,,So finster ist die Nacht“
,, Jeder von uns sieht sie, doch nur Wenige können Sie richtig sehen.
Selten erkennen die Menschen ihr wahres Antlitz und die Schönheit die sich darunter verbirgt.
Und Diejenigen die es erblickten gingen in Ehrfurcht vor ihr, auf Knie und betteten Sie an.
Schande über die Menschen die sich nicht ehren oder einfach nur vergessen haben, Sie zu würdigen“
Kapitel 1
Das Erwachen
Sie öffnete die Augen und sah sich um. Doch genau so gut, hätte Sie, die Augen weiterhin geschlossen halten können.Alles um Sie herum war finster und die Schwärze umhüllte sie, wie ein Mantel. Doch es fühlte sich nicht unangenehm an. Es war nicht kalt und beängstigend, auch nicht erdrückend. Sie fühlte sich, als ob die Finsternis sie eher umarmte. Wie eine liebende Mutter, die ihr Kind zärtlich an ihre Brust liebkoste und ihm Sicherheit und Geborgenheit spendete. Sie genoss das wärmende Gefühl in ihrem Inneren und streckte sich behaglich aus. Es gab keinen festen Boden unter ihr, keine Hindernisse, keine Blockaden oder Wände. Sie schwebte einfach in dieser unendlichen Dunkelheit und fühlte sich wohl dabei. Hier war der Platz, wo Sie sein wollte und wo sie auch hingehörte. Von Anfang an hatte Sie es gewusst und hatte keinen Augenblick der Unsicherheit verspürt. Und obwohl sie nackt war, verspürte sie keine Kälte. Nein, es war gut und genau so, wie es sein sollte.
,, Komm zu mir.“
Eine Stimme unterbrach die Stille. Sie hörte sich seltsam verzerrt an, als ob sie aus weiter Ferne, nach ihr rufen würde.
,, Hierher, komm zu mir.“
Sie hob den Kopf und versuchte herauszufinden, woher die Stimme kam. Doch so sehr sie sich auch anstrengte und versuchte
etwas in der Dunkelheit zu erkennen, so sah sie Nichts weiter, als die unendliche Schwärze die sie umgab.
,, Hierher !“
Jetzt war der Ursprung dieser Stimme deutlich näher gekommen. Sie bekam ein ungutes Gefühl dabei und ihre Nackenhaare richteten sich auf. Ihr ganzer Körper spannte sich unbewusst an und sie hatte auf einmal das Bedürfnis zu fliehen. Aber wo sollte Sie hin, wenn sie nicht einmal wusste, woher diese unheimliche Stimme kam. Sie konnte nicht einmal mit Genauigkeit sagen, ob sie männlichen oder weiblichen Ursprungs war. Noch einmal sah sie sich um und schloss danach die Augen, um sich besser zu orientieren.
,, Hierher !“
Jetzt war sie sich sicher, es war ein Mann der nach ihr rief. Seine Stimme klang bedrohlich und seltsam verzerrt und hatte sich um einiges fordernder angehört, als die letzten Male. Aber woher kam sie?
,, Komm, hierher !“
Ein greller Lichtblitz durchbrach die Dunkelheit und weißes Licht verbreitete sich rasend schnell. Mit einem entsetzten Aufschrei riss sie die Arme hoch, um ihre Augen zu schützen und etwas zu erkennen. Das Licht war so hell, das es in ihren Augen brannte und sie mehrere Male blinzeln musste, um etwas zu sehen.
Zuerst waren es nur schemenhafte Umrisse die sich ihr schnell nährten und dann erkannte sie ihn.
Es war ein großgewachsener Mann mit riesigen Flügeln. Sie schlugen in kraftvollen Bewegungen auf und ab, und leuchteten dabei so hell, dass es in den Augen brannte, wenn man sie länger betrachtete. Bedrohlich schwebte er ihr direkt gegenüber und musterte sie ausgiebig. Über seine Brustmuskeln hing ein gewaltiger Löwenkopf mit weit aufgerissenem Maul und dessen goldene Mähne hing über seine breiten Schultern. Mit seinen kräftigen Armen versuchte er sie zu packen und sie an sich zu
ziehen. Doch sie wich ihm geschickt aus und starrte ihn nur mit offenem Mund weiter an. Er hatte weder männliche oder weibliche Gesichtszüge und stechend gelbe Augen, mit schwarzen Schlitzen als Pupillen. Sie blickten gierig auf sie herab und ein kaltes Lächeln umspielte seine Lippen.
