein Rollenspielchen
die Szene vor dem Königsthron.
Auch jede Einzelheit beachtend.
Der Hauptmann hat ja Übung schon.

So manches Mal musste er melden,
dass gute Männer nicht mehr sind.
Als altgedienter Söldnerführer
ist er von Traurigkeit kein Kind.

Doch David braucht kein Rollenspielen.
Erstaunlich schnell hat er gerafft:
Sein Ehebruch ist schon am Heilen,
ein Bisschen noch, dann ist’s geschafft.

Drum tröstet er den Unglücksboten
und richtet Joab durch ihn aus:
»Das Kriegsglück wird sich wieder wenden.
Kämpft tapfer, macht euch nur nichts draus.«

Der Witwe von Uria meldet
die Heeresleitung, was geschehn.
Die Frau stimmt an die Totenklage
man kann sie ehrlich trauern sehn.

Für einen Monat trägt sie Lumpen,
entblößt sich, schlägt sich, weint sie laut.
So lange läßt sie auch der König,
doch dann wird sie gleich seine Braut.

Dem Harem wird als weitres Weibchen
Batseba eilig zugeführt.
Sie ist die neue Favoritin.
Die andern Frau’n haben’s gespürt.

Dem König wird ein Sohn geboren
durch seine frische Lieblingsfrau.
Doch Gott im Himmel blickte zornig
auf diese üble Menschen-Schau.

Er hat dem David viel gegeben,
ihn groß und reich und stark gemacht.
Jedoch nicht dafür, dass der auftrumpft,
sich überhebt und Gottes lacht.

Drum sendet Jahwe seinen Boten,
den Natan, hin ins Königshaus.
Er soll den David überrumpeln,
gibt sich als Bittsteller da aus.

Der Natan klagt vorm höchsten Richter
in der Audienz an, einen Mann:
»Ich frag dich, König, was zu machen
mit einem, der so bös’ sein kann?“

Er trägt dem David vor ein Gleichnis
von Nachbarn, einer stark und reich
mit großen Herden, Land und Leuten,
der andre eher Schmalhans gleich.

»Zwei Männer, König, sah ich leben,
als Nachbarn in der kleinen Stadt.
Der eine konnt im Reichtum schweben,
dem andren reichts gerade eben
für die Familie was er hat.

Der Reiche hielt sich Rinderherden,
an Schafen wie an Ziegen viel.
Der Arme pflegt mit Kindsgebärden
ein einzig Schäflein. Es sollt werden
sein ein und alles, war das Ziel.

Er nährt es, tränkt es, läßt es wohnen
in seinem eignen Lebensraum.
Der Reiche doch, um sich zu schonen,
als würde sich solch Untat lohnen,
beendet jäh den Lebenstraum.

Als er Besuch bekommt, da schlachtet
er seines Nachbarn einzigs Tier.
Der Böse richtet, Geiz umnachtet,
gewaltig schwer mit Schuld befrachtet,
dem Gast daraus ein Mahl an hier.

Nun, Herrscher, du bist unser Richter,
wie ist dein Urteilsspruch dazu?
Was sagt des Volkes höchster Schlichter?
Wie strafst du dieser Art Gelichter?
Was bringt die arme Seel zur Ruh?«

Den König reißt der Zorn nach oben.
Die Stimme schneidet durch den Raum:
»Der Mann muss sterben«, hört man toben,
»dies schreiend Unrecht glaub ich kaum.
Teuflisch ist solche Tat verwoben.

Dem Armen wird, was ihm genommen,
vom Übeltäter noch ersetzt!
Vierfach soll er‘s zurück bekommen,
weil ihn der Räuber so verletzt.
Der es getan muss hier her kommen.«

Da packt ihn Natan fest am Kragen:
»Du bist der Mann, von dem ich sprach.
Gott hat dir alles zugetragen,
hat deine Feinde selbst geschlagen.
Er ist's, der ihren Nacken brach.

Gott baute deinen Harem dir
mit Frauen deiner ärgsten Schinder.
Durch ihn bist du ein hohes Tier,
lebst wie im Speck die Made hier,
hast jede Menge Frauen, Kinder.

Doch du hast ihm das nicht gedankt,
dich über sein Gebot erhoben.
Dein Ego ist an Wahn erkrankt.
Die Gottestreu von einst jetzt schwankt.
Dein Urteil fällt der Himmel droben.

Ein fremdes Schwert, von dir geschwungen,
Urias Leben fraß voll Gier.
So soll‘s wie grelle Feuerzungen
an deinem Haus, an Alten, Jungen
stets weiterfressen, sag ich dir.

Du hast Urias Frau genommen,
sie mit Gewalt dem Mann geraubt.
Du stehst als Beispiel vor den Frommen,
die nun in schlechtes Licht gekommen.
Sie zweifeln dran, was du geglaubt.

Dein Frauenhaus wird einst von andern
ganz öffentlich und frech genutzt.
Die Fraun solln wie die Taler wandern
von deiner Hand in die des Andern,
der dir zuvor die Stiefel putzt.«

David verging da jeder Scherz.
Er zeigte Reue und gestand,
getroffen in sein hartes Herz:
»Ich hab gesündigt, Gott zum Schmerz
und beug mich unter seine Hand.“

»Weil du bereust, lässt Gott dich leben«,
gesteht Natan dem König zu.
»Batsebas Sohn, geboren eben,
musst du dem Herrn zurück noch geben.
Erst dann hat deine Seele Ruh.«

Wie er's gesagt, so ist's geschehen.
Das Kind verstirbt, man trauert sehr.
Der König lässt es deutlich sehen:
Durch meine Schuld musst dies Kind gehen.
Auf mir lastet ein Toter mehr.

Mit Mann und Kind Batseba leidet.
Sie denkt und handelt, grad als Frau.
Das, was ihr Mann in Worte kleidet
und was sie selbst ihm auch ankreidet,
das trifft sie in ihr Herz genau.

Doch sie vergibt dem neuen Gatten,
wie es der Schöpfer schon getan.
Ihr Kummer weicht, es fliehn die Schatten,
die ihr den Blick verschleiert hatten.
Sie fängt ein neues Leben an.

Zum Neuen, das aus Trümmern rankt,
der Herr im Himmel neigt sich nieder.
Er stärkt den David, der gewankt,
mit Salomo, für den der dankt,
als Sohn und Zukunftszeichen wieder.




Impressum

Texte: Fotos: Maja
Tag der Veröffentlichung: 05.12.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
In Erinnerung an Schwester Anni (Henning) - die vom Wichtigsten erzählte

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