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Bookrix für Ostafrika


Mit dieser Kurzgeschichte möchte ich zeigen, dass Somalia vielleicht nicht ganz so hoffnungslos ist…



„Ist die Gitarre Handgepäck?“
„Ja!“
„Gut, erschlagen sie aber bitte keinen damit!“
„Aber natürlich.“
Ich ging mit meiner Gitarre auf dem Rücken und der Handtasche auf der Schulter zurück zu meinem Freund, der bei meinen Eltern und meinen beiden Schwestern stand.
„Ich werde dich sehr vermissen.“ Flüsterte er mir ins Ohr, als wir uns umarmten.
„Ich dich auch!“ Flüsterte ich zurück und gab ihm einen Kuss.
Er löste sich aus meiner Umarmung, schenkte mir noch einmal einen seiner super-süßen-Blicke und musste daraufhin gehen.
Hach konnte Liebe schön sein, aber auch nur dann, wenn man sich nicht verabschieden musste und nicht wenig später auf dem Weg nach Afrika

war. Um genau zu sein, es ging nach Somalia.
„Jetzt schaut mal nicht so depressiv. In einer Woche fliegen wir dafür nach Spanien!“ Versuchte uns mein Vater auf zu muntern.
Ich sah zu meinen beiden Schwestern, die neben mir standen und total genervt waren. Auch ihre Begeisterung vom Urlaub in Somalia hielt sich in Grenzen. Aber es war ja für einen guten Zweck. Außerdem schien da die Sonne

, nicht wie hier in Deutschland, wo es seit Tagen regnete. Aber die darauffolgende Woche Spanien gefiel mir natürlich noch besser.
„Wisst ihr, manche Kinder in eurem Alter fliegen oder fahren nicht in den Urlaub, da könnt ihr uns schon dankbar sein!“ Sagte meine Mutter, während wir durch den Zoll in Richtung Flugzeug gingen. Ja, ja, jetzt kam sie wieder mit der Tour, allen geht es scheiße außer uns.
„Das wissen wir Mutti, du sagst es uns immer wieder…“ Murmelte Laura, meine Zwillingsschwester und warf ihre blond gefärbten Haare, mit braunem Ansatz zurück. Das machte sie gerne, warum auch immer. Wir waren zwar Zwillinge, aber lebten total unterschiedlich. Z.B.: hing ich Tag-Täglich an der Nähmaschine oder spielte Gitarre. Während sie liebend gern Babysitten tat und sich neben bei die Finger lackierte.

„Könnt ihr eure Musik mal etwas leiser machen, BITTE!“
Ich verdrehte die Augen, holte meinen iPod raus und schaltete ihn etwas leiser. Dann stieß ich meine, bereits schlafende Zwillingsschwester an und forderte sie auf, auch ihre Lady Gaga Musik leiser zu machen. Klang eh nicht sehr schön.
„Danke.“ Sagte meine andere Schwester und war schon wieder in ihrem Buch vertieft. Jennifer liebte Bücher. Die Bücher der nahgelegene Bücherei hatte sie bereits alle durchgelesen. Man wollte es kaum glauben, aber sie verschlang die Teile regelrecht, wenn sie nicht gerade dabei war, mit ihrer besten Freundin die Jungs aus der Nachbarschaft zu beobachten. Tja, 14 Jährige in der Pubertät halt. Da war ich echt froh mit meinen 17 Jahren endlich da raus zu sein, auch wenn meine Eltern mein zickiges Verhalten immer noch auf die Pubertät schoben.
Wir saßen bereits im Flugzeug und ich langweilte mich fast zu Tode. Es lief zwar ein Film, Big Mamas House 2, aber den kannte ich bereits und hasste es, Filme zweimal zu sehen. Ja, auch ich hatte Ansprüche!
„Wann sind wir denn mal da?“ Fing meine kleine Schwester an zu nerven.
„Ich muss mal aufs Klo!“ Beschwerte sich wenige Sekunden später auch meine Zwillingsschwester.
Jetzt war ich wohl dran mit nerven. Ich könnte sagen dass ich Hunger

hab, aber es hatte bereits das typische Flugzeug Essen gegeben. Also blieb ich still und versuchte lieber zu schlafen, schließlich flogen wir noch mehrere Stunden.
Ich konnte aber nicht schlafen, was ich nach mehreren Versuchen dann abbrach und lieber an meinen Freund dachte. Er war sicher schon auf den Weg nach Italien, wie viele meiner Freundinnen auch. Manche flogen sogar nach Amerika. Das fand ich richtig cool.
Ich seufzte. Somalia.
Als das meine Freunde gehört hatten mussten sie sich das Lachen verkneifen. Wer flog schon nach Somalia. Ich natürlich. Und warum? Weil meine Eltern bei einer Hilfsorganisation arbeiteten und ständig armen Menschen etwas bieten wollten. Darauf war ich auch ziemlich stolz. Ja, und aus genau diesem Grund flogen wir auch nicht nach Amerika oder Italien, sondern zu den Armen nach Somalia, und in einer Woche dann natürlich nach Spanien.
Ich hatte mehrere Monate an meiner Nähmaschine gesessen, Röcke, sowie Kuscheltiere und Puppenkleider genäht. Das war richtig harte Arbeit gewesen. Letztendlich hatte ich nun 15 bunte Röcke mit oder ohne Perlen, 10 Plüschtiere in allen Farben und mindestens 30 Puppenkleider. Ich war so stolz darauf. Auch meine Schwestern hatten sich auf Somalia vorbereitet. Laura hatte z.B.: viele Stifte gekauft, alte Spiele und Puppen aussortiert. Jennifer war jedoch etwas geiziger gewesen, sie hatte nur eine Kiste voller Bücher eingepackt, mit der Hoffnung das die Kinder in Somalia deutsch konnten oder überhaupt lesen. „Und wenn, dann les ich ihnen eben vor, meinet wegen übersetz ich es dann auch alles ins englische!“ Hatte Jennifer damals gesagt. Na gut, wenn sie meinte.
Meine Eltern hatten viele Kisten mit Wasser, Essen, Decken und auch Süßigkeiten zusammen gepackt. Ihre Kollegen flogen auch mit uns, sie hatten auch Kisten mit Essen. Das alles war zwar sehr viel, aber reichte natürlich nicht für ganz Somalia. Sie hatten sich darum auch auf ein Dorf

mit einem Kinderheim spezialisiert. Aber am Liebsten wollten sie ganz Somalia helfen. Das machten sie auch bei nervigen Spendenaufrufen auf der Straße den vorbeikommenden Leuten klar. Das fand ich manchmal ziemlich peinlich, aber es war ja für einen guten Zweck! Da fiel für uns auch manchmal Weihnachten oder Geburtstag sehr mager aus. Das störte uns jedes Mal aufs Neue und jetzt sollten wir mit diesem „Urlaub“ mal sehen, warum das so war.

Ein Taxi brachte uns zu unserem Hotel. Richtige Straßen gab es nicht, es waren die reinsten Hoppel-Wege. Am „Straßenrand“ lag viel Müll und es war überall einfach nur dreckig. Kaputte Häuser, schäbige Autos und ab und zu mal ein bellender Hund der über die Straße rannte. Es war echt ganz anders als Zuhause.
„Zum Glück bleiben wir hier nur 4 Tage!“ Murmelte meine Zwillingsschwester, die total geschockt aus dem Fenster sah. Es war eine echte Zumutung.
Unser Hotel hatte 4 Sterne und sah ziemlich edel aus. Der Unterschied war sehr heftig, das noble Hotel mitten im NICHTS! Aber unser Hotel war nicht das Einzigste, in der Nähe standen noch 3 Weitere.
Auch unser Hotelzimmer war sehr gemütlich eingerichtet, hier fühlte man sich gleich wieder wie Zuhause. Nur noch schlafen, war mein erster- und letzter Gedanke….

Am nächsten Tag trafen sich alle, das hieß, meine Familie und die Kollegen, im Speisesaal. Es gab eine große Auswahl an Essen. Essen, was die Einheimischen hier sicher noch nie in ihrem ganzen Leben gesehen hatten. Mir schmeckte es gleich gar nicht mehr.
„Wir fahren heute in das Dorf. Dort könnt ihr eure Geschenke austeilen.“ Sagte meine Mutter. Ich nickte, meine Schwestern auch. Ich freute mich irgendwie nicht wirklich in das Dorf zufahren. Schließlich wusste ich wie arm die Menschen dort waren, man sah es ja oft genug im Fernsehen.
„Müssen wir wirklich dort hin?“ Fragte Laura die auch nicht so begeistert aussah.
Meine Mutter nickte und schenkte sich Kaffee nach. „Ja na klar, ihr wollt doch schließlich eure Geschenke los werden oder nicht?“
Ich schaute auf meinen Teller, wo mein angebissenes Brötchen lag. Ja, sie hatte Recht…

Wir saßen in einem Jeep und hinter uns fuhren noch 2 Weitere mit den Kollegen und den Kisten. Umso näher wir an das Dorf kamen, umso dreckiger und magerer wurde es.
Ich hätte heulen können, als 2 kleine, sehr dürre Jungs am Straßenrand standen und uns wanken.

Als wir im Dorf angekommen waren, musste ich erst einmal schlucken und mir verschlug es die Sprache. Alle Frauen, Männer und Kinder waren abgemagert, dass konnte man auch mit ihren schmutzigen Kleidern sehen. Sie sahen zum Teil sehr unglücklich aus, aber als wir die Kisten aus den Jeeps holten, kamen sie strahlend zu uns und begrüßten uns freundlich. So eine Herzlichkeit, obwohl es ihnen so „scheiße“ ging. Sie waren ein wenig wie Tiere, die aus ihren Verstecken krochen, als jemand mit dem Essen wedelte. Aber der Vergleich war echt sehr hart.
Ich musste lächeln, als die ganzen Mädchen sich auf die Puppenkleider stürzten, nach dem ich die Kiste raus geholt hatte. Sofort wurde den Puppen von Laura oder den eigenen, meine selbst genähten Kleider angezogen.
Nach der Aktion klammerten sich 3 kleine Mädchen, nicht älter als 4 Jahre, an meine Beine und wollten mit mir spielen. Ich bemühte mich nicht zu heulen und spielte mit ihnen. Mir kam der Gedanke, dass ich meine Gitarre hätte mitnehmen sollen. Das hätte ihnen sicher auch Spaß gemacht, wenn ich ihnen etwas vorgespielt hätte.
Die Erwachsenen stürzten sich auf die Kisten mit Essen, aber es gab kein Gerangel, sie stellten sich hinter einander an, wie in der Schulmensa wenn es Mittagessen gab.
Mein Vater gab jedem reichlich Essen mit, bis alles alle war.
„duuuu“ Ich sah nach unten, da hing wieder ein kleines Mädchen an meinem Bein und zeigte mit ihrem kleinen Zeigefinger auf die Schleife an meinem Kleid. Es war eine Stecknadel mit einer rot-weiß gepunkteten Schleife dran. Ich nahm sie ab und befestigte sie am Kleid des kleinen Mädchens. Ich hatte noch nie jemanden gesehen, der sich so sehr über eine Schleife gefreut hatte. Das machte mich auch sofort glücklich.

Zurück im Hotel lackierte mir Laura die Fingernägel, das lenkte etwas vom Tag ab.
„Es war schön, wie sie sich alle gefreut hatten!“ Sagte meine Zwillingsschwester und betrachtete ihr Werk.
Ich nickte, während ich mir meine lila Fingernägel anschaute. „Es war wirklich schön. Am Liebsten hätte ich ihnen mehr schenken wollen, aber ich hatte ja nicht mehr dabei!“
„Morgen geht es ins Kinderheim, wir haben jetzt gar nichts mehr, was wir ihnen schenken könnten.“ Bemerkte Laura.
Ja, da hatte sie Recht. Ich bekam daraufhin ein schlechtes Gewissen, wie dumm von mir bzw. uns.
„Nimm doch deine Gitarre morgen mit!“ Schlug Jennifer vor, die mit bei uns auf dem Bett saß und neben bei in einem Buch las.
„Das ist eine gute Idee..“ Stimmte ich ihr zu und schon war das schlechte Gewissen weg. Ich kann ihnen ja morgen etwas vor spielen.

„Ich hätte nie gedacht, dass hier so viele Kinder unter kommen können.“ Sagte ich, als wir am nächsten Tag im Kinderheim waren. Aus jeder Ecke bestaunte uns ein Kind, aber keines traute sich so direkt zu uns.
Wir wussten nicht so recht wie wir auf die Kinder zugehen sollten, also setzte ich mich einfach auf den Boden und holte meine Gitarre raus.
„Gute Idee!“ Sagte meine Zwillingsschwester und setzte sich neben mich.
Nach dem ich die Gitarre gestimmt hatte, fing ich einfach an ein Kinderlied vor zuspielen.
„Hänschen klein, ging allein, in die weite Welt hinein…“ Fing Laura neben mir an zu singen, zwar etwas schräg und falsch, aber das lockte die Kinder an.
Nach 10 Minuten saßen bereits 20 Kinder uns gegenüber und klatschten im Rhythmus mit.
Es war ein schöner Anblick.
Auch Jennifer hatte ihr Buch weggelegt und sich lieber ein Kind auf den Schoß gesetzt.
Unsere Eltern schauten uns stolz zu, das gefiel mir.
Außerdem fiel mir auf, dass meine Mutter die ganze Zeit ein kleines Mädchen mit sich rumtrug. Vielleicht hatte sie sich verliebt.
„Was machen wir morgen?“ Fragte ich, als wir am Abend zusammen vor dem Fernseher saßen.
„Wir fahren wieder ins Kinderheim.“ Antwortete meine Mutter und schaltete zurück zu den Nachrichten, nach dem Laura auf „Gute Zeiten schlechte Zeiten“ umgeschaltet hatte.
„Aber wir haben doch gar nichts mehr für die Kinder oder?!“ Fragte ich.
Mein Vater und meine Mutter tauschten schnelle Blicke aus und dann antwortete Mutti: „Ihr kommt nicht mit. Wir möchten da nur jemanden abholen. Ihr könnt daweile Koffer packen und machen was euch Spaß macht!“
Jemanden abholen?
Meine Eltern bemerkten unsere fragenden Blicke. „Wir wollen ein Kind adoptieren. Wir haben sie bei unserem letzten Besuch schon kennen gelernt. Und nun ist es so weit, wir können sie mit nehmen.“
Jetzt hatten wir einen „Hä-Blick“.
„Wie Kind adoptieren?“ Fragte Jennifer unsicher.
„Das Mädchen was du heute die ganze Zeit auf dem Arm hattest, Mutti?“ Fragte Laura und warf wieder elegant wie immer, ihr Haar nach hinten.
„Habt ihr auch deswegen das Gästezimmer umgeräumt?“ Fragte nun auch ich.
Meine Eltern nickten nur stumm.
Ist ja cool, dann wären wir 4 Töchter.
„Na dann, unsere Verstärkung wartet!“ Sagte ich grinsend, dass musste ich sofort meinem Freund simsen.

Am nächsten Tag saßen meine beiden Schwestern und ich im Hotelzimmer, mit fertig gepackten Koffern und langweilten uns. Im Fernsehen kam nichts, einen Pool gab es im Hotel nicht und es war einfach viel zu warm. Seit dem wir hier waren, waren keine Wolken am Himmel

, nur die Sonne brannte auf uns nieder.
Im Zimmer hielt man es ziemlich gut aus, da wir eine Klimaanlage hatten.
„Eigentlich ist es doch ziemlich unfair, dass wir nur ein Kind adoptieren. Die anderen Kinder sind sicher ziemlich neidisch!“ Bemerkte Laura skeptisch.
Ich zuckte mit den Schultern. „Bestimmt, aber manche sind noch so klein, dass sie das gar nicht verstehen.“
Laura seufzte. „Da hast du Recht.“
Natürlich hatte ich das.
„Am Liebsten würde ich aber das ganze Dorf mit Nachhause nehmen!“ Sagte Jennifer, die ihr Buch anscheinend fertig gelesen hatte.
„Mir geht es auch so!“ Sagten Laura und ich gleichzeitig. Zwillinge halt, hätte mein Vater jetzt gesagt.

Nach dem wir noch weitere 3 Stunden im Fernsehen irgendeinen Mist angeschaut hatten, waren meine Eltern wieder zurück. Auf dem Arm hatte meine Mutter ein kleines Mädchen, was ein pinkes Kleid trug.
„Das ist eure Schwester, sie heißt Cäcilia!“ Sagte mein Vater stolz und streichelte der Kleinen über die Wange.
„Wow…“ Sie war total klein und niedlich. Nicht älter als 2 Jahre.
„Also ich freu mich auf Spanien und Cäcilia sicher auch!“ Sagte Ich und nahm meine kleine Schwester in die Arme. Ich war sehr stolz, den Kindern und dessen Familie geholfen- und sie etwas glücklich gemacht zu haben. Außerdem hatte ich nun eine neue kleine Schwester, einem Mädchen was wir nun eine tolle Zukunft bieten konnten. Das war schon mal ein Anfang…

Ende der Kurzgeschichte




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Tag der Veröffentlichung: 13.08.2011

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