BIS DER TOD EUCH SCHEIDET
Mein Name ist Flipps. Anton Friedrich Flipps. Ich bin 42 Jahre alt und liebe das gute Leben. Solange mein Kassenvorrat reicht. Und das hängt von meinen Kunden ab. Ich bin nämlich Privatdetektiv und beschnüffle auftragsgemäß anderer Leute Liebesleben. Meistens.
Die Dame die mich an einem Freitagmorgen im Büro aufsuchte, war ganz nach meinem Geschmack: blond, sexy und noch verdammt jung.
Sie setzte sich vor meinem Schreibtisch, stellte ein Täschchen aus teurem Leder darauf und schlug das eine Bein über das andere, so dass ihr kurzer Rock noch kürzer wurde.
„Ich will mich scheiden lassen.“, sagte sie.
Aha, das übliche.
„Sie haben also den Verdacht, dass ihr Mann eine Geliebte hat und ich soll den Beweis dafür liefern?“
„Mein Mann geht nicht fremd. Sie sollen ihn dazu bringen.“
Ich traute meinen Ohren nicht.
„Hören Sie, meine Dame, ich bin bereit, jeden, zu jeder Zeit und an jedem Ort zu beobachten, aber…“
„Auch nicht für 30.000 in bar?“
Die Dame zog ein Foto und einen Briefumschlag aus ihrem Ledertäschchen und schob beides über den Schreibtisch.
„Hier haben Sie ein Foto meines Mannes. Jeden Dienstagabend ist er in Ricks Café anzutreffen. In dem Umschlag ist die Hälfte Ihres Honorars. Den Rest und Ihre Spesen erhalten Sie nach der Lieferung der Aufnahmen, die sein Fremdgehen beweisen.“
„Warum dieser Aufwand um eine simple Scheidung in Gang zu bringen?“, fragte ich.
„Ist es für Sie wichtig, das zu wissen?“, konterte sie.
Nein, das war es nicht. Hier hätte ich diesen sonderbaren Auftrag noch ablehnen können. Doch bei einem solchen Honorar wird jeder Detektiv schwach. Das bedeutete endlich einmal Urlaub. Ich nahm den Auftrag an.
Jelena, meine verführerische Geheimwaffe, die gegen Bares bereit war, so ziemlich alles zu tun, wurde von mir aktiviert. Am nächsten Dienstagabend saßen wir in einer Ecke von Ricks Café. Gegen acht Uhr erschien der Mann meiner Auftraggeberin, setzte sich auf einen Barhocker und bestellte ein Bier. Ich schätzte sein Alter auf fast sechzig. Sehr elegante Erscheinung. Obere Zehntausend, dachte ich. Nur so kam man in dem Alter an eine junge Schönheit. Irgendwie kam er mir bekannt vor. Aus einer Zeitung oder einer Illustrierten. Ich beschloss, mehr über diesen Mann in Erfahrung zu bringen.
„Das ist er“, sagte ich zu Jelena, „jetzt beginnt dein Job: anmachen, heiß machen, verführen, aber nicht zu auffällig.“
Zwei Tage später erhielt ich Jelenas ersten Bericht. Der Kontakt sei sehr schnell hergestellt worden, sagte sie. Sie hätten ein angeregtes Gespräch geführt und sich für nächsten Dienstag wieder verabredet. Sie fand ihn höchst charmant.
Hoffentlich begeistert sie sich nicht zu sehr für den Kerl, dachte ich.
Eine Woche später eröffnete mir Jelena, dass sie am nächsten Tag mit ihm für drei Tage nach Amsterdam fahren würde. Geschäftlich. Herberge: Hotel Mercure. Perfekt. Morgen würde ich auch in Amsterdam sein. Das lief alles nach bekannten Mustern ab.
Als ich Amsterdam wieder verließ, hatte ich einige scharfe Fotos im Gepäck. Auf allen immer die gleichen Personen: Jelena und ihr Liebhaber, Herr M. Wer er war, hatte ich inzwischen herausbekommen.
Kaum saß ich wieder im Büro, da wollte mich meine gutgebaute Auftraggeberin sprechen. Sie musste es verdammt eilig haben.
„Haben Sie die Beweise?“
Ich blätterte die Fotografien auf den Schreibtisch. Sie überreichte mir den zweiten Umschlag, nahm die Bilder und ging.
Die Morgenpost hatte ihre Schlagzeile: Frau des Industriellen M. heute tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Die Polizei vermutet Selbstmord.
Alles in dem Vorzimmer des Generaldirektors M. war vom feinsten. Auch die Sekretärin, ein blondes Sexyweib, das leichenblass wurde, als ich plötzlich vor ihr stand.
„Hallo“, sagte ich, „ich dachte, sie sind tot. Oder sind Sie gar nicht die Frau Ihres Chefs? Wahrscheinlich seine Geliebte. Auf jeden Fall haben meine Fotos bei der wirklichen Frau M. gewirkt. War vorauszusehen, dass die stark depressive Frau M. so reagieren würde. Sie hatte bereits mehrere Selbstmordversuche hinter sich. Eine Alkoholikerin. Ein Kreuz für Ihren Chef. Verstehe. Wer hatte eigentlich die Idee? Sie oder er? Das würde die Polizei sicher interessieren.“
Sie starrte mich an.
„Was wollen Sie?“
„Eine Unterredung mit Ihrem Chef.“
Das Gespräch war kurz. Mittels eines weiteren Umschlags konnte er mich überzeugen, ihm die Negative auszuhändigen, den Mund zu halten und noch am gleichen Tag in Urlaub zu fliegen. Es wurde ein traumhafter, langer Urlaub.
Tag der Veröffentlichung: 05.01.2009
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