,, Wehr dich nicht, komm endlich zu mir !“
Er streckte fordernd die Hand nach ihr aus und beugte seinen Oberkörper leicht vor, zu ihr. Sie wich abermals zurück und erst jetzt erkannte sie, das er ebenfalls nackt war und nicht nur sehr groß, sondern sehr muskulös. Mit einem Mal traf sie die Erkenntnis und sie versuchte den Abstand zwischen ihnen noch zu vergrößern. Natürlich er war ein Gott, so wie er aussah konnte es sich bei diesem Mann, nur um eine Gottheit handeln. Aber was wollte er von ihr und woher her kam er überhaupt. Sie wollte ihn das gerade fragen, als er ungeduldig Aufstöhnte und sie mit einen Ruck
an sich presste.
,, Du gehörst jetzt mir und wirst mich ab sofort und bis in alle Ewigkeit lieben !“
Dies war keine Bitte gewesen. Nein, es war eindeutig ein Befehl von ihm. Er umschloss sie mit seinen starken Armen und drückte sie fest an seinen Brustkorb. Sie hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen und dass, das Löwenmaul, sie bald verschlingen würde. Doch so sehr sie sich auch wehrte und ihre Hände an seiner Brust ihn wegdrücken wollten, desto stärker zog er sie an sich. Eine unerträgliche Hitze verspürte sie an den Stellen wo sich ihre Haut berührten und sie stöhnte laut vor Schmerzen auf. Mit weit aufgerissenen Augen hob sie ihren Kopf und blickte in sein Gesicht. Er starrte sie immer noch mit seinen gierigen Blick an und entblößte bei seinem Lächeln, zwei Reihen messerscharfe spitz zulaufende Zähne. Er neigte den Kopf zu ihr herunter und seine tiefrote, gespaltene Zunge leckte ihr langsam über ihre Wange. Sie hatte das Gefühl, dass sie Säure über ihre Wange verteilen würde und schrie abermals laut auf. Mit einen zufriedenen Knurren steckte er seine Zunge wieder in seinen Mund und schloss dabei genüsslich die Augen.
,, Du schmeckst so gut, Geliebte.“
Was hatte er gesagt? Hatte er sie wirklich, Geliebte genannt. Nein sie wollte nichts mit diesen Gott zu tun haben. Er tat ihr weh und allein sein Anblick, verursachte ihr Schmerzen. Warum wollte er ausgerechnet sie haben? Es war alles gut gewesen, bevor er aufgetaucht ist, doch jetzt ist alles so schrecklich. So schmerzhaft.
,, Ich nehme dich mit in mein Reich. Dort werden wir für immer vereint sein und Niemand wird uns dort jemals finden oder trennen. Das schwöre ich dir.“
Und damit erhob er sich mit einem gewaltigen Flügelschlag in die Lüfte. In ihr erwachte die blanke Panik. Sein Reich, Niemand wird uns dort finden. Nein, das dürfte sie unter keinen Umständen zulassen. Niemals würde sie freiwillig mit diesen Mann gehen. Ihr ganzes Inneres weigerte sich diesen Gott zu ergeben und mit einem gewaltigen Aufschrei, rammte sie ihre Fingernägel in seine Augen. Blut spritze augenblicklich aus Höhlen heraus und mit einen tiefen Knurren, ließ er sie los und umfasste mit beiden Händen sein Gesicht. Doch seltsamerweise fiel sie nicht hinab in die Tiefe, sondern schwebte in einer schwarzen Rauchwolke vor ihm. Sie blickte verwundert auf ihre Hände und stellte fest, dass es dunkel-silberne Klauen geworden waren, an denen das Blut herab tropfte. Doch sie verspürte keine Angst, sondern die tiefe Gewissheit, dass alles Gut werden würde.Der Gott unterdessen fluchte laut und hielt sich noch immer seine blutenden Augenhöhlen fest. Mit einem ausdruckslosen Blick musterte sie ihn kurz. Dann löste sie sich komplett, in eine schwarze Rauchwolke auf, die nach kurzer Zeit spurlos verschwand.
