Cover

Ein Stern

Nächstes Jahr sollte die Gruppe aus dem Kindergarten in die „große Schule“ entlassen werden. Doch zuvor gab es noch ein besonderes Ereignis. Schon gleich nach den Herbstferien, wurde damit angefangen. Jedes Kind lernte ein Gedicht um es bei dem Krippenspiel in der Kirche aufzusagen. Da war Maria, sie hieß auch in ihrem Leben so. Sie sollte sich auf einem Stoffesel langsam hin zu ihrem Platz bewegen. Das gelang bei den Proben auch immer.Bei der Aufführung aber schien ihr das zu langsam und so quälte sie sich mit dem dicken Bauch, das Tier an Ohr und Schwanz haltend, hüpfend zur Krippe. Sie machte das so drollig, dass sogar die Kirchengemeinde lachen musste. Josef, der älteste in der Gruppe, erzählte wo sie herkamen und was sie hier sollten. Dann kamen fünf Engelein mit der weiteren Weihnachtsgeschichte. Sie trugen einen großen Stern vor sich her. Endlich kamen die Hirten polternd mit derben Schuhen. Unter ihnen Martin. Er stotterte zum Gott Erbarmen. Schon seit zwei Jahren besuchte er die Logopädische. Kein Arzt konnte ihm helfen. Das Kind litt, denn wenn es etwas gefragt wurde, kam nur ein Stammeln heraus. Dann grinsten die Umstehenden oder lachten sogar. Er war ein stiller in sich gekehrter Junge geworden. Zuhause war das nicht so, da balgte er sich mit seinen Geschwistern und keiner bemerkte da sein Handicap.Die Kindergärtnerin wollte ihn mit einbinden und gab ihm nur zwei Worte, die er rufen sollte. Bei jeder Probe brachte Martin diese nur in Bruchstücken hervor. Heute soll der große Tag sein. Martin schlief in der Nacht sehr schlecht. Nun war es soweit. Das Harmonium unterlegte mit gewohnten Weisen das Geschehen. „Martin, du“, rief ihm die Betreuerin leise zu. Hilfesuchen eilten seine Augen zu seiner Mutter in der dritten Bankreihe. Aufmunternd nickte sie ihm zu. Tief Luft holend machte Martin den Mund auf und mit seiner hellen Knabenstimme rief er zögerlich; ein Stern.Danach war es mucksmäuschenstill in der Kirche.Alle Gläubige hielten den Atem an und bei einigen Müttern liefen sogar die Tränen. Die meisten wussten doch wie schwer Martins Familie mit ihrem Kind litt. Oh welch ein Wunder! Sie fühlten es war etwas Einmaliges geschehen. Und Martin? Er konnte es selbst noch nicht begreifen. Als sei ein Damm gebrochen lachte er glückselig, und laut hallte weiter seine Stimme durch die Kirche ein Stern, ein Stern.Dabei sprang er runter drängte sich durch die Reihe zu seiner Mutter.und ließ sich herzen.

 

 