Geliebte Schwester
Sie erwachte in einer ihr unbekannten Gegend und sah sich abermals, verwirrt um. Die Flucht vor diesem Gott hatte sie viel Kraft gekostet und sie war froh, endlich in Sicherheit zu sein. Seltsame Geräusche drangen an ihr Ohr, aber sie wirkten nicht bedrohlich. Sie ertönten in gleichmäßigen Rhythmus und wurden ab und zu von einen schrillen Pfeifen unterbrochen.
Sie schloss die Augen und summte leicht die Melodie mit. Ein zarter Wind wehte auf und verschiedene Gerüche stiegen in ihre Nase. Der Boden auf dem sie stand, war hart und mit seltsamen Fäden bedeckt, die sich an ihren Füßen aber weich anfühlten. Sie öffnete die Augen ging ein paar Schritte und blickte sich weiter um. Überall standen hohe Säulen mit Vertiefungen, die sich in die Höhe ragten und dort in kleiner, werdende Säulen aufteilten. Am Ende waren sie bedeckt mit zarten Blättern. Plötzlich spürte sie etwas kaltes, nasses an ihren Fuß und blickte erschrocken an sich herunter. Der Boden auf dem sie stand schien eine glatte Oberfläche zu sein und doch konnte man auf ihr nicht laufen. Ihr Fuß ging einfach hindurch und verschwand in einem schwarzen Nichts. Sie hob ein wenig Fuß und beobachte interessiert, wie er immer wieder im schwarzen Nichts verschwand und wieder auftauchte.
,, Das nennt man Wasser, meine Liebe.“
Sie drehte sich um und blickte in ein liebevolles Frauengesicht. Die Frau die vor ihr stand hatte, bernsteinfarbene Augen und ein herzförmiges Gesicht. Ihr Körper war bis zu ihren Brustwarzen bedeckt mit diesen kleinen Blättern, die sie schon an den Säulen gesehen hatte. Sie schimmerten leicht in verschieden Farben und klebten, wie eine zweite Haut an ihr. Langes, braun-rötliches
Haar umrandete ihr Gesicht und ging in weichen Wellen, bis über ihre üppigen Hüften.
,,Ich bin Gaia und ich heiße dich auf herzlichste in meinen Reich willkommen, Liebe Schwester.“
Mit einen Lächeln streckte sie die Arme nach ihr aus und sah Sie erwartungsvoll an. Sie überlegte nicht lange und ließ sich von der unbekannten Frau in die Arme nehmen. Tief saugte sie ihren Geruch ein und er vermittelte ihr das Gefühl angekommen zu sein. Lange standen die beiden Frauen einfach nur so da und umarmten sich. Sie brauchten nicht miteinander zu sprechen und jede genoss die Gegenwart der Anderen. Schließlich löste sich Gaia aus der Umarmung und blickte sie wieder lächelnd an.
,, Ich freue mich so sehr, dass du zu mir gekommen bist und du aus deinen Schlaf endlich erwacht bist.“
Während sie redete hielt Gaia immer noch ihre Hände und drückte sie zärtlich, bei jedem einzelnem Wort. Sie spürte instinktiv das, diese Frau es ehrlich mit ihr meinte und das sie die Wahrheit sprach. Ja sie waren Schwestern und auch, wenn sie sich zum aller ersten Mal begegneten, wusste sie es einfach, das es wahr sein musste. Ein unsichtbares Band war zwischen ihnen und sie fühlte sich sofort sicher und geborgen.
,, Du musst wissen ich habe schon sehr lange auf dich gewartet und gehofft dich bald kennen zu lernen.“
Gaia ließ sie mit einer Hand los und streichelte ihr damit liebevoll über ihre Wange. Diesmal brannte es nicht wie Säure, sondern es fühlte sich gut an.
,, Ich weiß das du sehr verwirrt sein musst und dir Alles fremd vor kommt, aber bitte vertraue mir jetzt.“
Und damit hob sie ihre andere Hand und umfasste nun, mit beiden Händen ihr Gesicht. Kurz sahen sich die beiden Frauen in die Augen und dann zog Gaia ihre Stirn, an ihre Lippen. Ihr Mund berührte nur ganz leicht ihre Haut und für einen Augenblick verharrten diese an Ort und Stelle. Wie ein Blitz schossen auf einmal zahllose Bilder durch ihren Kopf, verschiedene Erinnerungen und unendlich viele Sinneseindrücke strömten auf sie ein. Dies ging so schnell das, sie das Gefühl bekam, in einen Strudel gefangen zu sein und sie musste sich an ihrer Schwester festhalten, um nicht ihr Gleichgewicht zu verlieren. Gaia hatte sie schon an den Schultern gepackt und sah ihr jetzt in die Augen.
,, Ich habe dir all mein Wissen gegeben, geliebter Schwester. Eigentlich wäre dies, die Aufgabe von Chaos gewesen, unseren Ursprung. Aber du bist leider zu früh erwacht und so konnte er dich nicht, rechtzeitig finden. Atme erstmal tief durch, der Schwindel wird von selber wegegehen und dann wirst du alles verstehen.“
Mit sanftem Druck führte Gaia sie zu einem hohlen Baumstamm, auf dem die beiden Frauen sich setzten. Tief atmete sie ein und aus und Gaia hatte Recht. Der Schwindel legte sich langsam und sie sah sich noch einmal um. Sie waren in einen dichtbewachsenen Wald und die merkwürdigen Säulen, waren in Wirklichkeit Bäume. Die seltsamen Geräusche die sie gehört hatte, waren Grillen gewesen und das Pfeifen, war der Schrei einer Eule. Der merkwürdige Boden, indem ihr Fuß verschwunden war, stellte sich nun als ein Wasserloch heraus und die Fäden auf dem Boden, waren einfaches Gras gewesen. Sie begann zu Lächeln und blickte ihre Schwester dankbar an. Gaia war die personifizierte Gottheit, der Erde auf der sie sich jetzt befanden .Dies war ihr Reich und sie war hier in Sicherheit. Vor allem vor dem Gott Phanes, den Sonnengott der sie einfach in sein Reichverschleppen wollte.
Durch das Wissen von Gaia wusste sie auch, das sie noch drei weiter Geschwister hatte. Ihre drei Brüder Tataros, der personifizierte Teil der Unterwelt ,den Gott der begehrlichen Liebe, Eros und den Gott Erebos. Doch es gab noch so viel was sie erfahren wollte, zum Beispiel wer sie eigentlich war.
,, Gaia, ich danke dir für alles aber ich befürchte, ich habe immer noch nicht alles verstanden.“
Es war das erste Mal das, sie mit jemand sprach und sie musste lächeln. Gaia nickte ihr verständnisvoll zu und sah ihr fest in die Augen.
,, Zum Beispiel, wer ich bin. Wer ist eigentlich Chaos und warum wollte Phanes mich unbedingt, als seine Geliebte?“
Gaia nahm sie in die Arme und sprach mit sanfter Stimme zu ihr, dabei streichelte sie ihr liebevoll den Rücken.
,,Phanes sucht schon lange verzweifelt nach einer Gefährtin und auch, wenn ich sein Verhalten dir gegenüber, nicht gutheißen kann. So kann ich ihn dennoch verstehen. Die Unsterblichkeit kann sehr einsam sein, weißt du. Und er existiert schon so lange und hatte wahrscheinlich gehofft, das du seine langersehnte Gefährtin bist. Doch dein Körper hat dir mit eindeutiger Härte gezeigt, das ihr nicht füreinander bestimmt seid.“
Sie nickte langsam und erinnerte sich nur ungern an seiner Berührungen. Wenn sie wirklich füreinander bestimmt gewesen wären, hätte sie keine so fürchterlichen Schmerzen dabei gehabt. Wie einsam Phanes doch sein musste, nach so langer Zeit. Gaia sprach weiter und hörte dabei nicht auf, sie zu streicheln.
,, Und was deine andere Fragen betrifft, nun so kann ich leider auch nur mutmaßen. Chaos ist sowas wie unsere Vater und gleichzeitig aber auch unsere Mutter. Es ist, eine geschlechtslose Gottheit, die viele verschiedene Formen annehmen kann.
Nichts ist beständig bei ihm. Er ist nie wirklich da, aber auch gleichzeitig allgegenwärtig. Wir alle entstanden zwar aus ihm, doch wissen wir alle so gut wie nichts über Chaos. Als ich geboren wurde, gab es nichts außer ihm.
Doch ich merkte dass es meine Bestimmung war, nicht ihm zu folgen sondern etwas zu erschaffen.
Einen Ort in dem Alles miteinander verbunden ist und indem einen wiederkehrendes Muster erkennbar ist. Ein Platz wo Leben entsteht und es wieder vergeht. Und so erschuf ich mir schließlich mein eigenes Reich die Erde und wurde zur Göttin, Gaia.“
Sie redete mit so viel Begeisterung über ihre Schöpfung, das ihre Augen anfingen zu glühen. Gaia hatte sich von Chaos erfolgreich losgesagt und zu sich selbst gefunden.
,, Aber, was genau willst du mir damit sagen, Gaia?“
Sie atmete hörbar aus und blickte ihre Schwester mit mitleidigen Augen an.
,, Ich will dich nur vorbereiten auf das, was dir noch bevor steht. Wir sind alle aus Chaos entstanden, das heißt wir müssen selber herausfinden, wer wir sind oder was wir sind. Unsere Brüder mussten sich auch von Chaos trennen, um zu erkennen wer sie selber sind. Wie auch ich, erschufen sie sich ihre eigenen Reiche und fanden dadurch zu sich selbst. Wir können nur mit Gewissheit sagen das wir Götter sind. Aber was wir verkörpern oder welche Gottheit wir sind, das muss jeder alleine herausfinden. Das ist leider das Schicksal, aller Chaos-Kinder.“
Das war es also, was Gaia so schwer gefallen war, es ihr mitzuteilen. Sie musste selbst herausfinden, wer sie war und sich ihr eigenes Reich schaffen. Das bedeutete dass sie noch einen langen und schweren Weg vor sich hatte. Tief atmete sie noch einmal ein und blickte, dann zu ihrer Schwester. Gaia lächelte sie aufmunternd an und umfasste ihre beiden Hände.
,, Ich weiß das es sich Unmöglich anhört, aber glaube mir du wirst es schaffen. Du bist schließlich eine Göttin und eine Tochter des Chaos. In dir steckt mehr Kraft als du jetzt vermuten magst und bis du soweit bist, bleibst du einfach hier, in meinem Reich. Hier bist du in Sicherheit und wenn es soweit ist, weißt du instinktiv, was du tun musst. Lass dich von der Stimme in deinen Inneren leiten und dir den Weg zeigen.“
Während Gaia gesprochen hatte, nahm sie ihre Schwester in die Arme und drückte sie an ihre Brust. Gaia konnte sich noch sehr gut daran erinnern, wie schwer hier das alles gefallen war. Zudem hatte ihrer Schwester das Pech gehabt zu früh zu erwachen, eher Chaos sie finden konnte, um sie vor Phanes zu beschützen. Von erstem Augenblick an war sie, auf sich alleine gestellt gewesen und hatte sich gleich gegen einen Gott behaupten müssen. Doch sie hatte es geschafft zu ihr zu kommen und Gaia schwör sich, ihre Schwester nicht in Stich zu lassen.
Der treue Diener
Sie stöhnte behäglich, als Sie sich in einer Lichtung auf dem weichen Gras austreckte. Mit ihren Fingern strich sie immer wieder über den Boden und sie schloss die Augen. Sie hörte das Rauschen der nahegelegenen Quelle, das gleichmäßige Zirpen der Grillen und lächelte in sich hinein. Wie merkwürdig es doch war, wie schnell sie sich an Alles gewöhnte. Am Anfang waren ihr all diese Geräusche und der Ort so fremd gewesen. Zwar hatte sie nie einen Augenblick lang Angst verspürrt und doch verwirrte sie das Alles so sehr. Durch die Erinnerungen ihrer Schwester konnte Sie sich gut in dieser Welt zurechtfinden und doch herrschte ein regelrechtes Chaos in ihrem Kopf.Sie war froh das sie instinktiv richtig gehandelt hatte, als sie vor Phanes floh und zu ihrer Schwester fand. Aber sie wurde auch das seltsame Gefühl nicht los, dass sie nicht länger als Nötig in ihren Reich verweilen sollte. Wieder und wieder hatte sie versucht den seltsamen Rauch, um sich herum erscheinen zu lassen, doch fast immer erfolglos. Zwar konnte Sie jetzt ihre Hände jederzeit, in spitze schwarze Klauen verwandeln und sich in Notfall damit verteidigen. Aber was sollte sie tun, wenn sie wieder auf Phanes traf.Sicherlich hatte er sein Vorhaben nicht aufgegeben, sie zu seiner Gefährtin zu machen. Gaia hatte ihr zwar geschworen, dass er niemals ohne ihrer Einwilligung, auf der Erde wandelte und doch wollte sie kein unnötiges Risiko eingehen. Sie beschloss das es langsam an der Zeit war, weiter zu ziehen. Sie richtete sich auf und sah sich nach ihrer Schwester um. Gaia ließ sie zwar nie länger als Nötig allein und doch ging sie des Öfteren fort, um sich um ihr Reich zu kümmern. An ungefährlichen Orten nahm sie ihrer Schwester immer mit und zeigte ihr dort Alles. Gaia hatte ihr viele Tiere, Pflanzen, Berge und sogar das Meer gezeigt und beantwortet ihr alle Fragen.Sie sprach dabei mit so viel Liebe über jede einzelene Schöpfung in ihrem Reich, das Nyx sie einfach nur beneiden konnte. Sie ließ sich von der Begeisterung ihrer Schwester jedes Mal anstecken und endeckte dabei so vieles, was sie nun liebte. Die exotischen Düfte der vielen Blumen die sie nun kannte,den Geschmack der süßen Früchte die sie aß oder der bezauberten Klang der Nachtigallen. Doch der schwarze Rabe hatte es ihr besonders angetan. Er sah im Flug so elegant aus und sein Gefieder war so wunderschön weich. Als sie das erste Mal einem erblickte, hatte sie gleich eine tiefe Verbundenheit mit diesen Tier gespürrt. Er saß auf einen Baum und hatte sie eine ganze Zeit lang angestarrt. Dann breitete er seine Flügel aus und landete behutsam, auf ihrer Schulter. Seine schwarzen Augen musterten sie und leuchteten kurz Violett auf. Dann schloss er sie und strich mit seinen Kopf an ihrer Wange. Nyx hatte die Augen ebenfalls geschlossen und einfach nur die Liebkosung des Tier´s genossen. Wie zum Abschied ließ er einen kurzes ,,Krah" von sich und flog davon. Sie blickte ihn noch lange hinterher und lächelte dabei. Ihre Schwester Gaia stand die ganze Zeit neben ihr und hatte ihr immer wieder zugezwinkert. Erst als der Rabe in weiter Ferne verschwunden war, wagten sie es wieder zu sprechen.
,, Sieht so aus als hattest du einen Freund gefunden, meine süße Nyx und er hatt dir sogar ein Geschenk überlassen."
Gaia deutete mit den Zeigefinger auf ihre Schulter, wo der Rabe vor wenigen Augenblicken gesessen hatte. Nyx drehte den Kopf zur Seite und endeckte eine einzelne schwarze Feder. Erleichtert atmete sie aus und nahm die Feder in die Hand. In ersten Augenblick hatte sie schon befürchtet, das der Vogel sich auf ihr erleichtert hätte. Sie wäre wahrscheinlich schnell zum nächsten Bach gerannt, um sich zu säubern und Gaia hätte wieder leise vor sich hin gekichert.
,, Sie ist wirklich wünderschön und scheint überhaubt kein Gewicht zu haben."
Mit einen zaghaften Lächeln presste Nyx die Feder an ihr Herz und atmete tief aus. Und da passierte es. Aus ihren Händen strömte wieder dieser schwarze Rauch und umhüllte ihren Körper bis zu ihren Schultern.Sie blickte verwirrt zu ihrer Schwester, doch diese lächelte ihr aufmunternd zu. So schnell wie der Rauch erschienen war, verschwand er auch wieder. Nyx sah an sich herab und ihr stockte kurz der Atem. Ihre Brüste wurden nun von zwei Linien zahlreicher Federn bedeckt, die sich unter ihren Bauchnabel zusammen fügten. Auch ihr Po war nicht länger emblößt und von großen schwarzen Federn bedeckt. Sie schmiegten sich an ihre Haut und bildeten einen starken Kontrast zu der weißen Porzellanhaut. Weich umscheiltelten sie ihre Hüften und betonten ihre weiblichen Kurven.
,, Wie habe ich den das gemacht? Gaia hast du das gesehen?"
Gaia ging auf ihre Schwester zu und umarmte sie herzlich. Nyx verstand ihre überschwengliche Freude zwar nicht, aber ließ sie doch in die Arme der Göttin fallen. Sie genoss den Triumph endlich auch etwas erschaffen zu haben und fühlte sich unglaublich mächtig. Gaia blickte bewundernd zu ihr auf und erklärte ihr wieder einmal Alles.
,, Ach meine süße Nyx, du hast soeben dein Leittier gefunden. Jede Gottheit besitzt so einen besonderen Diener sozusagen, der ihn allein treu zur Seite steht. Er sucht sich die Gottheit selbst aus, denen er dienen möchte und beschützt uns und zeigt uns den richtigen Weg, wenn wir ihn nicht sehen können. Bei mir hatt es eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis sich meines offenbarte. Es ist ein großer Hirsch mit einen goldenen Geweih und ich fand ihn, genau wie du rein zufällig in Wald."
Gaia erklärte auch das diese sogenannten Diener, nicht zwangsläufig immer Leittiere sein mussten. Ihr Brüder Tartaros zum Beispeil hatte als Diener, grüne Flammen die alles verbrennen konnten. Auch Eros besaß kein Leittier als Diener, sondern einen goldenen Bogen mit dessen Pfeile man, Alles und jeden in einen Zustand unvorstellbarer Lust versetzten konnte. Nur ihr Bruder Erebos besaß auch ein Leittier und zwar eine über 2 Meter große Fledermaus mit messerscharfen Reißzähnen. Nyx hörte ihrer Schwester aufmerksam weiter zu, als diese auch die besondere Bindung zwischen Diernern und Gottheiten erklärte.
,, Du musst außerdem wissen, diese Diener sind nicht nur Leibweichter und Richtungsweiser. Sie warnen uns auch vor Gefahren und sorgen dafür das wir von den Menschen immer mehr Macht erhalten. Und dein Leittier hat dir nun geholfen, deine wahre Gestalt zu finden."
Nyx nickte und wusste aus dem Erinnerungen ihrer Schwester, das es auch Menschen gab, die in ihrem Reich lebten. Sie waren einfache Lebewesen, ohne besondere Fertigkeiten oder Dienerkreaturen und doch waren sie sehr wichtig für die Götter. Denn je mehr die Menschen eine Gottheit verehrten, desto mächtiger wurde dieser. Sie bauten Tempel ihnen zu Ehren, betteten zu ihnen oder opferten auch Tiere oder ihresgleichen um sie zu besänftigen.Nyx fand diese Vorstellung anfgangs zwar erschreckend, doch Gaia hatte es ihr mit folgenden Wörtern erklärt.
,, Nehmen wie einmal an viele Menschen mussten Hunger leiden, weil sie weder Getreide oder Früchte anbauen können. Sie würden also irgendwann Alle sterben ohne Ausnahme.Sowohl Alte als auch Junge, die Schwachen oder Alten und Männer mit ihren Frauen und Kindern. Das heißt meherer Gernerationen würden sinnlos zu Grunde gehen. Aber, wenn sich nur ein Einziger freiwillig bereit erklären würde zu sterben, könnte er mit seinen Tod alle Anderen retten. Den mit dieser vergangen Lebensenergie, kann ich Leben in den unfruchtbaren Boden gedeihen lassen. Es würden dadurch Getreide, Bäume,Beeren und vieles mehr wachsen können und damit alle Anderen vor den Hungertod retten. Glaubst du nicht das ein liebender Vater oder Mutter alles tuen würde, um seine Kinder zu retten? Und durch dieses Wunder, was wir durch ihr Opfer bewirken können, haben wir die Macht alle Anderen zu retten."
Aus diesen Blickwinkel gesehen, hatte Gaia nicht ganz Unrecht. Menschen konnten keine Wunder bewerkstelligen, aber Götter schon. Doch jedes Wunder musste erst erschaffen werden, was wiederum den Gott viel Macht und Energie abverlangte. War es denn da nicht Gerecht, wenn die Menschen ihnen helfen, um sie zu retten? Alles ist ein Geben und Nehmen und nur so kann das Leben weiter fort bestehen. Die Menschen verhalfen den Göttern zur Macht und die Götter übten Macht aus, um den Menschen zu dienen. So waren die Gläubigen auch gleichzeitg Diener und besaßen doch Macht über die Götter.Denn sollten sie nicht mehr an Sie glauben, würden die Götter in Vergessenheit geraten und ihre Macht verlieren. Nyx war froh das sie nun ein Leittier besaß, das sie vor diesen Schicksal bewahren sollte. Doch hatte der Rabe ihr nicht nur ihr Gewand geschenkt, sondern auch die Fähigkeit in völliger Dunkelheit alles zu erkennen. Ihre Augen hatten die Farbe von Lavendel angenommen, nach dieser Begegnung und auch ihr Haar, hatte sich verändert und hingen in langen Wellen, bis zu ihren Oberschenkeln. Es hatte die Farbe der schwarzen Rabenfedern und schimmerte leicht bläulich. Nyx richtete sich auf und beschloss in die Richtung zu gehen, in welche Gaia zuvor verschwunden war. Sie lief noch nicht lange und kam bald in einen dichten Wald. Als sie den Kopf hob erkannte sie kaum noch den Himmel, der immer in verschiedenen rosa und orange Tönen getaucht wurde. Bald herrschte um sie herum völlige Dunkelheit und sie spürte die Anwesenheit einer weiteren Gottheit. Ihr Instinkt riet ihr, weiter in Richtung des Waldesinnenere zu gehen. Neugierig sah sie sich immer wieder um, doch konnte Niemanden in der Finsternis erkennen. Als sie weiter lief begrüßte sie ihr treuer Rabe, der auf einen umgefallenen Baum saß und kurz mit den Flügeln schlug. Seit ihrer ersten Begenung kam er immer wieder zu ihr und suchte ihre Nähe. Wie selbsverständlich nahm er wieder auf ihrer Schulter platz und schmiegte den Kopf an ihre Wange. Sie lächelte den Raben an und graulte sein Gefieder am Kopf.
,, Na, mein Lieber hast du wieder mal zu mir gefunden? Zeig mir den Weg zu Gaia."
Der Rabe antwortete ihr mit den üblichen ,,Krah,Krah" und erhob sich kurz in die Lüfte und flog auf einen Baum und starrte sie an. Sie verstand seine Geste und ging zu den Baum, auf dessen Ast ihr Leittier saß. Diese Prozedur wiederholte sich einige Male bis zur einer weiteren Lichtung kam. Als sie den Waldrand erreichte, setzte sich der Rabe wieder auf ihre Schulter und blickte auf einen einzelnen Baum, der in der Mitter der Lichtung stand. Es war eine große Trauerweide und ihre Äste berührten stellenweise sogar den Boden. Sie ging auf den Baum zu und konnte bald die Konturen ihrer Schwester erkennen. Doch als sie näher kam erkannte sie, das Gaia nicht alleine war.
Tag der Veröffentlichung: 23.08.2019
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für den Mann, der mir das schönste Gefühl der Erde wieder gegeben hat.