Ein Märchen für Carolina

Es war einmal ein altes Mütterchen, das lebte ganz allein und abgeschieden in einem kleinen Häuschen am Ende der Straße. Die wenigen Menschen die sich hierher verirrten beachteten die Alte nicht. Ihre Mahlzeiten waren sehr karg. Sie pflanzte ein paar Kartoffeln in dem kleinen Gärtchen und ihre zwei Hühner legten ab und zu ein Ei. .Der Brunnen an der Rückseite des Häuschens spendete immer kühles Wasser. Sie fühlte sich sehr einsam. Für Fernsehen oder Radio hatte sie kein Geld mit ihrer kleinen Rente konnte sie gerade die Miete bezahlen. Oft ging sie in den Wald und sammelte Holz und kleine Äste für den Wintervorrat. Sie lebte sehr sparsam manchmal machte sie kein Feuer und konnte dann auch nicht kochen. So hungerte sie halt, doch mit der Zeit hatte sie sich auch daran gewöhnt. Es gab schon ein Mal eine andere, eine bessere Zeit für sie. Ihr Mann war bei der Bahn und sie hatten zwei liebe Töchter und einen braver Sohn. Es wurde am Abend gesungen, der Vater erzählte was er so am Tage gemacht hatte und die Kinder hörten seine spannenden Geschichten. Sie bettelten, "bitte noch eine“, bis sie gähnten und ihnen die Augen zufielen. .Das Mütterchen saß oft vor den Bildern und träumte, wie es wohl wäre, wenn ihr Mann nicht verunglückt wäre. Aber nun musste sie arbeiten um ihre Familie zu ernähren.
Der Zusammenhalt der Geschwister zerbrach, jeder fand andere Freunde. Manche waren nicht gut. Erst als die Älteste von zu Hause auszog, bemerkte sie die Veränderung. Doch sie war machtlos. Auch die andere Tochter und der Sohn entglitten ihr. Nun stand sie allein und versuchte ihr Leben neu zu ordnen. Aber es wollte ihr nicht gelingen. Sie war so verbittert in ihrem Herzen, dass sie keine Freude mehr am Leben fand. Das Gärtchen mit den duftenden Rosen verwilderte, das Efeu, einst an der Mauer sauber hochgezogen, kroch nun durch den Hof und Garten und erstickte alles was sich der Sonne zuwandte. Nur das Unkraut ließ sich nicht unterdrücken. Im Haus selbst roch es feucht, es wurde kaum geheizt. Die Fensterscheiben waren blind vom Staub und ließen keinen einzigen Sonnenstrahl hinein. Sissy, ihre Katze sonst auf der Fensterbank, miaute kläglich, ihr gefiel es hier nicht mehr und dann war sie eines Tages weg. Sicher in einem freundlicherem Heim. Vor ungefähr einem Jahr gab es eine große Veränderung in der Straße. Bagger rückten an, große Baumaschinen machten einen Heidenlärm. Viele Männer gaben Befehle. Es wurde unheimlich laut in der Gegend. Die Nachbarn beschwerten sich, doch sie nahm alles gelassen hin. Man sprach von einer Jugendherberge. Da wird das beschauliche Dasein vorüber sein, mutmaßten die Leute. Dann war das Bauwerk fertig. Einzugs bereit, Ferienzeit. Viele lärmende Kinder stiegen aus den Bussen, schwärmten aus und eroberten die Straße. Und vor dem Häuschen mit dem verwilderten Garten machten sie halt. Eifrig riefen sie, hier ist das Hexenhäuschen von Hänsel und Gretel. Eine Weile ließ sich die Alte nicht blicken, aber schließlich siegte doch ihre Neugier. Sie öffnete die knarrende Haustür und die Kinder stobten ängstlich davon. Es vergingen einige Tage, bis sich ein kleiner Junge wieder vor das Haus wagte. Sie hatte sich gerade ein Ei unter der Hecke geholt, das die dicke Berta gelegt hatte. Er schaute so verlangend, dass sie es nicht übers Herz brachte wegzugehen. Zaghaft klang die Stimme des Kindes: „Darf ich das Ei einmal halten?“ Zögernd ging sie ein paar Schritte und schüttelte, wohl über sich selbst den Kopf. Da war der Junge schon dabei über das Tor zu klettern. „Halt“, rief sie, „doch nicht so, warte ich mache dir auf.“ Sie holte einen verrosteten Schlüssel aus ihrer Schürzentasche und dabei murmelte sie: „Die schöne Hose wirst Du zerreißen, was sagt wohl deine Mutter dazu?“ Der Junge hörte trotzdem die leisen Worte und entgegnete: „Meine Mutter, sie bemerkt es nicht, wenn eine fehlt, wenn sie kaputt ist werfe ich sie in den Müllbeutel. Ich habe so viele Hosen, schau“, und dabei zeigte er mit seinen Finger, aber er war sich nicht schlüssig acht oder zehn. Der Bann war gebrochen. Die heiter dahingesagten Worte des Kindes, versetzten die Greisin in eine sonderbare Erregung. „Komm halt es mal“: „Aber das ist ja ganz warm, bei uns sind sie erst nach dem Kochen so.“ Sie erklärte ihm, wie das so ist mit den Hühnern. Das habe ich nicht gewusst, ich dachte sie gibt es im Supermarkt.“

„Natürlich, aber erst müssen sie die Hühner legen.“„Ach so ist das! Oje, jetzt muss ich aber gehen, sonst bekomme ich kein Abendbrot mehr. Darf ich morgen wiederkommen?“„Immer wenn du willst“, versprach sie. Wehmütig schaute sie ihm nach, als er singend und hüpfen davon ging. In ihrem Zimmerchen nahm sie die Fotos ihrer Lieben zu Hand und betrachtete sie ganz versunken. Am nächsten und übernächsten Tag kam der Junge wieder. Sie plauderten ein Weilchen. Sie fragte wie er in der Schule ist, ob er gute Noten habe. Und er wollte wissen ob sie wirklich die Hexe aus Hänsel und Gretel sei. „Dann bist du aber keine böse, gell du steckst mich nicht in den Ofen? Warum aber ist dein Häuschen nicht aus Lebkuchen.“Gebannt hörte sie ihm zu und musste schließlich lachen. Erwachend sieht sie sich um. „Dann wird ich mal aufräumen, Na ja, hier sieht es ziemlich wüst aus.“
"Darf ich helfen, ich bin schon groß und stark, ich bin sieben und komme nach den Ferien in die zweite Klasse, dabei machte er eine Faust und zeigte seinen Oberarm. Siehst du, wie ich das kann?“ Ein befreites Lachen kam aus der Kehle der alten Frau, „nun komm in den Garten.“ Was tut man damit, wozu ist das, darf ich das auch auszupfen, oder ist das eine Blume?“ Mit viele Fragen und Antworten verging der Nachmittag. „Komm her und wasch Deine Hände.“„Aber was ist das, da kommt ja Wasser raus, kann man es auch trinken? Unser Wasser aus dem Hahn darf man nicht trinken, Papa sagt es ist schädlich, nur abgekocht“.

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Siglinde Bickl
Bildmaterialien: Siglinde Bickl
Tag der Veröffentlichung: 04.12.2019
ISBN: 978-3-7487-2281-6

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /